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125 Jahre Internet - mgv-eintracht-weissenthurm.de · Willems, zeigte, auch infolge Beeinflussung...

Date post: 22-Apr-2018
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125 JAHRE CHORGESANG IM MGV „EINTRACHT“ 1874 WEISSENTHURM 125 Jahre sind mehr als ein Menschenleben; im Buch der Geschichte dagegen allenfalls ein Kapitel unter vielen. Aber im Bestehen und Wirken eines Vereins sind sie eine bedeutende Zeitspanne. Der Rückblick auf 1 1/4 Jahrhundert erfolgreicher Arbeit im Dienste des Chorge- sanges und der Gemeinschaft ist für einen Gesangverein ein wahrhaft stolzes Ereignis und gebührender Anlaß zugleich, sein Werden und Leben sowie die einzelnen Entwicklungspha- sen bis in die heutige Zeit zu betrachten. Lehrer Johann Arnold, am 03. April 1844 geboren, trat am 02. Juli 1874 seine 3. Lehrerstelle in der noch jungen, erst 1866 selbständig gewordenen Gemeinde Weißenthurm an und über- nahm gleichzeitig das Amt des Küsters und Organisten in der ebenfalls noch jungen, katholi- schen Pfarrgemeinde. Bereits am 05. des gleichen Monats verständigte er sich mit Pastor Jakob Offenloch darüber, einen Chor zu gründen, der mit seinen Gesängen zur Verschöne- rung des Gottesdienstes beitragen und sich in den Dienst der Gemeinde stellen sollte. Nicht allein aus reiner Lust am Singen, erst recht nicht zum Selbstzweck, ist er entstanden, sondern laut Gründungsauftrag galt die Devise für den Chor, dem Allgemeinwohl der Gläubigen und Bürger zu dienen. Somit bleibt festzuhalten, daß Johann Arnold der Gründer und der erste Pfarrer von Weißenthurm geistiger Vater des Vereins waren. Es fand sich eine Anzahl junger Männer zusammen, die sofort mit den Proben begannen. Das erste Probenlokal war die alte Schule an der Hauptstraße. An Allerheiligen des Jahres 1874 trat der nunmehr von Arnold gegründete und von ihm geleitete Chor zum erstenmal mit fol- genden Sängern an die Öffentlichkeit: Johann Berresheim, Johann Fuchs, Heinrich Gerlach, Johann Heimes, Engelbert Höfer, Fritz Höfer, Peter Kramer, Johann Kerwer, Josef Kirchrath, Jakob Offenloch, der erste Pfarrer von Weißenthurm Lehrer Johann Arnold, der Gründer des Vereins
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125 JAHRE CHORGESANG IM MGV „EINTRACHT“ 1874 WEISSENTHURM

125 Jahre sind mehr als ein Menschenleben; im Buch der Geschichte dagegen allenfalls einKapitel unter vielen. Aber im Bestehen und Wirken eines Vereins sind sie eine bedeutendeZeitspanne. Der Rückblick auf 1 1/4 Jahrhundert erfolgreicher Arbeit im Dienste des Chorge-sanges und der Gemeinschaft ist für einen Gesangverein ein wahrhaft stolzes Ereignis undgebührender Anlaß zugleich, sein Werden und Leben sowie die einzelnen Entwicklungspha-sen bis in die heutige Zeit zu betrachten.

Lehrer Johann Arnold, am 03. April 1844 geboren, trat am 02. Juli 1874 seine 3. Lehrerstelle inder noch jungen, erst 1866 selbständig gewordenen Gemeinde Weißenthurm an und über-nahm gleichzeitig das Amt des Küsters und Organisten in der ebenfalls noch jungen, katholi-schen Pfarrgemeinde. Bereits am 05. des gleichen Monats verständigte er sich mit PastorJakob Offenloch darüber, einen Chor zu gründen, der mit seinen Gesängen zur Verschöne-rung des Gottesdienstes beitragen und sich in den Dienst der Gemeinde stellen sollte. Nichtallein aus reiner Lust am Singen, erst recht nicht zum Selbstzweck, ist er entstanden, sondernlaut Gründungsauftrag galt die Devise für den Chor, dem Allgemeinwohl der Gläubigen undBürger zu dienen. Somit bleibt festzuhalten, daß Johann Arnold der Gründer und der erstePfarrer von Weißenthurm geistiger Vater des Vereins waren.

Es fand sich eine Anzahl junger Männer zusammen, die sofort mit den Proben begannen. Daserste Probenlokal war die alte Schule an der Hauptstraße. An Allerheiligen des Jahres 1874trat der nunmehr von Arnold gegründete und von ihm geleitete Chor zum erstenmal mit fol-genden Sängern an die Öffentlichkeit: Johann Berresheim, Johann Fuchs, Heinrich Gerlach,Johann Heimes, Engelbert Höfer, Fritz Höfer, Peter Kramer, Johann Kerwer, Josef Kirchrath,

Jakob Offenloch, der erste Pfarrervon Weißenthurm

Lehrer Johann Arnold, der Gründerdes Vereins

Leonhard Kirchrath, Jakob Krischer, Leonhard Krischer, Georg Krudwig, Jakob Krudwig, Jo-sef Krudwig, Josef Schreiber, Heinrich Zerwas und Heinrich Zimmermann. Diese Sangesbrü-der haben sich als Mitgründer für immer um den Verein verdient gemacht.

Der junge Chor, der von Anfang an eine selbständige Funktion ausübte, also kein Gremiumder Kirchengemeinde war, widmete sich dennoch dem Kirchengesang und übte nebenbeiweltliche Lieder zur eigenen Unterhaltung und zur Pflege der Geselligkeit ein. Neben alljährli-chen 1 - 2 Konzerten veranstaltete er Theaterabende. Die zweimalige Aufführung einer Passi-on sowie des Schauspiels „Wilhelm Tell“ waren wohl sichere Zeichen des Selbstvertrauens.Die Reinerträge dieser Veranstaltungen wurden der Kirchengemeinde als Beitrag zumKirchenbaufonds überreicht oder für sonstige kirchliche Zwecke verwendet. Ferner dientensie der Anschaffung neuer Choralbücher, eines Harmoniums sowie der Beschaffung einertransportablen Bühne. Neben der Mitgestaltung des Gottesdienstes trug der Chor zur Ver-schönerung von Festlichkeiten der Orts- und anderer Vereine bei, wann immer er dazu einge-laden wurde. Die Geselligkeit wurde ebenfalls nicht vernachlässigt, wie z.B. jeweils am Na-menstag des Dirigenten und an den Karnevalstagen bei humoristischen Familienfeiern. Sozeigte der junge Verein, der stetig heranwuchs, wie sehr sich kirchliche und weltliche Interes-sen miteinander verbinden lassen. Anfang Januar 1887 gab sich der Verein seine ersten Sta-tuten, und am 06. Mai des gleichen Jahres fand die feierliche Einweihung der ersten Kirchen-fahne durch Pastor Offenloch in der Kirche statt. So vergingen die ersten beiden Jahrzehnte.

Im Jahre 1895 kam eine entschiedene Wendung in der 21-jährigen Geschichte des Vereins.Ein Jahr zuvor wurde der große Freund und Gönner des Chores und besonders seines Diri-genten und Präsidenten Johann Arnold, Pfarrer Offenloch, wegen hohen Alters an die kleine-re Pfarrei Kesselheim versetzt. Sein ab September 1894 tätiger Nachfolger, Pastor JohannWillems, zeigte, auch infolge Beeinflussung von anderer Seite, wenig Interesse an der Tätig-keit des Chores. Die Sänger suchten daraufhin ebenfalls nicht weiter, eine Annäherung zu-stande zu bringen, und so wurde das Verhältnis immer gespannter. Am 29. September 1895veranstaltete der Verein ein größeres Konzert ohne vorherige Anfrage beim Herrn Pastor.Dies war ein geeigneter Anlaß für ihn, den Verein öffentlich zu maßregeln, mit der gleichzeiti-gen Aufforderung, dem Cäcilienverband beizutreten, was eine gewollte Kontrolle über denVerein und den Verlust der Eigenständigkeit bedeutet hätte. Die Folge der Ablehnung war, daßdem Chor, wiederum öffentlich während des Gottesdienstes am 20. Oktober 1895 die weitereTätigkeit als Kirchenchor untersagt wurde. Auf einer Versammlung des gleichen Tages um 20Uhr im Lokale der Brauerei Bock wurde im Beisein von allen Mitgliedern einstimmig beschlos-sen, als rein weltlicher Verein unter dem bezeichnenden Namen Männergesangverein „Ein-tracht“, mit dem Gründungsjahr 1874, weiter zu bestehen. Johann Arnold blieb weiterhin derDirigent. Dieser versah zunächst noch den Dienst des Organisten, aber ein Jahr später ereilteauch ihn das Geschick, und er mußte diese Tätigkeit nach 23 Jahren Kirchendienst einstellen.

