Post on 09-Aug-2019
transcript
Schlafapnoeund ambulante Anästhesie-
geht das?
Dr. med. Björn ButtgereitBAG Narkose im Norden GbR
Königsweg 1424103 Kiel
www.narkose-im-norden.de
Schlafapnoe und ambulanteAnästhesie?
Offenlegung finanzieller Interessen des Autors, für den o. g. Vortrag
□ P- Produkt: Finanzielles Interesse bei der Ausrüstung, dem beschriebenen
Verfahren und/oder dem beschriebenen Produkt (z. B.Forschungsunterstützungen, Referentenhonorare,Reisekostenunterstützungen, Stipendien etc.)
□ I – Investor: Finanzielles Interesse an Firmen, die eine beschriebene
Ausrüstung, ein Verfahren oder Produkte liefern (z. B. Aktienbesitz,Anteilseigner etc.)
□ B - Berater: Kommerzielle Vergütung oder Unterstützung des Autors in den
letzten drei Jahren in Form von Beratungsverträgen (Mitgliedschaftin Gremien, Beiräten, Aufsichtsräten etc.)
K - Keine: Keine Interessenskonflikte; keine kommerzielle Unterstützung der
vorgelegten Arbeit in irgendeiner Form
Aufbau des Vortrags
• Allgemeine Einführung
• Überblick über dasKrankheitsbild
• Prä-
• Intra-
• und postoperativesManagement
• Ambulante Anästhesie beiOSA
Obstruktive Schlaf-Apnoe (OSA)
• Häufigste im Schlaf auftretende Atemstörung
• Kollaps/Obstruktion der oberen Atemwege
– Vorwiegend während der REM-Phase
– Negativer Atemwegsdruck durch
– fortbestehende Atemanstrengung
– Folge: Apnoe/Hypopnoe durchAtemflusslimitation
• Hypoxie
• Hyperkapnie
Obstruktive Schlaf-Apnoe (OSA)
– Aber: erhaltener zentraler Atemstimulus
– Sympathikusstimulation
– Anstieg von systemischen und pulmonalen RR
– Reflektorische Bradykardie, dann Tachykardie
– Arousal
• Zunahme des oropharyngealen Muskeltonus
• Ende der Obstruktion
Schlafapnoe-Syndrom
• OSA + kardiozirkulatorische/zentralnervöseBegleitsymptome =Schlafapnoesyndrom
Kardiozirkulatorisch:
• Arterieller Hypertonus• Pulmonaler Hypertonus• Herzinsuffizienz• Rhythmusstörungen• KHK• Schlaganfall
Zentralnervös:
• Häufiges Aufwachen• Aufwachen unter Husten• Tagesschläfrigkeit• Fatigue trotz ausreichender
Schlafdauer• Morgendliche Kopfschmerzen
Prävalenz
• 3-5% in der Allgemeinbevölkerung (Männer4%, Frauen 2%)
• Ca. 4 Millionen Betroffene in Deutschland
• 10 mal höhere Prävalenz im chirurgischenKrankengut (24-41%)
• Bei >80% keine Diagnose zum Zeitpunkt derPrämedikation
Prävalenz
• In selektierten Kollektiven deutlich erhöhtePrävalenz
– Hypertoniker 38%
– Adipositas per magna 50%
– Therapierefraktäre Hypertonie 83%
• Ohne Therapie 5-Jahres-Überlebensrate 78%,mit CPAP 96%!
Prädisposition
• Übergewicht (wichtigster Risiko-Faktor)
• Männliches Geschlecht
• Alter
• Anomalien der kraniofazialen Anatomie
• Nikotin/Alkohol
• Gravidität
• Seltenes (Akromegalie, Hypothyreose,polyzystisches Ovarialsyndrom)
Folgen und Risiken perioperativ
• Häufigere perioperative Komplikationen
• Mehr intensivmedizinische Betreuung
• Erhöhte Krankenhausverweildauer
„Frühphase“ vs. „Spätphase“
Folgen und Risiken perioperativ
• Sog. „Frühphase“
= direkt postoperativ:– Resteffekte Opioide, Sedativa, Muskelrelaxantien
– Langwirksame Benzodiazepine (Tranxilium: HWZ >50 Stunden!)
