MICHAEL FEINDT
Kerne und TeilchenModerne Experimentalphysik IIIVorlesung 3
KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
MICHAEL FEINDTINSTITUT FÜR EXPERIMENTELLE KERNPHYSIK
www.kit.edu
Stabilität der Kerne
Kernzerfälle
■ Beta – Zerfall:
■ Alpha – Zerfall: Emission eines 4He – Kerns
■ Kernspaltung: spontane Spaltung , i.a. sehr unwahrscheinlichNennenswert ab Uran, ab Z >≈ 110 wichtiger als α-Zerfall
- β- : e- – Abstrahlung n → p + e- + νe- β+ : e+ – Abstrahlung p → n + e+ + νe- EC : Elektroneneinfang p + e- → p + νe
KIT-IEKP2 00.00.0000
α-Zerfall
Stabile Kerne: nur in schmalem Band in Z, N – Ebene.
Instabile Kerne: zerfallen unabhängig voneinander und zu nicht vorhersehbarer Zeit.
Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
KIT-IEKP3 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
[Quelle: Povh, Teilchen und Kerne]
Aktivität
… einer Probe mit N Kernen = Zahl der Zerfälle pro Zeiteinheit
Lösung: integrieren:
NdtdNA ⋅=−= λ
Zerfallskonstante
dtN
dN ⋅−= λ τλ /00)( tt eNeNtN −− ==
Lebensdauer τ
Halbwertszeit T ½ λ
λτ2ln
1
21 =
=
T
KIT-IEKP4 00.00.0000
■ Einheit: 1 Bq = 1 Bequerel = 1 Zerfall /Sekunde
■ Messungen von λ, A:
� τ kurz: (<≈ 1 Jahr) : ergibt direkt λ
� τ lang: N erforderlich, problematisch bei Stoffgemischen
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N 00
teNtNtA λλλ −=⋅= 0)()(ln A
t
0, ±11 : ug, uu, gg
3.1 Beta – Zerfall
■ Betrachte Isobare mit A = const.
■ B.W. – Formel kann als quadratische Funktion von Z geschrieben werden
212),( −⋅+⋅+⋅−⋅= AZZAZAM δγβα
a0 /A + aC /A1/3
KIT-IEKP5 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
a0 + (Mn – Mp – me) A ungerade
Parabel
A gerade
2 vertikalversetzteParabeln
Minimum der Masse bei
Z = β /2γ
Mn – aV + aS A-1/3 + a0/4
β-Zerfall in Kernen
β – Zerfall
n – Überschuss p – Überschuss
e
e
eRuTc
eTcMo
νν
++→
++→−
−
10144
14143
10143
14142
e
e
eRuRh
eRhPd
νν
++→
++→+
+
10144
14145
10145
14146
β- - Zerfall β+ - Zerfall
KIT-IEKP6 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
Nukleonumwandlung
n → p + e- + νe p → n + e+ + νe
auch für freie Neutronen:Mn > Mp + Meτ ≈ 11 Minuten
geht nur in Kernen, daMn > Mp
Bethe-Weizsäcker-Gl. gilt für Atommassen inkl. Elektronenhülle → Energiebedingungen:
M(A,Z) > M(A,Z+1) M(A,Z) > M(A,Z-1) + 2 ·me
β – Zerfall in geraden Kernen
■ Beispiel: A = 106
■ stabilstes Isobar:
■ Auch β-stabil, weil die benachbarten Kerne und (uu) energetisch höher liegen
�
Pd10646
In10649Ag106
47Cd10648
eePdCd ν2210646
10648 ++→ + extrem unwahrscheinlich, "doppelter
β-Zerfall" (ββ2ν)∆Z = 2
KIT-IEKP7 00.00.0000
■ uu – Kerne: alle uu-Kerne sind β-instabil, weil es einen benachbartengg – Kern mit kleinerer Energie gibt.
Ausnahmen:
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NBLiH 147
105
63
21 ,,,
uu und ug Massenparabeln
KIT-IEKP8 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
[Quelle: Povh, Teilchen und Kerne]
Elektroneneinfang (EC)
■ EC : electron capture
■ e- (aus Atomhülle) + p → n + νe
■ e- – Wellenfunktion im Kern > 0, vor allem bei schweren Kernen und Elektronen der K – Schale
� Emission von charakteristischer Röntgenstrahlung, wenn sich die Atomhülle neu ordnet. Anregungsenergie ε.
■
KIT-IEKP9 00.00.0000
■ Energiebilanz für EC: M(A,Z) > M(A,Z-1) + ε
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Typische β – Lebensdauern
■ β – Zerfall = schwache Wechselwirkung
� ms <≈ τ <≈ 1016 Jahre
� 1/τ ∝ ∆E5
� freies Neutron: ∆E = 0.78 MeV
τn = 886.7 ± 1,9 s
KIT-IEKP10 00.00.0000
■ Manchmal: konkurrierende Prozesse, z.B.