Die Sänger nahmen den Beschluß der Umwandlung des Vereins mit Begeisterung auf. Bis zurFertigstellung des von dem Mitglied, Maurermeister Josef Böcking, im Bau befindlichen Übungs-lokales stellte der Dirigent seine Wohnung für die dienstags und freitags stattfindenden Pro-ben zur Verfügung. Die Versammlungen am 03. und 21. November 1895 dienten der Festset-zung der neuen Vereinssatzung. Der erste Vorstand unter dem Namen „Eintracht“ wies folgen-de Besetzung auf: Präsident (1. Vorsitzender) Josef Meurer, 2. Vorsitzender Jakob Krischer,Schriftführer Peter Arnold, Kassierer Theodor Neudeck. Bereits Weihnachten 1895 gab derChor sein erstes Konzert unter dem neuen Namen „mit einem so starken Besuch seitens derBürgerschaft, daß der große Saal von Mitglied August Viebahn (Zur Krone) nicht alle Gästefassen konnte“ (Chronik). Es war auch ein großes Zeichen der Sympathie, wenn die Zahl derMitglieder wuchs und im Laufe des Jahres 1896 auf über 100 anstieg; ein Beweis dafür, daßsich der Verein trotz aller Schwierigkeiten der Gunst einer breiten Bürgerschaft erfreute. Am

29. November 1896 übergab Johann Arnold die musikalische Leitung seinem Sohn AndreasArnold, „unter dessen Dirigentschaft der Chor groß und stark wurde“ (Chronik).

Am 06. Mai 1897 fand die Weihe der ersten weltlichen Vereinsfahne statt, die mit einem Kon-zert mit mehreren Nachbarvereinen und einem Festball verbunden war. Im gleichen Monatnahmen die Sänger zum ersten Male an einem Gesangwettstreit, in Weis bei Engers, teil, wasvon da an zur Regel wurde. Leider verlor der Verein 1898 nach zweijähriger Tätigkeit seinenjungen Chorleiter Andreas Arnold infolge dessen beruflicher Versetzung an die Oberpostdi-rektion in Köln. Trotz weiteren Wechsels in der Dirigentschaft (Georg Damm von 1898 bis1899), (Christian Berresheim von 1899 bis 1902) ließ sich der Chor nicht davon abhalten,regelmäßig an Wettsingen und an Stiftungsfesten benachbarter Gesangvereine teilzuneh-men. 1899 erkor sich der Verein den Gasthof August Viebahn zu seinem Vereins- und Probe-lokal, wo mehr Platzmöglichkeiten vorhanden waren. Dort fand auch die Feier des 25-jährigenStiftungsfestes mit Konzert, Theater und Tanz statt.

Am 30. Oktober 1902 verpflichtete der Verein mit Musikdirektor Willy Stollewerk aus Koblenzeinen der prominentesten Dirigenten der damaligen Zeit und trat schon Weihnachten mit ei-nem vollständig neuen Programm mit großem Erfolg an die Öffentlichkeit. Unter seiner Stab-führung nahm der Chor einen ungeahnten Aufschwung und kehrte in den beinahe 10 Jahrenseiner Tätigkeit von manchem Wettstreit sieggekrönt nach Hause zurück. In dieser Zeit hatder Verein weitere Sängertreffen und vom 04. bis 06. August 1906 den ersten großen Gesang-wettstreit veranstaltet, bei dem 26 Vereine von Köln bis Mainz um die Palme des Sieges ran-gen. Ein großer Festzug mit über 1.000 Teilnehmern zog durch die Straßen zum Festplatz ander Hauptstraße vor dem Ort. „Ein gewaltiger Besucherstrom durchflutete die Gemeinde, undes war eine vielbeachtete Demonstration für das deutsche Lied“ (Chronik). Zu dieser Zeitbestand folgender Vereinsvorstand: 1. Vorsitzender Theodor Neudeck, 2. Vorsitzender JohannBöcking, 1. Schriftführer Hermann Ahlfeld, 2. Schriftführer Josef Eifler, 1. Kassierer JohannIsrael, 2. Kassierer Michael Fuchs.

Konzerte, Theaterabende, das alljährliche Stiftungsfest, Ausflüge und die Mitwirkung bei Fest-lichkeiten örtlicher und auswärtiger Vereine beinhalteten das Geschehen bis 1914, auch alsChorleiter Stollewerk 1911 ausschied und Lehrer Gottfried Krieg die Chorleitung übernahm.Am 11. und 12. Juli 1914 konnte unter großer Anteilnahme der Bevölkerung des Ortes und derNachbargemeinden das 40-jährige Vereinsbestehen glanzvoll gefeiert werden. Nur drei Wo-chen später, am 01. August, brach der 1. Weltkrieg aus und brachte alles kulturelle Wirkenzum Erliegen. Durch die Einberufung des Chorleiters und vieler Sangesbrüder war nur nochdas Singen am Grabe von verstorbenen Mitgliedern möglich. Am 15. Juli 1915 verstarb derGründer des Vereins, Lehrer a.D. Johann Arnold, im Alter von 71 Jahren. Mit einem Trauer-choral am offenen Grabe nahmen die in der Heimat verbliebenen Sänger Abschied von ihremEhrendirigenten. Noch heute schmückt sein Bild unser Probenlokal; ein Zeichen dafür, daßder Opfersinn dieses verdienstvollen Mannes nicht vergessen ist.

Der Verein opferte den gesamten Kassenbestand für Liebesgaben an seine im Felde stehen-den Sangesfreunde. Als die unseligen Kriegsjahre vorüber waren, war der Verlust von 21Mitgliedern, darunter 9 aktive Sänger, zu beklagen. Erst am 23. August 1919 konnten dieersten Chorproben unter Lehrer Krieg wieder aufgenommen werden. Schon im Oktober desgleichen Jahres gab es den ersten Auftritt beim 50-jährigen Stiftungsfest des MGV „Cäcilia“Kettig. Am 16. November 1919 veranstaltete man ein großes Wohltätigkeitskonzert zu Gun-sten bedürftiger Witwen und Waisen des Krieges. Sehr bald stieg die Zahl der Mitglieder wiederan. 1920 zählte der Chor bereits 55 Sänger, 1921 waren 62 Aktive, 98 Inaktive und 8 Ehren-mitglieder zu verzeichnen. Die Aufführung der romantischen Oper „Der Freischütz“ von CarlMaria von Weber am 01. Januar 1922 mußte wegen des großen Erfolges am 15. Januar wie-

Choraufnahme 75-jähriges Jubiläum 1949

Vereinsmitglieder 60-jähriges Jubiläum 1934

derholt werden. Beide Male war der große Saal „Zur Krone“ überfüllt. Der Ertrag wurde derkath. Kirchengemeinde für den Glockenfonds übergeben. Dies alles geschah unter dem As-pekt einer wirtschaftlich schweren Zeit mit Fremdbesatzung und steigender Geldentwertung.Das Vereinslokal war weiterhin das Hotel „Zur Krone“, Hauptstraße.

Im gleichen Jahr schied Chorleiter Krieg nach 11 Jahren Tätigkeit aus; mit ihm auch TheodorNeudeck als 1. Vorsitzender, der die Geschicke des Vereins seit 1898 über 24 Jahre geleitethatte. Dieser blieb jedoch dem Vorstand bis nach dem 2. Weltkrieg als tatkräftiger Mitarbeitererhalten. Den Vorsitz des Vereins übernahm nunmehr der Sangesbruder Jakob Nick (Senior),der in aufopfernder Tätigkeit dieses Amt 13 Jahre (bis 1935) ausübte. Die 20er und beginnen-den 30er Jahre brachten für den Verein leider einen mehrmaligen Chorleiterwechsel:

1922 Fritz Dickenschied (nur 5 Monate)1922 - 1924 Willy Stollewerk (zum zweiten Mal)1924 - 1927 Paul David1927 - 1931 Nikolaus Lang1931 - 1949 Philipp Hildenbrandt

Im Jahre 1923 wurde das Vereinsleben durch die Inflation und die Weltwirtschaftskrise immerschwieriger. „Die Beiträge konnten nicht hoch genug angesetzt werden. Die Bilanzen gingenin die Billionen, und öfter mußte man den Dirigenten mit Naturalien, wie Eier, Butter, Kartof-feln, Briketts usw. bezahlen“ (Chronik). Trotzdem arbeitete der Verein unverdrossen weiter.Konzerte, Theaterabende, Vereinsfeiern und Karnevalsveranstaltungen beeinflußten dasWeißenthurmer Gemeindeleben in hohem Maße. Bei einem Wohltätigkeitskonzert zu Gun-sten des hiesigen Schwesternhauses mußten die Schwestern einen großen Wäschekorb zurVerfügung stellen, um alle die „großen“ Papiergeldscheine vereinnahmen zu können.

