30 Montag,12.März 2007 KREIS UND … · „Elfchen“ – streng reglementierte Ge-dichte – zum...

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KREIS UND NACHBARSCHAFT30 Montag, 12. März 2007 Schwäbisches Tagblatt

Eine Wiege und weiße Kerzen stan-den vor der Turnhalle, ein dunkler,nur mit Sternen ausgeleuchteter Gangführte hinein in den Ausstellungs-raum und damit in den großen Zyklusdes Lebens und des Sterbens. „Es gibtviel Trauriges auf der Welt und vielSchönes. Manchmal scheint dasTraurige mehr Gewalt zu haben, alsman ertragen kann. Dann stärkt sichindessen leise das Schöne und be-rührt wieder unsere Seele“, schriebHugo von Hofmannsthal. Für die 23Schüler/innen, die über das Themaauch ihre Projektprüfung ablegten,wurde das Zitat zum Leitgedanken.

Fächerübergreifendes Arbeiten

In Deutsch lasen sie Goethes „To-tentanz“ und Elisabeth Zöllers Ju-gendbuch „Nana oder der Sinn desLebens“, in Biologie befassten sie sichmit Aids, in Mathematik nahmen sieAlterspyramiden durch, in Hauswirt-schaft erfuhren sie etwas überSchwangerschaft und Geburt, inKunst diente Picasso als Vorbild. Soentstanden Selbstporträts, bei denendie Jugendlichen mit Collagetechni-ken experimentierten oder sich mas-kenhafte Züge gaben. Die 14-JährigeKatia Figueiredo hat ihre Füße dazugemalt, denn sie tanzt gerne. „Wir ha-

ben gelernt, dass es immer einen An-fang und ein Ende gibt und dass mandas Leben verantwortungsbewusstgenießen sollte“, sagte sie bei der Be-grüßung der gut 150 Eltern, Lehrerund Unterstützer. Nur sie bekamendie aufwändig gestaltete Ausstellungzu sehen. Denn bereits am gleichenAbend mussten die Schüler sie wiederabbauen, damit die Turnhalle für denSportunterricht und andere Veran-staltungen genutzt werden kann.

Taufkleider aus 100 Jahren und In-formationen zu Geburtsriten oderAberglauben hatten die Jugendlichenzusammengetragen, hatten Schaubil-der erstellt und ihre Projektordnerund -tagebücher ausgelegt. En minia-ture hatten sie die verschiedenen Be-stattungsarten nachgebaut: EinenFriedhof, eine Rakete für Mondbestat-tungen, einen Heißluftballon, einenScheiterhaufen. Sogar einen echtenSarg hatten sie organisiert. Auf einerTafel hatte eine Projektgruppe dieJenseitsvorstellungen der fünf Weltre-ligionen einander gegenübergestelltund dabei gemerkt, dass sich diesezumindest im Judentum, Christen-tum und Islam kaum unterscheiden.„Wenn die Leute das wüssten, müss-ten sie sich nicht bekriegen, sondernkönnten tolerant und friedlich mitei-nander umgehen“, mahnte ein junger

Mann bei der Präsentation. Beson-ders gut gelang die Kombination ausInformation und Persönlichem: Abs-trakte Aquarelle übersetzten Geburtund Tod in helle und dunkle Farben,„Elfchen“ – streng reglementierte Ge-dichte – zum Thema boten Lustigeswie Tiefsinniges.

Geisterhafter Totentanz

Gespenstisch muteten die in einerlangen Darstellungstradition veran-kerten Totentanzbilder an: Mitten indas blühende Leben hinein geselltsich der Tod, der als grinsendes Ske-lett einen Mann umarmt, eine Blumeverwelken lässt oder sich vor ein Herz,das Sinnbild der Liebe, postiert. Er-heiternd dagegen die selbst verfasstenTodesanzeigen – auf die Fasnet, einezerbrochene Tasse oder auf eine er-kaltete Liebe.