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K4019
Ar4018
Ca4020
KIT-IEKP11 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
Z
[Quelle: Povh, Teilchen und Kerne]
3.2 α – Zerfall
■ p, n auch in schweren Kernen mit <≈ 8 MeV gebunden → i.a. kein Entweichen möglich.
■ Aber: Bildung gebundener Subsysteme aus m Nukleonen kann deren Bindungsenergie freisetzen und Emission verursachen.
Wahrscheinlichkeit zur Bildung der Subsysteme nimmt drastisch mit m ab.
Besonders günstig: m=4 : 4He = 2p + 2n = α-Teilchen
KIT-IEKP12 00.00.0000
m klein und EB ≈ 7 MeV/m groß(vgl. m = 2, 3, 5)
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r
V
Coulombpotential
ProtonenNeutronen
VC = 2 · (Z-2) · αħc/r
q(α) q(Restkern)
Eα wird frei, wenn Potentialwall ("Coulomb-Barriere") durchdrungen werden kann � Tunneleffekt
α – Zerfall
■ α – Teilchen = Wellenpaket, stößt sehr oft gegen Potentialwall
■ Coulombarriere �Wahrscheinlichkeit für Tunneleffekt durch q.m. Rechnung mit Überlagerung dünner Potentialwände der Dicke ∆r berechenbar .
■ Lebensdauer von α – Strahlern : ns ↔ 1017 a
Transmission an dünner Wand:
^
KIT-IEKP13 00.00.0000
Transmission an dünner Wand:
Insgesamt
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||2, 12 VEmeT r −=≈ ∆−h
κκ
βαπκ )2(2
11
|)(|21 −⋅=−== ∫∫Z
r
R
r
R
rVEmdrGh
"Gamow-Faktor"
β=v/c
T = e-2G - variiert über viele Größenordnungen- direkter Zusammenhang zwischen λ=1/τ und
kinetischer Energie des α-Teilchens.
E=TeilchenenergieV=Höhe der Barriere mit Dicke ∆r
Gesamtwahrscheinlichkeit für α - Zerfall
GeR
w 20
2)( −⋅⋅= vαλ
Bildungswahr-scheinlichkeitfür α im Kern
Stöße an Potentialwallv0 =vα im Kern,ca. 0.1·c
Tunnel-wahrscheinlichkeit
KIT-IEKP14 00.00.0000
■ kleine Unterschiede in E → große Unterschiede in λ
■ α – Zerfall bis A >≈ 140 energetisch möglich, aber τ "unbeobachtbar" lang.
■ Beispiel: 238U in Gestein → Kette bis 222Rn (gasförmig)
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Atemwege 40% der natürlichen Strahlenbelastung
4 Zerfallsketten
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3.3 Kernspaltung
■ EB = max. für 56Fe
■ Kerne mit Z>40 können sich prinzipiell in zwei leichtere Kernfragmente spalten und Energie freisetzen.
Der Potentialwall ist aber so hoch, dass erst ab Uran dieser Prozess mit dem α-Zerfall konkurriert.
Betrachte Oberflächen- und Coulombenergie bei Verformung(konstantes Volumen):
KIT-IEKP16 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
(konstantes Volumen):
Geometrie und B.W.-Formel: Spaltbarriere ≈ 0 für
270,114..4822
>>≈≥ AZhdaa
AZ
C
S
Z >≈ 92: ESP nur 6 MeV, kann durch Beschuss mit Teilchen zugeführt werden � induzierte Spaltung
4/3 πR3 4/3 π a·b2
r
1 Kern deformierter Kern
2 kleinere Kerne
Zerfallswahrscheinlichkeit via Tunneleffekt
KernradiusR
■ an Kernen mit N ungerade
■ + Paarungsenergie !
Bsp.: ESpalt = 5.5 MeV
Neutroneneinfang
En > 5.5 – 4.9 MeV = 0.6 MeV erforderlich, um sofortige Kern-
238U + n → 239U + 4.9 MeV
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En > 5.5 – 4.9 MeV = 0.6 MeV erforderlich, um sofortige Kern-spaltung auszulösen ("schnelle Neutronen", Einfangswahrschein-lichkeit klein (∝ 1/v))
ESpalt = 5.5 MeV
En thermisch ausreichend, um 235U zu spalten � Kernkraftwerk
235U + n → 236U + 6.4 MeV
3.4 Angeregte Kernzustände; ɣ - Zerfall
■ analog zu Atom – Anregungszuständen
Überlappung von Zuständen (breit)
Kontinuum
KIT-IEKP18 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
Überlappung von Zuständen (breit)
diskrete angeregte Zustände, definiertes JP, unterschiedliche Lebensdauern
Grundzustand
EAnr >≈ 8 MeV : n-Emission möglich "Dipolriesenresonanz"
ɣ-Emission mit τ = 10-9 - 10-15 s→ elektromagnetisch, Photonen
Dipolriesenresonanz
KIT-IEKP19 00.00.0000 Michael Feindt, Moderne Experimentalphysik III, Vorlesung 3
[Quelle: Povh, Teilchen und Kerne]