1924 führte der Verein nach monatelanger Einstudierung die Operette „Der wilde Stanislaus“insgesamt siebenmal, u.a. auch in Kettig am 23. März, mit überwältigendem Erfolg auf. Wie-derholungen dieses Singspiels fanden in den 30er Jahren und in den ersten Jahren nach dem2. Weltkrieg mit eben solcher Begeisterung statt. Am 26. und 27. Juli 1924 konnte das 50-jährige Jubelfest gefeiert werden. Ein großes Sängerfest, bei dem 45 Fahnen im Festzuggetragen wurden, gab diesem Jubiläum einen wirklich goldenen Glanz. Mit einem Gedenk-blatt gratulierte auch die Preußische Regierung. Am 24. Mai 1925 fand die Einweihung einerneuen Kirchenfahne durch Pastor Thome statt. Die Mitgliederzahl stieg in diesen Jahren stän-dig. So zählte der Verein am 01. Januar 1928 insgesamt 261 Mitglieder, die sich in 72 aktive,176 inaktive und 13 Ehrenmitglieder aufteilten. Aus dieser Zeit resultiert auch die Anschaffungdes sich heute noch im Probenlokal befindlichen prächtigen Fahnen- und Trophäenschrankes.

Im September 1931 übernahm Musikdirektor Philipp Hildenbrandt die Leitung des Chores,unter dessen Stabführung sich das gesangliche Niveau wieder außerordentlich steigerte. DieSängerzahl betrug zwischenzeitlich 82, bei einem durchschnittlichen Probenbesuch von 70Sängern. Viele Erfolge wurden mit dem neuen Chorleiter errungen, und man wagte sich an dieschwierigsten Chorwerke heran. Hatte schon 1928 die 8. Aufführung der Parade-Operette„Der wilde Stanislaus“ stattgefunden, so folgten am 02. und 09. April 1934 die VorstellungenNr. 9 und 10 in kompletter neuer Besetzung. Das 60-jährige Stiftungsfest am 22. und 23.September 1934 wurde in schöner Weise gefeiert und war verbunden mit dem Bundessänger-treffen des Mittelrheinischen Sängerbundes. Das Fest, zu dem sich 16 auswärtige Vereineeingefunden hatten, war gekennzeichnet von einem starken Interesse seitens der Bevölke-rung.Leider hielt die erfreuliche Entwicklung nur einige Jahre an. Der erneute Rückgang der Sänger-zahl war eng verbunden mit der Einmischung der NSDAP in das Vereinsleben. Durch diese

Einflußnahme, Verbote und Auflagen war es nicht verwunderlich, daß bei allen Chören dieMitgliederzahlen und das Interesse am Chorgesang immer mehr zurückgingen. So mußteauch der rührige 1. Vorsitzende Jakob Nick unter politischem Druck auf der Jahreshauptver-sammlung am 10. März 1935 im Vereinslokal Jakob Nachtsheim, „an der die politische Lei-tung der Ortsgruppe teilnahm“ (Chronik) sein Amt niederlegen. Seine Nachfolger waren fürzwei Jahre Karl Mülhöfer und für ein Jahr Josef Hennrichs. Der innere Zusammenhang wurdedurch die Vereinsfeiern gestärkt, besonders aber durch die jährlichen Ausflüge, die nun mitzuverlässigen Reisebussen möglich wurden. Eine 5-tägige Sängerfahrt vom 25. bis 29. Juni1938 nach Bayern, die durch die Initiative des späteren Vorsitzenden Otto Sedlmaier zustan-de kam, wurde für die 44 teilnehmenden Sänger und Chorleiter Hildenbrandt zu einem unver-geßlichen Erlebnis.

Mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges ging auch das aktive Vereinsleben zurück, kam aber inden Kriegsjahren 1939 - 1945 nie ganz zum Erliegen. Durch die Einberufung vieler Sanges-brüder wurde die Probenarbeit stark beeinträchtigt, aber die in der Heimat verbliebenen Sän-ger hielten die Vereinsarbeit so gut wie möglich aufrecht. Mit viel Liebe und Mühe konnteimmer wieder ein kleiner Chor zusammengerufen werden, um am Grab verstorbener Mitglie-der, bei goldenen Hochzeiten und Heimabenden und besonders in Lazaretten und Kranken-häusern zu singen. Nachdem auch Chorleiter Hildenbrandt an die Front mußte, übernahm derhiesige Organist Alfons Schuhen am 14. Dezember 1941 in dankenswerter Weise das Dirigatbis zum Ende des Krieges.

Als der 2. Weltkrieg vorüber war und das Leben sich allmählich wieder normalisierte, regtesich auch in Sängerkreisen wieder der Wunsch, aktiv zu werden. Obwohl viele Sangesbrüderin dem schrecklichen Krieg ihr Leben lassen mußten, begann dank der guten Voraussetzun-gen aus der Vorkriegszeit, besonders aber deshalb, weil das Vereinsleben aufrecht erhaltenwerden konnte, sofort nach Kriegsende ein ungeahnter Aufschwung. Der damalige Vereins-leiter Otto Sedlmaier war es, und das soll in großer Dankbarkeit bekundet werden, der keineMühe und Arbeit scheute, um den Chor des MGV „Eintracht“ wieder aufblühen zu lassen.Dank seiner Initiative und der Mitarbeit einiger treuer Helfer, darunter auch die beiden Ehren-vorsitzenden Theodor Neudeck und Jakob Nick, wurde dieses Vorhaben hundertprozentigerreicht. Als Chorleiter Hildenbrandt im September 1945 aus der Gefangenschaft heimkehrte,stiegen die Sängerzahlen schnell, und im Jahre 1948 konnten 100 Sänger, darunter vielestimmbegabte junge Männer, bei der Probe gezählt werden. In dieser Zeit richtete der Vereinaus den Trümmern des Bühnensaales „Vater Rhein“ unter großen Opfern und Mühen dasSängerheim her, in dem heute noch, und zwar seit 12. September 1948, die Proben stattfin-den. Die Kosten für die Herrichtung wurden von den Sängern selbst sowie durch großherzigeSpenden von Mitgliedern, Freunden und Gönnern des Vereins aufgebracht.

Otto Sedlmaier hat diesem Abschnitt der Vereinsgeschichte sein Gepräge gegeben. Von be-scheidenem Wesen, aber unermüdlichem Fleiß organisierte er 1938 die Fahrt in seine HeimatBayern, welche ein Ereignis von nachhaltigem Wert wurde. Er trommelte in den Kriegsjahrenimmer wieder einige Getreue zusammen und legte so den Grundstein für den Aufstieg nachden Kriegswirren. Mit persönlichen großen Opfern sorgte er dafür, daß die Proben ab August1945 regelmäßig stattfinden konnten, und er war auch die Triebkraft zur Errichtung des Sänger-heims. Auf der Jahreshauptversammlung am 17. Februar 1946 von 80 anwesenden Mitglie-dern im Saale der Brauerei Bock offiziell zum 1. Vorsitzenden gewählt, konnte er in der Folgemiterleben, wie sich die Mitgliederzahlen und das gesangliche Niveau außerordentlich stei-gerten.

