Post on 06-Feb-2018
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Die Akademisierung der Pflege und Bedeutung für die psychiatrische
PflegepraxisProf. Brigitte Anderl-Doliwa
Inhalt:
1. Was können Einrichtungen von BachelorabsolventInnen erwarten?
2. Tätigkeitsbereiche – Generalisten oder Spezialisten – oder Beides?
3. Organisationsstrukturen zur Unterstützung
4. Probleme und Lösungsansätze
5. Vergütung
6. Das Modell Rheinland-Pfalz
Bachelor ist nicht gleich Bachelor149 Pflegestudiengänge in Deutschland - Stand Januar 2017
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Bachelor ist nicht gleich Bachelor139 Pflegestudiengänge in Deutschland - Stand Juli 2013 - November 2015 ca. 150
• Starke strukturelle Diversität:
Dual, Grundständig, Berufsaufbauend, Vollzeit, Teilzeit, Berufsbegleitend, Fernstudiengänge
• Noch größere inhaltliche Diversität.
Ausrichtung, Schwerpunkt, Fachrichtung
Es gilt also nicht pauschal zu fragen was kann man von einem Bachelorabsolventen erwarten sondern was kann ich von „diesem „Bachelorabsolventen erwarten?
- Studiengang
- Berufserfahrung
- Persönlichkeit
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Bachelor ist nicht gleich Bachelor139 Pflegestudiengänge in Deutschland - Stand Juli 2013 - November 2015 ca. 150
Fachrichtung Psychiatrie (sehr überschaubare Landschaft!):
Ausgenommen:
• den klassischen „Patientenfernen Studiengängen“ Management und Pädagogik
• den spezifisch Gerontopsychiatrischen, Berufsgruppenübergreifenden und Gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen
1. Bielefeld – nach der Berufsausbildung, 2 Jahre Berufserfahrung
2. Mainz – Dual, Ausbildungsbegleitend, dann Vollzeit mit Praxistraineeprogramm
3. Münster – in Planung
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Bachelorabsolventen/innen – Drei unterschiedliche Voraussetzungen
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Erfahrene Experten
•Berufsausbildung und Berufserfahrung
•Studium ersetzt und erweitert Fachweiterbildung durch die akademische Ausbildung
•Psychiatrische Berufserfahrung hoch
•Psychiatrieschwerpunkt vorhanden
Junge Wilde I
•Dual mit Schwerpunkt Psychiatrie
•Ausbildung an einer Psychiatrischen Klinik
•Traineeprogramm bis zum Bachelor im psychiatrischen Feld
•Psychiatrische Berufserfahrung mittel
•Psychiatrieschwerpunkt vorhanden
Junge Wilde II
•Duales Pflegestudium
•Ausbildung an beliebiger Klinik
•Bachelorstudium Pflege
•Keine oder sehr geringe Psychiatrische Berufserfahrung
•Psychiatrieschwerpunkt nicht vorhanden
Drei unterschiedliche Erfahrungsstufen - Drei unterschiedliche Einsatzfelder
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Pflegefachliche Leitung
•Verantwortlich für die Inhalte der Pflege
•Delegation und fachliche Weisungsbefugnis an die anderen Kollegen
•Erfordert theoretisches Wissen (Psychiatrie!), Anerkennung von den Kollegen (Felderfahrung!), Führungskompetenzen und pädagogische Kompetenzen, Projektmanagement
Pflegeexperte
•Unterstützung der Pflegepraxis mit theoretischem Wissen
•Pflegeprozessoptimierung
•Entwickeln und steuern von Projekten, Konzepteinführungen etc.
•Erfordert theoretisches Wissen (Psychiatrie!), Felderfahrung , Pädagogische Kompetenzen, Projektmanagement
Gleichstellung
• Ist den traditionell ausgebildeten Pflegenden gleichgestellt
•Sammelt Berufserfahrung im Feld
•Das Ziel ist, nach dieser „Assistenzzeit“ in die Pflegeexpertenrollewechseln zu können.
Für Masterabsolventen wäre die klassische ANP, vollverantwortliche Fallführung für bestimmte Patientengruppen, flächendeckende ambulante Versorgung und Nurse-led Units sinnvoll.