Kein Erwachsener trat bei der Prä-sentation der sieben Projektbereicheans Mikrofon, nicht einmal die Pro-jekt-Initiatorin und KlassenlehrerinEva-Maria Schermaul. Stattdessen er-fuhren die Gäste von den Jugendli-chen, wie im Mittelalter eine Geburtablief, welche Privilegien Hebammengenossen und welchen Gefahren sieals vermeintliche Hexen ausgesetztwaren. Die jungen Menschen erzähl-ten, dass bis zum fünften JahrhundertErwachsene getauft wurden, dassheute Aids an Stelle der Pest zur ge-fährlichsten Epidemie geworden istoder dass die Beginen, die sich in derGrauzone zwischen Laiengemein-schaft und Orden bewegen, im spätenMittelalter so etwas wie Sozialarbeite-

rinnen avant la lettre waren. Inter-views, etwa mit einem Gesund-heitsexperten, ein Besuch auf demTübinger Bergfriedhof und bei ei-nem Bestattungsunternehmen oderein Ausflug ins Sepulkralmuseum inKassel hatten wichtige Impulse undInformationen geliefert.

Finanziert wurde das Projekt mitdem Geld, das die Schüler/innen inKlasse 8 mit einer selbst gegründe-ten Firma erarbeitet haben. Die inStuttgart ansässige Stiftung für Bil-dung und Behindertenförderungbezahlte einen Theaterpädagogen,und das Kreisjugendamt steuerte

noch einmal 800 Euro bei. „Ichwürde das Projekt sofort noch ein-mal machen“, sagte die stellvertre-tende Klassensprecherin MariettaBrenner. Paradoxerweise hat siejetzt weniger Angst vor dem Tod.„Vorher war vieles unklar.“ Ihr Mit-schüler Christian Schwarz, der amAnfang sehr skeptisch war, ist au-ßerdem froh, dass er das Vortragenüben konnte – früher habe er dasnicht gekonnt.

„Für Jugendliche ist es nicht immereinfach, über den Tod zu sprechen“,sagt Schermaul. Das Thema beschäf-tige die jungen Menschen sehr wohl,

trotzdem gebe es für sie „im Prinzipkeine Literatur“ darüber. Umso mehrfreut sie, dass Jungen wie Mädchensich „total auf das Thema eingelassenhaben“.

Besonders viel Applaus bekamendie Schüler/innen für ihre effektvollinszenierten Elfchen. Etwa dieses:„Schwanger / Hoffnungsvolle Zeit /Wünsche, Hoffnungen, Träume / Fra-gen, Unruhen, Ängste, Panik / Glück.“Alle trugen den Abend über Schwarz..Doch im Tanz, den die Neuntklässleram Schluss aufführten, bezogen siemit ihren Bewegungen Stellung zu:„Life Is Life“.

Bewusster lebenALTINGEN (gs). „Anfang und Ende / Leben und Sterben / Ge-burt und Tod“ hieß das Projektthema, das die Neuntklässlerder Altinger Hauptschule ein halbes Jahr lang beschäftigte:Am Freitag präsentierten sie ihre fächerübergreifende Ar-beit bei einer Ausstellung in der Turnhalle, die allerdingsnur die geladenen Gäste sehen konnten.

Altinger Neuntklässler zeigten Ausstellung über Geburt und Tod

Das Thema Tod als Herausforderung für Altinger Schüler/innen, hier Christian Maier mit seinem Ausstellungsbeitrag. Bild: Groebe

Am Samstag beteiligten sich fast50 Helfer an der Markungsputze-te in P o l t r i n g e n, darunter 15Grundschüler. Es gab kurioseFunde: Eine Matratze, ein Fahr-rad, oder ein Motorradhelm samtdazu gehörender Jacke. „Die Leu-te schmeißen das weg, weil siefaul sind“, so Moritz Maisch (10).Ihm und seinen Mitschülernmachte die SäuberungsaktionSpaß und sie fanden die Putzetenützlich: „Da wachsen doch diePflanzen besser“, fand SarinaWeiß, auch 10 Jahre alt. Ortsvor-steher Reinhold Hess und seinesechs Teams sammelten einigeTraktor-Ladungen ein. Vor allemdie Ausfallstraßen waren vonMüll übersät: Extrem, so Hess,war es entlang der Straße nachOberndorf. Vom Engagement be-geistert, überlegte Hess beimMittag essen, die Markungsput-zete nächstes Mal im Rahmen ei-nes ganzen Umwelt-Infotag zuveranstalten. mac / Bild: Faden

Was die Leute alleswegschmeißen ...

