Pflege durch Aktivierend-begleitend-therapeutische Pflege sichtbar machen!?
Miteinander weiterentwickeln - Pflegesymposium Rehabilitation Care, 27. März 2019, Zürich
Prof. Dr. Maria Müller Staub (PhD, RN, FEANS) Leitung Pflegeentwicklung Stadtspital Waid & Professor, Lectoraat Nursing Diagnostics, Hanze University Groningen
Ablauf
• Was ist ABTP? Ausgangslage, CHOP Auszüge
• Entstehung und aktueller Stand
• Expertengruppe + Methoden
• Referenzdokument: Sichtbarmachung von Pflege
• ABTP Ziele + Mindestmerkmale - Advanced Nursing Process: Assessment, Pflegediagnosen,
Interventionen- Fachliche Führung, besonders geschultes Pflegefachpersonal
• Literatur, Ausblick
Was ist ABTP?
1. Definition
Aktivierend- und begleitend-therapeutische Pflege beinhaltet Reaktionen von Patienten aller Altersgruppen auf gesundheitliche Probleme, die verbessert werden können.
Dabei wenden Pflegefachpersonen zielgerichtete Interventionen an, die auf klinischer Entscheidungsfindung und erweitertem Fachwissen basieren.
Ausgangslage
• ABTP kommt in 5 CHOP Kapiteln vor
• Ab wann Pflege ABTP ist, war (ist) nicht definiert.
• Welche Kriterien das «besonders geschulte Pflegefachpersonal» erfüllen muss, war nicht definiert.
• Welche Kriterien die Fachleitung erfüllen muss, war nicht definiert.
93.89.9 Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung,nach Behandlungstagen und Therapieeinheiten
Rückblick – was bisher geschah
Erste Anfrage über die FMH 17. April 2014Chefärzte Akutgeriatrie Stadtspital Waid + Geriatrische Klinik St. Gallen: „Technische Experten des BFS wünschen zum CHOP-Kode 93.89, dass die schweizerischen Bestimmungen der speziellen Ausbildung des Pflegepersonals „aktivierend-therapeutische Pflege“ nachgereicht werden
1. Stellungnahme durch die Leiterinnen Pflegedienst oben genannter Organisationen und Vertretung des Felix Platter Spital Basel
Klärungsprozess durch die Verbände in Zusammenarbeit mit der Praxis
April 2014
November 2014
Mai 2015 Ohne Definition der ABTP ist die Kostenübernahme durch
Versicherer problematisch
CHOP Codes Geriatrie, Palliativmedizin,Neurologie und Pneumologie können nicht angewendet werden
Arbeitstreffen SBK, VFP, Vertretungen Forschung und Praxis
Nov. 2015 2. Stellungnahme: Definition ABTP für geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung
Dez. 2015 Rückmeldung über die FMH:Präzisierungenund für alle CHOP Codes definitive Versionen wurden verlangt (ABTP +Schulung).
Rückblick – was bisher geschah
Feb. - Dez. 2016 Sitzungen Steuer- und ExpertInnen -gruppen
März 2016 Sitzung mit BfS, FMH, AG DRG: Klärung der (neuen) Ausgangslage
Deutliche Abgrenzung von ABTP zu «normaler» Pflege, alle CHOP Codes = Auftrag ohne finanzielle Ressourcen
Mai 2016 3. Definition ABTP Referenzdokument + Schulungen eingereicht
Juli 2016 Sitzung mit BfS, FMH, AG DRG – erneut weiteren Auftrag erhalten
Nov. 2016 Hearing Fachgruppen – positive Rückmeldungen
Feb. 2017 Absprachen SwissNurseLeaders + div. Fachgruppen/-vereinigungen
März – Aug. Warten: Rückmeldung «Auftraggeber»
Dez. 2017 Referenzdokument und CHOP verabschiedet und angenommen
Jan. - Juli 2018 Gültig - dann an einer Sitzung zurückgerufen
Seither: ABTP bleibt unbezahl- und unsichtbar - nicht aufgeben!
