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1941: Die 251. ID auf dem Vormarsch zum Zielort Torshok … · 2020. 10. 29. · 1 1941: Die 251....

Date post: 08-Mar-2021
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1 1941: Die 251. ID auf dem Vormarsch zum Zielort Torshok – 29.12.2018n 26. Juni 2016: auf Spurensuche am Wolga-Brückenkopf Bei herrlichem Wetter machten wir - vier Deutsche, eine Dolmetscherin und Alexej, der Taxi-Fahrer - uns von Rshew aus am 26. Juni 2016 auf den Weg in die südlichen Wal- daihöhen, um ein Wegstück zu suchen, das die 251. ID bei katastrophalen Wetterbedin- gungen vor 75 Jahren zurücklegen musste, denn der Krieg gegen die UdSSR sollte aus Sicht des OKW Weihnachten 1941 erfolg- reich beendet sein. Das nächste Ziel im Oktober 1941 war für die 251. ID Torshok, eine Stadt am Ostrand der Waldaihöhen. Von dort sollte sie dann an der Einnahme der 200 km südöstlich lie- genden Hauptstadt Moskau mitwirken. Das Tagebuch des Ia der 251. ID, Major H. Meier-Welcker*, und das meines Vaters, des Kompanie- führers der 14.Kp/451.IR, R. Maurer, dienten als „Kompass“ bei unserer Suche. Um uns die Situation vor 75 Jahren realistischer vorstellen zu können, müssen wir uns den Sonnenschein – auch auf unseren Fotos – wegdenken, denn es war damals kalt, Regen und Schnee hatten die Straßen und Wege in tiefe Schlammbahnen verwandelt.- Auch hat sich der Bewuchs verändert und die Besiedelung hier an der oberen Wolga offensichtlich wesentlich reduziert. * aus „Aufzeichnungen eines Generalstabsoffiziers 1939-194“ ISBN 3-7930-0185-7; Verlag Rombach Freiburg Brief des Ia – „Okowzy 16.10.1941: Gestern früh haben wir einen Brückenkopf über den W.-Fluß gewonnen Kartenausschnitt siehe Foto-Seite. In der vergangenen Nacht und heute am frühen Morgen haben die Russen heftig gegen den Brückenkopf angegriffen. …“ Tagebuch des Lt R. Maurer: „12.10. – Abends erreichen wir Opowtzy. … Seit dem 12.10. haben wir Feindberührung. Da aber 30 km ostwärts von Staritza deutsche Panzer (3.Pz-Gruppe) sind, können die Russen ihre gut befestigten Stellungen an der Wolga nicht mehr halten und ziehen sich dauernd zurück.“ „14.10. – Heute werden wir wohl noch die Wolga erreichen. Es geht trotz Schnee und Frost weiter. Und tatsächlich kommen wir nachmittags bei Sytkowo an, am westlichen Wolga- Ufer. Der Ort liegt auf der anderen Seite der Wolga.“ „15.10. – Überraschend wird am Morgen vom I Btl unseres Regiments die Wolga überschritten und ein Brückenkopf gebildet. In der Nacht bekomme ich den Auftrag, für die Munitionsversorgung an das Bataillon, das in dauernde Abwehrkämpfe verwickelt ist, zu sorgen. Ich setze in dunkler Nacht über die Wolga, die russ. Artillerie funkt. Gegen 7 Uhr, als mein Auftrag erfüllt ist, kam der russ. Gegenangriff. Es gab starke Verluste bei den Russen.“ „20.10. – In Ramenskoje und Szuchaja Wortscha lag meine Kompanie seit 4 Tagen in Quartier, ich eng gedrängt mit Kameraden bei einer Alten. Sie pocht auf ihre PRAWDA. Erfolge der Deutschen Wehr- macht waren freilich in ihrer Zeitung mit dem übersetzten Titel ‘Die Wahrheit‘ nicht zu finden.“ Brief des Ia – „Beresny 20.10.1941: Wir haben längst gelernt, mit den russischen Bauernfamilien zusammen zu leben. Die Kälte und Nässe haben uns in die Häuser gezwungen. Wir lassen den Russen gerne ihren Ofen zum Schlafen und legen uns am Boden auf Stroh. Dies gibt eine Gemeinsamkeit der Geräusche und Gerüche, die wir uns früher nicht hätten träumen lassen. … Seit gestern taut es wieder, und die Wege sind ein übler Schlamm. Wir arbeiten uns mühsam im Fährbetrieb über den W.-Fluß, da die Brücke infolge bisher unzureichenden Brückengerätes noch nicht fertig gestellt werden konnte.“ „Botscharowo 23.10.1941: Ich habe mir in diesen Tagen russische Stellungen (siehe Karte auf Seite 3) an- gesehen, die infolge des Gesamtverlaufes der Operation von den Russen kampflos aufgegeben
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1941: Die 251. ID auf dem Vormarsch zum Zielort Torshok – 29.12.2018n

