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So arbeiten Schülerinnen und Schüler mit dem Buch

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So arbeitest du mit Geschichte und Geschehen

JedeThemeneinheitbeginntmitei-nerOrientierungsseite.Hiererfährstdu,umwelchesThemaesgehtunddukannstersteFragenstellen.

DieKapitelunterteilensichindeninfor-mierendenVerfassertext(VT)undeinenMaterialteil.NebenderSeitenzahlfindestduei-nenHinweisaufdieimKapitelberück-sichtigteKategorie.KategoriensindGesichtspunkte,unterdenenmanVer-gangenheitbetrachtenkann.Indeinem

Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

18

Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

Nationalismus und Militarismus

„Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, so lautete ein viel zitierter Satz, der auf den Dichter Emanuel Geibel zurückging. Dieser übersteigerte Nationa-lismus prägte die Einstellung weiter Bevölkerungskreise im Kaiserreich.

Der „vaterländische Gedanke“Seit dem Sieg über Napoleon 1814 / 15 hatte der Nationalgedanke in Deutsch-land eine antifranzösische Tendenz. Die wurde im Krieg 1870 / 71 noch ver-stärkt: Der gemeinsame Kampf gegen den französischen „Erbfeind“ einte die Deutschen. Weil Deutschland die führende Militär- und bald auch Wirtschafts-macht auf dem Kontinent war, fühlte man sich anderen Völkern und Staaten überlegen. Überheblichkeit und Missachtung anderer kamen besonders un-ter Kaiser Wilhelm II. zum Ausdruck. Mit anmaßenden Reden und seiner Vor-liebe für alles Militärische rief er im Ausland Verwunderung, Ablehnung und Misstrauen hervor.An der Pflege des „vaterländischen Gedankens“, wie es damals hieß, wirkten viele mit. Selbstverständlich verbreitet war er im Militär. Aber auch die Schule hatte die Aufgabe, die deutsche Geschichte, das deutsche Volk und die deut-schen Herrscher zu verherrlichen. Schützen-, Turner- und Sängervereine feier-ten mit Begeisterung nationale Feste und sangen patriotische Lieder. Sie hatten Millionen von Mitgliedern – so verwurzelte sich der „vaterländische Gedanke“ in der Bevölkerung immer stärker.

Die Militarisierung der GesellschaftMit dem Nationalismus eng verbunden war die Hochschätzung alles Militäri-schen. Militärische Stärke galt als Garantie für die Sicherung der neuen Vor-machtstellung in Europa. Parlament und Regierung hatten auf das Militär praktisch keinen Einfluss. Der Oberbefehl lag beim Kaiser.Das Militär stieg zum angesehensten Stand im Reich auf. Dabei blieben die ho-hen Offiziersränge vorwiegend von Adeligen besetzt. Die Offiziere hoben sich durch besondere Privilegien und Lebensformen von der übrigen Bevölkerung ab. Sie wurden bewundert und nachgeahmt. Auf den Bürgersteigen wich man ihnen aus und in den Restaurants wurden sie bevorzugt bedient. Gut gestellte Bürger strebten nach militärischem Aufstieg: Sie konnten den so genannten einjährig-freiwilligen Militärdienst leisten und es dann bis zum Reserveoffizier bringen. Uniformen für Zivilberufe – von der Eisenbahn bis zur Feuerwehr – standen hoch im Kurs. Viele eigneten sich die Hierarchievorstellungen, das Ver-halten und die Redeweise des Militärs an. Auch im zivilen Leben bestimmte oft der militärische Rang den Stellenwert eines Menschen.

A:Erläutere,warumder„vaterländischeGedanke“fürweiteKreisederBevölke-rungsoattraktivseinkonnte.[II]

B:Erkläre,wasderzeitgenössischeBegriff„Erbfeind“meint.DenkedabeiauchanfrühereAuseinandersetzun-genzwischenDeutschlandundFrank-reich.[II]

einjährig-freiwilliger MilitärdienstWermindestensdie10.KlasseeinerhöherenSchuleabgeschlossenhatte,konntestattdesüblichenzweijährigeneineneinjährigenMilitärdienstleisten.ErmusstedieKostendafüraberselbertragen.

Q1 Ausschnitt aus einer Bildpostkarteum1900DieOriginalunterschriftlautet:„DerSol-datistderschönsteMannimStaat.“

C:Begründe,weshalbderHerstellerderAnsichtskartesichfürdiesesMotivent-schiedenhabenkönnte.[II]

Herrschaft 17

Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

Herrschaft

D2 Reichstagswahlen von der Reichs-gründung bis zum Ersten Weltkrieg jeweils indererstenSpalteStimmen-anteilinProzent,inderzweitenSpaltedieMandate

GerdHohorst/JürgenKocka/Gerhard.A.Ritter,SozialgeschichtlichesArbeitsbuchII.MaterialienzurGeschichtedesKaiserreichs1870–1914,Mün-chen1978,S.173–175.