– Abschwächung des Tonus derHypopharynxmuskulaturKollapsneigung
– Unterdrückung des REM-Schlafes
Folgen und Risiken perioperativ
• Sog. „Spätphase“:
=zweite Hälfte der ersten postoperativenWoche:
– REM-Rebound• Dysregulation des vegetativen Nervensystems
• Tonusverlust der Oropharynx-Muskulatur
• Reduzierte Atemantwort auf Hypoxie/Hyperkapnie
Kategorisierung:Apnoe/Hypopnoe-Index (AHI)
• Anhand Anzahl der respiratorischen Ereignissepro Stunde Schlaf:– Mild 5-14
– Moderat 15-30 (per Def. OSAS auch ohne Begleit-Symptome)
– Schwer >30
Apnoe: Komplette Unterbrechung des Atemflusses > 10 sec.
Hypopnoe: Flusslimitation auf <50% d. Ausgangswertes und SaO2-Abfall>4%
Management: Präoperativ
• Präoperative Identifikation des OSA-Patientenverringert perioperatives Risiko
• Screening
– Polysomnographie (??)
– Polygraphie(?)
– STOP-BANG-SCORE
– ASA-Score
• Bei OSA-Verdacht wie bei OSA verfahren!
STOP-BANGSTOP
Snoring Schnarchen Schnarchen Sie?
Tiredness (Tages-)Müdigkeit Fühlen Sie sich tagsüber häufig müde odererschöpft?
ObsevervedApnea
Apnoe (beobachtet) Wurden bei Ihnen während des SchlafesAtemaussetzer beobachtet?
Pressure Bluthochdruck Haben Sie Bluthochdruck oder sind Siewegen Bluthochdruck in Behandlung?
BANG
BMI Body Mass Index >35kg/m2
Age Alter >50 Jahre
Neck Halsumfang >40 cm
Gender Geschlecht Männlich
< 3 Fragen „ja“: Geringes OSA-Risiko; ≥ 5 Fragen „ja“: Hohes OSA_Risiko
ASA-ScoreOSA-Schwere (AHIoder klinisch)
keine 0
Mild 1
Moderat 2
Schwer 3
Invasivität OP Oberflächliche OP in LA/ RA ohne Sed. 0
Oberflächliche OP, moderate Sedierung/AN, per. SPA 1
Periphere OP unter AN oder Atemwege moderate Sed. 2
Große OP oder Atemwegs-OP unter AN 3
Postop. Opioide Keine 0
Niedrige Dosierung 1
Hohe Dosierung 3
>3 Punkte=möglicherweise erhöhtes Risiko>4 Punkte=signifikant erhöhtes Risiko, ambulante OP nicht indiziert
Präoperative Optimierung
• Präoperativ CPAP (Stabilisierung undVerkleinerung des Zungenvolumens)
• Protrusions-Schiene
• Gewichtsreduktion
Prämedikation
• Verzicht auf Benzodiazepine/Sedativa
– Ggf. einsetzbar unter Überwachung
– Cave: Hypercarbie bei guter Sättigung?
– Alpha-2-Agonisten evtl. von Vorteil
• Zumindest keine erhöhte Inzidenz respiratorischerKomplikationen
• Präoperativ begonnene CPAP-Therapiefortsetzen
Intraoperatives Management
• Atemweg:
– Erhöhte Inzidenz erschwerter
• Ventilation (!)
• Laryngoskopie
• Intubation
Eine Allgemeinanästhesie mit einem definitivenAtemweg ist einer tiefen Sedierung ohneAtemwegssicherung vorzuziehen
Anästhetika
• Allgemeinanästhesie
– Inhalative > intravenöse Anästhetika
– Kurzwirksame Medikamente ohneKumulationsneigung (Remifentanil!!)
