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5. Besteuerung von Haushalten · LMU München SS 2010. 5. Besteuerung von Haushalten ... Anmerkung:...

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Page 1: 5. Besteuerung von Haushalten · LMU München SS 2010. 5. Besteuerung von Haushalten ... Anmerkung: Alle Güter der Ökonomie werden kompetitiv zu konstanten Grenzkosten erstellt,

5. Besteuerung von Haushalten

Silke Übelmesser

LMU München

SS 2010

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5. Besteuerung von Haushalten

5.1 Das Grundproblem der optimalen indirekten Besteuerung5.2 Optimale Struktur indirekter Steuern5.3 E�zienz und Verteilungsziele5.4 Umverteilung und unvollständige Information

Literatur

Hindricks, J., und G. D. Myles (2006), Intermediate PublicEconomics, Cambridge, MA, MIT Press, Kapitel 14.Keuschnigg, Chr. (2005), Ö�entliche Finanzen:Einnahmepolitik, Mohr-Siebeck, Tübingen, Kapitel VII.[*]Stiglitz, J.E. (1987), �Pareto E�cient and Optimal Taxationand the New New Welfare Economics�, A.J. Auerbach und M.Feldstein, (Hrsg.), Handbook of Public Economics, Vol. II,Elsevier, Amsterdam, 991-1042.

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5.1. Das Grundproblem der optimalen indirekten Besteuerung

Im letzten Kapitel schien das Problem der e�zientenBesteuerung bereits gelöst: Bei gleichmäÿiger Besteuerung löstdie Steuer keinen Substitutionse�ekt und damit auch keinenExcess Burden aus.

Aber: Die E�zienz läÿt sich nur erreichen, wenn wirklich alleKonsumgüter mit dem gleichen Satz besteuert werden. Unddas ist schwierig oder gar unmöglich. Warum?

In realen Steuersystemen bleibt die Freizeit steuerfrei.

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Modell

F : Freizeit

L: Arbeitszeit

Z: Maximale Zeit mit Z = F + L

x, y: marktlich gehandelte Konsumgütern mit p als Preis von y(Preis von x auf 1 normiert)

w: Lohnsatz (Arbeit als einzige Einkommensquelle desHaushalts)

Anmerkung: Alle Güter der Ökonomie werden kompetitiv zukonstanten Grenzkosten erstellt, so dass keine Gewinneentstehen.

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Ohne Steuern

Die Budgetrestriktion des Haushalts lautet:

wL = x+ py (1)

bzw. mit Z = F + L

wZ = x+ py + wF (2)

Das maximal erzielbare Einkommen wird zwischen den dreiGütern aufgeteilt.

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Mit Steuern

Lieÿe sich die Freizeit besteuern, so könnte der Staat einverzerrungsfreies Steuersystem implementieren, in dem allerelativen Preise unverändert blieben:

wZ = (1 + θ)x+ (1 + θ)py + (1 + θ)wF (3)

oderwZ

(1 + θ)= x+ py + wF (4)

An der unteren Formulierung erkennt man, dass einegleichmäÿige Besteuerung aller Güter inkl. Freizeit wie eineReduktion des exogenen Maximaleinkommens wirkt.

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Warum wird eine solche gleichmäÿige Besteuerung unterEinbeziehung der Freizeit nicht vorgenommen?

Argument 1: Jeder würde unabhängig von seinem tatsächlicherwirtschafteten Einkommen besteuert (verteilungspolitischesArgument).

Argument 2: Freizeit F und Lohnsatz w lassen sich nichtdirekt beobachten, allenfalls das Einkommen wL. Damit hätteaber jeder einen Anreiz zu behaupten, viel (aber zu einem sehrniedrigen Stundenlohn) zu arbeiten, um die �Freizeitsteuer� zusenken. Deshalb knüpft die Besteuerung bei in der Praxisbeobachteten Steuersystemen auch an Markttransaktionen undnicht am Verbrauch an (Informationsargument).

⇒ Die Optimalsteuertheorie beschäftigt sich damit, wie dieBesteuerung von Konsumgütern aussehen sollte, um trotz derNicht-Besteuerbarkeit der Freizeit möglichst geringeWohlfahrtsverluste zu verursachen.