Methoden / ExpertInnenPhase 1: Definition und inhaltliche Arbeiten1. Erarbeitung Definition durch Pflegeexpertinnen – Expertenkonsensus (multiple rounds)
2. Kritische Review und Verabschiedung: Steuergruppe und Vorstände SBK + VFP
Expertengruppe
Einschlusskriterien: MScN /PhD, FachspezialistIn
• Maria Müller Staub, RN, Prof., PhD, MScN, FEANS; VFP, Wil
• Christian Heering, RN, PhD, MScN, CNS ger. Care; VFP, Basel
• Jeanine Altherr, RN, MScN, CNS ger. Care; VFP, Zürich
• Alexandra Bernhart-Just, RN, PhD, MScN, VFP, Basel
• Christelle Progin, RN, MScN; SBK, Bern & Fribourg
• Yvonne Ribi, RN, MBA; SBK, Bern
• Ursula Wiesli, RN, MScN; VFP, Zürich
• Anja Ulrich, RN, MScN; VFP, Basel
• Franziska Zuniga, RN, MScN, Dr.des., VFP, Basel
Lead Phase 1: Akademische Fachgesellschaft (AFG) Akutpflege; Mitarbeit: AFG Gerontolog. Pflege, AFG Rehabilitationspflege des VFP, plus 2 Personen des SBK
• Steuergruppenmitglied (MMS) und zwei Pflegeexpertinnen (APN) aus der klinischen Praxis (JA +EZ)
• Literaturreview: Settings- bzw. Populationsspezifische Veröffentlichungen
• Mindestmerkmale Pflegeprozess definiert: Assessment, Pflegediagnosen; -interventionen, -evaluation
• Wichtigste, unterscheidende Merkmale für ABTP etabliert
• Expertenkonsensus (3 Runden) eingeholt
• Kritische Review und Verabschiedung: Steuergruppe und Vorstände SBK + VFP
Erarbeitung Referenzdokument
Referenzdokument – Definition ABTP
• ABTP ist eine zielgerichtete – über das Mass der kompensatorischen Pflege hinausreichende – Aktivierung der Patienten mit dem Fokus auf die Förderung der Ressourcen des Patienten. Die ABTP findet unter Fachleitung* einer Pflegefachperson mit anerkannter Qualifikation statt und wird von einer diplomierten Pflegefachperson verantwortet und durchgeführt.
• Im Eintritts-Assessment (innerhalb von 3 Tagen nach Aufnahme) werden die Pflegediagnosen/Pflegeschwerpunkte, Pflegeziele/gewünschte Patientenergebnisse und Pflegeinterventionen der ABTP gemäss Referenzdokument festgelegt und dokumentiert.
• Die ABTP Interventionen belaufen sich kumuliert auf mindestens 60 Minuten pro 24 Stunden. Die Planung, Durchführung und die Ergebnisse der Pflegeinterventionen sind dokumentiert.
• Die ABTP ist Bestandteil der wöchentlichen Teambesprechung.
*Master of Science in Nursing (MScN), Advanced Practice Nursing (APN). Während einer Übergangszeit von 10 Jahren gilt auch ein Master of Advenced Studies (MAS) in diesem Spezialgebiet oder HöFaII/Clinicenne II mit Vertiefung in geriatrischer Pflege.
Ziele / gewünschte Patientenergebnisse der ABTP
Die ABTP hat das Ziel der Anleitung, Begleitung, Beratung und Evaluation zur Selbstpflege der Betroffenen und beinhaltet folgende Detailziele:
• Förderung und Erhaltung der Selbständigkeit und der Alltagskompetenzen des Patienten für ein Leben in weitgehender Unabhängigkeit und guter Lebensqualität
• Austritt in die bisherige oder eine neue Wohnumgebung
• Vermeidung andauernder Pflegebedürftigkeit
Fachliche Mindestmerkmale
• Besondere Form der ABTP Beziehungsgestaltung
• Pflegefachperson berät und unterstützt PatientInnen- Handlungsmöglichkeiten zu erkennen, zu erlernen, zu verbessern und/oder zu erhalten.
• Angehörige und Bezugspersonen sind wichtige Partner und werden in den Prozess einbezogen.
Mindestmerkmale «ABTP Fachleitung»
Als Mindestkriterium für die Fachleitung gilt:
Master of Science in Nursing (MScN/MNS), Advanced Practice Nursing (APN) sowie mindestens 6-monatige praktische Erfahrung in der ABTP.
