Lebensversicherungsmathematik
Kurseinheit 1 Grundlagen: Produkte &
Modellierung von Versicherungsfällen
InhaltTopic Lernziel
Lebensversicherungsprodukte • Einführung in den Gegenstand der Vorlesung• Kenntnis der gängige Produkte – aktuell und Trends
Modellierung von Sterblichkeiten
• Stochastische Modellierung eines versicherten Ereignisse mit Verteilungsfunktionen
• Stochastische Lebenserwartung • Grundlegende Begriffe der Lebensversicherungsmathematik
Sterbetafeln • Mathematische Darstellung der Sterblichkeit durch aktuarielle Tafeln• Ableitung von Sterbetafeln
Weitergehende Aspekte • Verständnis der Problematik analytischer Verteilungsmodelle • Gedanken zur Nutzung von KI-Methoden
2Modellierung von Sterblichkeit
Hinweis: Die hier eingeführten Begriffe und Bezeichnungen stellen die Basis der gesamtenLebensversicherungs-Mathematik dar.
Die Einordnung in einen stochastischen Kontext ist für einen traditionellen aktuariellenZugang nicht zwingend aber zeitgemäßer
Zum Nachlesen für Abschnitt 2 & 3: Gerber Vorwort & § 2
Ausgangspukt der Versicherungsmathematik
Grundlage ist die stochastische Modellierung „versicherter Ereignisse“: Bei Eintritt erfolgt eine Zahlung des Versicherer (das „VU“) an den Versicherten, welcher als Kompensation (Leistung, Claim) für den Schaden dienen soll. Die Leistung ist vertraglich festgelegt,
entweder dem Grunde nach (Entschädigung eines materielle Verlustes, z.B. Kasko-Versicherung)
oder der Höhe nach (feste Versicherungssumme „SI“ (für sum insured), z.B. Lebensversicherung)
oder Mischform (z.B. Leistung in % der SI je nach Invaliditätsgrad in der Unfall- und BU-Versicherung)
„Versichertes Ereignis“ = Unsicheres zukünftiges Ereignis welches den Versicherten nachteiligtrifft. Sonderfall Lebensversicherung: Erreichen eines bestimmten Alters (Erlebensfall-Versicherung, Rente) wird ebenfalls versichertes Ereignis berücksichtigt.
„Versicherter“ = Vertragspartner eines Versicherungsvertrags, der Versicherungsnehmer („VN“). Legal zu unterscheiden von der „versicherten Person“ („VP“). In der Versicherungsmathematikwerden die Begriffe aber vereinfacht synonym verwendet.
Lebensversicherungsmathematik = Modellierung von Zahlungen, die durch das Erleben bzw. Nicht-Erleben eines bestimmten Zeitpunkts (Alters) der VP bedingt sind
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Übersicht Lebensversicherungsprodukte
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• Beim Tod der VP erfolgt eine feste Zahlung (Versicherungssumme VS)• Versichertes Ereignis = Tod im Jahr t
Risiko-Lebensversicherung
• VN erhält ab einem fixierten Zeitpunkt eine (i.d.R. lebenslange) Rente• Versichertes Ereignis = VN überlebt das Jahr tRentenversicherung
• VN spart feste jährliche Beträge über T Jahre bei fester Verzinsung• Alternativ: Zahlung der VS zur Zeit T oder vorzeitig bei Tod (Endowment) oder
Umwandlung in eine Rentenversicherung zur Zeit T (Aufgeschobene Rente)
Traditionelle Sparprodukte
• VN spart feste jährliche Beträge über T Jahre in einem Investment-Fonds• Alternativ: Zahlung der VS bei Tod oder zur Zeit T (Fondgebundene LV) oder
Umwandlung in eine Rentenversicherung zur Zeit T (Fonds-Rente)
Fondsgebundene Sparprodukte
• Berufs-/Erwerbsunfähigkeit, Critical Illness, Pflegerente• Versichertes Ereignis je nach Produkt. Leistung entweder feste VS oder RenteSpezielle Deckungen
Produktvarianten (1)
5Modellierung von Sterblichkeit
Risikoleben SpezifikaYearly Renewable Term (YRT)
Bei fester VS werden Prämien regelmäßig (jährlich) angepasst
Risikoleben mit fester Prämie
Bei fester VS zahlt VN konstante Prämie über die gesamte Vertragsdauer
Restschuld (Credit Life) Die VS sinkt in Abhängigkeit von (planmäßiger) Tilgung, Einmal- oder laufende Prämie
Renten SpezifikaTraditionelle Leibrente Solange die VP lebt wird eine konstante Rente gezahlt, keine Leistung bei Tod
Zeitrente Über n Jahre wird eine konstante Rente gezahlt, unabhängig vom Tod des VN
Rente mit Garantiezeit Zeitrente über n Jahr, beim Überleben automatische Umwandlung in eine Leibrente
Leibrente mit Zahlung bei Tod Wie Leibrente, bei Tod wird ein bestimmter Betrag („Restguthaben“) erstattet
Produktvarianten (2)
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Trad. Sparprodukte SpezifikaGemischte LV (Endowment) VN spart Vertrag über T Jahre mit festen Prämien an.