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Anmerkung 1: Wie wir noch sehen werden ist die naheliegendeLösung, einfach alle übrigen Güter gleichmäÿig zu besteuern(tx = ty = θ und tF = 0), im Allgemeinen nicht die richtigeLösung.Dies führt zu einer Verzerrung zwischen dem (unbesteuerten)Freizeitkonsum und dem Konsum aller anderen Güter.Eine solche Besteuerung wäre im übrigen äquivalent zu einerLohnsteuer:

(1− τ)wL =wL

1 + θ= x+ py (5)

Anmerkung 2: Eine Besteuerung aller Güter mit dem Satz θund eine Subventionierung der Arbeit mit diesem Satz würdezwar die relativen Preise von Freizeit und Konsumgüternunverändert lassen, bringt aber kein Steueraufkommen:

(1 + θ)wL = (1 + θ)[x+ py] (6)

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Entscheidungsproblem des Haushalts - ohne Steuern

Nutzenfunktion des Haushalts U(c, F )mit: c = x, y (Güterbündel) und Uc, UF > 0Budgetbeschränkung: wL = pccmit: pc Preisvektor (px = 1 und py = p)

Nutzenmaximierung:

maxc,F

= U(c, F ) u.d.B. wL = pcc (7)

und somitUF

Uc= w (8)

Interpretation:GZB für Freizeit (=Grenzleid der Arbeit) =Lohnsatz

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Entscheidungsprobem des Haushalts - mit prop. Einkommensteuer

Budgetbeschränkung: (1− τ)wL = pcc

Nutzenmaximierung:

maxc,F

= U(c, F ) u.d.B. (1− τ)wL = pcc (9)

und somitUF

Uc= (1− τ)w (10)

Interpretation:GZB für Freizeit (=Grenzleid der Arbeit) =NettoLohnsatz

Steuer senkt also den Lohn und damit den Preis der Freizeit.

Frage: Wird der Haushalt mehr Freizeit nachfragen, d.h.weniger Arbeit anbieten?

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Abbildung 1: E�ekt der Steuer auf Freizeitnachfrage bzw. Arbeitangebot

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Aus der vorherigen Graphik wird klar: Wenn Freizeit einnormales Gut ist (Einkommense�ekt 'positiv'), dann ist derGesamte�ekt nicht eindeutig, da Substitutionse�ekt (SE) undEinkommense�ekt (EE) gegenläu�g sind.

Was könnte ein Beispiel sein für den �paradoxen� Fall P ′′′?

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Empirische Evidenz - Beispiele

Arbeitsangebotselastizität η: Gibt an, um wieviel % sich dasArbeitsangebot (AA) ändert, wenn sich der Nettolohn (durchSteueränderung) um 1% ändert.Studie für Männer in GB: η ≈ −0, 1%→ Senkung des Nettolohns um 1% erhöht AA um 0,1%→ �Paradoxer� Fall P ′′′

Studie für Männer in USA: η ≈ 0%→ AA unabhängig vom Nettolohn→ Fall P ′′

Studie für Frauen: GB mit η ≈ 0, 1% und USA mit η ≈ 0, 2%→ Senkung des Nettolohns um 1% senkt AA um 0,1% bis 0,2%→ Fall P ′ (Interpretation: marg. AA (�Zubrot�))→ Siehe Dtl.: neg. E�ekt auf AA wegen Ehegattensplitting

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Die Zusatzlast der Besteuerung lässt sich auch hier wiederum(graphisch) bestimmen.

Aus einem Vergleich des Nutzens mit proportionalerBesteuerung u1 (Punkt P ′) und mit pauschaler Steuer u2

(Punkt P ′′) lässt sich die Zusatzlast ablesen (siehenachfolgende Graphik).

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wZ-T

Abbildung 2: Zusatzlast der Einkommensteuer

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Übung:

Überlegen Sie, was sich ändern würde, wenn wir statt einesein-periodigen Modells (mit c, F ) mit Einkommensteuer einzwei-periodiges Modell (mit Konsum heute und morgen) mitZinsbesteuerung betrachten.

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5.2. Optimale Struktur indirekter Steuern

Wir leiten nun eine allgemeine Formel für die optimaleStruktur indirekter Steuern (Ramsey-Regel) ab, bei der dieWohlfahrtskosten der Besteuerung minimiert werden.

