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Guter Geschmack grenzenlos:

Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Tobias Henkel*

24. November 2015

- Impulsreferat bei der 1. Konferenz zur Regionalvermarktung landwirtschaftlicher Produkte in der Großregion, Europäische

Akademie Otzenhausen -

* Tobias Henkel, M.Sc., Institut für Agrarpolitik und Marktforschung, Justus-Liebig-Universität Gießen. E-Mail: Tobias.Henkel@agrar.uni-giessen.de

Hintergrund (I) Regionalität als Megatrend (DLG 2011)

Zunehmende Nachfrage durch Verbraucher Komplementärer Trend zu Bio-Lebensmitteln

Informationen des BMELV bei Einführung des Regionalfensters Über 75 % der Verbraucher bevorzugen regionale Lebensmittel Etwa 70 % sind bereit, höheren Preis zu zahlen

Vielzahl an Regionalisierungskonzepten Regionalinitiativen Lebensmittelindustrie und LEH Bundesländer: Marketinggesellschaften EU: „g.g.A.“ und „g.U.“

2 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Hintergrund (II): Beispiele

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Quelle: Eigene Zusammenstellung aus Internetquellen.

Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Hintergrund (III)

Regionalvermarktung und die Rolle des Staates Staatliche Eingriffe

Förderung von Regionalvermarktung Stärkere Regulierung (bspw. durch Schaffung einheitlicher Labels)

Erhöhung Markttransparenz

Zielsetzung: Reduzierung Qualitätsunsicherheit beim Verbraucher

4 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Zentrale Punkte

Verbraucherverständnis einer Region

Sind Regionalisierungskonzepte ein erfolgversprechendes Instrument? Aus unternehmerischer Perspektive? Aus gesellschaftlicher Perspektive?

Folgt aus Qualitätsunsicherheit der Verbraucher ein staatlicher Regulierungsbedarf?

5 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Gliederung

1. Hintergrund

2. Verbraucherverständnis einer Region

3. Aus unternehmerischer Sicht: Regionalisierungskonzepte als Instrument des Qualitätswettbewerbs

4. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht: Förderung von Regionalisierungskonzepten zur Steigerung der Markttransparenz

5. Schlussfolgerungen

6 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Begriff der Region: Theoretische Sicht

Keine eindeutige Definition

Verwendung kontextabhängig und situationsbezogen

Kriterien für Abgrenzung (Hensche und Ullrich,2000) Natürliche Merkmale Historische und kulturelle Prägungen Wirtschaftliche und administrative Vernetzung Zuordenbarkeit des Begriffs durch Verbraucher (Beispiel: „Rhön)

Voraussetzungen (Lompscher, 1995) Relative Homogenität Innere, funktionelle Verflechtungen

7 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der

Regionalvermarktung in der Großregion

Begriff der Region: Verbrauchersicht (I)

8

2,3%

19,8%

8,4%

19,8%

7,1%

12,3%

1,9%

14,6% 13,6%

0,0%

5,0%

10,0%

15,0%

20,0%

25,0%

Quelle: Eigene Berechnungen.

Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

ZMP-Studie (2003) Bundesland vorherrschender Regionsbegriff (41 %), gefolgt von

Stadt (16 %) sowie naturräumlichen Einheiten (14 %) Nord-Süd-Gefälle Sonderfall Ostdeutschland

Nestlé-Studie (2011) Landkreis vorherrschender Regionsbegriff (51,0 %) Bundesland weniger wichtig (25,0 %)

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Begriff der Region: Verbrauchersicht (II)

Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Begriff der Region: Verbrauchersicht (III)

Relevanz Wertschöpfungsstufen für Regionalität Studie im Auftrag des BMELV (2012)

Verarbeitung in Region für 81 % entscheidend Bei tierischer Produktion: Futtermittelherkunft für 70 % relevant

Henkel (2013) Herkunft der Rohstoffe aus Region am wichtigsten, gefolgt von

Verarbeitung in Region Weniger wichtig: Herstellung von Vorprodukten in Region Deutlich unwichtiger: Hilfsstoffe oder Produktverpackung aus