Auch die uneigennützigen Unterstützungen der Ehrenmitglieder Dr. Hermann Schultheis unddes späteren Weißenthurmer Ehrenbürgers Wilhelm Schultheis verdienen es, in der Chronik

Solo-Quartett MGV „Eintracht”1950-1983Aufnahme ca. 1960

von links:Ludwig KohnsHeinrich SchmidtErich KettLeo Nallin

Solo-Quartett MGV „Eintracht”1950-1983Aufnahme 1963

von links:Ludwig KohnsHeinrich SchmidtErich KettHeinrich Nickenig (Leiter)Leo Nallin

Solo-Quartett 1992-1996

von links:Karl Heinz HeuschHeinrich SchmidtStephan RosenzweigRalf Temme

Solo-Quartett heute

von links:Oliver ReinhardHeinrich SchmidtRalf TemmeStephan Rosenzweig

festgehalten zu werden. Ihnen ist es mit zu verdanken, daß der Verein in der großen Not nachdem schrecklichen 2. Weltkrieg schnell wieder Boden fassen konnte. Erwähnt seien u.a. dasGeschenk eines Klaviers infolge Verlust des alten Instrumentes, die Überlassung des Brau-Stübl’s als zwischenzeitliches Probenlokal sowie der Faßhalle für die Ausrichtung von Kon-zerten und Wettstreiten, die Gestellung von Möbeln für Veranstaltungen und von Fahrzeugenfür alle dringlichen Vereinsangelegenheiten.

Auch die lange Tradition von Theater, Singspiel und Operette lebte in den ersten Nach-kriegsjahren wieder auf, wie z.B. mit der Neueinstudierung des Klassikers „Der wilde Stanis-laus“ unter der Regie von Willi Haupt und der musikalischen Leitung von Heinrich Nickenig.Die vorgesehenen drei Aufführungen des aus jungen Frauen und Sängern bestehenden En-sembles reichten nicht aus, um die Begeisterung der Bevölkerung zu befriedigen, und soentschloß sich die Theaterleitung zu zwei weiteren Vorstellungen. Gespielt wurde an den fol-genden Sonntagen 10., 17., 24., 30.(Sa.) und 31. August 1947 vor jeweils völlig ausverkauf-tem Vereinshaussaal. Dasselbe geschah bei zwei Vorstellungen am 27. September und 04.Oktober 1947 in Bassenheim bzw. in Kettig. In dieser und der nachfolgenden Zeit wurden mitgleichem Erfolg die Singspiele/Operetten „Die Bettelprinzessin“ und „Henkerssohn und Zi-geunerin“ aufgeführt. Öffentliche und stets vollbesetzte Kappensitzungen mit dem Elferrats-präsidenten Hermann Krudwig sowie Maskenbälle gaben Zeugnis davon, daß auch der närri-sche Frohsinn nicht zu kurz kam.

Am 14. November 1947 verstarb der 2. Ehrenvorsitzende Jakob Nick (Senior). Mit diesemIdealist schied auch ein Stück Vereinsgeschichte dahin. Mit dem Besuch des Wertungssingens1948 in Urbar kam die Erkenntnis, daß der Chorgesang nicht stehengeblieben war. Jungedynamische Chorleiter führten die Chöre zu nie gekannten Leistungen. Schweren Herzens,aber vom Willen zur größten Leistung gedrängt, mußte sich der Verein von einem guten Freund,Philipp Hildenbrandt, der den Chor zu großen Erfolgen geführt hatte, Anfang 1949 trennen. Inseinem Nachfolger, Musikdirektor Josef Over aus Bad Godesberg, wurde aber mit der erstenProbe am 23. Januar 1949 der Dirigent gefunden, der den MGV „Eintracht“ in kurzer Zeit zueinem der beachtetsten Klangkörper unseres Heimatgebietes und des Mittelrheins heranbil-dete. Von allen Wettstreiten kam der Chor preisgekrönt nach Hause, obwohl er stets in derhöchsten Klasse sang und nie die direkte Konfrontation mit anderen qualifizierten Chörenscheute.

Das Jahr 1949 wird für alle Zeiten ein Ruhmesblatt in der Vereinsgeschichte sein, denn das75-jährige Jubelfest vom 06. bis 08. August, das mit einem großen Festzug, einem bemer-kenswerten Festabend und einem von 20 Vereinen mit über 1.100 Sängern besuchten Gesang-wettstreit verbunden war, gestaltete sich zu einer machtvollen Kundgebung für das deutscheLied. Das Jubiläum fand einen starken Widerhall und wirkte sich befruchtend auf das gesang-liche und kulturelle Leben Weißenthurms aus. Kaum waren die Festtage verklungen, verlorder Verein am 21. August seinen 1. Ehrenvorsitzenden Theodor Neudeck durch den Tod nach65jähriger Mitgliedschaft, darunter 24 Jahre als Vorsitzender und 27 Jahre als Ehrenvorsit-zender. Dieser edle Sangesbruder wird für immer unvergessen bleiben.

Das Jahrzehnt der 50er Jahre gestaltete sich ebenfalls zu einer Blütezeit des Vereins. Vielejunge Sänger traten dem Chor bei und fanden bei den erfahrenen Sangesbrüdern eine freudi-ge Aufnahme. Die Aufführung aller gesanglichen Erfolge und der vielen Veranstaltungen (Ver-eins- und Familienabende, Sänger- und Konzertfahrten, Vereinsausflüge etc.) würden denRahmen dieser Chronik sprengen, sind aber zu einem Teil an anderen Stellen in dieser Fest-schrift aufgeführt. Erwähnt seien hierbei auch die vielen Auftritte des sich am 12. November1950 bei einem humoristischen Wettstreit anläßlich eines Familienabends gebildeten Solo-Quartetts unter der Leitung des unvergessenen, verdienstvollen Ehrenmitgliedes Heinrich

Elferrat und Amazonen des Vereins ca. 1950

Kirmesfrühschoppen ca. 1950

„Rhythmusgruppe” 1970-1980 (Aufnahme 1978)

Nickenig, in dessen Wohnung „Am Kahlenberg“ die allwöchentlichen Proben stattfanden, wobeidie vier jungen Sänger Ludwig Kohns, Karl Krischer (Ende 1957 berufsbedingt verzogen),Heinrich Schmidt (ab Anfang 1958), Erich Kett und Leo Nallin stets eine überaus herzlicheAufnahme fanden. Bei zahllosen Anlässen, wie Vereins- und Familienfeiern, karnevalistischenVeranstaltungen und Konzerten innerhalb und außerhalb Weißenthurms, auf Wettstreiten, beiStändchensingen auf Hochzeiten und in Krankenhäusern u.v.a.m. hat es den Verein immerwürdig vertreten und einen hervorragenden Ruf erlangt. Als Heinrich Nickenig am 03. März1977 verstarb, verabschiedeten sich die Mitglieder des Quartetts mit einem letzten Sanges-gruß von ihrem väterlichen Freund. Die Ära dieses erfolgreichen und beliebten Solo-Quartettsendete am Jahresende 1983 und hatte somit 33 Jahre Bestand.

Am 29. Oktober 1950 fand die Weihe der neuen Kirchenfahne statt. Der Mitgliederstand be-trug am Ende des genannten Jahres 111 Aktive, 146 Inaktive und 17 Ehrenmitglieder = insge-samt 274. Das große Werk „Heimat“ von Nössler für Männerchor, Soloquartett, Sopran undKlavier fand in den nachfolgenden Jahren bei Konzerten in Weißenthurm und bei benachbar-ten Brudervereinen mit dem Solopart der Weißenthurmer Sopranistin Therese Hoff und derKlavierbegleitung von Heinrich Nickenig begeisterten Anklang.

Im Jahre 1953 mußte Otto Sedlmaier wegen vorgerückten Alters die Vereinsführung in dieHände von Peter Mülhöfer (Junior) übergeben und wurde in Würdigung seiner Verdienste zumEhrenvorsitzenden ernannt. Sein Nachfolger übte dieses Amt bis 1961 aus, wobei die zielstre-bige und erfolgreiche Arbeit zum Wohle der „Eintracht“ ihre Fortsetzung fand. 1954 bildetesich aus jungen Sängern das Funkencorps „Blau-Gold“, das am Schwerdonnerstag, 25. Feb-ruar, und beim Fastnachtszug am Sonntag, 28. Februar, seine ersten Auftritte hatte. Der ersteKommandeur war Helmut Krämer und sein Nachfolger Werner Zils, die sich beide im übrigenauch große Verdienste bei der Durchführung von vielen Familienabenden erworben haben.Nach einigen Jahren als Eintrachtsgruppe wurde das Corps eine heute noch bestehendeInstitution innerhalb der Karnevals- und Kirmesgesellschaft. In den frühen 50er Jahren warder MGV „Eintracht“ Mitglied der Interessengemeinschaft der fünf größten Ortsvereine. Dieseveranstaltete die närrischen Sitzungen und Maskenbälle im Saale des Rhein-Hotels (FranzSchumacher).