Partei 1874 1884 1893 1903 1912

Konservative 6,9 22 15,2 78 13,5 72 10,0 54 9,2 43

Zentrum 27,9 91 22,6 99 19,1 96 19,8 100 16,4 91

Nationalliberale 29,7 155 17,6 51 13,0 53 13,9 51 13,6 45

Sozialdemokraten 6,8 9 9,7 24 23,3 44 9,7 24 34,8 110

PaulHirsch,DerpreußischeLandtag.HandbuchfürsozialdemokratischeLandtagswähler,3.Aufl.Berlin1913,S.11,zit.nachGerhardA.Ritter(Hrsg.),DasdeutscheKaiserreich1871–1914.EinhistorischesLesebuch,5.Aufl.Göttingen1992,S.123(VandenhoeckundRuprecht)

D3 Wahlen zum preußischen Land-tag 1908

Partei Stimmenanteil Mandate

Konservative 14,15 152

Freikonservative 2,24 60

Zentrum 19,91 104

Nationalliberale 12,71 65

FreisinnigeVolkspartei 3,93 28

PolenundDänen 9,02 17

Sozialdemokraten 23,87 1

1.ErläutereanhandvonQ3denCha-rakterdesneuenStaates.[II]

2.CharakterisieredasVerständnisvonHerrschaftundPolitik,dashinterderÄußerungWilhelmsII.steht(Q4).[II]

3.BerechnefürjedesJahrdenAnteildereinzelnenParteienanderGesamt-zahlderReichstagsmandate(397)inProzent(D2).[I]

4.UntersuchedasjeweiligeVerhältnisvonStimmen-undMandatsanteil(D2).

WemnützenundwemschadendieUnterschiededazwischen?[II]

5.VerfasseeinekurzeÄußerung:WaswürdeeinSPD-AbgeordneterseinemKollegenOldenburg-JanuschauimReichstagerwidern(Q5)?[II]

6.CharakterisieredasVerhältnisvonParlamentundRegierung,dasvonSybelalsIdealansieht(Q6).[II]

7.StädtischeWahlkreisehattenmeistmehrWähleralsländliche.Welche

Auswirkungenhattedas?VergleichemitdeinenBerechnungen.[III]

8.Berechne,wievieleAbgeordnetejedeParteibeigleicherunddirekterWahlimVerhältniswahlrechterhaltenhätte.[I]

9.ErläutereanhanddesVerfasser-textesdieGründefürdieUnter-schiede.[II]

BeurteiledieWahlverfahrenimReichundinPreußenimVergleich.[III]

Q5 Herrscher und ParlamentDer konservative Abgeordnete Elard von Oldenburg-Januschau erregte 1910 in ei-ner Reichstagsrede mit dieser Äußerung Aufsehen:DerKönigvonPreußenundderDeut-sche Kaiser muss jeden Moment im-standesein,zueinemLeutnantzusa-gen: „Nehmen Sie zehn Mann undschließenSiedenReichstag.“Zit.nach:VerhandlungendesReichstages,Vl.Legislaturperiode,Bd.259.S.898.

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Q6 Gegen Absolutismus und „popu-läre Agitation“Der Historiker und nationalliberale Ab-geordnete Heinrich von Sybel meinte 1871:Auch wenn eine Volksvertretung, wieinDeutschlandundNordamerika,nichtdieKraftbesitzt,Ministerein-undabzu-setzen,soistschonihrDaseinundihreDebatte,ihreKritikdesBudgets[Haus-halts]und ihreBefugnis,misslungeneGesetzentwürfe zu vernichten, eine

5

höchstbedeutendeSchrankegegenje-denwillkürlichenAbsolutismusderRe-gierung.DieseRegierungaberinfesterHand und den Wogen der populärenAgitationentzogenzuwissen,erscheintuns(…)alsunschätzbarerSegen.HeinrichvonSybel:DasneuedeutscheReich.In:VorträgeundAufsätze.Berlin2.Aufl.1874,S.322f.

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DieAnforderungs-bereichederver-wendetenOpera-torenfindestduineckigenKlammern.

1die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen

mehr Infos zum Kapitelxxxxxx

Leben im Deutschen Kaiserreich

Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches war ein mächtiger neuer Staat in der Mitte Europas entstanden. Wirtschaft, Industrie und Verkehr entwickelten sich schnell. Die Städte wuchsen und veränderten ihr Gesicht. Vieles blieb aber auch beim Alten, vor allem auf dem Lande. Des wegen fallen die Urteile über das Kaiserreich sehr unterschiedlich aus:• Lebte man im Kaiserreich in der „guten alten Zeit“?• War das Kaiserreich ein Staat mit überholter Adelsherrschaft

und Unterdrückung der Arbeiterschaft?• War es ein militaristischer Unruhestifter?• Oder war es ein Industriestaat, mit dem in Deutschland die

moderne Zeit begann?

Berlin1908

1860 1870 1880

1866PreußenbesiegtÖsterreichundderDeutscheBundwirdaufgelöst.

18. Januar 1871DerpreußischeKönigWilhelmI.wirdzum„DeutschenKaiser“ausgerufen.

16. April 1871 DieVerfassungdesDeutschenReichestrittinKraft.DerpreußischeMinisterpräsidentOttovonBismarckwirdersterReichskanzler.

1870 / 71KriegzwischenDeutschlandundFrankreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungenDas Deutsche Kaiserreich 1871

ParadederGardetruppenimBerlinerLustgarten1909

1890

1884 / 85DeutschlanderwirbtKolonieninAfrikaundSüdostasien.

1890WilhelmII.entlässtBismarckalsReichskanzler.

