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Programm MGU Vesalgasse 1 Tel. +41 (0)61 267 04 00 Mensch Gesellschaft Umwelt CH-4051 Basel Fax +41 (0)61 267 04 09 Patricia Holm, Prof. Dr. rer. nat. http:// www.programm-mgu.ch Leiterin MGU
Basel, 30. Januar 2017
Schlussbericht 2012-2016
Nicht-heimische Grundelarten in der Schweiz Massnahmen zur Eindämmung und zur Schadensminimierung
Patricia Holm, Philipp Hirsch, Irene Adrian-Kalchhauser, Anouk N’Guyen, Roxane Muller Zielsetzung des Projekts ist es, Wissen über Biologie und Ökologie nicht-heimischer Grundeln zu er-arbeiten, um daraus Massnahmenempfehlungen abzuleiten. Im Antrag zu diesem Projekt wurden fol-gende Teilziele formuliert: (A) Umstände identifizieren, unter denen die Weiterverbreitungswahrscheinlichkeit minimiert
werden kann (durch A1 – Erforschung der Ausbreitungsmechanismen; A2 – Information und Weiterbildung)
(B) Umstände identifizieren, unter denen Populationen eingedämmt werden können
(durch B1 – Frühzeitige Identifikation betroffener Gewässer; B2 – Populationskontrolle durch natürliche Feinde; B3 – Populationskontrolle durch Laichentnahme und Entnahme juveniler und adulter Tiere)
(C) Schadensabschätzung Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die im Jahr 2016 zur Zielerreichung durchgeführten Arbeiten im Einzelnen und eine Übersicht aller Arbeiten im gesamten Projektverlauf.
Schlussbericht 2016 zum Projekt ‘Nicht-heimische Grundelarten in der Schweiz’
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Inhalt Teilziel (A) – Umstände identifizieren, unter denen die Weiterverbreitungswahr-scheinlichkeit minimiert werden kann
(A1) – Erforschung der Ausbreitungsmechanismen 1
Teilprojekte ‘Genetik’ und ‘Handelsschifffahrt’ 1
Teilprojekte ‘Freizeitboote’ und ‘Desinfektionsmassnahmen’ 2
Teilprojekt ‘Aquaristik’ 3
Teilprojekt ‘Köderfische’ 5
Teilprojekte ‘Aktives Schwimmen’ und ‘Boldness’ 6
(A2) – Information und Weiterbildung 9
Aktivitäten 2016 9
Bootsbesitzermeeting 2016 9
Wissenschaftsapéro 2016 10
Teilprojekte ‘Transdisziplinäre Dialoge’ und ‘Diskursanalyse’ 12
Teilprojekt ‘Angler-App zur Früherkennung’ 13
Teilziel (B) – Umstände identifizieren, unter denen Populationen eingedämmt werden können
(B1) – Frühzeitige Identifikation betroffener Gewässer 15
Teilprojekt ‘eDNA’ 15
Teilprojekt ‘Monitoring durch Fischer’ 15
Teilprojekt ‘Monitoring durch Schnorcheln’ 16
(B2) – Populationskontrolle durch natürliche Feinde 19
(B3) – Populationskontrolle durch Laichentnahme und Entnahme adulter Tiere 20
Teilprojekt ‘Abfischen im Hafen’ 20
Teilprojekt ‘Modellierung’ 22
Teilziel (C) – Schadensabschätzung Teilprojekt ‘Isotopenanalyse’ 25
Teilprojekt ‘Mageninhaltsanalysen’ 27
Ausblick: Grundelstrategie 29
Weitere Projekte 30
Literatur 31
Anhang ‘Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit’
Anhang Merkblätter
Schlussbericht 2016 zum Projekt ‘Nicht-heimische Grundelarten in der Schweiz’
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Datenerhebung im Feld für Fang-Wiederfang-Studie 7
Abbildung 2: Ergebnisse aus der Umfrage am Wissenschaftsapéro zur Fischverbreitung 11
Abbildung 3: InvasivApp zur Erfassung invasiver Pflanzen in der Schweiz 14
Abbildung 4: Onlineportal zur Erfassung invasiver Grundeln in Schweden 14
Abbildung 5: Standortübersicht der am Monitoring teilnehmenden Fischer 16
Abbildung 6: Kumulierten Fänge mit Reusen 2012 bis 2016 im Hafen Kleinhüningen 21
Abbildung 7: Fänge mit Reusen im August 2016 an fünf Stellen im Hafen Kleinhüningen 21
Abbildung 8: Entnahme von Eiern und adulten Grundeln zur Populationskontrolle 23
Abbildung 9: Erfolgsraten der Entnahme von Eiern und adulten Grundeln 23
Abbildung 10: Nischengrössen der Schwarzmundgrundeln im Hafen Kleinhüningen 26
Abbildung 11: Beziehung zwischen Nischengrössen und Invasionsalter 26
Abbildung 12: Konsumptionsrate aus Mageninhaltsanalysen 28
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Übersicht der am Monitoring 2016 teilnehmenden Fischer 16
Tabelle 2: Übersicht über alle während der Schnorchelsaison 2016 untersuchten Hafenanlagen 17
Schlussbericht 2016 zum Projekt ‘Nicht-heimische Grundelarten in der Schweiz’
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Teilziel (A) – Umstände identifizieren, unter denen die Weiterverbreitungs-wahrscheinlichkeit minimiert werden kann
(A1) – Erforschung der Ausbreitungsmechanismen
Ein präventives Management von invasiven Arten ist nur möglich, wenn die Ausbreitungsvektoren und die Ausbreitungswege bekannt sind. Diese wurden im Laufe des Grundelprojekts intensiv untersucht. Dabei wurden grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Verbreitung erforscht: die Verschleppung durch menschliche Aktivitäten, welche sogenannte Vektoren bereitstellen, wie z.B. Freizeit- oder Frachtschiff-fahrt, Aquaristik oder Angelfischerei, und die selbständige Verbreitung von Grundeln durch aktives Schwimmen. Bei der Untersuchung des aktiven Schwimmens wurden sowohl abiotische Parameter be-rücksichtigt, wie z.B. Strömungsgeschwindigkeit im Gewässer, als auch verhaltensbiologische Parame-ter, wie z.B. Furchtlosigkeit eines Individuums.
Die nachfolgenden Abschnitte fassen die Ergebnisse der abgeschlossenen Teilprojekte zusammen (Teil-projekte ‘Genetik’ und ‘Handelsschifffahrt’, ‘Freizeitboote’ und ‘Desinfektionsmassnahmen’). Die De-tails dazu können den jeweiligen Zwischenberichten entnommen werden. Ausserdem wurden im ver-gangenen Jahr drei neue Teilprojekte gestartet: Relevanz der Aquaristik als Vektor (Teilprojekt ‘Aqua-ristik’), Relevanz der Verwendung von Köderfischen als Vektor (Teilprojekt ‘Köderfische’) und Erfor-schung der aktiven Ausbreitung durch Markierung von Grundeln in verschiedenen Seitengewässern (Teilprojekt ‘Aktives Schwimmen’).
Teilprojekte ‘Genetik’ und ‘Handelsschifffahrt’
Moderne molekularbiologische Methoden erlauben die Charakterisierung der Verwandtschaft verschie-dener Populationen und ermöglichen so das Aufdecken von verwandtschaftlichen Beziehungen zwi-schen geografisch getrennten Teilpopulationen. Dadurch können mögliche Transportwege geklärt wer-den.
Ausserdem stellt sich die Frage, woher und wie die Grundeln von ihrer Quellpopulation in den Rhein bei Basel und den Hafen Kleinhüningen gelangen. In marinen Systemen wurde bereits gezeigt, dass Grundellarven im Ballastwasser (d.h., in mit Wasser gefüllten Tanks in der Aussenwand der Schiffe zur Stabilisierung grosser Frachter) verschleppt werden können (Wonham et al. 2000). Im Süsswassersektor ist die Rolle von Ballastwasser noch kaum untersucht und viele Verantwortliche wissen nicht, dass Bin-nenschiffe überhaupt Ballastwasser aufnehmen. Wir haben daher untersucht, ob in Basel ankommende Schiffe Ballastwasser transportieren und ob Grundellarven mit dem Wasser aufgenommen werden könnten.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellungen:
Gibt die genetische Zusammensetzung der verschiedenen Populationen einen Hinweis auf die Herkunft und die möglichen Ausbreitungsmechanismen der Grundeln im Rhein?
Erfolgt die Ausbreitung entlang von Routen der Handelsschifffahrt? (Damit verbunden: Welche Häfen stehen mit Basel in Verbindung? Von welchen Häfen aus ist Basel in einer Reisezeit < 24h erreichbar1? Wie viele Schiffe kommen pro Jahr aus diesen Häfen? Welche Schiffstypen kommen aus welchen Häfen und ankern in Basel in welchem Zielhafen?)
1 Dies unter der Annahme, dass die Fische mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine solche Zeitspanne im Ballast-wasser überleben können.
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Kann Ballastwasser im Rhein ein Vektor zur Verschleppung von Grundeln sein?
Um diese Fragen zu beantworten, wurde zuerst im Teilprojekt ‘Genetik’ der Verwandtschaftsgrad ver-schiedener Kesslergrundel-Populationen im Niederrhein in Norddeutschland sowie im Rhein bei Basel (eine Hafenpopulation und eine Flusspopulation) mit bestehenden und neu entwickelten Microsatelliten untersucht (Zwischenbericht 2014, Adrian-Kalchhauser et al. 2016). Die Kesslergrundel (Ponticola kessleri) eignete sich dazu gut, da sie diejenige der fünf invasiven Ponto-Kaspischen Grundelarten ist, die in Europa jeweils zuerst an einer neuen Stelle auftritt.
Die Microsatellitenanalyse zeigte, dass zwei grosse genetische Cluster bestehen. Diese beiden Cluster verteilen sich aber nicht wie erwartet auf die beiden geografisch getrennten Populationen Niederrhein in Norddeutschland und Rhein bei Basel, sondern die Basler Flusspopulation ist der norddeutschen Po-pulation ähnlicher als der Basler Hafenpopulation. Das bedeutet, dass die beiden Basler Populationen (Fluss- und Hafenpopulation) aus unterschiedlichen Quellen stammen, und dass eine dieser Quellen nicht im norddeutschen Rheineinzugsgebiet liegt (Zwischenbericht 2014, Adrian-Kalchhauser et al. 2016).
Diese Ergebnisse legten nahe, dass die Grundelpopulationen im Rhein bei Basel und im Hafen Klein-hüningen sehr wahrscheinlich von verschiedenen Orten eingeschleppt wurden. Die möglichen Quellen und potenziellen Vektoren (d.h. Schiffstypen) wurden im Teilprojekt ‚Handelsschifffahrt’ analysiert (Zwischenberichte 2014 und 2015, Adrian-Kalchhauser et al. 2016). Dazu wurden die Herkunftshäfen der Schiffe sowie die Schiffstypen, die vermutlich Grundeln nach Basel transportieren, mit der Daten-bank FleetMon analysiert. Die Daten zeigten, dass Basel aus 40 Häfen in weniger als 24 Stunden zu erreichen ist. Die hohe Zahl der Verbindungen zwischen Basel und Häfen in Gebieten, in denen seit längerer Zeit Grundelpopulationen vorhanden sind (Kalchhauser et al. 2013), weisen auf die möglichen Herkunftshäfen hin, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere von dort zu uns verbracht werden, mit der Häufigkeit der Verbindungen steigt. Diese Auswertung wurde gestützt durch telefonische Interviews zum Thema Ballastwasser mit Reedereien, die 2014 im Hafenverzeichnis der Schweizerischen Rhein-häfen gelistet waren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Tank-, Cargo- und Personenschiffe alle Voraussetzungen erfüllen, um als Grundelvektoren zu dienen. Es ist anzunehmen, dass die Verschlep-pung von Larven durch Ballastwasser die grösste Rolle spielt, weil auf diesem Weg potenziell sehr viele Individuen gleichzeitig aufgenommen werden können. Weitere Verschleppungsmöglichkeiten sind See-kästen (zur Kühlung von Schiffsmotoren) oder Ankerschächte, in denen angeheftete Eier transportiert werden, die an anderen Orten schlüpfen könnten.
Teilprojekte ‘Freizeitboote’ und ‘Desinfektionsmassnahmen’
Neben der Verschleppung von Grundeln im Ballastwasser sind Eier mögliche Verbreitungsstadien (Corkum et al. 2004). Grundeln sind Höhlenlaicher und sie heften ihre Eier mittels Sekreten und Fila-menten an feste Strukturen. Auch eine Anheftung an Bootsrümpfe, Geräte oder andere temporär im Wasser liegende Strukturen (z.B. Pontons) ist möglich. Wenn diese Boote oder Geräte zwischen ver-schiedenen Gewässern bewegt werden, ist eine Verschleppung der Eier sehr wahrscheinlich.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellungen:
Erfolgt die Ausbreitung durch die Anheftung des Laichs an Boots- oder Schiffsrümpfe?
Welche Möglichkeiten gibt es, um die Verschleppung durch Freizeitboote zu verhindern?
Gibt es Möglichkeiten, den an Freizeitbooten und Gerät haftenden Laich mittels Desinfektion o.ä. zu entfernen?
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Um diese Fragen zu beantworten, wurde in den Teilprojekten ‘Freizeitboote’ und ‘Desinfektionsmass-nahmen’ Feld- und Laboruntersuchungen mit Grundeleiern gemacht und eine Umfrage bei Bootsbesit-zern und Kraftwerksbetreibern (verantwortlich für den Bootsüberhub) durchgeführt (Zwischenberichte 2014 und 2015, Hirsch et al. 2016a).