Das 80-jährige Vereinsjubiläum vom 31. Juli bis 02. August 1954 wurde wieder im Rahmeneines großen Gesangwettstreites gefeiert. 21 namhafte Männerchöre mit über 1.000 Sängerngaben durch ihre Beteiligung der verbindenden Kraft des deutsches Liedes sichtbaren Aus-druck. Festprotektor war der damalige Amtsbürgermeister Josef Oster, und als Festvorsitzenderfungierte Ehrenmitglied Karl Thilmann. Auch dieses Fest reihte sich würdig ein in die Vereins-geschichte.

Zu festen Einrichtungen zählten die beliebten Kirmesfrühschoppen; ebenso nach der Auflö-sung der Interessengemeinschaft die eigenen Maskenbälle im kath. Vereinshaus. Letzterefanden später auch einige Jahre zusammen mit dem Bruderverein MGV 1877 in der Stadt-halle mit nachhaltigem Interesse seitens der Bevölkerung statt. Der Verein beteiligte sich übervier Jahrzehnte lang an der Mitgestaltung des örtlichen Karnevalszuges durch Prunkwagenund Fußgruppen, die allseits großen Anklang fanden. Neben Klaus Hoffmann für seine beson-deren künstlerischen Leistungen und Willi Eifler sei den vielen, ansonsten ungenannten, Wa-genbauern und Helfern an dieser Stelle für die jahrelange Mühe und Arbeit herzlichst gedankt.Ebenso gereicht es dem Verein zur Ehre, daß einige Sangesbrüder, wie der damalige 1. Vor-sitzende Peter Mülhöfer und Werner Zils, zum Prinzen Karneval gekürt wurden.

Eine Rundfunkaufnahme am 24. Februar 1959 in Andernach mit über 80 Sängern wurde am30. Juli des gleichen Jahres in der SWF-Sendung „Chöre der Heimat“ ausgestrahlt. Ende

Dezember 1960 verstarb das Ehrenmitglied Michael Fuchs im Alter von fast 86 Jahren. Mitihm ging ein langes Stück Vereinsgeschichte dahin; er war 67 Jahre aktiver Sänger und über50 Jahre 1. Kassierer des Vereins. Seine Beisetzung mit einem Grablied des Chores unterJosef Over war am 02. Januar 1961.

Hat der MGV „Eintracht“ bereits seit 1946 jährlich ein Konzert in Weißenthurm veranstaltet, sowurden die folgenden Konzerte unter Chorleiter Josef Over zu kulturellen Höhepunkten. Nunwurde der Mut zu großen Chor- und Solisten-Konzerten aufgebracht, die der Verein inWeißenthurm eingeführt hat. Noch heute ist das Konzert am 05. Mai 1957 in der Faßhalle derSchultheis-Brauerei mit dem unvergessenen amerikanischen Bassisten Kenneth Spencerbeispielhaft.

Der Verein wurde aber auch nicht von inneren Krisen verschont. 1961 gab es einen doppeltenWechsel. Nachdem im März Musikdirektor Over die Chorleitertätigkeit niederlegte, trat An-fang September der 1. Vorsitzende Peter Mülhöfer von seinem Amt zurück. Im April wurdeKurt-Heinz Schiele aus Niederbieber als neuer Chorleiter verpflichtet. Bei der Jahreshaupt-versammlung am 21. Januar 1962 erhielt Karl Zils, vorher schon 1. Kassierer, das einstimmigeVertrauen bei der Wahl zum 1. Vorsitzenden. Mit frischer Tatkraft, viel Fleiß und Geschickwidmete er sich seiner schweren Aufgabe. Die Anfang dieses Jahrzehnts sich wie bei denmeisten Chören anbahnende rückläufige Sängerzahl konnte mit vereinten Kräften bis 1964wieder auf eine Stärke von 75 Sängern gebracht werden. In diese Zeit fiel die Einführung derKaffeenachmittage für die Sänger- und Mitgliederfrauen, die große Beliebtheit erlangten. An-läßlich des Frühjahrskonzertes am 07. April 1963 fand die Weihe der neuen weltlichen Vereins-fahne durch Amtsbürgermeister Heinz Korbach statt. Zu Gegenbesuchen weilten vom 06. bis09. September 1963 der MGV „Liederhort“ Lindau-Reutin und vom 06. bis 07. Juni 1964 derMGV Neuerburg/Eifel in Weißenthurm.

Das Jahr 1964 kann wohl mit Recht als ein Einschnitt in das Vereinsleben der „Eintracht“angesehen werden. Gleichsam als Geschenk der Gemeinde wurde die Stadthalle fertigge-stellt und das 90-jährige Vereinsjubiläum vom 27. bis 29. Juni in die Festveranstaltungswochenmit eingebunden. Beim dritten nach dem 2. Weltkrieg ausgerichteten Wettstreit waren 17 Ver-eine mit annähernd 1.000 Sängern vertreten. Festprotektor war Ortsbürgermeister WernerKlein und Festvorsitzender Ehrenmitglied Karl Thilmann.

Am 10. August 1964 kam es zur einvernehmlichen Trennung von Chorleiter Schiele. Am 22.August wurde Hans Lingerhand zum neuen musikalischen Leiter verpflichtet, womit der Ver-ein eine überaus glückliche Hand hatte. Neben seinen hervorragenden Qualitäten als Musikerwie als Chorleiter war seine breite Kenntnis der Chorliteratur von der Vorklassik bis zur Moder-ne, verbunden mit ausgeprägtem Gespür und Urteilskraft für das wirklich Gute für den Vereinvon unermeßlichen Wert. Das gesangliche Niveau steigerte sich nunmehr erneut außeror-dentlich, und erfolgreiche Wettstreitbesuche wurden wieder zur Regel. Durch eine Vielzahlvon Konzerten mit erstklassigen Chören und Orchestern sowie mit Interpreten von hohemRang erarbeitete sich der Chor ein umfangreiches Repertoire aus allen Musikepochen. Dienahezu 27-jährige Ära Hans Lingerhand hat diesem Abschnitt der Vereinsgeschichte ihr be-sonderes Gepräge gegeben.

Im Jahre 1964 arrangierten die beiden örtlichen Gesangvereine erstmalig das „WeißenthurmerBierfest“, das auf Anhieb zu einem festen Begriff im Veranstaltungskalender und neben derKirmes zu einem herausragenden geselligen Ereignis in Weißenthurm wurde. Fanden dieersten Bierfeste in und um die Stadthalle statt, so verlagerte sich das Geschehen später aufden Festplatz am Rhein mit Festzelt, Rummelplatz, Insel-Feuerwerk u.v.a.m.. Bald wurde derhiesige Verkehrs- und Verschönerungs-Verein in die Organisation mit einbezogen. Der Bier-

Choraufnahme 100-jähriges Jubiläum 1974

Choraufnahme 90-jähriges Jubiläum 1964

könig „Gambrinus“ wurde abwechselnd von Mitgliedern der beiden Gesangvereine verkör-pert. Dabei gab sich unser Vorstandsmitglied Josef Fühner fünfmal „die Ehre“. An einigen inder Stadthalle durchgeführten Freundschaftssingen nahmen teilweise bis zu 50 Chöre ausallen Gegenden unseres Heimatgebietes teil, die auch die Weißenthurmer Gastronomie reichbevölkerten. Zu einem Großereignis wurde das Bierfest im Jahre 1977 durch die Einbindungder zweiten Rhein-Mosel-Eifel-Tage des Kreises Mayen-Koblenz, die aus diesem Anlaß inunserer Stadt stattfanden. 25 Jahre, bis 1988, war das „Weißenthurmer Bierfest“ ein Garantim geselligen Leben für Weißenthurm und Umgebung. Dann sahen sich die Veranstalter we-gen nachlassenden Interesses infolge der allgemeinen Zeitverhältnisse zu einer Aufgabe desbeliebten Festes gezwungen. Dem MGV 1877 Weißenthurm, dem VVV Weißenthurm, derStadtverwaltung sowie den beiden hiesigen Brauereien, der Brauerei zur Nette und derSchultheis-Brauerei, sei für die freundliche Zusammenarbeit und vielfältige Unterstützung beider Ausrichtung des Festes zum Wohle unserer Heimatstadt herzlichst gedankt.

