Ressourceneffizienz in Europa – Ziele und Perspektiven aus Sicht der Bundesregierung
Birgit Schwenk Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Referatsleiterin WR II 7 „Europäische und internationale Angelegenheiten der Ressourceneffizienz, Rohstoffpolitik“
Herausforderung steigender Rohstoffverbrauch:
• Umwelt: THG-Emissionen, Schadstoffeinträge, Biodiversitätsverlust
• Wirtschaft: Versorgungsrisiken, volatile Preise
• Soziale Gerechtigkeit: global ungleiche Verteilung, Bedingungen beim Rohstoffabbau
Vorteile Ressourceneffizienz:
Umwelt- und Klimaschutz
Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen
Marktchancen ressourceneffizienter Produkte
Wachstum und Wettbewerbsfähgikeit
Beschäftigungspotential
Geringere Importabhängigkeit
Warum Ressourceneffizienz?
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Biomass Fossil fuels Metal ores
Non-metallic minerals GDP
Ausgangssituation in Deutschland:
• Exportorientierte Volkswirtschaft mit starker industrieller Basis
• Abhängigkeit von Rohstoffimporten reich in Mineralien, aber Großteil der Metalle importiert
• Hohe Materialkosten im produzierenden Gewerbe: 43 % (Lohnkosten: 19%; Energiekosten: 2%)
• führend bei grünen Technologien, z.B. Recyclingtechnologien
Schutz und effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette haben hohe Priorität für die deutsche
Umwelt- und Wirtschaftspolitik.
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Ressourceneffizienz in Deutschland: Starke ökonomische Treiber
Überdurchschnittlicher Weltmarktanteil
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GreenTech-Markt: Deutschlands Exportschlager
Quelle: BMU 2018, GreenTech made in Germany 2018.
Deutsches Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess II)
Programm der gesamten Bundesregierung
• Progress I: Beschluss 29.02.2012 • Progress II: Beschluss 02.03.2016 • Fortentwicklung alle 4 Jahre
Ziele
• Entkopplung Wirtschaftswachstum – Rohstoffeinsatz
• Senkung der Umweltbelastungen
• Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
• Verantwortung für unseren Ressourcenbedarf
Betrachtet gesamte Wertschöpfungskette
• Rohstoffgewinnung
• Produktion und Produktdesign
• Konsum
• Kreislaufwirtschaft
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Betrachtungsraum
Deutsches Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess II)
ProgRess II: Themenfelder
Produktion
Konsum
Kreislaufwirtschaft
Rohstoff-versorgung
Bauen
Produktgestaltung Effizienzberatung Effiziente
Produktion
Bewusstseins-bildung
Handel + Verbraucher
Zertifizierungs-systeme
Produkt-verantwortung
Recycling Illegale Exporte
verhindern
Bildung Europa und
Internationale Ebene
Nachwachsende Rohstoffe
Forschung und Innovation
IKT
Übergreifend
Infrastruktur Bau, Entwicklung,
Sanierung Kennzeichnung von
Bauprodukten
Effiziente Geräte Effiziente Software
Öffentliche Beschaffung
Nachhaltigkeit und Transparenz
Rohstoffstrategie
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ProgRess II: Fortschritte messen
Indikatoren in ProgRess II
• Makroökonomische und Kreislaufwirtschaftsindikatoren
• Neu: Indikator Gesamtrohstoffproduktivität Berücksichtigt Importe und globale Lieferketten besser
• Ziel: Fortschreibung des Trends (2000-2010) bis 2030 entspricht ca. 1,5% Steigerung/Jahr; DEU auf Zielerreichungspfad.
Vorbereitung ProgRess III
Fortschreibung zu ProgRess III im Koalitionsvertrag
Vorarbeiten zu ProgRess III: Forschung, Beteiligung, Austausch mit gesellschaftlichen Gruppen
• Workshop-Reihe im Vorhaben „Unterstützung von Weiterentwicklung und Transformation der Ressourcenpolitik“ (PolRess)
• Nationale Plattform für Ressourceneffizienz (NaRess)
• Bund-Länder-Arbeitsgruppe Ressourceneffizienz (LAGRE)
• Konferenzen des Netzwerkes Ressourceneffizienz (NeRess), nächste Konferenz 11.06.2018
Kabinettbeschluss ProgRess III Anfang 2020
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• Globale Verantwortung ist Leitidee von ProgRess I und II
• Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen 2015: 8.4 Improve progressively, through 2030, global resource efficiency in consumption and production and endeavor to decouple economic growth from environmental degradation (…), with developed countries taking the lead. 12.2 By 2030, achieve the sustainable management and efficient use of natural resources.