Versicherer gewährt Garantiezins. VS ist Wert des Vertrags nach T Jahren („bei Ablauf“). Bei Tod vor Zeitpunkt T erfolgt Auszahlung der (vollen) VS
Aufgeschobene Rente Wie Endowment. Bei Ablauf hat VN das Wahlrecht einer Einmalzahlung (der VS) oder Umwandlung in Rente. Bei Tod vor T: (i) keine Leistung oder (ii) Beitragsrückgewähr
Whole Life Produkte VN spart über T Jahre mit fester Prämie oder Einmalprämie. Garantierte Leistung wir fällig bei Tod (auch nach Jahr T)
Fondsprodukte SpezifikaTraditionelle FondsgebundeneLebensversicherung (FLV)
VN spart Vertrag über T Jahre mit festen Prämien in einem Investmentfonds, auf „eigene Rechnung und Risiko“. Bei Tod vor Zeitpunkt T erfolgt Auszahlung einer vertraglich fixierten VS
FLV mit Garantie (Variable Annuities „VA“)
FLV mit einer Mindestgarantie für den Fondswert zum Zeitpunkt T (z.B. Prämienrückgewähr)
Aufgeschobene Fondsrenten FLV ohne Todesfall-Leistung
Index-Produkte (Fixed Indexed Annuties, „FIA“)
Mischform aus traditioneller und fondsgebundener Versicherung. Investment erfolgt beim Versicherer, welcher eine Performance garantiert, die sich exakt an einem extern definierten Index orientiert. Vielfach mit Mindestgarantie
Hybride Produkte & CPPI Mischformen aus traditioneller LV und FIA. Es erfolgt eine regelbasierte Umschicht-ung zwischen „normalem“ und Indexorientierten Investment
Produktvarianten (3)
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Relevanz am Markt Relevanz für VorlesungYearly Renewable Term Primär in UK/Amerika (oft k-jährig feste Prämie) Ja, Prototyp für andere Produkte
Risikoleben feste Prämie Ja (Europa, Asien) Ja
Restschuld (Credit Life) Ja, weltweit (speziell für Immobilienfinanzierung) Nein, nur mittelbar behandelt
Traditionelle Leibrente Ja, weltweit Ja
Zeitrente Ja Nein, mathematisch trivial
Rente m. Zusatz-Zahlung Diverse nationale Spezifika Nein, nur mittelbar
Endowments Ja, Europa/Asien aber Bedeutungsverlust Ja
Aufgeschobene Renten Ja, weltweit Mathematik wie Endowments
Whole Life Ja, Sterbegeld (Europa) oder hohe Summen (Jp) Nein, aber leicht ableitbar
Fondsgebundene LV Ja, weltweit Ja
Variable Annuities Zeitweilig in vielen Ländern Nein, benötige Investment-Modellierung
FIA, Hybride Produkte, CPPI
Ja, moderner Ersatz für Endowments Ja in Bezug auf Sterblichkeit (wie FLV) Nein in Bezug auf Investments
InhaltTopic Lernziel