Eine Rundfunkaufnahme mit 8 Chorwerken und Liedern am 08. Juni 1967 in der Stadthallekam einige Zeit später im Südwestfunk zur Ausstrahlung. Zu Anfang des gleichen Jahres sahsich der 1. Vorsitzende Karl Zils wegen beruflicher Überlastung gezwungen, von seinem Amtzurückzutreten. Er blieb jedoch dem Vorstand als Mitarbeiter erhalten. Die Nachfolge trat am07.01.1967 der frühere 2. Vorsitzende Matthias Groß II an. Im Frühsommer 1970 bildete sichaus einer Anzahl von Sängern unter der Leitung von Werner Lücke eine Sängergruppe imVerein, die bald unter der Bezeichnung „Rhythmusgruppe“ zu einem Begriff werden sollte. ImGegensatz zur allgemeinen Chormusik bevorzugte das Ensemble ein Repertoire aus denBereichen Schlager, Folklore, Spirituals und Operette. Unzählige Auftritte, oft bis zu fünf ander Zahl an Wochenenden, machten die Rhythmus-Sängergruppe über die Grenzen vonWeißenthurm hinaus bekannt und dem Stammverein alle Ehre. Allein in 1978 konnten 21Auftritte gezählt werden. 1980 mußte die Tätigkeit nach 10 Jahren eingestellt werden, da dermusikalische Leiter dienstlich nach Nierstein versetzt wurde und ein geeigneter Nachfolgernicht gefunden werden konnte.

Zu Gegenbesuchen weilten am 26. und 27. September 1970 der MGV Randersacker b. Würz-burg und vom 02. bis 04. September 1978 der MGV „Friedrichslinde“ aus Inzing/Tirol bei der„Eintracht“ in Weißenthurm. Trotz aller Aktivitäten war Ende der 60er/Anfang der 70er Jahredie Sängerzahl bis unter 50 gesunken, wofür nur der allgemeine Zeitgeist und keine internenSchwierigkeiten verantwortlich waren. Dank der geglückten Bemühungen des Vorstandes undeiniger treuer Sänger wurde bis Ende 1973 durch Hinzugewinnung von ehemaligen und neuen,besonders aber vielen jugendlichen Sängern wieder eine Chorstärke von ca. 90 erreicht, sodaß die Voraussetzungen für das 100-jährige Jubiläum nicht besser sein konnten. Zunächstjedoch trat der 1. Vorsitzende Matthias Groß II nach einer gerade durchgeführten Sänger- undInformationsreise nach Berlin (West) im September 1973 von seinem Posten zurück. Der 2.Vorsitzende Manfred Hennrichs übernahm kommissarisch die Vereinsleitung und wurde aufder Jahreshauptversammlung am 13. Januar 1974 mit dem Vorsitz betraut. Er übt dieses Amtbis heute, also bereits 26 Jahre, in überzeugender Weise und zielstrebiger Arbeit aus.

Nachdem die Vorbereitungen zur 100-Jahr-Feier angelaufen waren, fand am 04. November1973 in der Stadthalle der Delegiertentag für den geplanten Wettstreit statt. Trotz des plötzlichausgeprochenen Fahrverbotes an diesem Sonntag (Weltölkrise) war das Ergebnis von 43angemeldeten Chören mit nahezu 1.800 Sängerinnen und Sängern aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie 7 Vereinen aus Holland überwältigend. Unter der Leitungdes 1. Geschäftsführers Heinrich Schmidt, der als Festschriftführer für die Haupt-Organisati-on des Preissingens verantwortlich war, mußten anstatt der ausgeschriebenen 7 Klassenderen 10 gebildet werden.

Fastnachts-Prunkwagen„Die Hausdrachen”

Weißenthurmer Stadtjubiläum Mai 1991als „Meistersänger vom Thur”

Nur einige Tage später, am 10. November 1973, gaben wir unserem allseits verehrten Ehren-vorsitzenden Otto Sedlmaier, der am 06. November im Alter von 87 Jahren verstarb und unsunvergessen bleiben wird, das letzte Geleit und sangen ihm am offenen Grab ein Abschieds-lied.

Das Jubiläumsjahr 1974, 100 Jahre MGV „Eintracht“ 1874 Weißenthurm, gestaltete sich zumabsoluten Höhepunkt in der bisherigen Geschichte des Vereins. Den Auftakt bildete dasJubiläumskonzert am Sonntag, 28. April, mit Kammersängerin Anneliese Rothenberger, Welt-star und „die“ Sopranistin jener Zeit. Das Interesse, diese bedeutende und charmante Künst-lerin hautnah erleben zu können, war riesengroß. Obwohl die Stadthalle mit über 1.500 Zuhö-rern restlos und geradezu bedrohlich überfüllt war, hätte der Verein gut und gerne noch einmaldieselbe Anzahl an Karten absetzen können. So war das Konzert schon lange vorher ausver-kauft. Es wurde zum überragenden kulturellen Ereignis im Konzertleben unserer Stadt unddürfte dies wahrscheinlich für immer bleiben. Unserem Chor war es vergönnt, an diesem Tagmit 87 Sängern aufzutreten.

Die Vereinsfeier am Samstag, 05. Oktober, im kath. Vereinshaus, nahm einen harmonischenVerlauf und beinhaltete neben Gesangsvorträgen und Ehrungen u.a. die Begrüßungsanspra-che des Festvorsitzenden, Ehrenmitglied Gustav Lohner, und die Festansprache des Schirm-herrn und Ehrenmitgliedes, Regierungspräsident Heinz Korbach. Am Tag darauf wurde demVerein in Bad Kreuznach, wohin sich eine Abordnung begeben hatte, durch den damaligenrheinland-pfälzischen Kultusminister Dr. Bernhard Vogel die Zelterplakette für 100-jährigeskulturelles Wirken verliehen.

Am Samstag, 12. Oktober, fand das Festkonzert „Hans Lingerhand und seine Chöre“ aus dreiBundesländern unter der solistischen Mitwirkung des aus unserem Verein hervorgegangenenWeißenthurmer Bassisten, Ehrenmitglied Erich Syri vom Nationaltheater Mannheim, statt.Die 10 Chöre mit insgesamt 750 Sängern und ca. 1.100 begeisterte Zuhörer machten dieStadthalle übervoll.

Am Sonntag, 13. Oktober, fand dann bei einem geradezu überwältigenden Interesse das in-ternationale Preis- und Meistersingen mit 41 teilnehmenden Chören - zwei holländische Ver-eine hatten entgegen ihrer Meldung Abstand genommen - statt. Über 3.000 Sängerinnen undSänger, Besucher und Gäste gaben sich ein Stelldichein und machten Weißenthurm mit sei-nen vielen gastronomischen Betrieben zu einer singenden und klingenden Stadt. Von den fünfWertungsrichtern wurden 71 Klassen- und Ehrenpreise und 10 Dirigentenpreise vergeben;dazu kamen zwei Meisterpreise und der Preis des Publikums. Der Tag klang aus mit einemSängerball im kath. Vereinshaus.

Der internationale Frühschoppen am Montag, 14. Oktober, in der Stadthalle hatte ca. 1.200Besucher, darunter noch drei Chöre aus Holland und zwei deutsche Gesangvereine, zu ver-zeichnen und dehnte sich bis zum Abend aus. Für die ausgelassene Stimmung sorgten vorallen Dingen das Musikkorps und die Big-Band der 8. amerikanischen Infanteriedivision ausBad Kreuznach mit einer begeisternden Show sowie die Weißenthurmer Kapelle „Die Trixis“.Damit fand die 100-Jahr-Feier ihren Ausklang.

Überhaupt stand der Chor des Vereins in den 70er und 80er Jahren auf einem bemerkenswerthohen sängerischen Niveau und brauchte keine Konkurrenz zu fürchten. Wertvolle und quali-tativ gute Konzerte, Wettstreiterfolge, Auslands-Konzertreisen und ein frühzeitiger Meister-chortitel (20.11.1976) kennzeichneten diese etwa 20-jährige Epoche. Dazu hatte, wie stetsauch noch heute, die Pflege der Geselligkeit in der Form von Vereinswanderungen, Vereins-abenden und Vereinsfahrten einen festen Platz.