26. Juni 2016: auf Spurensuche am Wolga-Brückenkopf

Bei herrlichem Wetter machten wir - vier Deutsche, eine Dolmetscherin und Alexej, der Taxi-Fahrer - uns von Rshew aus am 26. Juni 2016 auf den Weg in die südlichen Wal-daihöhen, um ein Wegstück zu suchen, das die 251. ID bei katastrophalen Wetterbedin-gungen vor 75 Jahren zurücklegen musste, denn der Krieg gegen die UdSSR sollte aus Sicht des OKW Weihnachten 1941 erfolg-reich beendet sein. Das nächste Ziel im Oktober 1941 war für die 251. ID Torshok, eine Stadt am Ostrand der Waldaihöhen. Von dort sollte sie dann an der Einnahme der 200 km südöstlich lie-genden Hauptstadt Moskau mitwirken. Das Tagebuch des Ia der 251. ID, Major H. Meier-Welcker*, und das meines Vaters, des Kompanie-führers der 14.Kp/451.IR, R. Maurer, dienten als „Kompass“ bei unserer Suche. Um uns die Situation vor 75 Jahren realistischer vorstellen zu können, müssen wir uns den Sonnenschein – auch auf unseren Fotos – wegdenken, denn es war damals kalt, Regen und Schnee hatten die Straßen und Wege in tiefe Schlammbahnen verwandelt.- Auch hat sich der Bewuchs verändert und die Besiedelung hier an der oberen Wolga offensichtlich wesentlich reduziert. * aus „Aufzeichnungen eines Generalstabsoffiziers 1939-194“ ISBN 3-7930-0185-7; Verlag Rombach Freiburg

Brief des Ia – „Okowzy 16.10.1941: Gestern früh haben wir einen Brückenkopf über den W.-Fluß gewonnen – Kartenausschnitt siehe Foto-Seite. In der vergangenen Nacht und heute am frühen Morgen haben die Russen heftig gegen den Brückenkopf angegriffen. …“ Tagebuch des Lt R. Maurer: „12.10. – Abends erreichen wir Opowtzy. … Seit dem 12.10. haben wir Feindberührung. Da aber 30 km ostwärts von Staritza deutsche Panzer (3.Pz-Gruppe) sind, können die Russen ihre gut befestigten Stellungen an der Wolga nicht mehr halten und ziehen sich dauernd zurück.“ „14.10. – Heute werden wir wohl noch die Wolga erreichen. Es geht trotz Schnee und Frost weiter. – Und tatsächlich kommen wir nachmittags bei Sytkowo an, am westlichen Wolga-Ufer. Der Ort liegt auf der anderen Seite der Wolga.“ „15.10. – Überraschend wird am Morgen vom I Btl unseres Regiments die Wolga überschritten und ein Brückenkopf gebildet. In der Nacht bekomme ich den Auftrag, für die Munitionsversorgung an das Bataillon, das in dauernde Abwehrkämpfe verwickelt ist, zu sorgen. Ich setze in dunkler Nacht über die Wolga, die russ. Artillerie funkt. Gegen 7 Uhr, als mein Auftrag erfüllt ist, kam der russ. Gegenangriff. Es gab starke Verluste bei den Russen.“ „20.10. – In Ramenskoje und Szuchaja Wortscha lag meine Kompanie seit 4 Tagen in Quartier, ich eng gedrängt mit Kameraden bei einer Alten. Sie pocht auf ihre PRAWDA. Erfolge der Deutschen Wehr-macht waren freilich in ihrer Zeitung mit dem übersetzten Titel ‘Die Wahrheit‘ nicht zu finden.“ Brief des Ia – „Beresny 20.10.1941: Wir haben längst gelernt, mit den russischen Bauernfamilien zusammen zu leben. Die Kälte und Nässe haben uns in die Häuser gezwungen. Wir lassen den Russen gerne ihren Ofen zum Schlafen und legen uns am Boden auf Stroh. Dies gibt eine Gemeinsamkeit der Geräusche und Gerüche, die wir uns früher nicht hätten träumen lassen. … Seit gestern taut es wieder, und die Wege sind ein übler Schlamm. Wir arbeiten uns mühsam im Fährbetrieb über den W.-Fluß, da die Brücke infolge bisher unzureichenden Brückengerätes noch nicht fertig gestellt werden konnte.“ „Botscharowo 23.10.1941: Ich habe mir in diesen Tagen russische Stellungen (siehe Karte auf Seite 3) an-gesehen, die infolge des Gesamtverlaufes der Operation von den Russen kampflos aufgegeben