Danach untersuchen wir einige Spezialfälle, die dieRamsey-Regel in praktikable Handlungsanweisungen für dieSteuerpolitik übertragen.

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Der einfacheren Notation wegen bezeichnen wir im folgendenx0 = −L und q0 = w.

Die Budgetrestriktion des Haushalts ist dann∑n

i=0 qixi = 0.Der Haushalt maximiert seinen Nutzen

maxx0,...xn

U(x0, ..., xn)− λ

(n∑

i=0

qixi

)(11)

Daraus folgt als B.e.O (für k = 0, ..., n)

∂U

∂xk= λqk (12)

mit λ > 0: Grenznutzen des Einkommens

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Nach diesen Vorbemerkungen wenden wir uns nun demOptimierungskalkül des Staates zu.

Der Staat maximiert den Nutzen der Haushalte bei gegebenemFinanzierungsbedarf T , der durch Steuern aufgebracht werdenmuss:

maxqk

U(x0(q), ..., xn(q))−λ

(n∑

i=0

qixi(q)

)+µ

(n∑

i=0

(tixi(q)− T )

)(13)

mit µ > 0: Wohlfahrtsverlust durch Erhöhung desSteueraufkommens (�marg. Costs of Public Funds� (MCF))

Beachten Sie dabei, dass qi = pi + ti und wegen des vollk.elastischen Güterangebots (konstante pi) ∂xi/∂qi = ∂xi/∂ti.

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Die Bedingungen erster Ordnung erhält man durch Ableitennach den n+ 1 Preisen. Für den Preis des k-ten Gutes gilt:

n∑i=0

∂U

∂xi

∂xi

∂qk−λ

(xk +

n∑i=0

qi∂xi

∂qk

)+µ

(xk +

n∑i=0

ti∂xi

∂qk

)= 0

(14)

Unter Berücks. der Optimalbed.des Haushalts (12) folgt:n∑

i=0

λqi∂xi

∂qk−λ

(xk +

n∑i=0

qi∂xi

∂qk

)+µ

(xk +

n∑i=0

ti∂xi

∂qk

)= 0

(15)

Vereinfachen + Umstellen liefert:n∑

i=1

tixk

∂xi

∂qk=λ− µµ

(16)

Anmerkung: Da hier Steuern auf Güter (k = 1, ..., n)betrachtet werden, ist die Steuer t0 = 0. 19 / 60

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Um die Einkommense�ekte von den wohlfahrtsminderndenSubstitutionse�ekten unterscheiden zu können, verwenden wirdie Slutsky-Zerlegung

∂xi

∂qk= sik − xk

∂xi

∂Y(17)

mitsik = ∂xi

∂qk|U : durch eine Preisänderung bei Gut k ausgelöste

Nachfrage nach Gut i bei konst. Nutzen (SE) mit sik = ski

xk∂xi

∂Y : EE mit Y als exogenem Einkommen.

(Siehe zur Herleitung z.B. Hal (aktuelle Au�age):Mikroökonomie, Oldenbourg, München.)

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Wir verwenden die Slutsky-Zerlegung in (16) und erhaltenunter Verwendung der Symmetrieeigenschaft:

n∑i=1

tixkski =

λ− µµ

+n∑

i=1

ti∂xi

∂Y(18)

Die rechte Seite ist unabhängig davon, für welches Gut k dieGleichung gilt; daher können wir schreiben:

n∑i=1

tixkski = φ mit φ ≡ λ− µ

µ+

n∑i=1

ti∂xi

∂Y(19)

Auf der linken Seite steht die Summe derSteuerbetragselastizitäten der Nachfrage nach dem k-ten Gut.

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Es kann auch gezeigt werden, dass µ > λ (siehe z.B. Homburg(2005), S.188f). Das bedeutet, dass die MCF gröÿer sind alsder Grenznutzen des Einkommens: Güterbesteuerungverursacht einen Wohlfahrtsverlust.

Ramsey-Regel:Ein Steuersystem ist (second-best) pareto-optimal, wenn durcheine proportionale Änderung aller Steuersätze bei allen Güterndie gleiche, proportionale Änderung der kompensiertenNachfrage ausgelöst wird.

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Die Ramsey-Regel ist theoretisch interessant, praktisch aber schweranzuwenden. Daher betrachten wir nun zwei Spezialfällen derRamsey-Regel, die steuerpolitische Handlungsanweisungen zulassen.

