Vergleich von Luftkeimsammelgeräten unter kontrollierten Bedingungen – neues Bewertungsschema für Messergebnisse erforderlich?
Prof. Dr. Joseph Strauss Abteilung Mikrobielle Genetik und Pathogen Interaktionen BOKU Campus Tulln Kommission “Klima & Luft” der ÖAW
Molekulare Genetik und Stoffwechsel Schimmelpilzgifte Antibiotika bioaktive Stoffe
Pathogene Pilze Virulenz- und Resistenzmechanismen Pflanzenstärkung durch Symbiosen
Biodiversität und ökologische Funktion von Pilzen Bioaerosole, Krankenhauskeime Entwicklung von analytischen Werkzeugen
Österreichs größtes Zentrum und europäisches Kompetenzzentrum für Schimmelpilzforschung
Biologische Partikel in der Luft (Bioaerosole) – was können wir davon sehen?
Nature | News Feature Mathematician Lydia Bourouiba (MIT, Boston, USA) uses high-speed video to break down the anatomy of sneezes and coughs — and to understand infectious disease. 31 May 2016
1 Mikrobiologische Methoden: KBE/m3 (oder Biomasse, MPN….)
Wie gut können wir biologische Bestandteile in Aerosolen messen?
3
2 Molekular-biologische Methoden (kulturunabhängig): a) Quantifizierung: Genom-äquivalente =~ KBE/m3 b) Biodiversität (ohne Quantifizierung): Hochdurchsatz-
Sequenzierungen
Physikalische und (Bio)chemische Methoden: a) Quantifizierung der Partikelzahlen: ohne biologische
Zuordnung b) Biomarker-Bestimmung (semiquantitativ):
Stoffwechselprodukte (MVOCs, Ergosterol) oder Pilz-spezifische Enzyme (z.B. Myco-Meter)
c) Sammlung und mikroskopische Auswertung: sehr ungenau, zeitaufwändig
Medium
DG18MEAMEA-BRRCS-T
DG18MEAMEA-BRRCS-T
DG18MEAMEA-BRRCS-T
DG18MEAMEA-BRRCS-T
CO
RM
AS
SE
DV
AC
OFFICECELLAROUTDOOR
Unterschiedliche Anforderungen an Substrat Unterschiedliche Wachstums-Geschwindigkeiten Hoher Anteil an geschädigten/toten Keimen Trotzdem bleibt allergisches oder inflammatorisches Potential erhalten oder ist sogar
höher (Exposition intrazellulärer Bestandteile)
Yamamoto et al., ISMEJ 2012: Jahreszeiten
Genetischer Fingerabdruck belegt wesentlich höhere Biodiversität als gedacht (Kultivierung)
aber: noch sind gleichzeitige Quantifizierung und genaue Art-Bestimmung mit genetischen Methoden für Routineanalyse Umweltproben zu teuer
D.h.: noch basieren routinemäßige Innenraumkonzentrationsbestimmungen von Bioaerosolen und
deren Bewertungen auf KBE/m3
Qualitätskontrolle durch Ringversuche (Bsp. VDB, Verband Deutscher Baubiologen, annähernd jährliche Durchführung; Bild: Bericht 2007)
Source: Interlaboratory Test 2010 – Association of Construction Engineers and Biologists (VDB, Germany)
Unterschiedliche Sammelgeräte und –prinzipien ergeben Schwankungen von bis zu 500% am selben Ort zur selben Zeit.
Schlussfolgerung: in der Praxis eher „Schätzwert“ als „Messwert“
Bisher keine systematische biologische Validierung der
Messgeräte unter kontrollierten Bedingungen
Wieso? • Inhomogene Verteilung der
Bioaerosole? • Unterschiedliche Überlebensraten
während der Sammlung? • Unterschiedlicher Abscheidegrad
je nach Organismentyp (Pilzsporen, Hefen, Bakterien, etc…)
Faktum ist nicht oder nur „versteckt“ in den einschlägigen ISO-Normen abgebildet
Forschungsprojekt
Evaluierung von Bioaerosol-Sammelgeräten auf ihre biologische Sammeleffizienz unter standardisierten Bedingungen
Ziele: Entwicklung und Evaluierung einer Bioaerosol-Prüfkammer für die Herstellung und
Sammlung von unterschiedlichen Bioaerosolen mit definierter Lebensfähigkeit Standardisierte Herstellung und Quantifizierung von relevanten Bioaerosol-
Komponenten: Pilzsporen, Bakterienzellen und –sporen, Viren, Allergene, Entzündungsauslöser (Endotoxine)
Vergleich der biologischen Sammeleffizienz unterschiedlicher Sammelgeräte und -systeme für Bioaerosole
Particle Scan®CR (IQAir®) Aufzeichnung Partikelzahl und –Größe
CCB 3000 (PALAS® GmbH)
Liquid Sparging Aerosolizer LSA (CH Technologies)
Datalogger Aufzeichnung Temperatur und Luftfeuchte
MAS-100 NT Luftkeimsammler
Bilogische Partikel in Suspension Trichoderma longibrachiatum Sporen
Überprüfen der Druckdifferenz zwischen Labor-Innenraum und Kammer-Innenraum
Versuchsaufbau / Setup
DI Clara Pogner
Physikalische Validierung der Bioaerosol-Kalibrierkammer
Evaluierung einer Prüfkammer für Bioaerosolsammelsysteme A. Konlechner, S. Goller, M. Gorfer, L. Mölter, J. Strauss Erschienen in Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft 73 (2013) Nr. 11/12 – November/Dezember