■ FLOHMARKT: In der FesthalleDettenhausen findet am Samstag,17. März, von 14 bis 17 Uhr wiederein Flohmarkt mit Kinderkleidung(bis Größe 188), Spielzeug, Baby-zubehör und Umstandsmode statt.Wer mitmachen will, kann sich an-melden unter Telefon (0 71 57)618 75, 628 18 oder 650 73. Annah-mezeit für den Flohmarkt ist Frei-tag, 16. März, 14.30 bis 16.30 Uhr.

NOTIZBLOCK

Am 10. März 1959 wurde in Lhasa,der Hauptstadt Tibets, ein Volksauf-stand der Tibeter von Chinesen, dieTibet noch immer besetzen, zer-schlagen. Dabei kamen mindestens87 000 Tibeter ums Leben. Kurz da-rauf floh der Dalai Lama, das geistli-che Oberhaupt der Tibeter, ins indi-sche Exil.

Nachdem am Vormittag Kirchen-tellinsfurts Bürgermeister BernhardKnauss auf dem Rathausplatz die ti-betische Flagge gehisst hatte, gab esam Freitagabend in der Aula derKirchfeldschule ein Kulturfest mit ti-betischen Liedern und Tänzen, But-tertee, tibetischen Kekse und einemFilm über Tibet. „Tibet wird zumMuseum. Die ganze Kultur wird vonChina überrollt. Man kann aber des-wegen den Chinesen keinen Vorwurfmachen – viele sind in Tibet geborenund es ist genauso ihre Heimat“, er-klärt Jutta Dudenhöfer von der Tibet-initiative Neckar-Alb.

Die Mitglieder der Initiative setzensich dafür ein, dass Tibet sein Selbst-bestimmungsrecht wieder zurück be-kommt und dass (politische) Gefan-gennahmen, Folter und Ermordun-gen ein Ende haben in dem Land, das„das Dach der Welt“ genannt wird.„Die Tibeter sind mittlerweile eine

Minderheit im eigenen Land“, sagteDudenhöfer über die Situation in demLand, die sich im vergangenen Jahrnoch mehr zugespitzt hätte.

Unter den Gästen beim Kulturfestwar auch Mingjur Páldón. Die29-Jährige wurde in Tibet geborenund lebt nun seit fünf Jahren inDeutschland. Sie musste aus ihremHeimatland fliehen, weil sie längerals die erlaubten 15 Minuten für dieFreiheit ihres Landes demonstrierte

und Flugblätter verteilte. Darauf folgtin der autonomen Region Tibet min-destens eine lange Gefängnisstrafe,wenn nicht sogar die Todesstrafe.

Die junge Frau kam mittellos nachTübingen, ohne ein Wort Deutschsprechen oder lesen zu können. Siekannte niemanden und war ganz al-lein. Mingjur Páldón schaffte aberfast Unglaubliches: Sie machte in-nerhalb von drei Jahren ihren Haupt-schulabschluss und fing nach einem

freien sozialen Jahr eine Berufsaus-bildung als Altenpflegerin in Reutlin-gen an. Momentan ist sie noch mit-ten in der Ausbildung und lebt nunbei einer Familie in Kirchentellins-furt. Die zierliche Tibeterin sprichtsehr gut Deutsch und mag ihren Be-ruf gerne. Aber schon allein die Ge-nehmigung ihrer Fahrten nach Reut-lingen erforderten einige Behörden-gänge. Sie hat keine Papiere unddurfte sich deswegen lange Zeit nur

im Kreis Tübingen aufhalten. Ihr An-trag auf ein Bleiberecht in Deutsch-land wurde bereits zweimal abge-lehnt.

Mingjur Páldón wird in Deutsch-land nur während ihrer Ausbildungs-zeit geduldet. „Ich weiß nicht, was inzwei Jahren sein wird. Ich habe großeAngst davor und ich kann nichts tun,außer zu warten.“ Es gefällt ihr hiersehr gut, aber sie würde irgendwanngerne wieder in ihrer Heimat leben.Mit ihrer Familie oder Freunden ausTibet kann sie nicht direkt kommu-nizieren; Post kann sie nur über denUmweg Nepal versenden und emp-fangen. Ihre Zukunft ist ungewiss,und daran wird sich in der nächstenZeit auch nichts ändern.