Mindestmerkmale Assessment
• Selbstpflegefähigkeiten (z.B. Körperpflege, sich Kleiden, Toilettengang, Nahrungsaufnahme, instrumentelle Selbstversorgung)
• Kognition/Wahrnehmung
• Bewegungsfähigkeiten, Aktivität und Ruhe
• Plus mind. 2 relevante Bereiche wie:
- Bewältigungsverhalten / Lernpotential
- Bereitschaft und Fähigkeiten für eine verbesserte Selbstfürsorge
- Gesundheitsverhalten, Umgang mit der eigenen
• ff – und weitere
(Gordon, 1995; 2008; Georg & Müller-Staub, 2013)
Mindestmerkmal zu Pflege Zielen
3.3 Pflegeziele / zu erreichende Ergebnisse
• Spezifische ABTP Pflegeziele sind dokumentiert
Mindestmerkmale Pflegediagnosen /-schwerpunkte
Definition mindestens zweier Pflegediagnosen/Pflegeschwerpunkte zu Beginn der Behandlung:
• Selbstversorgungsdefizite Activities of Daily Living (ADL)
• Selbstversorgungsdefizite Instrumental Activities of Daily Living (IADL)
• Unwirksames Management von Therapieprogrammen
• Eingeschränkte Mobilität / beeinträchtigte Gehfähigkeit
• Sturzgefahr
• Verletzungsgefahr
• Immobilitätssyndrom
• Fatigue
• Aktivitätsintoleranz
• Durchblutungsstörungen
– und weitere
(Ackley & Ladwig, 2014; Doenges et al, 2012, 2013, 2014; Georg & Müller-Staub, 2013; Gordon, 1995; 2008; Heering, 2010; Herdman & Kamitsuru, 2014; Lunney, 2007; Müller-Staub et al., 2015)
Mindestmerkmale PflegeinterventionenDurchführung von mindestens fünf der nachfolgenden Pflegeinterventionen:
• Selbstpflegeförderung (z.B. Toilettentraining, Hygiene, Wundprävention)
• Selbstversorgungsunterstützung, vor allem ADL und IADL
• Unterstützung beim Therapiemanagement
• Unterstützung des Gesundheitsverhaltens / der Verhaltensmodifikation
• Präventionsförderung
• Beratung und Informationsvermittlung bezüglich Therapie- und Symptommanagement
• Edukation Krankheitsprozess
• Selbstwirksamkeitsverbesserung
(Kautz & Van Horn, 2009; Moorhead et al, 2013; Vasallo et al., 2009)
NNN Taxonomie
BFS verlangtewiss. Taxonomie+ Literatur
NNN Assessment22 Klassen
Beispiel: Advanced Nursing Process (NNN)
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Weggelassen(Praxis- und Management Inputs)
Mindestkriterium für besonders geschultes Pflegefachpersonal:
Mindestens 50% aller Pflegefachpersonen bzw. in der Regel eine pro Schicht
verfügen über mindestens sechsmonatige Berufserfahrung
und eine Weiterbildung in ABTP reglementiert vom VFP/SBK.
Diese Weiterbildung beinhaltet ABTP spezifisches Wissen zu:
• ABTP Definition
• Assessment
• Pflegediagnosen / Pflegeschwerpunkte
• Pflegeziele
• Pflegeintervention
• Pflegeevaluation
• Mindestdauer 60 Stunden (ca. 7 Tage)davon sind mindestens 40% Transferleistung (3 Tage) in der Praxis zu erbringen. = Schulung in- und extern: 4 Tage
Weggelassen wurde:
Pflege dokumentiere ungleich, ABTP sei nicht nachvollziehbar
Literatur 1• Ackley, B. J., & Ladwig, G. B. (2014). Nursing diagnosis handbook: An
evidence-based guide to planning care (10 ed.). St. Louis: Mosby/Elsevier.
• Bulechek, G., Butcher, H., & Dochterman, J. (2008). Nursing InterventionsClassification (NIC) (5 ed.). St. Louis: Mosby/Elsevier.
• Bulechek, G., Butcher, H., Dochterman, J., & Wagner, C. (2013). Nursing interventions classification (6 ed.). St. Louis: Elsevier.
• Bundesministerium für Gesundheit (2014): Glossar: „aktivierende Pflege“. http://www.bmg.bund.de/glossarbegriffe/a/aktivierende-pflege.html (am 18.06. 2015)
• Doenges, M. E., & Moorhouse, M. F. (2012). Application of nursing processand nursing diagnoses: An interactive text for diagnostic reasoning. Philadelphia: F. A. Davis.
• Doenges, M. E., Moorhouse, M. F., & Geissler-Murr, A. C. (2014). Pflegediagnosen und Massnahmen (5 ed.). Bern: Huber.
• Doenges, M. E., Moorhouse, M. F., & Murr, A. C. (2013). Nurse's pocketguide: Diagnoses, prioritized interventions, and rationales (13 ed.). Philadelphia: F. A. Davis.