Lebensversicherungsprodukte • Einführung in den Gegenstand der Vorlesung• Kenntnis der gängige Produkte – aktuell und Trends
Modellierung von Sterblichkeiten
• Stochastische Modellierung eines versicherten Ereignisse mit Verteilungsfunktionen
• Stochastische Lebenserwartung • Grundlegende Begriffe der Lebensversicherungsmathematik
Sterbetafeln • Mathematische Darstellung der Sterblichkeit durch aktuarielle Tafeln• Ableitung von Sterbetafeln
Weitergehende Aspekte • Verständnis der Problematik analytischer Verteilungsmodelle • Gedanken zur Nutzung von KI-Methoden
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Stochastische Modellierung der LebensdauerLebensversicherungsmathematik = Modellierung von Zahlungen, die durch das Erleben bzw. Nicht-Erleben eines bestimmten Zeitpunkts (Alters) der VP bedingt sind
Grundlage der mathematischen Überlegungen ist eine VP im Alter x
Das mathematische Konzept der Lebensversicherung basiert auf dem Konzept der „zukünftigen Lebensdauer“ T = Tx,m(ω) eines anfangs x-jährigen
Tx,m(ω) ist eine auf die abgelaufene Zeit „t“ bezogenen Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion
Gx,m(t) = Pr {Tx,m(ω) < t}mit der Normierung
Gx,m(0) = 0
und einer Wahrscheinlichkeitsdichte
gx,m(t) dt = Pr {t ≤ Tx,m(ω) < t+dt}
9Modellierung von Sterblichkeit
Verteilungsfunktionen der Sterblichkeit & Sterbetafeln Konzeptionell wäre es hilfreich, den aktuariellen Kalkulationen eine analytische
Verteilungsfunktion für die Zufallsgröße Tx (ω) zu Grunde zu legen. Dies scheitert aber prinzipiellen Gründen: Unterschiedliche typische Todesursachen in verschiedenen Altern erzwingen die Überlagerung
von stückweise unterschiedliche Verteilungen (Kinder- und Jugendsterblichkeit, „Unfall-Generation“, Sterblichkeit „beruflich aktiver“, Sterblichkeit im normalen Rentenalter, Greisensterblichkeit)
Für Verteilungen, welche die reale Sterblichkeitserfahrung in einem bestimmten Altersband hinreichend gut abschätzen, sind mindestens 3 Parameter erforderlich => Schätzprobleme
Neben dem Alter sind weitere bestimmende Größen höchst relevant (z.B. Geschlecht). => Weiter erhöhte Komplexität für eine analytische Modellierung
Sterbetafeln = Tabellierte Sterbewahrscheinlichkeiten, durch die die Verteilung von Tx,m(ω) für eine Person im Alter x mit Merkmal* m bestimmt wird. In der Praxis wird aktuell das Geschlecht sowie der Raucherstatus als zusätzliches Merkmal m für
Sterbetafel verwendet. Dies kann sich zukünftig ändern.
