Möglichkeiten der Fertilitätsprotektion bei Krebserkrankungen · • 0.2-1.2 Gy führen zu einer...

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Möglichkeiten der

Fertilitätsprotektion bei

Krebserkrankungen

PD Dr. Cordula Schippert

Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Bereichsleitung Gyn. Endokrinologie / Reproduktionsmedizin

Onkologisches Zentrum der MHH

https://www.mh-hannover.de/onkologisches-zentrum.html

https://www.mh-hannover.de/35134.html

https://www.mh-hannover.de/36856.html

https://www.mh-hannover.de/36856.html

Warum Fertilitätsprotektion?

• steigende Überlebensraten (75 bis 85 %) bei onkologischen

Patient*innen (pädiatrische, adoleszente + adulte Onkologie)

5-Jahres Überlebensraten in

Abhängigkeit vom Erkrankungsalter

Trama A et al: 2000-07: population-based data from EUROCARE-5. Lancet Oncol 2016; 17: 896-906

Warum Fertilitätsprotektion?

• steigende Überlebensraten (75 bis 85 %) bei onkologischen

Patient*innen (pädiatrische, adoleszente + adulte Onkologie)

• ca. 10% der onkologischen Pat. sind <45 Jahre alt (weibl.

ca. 16.000/Jahr)

• zytotoxische Therapie/Radiatio können zu einer partiellen/

kompletten Schädigung der Ovarfunktion bzw.

Spermienproduktion führen Kinderlosigkeit, frühzeitige

Wechseljahre der Frau („POF“, Premature Ovarian Failure)

• Obwohl zum Erkrankungszeitpunkt primär die Genesung im

Vordergrund steht, äußern 76-90% der Langzeitüberlebenden

einen Kinderwunsch

bedeutende Komponente der Lebensqualität !

Die Schädigung von Ovar bzw. Hoden

ist abhängig von:

• Alter des/r beh. Patienten/in [Frauen ab ca. 35 Jahren

haben schon eine reduzierte Ovarfunktion !]

• Dosierung des Chemotherapeutikums bzw.

Strahlendosis

• Art des Chemotherapeutikums

• Ort der Radiatio

• Maß für die Ovarreserve: Anti-Müller-Hormon (AMH),

Bestimmung vor und 3 Monate nach Chemo

Chemotherapie: Gonadotoxizität

Dittrich et al. Options for Fertility Preservation in Cancer Patients. J Reproduktionsmed Endokrinologie 2014; 11(5-6):274-9

Mamma-Karzinom

Empfehlung Arbeitsgem. Gyn. Onkologie

Risiko für Versiegen der Ovarfunktion

(Amenorrhoe keine Blutung mehr)

Aus: Perspektive Fertilität: Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Maßnahmen bei

onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen. Balcerek, von Wolff et al. für Netzwerk

FertiPROTEKT, über www.ferring.de/service/service-fachkreise

Long-term toxic effects of adjuvant chemotherapy in breast cancer. Azim HA Jr et al. Ann Oncol. 2011 Sep;22(9):1939-47.

Entscheidungshilfe Mammakarzinom

Aus: Perspektive Fertilität: Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Maßnahmen bei

onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen. Balcerek, von Wolff et al. für Netzwerk

FertiPROTEKT, über www.ferring.de/service/service-fachkreise

Morbus Hodgkin

Hodgkin-Lymphom:

sehr gute Überlebensraten

Aus: Perspektive Fertilität: Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Maßnahmen bei

onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen. Balcerek, von Wolff et al. für Netzwerk

FertiPROTEKT, über www.ferring.de/service/service-fachkreise

Hormon- und Zyklusparameter in Abh.

vom CHT-Regime (Alter 30-45 Jahre)

Aus: Perspektive Fertilität: Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Maßnahmen bei

onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen. Balcerek, von Wolff et al. für Netzwerk

FertiPROTEKT, über www.ferring.de/service/service-fachkreise

FSH: Follikel-stimulierendes Hormon, bei nachlassender

Ovarreserve steigt das FSH an

Entscheidungshilfe M. Hodgkin

Aus: Perspektive Fertilität: Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Maßnahmen bei

onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen. Balcerek, von Wolff et al. für Netzwerk

