Mittel- und Nahinfrarotspektroskopie zur Online ... · Tab. 1: Geräteeigenschaften - NIR- und...

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Zentrum Angewandte ChemieInstitut für Technische ChemieCallinstr. 5, 30167 Hannover

Mittel- und Nahinfrarotspektroskopie zur Online-Überwachung von CHO-Kultivierungen

M. Sandor1, F. Rüdinger1, R. Bienert2, D. Solle1, C. Grimm2, T. Scheper1

1 Institut für Technische Chemie, Leibniz Universität Hannover, Callinstraße 5, 30167 Hannover2 Sartorius Stedim Biotech GmbH, August-Spindler-Straße 11, 37079 Göttingen

EinleitungCHO-Zellen (chinese hamster ovary) gehören in der pharmazeutischen In-

dustrie zu den am häufigsten eingesetzten Säugertierzellen zur Herstellung

von rekombinanten Proteinen. Eine Online-Überwachung von CHO-Kultivie-

rungen ermöglicht es, den Prozess genauer zu verstehen und auf Änderun-

gen sofort reagieren zu können.

Mit Hilfe der Nah- und Mittelinfrarotspektroskopie können mehrere kritische

Prozessvariablen (Analytkonzentration, Zelldichte) in situ überwacht werden.

Mittels multivariater Datenanalysen können für jeden einzelnen Analyten

Kalibrationsmodelle erstellt werden, die zur Quantifizierung des Analyten in

Echtzeit verwendet werden.

CHO-KultivierungFür die Evaluierung der Infrarotspektroskopie wurde die Zelllinie CHO-K1-HP

(Universität Bielefeld, AG Zellkulturtechnik) in einem komplexen Kulturme-

dium (TC-42, TeutoCell AG, Bielefeld) kultiviert. Alle Kultivierungen erfolgten

in einem 10-L-Edelstahl-Reaktor (BIOSTAT® Cplus, Abb. 1). Eine detaillierte

Beschreibung der Kultivierungsparameter befindet sich in Tab. 1.

Abb. 1: BIOSTAT® Cplus 10-L-Bioreaktor mit NIR- und MIR-Spektrometer.

BIOSTAT® Cplus

NIR-Spektrometer

MIR-Spektrometer

10-L-Bioreaktor

IR-Spektroskopie0 12 24 36 48 60 72 84 96 108 120 132 144

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

1 2 3 4 5 6 7 8

Via

bilit

ät (%

)

Zeit (h)

0 12 24 36 48 60 72 84 96 108 120 132 144-0.5

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

4.5

Lakt

at (g

/L)

Zeit (h)

1 2 3 4 5 6 7 8

0 12 24 36 48 60 72 84 96 108 120 132 144

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

1 2 3 4 5 6 7 8

Glu

cose

(g/L

)

Zeit (h)

Abb. 3: Glucoseverlauf inklsuvie Feed (links), Laktatverlauf (rechts).

0 12 24 36 48 60 72 84 96 108 120 132 1440

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

1 2 3 4 5 6 7 8

Zelld

icht

e (M

io. Z

/mL)

Zeit (h)

Abb. 4: Entwicklung der Zelldichte (links) und der Viabilität (rechts).

Abb. 5: NIR - Kalibration (links) und Vorhersage der Zelldichte (rechts).

NIR RMSEC RMSEP RMSEP R2 DVB PC

Glucose 1,21 g/L 0,42 g/L 10,4 % 0,77 SNV 4

Laktat 0,43 g/L 0,37 g/L 18,5 % 0,86 SNV 5

Zelldichte 1,08 Mio. Z/mL 0,39 Mio. Z/mL 5,4 % 0,97 keine 2

Viabilität 4,25 % 3,62 % 7,3 % 0,92 keine 4

Tab. 3: NIR-Ergebnisse

Tab. 4: MIR-Ergebnisse

0 12 24 36 48 60 72 84 96 108 120 132

0

2

4

6

8

10

12

14

16

Ges

amtz

elld

icht

e (M

io. Z

/mL)

Zeit (h)

Vorhersage Referenz

0 12 24 36 48 60 72 84 96 108 120 132 144 156 1681.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

4.5

5.0

5.5

6.0

6.5

7.0

Glu

cose

(g/L

)

Zeit (h)

Vorhersage Referenz

0.0 2.5 5.0 7.5 10.0 12.5 15.0 17.5 20.0 22.5

0.0

2.5

5.0

7.5

10.0

12.5

15.0

17.5

20.0

22.5

Vor

hers

age

(Mio

. Z/m

L)

Referenz (Mio. Z/mL)

Gesamtzelldichte R2 = 1

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

-1

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Vor

hers

age

(g/L

)

Referenz (g/L)

Glucose R2 = 1

Zusammenfassung und AusblickNIR- und MIR-Spektroskopie können dazu verwendet werden kritische Vari-

ablen online bei einer CHO-Kultivierung zu überwachen.

Beruhend auf Lichtstreueffekten, die durch CHO-Zellen hervorgerufen wer-

den, eignet sich die NIR-Spektroskopie hervorragend zur Bestimmung der

Zellzahl. Aufgrund der Feed-Experimente ist es möglich Glucose unabhängig

von der Zellzahl zu bestimmen. Neben Lactat ist auch die Vorhersage der

Viabilität möglich. Während der Apoptose ändert sich die Zellmorphologie,

die einen Einfluss auf die NIR-Absorption hat. Dieser Effekt steht im Fokus

weiterer Untersuchungen.