Nicht nur Mingjur Páldón ging derFilm sehr nahe, den die Tibetinitiati-ve bei dem Fest zeigte: Einerseits sa-hen die Zuschauer die faszinierende,scheinbar unberührte Landschaftdes Himalaya, andererseits die Bilderund Namen vieler politischer Gefan-gener, darunter auch Kinder undMönche.

Ende März wird auf Initiative desFörderkreises Patenschulen eineGruppe von Schülern, Eltern undLehrern der Kirchfeldschule nachNepal reisen und eine Schule besu-chen, die dort für Tibetflüchtlingegegründet wurde. Barbara Krahl,Vorsitzende des Förderkreises, freutsich sehr auf die Reise. Sie erzählte,dass die Schule in einem Vorort vonKathmandu ist, in dem ganz beson-ders viele Menschen aus Tibet woh-nen, die vor dem Unrecht in ihremHeimatland flüchten mussten.

INFO Ausführliche Informationenzum Thema gibt es unter www.tibet-ini-tiative.de und www.tid-neckar-alb.de

Ein Kulturfest mit tibetischen Flüchtlingen erinnerte an die politische Unterdrückung in dem von China besetzten LandFlagge zeigen für die Freiheit auf dem Dach der Welt

KIRCHENTELLINSFURT (maw).„Flagge zeigen für Tibet“:Unter diesem Motto erinner-ten die Tibetinitiative RegionNeckar-Alb und der Förder-kreis Patenschulen am Frei-tag in Kirchentellinsfurt anden Volksaufstand der Tibe-ter im Jahr 1959.

Ein Stück Heimat im Exil: Junge Tibeterinnen beim tibetischen Kulturabend in Kirchentellinsfurt. Bild: FadenENTRINGEN. Auf sieben Fahrrä-

der am Entringer Bahnhof hattenes bisher Unbekannte am Entrin-ger Bahnhof abgesehen. Sie be-schädigten nach Auskunft der Poli-zei zwischen Montag, 5. März, undDonnerstag, 8. März, 7.30 Uhr, dieVelos, die am Entringer Bahnhofabgestellt waren. Die Polizei konn-te bisher nur einen Fahrrad-Besit-zer ermitteln und keine exakte An-gabe über die Schadenshöhe ma-chen. Sie bittet daher um Meldungund Hinweise an das PolizeirevierRottenburg unter (0 74 72) 980 10.

Räder am Bahnhofdemoliert

ALTINGEN. Glück im Unglückhatten Bewohner am vergangenenSamstag in der Mühlstraße in Al-tingen: Sie hatten vergessen, ihrenKüchenherd auszuschalten undließen ihre Speisen auf dem Herdzurück. Als am Samstag um 18.30Uhr der Feuerwehr der Brand ge-meldet wurde, hatte der überhitzteHerd aber noch kein Feuer imHaus ausgelöst. Nur die Speisenwaren verkohlt, Menschen kamennicht zu Schaden.

Essen auf demHerd vergessen

REUSTEN. Eine 50 Meter langeÖlspur war die Folge eines Unfallsauf der Autobahn A 81 an der Ge-markung von Reusten. Ein 67-jäh-riger Ehninger fuhr am Freitag-nachmittag um 16.25 Uhr mit sei-nem Mercedes-Benz samt Anhän-ger auf der A 81 Richtung Stuttgart.Plötzlich löste sich aus unbekann-ten Gründen eine Halterung aufseinem Anhänger und fiel auf dieFahrbahn. Eine 26-jährige Frau ausVillingen-Schwenningen, die di-rekt hinter dem Ehninger fuhr,konnte mit ihrem VW nicht mehrausweichen. Sie fuhr über die Hal-terung, die dabei ein Loch in dieÖlwanne riss. Ihr Auto stellte sieauf dem Standstreifen ab. Durchdas austretende Öl entstand eine50 Meter lange Ölspur auf dem lin-ken Fahrstreifen, den die Auto-bahnmeisterei Herrenberg absi-cherte und später abstreute. AmVW entstand Sachschaden in Höhevon 2 000 Euro.

Lange Ölspur nachUnfall bei Reusten