Drei unterschiedliche Einsatzmodelle –unterschiedliche Chancen und Problemfelder
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Pflegefachliche Leitung
•Chancen: Karrieremöglichkeiten für berufserfahrene Kollegen, sofortige optimale Nutzung für die Praxis, suchen sich Felder sehr selbstständig
•Mögliche Problemfelder: Sehr lange Ausbildungszeiten, Studium nur berufsbegleitend möglich, Abiturienten entscheiden sich nicht mehr für den Pflegeberuf, Erfahrung kann auch neue Ansätze behindern
Pflegeexperte
•Chancen: Karrieremöglichkeiten für Berufseinsteiger, Attraktivität vom Pflegeberuf für Abiturienten, gute Nutzung für die Praxis
•Mögliche Problemfelder: Anerkennung durch „Alte Hasen“, Verhältnis der Experten zwischen Selbstbewusstsein und Demut vor der Erfahrung, ungenügende Klärung der Aufgabenfelder
Gleichstellung
• Chancen: Unabhängigkeit von den wenigen Studiengängen mit psychiatrischem Schwerpunkt, Karrieremöglichkeiten für Berufseinsteiger, attraktiv für Abiturienten
•Mögliche Problemfelder: Attraktivität für die Bachelors, Bezahlung, keine sofortige Praxisnutzung möglich
Unterschiedliche Einsatzfelder – unterschiedliche Organisatorische Modelle
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Geteilte Führung
Administrative Führung
Fachliche Leitung
Gleichstellung
Stationsleitung
Examinierte Pflegekraft
Akademische Pflegekraft
Pflegeexperte(thematisch besetzt)
Station 1
Station 2
Ambulant und/oder Sektorenübergreifend
Interprofessionelle Organisation:
- „Professionelle“ Konflikte mit anderen Berufen, mit denen es Überschneidungen, aber keine hierarchischen Lösungen gibt.
- Gemeinsame „akademische“ Berufssozialisation verbessern die kollegialen Lösungsmöglichkeiten!
Medizin
Sozialarbeit
Pflege
Psychologie
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Grundsätzliche Spannungsfelder
• Generalistische - Spezifische Ausrichtung:
Hochspezialisierte Versorgungszentren – Ausbau ambulanter Versorgung
Breites Wissen z.B. für ambulante Bereiche versus spezifisches Wissen z.B. hochspezifische klinische Bereiche
• Versorgung chronisch kranker Menschen – Akutversorgung:
Akutfokus muss durch vermehrte Aufmerksamkeit für chronisch kranke Menschen ergänzt werden
• Intraprofessionell – Interprofessionell:
Kompatibilität von wachsender Berufliche Identität und Notwendigkeit interprofessionellen Handelns
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Grundsätzliche Spannungsfelder
• Berufsorientierung – Settingorientierung:
Berufsorientierung als Voraussetzung für zunehmende Settingorientierung
• Aufgabenteilung unter den Berufsgruppen:
Berufspolitisch oder inhaltlich geleitete Entscheidungen
• Konkretisierung der Aufgabenfelder:
Sehr konkret – Spannungs- und Konfliktreduzierend
Offen – Gestaltungsspielraum groß
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Konkrete Praxisprobleme
• Akzeptanz:
Intra- und Interprofessionell
• Teamkultur:
„Wir sind alle gleich“ Kultur muss sich ändern.
Lösungsansatz:
• Berufsgruppenübergreifende Entwicklung von „Einsatzkonzepten“.
• Ausgleich zwischen Selbstbewusstsein und Anerkennung von Erfahrung bei den Pflegenden fördern.
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Konkrete Praxisprobleme
• Anspruch:
Die Ansprüche an die Expertenleistung können auf Seiten des AG (je nach Studiengang) oder auf Seiten der Pflegefachleute unrealistisch sein.
• Praxisnutzen:
Am Anfang können mehr Fragen als Antworten entstehen
• Konflikte in der Hierarchie:
Konkurrenzbefürchtungen der traditionellen Führungsmitarbeiter oder Frustration der Akademiker
Lösungsansatz:
• Organisationsmodelle an die konkreten Studiengänge und die damit verbundenen Kompetenzen und Erfahrungen anpassen.
• Strategische Entscheidungen der Organisationsmodelle situativ anpassen.
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Vergütung
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Modell der Vergütung:
Feste Tarifstufe/TVöD Kommune seit 2016:
Entgeltgruppe 9b (3 Stufen von 2999€ - 3286€)
und 9c ( 3 Stufen von 3286€ - 3736€)
Vorteil:
• Hohe Sicherheit für die Pflegeakademiker
• Wenig Aufwand für Führungskräfte
Nachteil:
• Nicht an Aufgabe und Kompetenzniveau anpassbar –Gefahr der Konservierung der „Alle gleich“ Kultur
• Tariflich noch nicht für alle vorgesehen
Vergütung
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Modell der Vergütung: Eingruppierung nach Aufgabe und Kompetenz
Vorteil:
• Gute Voraussetzung für mehrstufige Skill- und Grade-Mix Teams
• Leistungsorientierung
• Verhandlungsspielräume beim Gehalt
Nachteil:
• Passt nicht in die Kultur vieler Arbeitgeber
• Unsicherheiten bei Studierenden hinsichtlich der Perspektiven
• Viel Beurteilungsaufwand
Stiftungsprofessur in Rheinland-Pfalz
Die Stiftungsprofessur
Zugangs-voraussetzung
StiftungslehrstuhlErweiterte Pflegekompetenzen bei langfristigem
Versorgungsbedarf (Psychiatrie)
Dualer Studiengang
1. Studienphase(5 Semester)
Ausbildung in der
Gesundheits- u.