1. Inverse Elastizitätenregel

Die inverse Elastizitätenregel, die auf Ursula Hicks zurückgeht,basiert auf der einschränkenden Annahme, dass alleKreuzpreiselastizitäten der Nachfrage Null sind.

Die Nachfrage nach einem Konsumgut darf also nicht aufPreisänderungen bei anderen Gütern reagieren:

∂xi

∂qk= 0 ∀i 6= k (20)

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Damit vereinfacht sich (16) zu

tkxk

∂xk

∂qk=λ− µµ

(21)

Mit der (absoluten) Preiselastizität der Nachfrageηkk = −(dXk/dqk)(qk/Xk) > 0 und dem Wertsteuersatzτk = tk/qk ergibt sich die Inverse-Elastizitäten-Regel:

τk =(µ− λ)/µ

ηkk(22)

Der Steuersatz sollte also umso höher sein, je geringer diebetragsmäÿige, direkte Preiselastizität der Nachfrage (ηkk)nach einem Gut ist.Intuition: Hohe Elastizität bedeutet, dass die Besteuerungeinen starken Nachfragerückgang verursacht. Wenn Elastizitätgering ist, verursacht die Besteuerung nur eine geringeAusweichreaktion und einen geringen Wohlfahrtsverlust.

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Politikimplikation

Folgt man der inversen Elastizitätenregel, kommt esmöglicherweise zu einem Kon�ikt zwischen E�zienz- undVerteilungsziel. Warum?

Gerade Güter des täglichen Bedarfs, die von ärmerenHaushalten überproportional nachgefragt werden, haben einegeringe Nachfrageelastizität (und sollten daher hoch besteuertwerden), während Luxusgüter eine hohe Elastizität aufweisen(und daher niedrig besteuert werden sollten).

Welche Güter erscheinen Ihnen aus Sicht der inversenElastizitätenregel als besonders geeigneteBesteuerungsobjekte?

Für eine alternative (Graphik-basierte) Herleitung(2-Konsumgüter Fall) siehe die folgenden Ausführungen.

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y

px, py

N

Nx

y

GKC

A

D E

B B

E

x y1 1

∆xx100%

Tx Lx∆P = tx = ty −

(Unterschiedliche Mengeneinheiten)

Abbildung 3: Herleitung der Inversen-Elastizitäten-Regel I

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Beachte: Hier wird der Fall betrachtet, wo die Mengen x und yso gewählt sind, dass für die Preise beider Güter gilt:px = py = 1.

Excess Burden bei Gut x mit px = 1 (siehe letzte Graphik): Lx

Steueraufkommen bei Gut x: Tx

In welchem Verhältnis stehen Lx und Tx?

Lx

Tx=

BCE

ABED= −0, 5

∆px∆xx1∆px

= −0, 5∆x

x1∆pxtx =

= −0, 5∆xx1

(px + tx)∆px

tx(px + tx)

= 0, 5ηxxτx (23)

mit ∆px = tx sowie px + tx = qx und τx = tx/(px + tx).

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Analog für Gut y mit p1 = p: Excess Burden Ly undSteueraufkommen Ty.

In welchem Verhältnis stehen Ly und Ty?

Ly

Ty= 0, 5ηyyτy (24)

Es zeigt sich, dass (was wir schon aus Kapitel 4 wissen) derAnteil des EB am Steueraufkommen proportional zumSteuersatz ist und der EB somit überproportional zumSteueraufkommen wächst.

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Für ein optimales Steuersystem bedeutet dies, dass jeder EuroSteuereinnahmen des Staates den gleichen Prozentsatz EBverursachen sollte.(Bei kleinen Steuersätzen ist: ∆Li

∆Ti= Li

Tifür i = x, y.)

∆Ly

∆Ty=

∆Lx

∆Tx(25)

0, 5ηy,pyτy = 0, 5ηx,pxτx (26)τxτy

=ηy,py

ηx,px

(27)

Dies entspricht genau der Inversen-Elastizitäten-Regel (vgl.(22) für k = x, y) (siehe nachfolgende Graphik).