1888NachdemTodKaiserWilhelmsI.besteigtseinSohnFriedrichIII.denThron.EristschwerkrankundstirbtbereitsnachdreiMonatenRegierungszeit.NachfolgerwirdseinSohnWilhelmII.

um 1895DieIndustriewirdzumwichtigstenWirtschafts-bereichinDeutschland.

1910FastdieHälfteallerEinwohnerDeutschlandslebtinStädtenmitmehrals5000Einwohnern.

1914DerErsteWelt-kriegbeginnt.

Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

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Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

Nationalismus und Militarismus

„Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, so lautete ein viel zitierter Satz, der auf den Dichter Emanuel Geibel zurückging. Dieser übersteigerte Nationa-lismus prägte die Einstellung weiter Bevölkerungskreise im Kaiserreich.

Der „vaterländische Gedanke“Seit dem Sieg über Napoleon 1814 / 15 hatte der Nationalgedanke in Deutsch-land eine antifranzösische Tendenz. Die wurde im Krieg 1870 / 71 noch ver-stärkt: Der gemeinsame Kampf gegen den französischen „Erbfeind“ einte die Deutschen. Weil Deutschland die führende Militär- und bald auch Wirtschafts-macht auf dem Kontinent war, fühlte man sich anderen Völkern und Staaten überlegen. Überheblichkeit und Missachtung anderer kamen besonders un-ter Kaiser Wilhelm II. zum Ausdruck. Mit anmaßenden Reden und seiner Vor-liebe für alles Militärische rief er im Ausland Verwunderung, Ablehnung und Misstrauen hervor.An der Pflege des „vaterländischen Gedankens“, wie es damals hieß, wirkten viele mit. Selbstverständlich verbreitet war er im Militär. Aber auch die Schule hatte die Aufgabe, die deutsche Geschichte, das deutsche Volk und die deut-schen Herrscher zu verherrlichen. Schützen-, Turner- und Sängervereine feier-ten mit Begeisterung nationale Feste und sangen patriotische Lieder. Sie hatten Millionen von Mitgliedern – so verwurzelte sich der „vaterländische Gedanke“ in der Bevölkerung immer stärker.

Die Militarisierung der GesellschaftMit dem Nationalismus eng verbunden war die Hochschätzung alles Militäri-schen. Militärische Stärke galt als Garantie für die Sicherung der neuen Vor-machtstellung in Europa. Parlament und Regierung hatten auf das Militär praktisch keinen Einfluss. Der Oberbefehl lag beim Kaiser.Das Militär stieg zum angesehensten Stand im Reich auf. Dabei blieben die ho-hen Offiziersränge vorwiegend von Adeligen besetzt. Die Offiziere hoben sich durch besondere Privilegien und Lebensformen von der übrigen Bevölkerung ab. Sie wurden bewundert und nachgeahmt. Auf den Bürgersteigen wich man ihnen aus und in den Restaurants wurden sie bevorzugt bedient. Gut gestellte Bürger strebten nach militärischem Aufstieg: Sie konnten den so genannten einjährig-freiwilligen Militärdienst leisten und es dann bis zum Reserveoffizier bringen. Uniformen für Zivilberufe – von der Eisenbahn bis zur Feuerwehr – standen hoch im Kurs. Viele eigneten sich die Hierarchievorstellungen, das Ver-halten und die Redeweise des Militärs an. Auch im zivilen Leben bestimmte oft der militärische Rang den Stellenwert eines Menschen.

A:Erläutere,warumder„vaterländischeGedanke“fürweiteKreisederBevölke-rungsoattraktivseinkonnte.[II]

B:Erkläre,wasderzeitgenössischeBegriff„Erbfeind“meint.DenkedabeiauchanfrühereAuseinandersetzun-genzwischenDeutschlandundFrank-reich.[II]

einjährig-freiwilliger MilitärdienstWermindestensdie10.KlasseeinerhöherenSchuleabgeschlossenhatte,konntestattdesüblichenzweijährigeneineneinjährigenMilitärdienstleisten.ErmusstedieKostendafüraberselbertragen.

Q1 Ausschnitt aus einer Bildpostkarteum1900DieOriginalunterschriftlautet:„DerSol-datistderschönsteMannimStaat.“

C:Begründe,weshalbderHerstellerderAnsichtskartesichfürdiesesMotivent-schiedenhabenkönnte.[II]

Herrschaft

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Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

Herrschaft

D2 Reichstagswahlen von der Reichs-gründung bis zum Ersten Weltkrieg jeweils indererstenSpalteStimmen-anteilinProzent,inderzweitenSpaltedieMandate

GerdHohorst/JürgenKocka/Gerhard.A.Ritter,SozialgeschichtlichesArbeitsbuchII.MaterialienzurGeschichtedesKaiserreichs1870–1914,Mün-chen1978,S.173–175.