FertiPROTEKT, über www.ferring.de/service/service-fachkreise

Radiatio: Gonadotoxizität bei der Frau

• 2 Gy zerstören 50% der Eizellen; Pool der Primordialfollikel ,

premature ovarian failure (POF)

• 10 Gy führen zu einer Amenorrhoe (Versiegen der Menstruation)

• Uterus und Endometrium: weniger radiosensitiv als Ovarien;

Konsequenzen für nachfolgende Schwangerschaft sind noch unklar

• Option bei POF: Eizellspende im Ausland

• Höhere Dosis (>10 Gy): Rate Fehlgeburten , Frühgeburten und

niedriges Geburtsgewicht , reduzierte uterine Elastizität

Dittrich et al. Options for Fertility Preservation in Cancer Patients. J Reproduktionsmed Endokrinologie 2014; 11(5-6):274-9

Radiatio: Gonadotoxische Effekte beim Mann

• Spermienproduzierende Zellen sind strahlensensibler

als Ovarien

• 0.2-1.2 Gy führen zu einer Oligozoospermie nach 9-

18 Monaten

• 10 Gy verursachen großen Schaden:

Spermatogenese kann nach 10 Jahren mgl. partiell

wieder hergestellt werden

• Ganzkörperradiatio: meist permanente testikuläre

Dysfunktion, verbliebene Spermien könnten evt. für

ICSI reichen (künstliche Befruchtung)

• Testosteronproduzierende Leydig-Zellen sind rel.

strahlenresistent: erst 20-30 Gy führen zu Absinken der

Testosteron Level

Spezielle Gruppe:

junge Patientinnen und Patienten

Hohes Risiko für

Sterilität:

• Ganzkörper-Radiatio

• Radiatio des Beckens /

Hoden

• Stammzell-Tx

• Weichteilsarkome (IV)

• Ewingsarkom (M1)

• M. Hodgkin

Mittleres Risiko für

Sterilität

• AML

• Hepatoblastom

• Osteosarkom

• Ewingsarkom (M0)

• Weichteilsarkome (II/III)

• Neuroblastom

• Non-Hodgkin Lymphome

• Hirntumor (RT >24 Gy)

Dokumentation im Zentrum

Fertilitätsprotektion bei

Männern (und Jungen)

Kryokonservierung von Spermien (anschließend Insemination, IVF

oder ICSI möglich) oder Hodenmaterial (nur ICSI möglich)

Schnell umsetzbar! Tel. 0511-5326099 oder

Frauenklinik-Kinderwunsch@mh-hannover.de

Kosten einmalig 364 € (MHH), dann 370 €/Jahr (Krefeld)

TPG-GewV:

1) Ausschluss Infektion, schriftlicher Befund:

HIV-Ak, HCV-Ak, HBsAG, HBcAK (nicht älter als 3 Monate)

2) Identitätsnachweis (z.B. Kopie Perso/Pass)

3) Unterschriebene Kryo-Verträge

Fertilitätsprotektion bei

Frauen und präpubertären Mädchen

Bislang zu wenig Beratungen bei Kindern!

Quelle: FertiPROTEKT, N. Sänger

1) Transposition der Ovarien

(Ovariopexy)

Radiation im kleinen Becken (z.B. Zervixkarzinom,

Kolorektales Ca, M. Hodgkin etc.):

• Ovarien werden aus dem Strahlenfeld verlagert, um sie vor einer

Radiatio (ab 2-10 Gy) zu schützen

• laparoskopische Transposition eines/beider Ovarien unter das

Diaphragma, kranio-lateral am Peritoneum, dorsal des Uterus,

Fixierung mit Metal-Clip, nach Radiatio Rückverlagerung;

Durchtrennung der Eileiter ist nicht immer notwendig

• “Recover rate” (regul. Menstruationszyklus <40 J.) ist 85%

• Nebeneffenke: Ovarialzysten in 25%, ovarielle Ischämie 4%

• Kombination mit Ovarteilentfernung und Kryokonservierung

möglich

2) Kryokonservierung von Ovargewebe

(mit Auto-Re-Transplantation)