Krankenpflege (GuK)
2. Studienphase(Vollzeit, 3 Sem.)
Wahlpflichtmodul:
Psychiatrische
Pflege
Abschluss:
Bachelor of
Science
Master-Studiengang:
(Vollzeit, 4 Sem.)
Studiengang:Psychiatrische Pflege
Abschluss:Master of Science
Realschule
plus,
FHR,
Abitur
Quereinstieg
Fachpflege
Quereinstieg
3. Semester mit
GuK Ausbildung
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Die Motivation der Stifter• Veränderte Anforderungen an psychiatrische Krankenhäuser und die
Pflege– Betonung der ambulanten/gemeindepsychiatrischen Angebote
– Gestiegener Patientenanspruch bzgl. des Verbleibs im häuslichen Bereich
– Zunahme von pflegerischen Entwicklungsspielräumen außerhalb des stationären Settings
• Fachkräftemangel vs. Pflichtversorgung– Sicherstellung der Versorgung im Flächenland RLP
– Steigende Fallzahlen
• Mitarbeiterbindung und –werbung – Stiftungsprofessur als Alleinstellungsmerkmal
– Qualifizierung „am Bett“ (kein Management- o. Pädagogikstudium)
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Entwicklungen erkennen und begegnen
• Erweiterung der klassischen Fachweiterbildung
• Erweiterte Kompetenzfelder für Absolventen (in Abstimmung mit dem
Haftpflichtversicherer) �Erforderliche Substitution des Fachkräftemangels
• Übernahme von co-therapeutischen Aufgaben im Bereich der
nichtmedikamentösen Therapien
• Betonung der ambulanten/gemeindepsychiatrischen Angebote
• Erweiterter Verantwortungsbereich (bspw. im gemeindepsychiatrischen Bereich -
Krise ja/nein, Verbleib zu Hause ja/nein)
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Anteil der akademisch qualifizierten Pflegenden
• Steigender Bedarf an akademisch qualifizierten Pflegenden
(demographischer Wandel, Ärztemangel, Zunahme psychischer Diagnosen)
• Der Anteil wird in den Handlungsfeldern unterschiedlich sein
– Steigender Bedarf an akademisch qualifizierten "Generalisten" in der Gemeindepsychiatrie
– Gleichbleibender Bedarf an "Spezialisten" im stationären Bereich
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Einsatzgebiete für „Spezialisten“
• Gerontopsychiatrie
– Experte für demenzielle Erkrankungen
• Kinder- und Jugendpsychiatrie
– (Co-)Therapeutische Arbeit
– Elternberatung
• Akutpsychiatrie/Tageskliniken
– (Co-)Therapeutische Arbeit
– Gruppenangebote
– Psychoedukation
– Krisenmanagement
W
eg
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Einsatzgebiete für „Generalisten“
• Gemeindepsychiatrie
• Aufsuchende Hilfen (nach SGB XII)
• Case-Management (Lotsenfunktion)
• PIA, APP, stattkrankenhaus (Einrichtungen nach SGB V)
Die Vergütung erfolgt für beide nach der Selbständigkeit der Aufgabenerledigung und der Verantwortung, gekoppelt an die Qualifikation nach TVÖD.
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Literatur
• Amelung, V.: Nur gute Versorgung macht Spaß. Das Gesundheitswesen zu steuern ist eine reizvolle Aufgabe. In Care Management 2/2009, S.31-32.
• Amelung, V:; Wagner, Ch.: Neue Versorgungsformen und Versorgungsforschung. In Brinkmann, V. (Hrsg.): Case Management. Wiesbaden 2010, S. 169-200.
• Andree, J.: Implementierung akademischer Pflegekräfte. Wie lassen sich akademische Pflegekräfte sinnvoll in die Praxis integrieren?. Berlin 2013. S. 22-28.
• Friesacher, H.: Studienmöglichkeiten in der Pflege.2013. Online: www.thieme.de.pdf (abgerufen am 02.01.2016).
• Genge, U.; Schulz, M.; Thissen, K.: Pflegeexperten in der Psychiatrie. In: Psych-Pflege Heute 5/2013, S. 247-253.
• Hahn, S./Richter, D.: Die Psychiatrische Pflege im Jahr 2030.Online:www.thieme.de/Certified Nursing Education – Fachbereich.pdf(abgerufen am 07.12.2015).
• Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften: Die zukünftigen Berufsbilder von Ärztinnen/Ärzten und Pflegenden in der ambulanten und klinischen Praxis. In: Schweizerische Ärztezeitung. 46/2007, S.1923-1958.
• Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Online: http://oeffentlicher-dienst.info/tvoed/vka/ (abgerufen am 03.01.2016).
• Zegelin, A.: Pflege studieren – von der Notwendigkeit einer akademischen Pflege „am Bett“?. 2005. Online: www.pflegeportal.ch/pflegeportal/pub/zegelin_pflege_studieren_972_1.pdf (abgerufen am 16.12.2015).
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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