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y

px, py

N

Nx

y

GKC

A

D E

B

x100%

Tx Lx

tx

(Unterschiedliche Mengeneinheiten)

ty

BA

TyLy

Abbildung 4: Herleitung der Inversen-Elastizitäten-Regel II

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2. Corlett-Hague-RegelEin gewichtiger Einwand gegen die inverse Elastizitätenregelist sicherlich, dass die Annahme der fehlenden Kreuzpreis-e�ekte in den meisten Fällen nicht erfüllt ist.So würde z.B. obige Empfehlung zur Besteuerung vonlebensnotwendigen Gütern und Luxusgütern - ganz abgesehenvon den verteilungspolitischen Problemen - obsolet, wennKreuzpreise�ekte auftreten, also wenn z.B. die Nachfrage nachLuxusgütern infolge von Preiserhöhungen bei lebensnot-wendigen Gütern zurückgefahren wird.Im Folgenden heben wir die Annahme der fehlendenKreuzpreise�ekte wieder auf, beschränken uns dafür aber aufdrei Güter.Die Corlett-Hague-Regel besagt, dass man dasjenige Gut höherbesteuern sollte, das eine geringere (kompensierte)Kreuzpreiselastizität mit dem Lohnsatz aufweist (siehenachfolgende Analyse).

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Sei σki = ∂xk∂qi

qi

xkdie kompensierte Preiselastizität (in Bezug

auf den Preis von Gut k), und σk0 = ∂xk∂w

wxk

die kompensierteLohnelastizität der Nachfrage nach Gut k.

Aus (22) folgt für den zwei-Güter Fall dieCorlett-Hague-Regel (siehe z.B. Keuschnigg (2005), S. 171):

τ1

τ2=

(σ11 + σ22 + σ10)(σ11 + σ22 + σ20)

(28)

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Das Gut mit der höheren Kreuzpreiselastizität (derkompensierten Nachfrage) mit dem Lohnsatz (σk0) sollniedriger besteuert werden. (Beachte σii < 0.)Da die Elastizität σk0 auch den Substitutionsgrad zwischenArbeit und dem jeweiligen Gut miÿt, kann man auch soargumentieren:Ein Gut, das komplementär zur Arbeit ist (σk0 > 0), sollteschwächer besteuert werden als ein Gut, das zur Arbeitsubstitutiv (σk0 < 0). Beispiele?Intuition: Einheitliche Besteuerung wirkt wie eine Lohnsteuer,die Arbeiten unattraktiver macht. Um diese Verzerrung zumindern, sollten Güter, die komplementär zur Freizeit sind,stärker besteuert werden.

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5.3 E�zienz und Verteilungsziele

Ramsey-Regel: Besteuerung von Gütern mit unelastischerNachfrage, z.B. Güter des täglichen Bedarfs.Was, wenn diese v.a. von den Armen konsumiert werden?→ E�zienz versus Umverteilung

Bisher haben wir nur einen repräsentativen Haushaltbetrachtet.

Problem: Bei identischen Haushalten ist di�erenzierteBesteuerung gar nicht nötig, da Pauschalsteuer möglich wäre.

Jetzt analysieren wir die optimale Besteuerung unterBerücksichtigung der Verteilungsziele des Staates.

Vereinfachung: keine Kreuzpreise�ekte (inverseElastizitätenregel)

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Betrachte unterschiedliche Haushalte (z.B. mitunterschiedlichen Lohnsätzen wh) mit indirektem NutzenV 1, ..., V H .

Der Planer maximiert eine Wohlfahrtsfunktion

W (V 1, ..., V H), mit W h :=dW

dV h> 0 (29)

W h bezeichnet das Wohlfahrtsgewicht von Konsument h.

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Nachfrage von Konsument h nach Gut i ist xhi und aggregierte

Nachfrage xi =∑H

h=1 xhi .

Optimierungsproblem: Maximiere die (Bergson-Samuelson)Wohlfahrtsfunktion unter der Bedingung, dass ein gegebenesSteueraufkommen T erreicht wird, mit T =

∑ni=0 tixi.