Laborexperimente mit Gelegen aus dem Feld zeigten, dass an künstliche Substrate angeheftete Grundel-eier sehr widerstandsfähig gegenüber Strömung und Austrocknung sind. Mehr als 50% der Eier blieben haften, als sie während einer Stunde der im Rhein vorherrschenden Strömungsgeschwindigkeit von ca. 3.8 m/s ausgesetzt wurden2. Mehr als 60% der Eier überlebten eine Luftexposition bei 25°C für eine Dauer von 15 Minuten bis 24 Stunden. Diese Resultate zeigen, dass an Freizeitboote angeheftete Grun-deleier in der Lage sind, sowohl einen Transport im Wasser als auch an Land zu überleben (Zwischen-bericht 2014, Hirsch et al. 2016a).
In der Schweiz sind ca. 100‘000 Freizeitboote gemeldet. Die schriftliche Befragung der Bootsbesitzer ergab, dass ca. 10% ihre Boote zwischen den Gewässern transportieren. Darunter sind auch Boote, die aus von Grundeln befallenen Seen, Flüssen und Küstengebieten aus dem Ausland (z.B. Ostsee) in die Schweiz kommen (Weissert 2013) oder vom Rhein bei Basel in andere Schweizer Gewässer transpor-tiert werden. Das Management von Freizeitbooten (d.h. Kontrolle und Reinigung vor dem Transport in andere Gewässer) kann deshalb ein wichtiges Instrument zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Grundeln sein (s. Bootsbesitzermeeting 2016 im Abschnitt A2 – Information und Weiterbildung).
Die oben genannten Experimente zeigten auch, dass 24 Stunden Trockenzeit nicht ausreichend sind, um die Grundeleier abzutöten. In weiteren Laborexperimenten im Teilprojekt ‘Desinfektionsmassnahmen’ wurden die gegen die Verbreitung von Saprolegnia empfohlenen Massnahmen getestet (Merkblatt Sa-prolegnia des BAFU vom 09.07.2012, Merkblatt «Fischkrankheiten vermeiden – 3 goldene Regeln» des Schweizerischen Fischereiverbands). Das Merkblatt nennt verschiedene Desinfektionsmassnahmen, die die Verbreitung des Saprolegnia-Erregers mit Angelausrüstung verhindern: Trocknungsmassnahmen, Behandlung mit einem Desinfektionsmittel, und Behandlung mit warmem (45°C für 20 Minuten) oder heissem Wasser (65°C für 1 Minute). Für Grundeleier waren warmes oder heisses Wasser und Desin-fektion mit Virkon S wirksam, d.h. alle Eier starben ab, während Trocknung für 24 Stunden nicht wirk-sam waren (Zwischenbericht 2015).
Die Ergebnisse aus diesem Teilprojekt können eine erste wissenschaftliche Grundlage für das Fokuspro-jekt ‘Handlungsempfehlungen für Bootsreinigungsanlagen’ bilden (s. Ausblick: Grundelstrategie). Die Koordination und Umsetzung entsprechender Massnahmen ist Sache des Bundes resp. der Kantone.
Teilprojekt ‘Aquaristik’
Dieses noch laufende Teilprojekt soll abschätzen, ob und in welchem Umfang die Verschleppung von Schwarzmeergrundeln in der Schweiz und benachbarten Ländern (unbeabsichtigt oder beabsichtigt) über die Aquaristik geschehen kann. Die Aquaristik, also die Haltung von Fischen als Haustiere in Aquarien oder Teichen im privaten Rahmen, stellt einen relevanten Ausbreitungsweg für nicht-heimi-sche Fischarten dar. Weltweit sind bereits 115 Süsswasserfischarten bekannt, die über die Aquaristik verschleppt wurden (Padilla and Williams 2004). Ein Drittel der weltweit nicht-heimischen Süsswas-serfische stammt aus der Aquaristik (Padilla and Williams 2004).
2 Die Strömungsgeschwindigkeit an der Aussenseite eines Sportboots beträgt ca. 2.7 m/s bei einer Fahrgeschwin-digkeit von 13 km/h bzw. 15 m/s bei einer Fahrgeschwindigkeit von 40-50 km/h.
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Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellung:
Werden Schwarzmeergrundeln über die Aquaristik verschleppt?
Um diese Frage zu beantworten, untersuchten wir, ob Schwarzmeergrundeln im Zierfischhandel in der Schweiz und Nachbarländern angeboten werden, indem wir das Angebot an bekannten invasiven Zier-fischen mit dem Angebot an Schwarzmeergrundeln in Beziehung setzten. Wir untersuchten auch, ob Grundeln von Privatpersonen in Aquarien gehalten werden. Die Kommunikation, die in entsprechenden Internetforen stattfindet, kann Aufschluss darüber geben, ob eine Aquarienhälterung (und die nicht-kommerzielle Weitergabe) für Aquarianer attraktiv ist. Schliesslich werden existierende und potenzielle Kontrollmechanismen für Einfuhr und Handel sowie nationale und internationale Gesetze und Konven-tionen zur Verbreitung von Organismen, die für die Aquaristik relevant sind, identifiziert und untersucht.
Methoden
Um das Potenzial dieses Verbreitungsvektors abzuschätzen, wurden nebst den fünf für die Schweiz re-levanten Schwarzmeergrundelarten acht Referenzarten auf unterschiedlichen Internetverkaufsplattfor-men sowie in Internetforen gesucht. «Alerts» (Warnmeldung via z.B. Google) wurden eingerichtet, um neu eingestellte Angebote zu erfassen. Mit Hilfe von «Search Strings» (Suchbegriffe) wurden Verkaufs-plattformen und Internetforen ausfindig gemacht, welche einen potenziellen Vertrieb der Art ermögli-chen (käuflich oder privat).
Weiter wurde eine Liste von Händlern aus Informationen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesens (BLV) und aus den Importpapieren von Zierfischen aus dem Jahr 2014 ermittelt. Diese Adressen werden für Interviews und transdisziplinäre Forschungsarbeiten benötigt (Teilprojekt ‘Transdisziplinäre Dialoge’).
Zusätzlich wurden die Handelsstatistiken der Schweiz (Aussenhandelsstatistik) und der EU (EURO-STAT) untersucht sowie das Potenzial und die Wirksamkeit des europäischen tierärztlichen Informati-onssystems TRACES als Kontrollmechanismus ausgelotet. TRACES dient dem Informationsaustausch zwischen den Veterinärbehörden der EU und der Schweiz beim grenzüberschreitenden Verkehr von lebenden Tieren. Die grenztierärztliche Kontrolle erfolgt im Regelfall bei der ersten Ankunft im EU-Raum (inkl. Schweiz).
Ergebnisse
Bis jetzt lässt sich sagen, dass Schwarzmeergrundeln auf den analysierten Verkaufsplattformen in Eu-ropa nicht lebend kommerziell gehandelt werden. Eine laufende quantitative Abfrage der gefundenen Verkaufsplattformen soll Aufschluss über das Potenzial der Verbreitung über die Aquaristik in der Schweiz geben.
Das heisst allerdings nicht, dass Schwarzmeergrundeln in der Aquaristik keine Rolle spielen. In privaten Aquarien werden im deutschsprachigen Raum Wildfänge gehalten und weitergegeben, und sie pflanzen sich dort fort. Es gibt eindeutig grosses Interesse an Haltungsbedingungen, Schwarzmeergrundeln wer-den als attraktiver Aquarienfisch betrachtet.
Existierende Import-Informationssysteme bieten unseren Analysen zufolge in der derzeitigen Handha-bung keine griffigen Kontrollmöglichkeiten. Zwar wurde aufgrund unserer Anfrage Schwarzmeergrun-deln in der EU-Artenliste von TRACES ergänzt und können seit dem 12. Dezember 2016 mittels TRACES erhoben werden. Allerdings läuft die Erfassung von Fischimporten auf freiwilliger Basis und es besteht keine gesetzliche Verpflichtung der Kontrolle.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die schweizerische Aussenhandelsstatistik und EUROSTAT sind als Kontrollinstrument auf Artebene wertlos, da sie keine Artinformationen enthalten und nur Gewicht und Wert der «Waren» erhoben wird.
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Eine abschliessende Literaturrecherche zur Thematik der Verbreitung der Schwarzmeergrundeln über die Aquaristik und die Untersuchung der rechtlichen Grundlagen hierzu werden gegenwärtig zu Ende geführt.
Die Erkenntnisse aus diesem Teilprojekt können in das Fokusprojekt ‘Sensibilisierung der Aquaris-tikszene’ der Grundelstrategie einfliessen (s. Ausblick: Grundelstrategie). Die Koordination und Um-setzung entsprechender Massnahmen ist Sache des Bundes resp. der Kantone.
Teilprojekt ‘Köderfische’
Angler/innen sind als Vektoren für die Verbreitung von invasiven Arten bekannt, unter anderem durch unabsichtlichen Transport mit Booten, Kleidungsstücken und anderen Ausrüstungsgegenständen, Bei-fängen oder Köderfischen (Drake and Mandrak 2014, Drake et al. 2015). Aus diesem Grund wurde vom Grundelteam in den ‘Handlungsempfehlungen’, die im Wissenschaftsapéro 2013 vorgestellt wurden, die ‘Sensibilisierung der aktiven Fischer’ empfohlen (s. Unterlagen zum Wissenschaftsapéro 2013 so-wie Versand ‘Interpretation der Workshopresultate’ vom 31.07.2013). Um wissenschaftliche Grundla-gen zu effektiven Sensibilisierungsmassnahmen erarbeiten zu können, ist es wichtig, die Informations-kanäle der involvierten und betroffenen Zielgruppen zu kennen.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellung:
Welches sind die wichtigsten Informations- und Kommunikationskanäle der deutschsprachigen Schweizer Angler/innen?
Tragen Angler/innen zur Weiterverbreitung der Grundeln bei, z.B. bei der Verwendung von Grun-deln als Köderfische?
Um die erste Frage zu beantworten, fand eine kleine Untersuchung statt darüber, in welchen Medien (online und print) welche Art Austausch gepflegt wird. Um die zweite Frage zu beantworten, wird in einem nächsten Schritt untersucht, welche Rolle die Verwendung von Schwarzmeergrundeln als Köder-fische für deren Ausbreitung in der Schweiz spielt.
Methoden
Zuerst wurde in Kiosken und auf Google nach deutschsprachigen Angelfachzeitschriften und Angelfo-ren gesucht. Insgesamt wurden 26 Angelfachzeitschriften und 155 Angelforen gefunden. Anhand von Interviews mit Angel-Experten (n = 14) wurde die in der Schweiz meistgelesene Zeitschrift und das meistverwendete Forum identifiziert. Weiterhin wurden die Experten über die Kommunikationsge-wohnheiten von Schweizer Anglern befragt. Dies wurde durch eine Literaturrecherche ergänzt.
Anhand einer Befragung und einer Analyse der Fangbüchlein soll abgeschätzt, werden, wie viele Schwarzmeergrundeln in einem Jahr als Köderfische in Basel-Stadt, Basel-Land und Aargau verwendet werden und wieder ins Gewässer gelangen (möglicherweise anderswo als am Fangort). Die genaue Vor-gehensweise ist noch in Planung.
Ergebnisse
Schweizer Angler informieren sich vorwiegend im Internet (bei Google, kantonalen Webseiten, Ver-band-Webseiten, Foren), durch Gespräche (am Wasser, im Verein oder mit Angelkollegen) und in Print-medien (Zeitschriften, Bücher). Die in der Schweiz benutzten Austauschkanäle stimmen mit den in der Fachliteratur erwähnten Kanäle überein.
Die meistgelesene Angelfachzeitschrift in der Schweiz ist Petri-Heil. Als meistverwendetes Forum wurde Fischerforum.ch identifiziert.
Zur Verwendung von Grundeln als Köderfische liegen bisher noch keine Ergebnisse vor.
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Schlussfolgerungen und Ausblicke
Internetforen und Zeitschriften sind geeignete Medien, um den Diskurs von Schweizer Anglern zu er-fassen. Zusätzlich ist die Bedeutung von Gesprächen als Informations- und Austauschkanal zwischen den Anglern zu berücksichtigen. Diese Ergebnisse können eine Grundlage für eine effektive Sensibili-sierungskampagne bilden, die durch den Bund und die Kantone koordiniert resp. durchgeführt werden würde. Entsprechend ist die ‘Sensibilisierung der Angelfischer’ auch ein Fokusprojekt der Grundelstra-tegie (s. Ausblick: Grundelstrategie).
Das Teilprojekt ‘Köderfische’ wird durch eine Dissertation von Roxane Muller bearbeitet, die bis Ende 2018 läuft.
Teilprojekte ‘Aktives Schwimmen’ und ‘Boldness’
Grundeln sind als schwimmschwache Fische beschrieben, die keine ausgedehnten Wanderungen unter-nehmen. Dennoch ist die aktive Bewegung zumindest für die kleinräumige Ausbreitung wahrscheinlich. Der Staustufe Rheinfelden kommt dabei eine besondere Rolle zu: der Rhein ist von der Mündung bis hierher für die Handelsschifffahrt befahrbar. Das Kraftwerk Rheinfelden kann stromaufwärts nur über die Fischtreppe, das Umgehungsgewässer oder über den Schiffsüberhub für manuellen Transport von Kleinbooten bewältigt werden.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellungen:
Erfolgt die kleinräumige Ausbreitung durch aktives Schwimmen auch über Hindernisse (z.B. Raugerinne des Umgehungsgewässers Rheinfelden) hinweg?