In Deutschland werden Basis-Sterbetafeln von der Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) entwickelt. Unternehmens-spezische Tafeln leiten sich daraus i.d.R. über Zu- und Abschläge ab
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Gestutze Lebensdauer Zur Überleitung der kontinuierlichen Zufallsgröße Tx(ω) in eine diskrete Größe,
typischerweise mit einem einjährigen Gitter definiert man die „gestutzten Lebensdauer“:
Kx (ω,m) = Ganzzahliger Anteil {Tx (ω)}
Der Ansatz gestutzter Lebensdauern ist sinnvoll, solange die Wahrscheinlichkeitsdichte g(t) eine stetige monotone Funktion von t ist, und
die Variation von g(t) über ein relevantes Zeitintervall (von 1 Jahr) relativ klein ist:
∆ g(t) = g(t) – g(t+1) << g(t)
In der Praxis ist die erste Bedingung für Alter > 25 Jahre erfüllt, für geringere Alter ist die Verteilung zwar nicht monoton aber faktisch kaum altersabhängig. Die zweiter Bedingung ist in der Praxis recht gut erfüllt (typisch ist ∆ g(t) ~ 8% g(t))
11Modellierung von Sterblichkeit
Notationen
Gx(K) = Pr {Tx(ω)<k} =: kqx k-jährige Sterbewahrscheinlichkeit eines x-jährigen= Wahrscheinlichkeit eines heute x-jährigen im Alter [x+k-1, x+k[ zu sterben
Notationen zur Sterbewahrscheinlichkeit
Hinweis zum Alter x Bei Verwendung gestutzter Lebensdauern ist die konsistente Definition des Alters zentral
Standard-Verteilungen (z.B. auf Basis der Daten der DAV) verwenden das Symbol „x“ immer für das kalendarische Alter, nämlich das Intervall [x-ter Geburtstag , (x+1)-ter Geburtstag[
Beim Pricing von Verträge sowie der Ableitung individueller Verteilungen wird teilweise mit Arbeiten mit einem „technischen Alters“ (next birthday, nearest birthday, Kalenderjahres-methode) gerechnet. Bei aktuariellen Kalkulationen ist auf eine Konsistenz der Methode zur Altersbestimmung zu achten
12Modellierung von Sterblichkeit
Notationen und Symbole
Gx(k) = Pr {Tx(ω)<k} =: kqx k-jährige Sterbewahrscheinlichkeit eines x-jährigen
1qx =: qx 1-jährige Sterbewahrscheinlichkeit eines x-jährigen
1- Gx(k) = 1 - Pr {Tx(ω)<k}
=: kpx k-jährige Überlebenswahrscheinlichkeit eines x-jährigen
1px =: px 1-jährige Überlebenswahrscheinlichkeit eines x-jährigen
InhaltTopic Lernziel
Lebensversicherungsprodukte • Einführung in den Gegenstand der Vorlesung• Kenntnis der gängige Produkte – aktuell und Trends
Modellierung von Sterblichkeiten
• Stochastische Modellierung eines versicherten Ereignisse mit Verteilungsfunktionen
• Stochastische Lebenserwartung • Grundlegende Begriffe der Lebensversicherungsmathematik
Sterbetafeln • Mathematische Darstellung der Sterblichkeit durch aktuarielle Tafeln• Ableitung von Sterbetafeln
Weitergehende Aspekte • Verständnis der Problematik analytischer Verteilungsmodelle • Gedanken zur Nutzung von KI-Methoden
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1-jährige Sterbewahrscheinlichkeit - Mustertafel DAV* 1994 T
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Übersterblichkeit MännerUnfall-Buckel
Sondereffekt Säuglinge und
Kleinkinder
Rentenübergang