Lagrange-Funktion:

maxqk

L = W (V 1(q), ..., V H(q)) + µ

(H∑

h=1

n∑i=0

tixhi (q)− T

)(30)

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Ableiten nach dem Preis des k-ten Gutes qk ergibt:

H∑h=1

W h∂Vh

∂qk+ µ

H∑h=1

(xh

k + tk∂xh

k

∂qk

)= 0 (31)

Aus dem Konsumentenproblem (Roys Identität) folgt∂V h/∂qk = −λhxh

k (mit λh: Grenznutzen des Einkommens)und damit nach Umformung

−H∑

h=1

W hλhxhk + µ

H∑h=1

(xh

k + tk∂xh

i

∂qk

)= 0 (32)

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Au�ösen nach tk und Division durch qk ergibt (mit kleinenUmformungen) wobei τk = tk/qk:

τk =

(∑Hh=1W

hλhxhk

µ−

H∑h=1

xhk

)1

qk∑H

h=1∂xh

k∂qk

(33)

Herausziehen von∑H

h=1 xhk aus der Klammer liefert mit

ηkk = − qk∑Hh=1 x

hk

H∑h=1

∂xhk

∂qk> 0

(inverse Elastizität der gesamten Nachfrage)

τk =

(1−

∑Hh=1W

hλhxhk

µ∑H

h=1 xhk

)1ηkk

(34)

(34) wird auch als verallgemeinerte Inverse-Elastizitäten-Regelbezeichnet.

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Ergebnisse

Umverteilungspräferenzen des Staates kommen in W hλh zumAusdruck: Für reiche Haushalte ist der Term klein, weil einhoher Nutzen bedeutet, dass (bei konkaverWohlfahrtsfunktion) der soziale Grenznutzen W h gering istund der Grenznutzen des Einkommens λh mit dem Einkommensinkt.

Anders ausgedrückt:

Wenn der Konsum von Gut k bei einem reichen Haushalt hüberproportional hoch ist, dann spricht dies für hohe Steuernauf dieses Gut und vice versa.

Der Steuersatz eines Gutes sollte umso niedriger sein, je höherder durchschnittliche soziale Grenznutzen der Konsumentengewichtet mit dem Konsum des Gutes ist. Wenn der sozialeGrenznutzen sehr hoch wird (Klammerausdruck positiv), solldas Gut sogar subventioniert werden.

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Für identische Haushalte mit gleichen Wohlfahrtsgewichten(W h = 1, λh = λ für alle h) folgt die einfacheInverse-Elastizitäten-Regel (22).

W h = 1 ergibt sich z.B. bei identischen konkavenNutzenfunktionen und einer Bentham-Wohlfahrtsfunktion(W = V 1 + ...+ V H). Der Steuersatz muss dann umso höhersein, je mehr das Gut von Haushalten mit hohem Einkommenkonsumiert wird. Überlegen Sie warum!

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Wenn die Haushalte unterschiedlich sind, spricht eine niedrigeElastizität c.p. immer noch für hohen Steuersatz; aber dieSteuerstruktur hängt auch von der Verteilung des Konsumsverschiedener Güter zwischen den Haushalten ab.

Rechtfertigung für Luxussteuern, d.h. Steuern auf Güter, derenKonsum bei Reichen konzentriert ist!

Besteuerung von Gütern des täglichen Bedarfs, deren Konsumbei Armen konzentriert ist, würde demgegenüber zu einemhohen Wohlfahrtsverlust führen, was c.p. für geringeSteuersätze spricht.

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5.4 Umverteilung und unvollständige Information

Bisher: Um überhaupt ein Second-Best-Problem zu haben,sind wir davon ausgegangen, dass eine Lump-Sum-Besteuerungnicht möglich ist.

Aber: Natürlich ist es möglich eine einheitlicheLump-Sum-Steuer den Bürgern aufzuerlegen. Nur kann manauf diesem Weg nicht innerhalb der Bevölkerung umverteilen.

Dazu bräuchte man di�erenzierte Lump-Sum-Steuern undTransfers. Die Anwendung dieses Instrumentariums scheitertaber an der fehlenden Information des Staates darüber, werbedürftig ist.

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Das Grundproblem

Betrachten wir zwei Typen von Haushalten: einen mit hoherArbeitsproduktivität (Lohn wH) und einen mit geringerArbeitsproduktivität (Lohn wL).

Ohne jedes Steuer-Transfer-System würden die beidenHaushalte die Konsumgüterbündel G und B wählen (siehenächste Graphik).

Nun möchte der Staat zugunsten des Haushalts mit niedrigerProduktivität umverteilen, so dass dieser mindestens dasKonsumniveau x erreicht.