Welche Art von Hindernis kann unter welchen Bedingungen (Wasserstand, Ruheplätze, Strömun-gen, etc.) von welchen Grundeln (Art, Grösse, Alter, Geschlecht, etc.) überwunden werden?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden Literaturdaten erhoben und Messungen im Feld sowie im Labor durchgeführt (Zwischenbericht 2014). Mittels eines verhaltensbiologischen Modells wurde abge-schätzt, welche und wie viele Grundeln in der Lage sind, das Hindernis zu überwinden (Zwischenbericht 2015, Hirsch et al. 2016c). Ausserdem wurde ein neues Teilprojekt gestartet: Markierung von Grundeln in Seitengewässern (s. Abschnitt weiter unten).
Die Messungen im Feld beim Raugerinne und der Vergleich mit den Literaturdaten zur Schwimmge-schwindigkeit von Grundeln haben ergeben, dass Grundeln theoretisch in der Lage sind, das Hindernis zu überwinden (Zwischenbericht 2014, Abschlussbericht zum Projekt Fischdurchgängigkeit/Invasive Grundeln z.H. der Energiedienst Holding AG vom 22.11.2014). Diese Untersuchung vernachlässigte jedoch weitere Parameter wie z.B. saisonale Schwankungen der Fliessgeschwindigkeiten, Grössen- oder Geschlechtsabhängigkeit der Schwimmleistung, Dichte der Population unterhalb des Hindernisses und die «Wanderwilligkeit» der Grundeln.
Um die Wanderwilligkeit miteinzubeziehen, wurden verhaltensbiologische Experimente mit Koopera-tionspartnern in Schweden durchgeführt. Für einen Nicht-Wanderfisch, zu denen die stationär lebenden Grundeln gehören, sind drei Verhaltensweisen entscheidend für die Widerwilligkeit: Furchtlosigkeit, Aktivität und Asozialität. Diese drei Verhaltensweisen wurden für die in Basel lebenden Grundeln in Verhaltensexperimenten quantifiziert. Die Ergebnisse dieser Experimente dienten als Grundlage für ein Aufstiegsmodell. Die Ergebnisse des Modells besagen, dass nur etwa 17% der in Basel ansässigen Grun-delpopulation einen Aufstieg über Rheinfelden bewerkstelligen würde. Dabei hängt die Aufstiegswahr-scheinlichkeit am stärksten von der Grösse der Individuen und von deren Furchtlosigkeit ab (Zwischen-bericht 2015, Hirsch et al. 2016c).
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Da die Ausbreitung der Grundel im Rhein durch das Kraftwerk Rheinfelden limitiert ist, stellt sich die Frage, ob Rheinzuflüsse Eintrittspfade für Grundeln in der Schweiz sein können. Um diese Frage zu beantworten, wird in einem neu gestarteten Teilprojekt das Ausbreitungsmuster der Grundeln in Rhein-zuflüssen untersucht. Zusätzlich wird die Rolle von Hindernissen in den Rheinzuflüssen für die Aus-breitung der Grundeln abgeklärt.
Methoden
Die Ausbreitungsmuster der Schwarzmeergrundeln werden anhand einer Fang-Wiederfang Studie in den zwei Rheinzuflüssen Wiese und Ergolz untersucht. Zur Markierung der einzelnen Individuen wur-den passive integrated transponders (PIT-Tags) eingesetzt (Cookingham and Ruetz III 2008). Um zu evaluieren, ob die PIT-Tags die Überlebenswahrscheinlichkeit und andere Parameter (z.B. Wachstum) beeinflussen, wurden gleichzeitig zur Fang-Wiederfang Studie markierte Grundeln im Aquarium gehal-ten.
Die Rolle von Hindernissen wird in der Wiese untersucht. Der Abbau von Schwellen im Rahmen einer Revitalisierung erlaubt es, die Ausbreitungsmuster der Grundeln vor und nach dem Abbau der Schwel-len zu untersuchen.
Ergebnisse
Die PIT-Tags sind eine geeignete Methode, um Grundeln zu markieren (Abbildung 1). Die Aquarium-Hälterung zeigte, dass die PIT-Tags keinen wesentlichen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit oder andere Parameter haben.
In der Ergolz wurden weniger Grundeln als erwartet gefunden: in fünf Wochen wurden 65 Grundeln markiert und 2 wiedergefangen. Hingegen war die Wiese stärker von Grundeln kolonisiert als erwartet: in fünf Wochen wurden 219 Grundeln markiert und 32 wiedergefangen. Von den unterhalb der Schwelle markierten Grundeln wurde – bisher noch – keine oberhalb wiedergefangen.
Abbildung 1: Datenerhebung im Feld. Die gefangenen Grundeln werden mit den PIT-Tags markiert, gemessen, mit dem Tag-Lesegerät registriert und fotografiert. Weitere Daten wie Fangort, Fangdatum, Geschlecht und Fär-bung werden dabei ebenfalls aufgenommen. Anschliessend werden die Grundeln am Fangort wieder freigesetzt.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Fang-Wiederfang Methode funktioniert und konnte trotz schwierigen Wetterbedingungen erfolg-reich etabliert werden. Der Versuch wird im Rahmen der Dissertation von Roxane Muller im 2017 wei-tergeführt.
Die Erkenntnisse aus diesem Teilprojekt können in das Fokusprojekt ‘Verhinderung der aktiven Aus-breitung am Kraftwerk Säckingen’ der Grundelstrategie einfliessen (s. Ausblick: Grundelstrategie). Die Koordination und Umsetzung entsprechender Massnahmen ist Sache des Bundes resp. der Kantone.
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(A2) – Information und Weiterbildung
Menschliche Aktivitäten bilden einen wichtigen Transportvektor für die Verschleppung invasiver Arten (Hirsch et al. 2016a). Um die entsprechenden Akteure in unsere Forschung miteinzubeziehen, arbeiten wir seit Beginn des Grundelprojekts eng mit Expertinnen und Experten aus der Praxis zusammen. Diese Zusammenarbeit beeinflusst zum einen direkt unsere Forschungsaktivitäten, zum anderen ist sie auch selber Gegenstand unserer Forschung. Dieser transdisziplinäre Prozess ist gerade bei der Beantwortung angewandter Forschungsfragen auch aus wissenschaftlicher Sicht spannend: Unsere Analyse hat ge-zeigt, dass ein Erfolgsmerkmal für Kooperationen zwischen Praxis und Forschung darin besteht, dass sich alle Beteiligten bei Beginn eines Projekts über ihre Prioritäten austauschen und anschliessend in einen kontinuierlichen Dialog treten (N’Guyen et al. 2016). Praxisrelevante Forschungsergebnisse kön-nen beispielsweise in Form von Workshops oder Merkblättern zeitnahe zurückgespielt werden (Zwi-schenberichte 2013, 2014 und 2015).
Der Kontakt zu den ausseruniversitären Akteuren war uns auch im vergangenen Jahr ein wichtiges An-liegen. Die folgenden Abschnitte geben eine Übersicht über die im Jahr 2016 durchgeführten Aktivitäten (Bootsbesitzermeeting, Wissenschaftsapéro, s. auch Anhang ‘Kommunikation und Öffentlichkeitsar-beit’) sowie über die abgeschlossenen und laufenden Teilprojekte (Teilprojekte ‘Transdisziplinäre Dia-loge’ und ‘Diskursanalyse’, ‘Angler-App zur Früherkennung’).
Aktivitäten 2016
Mitglieder des Grundelteams waren als Vortragende oder Teilnehmende an zahlreichen nationalen und internationalen Veranstaltungen, Konferenzen und Tagungen beteiligt (Anhang ‘Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit’). Zudem ist das Grundelprojekt vertreten in der AGIN-D Arbeitsgruppe «Boots-reinigung invasive Neozoen» (s. Abschnitt Bootsbesitzermeeting 2016) und beteiligt bei der Ausarbei-tung der «Grundelstrategie» (s. Abschnitt Ausblick: Grundelstrategie). Wie bereits in den vorherigen Jahren wurden in einer internen Retraite im März die weitere Ausrichtung des Projekts diskutiert sowie strategische Entscheide getroffen. Neben Publikationen in Fachzeitschriften wurde auch in den Medien über die Erkenntnisse aus dem Projekt berichtet (s. Anhang ‘Kommunikation und Öffentlichkeitsar-beit’). Ausserdem wurde in Zusammenarbeit mit dem BAFU sowie den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt zwei Merkblätter erstellt: eines für Fischer und eines für Bootsbesitzer. Alle Berichte, Pub-likationen und Abschlussarbeiten werden auf Anfrage gerne zugestellt. Unsere Ergebnisse werden aus-serdem laufend auf unserer Webseite aktualisiert.
Das Grundelprojekt bietet auch eine ausserordentliche Möglichkeit zur Erstellung wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten. Es wurden die Masterarbeiten von Céline Mäder und Nilgün Özdal abgeschlos-sen (Resultate s. Abschnitt C – Schadensabschätzung) sowie die Dissertation von Anouk N’Guyen (Re-sultate s. u.a. Teilprojekt ‘Modellierung’). Ausserdem wurden zwei Masterarbeiten neu gestartet. Elisa-beth Lutz erforscht die Rolle von invasiven Grundeln im Nahrungsnetz (Unterschiede zwischen der Ausbreitungsfront und etablierten Populationen) und untersucht molekularbiologische Methoden zum Nachweis heimischer Beutetiere in Grundelmägen. Ebenfalls neu gestartet wurde die von der Freiwilli-gen Akademischen Gesellschaft finanzierte, grundlagenwissenschaftliche Masterarbeit von Vincent So-merville über die epigenetische Regulation von Fortpflanzungsstrategien in Schwarzmeergrundeln.
Bootsbesitzermeeting 2016
Freizeitboote können einen wichtigen Vektor für die Grundelausbreitung sowie für andere invasive Ar-ten darstellen (Teilprojekt ‘Freizeitboote’ und ‘Desinfektionsmassnahmen’). Im August 2016 wurde
Schlussbericht 2016 zum Projekt ‘Nicht-heimische Grundelarten in der Schweiz’
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vom Grundelteam deshalb ein Bootsbesitzermeeting durchgeführt mit dem Ziel, interessierte Bootsbe-sitzer/innen und andere Betroffene (z.B. Wasserbau) an einem Informationsanlass über die Schwarz-meergrundeln, deren aktuelle Verbreitung und der möglichen Verschleppung von Grundellaich durch Freizeitboote und anderes Gerät zu informieren. Es war sehr erfreulich, dass wir insgesamt 23 Teilneh-mende an diesem Anlass begrüssen durften.
Nach einer informativen Präsentation über den Stand des Wissens seitens der Forschung fand ein integ-rativer Teil statt, in dem die Teilnehmenden ihre Einschätzung zur Bedeutung von Booten und Gerät-schaften bei der Verschleppung von Organismen sowie ihre Meinungen, Vorschläge und eigene Be-obachtungen darstellen konnten. Die spannenden Fragen und Bemerkungen aus dem gemeinsamen Ge-spräch machten das Bootsbesitzermeeting zu einem sehr erfolgreichen Anlass. Diese praxisnahmen In-formationen konnten direkt in die Kooperation mit der AGIN-D zur Bootsreinigungsanlage einfliessen, die auch Teil der Grundelstrategie ist (s. Abschnitt Ausblick: Grundelstrategie).
Wissenschaftsapéro 2016
Die Interaktion mit ausseruniversitären Akteuren ist ein Kernstück des Grundelprojekts (Zwischenbe-richte 2013, 2014 und 2015, N’Guyen et al. 2016). Wie jedes Jahr zum Jahresabschluss wurde auch 2016 ein Wissenschaftsapéro in Basel durchgeführt. Neben dem bewährten Austausch zwischen dem Grundelteam und den zahlreich erschienenen Akteuren und Interessierten gab es diesmal auch wieder einen Fragebogen. In diesem wurde um die Einschätzung der Teilnehmenden zu einem für uns relevan-ten Thema – der Fischverbreitung – gebeten. Durch unsere Forschungen zur Weiterverbreitung der Grundeln kommen wir immer wieder zur «Fischverbreitungsfrage»:
Wie verbreiten sich Fische in Gewässer, die sie nicht schwimmend besiedeln können?
Eine dem Wissenschaftsapéro vorangehende intensive Literaturrecherche ergab, dass nur sehr wenig Forschungsergebnisse zu dieser Frage vorliegen (Hirsch et al. in Vorbereitung). Für eine angewandte Forschung, sei es zum Schutz von isolierten Refugialpopulationen heimischer Arten oder zur Verhinde-rung der Weiterverbreitung invasiver Arten, ist dringend mehr praxisnahes Wissen zur Fischverbreitung nötig.
Methoden
An vorangegangenen Wissenschaftsapéros wurden von den Teilnehmenden immer wieder verschiedene Formen der Fischverbreitung genannt. Über dieses wichtige, weil praktische und nicht in der For-schungswelt publizierte Wissen, wollten wir mehr erfahren. Mittels eines Fragebogens wurden die Teil-nehmenden über ihre Einschätzung zur Fischverbreitung gefragt.
Ergebnisse
Aus den Fragebögen geht deutlich hervor, dass der Mensch als hauptverantwortlich für die Verbreitung von Fischen betrachtet wird (Abbildung 2). Die in der Forschung weitverbreitete Auffassung, dass Ge-wässer mit Fischen früher besiedelbar waren und es nur heute nicht mehr sind, wird uneinheitlich be-wertet und jedenfalls nicht als gleich wahrscheinlich wie die Erklärung, dass der Mensch Fische ver-breitet. Interessanterweise nahmen viele Teilnehmende die Gelegenheit wahr, gleich zu Beginn des Fra-gebogens weitere Erklärungen für die Fischverbreitungsfrage zu nennen. Hierbei spielen Vögel eine prominente Rolle.