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wurden. Ich habe noch nie so ausgezeichnete, mit großem Geschick dem Gelände angepasste Feldbefestigung gesehen. Die Innenarbeit mit starken Hölzern ist genau, sauber und überaus solide. Diese Anlagen könnten als Musterbeispiel für Lehrgänge dienen.“ Tagebuch des Lt R. Maurer: „22.10. – Wir liegen nun in Sytkowo. Abends kommt der Sicherungs-auftrag für mich. Mit Teilen des Pionier-Zugs und dem 1. Zug meiner Kompanie ist Sytkowo zu halten. In dunkler Nacht setzen wir über die Wolga. Zum Glück wagt der Russe nichts; seine Verluste waren sehr groß gewesen. Auch ist es gut, dass er von unserer sehr schwachen Besetzung nichts weiß. So verlief die Nacht viel ruhiger als ich angenommen hatte.“ „23.10. Morgens rückt das Regiment nach. Ich werde Ortskommandant, kümmere mich um die von uns eingerichtete Bäckerei, organisiere die Gefangenen-Sammelstelle des Regiments. Wir verpflegen uns selbst, weil der Nachschub nicht mitkommt. Ein Kalb und ein Schaf werden vertilgt; es fehlt uns nur Brot und mir fehlt die Ruhe, denn das Regiment quält mich ständig mit Sonderwünschen. Trotzdem lässt es sich in Sytkowo an der Wolga leben. Die Landschaft erinnert mich entfernt an das Wesertal. …“ Brief des Lt R. Maurer – „Sytkowo 23.Okt. 1941: Heute ist nach den dauernden Kämpfen der letzten Tage ‘Ruhe‘. Viel merke ich nicht davon. Aber ich habe mich zur Feier des Tages einmal gründlich gewaschen, gut rasiert und mit einem reinen Hemd ausstaffiert und fühle mich wie neu geboren. … In den vergangenen Tagen haben wir alle viel zu tun gehabt. Der Russe war durch einen für ihn über-raschenden Angriff aus seinen gut ausgebauten Stellungen an der Wolga herausgeworfen worden. In der folgenden Nacht versuchte er, die alten Stellungen wieder zurück zu gewinnen und machte einen Gegenangriff auf den anderen. Unter blutigen Verlusten wurden seine Angriffe abgewiesen. Unsere Pak hat einen wichtigen Beitrag dabei geleistet. In dieser Nacht hatte ich den Auftrag, eine Muni-Staffel nach vorne zu führen. Die Fahrt über die Wolga mitten in dunkler Nacht unter dem Feuer-schein brennender Dörfer war ganz eigenartig und unvergesslich. Auch was ich dann bei meinem Pak-Zug erlebte und bei dem Bataillon war denkwürdig. In der übernächsten Nacht bekam ich die Verteidigung des Brückenkopfes übertragen. Wieder ging es über die Wolga. Der Russe war nicht so ‘ohne‘. Doch verlief die Nacht besser und ruhiger, als ich zuerst angenommen hatte. Am nächsten Tag griffen wir wieder an und warfen die Russen zurück. Ihr Widerstand war schwächer als sonst. Das kam wohl daher, dass es sich z. Zt. um Truppen handelt, die schon vor 5 Wochen mit uns gekämpft und dabei so ‘viele Haare‘ gelassen haben, dass sie keine Lust auf Kampf mit uns mehr hatten. Ich selbst blieb bei diesem Angriff in diesem Ort zurück und wurde Ortskommandant. Wir mussten alles einrichten, Bäckerei, Gefangenen- und Beute-Sammelstelle. Außerdem musste ich das Überset-zen über die Wolga der anderen Truppen überwachen und dafür sorgen, dass keine Stockung eintrat. So war ich dauernd im Trab. … Ich glaube, dass in der nächsten Zeit mit Post nicht zu rechnen ist, weil es für diese Endkämpfe wichtigere Sachen gibt, als Feldpostbriefe. … “ Tagebuch des Lt R. Maurer: „26.10. – Wir marschieren nach Norden. Das Ziel ist Torshok, ein Eck-pfeiler des Kessels Torshok – Ostaschkow – Lukownikowo. Die 14. Kompanie muss pferdebespannt mit, da kein Sprit da ist und auch die Wege grundlos sind. Ich bin Ablauf-Offizier. Aber es gelingt auch dem geländegängigen Kfz 12 nicht, durch den Schlamm zu kommen. Zwischen Anissimowo und Bajgorowo stecken wir bei strömendem Regen vollkommen fest. Vollständig durchnässt lassen wir gegen 22 Uhr den Wagen stehen. Es war Sonntagabend, so jämmerlich, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Ob uns jemals diese Strapazen gedankt werden? Selbst der ruhige Eckhardt, der als Fahrer die Hauptlast zu tragen hatte, sagte völlig erschöpft: „ich wollte, ich wäre nie geboren“. Das ist kein Scherz, sondern blutiger Ernst.“ „28.10. Wir sind noch bei Bajgorowo und müssen den Wagen zurück lassen. Deshalb kauft Lt Hart-mann ein Panjegespann mit 4 Pferden für 30 RM. Wir verladen das Gepäck. Hinter Bajorowo treffen wir den General. Auch sein Wagen bleibt hoffnungslos im Morast stecken. … Der (Rgts-)Kommandeur ist ungnädig, weil ich nach seiner Meinung schon früher hätte da sein müssen. Das war unmöglich. Aber so ist der Kommiss.“