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Abbildung 5: Umverteilungsziel

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Allerdings kann der Staat weder die Produktivität, noch dieZahl der gearbeiteten Stunden beobachten. Lediglich das amArbeitsmarkt verdiente Gesamteinkommen wA (A: Arbeit) istbeobachtbar.

Was würde geschehen, wenn der Staat einenLump-Sum-Transfer in Höhe von z = x− xL leistet?

Wir vernachlässigen hier zunächst die Finanzierungsseite undbetrachten nur die Auswirkungen des Transfers.

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Auch für den hochproduktiven Haushalt lohnt es sich, denTransfer in Anspruch zu nehmen.

Zwar muss dieser Haushalt seine Arbeitszeit und damit seinenKonsum zurückfahren. Denn nur dann kommt er auf dasselbe(beobachtbare) Einkommen wLAL wie der niedrig produktiveHaushalt.

Aber durch den Transfer erreicht er letztendlich ein höheresNutzenniveau. Der geringere Konsum wird durch die gröÿereFreizeit mehr als aufgewogen.

Würden wir auch die Finanzierungsseite miteinbeziehen - d.h.der hoch produktive Haushalt muss über Steuern für dieTransfers aufkommen -, würde sich der Anreiz, sich als niedrigproduktiver Haushalt auszugeben, nur noch verstärken.

Das Problem des Staates besteht also darin, ein Steuersystemzu scha�en, das anreizkompatibel ist. Die niedrig und hochProduktiven müssen sich selbst selektieren.

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Ein einfaches Modell

Der Haushalt vom Typ i (i = H,L) hat z.B. die separableNutzenfunktion

U i = u(xi) + v(Ai) u′ > 0, u′′ < 0, v′ < 0, v′′ < 0 (35)

Der Staat kann nur Konsum xi und Einkommen yi ≡ wiAi

beobachten. Wir können die Nutzenfunktion auch schreibenals:

U i = u(xi) + v(yi/wi) (36)

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Eigenschaften der Indi�erenzkurven im x-y-Diagramm

Die Steigung der Indi�erenzkurve beträgt:

dxi

dyi|U = −vA/w

i

ux> 0. (37)

Für ein gegebenes Einkommen-Konsum-Paar (x; y) gilt:

dxL

dyL|U >

dxH

dyH|U (38)

d.h. in jedem Punkt ist die Indi�erenzkurve des hochproduktiven Haushalts �acher als die des niedrig produktiven.

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Budget: Da der Haushalt sein gesamtes Arbeitseinkommenkonsumiert, ist das Budget durch die 45◦-Linie gegeben.

Ohne Steuern und Transfers wählen die beiden Haushalte dieGüterbündel A und B.

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x

UL

UH

UH

B

A

0y

 

Abbildung 6: Indi�erenzkurven des hoch und niedrigen produktivenHaushalts

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Das Optimierungsproblem des Staates

Der Staat maximiert den Nutzen des hoch produktivenHaushalts unter der Nebenbedingung, dass er e�ektiv an denniedrig produktiven Haushalt so umverteilen kann, dass diesermindestens ein bestimmtes Nutzenniveau erreichen kann.

Formal:max

(xH ,xL,yH ,yL)UH(xH ; yH) (39)

u.d.B.

UL(xL; yL) ≥ UL (40)

UH(xH ; yH) ≥ UH(xL; yL) (41)

UL(xL; yL) ≥ UL(xH ; yH) (42)

(yH − xH)NH + (yL − xL)NL ≥ 0 (43)

wobei N i die Zahl der Haushalte vom Typ i ist.

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Wie lassen sich die Nebenbedingungen interpretieren?

(40) garantiert den L-Typen mindestens das Nutzenniveau UL.

(41) besagt, dass die H-Typen keinen Anreiz haben dürfen,sich als L-Typen auszugeben (Selbstselektionsbedingung).

(42) besagt, dass die L-Typen keinen Anreiz haben dürfen,sich als H-Typen auszugeben (Selbstselektionsbedingung).

(43) ist die Budgetrestriktion des Staates.

Wir betrachten nun den typischen Fall, dass nur dieSelbstselektionsbedingung (41) bindend ist, nicht aber (42).[Für die übrigen Fälle siehe Stiglitz (1987, 1001-1005)].