Choraufnahme am 19.3.1988

Choraufnahme 110-jähriges Bestehen 1984

Nach längerer sorgfältiger Vorbereitung, zuletzt aus besonderen Gründen notwendigerweisejedoch kurzfristig, hob der MGV „Eintracht“ am 02. Mai 1980 einen Jugendchor aus der Taufe.Obwohl die Gründung infolge einer unlauteren Verhaltensweise von anderer Seite von keinemguten Stern begleitet war, gehörten dem Jugendchor bald annähernd 30 Jungen und Mäd-chen an. Die Leitung übernahmen Peter Doetsch (Chorleiter) und Helmut Schmiel (Vorsitzen-der). Unglückliche Umstände führten mit der letzten Probe am 09. Februar 1981, nach 9 Mo-naten, zur Einstellung der als Experiment anzusehenden Aktivitäten.

Die Freundschaft zu dem Männerchor „Ilkan Miehet“ Ilmajoki/Finnland begann mit dem Be-such der finnischen Sänger vom 03. bis 05. Oktober 1983 in Weißenthurm. Den Gästen wur-den als Programmpunkte die Mitgestaltung eines kath. Gottesdienstes mit anschließendemKirchenkonzert in der Pfarrkirche sowie eine Rheinfahrt ermöglicht. Bereits vom 06. bis 14.Juni 1984 fand im Rahmen unseres 110-jährigen Vereinsbestehens der erste Gegenbesuchin Finnland statt, wobei diese 9-tägige Reise unter dem Dirigat von Hans Lingerhand mit derTeilnahme an den internationalen Musikfestspielen in Ilmajoki verbunden war.

Vor der Finnland-Reise, am Sonntag, 18. März 1984, wurde das 110-jährige Stiftungsfest miteinem klassischen Jubiläumskonzert feierlich begangen. Dabei stand Richard Wagner’s 30-minütige Kantate „Das Liebesmahl der Apostel“ als Erstaufführung im hiesigen Raum im Mit-telpunkt. Zusammen mit dem MGV „Harmonie“ Lindenholzhausen und dem großen Orche-ster der Südwestfälischen Philharmonie gestaltete sich dieses gewaltige Werk für die Mitwir-kenden und die 1.100 Konzertbesucher zu einem nachhaltigen Erlebnis.

1986 formierte sich unter der Leitung von Wolfgang Fink eine neue Gruppe aus jungen Sän-gern im Verein. Die Gesangsgruppe hatte einige Jahre Bestand und stellte später unter demNamen „Die Vallows“ unter Ergänzung von einigen auswärtigen Sängern bei ihren Auftrittenmit prächtigen Vorträgen von Evergreens, Schlagern und Folklore ein aussagekräftiges En-semble dar.

Die Verleihung der Ehrennadel des Landes Rheinland-Pfalz am 24. Februar 1987 an AlexIhrlich (u.a. langjähriger 2. bzw. 1. Geschäftsführer und danach langjähriger 1. Schatzmeister),Franz-Josef Thilmann (u.a. langjähriger 2. Vorsitzender) und Heinrich Schmidt bedeutete fürdie Geehrten die Würdigung jahrzehntelanger ehrenamtlicher Tätigkeit im Vorstand des MGV„Eintracht“ und somit im Dienste der Gemeinschaft und des Chorgesanges auch über dengenannten Ehrentag hinaus.

Eine weitere Auslands-Konzertreise mit Musikdirektor FDB Hans Lingerhand führte den Ein-tracht-Chor vom 30. April bis 04. Mai 1988 nach Italien an den Gardasee. Das Programmbeinhaltete u.a. die Mitgestaltung des Hochamtes in der Kathedrale von Riva mit anschließen-dem Kirchenkonzert sowie ein weltliches Konzert mit dem Trientiner Bergsteigerchor „MonteVignol“ in Avio im Etschtal. Auch diese Reise verlief sehr harmonisch. Der Gegenbesuch derSänger aus Avio erfolgte vom 07. bis 09. April 1989, wobei die Mitwirkung des Coro „MonteVignol“ beim alljährlichen Konzert in Weißenthurm vorrangig war.

Im Mai und Juni 1989 wurde die längst fällige Renovierung bzw. der Umbau und die Neuge-staltung des Probesälchens unseres Vereinslokales „Vater Rhein“, auch mit tatkräftiger Mitar-beit von Sängern und Mitgliedern des Vereins unter der Federführung von Willi Eifler durchge-führt. Es würde zu weit führen, die vielen weiteren Helfer und Spender aus den Reihen deraktiven und inaktiven Mitglieder namentlich aufzuführen. Ihnen allen, einschließlich der Sänger-frauen, den Sängerinnen des Frauensingkreises 1983 durch die Gestellung von Beigaben alsweitere Benutzer des Sängerheimes, selbstverständlich eingeschlossen den Vereinswirt HansKorth nebst Familie, gebührt ein aufrichtiger Dank.

Am 17. Dezember 1989 in der Kirche und am 18. März 1990 in der Stadthalle beteiligte sichunser Chor an zwei Wohltätigkeitskonzerten zu Gunsten der Innenrenovierung der kath. Pfarr-kirche Dreifaltigkeit. Am Mittwoch, 15. August 1990 war es für den fast vollzählig vertretenenEintracht-Chor Ehre und Verpflichtung zugleich, anläßlich der Vollendung des 100. Lebens-jahres seines Ehrenmitgliedes Peter Schmidt die Dankesmesse in der Pfarrkirche - die Innen-renovierung war gerade abgeschlossen und die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt -mitzugestalten. Auch die Weißenthurmer Bevölkerung nahm regen Anteil an dem Ehrentagdes ältesten Bürgers der Stadt. Der Jubilar, der Vater unseres 1. Geschäftsführers HeinrichSchmidt, war sein ganzes Leben lang dem Chorgesang verbunden. 74 Jahre sang er im 1.Tenor, davon die ersten 20 Jahre bei seinem Heimatverein MGV „Cäcilia“ Mülheim und weite-re 54 Jahre im MGV „Eintracht“ Weißenthurm. Als Peter Schmidt am 31. Oktober 1991 imAlter von 101 Jahren die Augen für immer schloß, hatte im wahrsten Sinne des Wortes „eintreues Sängerherz“ aufgehört zu schlagen. Seine Beisetzung fand am 06. November mit ei-nem Abschiedslied der Sänger statt.

Hatte der Verein am 11. November 1990 den zweiten Meisterchortitel errungen, so brachtedas Frühjahr 1991 eine gravierende Wende in der musikalischen Leitung. Infolge von Unstim-migkeiten kam es per 31. März 1991 nach fast 27-jähriger erfolgreicher Zusammenarbeit zurTrennung von Chorleiter Hans Lingerhand. Die Gründe lagen keinesfalls im musikalischenBereich, denn der von ihm geformte leistungsstarke Chor trug eindeutig seine Handschrift.Vielmehr Gründe, die im zwischenmenschlichen Bereich lagen, führten letztlich zum Endedieser langen und erfolgreichen Ära. Ein Jahrhundert-Dirigent von hoher Qualität war ausge-schieden.

Dankenswerterweise stellte sich Chordirektor Karl-Heinz Kohns aus Nickenich vom 01. Aprilbis 30. September 1991 übergangsweise als Chorleiter zur Verfügung. Nachdem dieser voneiner generellen Verpflichtung Abstand genommen hatte, trat Burkhard Schmitt am 01. Okto-ber 1991 die musikalische Leitung an. Leider ließ sich unser Probentag Samstag auf Dauermit seinen sonstigen musikalischen Berufsaufgaben zeitlich nicht in Einklang bringen, so daßdiese Verbindung nach zwei Jahren am 30. September 1993 endete. Der junge, hochbegabteMusikstudent Dominik Wortig übernahm am 01. Oktober die Chorleitung. Doch sein anschlie-ßendes Studium in Düsseldorf brachte es mit sich, daß seine Tätigkeit in beiderseitigem Ein-vernehmen am Jahresende 1994 endete. Dem Verein gelang es nun, ab 01. Januar 1995Kantor Uwe Hürland aus Rengsdorf als Chorleiter zu verpflichten. Dieser ist Dirigent mehrererleistungsstarker Chöre. Mit viel Erfahrung und Musikalität hat er es verstanden, das Niveaudes Chores bis heute zu halten und zu festigen.