Foto: Diese 3 mitgebrachten Kieselsteine aus der Wolga und das Backstein-Stückchen

von der Kirchenruine in Sytkowo erinnern an die spannende und interessante Fahrt

zur oberen Wolga in den Waldaihöhen.

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Waldaihöhen

Botscharowo

Ramenskaja

Wolga-Br‘kopf Nowo-Alek-seejewkoje

Okt. 1941: Stab der 251. ID in den Waldaihöhen

Auf dem Weg nach Bajgorowa

Weiterer Wolgaübergang am 22. Oktober 1941 bei Ramenskaja; im Hintergrund die Kirche von Sytkowo .

Major Meier-Welcker, Ia der 251.ID: „Am 15. Okt. gewann und hielt die Division einen Brückenkopf über

die Wolga bei Nowo-Alekseejewkoje …“ – Das war die erste Wolga-Querung der Wehrmacht in 1941.

Aus den Waldaihöhen kommend hat die Wolga bei Sytkowo bereits 150 km zurückgelegt.

Brückenkopf

Schotter-Straße von den Waldaihöhen zur Wolga bei Nowo-Alekseejewkoje.

Die Kirche von Sytkowo mit den Spuren von Granateinschlägen. Wegen dünner Besiedlung wird sie wohl nicht mehr renoviert..

