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Geometrie der Maxwell-Theorie

Max Camenzind

Senioren Uni Würzburg

• Die Geometrisierung der Speziellen Relativität durch Hermann Minkowski im Jahre 1908.

• Die kausale Struktur der RaumZeit.

• Die Gruppe der Lorentz-Transformationen.

• Kontravariante und kovariante Vektorfelder.

• Vierer-Geschwindigkeit und Vierer-Impuls.

• Die Maxwell-Theorie in Potenzialform.

• Die Theorie des Elektrons als Eichtheorie.

Die Themen

Die Minkowski RaumZeit

Hermann Minkowski (* 22. Juni 1864 in Aleksotas, Russisches Kaiserreich, heute Kaunas, Litauen; † 12. Januar 1909 in Göttingen) war ein deutscher Mathematiker und Physiker. Ab 1887 lehrte Minkowski an der Universität Bonn, wo er 1892 Assistenzprofessor wurde, und ab 1896 am Polytechnikum in Zürich, wo er der Kollege seines Freundes Hurwitz war und unter anderem auch Albert Einstein zu seinen Schülern zählte. 1902 übernahm er einen Lehrstuhl in Göttingen, den er bis zu seinem Tode innehatte.

In Hilberts Nachruf kommt zum Ausdruck,

welche enge Freundschaft die beiden Mathematiker verband:

Seit meiner Studienzeit war mir Minkowski der beste und

zuverlässigste Freund, der an mir hing mit der ganzen

ihm eigenen Tiefe und Treue. Unsere Wissenschaft,

die uns das liebste war, hatte uns zusammengeführt;

sie erschien uns wie ein blühender Garten.

Gern suchten wir dort auch verborgene Pfade auf und

entdeckten manche neue, uns schön dünkende Aussicht,

und wenn der eine dem andern sie zeigte und wir

sie gemeinsam bewunderten, war unsere Freude vollkommen.

Er war mir ein Geschenk des Himmels, wie es nur selten

jemand zuteil wird, und ich muss dankbar sein,

dass ich es so lange besaß. Jäh hat ihn der Tod

von unserer Seite gerissen. Was uns aber der Tod

nicht nehmen kann, das ist sein edles Bild in unserem

Herzen und das Bewusstsein, dass sein Geist in uns fortwirkt.

Der deutsche Mathematiker Hermann Minkowski (1864-1909) erkannte, dass sich die von Albert Einstein 1905 entwickelte Spezielle Relativitätstheorie am elegantesten in einem vierdimensionalen, nichteuklidischen Vektorraum formulieren läßt, dem sogenannten Minkowski-Raum. Diese Darstellung half Einstein später bei der Formulierung der Allgemeinen Relativitätstheorie. Auch uns wird der Formalismus helfen, allerdings bei der vergleichsweise einfachen Aufgabe, die Lorentz-invarianten Gesetze der Elektrodynamik für Inertialsysteme zu formulieren.

Die Minkowski RaumZeit

Die Lorentz-Transformation verknüpft die drei Ortskoordinaten und die Zeit miteinander. Sie wird als abstrakte Transformation also in einem vierdimensionalen Raum operieren. Lorentz-invariante Gleichungen werden deshalb vorzugsweise in einem vier-dimensionalen Raum formuliert, der die drei Ortskoordinaten und eine Zeitkoordinate enthält. Die Zeit multiplizieren wir dabei mit der universellen Grenzgeschwindigkeit c, um sie ebenfalls in Einheiten der Länge messen zu können. Die so entstandenen vierdi-mensionalen Vektoren nennt man Weltpunkte: (ct,x,y,z). Da die Geschwindigkeit c invariant ist unter Lorentz-Transformationen, ist die Umskalierung der Zeit t in eine äquivalente Länge ct kein Problem. Mit dieser Umskalierung wird die Lorentz-Transformation sehr symmetrisch.