Measurements at 27 different positions in the chamber: (9 positions/level; 3 different levels) Anorganic particle size distribution : almost equal on all positions Particle concentrations:
dependent on the relative position (37% overall variation)
very constant at the same position (deviations up to 11%)
not influenced by operating sampling machines (air flow below
200l/min)
published in:
Biologische Kontrollpunkte entlang des Luftstroms zur Bestimmung der Bio-Effizienz
Vol = 70 m3/h T= 22-25°C; RLF=40%-50% Aerosolerzeugung (LSA): 0,19ml/min e.g. CA= 105/ml - 107/ml -> Ct. 100 - 10.000 p/m3
Sammelgeräte im optimalen Konzentrationsbereich getestet
1
4
2
5
3
Mikroskop. Zählung Keimrate VOR
Keimrate NACH
Partikel Zählung
KBE/m3
= keimfähige Partikel pro m3
Unterschiedliche Positionen des Sammelgerätes (MAS) ergeben annähernd idente Ergebnisse
LSA (Mainelis et al., 2005): Single-pass bubbling bioaerosol generator
A,B,C: 3 diff. positions in the chamber
erlaubt die Parallel-Messung von bis zu drei Messgeräten
in einem Durchgang
Setting in testchamber: MAS, RCS, COR
Beispiel Kontrollpunkt 2: Vergleich Keimfähigkeit Pilzsporen
Mikroskopische Zählung durch unterschiedliche Personen
Hefe-Zählung durch Ausplattieren und photometrisch (OD600)
Ergebnis als KBE/ml (Bakterien, Pilze) oder PFUs (Viren)
Keimraten (CBv) in Mehrfach-Bestimmungen für jeden einzelnen Versuchstag -> ziemlich unterschiedliche Keimraten je nach Organismus und Versuch
Ergebnisse Kontrollpunkte für die biologische Validierung,
Bsp: Konidiosporen von Trichoderma longibrachiatum
(2) Keimrate lebensfähig
(1) Ausgangssuspension Zählung/OD-Messung 100%
(3) wie viele lebensfähige Partikel werden aerosolisiert (Zählung)
(4) Wieviel kommt über den Luftstrom in die Kammer? Partikelzählung in der Kammer
(5) Biologische Sammeleffizienz Gerät „A“ (MAS) für Organismus „a“ (T.longi)
(3) wie viele Partikel sind nach der Aeros. Lebensfähig (KBE)
Korrektur um Keimrate vor* Aerosolisierung
Gesamtzahl Sporen in Kammer 100%
50,79 %
43,73 %
30,20 %
Korrektur um Keimrate nach* Aerosolisierung
Auszählung KBE/m3
* Bestimmung Keimratenverlust durch Aerosolisierung
Impingement
Bisher getestete Sammelgeräte
Impaktion Filtration Wet Cyclon Technology
Biotest RCS High Flow (Biotest AG) 100 l/min
MAS-100 NT (MBV AG) 100 l/min
Holbach MBASS30 (UA Holbach GmbH) 100 l/min
BioSampler (SKC) 12,5 l/min
MD-8 airscan (Sartorius) 100l/min
PGP-GSP filter System (from) 3,5 l/min
Coriolis µ (Bertin) 100 l/min
Filamentöse Pilze
T. longi A. bras P. comm C. clado MAS-100 NT
MBASS30
RCS High Flow
PGP-GSP System
MD8 Airscan
Coriolis µ
SKC Biosampler
Gleich gut wie Referenz Besser als Referenz Schlechter als Referenz
Pilze – Saccharomyces cervisiae
S. cervisiae MAS-100 NT
MBASS30
RCS High Flow
PGP-GSP System
MD8 Airscan
Coriolis µ
SKC Biosampler
− Hefezellen mit dem LSA gleich effizient zu vernebeln wie filamentöse Pilze
− Ergebnisse zeigen, dass Hefe sensibler auf Sammelstress ist
− SKC zeigt sich viel effizienter als andere Sammelgeräte
− Interpretation der Hefezählungen mit anderen Sammelgeräten sind mit Vorsicht zu betrachten
Ergebnisse - Bakterien
S. cervisiae B. amylo E. coli MAS-100 NT 100% 100% MBASS30 NT RCS High Flow 100% PGP-GSP System NT MD8 Airscan NT Coriolis µ NT SKC Biosampler
Ergebnis - Zusammenfassung
Pilze Hefe Bakterien Phage MAS-100 NT NT MBASS30 NT RCS High Flow NT PGP-GSP System NT MD8 Airscan
Coriolis µ
SKC Biosampler ?
Verschiedene Sammelmethoden unterschiedlich
geeignet für unterschiedliche Organismen / Organismen Gruppen
Bei der Festlegung von Richtwerten ist die Betrachtung
von Sammelmethode und Organismus essentiell Außerdem sollte bei der Interpretation zumindest die
durchschnittliche Keimrate mit einbezogen werden Eine Anpassung von Normen und Richtlinien zur
Erfassung von Bioaerosol-Komponenten und der Interpretation von Messergebnissen sollte erfolgen
Zusammenfassung – Take home messages
P. commune
C. cladosporioides
U. botrytis/oudemansii
Fungal Genetics & Genomics Lab
Fungal Genetics and Genomics Unit – BOKU University and Austrian Institute of Technology GmbH
Projekt Team Sabine Strauss-Goller Clara Pogner Anja Konlechner Verena Unterwurzacher Claudia Puck (Admin) Markus Gorfer (Co-PL) Joseph Strauss (PL) unterstützt durch Dragana Bandian Harald Berger Claudia Haager Agnes Gerstbauer Prof. Helmuth Horvath (Uni Wien) Annette Kolk (DGUV) Manfred Hinker (AUVA Projektfinanzierung durch
http://www.dagz.boku.ac.at/mgpi/