Der Kern des Dirac-Operators
Bernd Ammann
Universität Regensburg
Antrittsvorlesung, Regensburg, 3.12.2009
1. MotivationDirac-GleichungWitten-SpinorWeierstraß-Darstellung
2. Dirac-Operatoren in höheren DimensionenEinführungIndex in Dimensionen 1,2 mod 8Index in Dimension n = 4k
3. Generische Metriken sind D-minimalD-minimale MetrikenD-Minimalitaets-SatzChirurgie
1. Motivation
Thema der VorlesungUntersuche harmonische Spinoren, d.h. Lösungen ϕ von
Dϕ = 0.
Hierbei ist
I ϕ ein Spinor, ein Schnitt des Spinor-Bündels über einerriemannschen Mannigfaltigkeit, ϕ ∈ Γ(ΣM).
I D ist der Dirac-Operator. D : Γ(ΣM)→ Γ(ΣM). Es ist einDifferentialoperator 1. Ordnung.
Wieso interessiert man sich dafür?I Quantenmechanik
Dirac (1928)I Positive Masse in der Allgemeinen Relativitätstheorie:
Witten (1981)I Minimalflächen
Weierstraß (um 1860) und Abresch-Kusner-Schmitt (um1993)
I Indexsatz von Atiyah-Singer (um 1963),Obstruktionen gegen positive Skalarkrümmung,Existenz und Eindeutigkeit von partiellenDifferentialgleichungen,...
Dirac-Gleichung (1928), Quantenmechanik
Wellenfunktion für masselose Fermionen (z.B. Neutrinos)
Dϕ = 0
Hierbei ist ϕ : R4 → C4.
D =4∑
i=1
γi∂
∂xi
γi ∈ C4×4 mit γiγj + γjγi = ±2δij
Es folgt D2 = d2
dt2 −∆.
Witten-Spinor, Allgemeine Relativitätstheorie
Statische Materie-Ansammlung, umgeben von Vakuum
Mathematisches Modell:Asymptotisch flache Riemannsche MannigfaltigkeitArnowitt-Deser-Misner haben für solche Räume eine Massedefiniert. Der flache Rn hat Masse 0.
Satz (Schoen-Yau (1979))Für alle anderen erlaubten Räume ist die Masse immer positiv.Einfacher Beweis, Witten (1981): Löse Dϕ = 0.
Weierstraß-Darstellung von Minimalflächen
Pythagoräische Tripel: a2 + b2 = c2 a,b, c ∈ Z (∗)
Äquivalent: Löse(
ac,bc
)∈
{v ∈ Q2
∣∣∣ |v | = 1}
stereogr. Proj.←→ rationale Punkte auf R ∪ {∞}
R
R
1
1
b
b
(
a
c,
b
c
)
m
n
b
b
b
b
b
b
R
R
1
1
b
b
(
a
c,
b
c
)
m
n
b
b
b
b
b
b
(ac,bc
)=
(2mn
m2 + n2 ,m2 − n2
m2 + n2
)(
mn
)7→
a = 2mnb = m2 − n2
c = m2 + n2
Z× Z → Lösungen von (*) in Z× Z× Z
Komplexifizierung
Quadrik Q =
a
b
c
∈ C3∣∣∣ a2 + b2 + c2 = 0
(
m
n
)7→
m2−n2
i(m2+n2)
2mn
C2 2:1−→ Q↓ ↓
CP1 1:1−→ [Q]
Parametrisierte FlächenU ⊂ C offen, (x , y) ∈ U.F : U → R3 Parametrisierung eines Flächenstücks∂F∂z = 1
2
(dFdx − i dF
dy
)
F ist konform (=winkeltreu)
⇔∣∣dF
dx
∣∣ =∣∣∣dF
dy
∣∣∣ and dFdx ⊥
dFdy
⇔ ∂F∂z ∈ Q
Weierstraß-Darstellung (1866)F : U → R3 F konform.Finde ϕ1, ϕ2 : U → C, so dass
∂F∂z
=
ϕ21 − ϕ2
2i(ϕ2
1 + ϕ22)
2ϕ1ϕ2
F (U) ist Minimalfläche⇔ ϕ1 und ϕ2 sind holomorphe Funktionen.