• Neue Regierungsprozesse in G7 und G20 durch deutsche Initiative
2015: G7-Allianz für Ressourceneffizienz
2017: G20-Ressourceneffizienzdialog
Internationale Initiativen
Ressourceneffizienz in der EU
• Grundlage: Leitinitiative und Fahrplan Ressourceneffizientes Europa (2011) als Teil der Europa 2020 Strategie
• Aktionsplan „Kreislaufwirtschaft“ der KOM, Dezember 2015
• Strategiedokument mit Ankündigung von ca. 50 Einzelvorschlägen für 2015-2019 entlang der gesamten Wertschöpfungskette
• Breiter Begriff „Circular Economy“
entspricht eher Ressourceneffizienz
• Aktuell: „Mini Circular Economy Package“
• Kunststoffstrategie
• Schnittstelle Chemikalien, Produkte, Abfall
• Monitoring Framework (Indikatoren)
Einschätzung
Aktuell: Kunststoffstrategie der KOM
Der lebenszyklus-orientierte Ansatz der Strategie zu begrüßen
Erfreulich: Maßnahmen zur Stärkung eines recyclingfreundlichen Designs (z. B. im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie) / der Rezyklatnachfrage (z. B. bei Bauprodukten)
Wünschenswert: Klareres Bekenntnis zu Deponieverbot für Kunststoffe („low hanging fruit“ zur Stärkung des Rezyklatangebots)
Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen sind in Deutschland bereits vorhanden (z.B. Deponieverbot seit 2005, finanzielle Anreize zur recyclingfreundlichen Gestaltung und Rezyklateinsatz bei Verpackungen, etc.)
Mögliche Maßnahmen zur Regulierung bestimmter „Single-Use-Plastics“-Produkte bedürfen vorab einer gesamt-ökologischen Bewertung
DEU beteiligt sich gerne konstruktiv an Ausgestaltung der Kunststoffstrategie
Einschätzung:
Optionen zur Optimierung der Schnittstelle Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht. Wesentliche Themenkomplexe der KOM-Mitteilung:
Unzureichende Information über „substances of concern“ in Produkten und Abfall;
„Legacy substances“: Vorhandene besorgniserregende Stoffe in recycelten Materialien / Erzeugnissen;
Unsicherheiten für Wirtschaft und Vollzug über das Ende der Abfalleigenschaft;
Schwierigkeiten bei der Anwendung von EU-Abfall-Klassifizierungen und Auswirkungen auf das Recycling von Abfällen.
Grundsätzlich gleiche Anforderungen für Primär- und Sekundärrohstoffe sinnvoll; einzelfallbezogen können befristete Ausnahmen nötig sein.
Diskussionsprozess auf EU-Ebene zu unterstützen.
Aktuell: Interface Chemikalien/Produkte/Abfall
Einschätzung:
Entwicklung Indikatoren und Ziele für Ressourceneffizienz auf EU-Ebene zu unterstützen, in engem Austausch mit Mitgliedstaaten
Wichtig, gesamten Lebenszyklus zu betrachten, einschließlich Produktdesign, Produktionsprozesse. KOM Indikatorenset zu einseitig an Recycling orientiert. Wünschenswert: Übergreifender makroökonomischer Indikator
Prozess zur Weiterentwicklung von Indikatoren und Datenverfügbarkeit nötig
Deutsche Erfahrungen nutzen: Indikatoren aus Deutscher Nachhaltigkeitsstrategie, z.B - Gesamtrohstoffproduktivität - Marktanteil von Produkten mit staatlichen Umweltzeichen - EMAS-Einsatz in Deutschland
Aktuell: Monitoring Framework
EU-Aktionsplan von Dezember 2015:
• Rund 50 Aktivitäten, Zeitplan nur bis 2018/2019
Fortentwicklung:
• Fortschreibung Aktionsplan notwendig: Transformation zu ressourceneffizienter, zirkulärer Wirtschaft ist eine Daueraufgabe
• Wichtige Themen z.B.:
Verlängerung Nutzungsdauer von Produkten
Unterstützung KMU, z.B. Fortführung Europäisches Kompetenzzentrum Ressourceneffizienz (EREEC)
Digitalisierung und Ressourceneffizienz
• Frühzeitige und enge Abstimmung mit den Mitgliedstaaten sinnvoll, regelmäßige Fortschrittsberichte und Reviewprozess
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Ausblick: Fortentwicklung EU-Aktionsplan Circular Economy?