Age 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19q_M 0,011687 0,001008 0,000728 0,000542 0,000473 0,000452 0,000433 0,000408 0,000379 0,000352 0,000334 0,000331 0,00034 0,000371 0,000451 0,000593 0,000792 0,00104 0,001298 0,001437q_F 0,009003 0,000867 0,000624 0,000444 0,000345 0,000307 0,000293 0,000283 0,000275 0,000268 0,000261 0,00026 0,000267 0,000281 0,000307 0,000353 0,000416 0,00048 0,000537 0,00056
Age 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40q_M 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001476 0,001489 0,001551 0,001641 0,001747 0,001869 0,002007 0,002167 0,002354 0,002569q_F 0,00056 0,00056 0,00056 0,00056 0,00056 0,00056 0,000581 0,000612 0,000645 0,000689 0,000735 0,000783 0,000833 0,000897 0,000971 0,001057 0,001156 0,001267 0,00139 0,001524
Age 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60q_M 0,002823 0,003087 0,003387 0,003726 0,0041 0,004522 0,004983 0,005508 0,006094 0,006751 0,007485 0,008302 0,009215 0,010195 0,011236 0,01234 0,013519 0,014784 0,01615 0,017625q_F 0,001672 0,001812 0,001964 0,002126 0,002295 0,00248 0,002676 0,002902 0,003151 0,003425 0,003728 0,004066 0,00445 0,004862 0,005303 0,005777 0,006302 0,006884 0,00753 0,00824
Age 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80q_M 0,019223 0,020956 0,022833 0,024858 0,027073 0,029552 0,03235 0,035632 0,039224 0,043127 0,0474 0,05211 0,057472 0,06344 0,070039 0,077248 0,085073 0,093534 0,102662 0,112477q_F 0,009022 0,009884 0,010839 0,011889 0,013054 0,014371 0,015874 0,017667 0,019657 0,021861 0,024344 0,027191 0,030576 0,034504 0,03903 0,044184 0,050014 0,056574 0,063921 0,072101
Age 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100q_M 0,122995 0,134231 0,146212 0,158964 0,172512 0,186896 0,202185 0,218413 0,235597 0,253691 0,272891 0,293142 0,314638 0,337739 0,36206 0,388732 0,419166 0,452008 0,4864 0,527137q_F 0,081151 0,091096 0,10197 0,113798 0,126628 0,140479 0,155379 0,171325 0,188318 0,206375 0,225558 0,245839 0,26727 0,289983 0,314007 0,340119 0,367388 0,397027 0,428748 0,462967
*DAV steht für „Deutsche Aktuarvereinigung“
Wahrscheinlichkeitsfunktion abgeleitet aus DAV 1994 T
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VerteilungsfunktionG0(t) =30p1 * G30(t)Verschiebung via
Startalter
Künstlicher Abbruch der Sterbetafel bei x=102
qx+t ≈ g(t)für Alter < 60 Jahre
Herleitung einer Sterbetafel (hier DAV 2008 T)
16Modellierung von Sterblichkeit
Anzahl der Personen im Altersband
Anzahl der Todesfälle
Quotient tx/lx Glättung Tafel mit Sicherheitszuschlag
Sicherheitszuschläge Herleitung der DAV-Sterbetafel aus der allgemeinen Bevölkerungsstatistik führt vielfach
zu einer Überschätzung der Sterblichkeit VP müssen sich vor Vertragsabschluss einer Risikoprüfung unterziehen => geringere Sterblichkeit
Sozialauslese
Dennoch verwendet die Tafel „DAV 2008 Tod“ einen Sicherheitsfaktor (134% auf die Bevölkerungsdaten, primär für Trendrisiken (bei Verträgen von bis zu 40 Jahren Dauer) In echten Beständen beobachtet man Sterblichkeiten von 60% bis 110% der Bevölkerungs-
Sterblichkeit
Für Rentenversicherungen wird die Tafel „DAV 2004 Rente“ verwendet: Sicherheits-Abschläge von ca. 30% auf die rohe Bevölkerungs-Sterblichkeit
(Unternehmen müssen mit geringerer Sterblichkeit als der beobachteten kalkulieren, um eine lebenslange Rente auch sicher auszahlen zu können)