Bei den Jubiläen unserer Heimatstadt: 125 Jahre selbständige Gemeinde, 25 Jahre Stadt-rechte und 25 Jahre Patenschaft mit dem Pi.Btl. 310 der Bundeswehr aus Koblenz sang derChor am Freitag, 24. Mai 1991, unter Karl-Heinz Kohns beim Festabend und beteiligte sichbeim Festzug am Sonntag, 26. Mai, mit den meisten aktiven Sängern und drei Vereinsfahnenals Chorgruppe unter dem Motto „Die Meistersänger vom Thur“ mit zahlreichen öffentlichenGesangsvorträgen unter der Leitung von Heinrich Schmidt.

Vom 10. bis 12. April 1992 fand der zweite Besuch unserer finnischen Sangesfreunde ausIlmajoki statt. Neben der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten in und um Weißenthurm undeinem gemütlichen Beisammensein stand die Mitwirkung des Chores und des mit angerei-sten Tenors Antti Salmén aus Helsinki beim Frühjahrskonzert der „Eintracht“ im Mittelpunktdieser weiteren Begegnung.

Eigentlich nur als „Gag“ zum Vereinsfamilienabend am 21. November 1992 gedacht, hat sichseitdem ein neues Solo-Quartett im Verein gebildet und bis heute etliche Auftritte absolviert.

Während von dem ehemaligen Quartett nur Heinrich Schmidt übriggeblieben ist, komplettiertsich die kleine Gruppe mit jüngeren Sängern, die mit Lust und Liebe bei der Sache sind. Essind dies Karl-Heinz Heusch (bis 1996), Oliver Reinhard, Stephan Rosenzweig und Ralf Temme.

Am Freitag, 03. Dezember 1993, gestaltete der Chor in der vollbesetzten Abteikirche MariaLaach auf Einladung des Veranstalters Pi.Btl. 320 ein Adventskonzert mit. Das 120-jährigeStiftungsfest wurde mit einem Jubiläumskonzert am Samstag, 23. April 1994, festlich began-gen. Mitwirkende waren der Frauenchor Plaidt unter Karl-Heinz Kohns, Michael Kurz, Tenor,und das Hornquartett der Musikhochschule Düsseldorf. Die Konzertreise vom 15. bis 22. Mai1994 nach Rußland und Finnland im Rahmen des 120-jährigen Bestehens, an der 40 Sängerund 45 Frauen und Mitglieder teilnahmen, war mit 2.740 Bus-km und 2.300 Schiffs-km diebisher größte Auslandsreise des Vereins. Dabei fanden Konzerte an Bord der GTS FINNJETauf der Ostsee, in St. Petersburg mit dem dortigen Berufssänger-Männerchor „Julinkom“ und,bei unserem gleichzeitigen zweiten Gegenbesuch, beim Mieskuoro „Ilkan Miehet“ Ilmajoki imwestlichen Mittelfinnland statt. Das Dirigat hatte unser zweiter Chorleiter Oliver Reinhard. Einumfangreiches Rahmenprogramm trug zu dem unvergeßlichen Erlebnis in hohem Maße bei.

Vom 19. bis 26. September 1996 setzte der Chor die Reihe seiner Auslandsfahrten mit einerKonzert- und Kulturreise in die „Ewige Stadt“ Rom fort. Die 40 Sänger, unter den ChorleiternUwe Hürland und Oliver Reinhard sowie mit Dominik Wortig für das Orgelspiel, absolviertenein umfangreiches sängerisches und kulturelles Programm, in dessen Mittelpunkt ein Konzertin alleiniger Ausführung in der Barockkirche „St. Ignatius“ vor ca. 1.200 Zuhörern und dieMitgestaltung eines Gottesdienstes im Petersdom standen. Die Reise erfolgte per Omnibusmit Hinfahrt-Zwischenübernachtung in Trient/Italien und Rückfahrt-Zwischenübernachtung inLugano/Schweiz.

Am 12. Juni 1997 brachte der Chor seinem ältesten Mitglied, Ehrenmitglied Franz Neudeck,wohnhaft in Andernach-Miesenheim, anläßlich der Vollendung seines 100. Lebensjahres einGlückwunschständchen.

Den dritten Meisterchortitel des Sängerbundes Rheinland-Pfalz errang der Verein am 09.November 1997 in Nentershausen unter seinem Chorleiter Uwe Hürland, womit ein erfolgrei-ches Sängerjahr seine Krönung fand.

Daß eine Kombination von traditionellem und zeitgemäßem Chorgesang möglich ist, bewiesdas Konzert „Querbeet: von Klassik bis Filmmusik“ am 09. Mai 1998 mit der jungenWeißenthurmer Sopranistin Andrea Stein und der Chorgruppe „United Vocals“ aus Horhausen.

Ganze Sängerfamilien, z.B. Arnold, Böcking, Eifler, Fuchs, Groß (Matthias Groß I - früher 2.Vorsitzender und engster Gefährte von Otto Sedlmaier), Hennrichs, Höfer, Ihrlich, Israel, Kerwer,Krischer, Krudwig, Mülhöfer, Moog, Neudeck, Schnack (Toni Schnack - ehemals 1. Schriftfüh-rer und 2. Vorsitzender), Temme, Thilmann u.v.a. gehörten über Generationen hinweg demVerein an bzw. zählen bis heute zu den treuen Mitgliedern. Reger Anteil am Vereinsgeschehenzeichnete auch die Mitgliederfrauen seit jeher aus; weibliche Mitglieder sind im Verein heutekeine Seltenheit mehr. Den Frauen der Vorstandsmitglieder sei für ihr Verständnis und für dieUnterstützung und Mitarbeit herzlichst gedankt.

Seit der Gründung hat es immer wieder Männer gegeben, die den Verein hochgehalten ha-ben. Viele verdienstvolle Sangesfreunde sind anhand der Eintragungen in den Niederschrif-ten in dieser Chronik festgehalten, wie z.B. Ehrenmitglied August Simon, der ab Ende der50er Jahre bis vor einiger Zeit das „Mädchen für alles“ im Verein war und als Helfer auf allenGebieten sowie als Vereinshumorist wertvolle Dienste leistete. Viele andere Idealisten blei-

ben, was sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart betrifft und, obwohl sie eine Nen-nung verdient hätten, leider ungenannt. Der Chronist hofft dabei auf die Nachsicht aller dieserwackeren Mitstreiter.

In der heutigen, schnellebigen und modernen Zeit haben es die Chorvereine, wie auch alleanderen Vereine, schwer, sich zu behaupten und ihren Standard zu halten. Die Lebensge-wohnheiten haben sich gravierend geändert. Zahlreiche neue Freizeitbeschäftigungen und-möglichkeiten, die, unabhängig von einer Betätigung im Verein, angeboten werden, wirkensich hemmend auf den Fortbestand der Chöre aus. Vor allem der Großteil der Jugendlichenläßt das Interesse am Chorgesang vermissen, so daß der Nachwuchs überwiegend aus-bleibt. Auch unser Verein bleibt, trotz aller Bemühungen und Anstrengungen, davon nicht ver-schont. Gott sei Dank gehören dem Chor derzeit neben einigen jüngeren noch eine Anzahlvon Sängern mittleren Alters an. Aus der Statistik der letzten zehn Jahre ergibt sich leider einefallende Tendenz von 67 Sängern im Jahre 1988 auf 53 Sänger Ende 1998. Hoffen wir, daßdieser Trend gestoppt werden kann.

Selbstverständlich sind es auch heute noch die Vereinsfeiern, -ausflüge und -fahrten, die denVerein zusammenhalten. Nach wie vor beteiligt sich der Chor an Sängerfesten anderer Verei-ne, Verbandssingen und Kreis-Chorfesten, Festabenden und Konzerten sowie örtlichen Ver-anstaltungen. Die Aufrechterhaltung der Gesangsqualität unter Chorleiter Uwe Hürland hatoberste Priorität. So begehen wir nun das 125-jährige Bestehen des Vereins. Mögen die Fest-tage richtungsweisend sein für das weitere Fortbestehen und daß es immer wieder Sanges-freunde geben wird, die mit ihrem persönlichen Einsatz dafür Sorge tragen - zum Wohle unse-rer Heimatstadt und zum Nutzen des Chorgesanges. Allen unseren Sängern und Mitgliederndanken wir für ihre Verbundenheit zum Verein und rufen sie auf, unserer Gemeinschaft auch inZukunft die Treue zu halten!

Heinrich Schmidt

* Verwandte Quellen:Chronik/Jahres- und Protokollbücher des Vereins.Festbücher des Vereins von 1906, 1954, 1964 und 1974.Niederschriften und Presseberichte des Vereins sowie der örtlichen Presse.


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