Partei 1874 1884 1893 1903 1912

Konservative 6,9 22 15,2 78 13,5 72 10,0 54 9,2 43

Zentrum 27,9 91 22,6 99 19,1 96 19,8 100 16,4 91

Nationalliberale 29,7 155 17,6 51 13,0 53 13,9 51 13,6 45

Sozialdemokraten 6,8 9 9,7 24 23,3 44 9,7 24 34,8 110

PaulHirsch,DerpreußischeLandtag.HandbuchfürsozialdemokratischeLandtagswähler,3.Aufl.Berlin1913,S.11,zit.nachGerhardA.Ritter(Hrsg.),DasdeutscheKaiserreich1871–1914.EinhistorischesLesebuch,5.Aufl.Göttingen1992,S.123(VandenhoeckundRuprecht)

D3 Wahlen zum preußischen Land-tag 1908

Partei Stimmenanteil Mandate

Konservative 14,15 152

Freikonservative 2,24 60

Zentrum 19,91 104

Nationalliberale 12,71 65

FreisinnigeVolkspartei 3,93 28

PolenundDänen 9,02 17

Sozialdemokraten 23,87 1

1.ErläutereanhandvonQ3denCha-rakterdesneuenStaates.[II]

2.CharakterisieredasVerständnisvonHerrschaftundPolitik,dashinterderÄußerungWilhelmsII.steht(Q4).[II]

3.BerechnefürjedesJahrdenAnteildereinzelnenParteienanderGesamt-zahlderReichstagsmandate(397)inProzent(D2).[I]

4.UntersuchedasjeweiligeVerhältnisvonStimmen-undMandatsanteil(D2).

WemnützenundwemschadendieUnterschiededazwischen?[II]

5.VerfasseeinekurzeÄußerung:WaswürdeeinSPD-AbgeordneterseinemKollegenOldenburg-JanuschauimReichstagerwidern(Q5)?[II]

6.CharakterisieredasVerhältnisvonParlamentundRegierung,dasvonSybelalsIdealansieht(Q6).[II]

7.StädtischeWahlkreisehattenmeistmehrWähleralsländliche.Welche

Auswirkungenhattedas?VergleichemitdeinenBerechnungen.[III]

8.Berechne,wievieleAbgeordnetejedeParteibeigleicherunddirekterWahlimVerhältniswahlrechterhaltenhätte.[I]

9.ErläutereanhanddesVerfasser-textesdieGründefürdieUnter-schiede.[II]

BeurteiledieWahlverfahrenimReichundinPreußenimVergleich.[III]

Q5 Herrscher und ParlamentDer konservative Abgeordnete Elard von Oldenburg-Januschau erregte 1910 in ei-ner Reichstagsrede mit dieser Äußerung Aufsehen:DerKönigvonPreußenundderDeut-sche Kaiser muss jeden Moment im-standesein,zueinemLeutnantzusa-gen: „Nehmen Sie zehn Mann undschließenSiedenReichstag.“Zit.nach:VerhandlungendesReichstages,Vl.Legislaturperiode,Bd.259.S.898.

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Q6 Gegen Absolutismus und „popu-läre Agitation“Der Historiker und nationalliberale Ab-geordnete Heinrich von Sybel meinte 1871:Auch wenn eine Volksvertretung, wieinDeutschlandundNordamerika,nichtdieKraftbesitzt,Ministerein-undabzu-setzen,soistschonihrDaseinundihreDebatte,ihreKritikdesBudgets[Haus-halts]und ihreBefugnis,misslungeneGesetzentwürfe zu vernichten, eine

5

höchstbedeutendeSchrankegegenje-denwillkürlichenAbsolutismusderRe-gierung.DieseRegierungaberinfesterHand und den Wogen der populärenAgitationentzogenzuwissen,erscheintuns(…)alsunschätzbarerSegen.HeinrichvonSybel:DasneuedeutscheReich.In:VorträgeundAufsätze.Berlin2.Aufl.1874,S.322f.

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Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

Herrschaft

D2 Reichstagswahlen von der Reichs-gründung bis zum Ersten Weltkrieg jeweils indererstenSpalteStimmen-anteilinProzent,inderzweitenSpaltedieMandate

GerdHohorst/JürgenKocka/Gerhard.A.Ritter,SozialgeschichtlichesArbeitsbuchII.MaterialienzurGeschichtedesKaiserreichs1870–1914,Mün-chen1978,S.173–175.

Partei 1874 1884 1893 1903 1912

Konservative 6,9 22 15,2 78 13,5 72 10,0 54 9,2 43

Zentrum 27,9 91 22,6 99 19,1 96 19,8 100 16,4 91

Nationalliberale 29,7 155 17,6 51 13,0 53 13,9 51 13,6 45

Sozialdemokraten 6,8 9 9,7 24 23,3 44 9,7 24 34,8 110

PaulHirsch,DerpreußischeLandtag.HandbuchfürsozialdemokratischeLandtagswähler,3.Aufl.Berlin1913,S.11,zit.nachGerhardA.Ritter(Hrsg.),DasdeutscheKaiserreich1871–1914.EinhistorischesLesebuch,5.Aufl.Göttingen1992,S.123(VandenhoeckundRuprecht)

D3 Wahlen zum preußischen Land-tag 1908

Partei Stimmenanteil Mandate

Konservative 14,15 152

Freikonservative 2,24 60

Zentrum 19,91 104

Nationalliberale 12,71 65

FreisinnigeVolkspartei 3,93 28

PolenundDänen 9,02 17

Sozialdemokraten 23,87 1

1.ErläutereanhandvonQ3denCha-rakterdesneuenStaates.[II]

2.CharakterisieredasVerständnisvonHerrschaftundPolitik,dashinterderÄußerungWilhelmsII.steht(Q4).[II]

3.BerechnefürjedesJahrdenAnteildereinzelnenParteienanderGesamt-zahlderReichstagsmandate(397)inProzent(D2).[I]

4.UntersuchedasjeweiligeVerhältnisvonStimmen-undMandatsanteil(D2).