Abstand und Invarianz

So wird aus den Lorentz-Transformationen x′ = γ(x − β ct) y′ = y z′ = z ct′ = γ(ct − β x) EinWeltpunkt beschreibt die Koordinaten eines Ereignisses in der Raumzeit. Ein Punktteilchen, dass sich zu jedem Zeitpunkt t an einem Ort r(t) befindet, wird durch eine Weltlinie in diesem Raum beschrieben. Der Ortsanteil r der Weltlinie ist natürlich nichts anderes als die Trajektorie des Teilchens. Die geradlinig gleichförmige Bewegung entspricht einer Geraden in der RaumZeit. Beschleunigte Bewegungen entsprechen dagegen gekrümmten Weltlinien, wobei es egal ist, ob sich die Richtung der Geschwindigkeit oder nur deren Betrag ändert.

Abstand und Invarianz II

Wir statten unseren Raum mit einer Metrik aus. Dazu definieren wir das Quadrat Ds² des Abstandes zweier Ereignisse (ct1, r1) und (ct2, r2) als Ds² = c²(t2 − t1)² − (r2 − r1)² = c²(t2 − t1)² − (x2 − x1)² − (y2 − y1)² − (z2 − z1)² Die Metrik ist etwas gewöhnungsbedürftig, denn Ds² kann negativ sein, z.B. für Ereignisse, die zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten stattfinden. Die Bedeutung dieser Metrik erschließt sich daraus, dass sie invariant ist unter Lorentz-Transformationen: der Abstand zweier Ereignisse ist für alle inertialen Beobachter gleich, Ds′² = Ds² .

Bedeutung der Lorentz-Invarianz

Der vierdimensionale reelle Vektorraum mit dieser Metrik heißt Minkowski-Raum oder Minkowski RaumZeit. Eine wesentliche Eigenschaft der Lorentz-Transformation war die Tatsache, dass sich das Licht in allen Inertialsystemen mit der gleichen Geschwindigkeit c in alle Richtungen ausbreitet. Die Front eines Lichtblitzes, der zum Zeitpunkt t = 0 im Koordinatenursprung von S ausgelöst wird, beschreibt eine Kugel im Raum mit Radius ct, c²t² = x² + y² + z² . Dieselbe Gleichung gilt aber auch im System S′, c²t′² = x′² + y′² + z′² . Für beide Beobachter hat das Lichtsignal den Abstand Ds² = 0, bzw. Ds′² = 0 zum Koordinatenursprung. Die Invarianz gilt aber auch für von Null verschiedene Abstände.

Bedeutung der Lorentz-Invarianz

Die Invarianz der raumzeitlichen Metrik Ds² macht diese zu einer wichtigen Größe in der Speziellen Relativitätstheorie. Dabei unterscheidet man Ereignisse insbesondere nach dem Vorzeichen von Ds². Der Abstand zwischen zwei Ereignissen heißt:

• zeitartig für Ds² > 0, • raumartig für Ds² < 0 und • lichtartig für Ds² = 0. Für zwei zeitartig getrennte Ereignisse gibt es immer ein Inertialsystem, in dem beide Ereignisse am selben Ort stattfinden, aber niemals ein Inertialsystem, in dem die Ereignisse gleichzeitig stattfinden (s. Lichtkegel).

Zeitartig – raumartig - lichtartig

Lichtkegel im Minkowski Raum

RaumZeit ist voller Lichtkegel

Teilchenbahnen in Minkowski

Zeitartige Trajektorie Photonen-

Trajektorie

Minkowski-Raum als Blätterung

Im 3+1-Formalismus spaltet man nun die von der Relativitätstheorie geschaffene Symmetrie zwischen Raum und Zeit wieder auf. Deshalb nennt man diese Methode auch den 3+1 Split oder eine Blätterung, weil man in die drei Raumkoordinaten einerseits und die eine Zeitkoordinate andererseits aufspaltet. Dies gelingt dadurch, dass man die vierdimensionale RaumZeit aus dreidimensionalen raumartigen Hyperflächen zusammensetzt, auf denen der Zeitparameter jeweils konstant ist, t = const.