Region

10 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Unternehmerische Sicht (I)

Verbraucherwunsch nach regionalen Lebensmitteln

Teilnahme an einem Regionalisierungskonzept kann Verbrauchertrend entgegenkommen

Instrument der Produktdifferenzierung: Abgrenzung vom Massenmarkt

Effekt der Teilnahme von Verschiebung der Angebots- und Nachfragekurve abhängig Positive oder negative Einkommenswirkungen Entscheidend: Effekt auf „Nettopreis“

Steigender Nettopreis: Verschiebung der Nachfragekurve stärker als Verschiebung der Angebotskurve 11 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der

Regionalvermarktung in der Großregion

Unternehmerische Sicht (II)

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Quelle: Herrmann und Henkel 2015: 27.

Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Unternehmerische Sicht (III): Ergebnisse

Durch Einführung eines Regionalisierungskonzeptes können Unternehmen gewinnen.

Durch Teilnahme an einem staatlich geförderten Regionalvermarktungsprogramm können Unternehmen gewinnen.

Wohlfahrtsverluste sind aber jeweils ebenso möglich!

Am Markt beobachtbarer Preisanstiegs des regional vermarkteten Produktes gegenüber dem „Massenprodukt“ ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung!

13 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Gesamtwirtschaftliche Sicht (I) Theorie der Wirtschaftspolitik: Staatlicher Eingriff

gerechtfertigt bei Marktversagen

Bezug auf Akerlof (1970): Market of Lemons Märkte mit unvollkommener und asymmetrischer Information Qualitätsunsicherheit bei Verbrauchern Verdrängung hoher Qualitäten vom Markt durch niedrige

Qualitäten: Marktversagen

Relevanz für Lebensmittelmärkte

Staatliche Politik kann unter Umständen Qualitätsunsicherheit vermeiden Förderung von Qualitätssicherung regionaler Produkte Labelling

14 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Staatliche Regionalförderung kann im AKERLOF-Fall den Wohlstand der Gesellschaft erhöhen!

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Wohlstandseffekt: c + h – d – e > 0

Quelle: Herrmann und Henkel 2015: 29.

Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Gesamtwirtschaftliche Sicht (II)

Aber: Annahmen der Wohlfahrtsanalyse sind extrem unrealistisch! Fehlen von Marktmechanismen wie Screening oder Signalling zur

Vermeidung von Marktversagen; Staatlich gefördertes Regionalisierungskonzept reduziert vorhandene

Qualitätsunsicherheit auf Null; Kostenlose Durchführung der Regulierung.

Sind Annahmen falsch: Nettowohlfahrtseffekte werden schnell negativ; stattdessen Umverteilungseffekte von Bedeutung; Einzelfallbetrachtung daher unbedingt notwendig!

16 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Schlussfolgerungen (I) Regionalität ist ein Megatrend bei Verbrauchern Unternehmen können durch Regionalisierungskonzepte

profitieren. Misserfolge allerdings ebenso denkbar Regionalität ist anscheinend auch Megatrend in Politik

geworden Statutenwechsel: Abkehr von Politiken der Preisbeeinflussung hin zur

Regulierung von Qualität und Produktcharakteristika Regulierung über neue, einheitliche Qualitätslabel für Politik attraktiv,

da Budgeteffekte vergleichsweise gering sind

Aber: Starker Eingriff in unternehmerischen Qualitätswettbewerb! Entwertung privater Investitionen Anreize zum Rent Seeking

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Schlussfolgerungen (II)

Stärkere Orientierung an marktwirtschaftlichen Prinzipien und Theorie der Wirtschaftspolitik Produktdifferenzierung, auch über Label, ist grundsätzlich Teil des

unternehmerischen Qualitätswettbewerbs Produktdifferenzierung führt nicht notwendigerweise zu Verwirrung

und Marktversagen!

18 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion

Diskussion

19 Tobias Henkel; 24.11.2015; Chancen und Herausforderungen der Regionalvermarktung in der Großregion