WemnützenundwemschadendieUnterschiededazwischen?[II]

5.VerfasseeinekurzeÄußerung:WaswürdeeinSPD-AbgeordneterseinemKollegenOldenburg-JanuschauimReichstagerwidern(Q5)?[II]

6.CharakterisieredasVerhältnisvonParlamentundRegierung,dasvonSybelalsIdealansieht(Q6).[II]

7.StädtischeWahlkreisehattenmeistmehrWähleralsländliche.Welche

Auswirkungenhattedas?VergleichemitdeinenBerechnungen.[III]

8.Berechne,wievieleAbgeordnetejedeParteibeigleicherunddirekterWahlimVerhältniswahlrechterhaltenhätte.[I]

9.ErläutereanhanddesVerfasser-textesdieGründefürdieUnter-schiede.[II]

BeurteiledieWahlverfahrenimReichundinPreußenimVergleich.[III]

Q5 Herrscher und ParlamentDer konservative Abgeordnete Elard von Oldenburg-Januschau erregte 1910 in ei-ner Reichstagsrede mit dieser Äußerung Aufsehen:DerKönigvonPreußenundderDeut-sche Kaiser muss jeden Moment im-standesein,zueinemLeutnantzusa-gen: „Nehmen Sie zehn Mann undschließenSiedenReichstag.“Zit.nach:VerhandlungendesReichstages,Vl.Legislaturperiode,Bd.259.S.898.

5

Q6 Gegen Absolutismus und „popu-läre Agitation“Der Historiker und nationalliberale Ab-geordnete Heinrich von Sybel meinte 1871:Auch wenn eine Volksvertretung, wieinDeutschlandundNordamerika,nichtdieKraftbesitzt,Ministerein-undabzu-setzen,soistschonihrDaseinundihreDebatte,ihreKritikdesBudgets[Haus-halts]und ihreBefugnis,misslungeneGesetzentwürfe zu vernichten, eine

5

höchstbedeutendeSchrankegegenje-denwillkürlichenAbsolutismusderRe-gierung.DieseRegierungaberinfesterHand und den Wogen der populärenAgitationentzogenzuwissen,erscheintuns(…)alsunschätzbarerSegen.HeinrichvonSybel:DasneuedeutscheReich.In:VorträgeundAufsätze.Berlin2.Aufl.1874,S.322f.

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GeschichtsbuchspielendieKategorienOrientierung,Herrschaft,Gesellschaft,WirtschaftundWeltdeutungen einebe-sondereRolle.EinekategorialeErarbeitungderEpo-chenschwerpunkteermöglichtdirdaszweiteInhaltsverzeichnisimAnhangdesBuches.

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ImMethodentrainingwirddiraneinemMaterialeineFachmethodeer-klärt.DieArbeitsschrittefindestduimAnhangdesBucheswieder.

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Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

Denkmäler untersuchen

Denkmäler sollen an bestimmte Personen und Ereignisse erinnern, die ihre Erbauer für besonders wichtig halten. Diese Erinnerung soll für die Zukunft bewahrt werden. Das Gedenken kann sich auf einen Ort beziehen (örtliche Kriegerdenkmäler, das Denkmal für den „großen Sohn“ der Stadt) oder auf eine ganze Nation (Herrscherdenkmäler, Nationaldenkmäler). Oft werden Denkmäler zu bestimmten Gedenktagen und Jubiläen errichtet oder eingeweiht oder es finden dort an solchen Tagen Feierlichkeiten statt. Im 19. Jahrhundert ist die Gattung der Nationaldenkmäler entstanden. Ihr Sinn war es, in der Erinnerung an gemeinschaftliche Siege (besonders über den „Erbfeind“ Frankreich) eine gemeinsame nationale Identität zu stiften. Diese Denkmäler waren besonders groß und repräsentativ.

Q1 Das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald

BeschreibenDas Denkmal steht auf der Groten-burg,einemBergimTeutoburgerWald.Es zeigt den Cheruskerfürsten Armi-nius (lat.), auf Deutsch Hermann ge-nannt. Mit der rechten Hand strecktereinSchwertindieHöhe,mitderlin-kenstütztersichaufeinenSchild,aufdem Kopf trägt er einen geflügeltenHelm.DieFigurstehtaufeinemmäch-tigenSockel.InsgesamthatdasDenk-maleineHöhevonca.54m.DasSchwertträgtdie Inschrift: „DeutscheEinigkeitmeineStärke–meineStärkeDeutsch-landsMacht“. ImSockelbefindetsicheinBronzereliefKaiserWilhelmsI.,dasauseinererbeutetenfranzösischenKa-none angefertigt wurde. Die Inschriftdazulautet:„DerlanggetrennteStämmevereintmitstarkerHand,DerwelscheMachtundTückesiegreichüberwand,Der längstverlorneSöhneheimführtzumDeutschenReich,Armin,demRetter,istergleich.(…)Am17.Juli1870erklärtFrankreichsKai-ser,LouisNapoleon,PreußenKrieg,daerstundenalleVolksstämmeDeutsch-landsundzüchtigtenvonAugust1870bis Januar 1871 immer siegreich fran-zösischenÜbermutunterFührungKö-nig Wilhelms von Preußen, den dasdeutscheVolkam18.JanuarzumKaisererkor.“