Weierstraß-Darstellung (1866)F : U → R3 F konform.Finde ϕ1, ϕ2 : U → C, so dass
∂F∂z
=
ϕ21 − ϕ2
2i(ϕ2
1 + ϕ22)
2ϕ1ϕ2
F (U) ist Minimalfläche⇔ ϕ1 und ϕ2 sind holomorphe Funktionen.
Wieso ist dies wichtig?Die Gleichung H = 0 ist eine nicht-lineare partielleDifferentialgleichung also a priori schwer zu lösen.
{Lösungen von H = 0} ←→
{Paare (ϕ1, ϕ2) von holomorphen Funktionen}
Holomorphe Funktionen zu studieren, ist vergleichsweiseeinfach.
Wieso ist dies wichtig?Die Gleichung H = 0 ist eine nicht-lineare partielleDifferentialgleichung also a priori schwer zu lösen.
{Lösungen von H = 0} ←→
{Paare (ϕ1, ϕ2) von holomorphen Funktionen}
Holomorphe Funktionen zu studieren, ist vergleichsweiseeinfach.
Wieso ist dies wichtig?Die Gleichung H = 0 ist eine nicht-lineare partielleDifferentialgleichung also a priori schwer zu lösen.
{Lösungen von H = 0} ←→
{Paare (ϕ1, ϕ2) von holomorphen Funktionen}
Holomorphe Funktionen zu studieren, ist vergleichsweiseeinfach.
Globale Beschreibung
Unter konformen Kartenwechseln verhalten sich ϕ1 und ϕ2 wieWurzeln aus 1-Formen.Sei nun M eine Riemannsche Fläche, konform eingebettet inR3.
T ∗M = Σ+M ⊗C Σ+M
Σ−M := Σ+M
ΣM := Σ+M ⊕ Σ−M
ϕ := (ϕ1, ϕ2) ∈ Γ(ΣM)
Dirac-Operator D : Γ(ΣM)→ Γ(ΣM)
D(ϕ1ϕ2
)=
(0 −∂∂ 0
) (ϕ1ϕ2
).
Periodische MinimalflächenmitFundamentalbereich M
/Verschiebungen
1:1←→
{Paare holomorpher Schnitte von Σ+M} / ± 11:1←→
{Lösungen von Dϕ = 0} / ± 1
Dirac-Operatoren für beliebiges n = dimM
n = 2k : ΣM ⊗C ΣM =⊕2k
j=0 ΛjT ∗M ⊗R C
n = 2k + 1 : ΣM ⊗C ΣM =⊕k
j=0 Λ2jT ∗M ⊗R C
Dirac-Operator D : Γ(ΣM)→ Γ(ΣM)
I partieller Differentialoperator 1. OrdnungI die Definition nutzt die riemannsche Metik g und die
Spin-Struktur von MI elliptisch und (formal) selbstadjungiert
Ab jetzt: M kompakt.I Spektrum ist diskret und reellI die Eigenwerte von D hängen stetig von der Metrik ab
Dirac-Operatoren für beliebiges n = dimM
n = 2k : ΣM ⊗C ΣM =⊕2k
j=0 ΛjT ∗M ⊗R C
n = 2k + 1 : ΣM ⊗C ΣM =⊕k
j=0 Λ2jT ∗M ⊗R C
Dirac-Operator D : Γ(ΣM)→ Γ(ΣM)
I partieller Differentialoperator 1. OrdnungI die Definition nutzt die riemannsche Metik g und die
Spin-Struktur von MI elliptisch und (formal) selbstadjungiert
Ab jetzt: M kompakt.I Spektrum ist diskret und reellI die Eigenwerte von D hängen stetig von der Metrik ab
Dirac-Operatoren für beliebiges n = dimM
n = 2k : ΣM ⊗C ΣM =⊕2k
j=0 ΛjT ∗M ⊗R C
n = 2k + 1 : ΣM ⊗C ΣM =⊕k
j=0 Λ2jT ∗M ⊗R C
Dirac-Operator D : Γ(ΣM)→ Γ(ΣM)
I partieller Differentialoperator 1. OrdnungI die Definition nutzt die riemannsche Metik g und die
Spin-Struktur von MI elliptisch und (formal) selbstadjungiert
Ab jetzt: M kompakt.I Spektrum ist diskret und reellI die Eigenwerte von D hängen stetig von der Metrik ab
Index in Dimension n = 8k + 2
I Alle Eigenwerte haben gerade MultiplizitätI Ist λ Eigenwert, dann auch −λ
Folgerung
ind D :=dimC ker D
2mod 2 ∈ Z/2Z
ist unabhängig von der Wahl der Metrik g.