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Wie kommen Fische eigentlich in entlegene Gewässer? […] Im Folgenden präsentieren wir Ihnen zwei Erklärungen für dieses Rätsel, welche wir zusammengetragen haben und bitten Sie um Ihre Einschät-zung dazu.
Der Mensch ist verantwortlich und hat die Fische absichtlich ausgesetzt oder unbeabsichtigt verschleppt. Diese Erklärung halte ich für: (bitte eines ankreuzen)
Das Gewässer ist nur heutzutage nicht schwimmend zu erreichen. Früher war es einmal mit anderen Gewässern verbunden. Die Fische heute sind ein Überbleibsel aus dieser Zeit. Diese Erklärung halte ich für: (bitte eines ankreuzen)
Ich finde, andere Erklärungen als das menschliche Handeln oder die Zeitgeschichte sind verantwortlich für das Vorkommen der Fische, nämlich:
Abbildung 2: Ergebnisse aus der Umfrage am Wissenschaftsapéro zur Fischverbreitung.
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Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Ergebnisse zeigen, dass ausserakademische Akteure eine Rolle des Menschen als Fischverbreiter als sehr wahrscheinlich erachten. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, da sie die Verantwortung der Ak-teure am Gewässer betont, z.B. im Fall der Verbreitung invasiver Fischarten (Teilprojekte ‘Freizeit-boote’, ‘Aquaristik’, ‘Köderfische’). Wenn der Mensch Fische verbreitet, dann kann diese Verbreitung auch durch Eingreifen des Menschen verhindert werden.
Aus Forschungssicht ist die prominente Rolle, die Vögeln als Vektoren zugeschrieben wird, interessant. In der Forschergemeinde wird dieser Verbreitungsweg zwar oft diskutiert, aber empirische Daten fehlen. Unsere eigenen Forschungen zur Grundelverbreitung haben empirische Daten zu Freizeitbooten als Vektoren geliefert (Teilprojekt ‘Freizeitboote’). Zukünftige Untersuchungen könnten diese Forschun-gen auf weitere Vektoren, wie z.B. Vögel, ausweiten. Dadurch könnte abgegrenzt werden, wie stark natürliche Vektoren zur Verbreitung von Grundeln beitragen.
Teilprojekt ‘Transdisziplinäre Dialoge’
Ein Ziel dieses Teilprojekts besteht darin, zentrale Praxisakteure in die Diskussion und Konzipierung von Massnahmen einzubinden, damit Massnahmen von Anfang an auf dem vorhandenen Wissen aller Beteiligten in Forschung und Praxis aufbauen. Zu diesem Zweck sollen zu solchen Handlungsfeldern transdisziplinäre Dialoge realisiert werden, die im Rahmen des Hauptprojekts als relevant identifiziert wurden: Fischerei, Gewässermanagement, Aquaristik und Schifffahrt (Zwischenberichte 2013, 2014 und 2015). Aus Ressourcengründen werden nur zwei Dialoge durchgeführt. Dabei steht das Handlungs-feld Aquaristik im Vordergrund, da zur Aquaristik als möglichem Vektor für eine Einschleppung von invasiven Grundeln bisher zum einen sehr wenig bekannt ist und zum anderen keine Massnahmen an die Hand genommen wurden. Aktivitäten, die in diesem Teilprojekt bisher unternommen wurden, sind:
• Bestandsaufnahme zum vorhandenen Wissen und zu den kontaktierten Praxisakteuren: Das Hand-lungsfeld Aquaristik wird in mehreren Teilprojekten beleuchtet (insbesondere im Teilprojekt ‘Aqua-ristik’). Um den transdisziplinären Dialog vorzubereiten, gilt es, das in diesen Teilprojekten gewon-nene Wissen zusammenzuführen. Dieses Wissen bildet erstens die Forschungsgrundlage für den ge-planten Dialog. Zweitens beeinflusst das gewonnene Wissen die Auswahl der in den Dialog einzu-beziehenden Akteure (so hat sich bspw. der reguläre Zoo-Fachhandel als bisher wenig relevant er-wiesen). Drittens sind die Interaktionen mit Praxisakteuren in den verschiedenen Teilprojekten mit-einander abzustimmen.
• Aktualisierung «Policy Wheel» («Entscheidungszwiebel») zur Aquaristik: Bereits zu einem früheren Zeitpunkt wurde in einem transdisziplinären Workshop diskutiert, welches relevante Praxisakteure im Handlungsfeld Aquaristik sind (relevant in dem Sinne, als sie Entscheidungen im Handlungsfeld wesentlich (mit)prägen oder als sie an relevanten Schnittstellen «sitzen». Dafür wurde die Methode «Policy Wheel» eingesetzt (Roberts 2011). Die Ergebnisse dieser ersten Diskussion wurden im Lichte der inzwischen gewonnenen Erkenntnisse geprüft und aktualisiert.
• Information möglicherweise interessierter Akteure im Fachhandel: Durch eine umfangreiche Mittei-lung in der Zeitschrift «Arche» wurden möglicherweise interessierte Akteure im Fachhandel über das Projekt informiert und zur Mitwirkung eingeladen (Anhang ‘Kommunikation und Öffentlich-keitsarbeit’). Bisher gab es keine Resonanz auf den Aufruf, was die geringe Bedeutung belegt, die dem Fachhandel zukommt bei der privaten Haltung von Grundeln.
• Begleitgruppen-Sitzung: Für das Teilprojekt wurde eine Begleitgruppe eingerichtet. Diese Begleit-gruppe tagte im Dezember 2016 ein erstes Mal. An der Sitzung wurden die bisherigen aquaristik-
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bezogenen Ergebnisse in einer Zusammenschau gewürdigt, und es wurden daraus Folgerungen ge-zogen für die Ausrichtung der transdisziplinären Dialoge. So wurde etwa beschlossen, zu versuchen, zwei Dialoge im Handlungsfeld Aquaristik zu realisieren, einen davon mit ‘offiziellen’ Akteuren, einen davon mit Personen, die privat (in Aquarien oder Teichen) Grundeln halten. Motivation für diesen Beschluss war, dass Letztere unter Umständen weniger zu einem offenen Diskurs über ihr Handeln bereit sind, wenn Personen anwesend sind, die dieses Handeln möglicherweise missbilligen.
Teilprojekt ‘Angler-App zur Früherkennung’
Die Forschungen des Grundelprojekts haben deutlich gezeigt, dass die Früherkennung einer invasiven Grundelpopulation wichtig ist (s. Abschnitt B1 – Frühzeitige Identifikation betroffener Gewässer). Gleichzeitig kann die Forschung kein flächendeckendes Monitoring stemmen. Diese Situation ist bereits für viele invasive Arten erkannt worden. Ein Lösungsansatz bieten Smartphone-Apps. Diese können dazu dienen, Nachweise von Grundeln schneller an Forschung und Behörden weiterzureichen. Ziel des Teilprojekts war es deshalb, den Angler/innen als sachkundige Stakeholder durch eine App zu ermögli-chen, Grundelfänge mit geringem zeitlichen und bürokratischen Aufwand niederschwellig zu melden.
Ergebnisse
Zur Erreichung dieses Ziels wurde eine Kooperation mit dem Informatik-Dienstleister Theram GmbH (Romanshorn) initiiert, der bereits an einer App für Kantonale Fischereistatistik arbeitete (Zwischenbe-richt 2015). Nach Weitergabe von Grundelfotos und entsprechenden Informationen zur Arterkennung ging der Dienstleister jedoch in Konkurs. Die Kooperation konnte daher und trotz des erheblichen be-reits geleisteten Aufwands des Grundelteams nicht weiter durchgeführt werden.
Schlussfolgerung und Ausblick
Das Thema ‘Angler-App zur Früherkennung’ ist nach wie vor aktuell und bei einer Fortführung des Grundelprojekts sollte dieses Thema wieder aufgegriffen werden. Dies ist u.a. wichtig, weil die For-schungen zur Populationseindämmung eindrücklich zeigen, dass eine schnelle Erkennung von neuen invasiven Populationen wichtig ist (Teilprojekt ‘Modellierung’). Angler/innen sind oftmals die ersten, die Veränderungen am Gewässer feststellen und die Mitarbeit von Anglern im Grundelprojekt war stets wertvoll und erfolgreich (Zwischenberichte 2013, 2014 und 2015, Teilprojekt ‘Monitoring durch Fi-scher’).
Ein möglicher zukünftiger Anknüpfungspunkt könnte das InvasivApp zur Erkennung von Neophyten sein (https://www.infoflora.ch/de/daten-melden/app/invasivapp.html, Abbildung 3). Diese Plattform könnte gut auf Grundeln ausgeweitet werden. Des Weiteren existieren in anderen von Grundeln be-troffenen Ländern Onlineportale, in welche auch ohne Smartphone Grundelsichtungen eingetragen und mit GPS-Koordinaten und Foto versehen werden können (Abbildung 4).
Bei der Entwicklung einer solchen App oder Plattform sollte berücksichtigt werden, dass dadurch der Aufwand für die Angler/innen verdoppelt wird, da sie ihre Fänge jeweils bereits im Fangbüchlein z.Hd. der Kantone festhalten müssen. Eine App oder Plattform würde also nur Sinn machen, wenn sie bei den kantonalen Fangmeldungen als Alternative zu den Fangbüchlein genutzt werden könnte.
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Abbildung 3: Die InvasivApp ist eine speziell für invasive Pflanzenarten entwickelte und bereits im Einsatz be-findliche App. Eine Ausweitung oder Umprogrammierung dieser App für invasive Fische würde den schnellen Nachweis von neuen invasiven Grundelpopulationen (und auch anderen Arten) erleichtern.
Abbildung 4: Ein von staatlicher Seite finanziertes Onlineportal erlaubt in Schweden den Eintrag von Grundel-sichtungen mit Foto und GPS-Koordinaten. Mittels eines ähnlichen Portals könnte auf lange Sicht eine umfassende Karte für viele invasive und heimische Arten in der Schweiz entstehen.
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Teilziel (B) – Umstände identifizieren, unter denen Populationen einge-dämmt werden können
(B1) – Frühzeitige Identifikation betroffener Gewässer
Seit 2012 erstmals Kessler- und Schwarzmundgrundeln im Hafen Kleinhüningen nachgewiesen wurden, zeigt sich, dass sich die Schwarzmundgrundelpopulation im Rhein bei Basel fest etabliert hat. Eine wei-tere Besiedlung bisher noch grundelfreier Gewässer und Gewässerabschnitte ist als wahrscheinlich an-zusehen. Im Rahmen des Grundelprojekts werden unterschiedliche Handlungsoptionen und Methoden der Populationskontrolle erforscht (s. Abschnitte B2 – Populationskontrolle durch natürliche Feinde und B3 – Populationskontrolle durch Laichentnahme und Entnahme adulter Tiere). Ziel dieser Massnahmen ist eine Stabilisierung oder Verringerung der Populationsgrösse, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung verringert werden soll. Nach dem Konzept des Propagule Pressure (Lockwood et al. 2005) ist die Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung umso kleiner, je geringer der Druck (pressure) ist, mit dem die Verschleppungseinheiten (propagules) in unbesiedelte Gebiete vordringen.
Bei der Entdeckung einer neuen Grundelpopulation ist schnelles Handeln nötig, um die Erfolgschancen einer frühen Populationskontrolle zu erhöhen (Leung et al. 2002, Teilprojekt ‘Modellierung’). Eine der Herausforderungen des Grundelmanagements ist deshalb, frühzeitig festzustellen, welche Gewässer be-troffen sind. Im Laufe des Grundelprojekts wurden in den Teilprojekten ‘eDNA’, ‘Monitoring durch Fischer’ und ‘Monitoring durch Schnorcheln’ verschiedene Ansätze zur frühzeitigen Identifikation be-troffener Gewässer erforscht. Die nachfolgenden Abschnitte fassen die Ergebnisse der abgeschlossenen Teilprojekte zusammen.
Bearbeitete Fragestellung in allen drei Teilprojekten:
Wie kann eine Neubesiedlung durch invasive Grundeln möglichst schnell bemerkt werden?
Teilprojekt ‘eDNA’
Invasive Schwarzmeergrundeln sind entsprechend ihrer wahrscheinlichsten Verschleppung durch Schiffe zuerst in Hafenstrukturen anzutreffen. Weder die derzeit durch regelmässiges Monitoring im Zweijahresrhythmus überwachten Gewässerstrecken (im Auftrag der Umweltämter) noch die verwen-dete Technik (Elektrofischen) sind geeignet, Besiedlungen durch Grundeln frühzeitig aufzudecken. Da-her wurde im Grundelprojekt ein Assay entwickelt, mit dem die Anwesenheit von Schwarzmeergrun-deln mit der Methode der «Umwelt-DNA» in Wasserproben nachgewiesen werden kann (Zwischenbe-richt 2015, Adrian-Kalchhauser and Burkhardt-Holm 2016). Die Ergebnisse sind im Merkblatt «Facts-heet eDNA» zusammengefasst. Mehrere Stellen, u.a. das Kantonale Laboratorium Basel-Stadt, zeigen Interesse an der Anwendung der Methode und sind diesbezüglich mit dem Grundelteam in Kontakt.
Teilprojekt ‘Monitoring durch Fischer’
Die Zusammenarbeit mit Fischer/innen stellt einen wichtigen Bestandteil beim Monitoring der Invasi-onsfront dar. Die Ausbreitungsfront befindet sich weiterhin bei Rheinfelden im Rhein. Daher ist vor allem die Mithilfe von Fischer/innen der Anrainerkantone Basel-Landschaft und Aargau zentral für das Projekt. Im Laufe des Grundelprojekts konnten wir verschiedene Fischer dafür gewinnen, Reusen zu setzen und ihre Fänge zu rapportieren. Die Informationen auf der Webseite und die «Bastelanleitung» soll den Fischern dabei helfen, die Methode möglichst standardisiert anzuwenden. Das Vorgehen ist mit
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der Sektion Jagd und Fischerei des Kantons Aargau abgestimmt, interessierte Fischer/innen müssen vorgängig die Bewilligung des Kantons für ihren Standort einholen. Als Ansprechperson fungiert dort Samuel Gerhard.