Bucht für die Fähre

zur Fähr-Stelle

50 km bis Rshew

russ. Stellungen

aus Wehrmachtskarte 1941

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Reise vom 23. bis 30. Juni 2016 nach Rshew

Freundschaft zwischen russischen und deutschen Veteranen In den 90er Jahren nach der Wende versuchten Veteranen des 18. Infanterie-Regiments der 6. Ost-westfälischen Inf.-Division mit den Veteranen aus Rshew ins Gespräch zu kommen, hatten doch u. a. die Truppen dieser Division bis März 1943 die Stadt Rshew zu verteidigen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam ein Dialog und schließlich das Projekt „Friedenspark Rshew“ zustande, einen ge-meinsamen Soldatenfriedhof für die am Rshew-Bogen gefallenen russischen und deutschen Soldaten zu errichten. Zu dessen Realisierung gründete sich in Verl (bei Gütersloh) das „Kuratorium Rshew“. Seit der Einweihung des „Friedensparks“ in 2002 füllt sich diese Gedenk- und Ruhestätte für Gefallene noch immer, denn die Verluste in den Jahren 1941 bis 1943 am Rshew-Bogen mit über einer Million Soldaten waren höher als die von Stalingrad. Dies ist jedoch kaum bekannt.

Städtepartnerschaft zwischen Gütersloh und Rshew Die Freundschaft zwischen den Veteranen von Rshew und Ostwestfalen wuchs ständig, so dass sogar eine Städtepartnerschaft zwischen Rshew und Gütersloh in 2009 entstand. So lag es auf der Hand, dass die Bürger aus Gütersloh mit ihrer Stadtverwaltung und die Mitglieder und Freunde des Kuratoriums zur 800 Jahrfeier der Stadt Rshew Ende Juni 2016 eingeladen wurden.

Rshew war für die deutschen Truppen von Okt. 41 bis März 43 ein wichtiger Versorgungsraum für die Front. – Aus dem Tagebuch des Div.-Pfarrers E. Ufer, 251.ID: „31.1.1942 – Heute Nachmittag habe ich Rshew besich-tigt. Die Stadt ist sehr schön auf beiden Seiten der Wolga gelegen. Von 18 Kirchen, die Rshew früher hatte, ist als einzige die Kathedrale für Gottesdienste noch erhalten. 11.5. … In Rshew, wo unser Ib-Stab noch weilt, ist schon großer Etappenbetrieb (Etappe = Versorgungsgebiet hinter

der Front) mit Kino, Kasino usw.. 28.7. … Bei den Versorgungseinheiten in und um Rshew - der Bäckerei-, Veterinär- und Werkstatt-Kompanie und dem Schlächterei-Zug ging es wie in Friedenszeiten zu. … 6.8. … Unsere Div. hat einen Bat.-Stab, ein zusammenge-stelltes Bataillon und eine Artillerie-Abt. … für den Kampf um Rshew abgegeben. Der Russe ist bis auf wenige km an die Stadt, die ganz zerstört sein soll, herangekommen. 24.8. Hitler: … „die Schwere der russischen Angriffe und die begrenzten Möglichkeiten, ihnen noch zu begegnen, erinnerten an den vergangenen Winter. Wie damals so hätte auch jetzt jeder Mann der H-Gr. zu halten, wo er stehe. Jedes operative Absetzen lehne er ab. …“

Dietrich Schöning † 3. August 2016 aus Vlotho war Mitbe-gründer des Kuratoriums und hat seit dessen Gründung Rshew Jahr für Jahr besucht – auch als 98-Jähriger im Juni 2016, von seiner Familie liebevoll betreut. Jedes Mal war sein erster Gang mit seinen Rshewer Veteranen zum Friedenspark und jedes Mal freuten sich seine Mitreisen-den, wenn er „mit an Bord“ war – heuer zum letzten Mal. Seine Aufgabe, der Nachwelt über die Schrecken des Krieges als Zeitzeuge zu berichten, war erfüllt. Hauptmann Dietrich Schöning war Batterie-Führer im Artillerieregiment der 6. Inf.-Division, die an der Rshew-Front gekämpft hat. – 1949 kam er aus russischer Kriegs-gefangenschaft wieder heim.