Nutzung einer Generationen-Sterbetafel, die neben dem Altern auch vom Geburtsjahr abhängt:
Derzeit lebt jede Generation ca. 3 Jahre länger als die ihrer Eltern
Eine Generationen-Sterbetafel basiert auf einen rechnerischen Altern gleich dem kalendarischen Alter + Altersabschlag (abhängig vom Geburtsjahr und Geschlecht)
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Relevante Beziehungen
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Interpretationen und Symbole
k | tqx:= Pr {k ≤ Tx(ω) < k+t}= Gx(k+t) – Gx(k)= k+tqx – kqx
Wahrscheinlichkeit das Alter x+k zu erreichen und dann binnen t Jahren zu sterben
Pr(Kx (ω)=k) = Pr {k-1 ≤ Tx(ω) < k}= kpx * qx+k
Wahrscheinlichkeit im Vertragsjahrk+1 zu sterben (gestutzteLebensdauer)
k+tpx= 1 - Gx(k+t) = (1 – Gx(k)) * {(1– Gx(k+t))*(1 – Gx(k))-1}= kpx * tpx+k
Lemma: Umrechnung via Definition der Wahrscheinlichkeitsfunktion leicht zu beweisen
kpx =∏s=0𝑘𝑘−1 𝑝𝑝𝑥𝑥+𝑠𝑠
Lemma:Beweis via Induktion
μx+t := ∂tln tpxZukünftige Sterbeintensität eines x-Jährigen (analytisch relevant)
tpx μx+tdt = tpx * gx+t(t) dt*(1-Gx)-1
= Pr {x+t <T(ω) < x+t+dt} ~ qx+tdtSterbeintensität approximiert durch 1-jährige Sterbewahrscheinlichkeit
InhaltTopic Lernziel
Lebensversicherungsprodukte • Einführung in den Gegenstand der Vorlesung• Kenntnis der gängige Produkte – aktuell und Trends
Modellierung von Sterblichkeiten
• Stochastische Modellierung eines versicherten Ereignisse mit Verteilungsfunktionen
• Stochastische Lebenserwartung • Grundlegende Begriffe der Lebensversicherungsmathematik
Sterbetafeln • Mathematische Darstellung der Sterblichkeit durch aktuarielle Tafeln• Ableitung von Sterbetafeln
Weitergehende Aspekte • Verständnis der Problematik analytischer Verteilungsmodelle • Gedanken zur Nutzung von KI-Methoden
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Unisex-Tafeln und Individuelle Sterbetafeln Anti-Diskrimierungsgesetz der EU: „Versicherungsprämien dürfen nicht nach diskrimi-
nierenden Kriterien differenziert werden. Dazu gehört das Geschlecht.“
Der Einfluss des Geschlechts auf die Sterblichkeit ist statische signifikant=> Unternehmen müssen passende „Unisex-Sterbetafeln“ ableiten um Risiken aus
Geschlechter-Mix begrenzen zu können
Tafeln mit zusätzlichen Merkmalen können die Verläßlichkeit der Prognose erhöhen Qualität in der Risikoprüfung (Antragsteller müssen vor Vertragsbeginn eine Risikoprüfung
durchlaufen)
Einfluss der Vertriebspolitik in Bezug auf Vertrags-Art und Dauer oder implizite Sozialauslese
Zusätzliche (oder verfeinerte) Risikomerkmale (z.B. Versicherungssumme, Regionalisierung)
In der Praxis werden unternehmensindividuelle Kriterien vielfach durch Zu- oder Abschläge auf der DAV-Tafel berücksichtigt => Spanne: +10% bis – 70% der DAV Tafel
Probleme: Statistische Signifikanz der Daten
Vermeidung von diskriminierenden Merkmalen (Nationalität, Sozialstatus, vermutlich Region)
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Analytische Verteilungsfunktionen Analytische Verteilungsfunktion für die Zufallsgröße T(ω) haben einen gewissen
theoretischen Nutzen und eignen sich zudem für Näherungsansätze.