Tabelle 1 zeigt eine Übersicht der am Monitoring teilnehmenden Fischer, der Koordinaten ihrer Fang-stellen, sowie ihre rapportierten Grundelfänge. Abbildung 5 zeigt eine Übersicht der Standorte der am Monitoring teilnehmenden Fischer.
Name des Fischers
Ort (Standort in Abb. 5)
Koordinaten (WGS84) Zeitraum (nicht durchgehend)
# Grundelfänge (⌀ Grundeln / Fangtag)
Anton Hofer
Basel (1)
7.606562 (Länge) 47.557455 (Breite)
Juni – Sept. 2016 182 (14)
Pierre Ball
Basel (2)
7.62984 (Länge) 47.56260 (Breite)
Januar 2016 66 (11)
Stefan Mahrer
Rheinfelden (3)
7.799905411 (Länge) 47.560714976 (Breite)
Juni – Sept. 2016 1200 (47)
Ulrich Germann
Kaisten (4)
8.037121277 (Länge) 47.552177625 (Breite)
Seit Juli 2015 0 (0)
Tabelle 1: Übersicht der am Monitoring teilnehmende Fischer, Koordinaten und Reusenfänge.
Abbildung 5: Standortübersicht der am Monitoring teilnehmenden Fischer. Der Standort von Anton Hofer (1) befindet sich unterhalb des Wasserkraftwerks Birsfelden, von Pierre Ball (2) oberhalb des Wasserkraftwerks Birs-felden, von Stefan Mahrer mit Bewilligung von Martin Irniger (3) unterhalb des Kraftwerks Rheinfelden. Der Standort von Ulrich Germann (4) liegt zwischen dem Rheinkraftwerk Säckingen und dem Kraftwerk Laufenburg.
Teilprojekt ‘Monitoring durch Schnorcheln’
Dieses Teilprojekt wurde im Sommer 2016 gestartet. Neben dem obengenannten Ziel, Grundelpopula-tionen zu beobachten, war ein weiteres Hauptziel dieses Teilprojekts, Laich von Schwarzmeergrundeln «in flagranti» an Bootsrümpfen angeheftet zu identifizieren. Somit standen Marinas und kleine Hafen-anlagen mit private Freizeitboote im Fokus dieser Untersuchung. Ausserdem wurden Kenngrössen zur Habitatcharakterisierung, wie z.B. Bodensubstrat und Fliessgeschwindigkeit, aufgenommen.
Methoden
Im Sommer 2016 wurden acht Hafenanlagen mit privaten Freizeitbooten im Flusslauf von Basel bis Rheinfelden-Möhlin ausgewählt. Die Standorte wurden, nach Einverständnis des/r Hafenwärter/in, bei niedrigem Wasserstand und guten Unterwassersichtverhältnissen beschnorchelt. Erhoben wurden neben
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dem Vorhandensein von Grundeln am spezifischen Standort der Abstand von Bootsrumpf bis zum Bo-den, die Fliessgeschwindigkeit direkt bei den Bootsrümpfen, sowie ob Fischlaich angeheftet an einem Rumpf zu identifizieren ist.
Ergebnisse
Tabelle 2 zeigt alle Hafenanlagen, die im Zuge der Schnorchelsaison 2016 betrachtet wurden. Bei fünf Hafenanlagen wurden Schwarzmeergrundeln in der direkten Nähe der Boote gesichtet. Zusätzlich war die Grundeldichte in kleinen Hafenarealen, die zum Schutz der Boote etwas vom Strom des Rheins geschützt sind, enorm hoch. Es wird angenommen, dass die reduzierte Fliessgeschwindigkeit den schwimmschwachen Grundeln zu Gute kommt.
Einer der interessantesten Standorte stellt die Hafenanlage der Wassersportfreunde Rheinfelden dar. Dies, weil die Grundeln in sehr hohen Dichten vorkommen und der Abstand von den Booten zum Un-tergrund je nach Wasserstand unter 20 cm fallen kann. Jedoch wurde an keinem Standort Laich an einem Boot festgestellt.
Es hat sich im Feld gezeigt, dass klares Wasser die Grundvoraussetzung für eine derartige Untersuchung darstellt. Sobald ein Regenereignis den Abfluss des Rheins ansteigen lässt, verschlechtert sich die Sicht, wodurch jegliche Beobachtungen von Grundeln verunmöglicht wird.
Datum Standort Rhein-KM / Uferseite
Wetter Sicht Ab-fluss (m/s)
Grun-deln ge-sichtet
niedrigster Ab-stand Rumpf- Boden (cm)
Fliessg'keit bei den Booten
Unter-grund / Substrat
27.07 Yachthafen Weil am Rhein
173 / rechts
sonnig mittel 1477 nein 300-500 mittel / stark
Pflanzen
02.08. Yachthafen Regioport AG Basel
169.5 / rechts
sonnig gut, 0.5 m
1251 ja 200-500 mittel / stark
Steine, Kiesel, Blöcke
08.08. Boot-Club-Augst
156 / links
sonnig mittel 1472 nein 100 schwach Pflanzen
03.08. I.G. Neger-dorf e.V.
156.5 / rechts
sonnig gut, 1 m
1221 ja 10-20 schwach Sand
03.08. Boots-plätze Kai-seraugst
156.5 / links
sonnig gut, 1 m
1221 ja 100 stark Steine, Kiesel
14.07. Wasser-sport-freunde Rheinfel-den e.V.
150 / rechts
bedeckt schlecht 2186 ja 10-20 schwach Sand, Kies, Kiesel
18.07. bedeckt mittel 1692 ja 10-20 schwach Sand, Kies, Kiesel
03.08. sonnig gut, 1 m
1221 ja 10-20 schwach Sand, Kies, Kiesel
22.08. sonnig gut, 0.5 m
1090 ja 10-20 schwach Sand, Kies, Kiesel
03.08. Boot-Club Rheinfel-den
149.2 / links
sonnig gut, 1 m
1221 ja 300-600 sehr stark Steine, Kiesel, Blöcke
22.08. Wasser-fahrverein Ryburg-Möhlin
140 / links
bedeckt gut, 1 m
1090 nein 50 mittel / stark
Schluff, Kiesel, Kies
Tabelle 2: Übersicht über alle während der Schnorchelsaison 2016 untersuchten Hafenanlagen.
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Schlussfolgerungen und Ausblick
Aufgrund des schlechten Wetters und dem verregneten Mai und Juni 2016 konnten die Schnorchelar-beiten erst im Juli beginnen. Da jedoch die aktivste Laichsaison der Grundeln zwischen April und Juli ist, sanken die Chancen zunehmend, dass Fischlaich an einem Bootsrumpf gefunden werden konnte. Ein weiterer wichtiger Punkt stellt die Wassertemperatur dar. Im Frühsommer, wenn die Grundeln in der reproduktiven Phase sind, ist das Rheinwasser noch zu kalt für zeitintensive Schnorchelarbeiten.
Aus diesem Grund wird die Suche nach Grundellaich an Bootsrümpfen im Jahr 2017 weiterentwickelt. Zum einen haben sich im Zuge des Bootsbesitzermeetings vom August 2016 zahlreiche Bootsbesitzer gemeldet, die ihr Boot während der reproduktiven Phase der Grundeln aus dem Wasser heben würden. Zum anderen wird an der Möglichkeit einer Bootsrumpfattrappe geforscht, die manuell leicht im Wasser versenkt und leicht gehoben werden kann. Ob im Jahr 2017 der Beweis von Grundellaich an Boots-rümpfen in Basel erbracht werden kann, bleibt zu hoffen.
Die bisher gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesem Teilprojekt können die Grundlage für das Fokusprojekt ‘Untersuchung zu Booten als Laichsubstrat’ der Grundelstrategie bilden (s. Aus-blick: Grundelstrategie). Die Koordination und Umsetzung entsprechender Massnahmen ist Sache des Bundes resp. der Kantone.
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(B2) – Populationskontrolle durch natürliche Feinde
Eine mögliche Art der Populationskontrolle invasiver Arten ist ein vermehrter Frass durch natürliche Feinde. Um das Potenzial der Populationskontrolle durch heimische Fressfeinde abzuschätzen, ist ver-tieftes Wissen über das Nahrungsnetz erforderlich.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellungen:
Wie können heimische Fressfeinde zur Populationskontrolle beitragen? Untersuchungen des Nahrungsnetzes der Grundeln im Feld sowie eine ausgedehnte systematische Lite-raturanalyse zeigten, dass sich verschiedene Fressfeinde von Grundeln ernähren können: Egli, Zander, Hecht, Trüsche, evtl. Forellen und Felchen, sowie verschiedene fischfressende Wasservögel (Zwischen-berichte März und Dezember 2013, Anhang «Schadensmatrix» Zwischenbericht 2014). Der Effekt von natürlichen Fressfeinden auf die Grundelabundanz ist jedoch schwer nachzuweisen und gleichzeitig können – je nach Ökosystembeschaffenheit – juvenile Stadien heimischer Fressfeinde mit den Grundeln in Konkurrenz treten (Zwischenbericht 2015, Hirsch et al. 2016b). Des Weiteren kann es mit zeitlichem Fortschreiten einer Invasion zu unvorhersehbaren Veränderungen im Ökosystem kommen.
Die Förderung heimischer Arten wird deshalb als übergreifendes Massnahmenziel anstelle einer kon-kreten Handlungsoption betrachtet. Grundsätzlich gilt in der Invasionsbiologie folgendes Paradigma: Naturbelassene Ökosysteme mit natürlichen Beständen heimischer Arten, deren Populationen durch menschliche Einflüsse weitestgehend unbeeinflusst bleiben, sind weniger durch invasive Arten betrof-fen (Moyle and Light 1996). Erfolgreiche Revitalisierungs- und Schutzmassnahmen heimischer Gewäs-ser sind in diesem Kontext also auch als ein Beitrag zum Schutz vor invasiven Grundeln zu sehen.
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(B3) – Populationskontrolle durch Laichentnahme und Entnahme adulter Tiere
Im Jahr 2012 wurden erstmals invasive Kessler- und Schwarzmundgrundeln im Hafen Kleinhüningen nachgewiesen. Wie sich die Populationen entwickeln würden, war damals unklar. Das Wissen darüber ist jedoch zentral für die Erarbeitung von Massnahmen zur Populationskontrolle (Edwards and Leung 2009). Seit Beginn des Projekts wurden regelmässig Daten zur Populationsentwicklung gesammelt (Teilprojekt ‘Abfischen im Hafen’), welche die Basis für das Populationsmodell bildeten (Teilprojekt ‘Modellierung’). In den nachfolgenden Abschnitten werden kurz die bisherigen Ergebnisse zusammen-gefasst und die neuen Erkenntnisse zu diesen Teilprojekten aus dem Jahr 2016 dargestellt.
Teilprojekt ‘Abfischen im Hafen’
Kenntnisse über die Populationsentwicklung einer invasiven Art sind zentral für das Konzipieren von Managementmassnahmen (Edwards and Leung 2009). Ausserdem kann die Populationsentwicklung Aufschluss darüber geben, welchen Schaden eine invasive Art anrichtet (s. Abschnitt C – Schadensab-schätzung). Aus diesem Grund befischen wir den Hafen Kleinhüningen seit Beginn des Projekts regel-mässig.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellungen:
Wie entwickelt sich die Population im Hafen Kleinhüningen?
Wo genau laichen die Grundeln, wie sind die dort herrschenden Habitatbedingungen und die all-gemeinen Wasserparameter? Wann beginnt und endet die Laichsaison? Welche Laichsubstrate werden von den Grundeln angenommen, welche werden bevorzugt? Gibt es Unterschiede in der Präferenz zwischen den Arten?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden im Hafen Kleinhüningen seit 2012 immer wieder für längere Zeitperioden Reusen und Laichfallen aus Tontöpfen und Plastikröhren gesetzt. Es zeigte sich, dass die Grundeln im Hafen mit Reusen gut fangbar sind und dass sie die zur Verfügung gestellten Laichsubstrate benutzen (Zwischenberichte 2013, 2014 und 2015). Zur Artunterscheidung der Eier von Kesslergrun-deln und Schwarzmundgrundeln in den Laichfallen wurde ein PCR-Test entwickelt (Zwischenbericht 2013). Um die Populationsentwicklung weiter zu beobachten, wurden die Monate August und/oder Sep-tember als regelmässiges jährliches Monitoringfenster etabliert. Nachfolgend werden die Ergebnisse 2016 dargestellt; die detaillierten Ergebnisse aus den früheren Jahren sind in den bisherigen Zwischen-berichten zu finden.
Methoden
Auch 2016 wurde über einen beschränkten Zeitraum mit beköderten Metallreusen an fünf Stellen im Hafen Kleinhüningen abgefischt, um einen Überblick über Bestände und Entwicklung zu erhalten. Die Reusen wurden zwei Mal wöchentlich gehoben und neu beködert wieder gesetzt. Die gefangenen Arten wurden bestimmt, heimische Arten entlassen und invasive Arten entnommen.