UntersuchenDasSiegesdenkmalwurdevon1838bis1875errichtet.Essollteerinnernandie„SchlachtimTeutoburgerWald“,inder9n.Chr.einerömischeArmeevonger-manischenStämmenunterderFührungdesArminiusvernichtetwurde.DaraussollteeineLehrefürdieGegenwartab-geleitet werden: Deutsche Einigkeitmachtstark,garantiertdenSiegüberdenäußerenFeind.DieseräußereFeindwarenim19.JahrhundertdieFranzosen.Auf den kurz vor der Vollendung desBauserrungenenSiegimDeutsch-Fran-zösischenKriegnimmtdieInschriftaus-drücklichBezug:KaiserWilhelmI.wirdmitHermannverglichen.

DeutenDasmächtigeDenkmalsolldernatio-nalenSelbstbesinnungdienenundzu-gleich den nationalen Triumph überFrankreichverherrlichen.DerRückgriffauf die germanische VergangenheitdientderhistorischenBegründungundUntermauerungdesgegenwärtigenNa-tionalismus.

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Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

Otto von Bismarck im Urteil der Nachwelt

Von weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung wurde Otto von Bismarck als der „Baumeister des Deutschen Reiches“ angesehen. Die Siege über Österreich und Frankreich, die Schaffung eines deutschen Nationalstaates und dessen Vormacht stellung in Europa – alles dies schien vor allem das Werk eines ein-zelnen Mannes zu sein. Nach seinem Tod im Jahre 1895 wurde die Bismarck- Ver ehrung zu einer breiten Volksbewegung. Überall im Lande entstanden Bismarck-Vereine. Sein Alterswohnsitz Friedrichsruh bei Hamburg, wo sich noch heute in einem eigenen Mausoleum seine Grabstätte befindet, wurde zum Wallfahrtsort. Über 550 Bismarck-Denkmäler, 234 Bismarck-Türme und zahllose Bismarck-Steine sollten die Erinnerung an ihn lebendig halten. Sogar alltägliche Nahrungs- und Genussmittel – vom Hering bis zur Zigarre – wurden nach ihm benannt.

Q1 Bismarck-Apotheose (Vergöttlichung)GemäldevonLudwigRudow,1890Bismarck wird umgeben von Klio,der Göttin der Geschichtsschreibung,die eine Chronik mit der Jahreszahl1870/71 in den Händen hält, der Ger-maniamiteinerfreierfundenenReichs-kronesowiederSiegesgöttinVictoria,dieBismarckmiteinemLorbeerkranzkrönt.DavorstehenVertreterdesdeut-schenVolkes,diedieunterschiedlichs-tenSchichtenundBeruferepräsentie-ren.

A:Erläutere,wofürdieeinzelnenFigurenaufdemBildstehen.[II]

B:InterpretieredasBildzusammen-fassend.[II]

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AufWiederholenundAnwendenkannstdudeinWissenmitkreativenAufgaben-formatenüberprüfenundfestigen.ImOnline-BereichfindestDuSelbst-einschätzungsbögenundinteraktiveÜbungsaufgaben.

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen

200

Gesellschaft

Grundbegriffe:

Demokratie

S.109

Kommunismus

S.101

Sozialismus

S.26

Nationalsozialismus

S.144

Weltkrieg

S.177

Militarisierung

S.155

Rassismus

S.154

Diskriminierung

S.168

Antisemitismus

S.154

Neue Bewegungen im KaiserreichDieGesellschaftimKaiserreichwartra-ditionellundmodernzugleich.DerAdelbliebeinflussreich,vorallemimMilitärundinderhohenVerwaltung.DasBür-gertumstiegaufinWirtschaftundWis-senschaft,aberamunterenRand,etwaimHandwerk,verloresauchaltePosi-tionen. ImZugeder IndustrialisierungwurdedieArbeiterschaftzurbreitestenSchicht.NeuwardieGruppederAnge-stellten mit Verwaltungsaufgaben inWirtschaftundVerbänden.Vorallemabetwa1900modernisiertensichdieLebensweisen,u.a.mitneuenMöglichkeiten der Bildung, des Kon-sumsundderUnterhaltung.Frauen,Kin-derundJugendlichehattensichbislangweitgehendinmännlichbeherrschtenUmgebungenbewegt. JetztbegannensieeigeneVorstellungenzuentwickelnundRechteeinzufordern.EineFrauen-bewegunggabesschonlänger.UmdieJahrhundertwendeentstandnunaucheineJugendbewegung:SiewolltesichmiteigenenLebensformenabsetzenvonder als verkrustet wahrgenommenenErwachsenenwelt.UnddieNatursolltewiederentdeckt werden als GegenpolzuIndustrieundVerstädterung.DieRe-formpädagogikversuchte,andersalsdieherkömmlichenSchulen,sichanInteres-senundBedürfnissenvonKindernundJugendlichenzuorientieren–Pädagogik„vomKindeaus“warihrMotto.