• Laparoskopie: Entfernung von ½-1 Ovar

Kryokonservierung vor Chemo-/Strahlentherapie

Quelle: Prof. v. Wolff, Bern

2) Kryokonservierung von Ovargewebe

(mit Auto-Re-Transplantation)

• Laparoskopie: Entfernung von ½-1 Ovar

Kryokonservierung

• Re-transplantation nach Therapie, sofern die

Eierstocksfunktion versiegt ist

Quelle: Prof. v. Wolff, Bern

2) Kryokonservierung von Ovargewebe

(mit Auto-Re-Transplantation)

• Laparoskopie: Entfernung von ½-1 Ovar

Kryokonservierung Re-transplantation nach Therapie

• Schnell Umsetzbar (1-3 Tage), keine Therapieverzögerung

• Mgl. bei präpubertären Mädchen

• Therapie bei Frauen ohne Partner

• Keine Hormontherapie notwendig

• Kann bei Chemo- und Strahlentherapie angewandt werden

• Erhalt der Fertilität und Hormonproduktion möglich

• empfohlen für jüngere Pat. <35 Jahre (hohe Eizellreserve)

• Aber: Risiko der Re-Tx von Tumorzellen, „off-label“: Kosten

1200 € (MHH), 300 €/Jahr Kryo-Miete (z.B. Uni

Düsseldorf)

Kryokonservierung Ovar Deutschland

2007: 134

2008: 194

2009: 252

2010: 232

2011: 255 Gesamt: 3097

2012: 305

2013: 395

2014: 316

2015: 328

2016: 345

2017: 341

Risiko für ovarielle Metastasierung bzw.

Ovarmetastasen

Keine Ovar-Kryo Aus: Perspektive Fertilität: Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Maßnahmen bei

onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen. Balcerek, von Wolff et al. für Netzwerk

FertiPROTEKT, über www.ferring.de/service/service-fachkreise

Update in Planung

Wirksamkeit der Ovar-Kryokonservierung

Über 140 Lebendgeburten weltweit, BRD: 17 (2017);

Schwangerschaftsrate ca. 30-40%

3) Kryokonservierung unbefruchteter

oder befruchteter Eizellen (Embryotransfer in die Gebärmutter nach der Therapie)

• Ovarielle Stimulation (FSH) über ca.

12-14 Tage (Therapieverzögerung !)

• Beginn zu jedem Zeitpunkt des Zyklus

möglich

• Eizellentnahme:

Quelle: MHH

Eierstock nach FSH-Stimulation

Natürlicher Zyklus: ein Follikel stimuliertes Ovar: multiple Follikel

Quelle: Kinderwunsch-Kompendium, Ferring Arzneimittel GmbH, Erstelldatum 2003;

Genehmigung zur Präsentation erteilt 27.04.2018 durch Dr. Annett Zachäus, Key

Account Managerin Ferring an PD Dr. C. Schippert MHH

Follikel-Punktion / Eizellentnahme

transvaginale,

ultraschallgesteuerte

Punktion Quelle: Kinderwunsch-Kompendium, Ferring Arzneimittel GmbH, Erstelldatum 2003;

Genehmigung zur Präsentation erteilt 27.04.2018 durch Dr. Annett Zachäus, Key

Account Managerin Ferring an PD Dr. C. Schippert MHH

Intra-cytoplasmatische Spermien-Injektion (ICSI)

Quelle: Kinderwunsch-Kompendium, Ferring Arzneimittel GmbH, Erstelldatum 2003;

Genehmigung zur Präsentation erteilt 27.04.2018 durch Dr. Annett Zachäus, Key

Account Managerin Ferring an PD Dr. C. Schippert MHH

Kumulative Geburtenrate

nach Transfer von

befruchteten, vorab

kryokonservierten

Eizellen:

25% - 40%

von Wolff M, Dian D: Fertility preservation in women with malignant tumors and gonadotoxic treatments. Dtsch Arztebl Int

2012; 109(12): 220–6. Abb. modifiziert nach Lawrenz B et al.: Efficacy and safety of ovarian stimulation before

chemotherapy in 205 cases. Fertil Steril 2010; 94: 2871–3.