Ergebnisse
Die bisherige Entwicklung setzte sich auch 2016 fort. Weiterhin fanden sich kaum mehr heimische Fi-sche und sehr wenige Kesslergrundeln in den Reusen, die Schwarzmundgrundel hat sich im Hafen durchgesetzt (Abbildung 6). Aufgegliedert nach Fangstellen zeigte sich, dass die Dichten nicht an allen Stellen gleich gross sind. Ausserdem deutete sich wieder an, dass die Fangzahlen im Laufe des Monats tendenziell abnahmen (Abbildung 7).
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Abbildung 6: Die Schwarzmundgrundel hat innerhalb von fünf Jahren alle heimischen Arten aus dem Hafen Kleinhüningen in den Reusen verdrängt. Die Grafik zeigt die kumulierten Fänge mit Reusen in den Jahren 2012 bis 2016 im Hafen Kleinhüningen.
Abbildung 7: Die Populationsdichten der Schwarzmeergrundel sind nicht an allen Stellen gleich hoch und nehmen bei durchgehender Befischung ab. Die Grafik zeigt die Reusenfänge im Monat August an fünf Stellen im Hafen Kleinhüningen. Die fünf Stellen sind ca. 3-4 m tief und durch sandigen, schlammigen, mit z.T. grösseren Steinen bedeckten Untergrund charakterisiert.
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Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Anwesenheit der Schwarzmeergrundeln beeinflusst das Vorkommen heimischer Arten massiv. Ob der Rückgang heimischer Arten durch Prädation von juvenilen Stadien oder durch indirekte Interaktio-nen wie Konkurrenz um Futter oder Verdrängung aus dem Lebensraum verursacht wird, geht aus den Fangdatendaten nicht hervor. Die Aufschlüsselung nach Fangstellen zeigt, dass selbst scheinbar homo-gene Lebensräume wie der Hafen an manchen Stellen bessere Bedingungen für Grundeln bieten als an anderen. Das impliziert, dass bestimmte Lebensbedingungen das Vorkommen von Schwarzmeergrun-deln begünstigen bzw. hemmen. Die bereits 2015 beobachtete Tendenz, dass Fangzahlen an einigen Stellen bei durchgehender Entnahme eher abnehmen, deutet darauf hin, dass Populationen durch Reu-senfänge zumindest lokal und temporär dezimiert werden können.
Teilprojekt ‘Modellierung’
Eine Populationskontrolle von invasiven Arten sollte effektiv und kosteneffizient sein und von relevan-ten Entscheidungsträgern unterstützt werden. Um die Effektivität und Effizienz zu untersuchen, bietet sich ein Populationsmodell an. Ausserdem kann ein solches Modell ein praxisrelevantes Instrument sein, um verschiedene Kontrollstrategien miteinander zu vergleichen.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellungen:
Wie kann durch Entnahmemassnahmen eine Populationskontrolle umgesetzt werden?
Welche Massnahme ist wirksamer: Entnahme von Eiern oder Entnahme von adulten Tieren?
Wie wirken sich unterschiedliche Massnahmen auf die Populationsentwicklung in neu besiedel-ten und in etablierten Gebieten aus?
Welcher Aufwand ist nötig, um ein vorgegebenes Managementziel zu erreichen und welche Kos-ten werden durch die Massnahme verursacht?
Um diese Fragen zu beantworten, wurde 2014 mit den Arbeiten an einem Populationsmodell begonnen. Nachdem die grundsätzliche Struktur des Modells als Matrix-basiert festgelegt wurde (Zwischenbericht 2014), mussten verschiedene demografische Parameter im Feld erhoben und in der Literatur recherchiert werden. Die finalen Ergebnisse werden nachfolgend dargestellt.
Methoden
Basierend auf demografischen Felddaten aus dem Hafen Kleinhüningen (Teilprojekt ‘Abfischen im Ha-fen’) sowie auf einer systematischen Literaturrecherche wurde ein dynamisches Matrix-basiertes Popu-lationsmodell erstellt, das Aussagen zur Populationsentwicklung der Schwarzmundgrundeln unter ver-schiedenen Bedingungen und Managementmassnahmen erlaubt. Neben Kenntnis über die Biologie der Grundeln ist es zentral, dass die Massnahmen zur Populationskontrolle von relevanten Entscheidungs-trägern unterstützt wird. Aus diesem Grund wurden die Arbeiten am Modell mit den Entscheidungsträ-gern in einem transdisziplinären Prozess abgestimmt (Wissenschaftsapéro 2013, 2014 und 2015 sowie zugehörige Zwischenberichte).
Ergebnisse
Es ist möglich, eine lokale, abgeschlossene Grundelpopulation z.B. in einem kleinen See mit Entnahme von Eiern und Adulten auszurotten (N’Guyen et al. in Revision). Die Entnahme von Eiern alleine ist jedoch nicht wirksam, während die Entnahme von Eiern und Adulten am schnellsten zu einer Ausrottung führen kann. Allerdings ist die Entnahme von Adulten mit einem jährlichen Aufwand von 1.76 h/m2 deutlich weniger zeitaufwändig als die Entnahme von Eiern mit einem jährlichen Aufwand von 3.25 h/m2 (Abbildung 8). Dieses Ergebnis hängt mit der maximalen Anzahl Fanggeräte, die sinnvollerweise
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ohne «Überlappung» gestellt werden können, sowie mit den optimalen Entnahmezeitfenstern zusam-men. Adulte sollten während zwei Monaten nach dem Winter und vor der Reproduktion entnommen werden, Eier während der ganzen reproduktiven Saison von ca. März bis September.
Abbildung 8: Verschiedene Entnahme-Kombinationen für Eier (y-Achse) und Adulte (x-Achse) führen zu einem unterschiedlichen jährlichen Aufwand in h/m2 (Farbskala). Es ist ersichtlich, dass die Entnahme von Eiern zeit-aufwändiger ist als die Entnahme von Adulten. Alle Entnahme-Kombinationen auf der linken, grau hinterlegten Fläche führen nicht zu einer Ausrottung der Population.
Der Startzeitpunkt der Entnahme spielt eine entscheidende Rolle für die Gesamtdauer des Managements (Abbildung 9). Wenn direkt nach Entdeckung der Population bei einer angenommenen Dichte von 0.1 Grundel/m2 mit der Entnahme angefangen wird, dauert es bis zur Ausrottung 13 Jahre (Entnahme von Eiern und Adulten) bzw. 20 Jahre (Entnahme von Adulten). Wenn mit der Entnahme erst angefangen wird, wenn sich die Population bereits etabliert hat, dauert es bis zur Ausrottung 18 Jahre (Entnahme von Eiern und Adulten) bzw. 29 Jahre (Entnahme von Adulten).
Abbildung 9: Die Erfolgsraten beider Massnahmen (Eier und Adulte oder nur Adulte) zeigen, dass eine Entnahme direkt nach Entdeckung der Population früher zur Ausrottung führt als Entnahme in einer etablierten Population.
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Da die Annahmen über die Populationsparameter eine entscheidende Rolle spielen für den Erfolg des Managements, wurde getestet, wie sich veränderte Populationsparameter innerhalb der 95% Konfidenz-intervalle auf den Erfolg des Managements auswirken. Dabei hat sich gezeigt, dass auch mit tiefen Überlebenswahrscheinlichkeiten und tiefer Reproduktion sowie höchstem Fangerfolg jährlich mindes-tens 57% der adulten Population entnommen werden müssen.
Wenn nun realistischerweise zusätzlich angenommen wird, dass die Population nicht geschlossen ist, sondern kontinuierlichem Nachschub ausgesetzt ist, sind die Managementbemühungen zwecklos. Be-reits bei einer niedrigen konstanten Einfuhr von Grundellarven, z.B. durch Ballastwasser (Teilprojekt ‘Handelsschifffahrt’), ist es nicht mehr möglich, die Population auszurotten.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Der enorm hohe Aufwand, der für eine Ausrottung nötig ist, unterstreicht die grosse Wichtigkeit von präventiven Massnahmen (Teilprojekte innerhalb A1 – Erforschung der Ausbreitungsmechanismen und A2 – Information und Weiterbildung). Ausserdem zeigen die Resultate auch, wie wichtig es ist, bei einer Neubesiedlung sehr rasch zu handeln, was die Wichtigkeit von Früherkennungsmethoden hervorhebt (Teilprojekte innerhalb B1 – Frühzeitige Identifikation betroffener Gewässer). Künftige weitere Pro-jekte sollten sich deshalb auf die Erforschung von präventiven Massnahmen zur Verhinderung der Wei-terverbreitung sowie auf Methoden für zuverlässiges Monitoring konzentrieren.
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Teilziel (C) – Schadensabschätzung
Seit Beginn des Grundelprojekts wird mit verschiedenen Methoden untersucht, ob eine räumliche Kon-kurrenz, Nischenüberlappung in Bezug auf die Nahrungsressourcen mit heimischen Fischarten oder Prädation heimischer Arten stattfindet. Erste Stabile Isotopenanalysen wiesen darauf hin, dass Grundeln in Konkurrenz mit juvenilen Egli treten könnten (Zwischenbericht 2013).
Eine grosse systematische Literaturrecherche zeigte, dass Grundeln erhebliche ökologische Auswirkun-gen haben können. Die genauen Auswirkungen und Schäden sind jedoch stark vom Ökosystem abhän-gig und damit schwer bis gar nicht vorhersehbar (Zwischenbericht 2014, Hirsch et al. 2016b). Aufbau-end auf dieser Literaturrecherche wurden erneut Stabile Isotopendaten erhoben und ausgewertet. Dies erlaubte den Vergleich von ökologischen Nischen unterschiedlicher Organismen über Ökosysteme hin-weg (Zwischenbericht 2015).
Neben der Frage nach ökologischen Folgen wurde auch untersucht, ob die Grundeln einen finanziellen Schaden anrichten können. Ökologische Schäden könnten zu einem finanziellen Schaden werden, wenn z.B. die Verkaufszahlen von Angellizenzen aufgrund der Invasion sinken oder wenn sich die Fänge von Berufsfischern bei einer Grundelinvasion in Schweizer Seen verändern (Zwischenbericht 2013). Die Frage nach den finanziellen Schäden, und ob sie von den Praxisakteuren überhaupt als relevant angese-hen werden, war auch immer wieder Gegenstand unserer Interaktionen am Wissenschaftsapéro.
Teilprojekt ‘Isotopenanalyse’
Innerhalb des Grundelprojekts wurden in den vergangenen Jahren seit Entdeckung der Grundeln im Hafen Kleinhüningen bei Basel regelmässige Befischungen durchgeführt (Teilprojekt ‘Abfischen im Hafen’). Die dabei untersuchten Fische wurden jeweils so präpariert, dass eine spätere Untersuchung der Nahrungsökologie durch Stabile Isotopen möglich ist. Selten ist es in der Forschung möglich, eine invasive Population von Beginn ihrer Invasion an wissenschaftlich zu verfolgen. Daher ist es weitge-hend ungeklärt, wie sich die Einnischung einer invasiven Art über die Zeit der Invasion hinweg verän-dern kann. Mittels einer Literaturrecherche haben wir im Grundelprojekt verglichen, wie sich die tro-phische Ebene der Grundeln mit ihrem Invasionsalter in unterschiedlichen Ökosystemen weltweit ent-wickelte (Zwischenbericht 2015). Nach Analyse weiterer Daten aus Basel besteht nun die Möglichkeit, die Entwicklung der gesamten ökologischen Nische einer invasiven Grundelpopulation für ein einziges Ökosystem durchzuführen.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellungen:
Wie ordnen sich Schwarzmundgrundeln in das Nahrungsnetz ein?
Vergrössert oder verkleinert sich die ökologische Nische im Laufe der Zeit?
Je nach Entwicklung der Nische würde das auf eine Ausweitung des Nahrungsspektrums oder auf eine Spezialisierung schliessen. Grösser werdende Nischen deuten auf zunehmende Überlappung und damit Konkurrenz mit heimischen Arten hin, während kleiner werdende Nischen auf eine Einnischung mit weniger Konkurrenz schliessen liessen. Um diese Fragen zu beantworten, wurde eine Stabile Isoto-penanalyse durchgeführt.
Methoden
Stabile Isotopenanalysen erlauben die langfristige Einordnung eines Organismus in ein Nahrungsnetz (Vander Zanden et al. 1999). Errechnet wurden die trophische Ebene, in welche Grundeln sich einni-schen, d.h. wie hoch in der Nahrungskette Grundeln fressen. Eine hohe trophische Ebene deutet auf räuberischere Ernährung hin. Zusätzlich wurde berechnet, wie hoch der Anteil bodenlebender Nahrung
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an der Gesamtnahrung ist (Details zur Methode in den Zwischenberichten 2013, 2014 und 2015). Ins-gesamt erlauben diese beiden Messgrössen die Rekonstruktion der ökologischen Nische. Ökologische Nische wird hier benutzt im Sinne des klassischen «n-dimensionalen Hypervolumens» oder der Hutch-inson’schen Nische (Hutchinson 1957). Neuste statistische Programme erlauben es, aus den Stabilen Isotopendaten eine ökologisches 2-dimensionales Hypervolumen zu errechnen. Die zwei Dimensionen sind in diesem Fall die trophische Ebene und der Anteil bodenlebende Nahrung; beides kann als Stan-dard-Ellipse dargestellt werden.
Ergebnisse
Die ökologische Nische der Grundeln im Hafen Kleinhüningen unterscheidet sich zwischen den Probe-jahren (Abbildung 10). Legt man eine lineare Ausgleichsgerade zu Grunde, so ist ein Trend erkennbar: die Nische vergrössert sich mit zunehmendem Invasionsalter (Abbildung 11).
Abbildung 10: Unterschiede in den Nischengrössen mit dem Invasionsalter von Schwarzmundgrundeln im Hafen Kleinhüningen. Die Nischengrösse ist dargestellt als Standard-Ellipse. Für die Standardisierung der Probennahmen pro Jahr wurde jeweils die gleiche Anzahl Tiere (10) ähnlicher Grösse (9-12 cm) und mit gleicher Geschlechter-verteilung (Männchen zu Weibchen 50/50) analysiert.