Die Weimarer Republik – Emanzipation und GewaltIn der Weimarer Republik nahmendiese Veränderungen an Dynamik zu.Nach der Niederlage im Ersten Welt-krieg,durchdiepolitischenWirrenunddiewirtschaftlichenKrisenwurdevielesunsicher,wasvorherselbstverständlichschien. ImKrieghattenMillionenvonMännernzuvornichtvorstellbareGe-walterfahrungengemacht.Daswirkte

jetztnach.GewaltwurdezumMittelderinnenpolitischenAuseinandersetzung.PolitischeParteienhieltensichihreei-genenKampfverbände,diebeiAufmär-schen, Straßen- oder SaalschlachtenzumEinsatzkamen.FrauenbesaßenjetztdasWahlrecht,siebegannensichzuemanzipieren,hattenhäufigereineigenesEinkommen.VorallemaufdemLandeaberbliebendieLebenswelten zumeist noch unverän-dert–beidesexistiertenebeneinander.DieJugendbewegungwirkteinderBün-dischenJugendweiter:Stärkeralszuvorschlossmansichineinzelnen,elitärenGruppenzusammenundentwickelteei-geneRituale.AuchParteienundKirchenhattenihreJugendorganisationen.

Gesellschaftliche Formierung im „ Dritten Reich“DiegesellschaftlicheLeitideedesNatio-nalsozialismus war die „Volksgemein-schaft“.DerBegriffsolltenachinnenin-tegrierendwirken,nachaußenwirkteer ausgrenzend. Vor allem die Judenzählten nicht zur nationalsozialisti-schenVolksgemeinschaft.Antisemitis-mushatteeszwarauchschonfrüherundkeineswegsnurinDeutschlandge-geben.NeuundzuvorkaumvorstellbarwardieRadikalitätvonAusgrenzung,VerfolgungundschließlichVernichtung.Männern,Frauen,KindernundJugend-lichenschriebdienationalsozialistischeIdeologie jeweilseigeneAufgabenzu:DasmännlicheIdealwardasdesSolda-ten,dasderFraudieMutterundHaus-frau.Emanzipation,wiesiesichinderWeimarerZeitentwickelthatte,wurdeabgelehnt.Alle Jugendorganisationenwurden aufgelöst und in der Hitler-jugendvereint.DabeiübernahmmandieRitualevonFahrtundLagerleben.DieOrganisationrichtetesichamFüh-rerprinzipaus,wieesHitlerinParteiundStaatsführungrepräsentierte.

Freiheit oder Fremdbestimmung – wie entwickeln sich Gesellschaften?

Schon im Deutschen Reich von 1871 geriet die alte Gesellschaft in Bewegung. Hergebrachte Rollen von Frauen, Kindern und Jugendlichen begannen sich zu ändern. In der Weimarer Republik setzte sich das verstärkt fort. Der National-sozialismus machte sich manches Neue zu Nutze, anderes unterband er.

Vertiefen und Vernetzen

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3.Begründe,weshalbdas„LiedderHitlerjugend“(Q3)nichtzudenWan-dervögelnaufFotoQ2passt.[II]

4.SucheausdenKapitelnzumKaiser-reich,zurWeimarerRepublikundzumNationalsozialismusBildervon

1.VergleicheQ1undQ2mitQ3undQ4imHinblickaufGemeinsamkeitenundUnterschiede.[III]

2.KommentiereausderPerspektivedesHitlerjugendführersvorneaufdemFotoQ4dasFotoQ2.[II]

Frauenherausunderläuteresiemit-hilfedesVerfassertextesaufderlinkenSeite.[II]

Q1 Das Meißnerfest1913 fand auf dem Hohen Meißner, ei-nem Berg bei Kassel, der „Erste Frei-deutsche Jugendtag“ statt. Im Aufruf zur Teilnahme schreiben die Organisatoren:DiedeutscheJugendstehtaneinemge-schichtlichenWendepunkt.DieJugend,bisherausdemöffentlichenLebenderNationausgeschaltetundangewiesenaufeinepassiveRolledesLernens,aufeine spielerisch-nichtige GeselligkeitundnureinAnhängselderälterenGene-ration,beginntsichselbstzubesinnen.Sieversucht,unabhängigvondenträ-genGewohnheitenderAltenundvondenGeboteneinerhäßlichenKonven-tionsichselbstihrLebenzugestalten.SiestrebtnacheinerLebensführung,diejugendlichemWesenentspricht,dieesihraberzugleichauchermöglicht,sichselbstundihrTunernstzunehmenundsichalseinenbesonderenFaktorindieallgemeineKulturarbeiteinzugliedern.Siemöchtedas,wasinihranreinerBe-geisterung für höchste Menschheits-aufgaben,anungebrochenemGlauben

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undMutzueinemadligenDaseinlebt,alseinenerfrischenden,verjüngendenStromdemGeisteslebendesVolkeszu-führen,undsieglaubt,daßnichtsheuteunsermVolkenötigeristalssolcheGei-stesverjüngung.Sie,dieimNotfalljeder-zeitbereitist,fürdieRechteihresVolkesmit dem Leben einzutreten, möchteauch inKampfundFriedendesWerk-tagsihrfrischesreinesBlutdemVater-landeweihen.WinfriedMogge/JürgenReulecke(Hrsg.),HoherMeißner1913.DerErsteFreideutscheJugendtaginDokumenten,DeutungenundBildern,Köln1988,S.68f.