Mittels der MIR-Spektroskopie ist es möglich auch geringe Konzentrations-

änderungen von Glucose und Lactat zu detektieren und quantitativ vorher-

zusagen. Die Vorhersage der Zellzahl ist mittels MIR nicht direkt möglich.

Vorhersagen von Glutamin sind wegen der geringen Konzentrationen von

unter 1 g/L nicht möglich.

Weitere Möglichkeiten der Prozesskontrolle beruhen auf dem Einsatz von

Prozesstrajektorien. Ideal verlaufende Kultivierungen („golden batch“) dienen

hierbei als Referenzmaßstab. Anhand der IR-Spektroskopie kann ein abdrif-

ten vom idealen Verlauf zeitnah erkannt werden. Der Vorteil dabei ist, dass

keine zeitraubende Probenahme inklusive Analytik notwendig ist, da nur die

IR-Spektren verwendet werden. Abb. 6: NIR - Kalibration (links) und Vorhersage der Glucosekonzentration (rechts).

Projekt gefördert durch: Sartorius AG

Abb. 2: MATRIX-MF (links, Bruker Optik GmbH) und BioPAT® Spectro (rechts, Sartori-us Stedim Biotech GmbH).

Eigenschaften BioPAT® Spectro MATRIX-MFSpektralbereich 1050 - 1650 nm 3000 - 700 cm-1

Detektor Diodenarray (InGaS) MCT (Peltier-Element)Optische Anbindung Freistrahloptik ATR-Sonde (2x Diamant)Messzeit pro Spektrum 1 min 2 min (1000 Scans)Software SX-Center 2.1 OPUS 6.5

Tab. 2: Geräteeigenschaften - NIR- und MIR-Spektrometer

Parameter BedingungenKulturmedium TC-42 inkl. HT, 8 mM L-Glutamin

Rührerdrehzahl 200 rpm

Rührwerk 6-Blatt Rushton + 3-Blatt PropellerTemperatur 37 °CpH-Wert 7,1Begasung Ringsparger + Overlay, pO2 40 % bei 0,1 barAnimpfdichte 4 · 105 Z/mL

Tab. 1: Geräteeigenschaften - NIR- und MIR-Spektrometer

Ziel der Arbeit war es, reproduzierbare Kultivierungen durchzuführen und die

Varianzen zwischen den Kultivierungen gering zu halten.

Durch Zufütterung von Glucose und Glutamin wurden korrelierende Verläufe

der Analyten bewusst durchbrochen. Auf diese Weise können Glucose und

die Zelldichte bzw. Glucose und Laktat im Spektrum unterschieden werden.

Das Ziel ist es robuste multivariate Kalibrationsmodelle für jeden Analyten

zu erstellen, die nicht durch andere Analyten beeinflusst werden. Die Abb. 3

und 4 zeigen die Konzentrationsverläufe von Glucose und Laktat, sowie der

Viabilität und der Zelldichte.

0 24 48 72 96 120 144 168 192 216 2401.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

4.5

5.0

5.5

6.0

6.5

7.0

Onl

ine

R

efer

enz

Glu

cose

(g/L

)

Zeit (h)

-0.4

0.0

0.4

0.8

1.2

1.6

2.0

2.4

2.8

3.2

3.6

4.0

Online

Referenz

Laktat (g/L)

0 1 2 3 4 5 6 7

0

1

2

3

4

5

6

7

Vor

hers

age

(g/L

)

Referenz (g/L)

Glucose R2 = 1

Abb. 7: MIR - Kalibration für Glucose (links); Vorhersage für Glucose und Laktat (rechts).

Kalibration und ValidierungFür jeden Analyten und jede Spektroskopieart wurden drei bis fünf Kulti-

vierungen ausgewählt und je ein Kalibrationsmodell mittels „partial least

squares regression“ (PLSR) erstellt. Die Kalibrationsmodelle werden anhand

weiterer Kultivierungen, die nicht Teil der Kalibration sind, validiert. Als mul-

tivariate Software wurde der Unscrambler X Ver. 10.1 (Camo, Norwegen)

verwendet.

Für die Kalibration und Validierung wichtige Größen sind der RMSEC und

RMSEP (root mean square error of calibration and prediction). Ein niedriger

RMSEP gibt an, dass das Modell gut auf neue Kultivierungen übertragbar ist.

Abb. 5 und 6 zeigen die Vorhersage der Zelldichte bzw. Glucose mittels NIR

mit jeweils einem niedrigen RMSEP (Tab. 3). Angegeben ist auch die Me-

thode der angewendeten Datenvorbehandlung (DVB). Im Vergleich zum NIR

lassen sich anhand der MIR-Spektroskopie Analyte wie Glucose und Lactat

gerade bei niedrigen Konzentrationen genauer vorhersagen (Abb. 7, Tab. 4).

MIR RMSEC RMSEP RMSEP R2 DVB PC

Glucose 0,07 g/L 0,09 g/L 2,7 % 0,99 Detrend 2 5

Laktat 0,13 g/L 0,10 g/L 5,9 % 0,99 Detrend 2 3

Zelldichte 1,28 Mio. Z/mL 0,99 Mio. Z/mL 11,2 % 0,95 Detrend 2 5