Abbildung 11: Beziehung zwischen Nischengrössen und Invasionsalter der Schwarzmundgrundelpopulation im Hafen Kleinhüningen. Für die Ausgleichsgerade ist der Korrelationskoeffizient angegeben. Die Nischengrösse nimmt mit dem zunehmenden Alter der invasiven Population zu. Dieser Trend könnte bedeuten, dass sich die Schwarzmundgrundelpopulation immer neue Nahrungsquellen erschliesst und dadurch auch die Konkurrenz zu heimischen Arten zunimmt.
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Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Veränderungen der ökologischen Nische mit dem Invasionsalter zeigt, wie dynamisch die Effekte von invasiven Arten in der zeitlichen Perspektive sein können. Im konkreten Fall zeigen unsere Ergeb-nisse, dass die Effekte von Schwarzmundgrundeln auf heimische Fische noch schlechter vorhersagbar sein werden als ohnehin schon angenommen. In vorangehenden Forschungen wurde vor allem gezeigt, wie stark die Effekte der Grundeln vom Ökosystem abhängig sein können (Zwischenbericht 2014, Hirsch et al. 2016b). Die Abhängigkeit der Effekte vom Invasionsalter in einem einzigen Ökosystem, d.h., die zeitliche Perspektive, sind generell wenig und bei Schwarzmundgrundeln noch gar nicht unter-sucht. Insofern schliessen unsere Daten eine wichtige Forschungslücke. Die Daten liefern auch wichtige Erkenntnisse zur Einschätzung des potenziellen ökologischen Schadens in Schweizer Gewässern, z.B. durch Nahrungskonkurrenz mit heimischen Arten. Die Anzahl der Replikate und der trotz mehrjähriger Beprobung immer noch relative kurze Zeitraum der Beobachtungen lassen noch keine endgültigen Schlüsse zu. Weitere Beprobungen in den kommenden Jahren sind nötig, um die Frage nach der Einni-schung der Grundeln besser beantworten zu können. Auch sollten weitergehende Daten zur zeitlichen Entwicklung der Nischen heimischer Fische im Verhältnis zu Grundeln erhoben werden. Langzeiterhe-bungen der Nischen invasiver und heimischer Arten sind die belastbarste Datenquelle zur Abschätzung der zur erwartenden ökologischen Schäden.
Teilprojekt ‘Mageninhaltsanalysen’
Die ökologische Nische der Grundeln lässt sich besonders effektiv mittels Stabilen Isotopenanalysen darstellen, weil damit eine zeitliche Integration stattfindet: Stabile Isotopen des Muskelgewebes integ-rieren die Ernährung von Grundeln ungefähr über einen Zeitraum von drei Monaten. Mageninhaltsana-lysen hingegen integrieren nur über wenige Stunden, da die Nahrungsbestandteile sehr schnell verdaut werden. Dafür lassen Mageninhaltsanalysen eine genaue Identifikation einzelner Nahrungsorganismen zu, was bei Stabilen Isotopenanalyen nicht möglich ist. Im Laufe des Grundelprojekts wurde immer wieder von verschiedenen ausseruniversitären Partnern die Frage nach bestimmten Nahrungsorganis-men gestellt.
Im Teilprojekt bearbeitete Fragestellung:
Von welchen Nahrungsorganismen ernähren sich Schwarzmeergrundeln?
Im Zentrum stand vor allem das Interesse nach dem Frass von Fischen oder Fischlaich durch die Grun-deln. Um diese Frage zu beantworten, wurden im vergangenen Jahr die vorhandenen Stabilen Isoto-penanalysen durch Mageninhaltsanalysen komplettiert.
Methoden
Zwischen Januar und Juli 2016 wurden im Hafen Kleinhüningen 179 Schwarzmundgrundeln mit Reusen gefangen und ihre Mägen wurden unter dem Binokular untersucht. Dabei wurde der Magenfüllungsgrad festgestellt und die Nahrungsorganismen auf ein möglichst genaues taxonomisches Niveau bestimmt.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigten, dass Schwarzmundgrundeln im Hafen vorwiegend Muscheln und Insekten fres-sen (Abbildung 12). Fisch als Nahrungsbestandteil wurde hauptsächlich durch Fischschuppen nachge-wiesen. Leider konnte nicht ermittelt werden, um welche Art es sich bei den Fischeiern handelt. Eines der wichtigsten Ergebnisse allerdings war, dass ein grosser Anteil der Nahrungsorganismen als nicht weiter identifizierbarer Nahrungsbrei vorliegt.
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Abbildung 12: Konsumptionsrate nach Nahrungsbestandteilen von 179 Schwarzmundgrundelmägen aus dem Ha-fen Kleinhüningen, gefangen mit Reusen von Februar bis Juni 2016. Muscheln, hauptsächlich Wandermuscheln (Dreissena polymorpha), Krebstiere (hauptsächlich Bachflohkrebse) und Insekten (hauptsächlich Larven von Ein-tagsfliegen und Büschelmücken) bilden den Hauptbestandteil der Nahrung. Vereinzelt gefunden wurden Strudel-würmer, Pflanzliches Material und Schnecken. Interessant ist das Vorkommen von Fisch und Fischlaich in Grun-delmägen. Fisch als Nahrungsbestandteil wurde hauptsächlich durch Fischschuppen nachgewiesen. Leider konnte nicht ermittelt werden, um welche Art es sich beim Fischlaich handelt. Insgesamt ist ein Grossteil der Nahrung von Schwarzmundgrundeln im Magen nicht mehr identifizierbar (unidentifizierbar).
Schlussfolgerung und Ausblick
Dass Grundeln hauptsächlich Muscheln (wenn vorhanden vor allem Wandermuscheln) fressen, ist be-reits aus der Literatur bekannt. Auch, dass Insekten (vor allem Büschelmückenlarven) und Crustaceen (vor allem Bachflohkrebse) zum Nahrungsspektrum der Grundeln zählen, ist gut bekannt. Ein sehr wich-tiges Ergebnis dieser Untersuchung war das Vorhandensein von Eiern im Magen von Grundeln. Dies ist ein direkter Nachweis, dass Grundeln potenziell Laichfresser sein können. Eine genauere Artidentifika-tion der Eier war leider nicht möglich. Ebenso war es bei der Nahrung, die als Fisch identifiziert wurde, nicht möglich, die Art des Beutefischs zu identifizieren. Wichtig zu erwähnen ist hier ausserdem, dass es erst geklärt werden muss, ob es sich um Aasfressen handelt oder um echtes räuberisches Fressen. Zukünftige Arbeiten könnten mit artspezifischen DNS-Sequenzen aus den einzelnen Eiern eine genaue Artidentifikation des gefressenen Laichs ermöglichen. Auch das Phänomen des Aasfressens oder des räuberischen Fressens sollte in zukünftigen Untersuchungen experimentell beleuchtet werden, z.B. durch Fressversuche.
Eine wichtige Erkenntnis ist zudem, dass Mageninhaltsanalysen bei Grundeln zeitlich aufwändig und methodisch schwierig sind. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass Schwarzmundgrundeln Schlundzähne besitzen, mit denen sie ihre Nahrung zermalmen. Dennoch sind Mageninhaltsanalysen ein wichtiger komplettierender Zusatz zu Stabilen Isotopendaten, weil damit die Nahrungsorganismen genau identifiziert werden können. Durch weitere Mageninhaltsanalysen liesse sich die Rolle von Grun-deln als Laich- und Aasfresser genauer quantifizieren. Dies wäre insbesondere wichtig, da wir in ge-schützten Nasenlaichgebieten in der Wiese hohe Grundeldichten gefunden haben. Eine Fortsetzung des Grundelprojekts sollte daher in jedem Falle diesen Gefahrenherd in der Wiese genauer untersuchen.
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Ausblick: Grundelstrategie
Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit im Grundelprojekt besteht aus der Kooperation mit Praxisak-teur/innen, wie z.B. mit Fischer/innen oder Bootsbesitzer/innen, aber auch mit Vertreter/innen von Be-hörden (Abschnitt A2: Information und Weiterbildung). Dies ist uns wichtig, da unser Forschungspro-jekt einen klar angewandten Fokus hat. Wir sind sehr erfreut, dass die im Projekt gewonnenen wissen-schaftlichen Kenntnisse in verschiedene überkantonale Arbeitsgruppen einfliessen, so begleiten wir z.B. die Arbeiten zur Bootsreinigung oder die Grundelstrategie.
Die Grundelstrategie ist ein gemeinsamer Vorstoss der KVU (Konferenz der Vorsteher der Umwelt-schutzämter der Schweiz) und der JFK (Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz der Schweiz) unter Lei-tung der AGIN-D und hat zum Ziel, eine nationale Strategie zum Umgang mit invasiven Grundeln zu erarbeiten. Es wurden fünf Handlungsfelder und daraus fünf Fokusprojekte aus den Bereichen Grund-lagen, Prävention und Bekämpfung identifiziert: Verhinderung der aktiven Ausbreitung am Kraftwerk Säckingen, Untersuchungen zu Booten als Laichsubstrat, Handlungsempfehlung für Bootsreinigungs-anlagen, Sensibilisierung der Angelfischer und Sensibilisierung der Aquaristikszene.
Sehr viele Vorarbeiten zu diesen fünf Fokusprojekten wurden bereits im Rahmen des Grundelprojekts von uns geleistet. Das Teilprojekt ‘Aktives Schwimmen’ bietet erste wissenschaftliche Grundlagen zur Verhinderung der aktiven Ausbreitung. Die laufenden Forschungsarbeiten mit den markierten Grundeln in den Seitengewässern werden weitere wichtige Erkenntnisse liefern. Die Teilprojekte ‘Freizeitboote’, ‘Desinfektionsmassnahmen’, ‘Monitoring durch Schnorcheln’ sowie das Bootsbesitzermeeting bieten wichtige Voraussetzungen für die Handlungsempfehlungen für Bootsreinigungsanlagen. Des Weiteren bieten die Teilprojekte ‘Aquaristik’ und ‘Köderfische’ sowie die ‘Transdisziplinären Dialoge’ viel Wis-sen zur Sensibilisierung der Angelfischer und Aquaristikszene.
Es ist nicht selbstverständlich, dass wissenschaftlich erarbeitete Grundlagen so direkt in die Praxis ein-fliessen. Wir sind erfreut über die hohe Kooperationsbereitschaft und hoffen, dass diese fruchtbare Zu-sammenarbeit mit Genehmigung des Antrags zur Fortsetzung des Grundelprojekts weitergehen kann.
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Weitere Projekte
Neben Aspekten angewandter Forschung bieten Schwarzmeergrundeln auch Gelegenheit zur Forschung an grundlagenwissenschaftlichen Fragen der Evolutionsbiologie und der Ökologie. In diesem Zusam-menhang werden in der Forschungsgruppe MGU folgende weitere Projekte verfolgt:
Sequenzierung und De-Novo-Assemblierung des Schwarzmundgrundelgenoms
- finanziert durch einen Beitrag der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft an Dr. Irene Ad-rian-Kalchhauser
- durchgeführt in Kollaboration mit Dr. Gene Myers vom Max Planck Institut Dresden und der Gruppe um Siegfried Schloissnig am HITS in Heidelberg
Evolutionsbiologische Untersuchungen des mitochondrialen Genoms der Schwarzmundgrundel
- finanziert durch einen Beitrag der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft an Dr. Irene Ad-rian-Kalchhauser
- durchgeführt in Kollaboration mit Ola Svensson von der Universität Götheborg und mit Ve-rena Kutschera von der Universität Uppsala
- publiziert in BMC Genomics:
The round and sand goby mitochondrial genomes reveal patterns of recent evolution and an-cient adaptations in gobiid fish. Adrian-Kalchhauser I, Svensson O, Kutschera VE, Alm Ros-enblad M, Pippel M, Winkler S, Schloissnig S, Blomberg A, Burkhardt-Holm P. BMC Ge-nomics, in press.
Analyse von maternalen Effekten in der Schwarzmeergrundel
- finanziert durch ein Exzellenzstipendium des Forschungsfonds Universität Basel an Dr. Irene Adrian-Kalchhauser
- durchgeführt in Kollaboration mit Dr. Jean-Claude Walser vom Genetic Diversity Center Zü-rich
Untersuchungen zur epigenetischen Prägung von Fortpflanzungsstrategien in der Schwarzmund-grundel
- finanziert durch einen Beitrag der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft an Dr. Irene Ad-rian-Kalchhauser
- durchgeführt von Vincent Somerville in Kollaboration mit Dr. Jean-Claude Walser vom Ge-netic Diversity Center Zürich
Vergleichende Studien zur Rolle von Habitat, Geschlecht, Gewebetyp und Genotyp in der Aus-prägung von epigenetischen Markierungen
- finanziert durch ein Marie-Heim-Vögtlin Stipendiumg des Schweizer Nationalfonds an Dr. Irene Adrian-Kalchhauser
- Durchführung ab 2017 in Kollaboration mit Dr. Jean-Claude Walser vom Genetic Diversity Center Zürich und Dr. Michaela Schwaiger von Novartis
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Literatur
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Programm MGU Vesalgasse 1 Tel. +41 (0)61 267 04 00 Mensch Gesellschaft Umwelt CH-4051 Basel Fax +41 (0)61 267 04 09 Patricia Holm, Prof. Dr. rer. nat. http:// www.programm-mgu.ch Leiterin MGU
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Anhang ‘Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit’ Medienspiegel und Publikationen Datum Was? Medium Titel Inhalt kurz gefasst Volltext Jan. 16 Artikel in
Fachzeitschrift PLoS One An eDNA Assay to Monitor a Globally
Invasive Fish Species from Flowing Freshwater
Methode zum Nachweisen von Grundeln mit eDNA (Umwelt-DNA) Link
Jan. 16 Artikel in Fachzeitschrift
Ecology and Evolution
A tough egg to crack: recreational boats as vectors for invasive goby eggs and trans-disciplinary management approaches
Plausibilität von Sportbooten als Verbreitungsvektoren von Grundelei-ern unter Einbezug relevanter Akteure
Link
Feb. 16 Artikel in Fachzeitschrift
Molecular Ecology
The invasive bighead goby Ponticola kess-leri displays large-scale genetic similarities and small-scale genetic differentiation in relation to shipping patterns
Genetische Struktur der Kesslergrundel-Populationen im Rhein bei Basel und im Niederrhein in Deutschland sowie Frachtschiffdaten weisen auf Ballastwasser als Vektor hin
Link
März 16 Aufruf Arche Schwarzmeergrundeln – aus den Aquarien in unsere Gewässer?