Q3 Das „Lied der Hitlerjugend“Das Lied stammt ursprünglich aus dem NS-Propagandafilm „Hitlerjunge Quex“ (1933). Es wurde danach zur offiziellen Hymne der HJ. Den Text des Liedes hat „Reichsjugendführer“ Baldur von Schi-rach verfasst:1.Vorwärts!vorwärts! schmetterndiehellenFanfaren,

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Vorwärts!Vorwärts!JugendkenntkeineGefahren.Deutschland,duwirstleuchtendstehn,mögenwirauchuntergehn.Vorwärts!vorwärts!schmetterndiehel-lenFanfaren,Vorwärts!Vorwärts!JugendkenntkeineGefahren.IstdasZielauchnochsohoch,Jugendzwingtesdoch!UnsreFahneflattertunsvoran.IndieZukunftziehnwirMannfürMann.WirmarschierenfürHitlerdurchNachtunddurchNotmitderFahneder JugendfürFreiheitundBrot.UnsreFahneflattertunsvoran.UnsreFahneistdieneueZeit.UnddieFahneführtunsindieEwigkeit!BlutundEhre.LiederderHitlerjugend,hrsg.vonBaldurvonSchirach,Berlin1933,S.67.

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Q2 „Wandervögel“ beim Pfingstausflug,um1910

Q4 Zeltlager der Hitlerjugend an der OstseeFahnenappell am Strand, Foto, 1. Juli1938

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Leben im Deutschen Kaiserreich

die weltweite auseinandersetzung um politische ordnungen1

1. Kreuzgitter: wichtige Namen und Begriffe kennen (Fachkompetenz)ZeichnedasKreuzgitterindeinHeftundfülleesaus.DasLösungswortfindestduindenstarkumrandetenFeldern(vonobennachuntengelesen).1. DieseParteierrangschonbeider

Reichstagswahl1890diemeistenWählerstimmen(BezeichnungfürdieParteimitglieder)

2. dieführendeGesellschaftsschichtimKaiserreich

3. BezeichnungfürdieAblehnungvonJuden

4. ZielderproletarischenFrauen-bewegung

5. größtenationaleMinderheit6. neuentstandenegesellschaftliche

Gruppe,dieinHandelundVer-waltungarbeitet

7. derersteKanzlerdesKaiserreiches8. führendelinkeFrauenpolitikerin9. bestieg1888denThron10.schlechtbezahlteHilfeimHaushalt

(weiblicheForm)

2. Unterschiedliche Perspektiven ein-nehmen: Gutes oder schlechtes Leben im Kaiserreich? (Fachkompetenz, Kommunikations kompetenz)

DieLebensverhältnissederMenschenimKaiserreichunterschiedensichsehrstarkvoneinander–stärkeralsheute.FormulierefürdiefolgendenfünfPer-soneneineEinschätzung:WiegutlässtessichlebenimKaiserreich(um1900)?TragedazuInformationenausdemKapitelzusammen,diedirweiter-helfenkönnen.Dukannstdirauchsel-bernochweiterePersonenausdenken.

PaulWilligistArbeiterineinerStahlfabrik.Eristjungundkräftig.Bislanghaterfürsichalleinganzgutverdient.AberjetztistseineFreundinschwanger.Siewerdenheiratenundbaldwirdsienichtmehrarbeitenkönnen.DamussermitseinemLohndreiMäulerstopfen.PaulistSozialdemokrat,genauwieschonseinVater.

FriedaBönickeistAngestelltebeieinerVersicherung.SiehatGlückgehabt,dasssiedieStellebekommenhat.EsgibtsovieleFrauen,dieeinesolcheArbeitsuchen.Vielverdientsienicht,abersiewohntjaauchnochbeiihrenEltern.SokannsiesichöftermaleinenBesuchimKinoleisten.IhrenChefmagsienicht,abernatür-lichzeigtsiedasnicht–manistsoschnellentlassen.

FriedrichvonZitzewitzistHauptmannbeieinempreußischenKavallerieregiment.DasistinseinerFamilieTradition.DerFamiliegehörteingroßesGutinPommern.SokannersicheinstandesgemäßesLebenalsOffiziergutleisten.Dasistnichtganzbillig,abermanistsichjaschließlichetwasschuldig.

JohannesHeinemannistArztineinerKleinstadt.ErgehörtzudenHonoratiorendesOrtes.SeineFrauistselbstverständlichnichtberufstätig.SiehatzuHausegenugzutun,schließlichmusssiedieKöchinunddasDienstmädchenanleiten.DasDienst-mädchenistauchfürdiebeidenTöchterzuständig,eineigenesKindermädchenwäredochzuaufwändig.DasnächsteKindwirdhoffentlicheinJungewerden.

ThereseWalteristVolksschullehrerinineinerIndustriestadt.DieZahlderKinderwächstsoschnell,dakommtderAusbauderSchulengarnichthinterher.SiehatinihrerKlasse80Mädchen.Dasistsehranstrengend.TrotzdemistsiestolzaufihrenBeruf.Ärgerlichist,dasssiesovielwenigeralsihremännlichenKollegenverdient.UndwennsieeinesTagesheiratensollte,müsstesieausdemSchuldienstaus-scheiden–verheirateteLehrerinnen,solautendieVorschriften,darfesnichtgeben.

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Kompetenzen trainieren und festigen

Themen vertiefen und vernetzen

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