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Lagrange

L = UH(xH ; yH) + µ(UL(xL; yL)− UL) ++ λ(UH(xH ; yH)− UH(xL; yL)) ++ γ[(yH − xH)NH + (yL − xL)NL]

Bedingungen erster Ordnung

∂L

∂xH=

∂UH

∂xH+ λ

∂UH

∂xH− γNH = 0 (44)

∂L

∂yH=

∂UH

∂yH+ λ

∂UH

∂yH+ γNH = 0 (45)

∂L

∂xL= µ

∂UL

∂xL− λ∂U

H

∂xL− γNL = 0 (46)

∂L

∂yL= µ

∂UL

∂yL− λ∂U

H

∂yL+ γNL = 0 (47)

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Der optimale Steuersatz für die hochproduktiven Haushalte

Division von (45) durch (44) ergibt

−∂UH/∂yH

∂UH/∂xH= 1 (48)

Die linke Seite entspricht der Grenzrate der Substitution:

−dxH

dyH|U = 1 (49)

Für den Hochproduktiven sollte der Grenzsteuersatz daher Nullsein.

Der Durchschnittsteuersatz muss natürlich positiv sein, da vonden Hochproduktiven die Steuer erhoben wird, mit der dieTransfers an die gering Produktiven �nanziert werden.

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Intuition (siehe nachfolgende Graphik)

Der vertikale Abstand zwischen der ursprünglichenBudgetgeraden (ohne Steuer) und der Indi�erenzkurve desHochproduktiven misst dessen Steuerzahlung.

Wäre die Steigung der Indi�erenzkurve noch kleiner als 1 (z.B.Punkt A), könnte man das Steueraufkommen des Staates nocherhöhen, ohne den Nutzen des Hochproduktiven zu schmälern.Die Allokation in A kann also nicht pareto-optimal sein.

Wäre die Steigung der Indi�erenzkurve dagegen gröÿer als 1(z.B. Punkt C), könnte man das Steueraufkommen desStaates noch erhöhen, ohne den Nutzen des Hochproduktivenzu schmälern (indem man die Arbeitszeit und damit yreduziert). Die Allokation in C kann also ebenfalls nichtpareto-optimal sein.

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x

UL

UH

B

0y

A

C

 

Abbildung 7: Illustration der Pareto-optimalen Allokation

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Der optimale Steuersatz für die niedrigproduktiven Haushalte

Division von (47) durch (46) ergibt

− ∂UL/∂yL

∂UL/∂xL=−λ∂UH/∂yL + γNL

λ∂UH/∂xL + γNL(50)

Im Optimum ist die Grenzrate der Substitution kleiner 1:

dxL

dyL|U < 1 (51)

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Beweis:Sei

αi = −∂Ui/∂yL

∂U i/∂xLund v =

λ∂UH/∂xL

γNL

[v > 0 wg. λ, γ > 0, da annahmegemäÿ der Fall der bindendenSelbstselektionsbedingung (λ > 0) untersucht wird.]Dann lässt sich (50) schreiben als:

αL =1 + vαH

1 + v(52)

Multiplikation mit 1 + v und Umstellen liefert

αL = 1 + v(αH − αL) (53)

Da wir wissen, dass in einem beliebigen Punkt, dieIndi�erenzkurve des hochproduktiven Haushalts stets �acherverläuft (αL < αH), muss gelten 1 > αL > αH .Im Optimum ist der Grenzsteuersatz des weniger produktivenHaushalts positiv. 58 / 60

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Ergebnis:

Die Analyse einer umverteilenden Einkommensteuer hatgezeigt, dass ein pareto-optimales Steuersystem dieArbeitsanreize des Hochproduktiven nicht verzerren sollte.

Der Grenzsteuersatz für diesen Typen sollte Null sein (�NoDistortion at the Top�); das gesamte Steueraufkommen solltedurch eine Lump-Sum-Steuer erbracht werden.

Der weniger Produktive sieht sich dagegen einem positivenGrenzsteuersatz gegenüber (und erhält einen Transfer).

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Schlussfolgerungen:Wir haben unterschiedliche wichtige Ergebnisse derOptimalsteuertheorie kennengelernt:

Optimale Struktur indirekter SteuernOptimale Struktur der Einkommensteuer

Der Schwerpunkt lag auf dem Haushaltssektor.

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