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Samstag, 25. Juni – die Bürger von Rshew strömten zum ‚Sowjetischen Platz‘ im Stadtzentrum

Oleg A. Kondratjew wurde am 1. September 1952 in Leninsk-Kusnezkij (Sibirien), 3.500 km östlich von Rshew geboren. Nach seinem Geschichtsstudium an der Lenin-grader Staatlichen Universität arbeitete er zuerst in ei-nem Museeum und dann als Redakteur bei verschiede-nen Zeitungen – auch bei der „Rshewskaja Prawda“. So lag es nahe, dass sich O. Kondratjew für die noch uner-forschte Kriegsgeschichte des Rshewer Frontbogens inte-ressierte. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er unter dem Titel „Die Schlacht von Rshew Ein halbes Jahrhundert

Schweigen“ (ISBN 3-924307-11-1).

Zur 800 Jahrfeier hatte die Stadt eine interessante Aus-stellung zu ihrer Geschichte zusammengestellt, die uns O. Kondratjew mit seinem reichem Detailwissen erläuterte. Wir erfuhren, dass Rshew vor den Kriegen des 20. Jahr-hunderts eine florierende Wirtschaft hatte. Damals war die Wolga noch schiffbar. – Im neueren Museumsteil, das uns von früheren Besuchen bekannt war, erfuhren wir vom Schicksal der Stadt im Vaterländischen Krieg (2. Weltkrieg), entsprechend O. Kondratjews Zeitungsbericht vom 23. Aug.2012 – s. „Übersetzung von Elke Maurer.pdf“

Die Exponate aus der „Waffenkammer“ der Armee zeigen, dass die Bürger von Rshew das damalige Kriegsgeschehen noch auf-arbeiten. - Das Personal der Sicherheits- u. Rettungsdienste in-formierte über seine Arbeit. - Die Lebensfreude der Rshewer Bürger zeigen die folgenden Fotos.

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Montag, 27. Juni – zu Gast bei der Rshewer Industrie

Dienstag, 28. Juni – bei Talutino, Puschkino und Mikulino

Bei Talutino: An der Straße Staritza – Twer wurde im Okt. 41 heftig gekämpft

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Mittwoch, 29. Juni – Abschied im Hotel Rshew

© 17.07.2016 Karl-Wilhelm Maurer, Mayr-Nusser-Weg 6, D 91058 Erlangen – 15.01.17 Ergänzungen ‚800-Jahrfeier‘

Die Kirche von Puschkino wird restauriert Puschkino: Die Schuldirektorin hatte eingeladen

Mikulino, an der Straße Puschkino - Lotoschino Mikulino: Im Museum mit Galerie

Höhepunkt der 800-Jahr-Feier der Stadt Rshew war das Programm am Sonntag, 26. Juni. An diesem Tag war die gesamte „Stadt“ auf den Beinen, und es wurde ausgelassen bei großem Büfett an der Wolga gefeiert. Ich kann vom Tagesprogramm nicht berichten, denn wir waren an diesem Tag mit einer kleinen Gruppe an der oberen Wolga – (siehe Seite 1-3).

Abends wurden wir zu einem Festessen in ein Café am Stadtrand eingeladen. Anschließend trafen wir uns zum Abschiednehmen von den Reiseteilnehmern, die am Montagmorgen zum Flughafen mussten. Ein großartiges Feuerwerk war der Schlusspunkt der Festtage. Rolf Furtwängler, Elke und ich blieben in der warmen Sommernacht bis lange nach 24 Uhr sitzen, denn wir hatten ja noch volle Gläser und reichlich Gesprächsstoff. Es war ein unvergess-licher Abend mit Rolf. Am 2. Weihnachtstag 2018 ist sein Lebenslicht erloschen.

Herr Schöning war an diesem Tag von der deutschen Botschaft zu einer Diskussionsrunde mit russischen und deutschen Schülern nach Moskau eingeladen worden. Deshalb verabschiedete uns Herr Schafmei-ster mit einem Dankeschön bei den Rshewer Vetera-nen und Deutsch-Lehrerinnen, die uns wieder liebe-voll aufgenommen und betreut hatten.


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