Raum

Zeit

Wir bezeichnen die Komponenten der Weltpunkte im Minkowski-Raum durch hochgestellte Indizes, (x0, x1, x2, x3) = (ct, x, y, z) . Beim Rechnen in dieser Darstellung erweisen sich zwei Konventionen als sehr nützlich: • Indexkonvention: griechische Indizes (μ, ν, . . .) laufen von 0 bis 3, lateinisches Indizes (i, j, . . .) von 1 bis 3. • Summenkonvention: Über doppelte Indizes eines Terms wird summiert. Mit diesen Konventionen können wir die Metrik schreiben ds2 = gμν dxμ dxν . mit dem metrischen Tensor

Weltpunkte im Minkowski Raum

Gruppe Lorentz-Transformation

Die Lorentz-Gruppe SO(1,3) ist die Gruppe aller linearen Transformationen, unter denen der Minkowski Raum invariant ist und für die damit in Matrixschreibweise gilt

LT h L = h Dabei gilt, b = v/c

L-1(v) = L(-v) .

L

Gruppe Lorentz-Transformationen

= 3 Boosts + 3 Rotationen

Inverse Lorentz-Transformation

Kontravariant & kovariant

Definition: Eine im System S und S` definierte vierkomponentige Größe (a0,a1,a2,a3) heißt kontravarianter Vierervektor, wenn sie sich unter Lorentz-Transformationen wie xµ transformiert

a`µ = Lµn an

Definition: Eine im System S und S` definierte vierkomponentige Größe (b0,b1,b2,b3) heißt kovarianter Vierervektor bzw. 1-Form, wenn sie sich unter Lorentz-Transformationen wie folgt transformiert

b`µ = L-1µ

n bn

Lorentz-Differentiale

Lorentz-Skalare - Eigenzeit

Die Vierer-Geschwindigkeit

Der Vierer-Impuls

Einsteins berühmteste Formel

Energieformel für Photonen

Massendefekt Wasserstoffatom

Atomkerne als Tröpfchen

Massendefekt der Atomkerne

Lorentz-Tensoren

Bei einem Tensor handelt es sich um eine mathematische Funktion,

die eine bestimmte Anzahl von Vektoren auf einen Wert abbildet.

Die Anzahl von Vektoren, die ein Tensor entgegennimmt,

wird als Rang r oder Stufe des Tensors bezeichnet. Das bestimmende Merkmal von Tensoren ist, dass Tensoren multilinear sind. Sie weisen also für jeden der Vektoren, welche als Argument übergeben werden, eine lineare Abbildung auf. Die Multilinearität von Tensoren ermöglicht es, den Wert der Funktion als Funktion auf beliebigen Basis- vektoren auszudrücken. Die Werte, auf die der Tensor die Basisvektoren abbildet, werden als die Komponenten des Tensors bezeichnet.

Maxwell in Potenzialform

Induktionsgesetz:

Inhomogene Maxwell-Gleichungen

Lorenz-Eichung: = 0

Ampere-Gesetz:

Eichfreiheit Maxwell-Gleichungen

Wir können einen neuen Satz von Potenzialen einführen (sog. Umeichung)

Die neuen Potenziale liefern die gleichen Werte für die Felder E und B, die allein messbar sind (über die Lorentz-Kraft)! Geschickte Wahl der Potenziale: z.B. Lorenz-Eichung

Zusammenhangsform & Feldtensor

Wir definieren ein 4er-Potenzial (1-Form):

sowie den antisymm. Feldtensor (2-Form):

Durch direktes Ausrechnen:

Bianchi-Identität erfüllt:

Eichfreiheit Maxwell-Gleichungen

Eine lokale Umeichung der Potenziale ändert damit den Feldstärketensor nicht – wir können den Nullpunkt der Potenziale frei wählen! Die Maxwell-Gleichungen sind also invariant unter einer lokalen Eichtransformation. Lange Zeit wurde diese Eichfreiheit der Maxwell-Gleichungen als eine Spezialität der elektromagnetischen Wechselwirkung betrachtet. jedoch tiefere Gründe!

• Hermann Minkowski hat 1908 die Spezielle Relativität im wahrsten Sinne des Wortes geometrisiert – das Universum ist eine vierdimensionale RaumZeit, Raum und Zeit ist eine Einheit, die nicht getrennt werden kann.

• Die Lorentz-Gruppe ist die Symmetrie dieser RaumZeit.

• Auch Maxwells Gleichungen hat er vierdimen-sional formuliert.

• Dadurch hat er den Weg geebnet für das Eichprinzip zur Beschreibung der em WW.

Zusammenfassung