Historisch wurden in Anlehnung an Erfolge der quantitativen Naturwissenschaften versucht auch die Sterblichkeit einer Bevölkerung mathematisch formelmäßig zu erfassen. Mangels genauer Statistiken wurde für die Sterbeintensitiät* postuliert: De Moiver-Postulat (1724): T(ω) ist gleichverteilt zwischen 0 und Tmax => μx+t = (T max – x – t)
Gompertz-Postulat (1824): Sterbeintensität steigt exponentiell mit dem Alter μx+t = A exp(b (x+t))
Eigenschaft: μx+t verdoppelt sich alle c Jahre (c = ln(2) / b)
Makeham-Postulat (1860): Affine exponentielle Verteilung μx+t = B + A exp(b (x+t))
Weibull-Verteilung (1939): Sterbeintensität wächst mit der Potenz der Zeit μx+t = k (x+t)α
In der Praxis sind die Gompertz-Verteilung für Plausibilisierungen auch heute noch noch interessant. Die Weibull-Verteilung ist für gewisse Extremwert-Überlegungen relevant. Konkrete Berechnungen basieren aber ausschließlich auf Sterbetafeln
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* Die Sterbeintensität μx+t ≈ qx+t / tpx misst die - durch das Überleben bedingte –1-jährige Sterbewahrscheinlichkeit eines heute x-jährigen in t Jahren
Approximation von Sterbetafeln Gompertz-Verteilung vs. DAV 2008 T
23Modellierung von Sterblichkeit
Gompertz-Verteilung μx+t = A exp(b (x+t)) mitA = 0.7 bps = 7/ 10.0000 (Männer)A = 0.4 bps (Frauen)q43 (Männer) = q49 (Frauen) = 0.3%b = 8.8% Verdopplung der Sterbeintensitität ca. alle 8 Jahre
KI als Ersatz für die Modellierung über Sterbetafeln
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Merkmal: Schwanger
Ausprägung -3 bis 0 Monate 0 bis 3 Monate 3 bis 6 Monate 6 bis 0 Monate
Merkmal: Sterblichkeit
Ausprägung Tod in 1 Jahr Tod in 2 Jahr Tod in 3 Jahr
… ……
Logische Probleme
Mathematische Präzision: Statt „prob > 30%“(Werbewirtschaft) -> „prob є [0,30%;0,31%]“ (Versicherung)
Langfristprognose: relevant ist „Tod in k є [10;30] Jahren“
KI als Ersatz für traditionelle aktuarielle Methoden
Gruppe A
Gruppe B
Gruppe C
Was kann KI ? (Gewichtete) Clusterung von Personen
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Clusterung in diesem Kontext Zuordnung von Personen zu einer Gruppe
(sicher oder wahrscheinlichkeits-gewichtet) „Gruppen“: Personen mit gleichen Ausprägungen
bestimmter Merkmale
Mögliche Anwendung in der Lebensversicherung Zuordnung von Merkmal-Ausprägungen jenseits
der üblichen Klassen (Alter, Geschlecht), die für die Sterblichkeit relevant sind
Automatisierte Ableitung von Clustern, die auf „abstrakten“ d.h. nicht unmittelbar messbarer Merkmale beruhen(z.B. Einkaufsverhalten bei Amazon)
Problem Aus Ähnlichkeit von Merkmalen ist keine direkte
Aussage zur Sterblichkeit möglich Mein Schwager und ich gehören in gleich
Cluster Mein Schwager ist mit 60 gestorben Was folgt für „mein Gx(t)“?
Unsinnige Cluster Was läßt sich aus dem Einkaufsverhalten
im Drogeriemarkt für Gx(t) ableiten?
Gruppe A
Gruppe B
Gruppe C
Traditionelle vs. KI-bestimmte Sterbetafeln
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Traditionelle Versicherungsmathematik Konkrete, disjunkte Gruppen (Alter, Geschlecht)
Aktuarielles Alter (Generationensterbetafel)
Eindeutige Zuordnung einer Sterbewahr-scheinlichkeit zu einer Gruppe (von Personen mit gleichen Merkmalen
0,1% 4,0%
Ziel KI basierter Ansätze
Sterbewahrscheinlichkeit abgeleitet aus (ggf. komplexer) Funktion unterschiedlicher Merkmal-Tupel
0,1% 4,0%
Biologisches Alter
Gruppe A
Gruppe B
Gruppe C
Was könnte KI realistisch leisten?
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Potentieller Nutzen KI basierter Ansätze Ableitung eines „biologischen Alters“ Ersatz
traditioneller Merkmale (aktuarielles Alter, Geschlecht) Kalendarisches Alter wird dabei ein wichtiges
Merkmal bleiben Schätzung durch Verwendung einer größeren Zahl
von Merkmalen (Automatische) Optimierung relevanter Merkmale
Probleme Umgang mit nicht-disjunkten Merkmal-Gruppen
(Modellierung der Wechselwirkung) Vermeidung diskriminierender Merkmale
(Einkaufsverhalten im Drogeriemarkt vs. Unisex) Langfristprognose bei begrenzten Trainingsdaten
0,1% 4,0%