Information über Grundeln für Aquarianer und Aufruf zur Mitarbeit Link
Sep. 16 Merkblatt u.a. MGU-Webseite
Stop!! Gebietsfremde Invasoren gefährden die heimische Artenvielfalt – Helfen Sie mit die Verbreitung zu stoppen!
Merkblatt für Bootsbesitzer/innen mit Hinweisen zur Bootsreinigung, um die Verbreitung von invasiven Muscheln, Fischeiern und Wasser-pflanzen zu verhindern: Reinigen, Kontrollieren, Trocknen
Link
Sep. 16 Merkblatt u.a. MGU-Webseite
Stop!! Schwarzmeergrundeln gefährden die heimische Fischwelt – Helfen Sie mit, die Verbreitung zu stoppen!
Merkblatt für Angler/innen mit Erkennungsmerkmalen der invasiven Schwarzmeergrundeln und Verhaltensregeln beim Fang vom Schwarzmeergrundeln
Link
19.09.16 Meldung zum Merkblatt
Petri Heil Merkblatt zur Schwarzmeergrundel Verweis auf das Merkblatt für Fischer/innen, das von dem BAFU, den Kantonen BS und BL und der Universität Basel herausgegeben wurde
Link
02.12.16 Artikel Alpen-fischer.ch
Wissenschaftsapéro – Schwarzmeergrun-deln in der Schweiz
Zusammenfassung der Erkenntnisse, die im Wissenschaftsapéro vom Grundel-Team präsentiert wurden
Link
Dez. 16 Artikel in Fachzeitschrift
Ecology and Evolution
An approach to incorporate individual personality in modelling fish dispersal across in-stream barriers
Modell zum Aufstieg von Grundeln über Wanderhindernisse unter Einbezug der Verhaltensbiologie
Link
27.12.16 Artikel und Radiobeitrag
SRF Schwarzmeergrundel: Kann der Laichfres-ser noch gestoppt werden?
Informationen über Grundeln aufgrund Versand der beiden obenge-nannten Merkblätter durch den Kanton Solothurn
Link
27.12.16 Artikel 20 Minuten Gefährlicher Eindringling bedroht Schwei-zer Fische
Informationen über Grundeln aufgrund Versand der beiden obenge-nannten Merkblätter durch den Kanton Solothurn
Link
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Aktivitäten
Datum Was? Veranstaltung, Ort Titel / Thema Wer? 13.-14.06.16
Vortrag Round Goby Management Plan, Kalmar, Schweden Svartmunnand smörbult effekter på sportfiske och forskning kring möjliga åtgärder i Schweiz
Phil
14.06.16 Vortrag Informationsveranstaltung freiwillige Fischereiaufseher, Sissach, Schweiz
Invasion der Schwarzmeergrundel – was kann die Fischereiauf-sicht zur Verhinderung beitragen?
ANN
17.06.16 Teilnahme an Veranstaltung
AGIN Tagung, Olten, Schweiz Vorträge und Risikoanalyse zu ausgewählten invasiven Neobiota (unter anderem Grundeln)
ANN, MoBi
30.06.16 Mitarbeit in Arbeitsgruppe
AGIN-D Sitzung, Olten, Schweiz Besprechung der Bestandteile «Grundelstrategie» (KVU hat die AGIN-D beauftragt bis zum 18.11.16 eine Projektskizze für eine solche Strategie auszuarbeiten)
PH
05.07.16 Vorträge und Austausch
Geist-Holm Symposium, Universität Basel, Schweiz Möglichkeiten zum Austausch von Daten und Kollaborationen mit der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Jürgen Geist (TU Mün-chen)
alle
25.08.16 MGU- Veranstaltung
Informationsanlass für Bootsbesitzer/innen, Universität Basel, Schweiz
Freizeitboote – tragen sie zur Verbreitung von Fischen bei? alle
14.-17.09.16
Vortrag und Poster
Neobiota 2016, Vianden, Luxemburg Genetic evidence for the translocation of invasive bighead goby along rivers by commercial vessels (Poster) Epigenetic mechanisms and the success of invasive vertebrates (Poster) Yes, we can eradicate one of Europe’s «worst 100 invasive spe-cies» – but at what cost? (Poster)
IAK, ANN, PH
30.09.16 Teilnahme an Veranstaltung
Fédération de pêche 68, Universität Strassbourg, Frank-reich
Etude de l’écologie des Gobies dans le Rhin (Vortrag von Olivier Schlumberger)
RM
07.11.16 Vortrag Swiss Inter- and Transdisciplinarity Day, Universität Luzern, Schweiz
Improving invasive species management by integrating priorities and contributions of scientists and decision makers
ANN
30.11.16 MGU- Veranstaltung
Wissenschaftsapéro, Universität Basel, Schweiz Schwarzmeergrundeln in der Schweiz – Erkenntnisse und Fort-schritte
alle
PH Prof. Dr. Patricia Holm MoBi Monica Biondo IAK Dr. Irene Adrian-Kalchhauser ANN Anouk N'Guyen (Doktorandin) Phil Dr. Philipp Hirsch RM Roxane Muller (Doktorandin)
STOP!! Gebietsfremde Invasoren gefährden die heimische Artenvielfalt – Helfen Sie mit die Verbreitung zu stoppen!
Reinigen Sie Ihr Boot, wenn Sie es auf ein anderes Gewässer umsiedeln gründlich mit Hochdruck (siehe Anleitung). Damit helfen Sie, die Verbreitung von invasiven gebietsfremden Arten einzudämmen und unsere heimische Artenvielfalt zu erhalten. Ihr sauber gereinigtes Boot fährt dank des geringeren Reibungs-widerstands schneller und verbraucht weniger Treib-stoff. Ausserdem unterbinden Sie mit der Reinigung, dass der Bootsrumpf durch starken Muschelbewuchs geschädigt wird.
1. Reinigen Sie Ihr Boot von aussen mit einem starken Hochdruckreiniger (möglichst heisses Wasser ≥ 45 °C). Lassen Sie Bilgenwasser und Restwasser aus sonstigen Behältnissen im Boot vollständig ab.
2. Kontrollieren Sie, ob keine Rückstände von Schmutz oder Pflanzenmaterial an Bootsrumpf, Motor, Seilen, Anker oder anderen Geräten zurückbleiben. Kontrollieren Sie insbesondere schwer zugängliche Stellen am Rumpf und am Motor.
3. Trocknen Sie Ihr Boot und die dazugehörige Ausrüstung falls möglich für vier Tage, bevor Sie auf einem anderen Gewässer einwassern.
Nach dem Auswassern:
Ein Merkblat t der Kantone Basel-S tadt und Basel-Land, der Uni Basel und dem Bundesamt für Umwelt BAFU.
Ausbreitung gebietsfremder Invasoren verhindern Gebietsfremde Arten werden oft unbemerkt von einem Gewässer zum nächsten verschleppt. Ein grosses Problem bilden Fische, Muscheln, Krebse und Algen, die einheimische Arten verdrängen und den natürlichen Lebensraum verändern. Eine besondere Gefahr für die einheimischen Gewäs-ser stellen zwei invasive Grundelarten aus dem Schwarzmeerraum dar: die Kesslergrundel und die Schwarzmundgrundel. Sie wurden im Ballastwasser von Frachtschiffen eingeschleppt und sind im Rhein bei Basel bereits sehr zahlreich anzutreffen. Beide Arten konkurrenzieren mit heimischen bodenleben-den Arten um Lebensraum und Nahrung. Die wei-tere Ausbreitung rheinaufwärts und insbesondere in
andere Gewässer könnte verheerende Folgen für die heimische Fischfauna haben und muss unter allen Umständen verhindert werden. Insbesondere Sport-boote, die vom Rhein auf andere Gewässer wechseln, stellen eine grosse Gefahr dar. Denn eine potenzielle Verbreitungsmöglichkeit ist der Transport der kleben-den Grundeleier an Schiffsrümpfen.
Muscheln Fischeier
Wasserplanzen
Impressum Herausgeber: Amt für Umwelt und Energie BS; Amt für Wald beider Basel, Jagd und Fischerei; Universität Basel; Bundesamt für Umwelt (BAFU)Konzept und Text: Lukas Bammatter (BAFU)Fotos: Universität BaselLayout, Zeichnungen: Max RosenfelderWeitere Informationen und Kontakte: - Bundesamt für Umwelt (BAFU), www.bafu.admin.ch - Universität Basel, www.mgu.unibas.ch - Amt für Umwelt und Energie BS, www.aue.bs.ch, Tel. 061 639 22 22 - Amt für Wald beider Basel, Jagd und Fischerei, Tel. 061 552 56 59© BAFU 2016
E i n M e r k b l a t t d e r K a n t o n e B a s e l - S t a d t u n d B a s e l - L a n d , d e r U n i B a s e l u n d d e m B u n d e s a m t f ü r U m w e l t B A F U .
STOP!! Schwarzmeergrundeln gefährden die heimische Fischwelt – Helfen Sie mit, die Verbreitung zu stoppen!
Seit 2011 bevölkern zwei invasive Grundelarten aus
dem Schwarzmeerraum den Rhein bei Basel: die
Kesslergrundel und die Schwarzmundgrundel. Beide
Arten konkurrenzieren mit heimischen bodenlebenden
Arten um Lebensraum und Nahrung. Als Laichräuber
stellen sie eine grosse Gefahr für sensible Fischarten
wie die Äsche oder die Forelle dar und gefährden die
Wiederansiedlung des atlantischen Lachses. Mensch-
liches Verhalten trägt stark zur Ausbreitung bei: Es ist
davon auszugehen, dass die Grundeln nach der Eröff-
nung des Rhein-Main-Donau-Kanals im Ballastwas-
ser von Frachtschiffen in die Schweiz eingeschleppt
worden sind.
Die Einwanderer ähneln stark der heimischen Groppe,
sind aber an den zu einem Saugnapf verwachsenen
Bauchflossen eindeutig zu erkennen (siehe Rückseite).
Weitere Ausbreitung verhindernBis jetzt sind Vorkommen bis zum Kraftwerk Rheinfel-
den vermerkt. Die weitere Ausbreitung rheinaufwärts
und insbesondere in andere Gewässer könnte ver-
heerende Folgen für die heimische Fischfauna haben
und muss unter allen Umständen verhindert werden.
Gefangene Schwarzmeergrundeln müssen deshalb
umgehend getötet werden.
Sportboote, die vom Rhein auf andere Gewässer
wechseln, stellen ebenfalls eine Gefahr dar. Denn eine
potenzielle Verbreitungsmöglichkeit ist der Transport
der klebenden Grundeleier an Schiffsrümpfen. Boote,
die vom Rhein auf ein anderes Gewässer versetzt
werden, müssen daher vor dem Transport gründlich
gereinigt werden.
Verhaltensregeln beim Fang von Schwarzmeergrundeln:1. Nach dem Fang sofort töten2. Niemals lebendig hältern3. Nicht als Köderfisch verwenden
Unterscheidung zwischen der heimischen Groppe und den invasiven Schwarzmeergrundeln
Es gibt verschiedene Arten von Schwarzmeer-
grundeln. Zwei davon, die Kessler- und die Schwarz-
mundgrundel, sind bereits in den Hochrhein vor-
gedrungen. Es besteht ein hohes Risiko, dass drei
weitere Arten über kurz oder lang in den Rhein bei
Basel eingeschleppt werden.
Alle Schwarzmeergrundeln verfügen über eine saug-
napfartige Bauchflosse (siehe Foto rechts). Weitere
charakteristische Erkennungsmerkmale sind auf den
nachfolgenden Zeichnungen zu finden.
Schwarzmundgrundel
Marmorierte Grundel Flussgrundel Nackthalsgrundel
Die heimische Groppe (oben/links) ist anhand des fehlenden Saugnapfs am Bauch leicht von den Schwarzmeergrundeln zu unterscheiden.
Marmorierte Grundel (Erkennungsmerkmale: saugnapfähnliche Bauchflosse, röhrenförmige Nasenöffnungen)
Flussgrundel und Nackthalsgrundel (Erkennungsmerkmal: saugnapfähnliche Bauchflosse)
Kesslergrundel
Zu den nicht erwünschten Schwarzmeergrundeln gehören:
Schwarzmeergrundeln müssen nach dem Fang sofort getötet werden.
Kesslergrundel (Erkennungsmerkmal: saugnapfähnliche Bauchflosse; kommt bereits im Hochrhein vor)
Schwarzmundgrundel (Erkennungsmerkmale: saugnapfähnliche Bauchflosse, schwarzer Fleck auf der Rückenflosse; kommt bereits im Hochrhein vor)
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