– Muskelrelaxantien
• Kurzwirksam
• Wirkung überprüfen (Relaxometer)
• Ggf. antagonisieren
Vorgehensweise Allgemeinanästhesie
• Einleitung:
– Schnelle Entsättigung:
• Oberkörper-Hochlagerung und HELP (head elevatedlaryngoscopy position)
• Ausgiebige Präoxygenierung mit CPAP/PEEP
• Erwartung schwieriger Atemweg
• Kurzwirksame Relaxantien / Relaxometrie /Antagonisten
• Wach-Extubation in (halb-)sitzender Position
Vorgehensweise Regionalanästhesie
• Kapnometrie auch bei Lokal/Regionalanästhesiebereits bei „leichter“ Sedierung
• Bei tiefer Sedierung Nutzung vonProtrusionsschiene/CPAP
• Regionalanästhesie (ohne Sedierung undOpioide) > Allgemeinnarkose
• Vorteil RM-naher Regionalanästhesie kontroversdiskutiert, v.a. bei Abdominaleingriffen
Postoperatives Management
• Analgesie
– Vermeidung/Minimierung Opioidgebrauch
• Individualisiert und titriert wenn notwendig
• Keine Basalinfusion bei PCA
• Lokalanästhesie
• Co-Analgetika: Dexamethason, Ketanest (?), Clonidin
• Nicht-Opioid-Analgetika
• Kühlung
• Hochlagerung
Postoperatives Management
• Oxygenierung
– Supplementierende O2-Gabe bis basalepräoperative Sättigung erreicht wird
– Ggf. CPAP
– Rückenlage vermeiden!
• Atemanaleptika ?
– Modafinil (Vigil®), Armodafinil (Nuvigil®) (keineallgemeine Empfehlung, keine europ. Zulassung)
Monitoring
– Individualisierte Überwachungsstrategie
– Abhängig von Art und Invasivität des Eingriffs
– Bis keine erhöhten Risiken mehr erkennbar (keinweiterer Opioidbedarf, frei wählbareSchlafposition, adäquate Qxygenierung, CPAP)
– SaO2-Monitoring „bis der Patient eigenständigund schlafend in der Lage ist, eineSauerstoffsättigung über 90 % zu halten“
– ASA: 3h bzw. 7h „längere Überwachung“
Ambulante Anästhesie bei OSA?
• Voraussetzungen des OP-Centrums:
– Ausstattung? (Kooperation mit Klinik, CPAP, Video-Laryngoskop)
– Empfehlung: Vorhaltung eines Standards undAusstattung für schwierigen Atemweg
– Ausreichend lang besetzter Aufwachraum
Ambulante Anästhesie bei OSA?
• Patientenauswahl:
– OSA-Schweregrad
– OSA adäquat therapiert?
– Bestmögliche Kontrolle von Begleiterkrankungen
– Atemweg (Instrumentarium? CPAP?)
– Alter
– Sozialanamnese
Ambulante Anästhesie bei OSA?
• Eingriffsspezifische Bedenken:
– Art des Eingriffes?
– Atemwegs-OP? (UVPP? Nasen-OP mitTamponade?)
– Anästhesie-Verfahren?
– Postoperativer Opioid-Bedarf
Ambulante Anästhesie bei OSA?
• Organisation
– Erste Position im Programm
– Eingriff mit Möglichkeit der postoperativen CPAP-Nutzung
– Kein Eingriff an den Atemwegen in AN (???)
– Überwachung länger als bei Patienten ohne OSA
– Verlängerung der Überwachung beiAtemwegsobstruktion oder Desaturierung unterRaumluft in „nicht-stimulierender“ Umgebung
Ambulante Anästhesie bei OSACosì fan tutte?
Führen Sie bei Patienten mit gesichertem oder klinischem Verdacht auf OSAS unterfolgenden Bedingungen eine ambulante Operation durch?
LA mitSedierung
RA ohneSedierung
AA, OP außer-halb AW
AA, OP anAtemwegen
Ambulant tätig 78% 91% 89% 39%
Stat. Tätig 51% 70% 44% 10%
Signifikanz p=0,007 p=0,145 p<0,001 p<0,001
Saur, P. et al. (2012) Ambulante Anästhesie bei Patienten mit obstruktivemSchlafapnoesyndrom. Ergebnisse einer deutschlandweiten Umfrage. Anaesthesist61:14-24
Fazit:
• Ambulante Anästhesie bei OSA ist möglich
– Screening
– Geeigneter Patient
– Geeignete OP
– Geeignetes Zentrum
– Geeignete Narkose
– Geeignete postoperative Betreuung
... und wenn alle es auch wollen!