• Eidgenössisches Departement des Inneren (EDI, Hrsg., 2014): Schweizerische Operationsklassifikation (CHOP) Systematisches Verzeichnis, Version 2015. Bern : Schweizerische Eidgenossenschaft.
Literatur 2• Georg, J., & Müller-Staub, M. (Eds.). (2013). Pflegeassessment Notes:
Pflegeassessment und klinische Entscheidungsfindung (1 ed.). Bern: Huber.
• Gordon, M. (1995). RNF Project on high frequency-high treatment priority nursingdiagnoses in Rehabilitation Nursing, Part II Rehabilitation. Nursing research, 5, 38-46.
• Gordon, M. (2008). Assess Notes: Nursing assessment and diagnostic reasoning. Philadelphia: F.A. Davis.
• Gordon M, (2013). Pflegeassessment Notes Bern: Huber Hogrefe
• Heering, C. (2010). Prevalence of nursing diagnoses in an acute geriatricrehabilitation clinic. Paper presented at the AENTDE-NANDA International Conference, Madrid, Spain.
• Henderson, V und Harmer B (1922): Textbook of the Principles und Practice ofNursing. New York : Macmillan
• Herdman, T. H., & Kamitsuru, S. (Eds.). (2014). NANDA International nursingdiagnoses: Definitions and classification 2015-2017. Oxford: Wiley Blackwell.
• Kautz, D. D., & Van Horn, E. (2009). Promoting family integrity to inspire hope in rehabilitation patients: strategies to provide evidence-based care. Rehabilitation nursing : the official journal of the Association of Rehabilitation Nurses, 34(4), 168-173.
Literatur 3• Moorhead, S., Johnson, M., Maas, M., & Swanson, E. (2013). Nursing outcomes classification
(NOC) (5 ed.). St. Louis: Elsevier.
• Moorhouse, M. F., & Doenges, M. E. (2012). Application of nursing process and nursingdiagnoses: An interactive text for diagnostic reasoning (6 ed.). Philadelphia: F. A. Davis Company.
• Müller-Staub, M., Abt, J., Brenner, A., & Hofer, B. (2015). Expert report on nurses' responsibility. Bern: Swiss Nursing Science Association (ANS).
• Orem, DE (1997): Strukturkonzepte der Pflegepraxis. Wiesbaden: Ullstein Mosby
• Oda Santé / BGS (2011): Rahmenlehrplan für Bildungsgänge der höheren Fachschulen „Pflege“.http://www.sbfi.admin.ch/php/modules/bvz/file.php?file=RLP_T016_d.pdf&typ=RLP am 06.07. 2015
• Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW, Hrsg., 2004): Projekt Zukunft Medizin Schweiz. Ziele und Aufgaben der Medizin zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Basel : SAMW
• Spichiger, E; Kesselring, A; Spirig, R; deGeest, S (2006) et al.: Professionelle Pflege –Entwicklung und Inhalte einer Definition. Pflege 19, 45-51
• Suter-Riederer, S; Imhof, L; Gabriel, C und Mahrer-Imhof, R (2012): Modell evidenzbasierter Rehabilitationspflege. Pflegewissenschaft 12, 667-678
• Vassallo, M., Mallela, S. K., Williams, A., Kwan, J., Allen, S., & Sharma, J. C. (2009). Fall riskfactors in elderly patients with cognitive impairment on rehabilitation wards. Geriatr GerontolInt, 9(1), 41-46. doi: GGI506 [pii] 10.1111/j.1447-0594.2008.00506.x
Diskussion
• ABTP Assessment durchführbar?Selbstpflegefähigkeiten, Kognition/Wahrnehmung, Bewegungsfähigkeiten, Aktivität und Ruhe
Plus mind. 2 relevante Bereiche (z.B.: Bewältigungsverhalten / Lernpotential / Bereitschaft und Fähigkeiten für eine verbesserte Selbstfürsorge / Gesundheitsverhalten, Umgang mit der eigenen Gesundheit)
• Bsp.: NNN-Assessment Stadtspital Waid
• 2 Pflegediagnosen stellen?
• 5 Pflegeinterventionen (NIC) planen und umsetzen
• Kumuliert mind. 60 Minuten pro 24 Stunden (z.B. 4x15‘)
• Fachleitung Pflegeexpertin APN (MScN)
Sichtbarkeit der Pflege – wie weiter?
eHealth: Semantische InteroperabilitätInternatational gültigeCodierungen!(NNN)