Ovarielle Stimulation: Anzahl von gewonnen

Eizellen in Abh. vom Alter, Geburtenrate (%)

• Onkologische Therapie kann 1-2 Tage nach

Eizellentnahme begonnen

• Schwangerschaftsraten:

• Fertilisierte Eizellen: 20-35% (etablierte

Methode!)

• Unbefruchtete Eizellen: 5-20%

• side effects: Anstieg der Östrogenspiegel (Cave

bei Mamma-Karzinom Gabe von

Aromatasehemmer)

• „off-label“: Kosten: 3000-5000 €

3) Kryokonservierung unbefruchteter

oder befruchteter Eizellen (Embryotransfer in die Gebärmutter nach der Therapie)

• Beide Methoden bestens etabliert Kryo Oozyten bisher auch

immer noch der Goldstandard

• …dennoch: Kryo Ovar sehr hohes Potential im Vergleich zu

Oozyten

• Anstatt 10-15 Oozyten können in Abhängigkeit des Alters 100

bis mehrere 1000 Eizellen, eingebettet in Primordialfollikel,

kryokonserviert werden

• Technik einfach/reproduzierbar (automatisiertes Kryoverfahren)

• Zeitersparnis – Kostenersparnis!

• Natürliche Konzeption, Wiederherstellung/Verlängerung der

endogenen weiblichen Hormonproduktion Verlängerung der

fertilen Phase!? Einzige Option für präpubertäre Patientinnen

Kryo von Ovarialgewebe vs. Kryo Oozyten

4) GnRH-Analoga (1xMonat)

• „Gonadotropin-releasing hormone agonists“ blockieren die

Ausschüttung von FSH aus der Hypophyse

• „künstliche Wechseljahre“

• nur für „milde“ CHT, keine Wirkung bei Radiatio

• Rate an „premature ovarian failure“ (POF)

• Fertilitätsprotektion noch nicht nachgewiesen

• “off label use” Kosten 200 €/Monat

• Pat. haben nach der 2. Gabe keine Menstruation

• Start der CHT frühestens 5-7 Tage nach Gabe (initialer

Flare-up-Effekt)

weibl. bis

18 Jahre

~1000 p.a.*

Angaben: Ges. der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (GEKID); geschätzte altersspezifische Fallzahlen Deutschland bis 2014, Stand: 07/2017

weibl.

18-44 Jahre

~15.000 p.a.*

Geschätzte altersspezifische Fallzahlen für Deutschland – Krebsinzidenz (Neuerkrankungen) von 0 bis 85+ Jahre

Weiblich gesamt

(alle Altersstufen)

223.019

Männlich gesamt

(alle Altersstufen)

259.013

47

150

180

298290

162

29

0

50

100

150

200

250

300

350

<15 15-20 21-25 26-30 31-35 36-40 >40

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

Registerauszug: Stand 12/2017

…und damit abgeschätzter Bedarf

525

236

44

230

121

0

100

200

300

400

500

600

Brustkrebs Lymphom Leukämie sonstige bösartige T. gutartige Erkrank.

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

519

259

341

124107

32

0

100

200

300

400

500

600

GnRHa Stimul. Kryo Ovar GnRHa plus Stim. GnRHa plus KryoOvar

Kryo Ovar plusStim.

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

Beratungen FertiPROTEKT 2017 bei 1156 Patientinnen

Durchgeführte fertilitätsprotektive Therapien bei 888 Patientinnen

Dokumentierte

Erkrankungsgruppen Dokumentierte Therapien Dokumentierte

Beratungen

0 – 44 Jahre

~ 16.000 Patientinnen

Wer sollte eine Beratung bzw. Therapie

bezüglich Fertilitätsprotektion erhalten?

• Beratung: prinzipiell jede Patientin + jeder Patient!

• Fertilitätsprotektive Maßnahmen sollten dann durchgeführt

werden, wenn:

1) Die Prognose, d.h. die Heilungswahrscheinlichkeit gut ist

2) Das Risiko für die Sterilität durch die onkologische Therapie

hoch ist

3) Die fertilitätsprotektive Maßnahme risikoarm und effektiv sind

ANRUF !!! Tel. 0511-532-6099 (Überweisung HA/Gyn)

Tel. PD Dr. C. Schippert 0176-1532-3445

Frauenklinik-Kinderwunsch@mh-hannover.de