Analog: n = 8k + 1
ind D := dimC ker D mod 2 ∈ Z/2Z
unabhängig von der Metrik.
Index in Dimension n = 4k
ΣM = Σ+M ⊕ Σ−M
D =
(0 D−
D+ 0
)
ind D := dim ker D+ − codim im D+ = dim ker D+ − dim ker D−
Satz (Atiyah-Singer 1963-68)
ind D =
∫M
A(TM)
Abel-Preis 2004
Index in Dimension n = 4k
ΣM = Σ+M ⊕ Σ−M
D =
(0 D−
D+ 0
)ind D := dim ker D+ − codim im D+ = dim ker D+ − dim ker D−
Satz (Atiyah-Singer 1963-68)
ind D =
∫M
A(TM)
Abel-Preis 2004
Index in Dimension n = 4k
ΣM = Σ+M ⊕ Σ−M
D =
(0 D−
D+ 0
)ind D := dim ker D+ − codim im D+ = dim ker D+ − dim ker D−
Satz (Atiyah-Singer 1963-68)
ind D =
∫M
A(TM)
Abel-Preis 2004
ind D =
∫M
A(TM)
Folgerungen für n = 4k :I
∫A(TM) ∈ Z
I Angenommen es existiere eine Metrik mit positiverSkalarkrümmung. Dann ker D = 0. Dann
∫A(TM) = 0.
Frage 1 (Surjektivität)Gibt es für alle ψ ∈ Γ(ΣM) eine Lösung von
Dϕ = ψ?
Frage 2 (Injektivität)Eindeutigkeit?
AntwortJa in Frage 1⇔ Ja in Frage 2⇔ ker D = {0} ⇒ ind D = 0Frage 3Gilt auch ind D = 0⇒ ker D = {0}?
Frage 1 (Surjektivität)Gibt es für alle ψ ∈ Γ(ΣM) eine Lösung von
Dϕ = ψ?
Frage 2 (Injektivität)Eindeutigkeit?AntwortJa in Frage 1⇔ Ja in Frage 2⇔ ker D = {0}
⇒ ind D = 0Frage 3Gilt auch ind D = 0⇒ ker D = {0}?
Frage 1 (Surjektivität)Gibt es für alle ψ ∈ Γ(ΣM) eine Lösung von
Dϕ = ψ?
Frage 2 (Injektivität)Eindeutigkeit?AntwortJa in Frage 1⇔ Ja in Frage 2⇔ ker D = {0} ⇒ ind D = 0
Frage 3Gilt auch ind D = 0⇒ ker D = {0}?
Frage 1 (Surjektivität)Gibt es für alle ψ ∈ Γ(ΣM) eine Lösung von
Dϕ = ψ?
Frage 2 (Injektivität)Eindeutigkeit?AntwortJa in Frage 1⇔ Ja in Frage 2⇔ ker D = {0} ⇒ ind D = 0Frage 3Gilt auch ind D = 0⇒ ker D = {0}?
Gegenbeispiel
ind D = 0 und ker D 6= {0}
Aber: Ist M zusammenhängend und ind D = 0, dann giltker D = {0} für fast alle Metriken.
I Gromov-Lawson/Stolz 1992, falls π1(M) = 0 unddim M ≥ 5
I Maier 1997, falls dim M ≤ 4I Ammann-Dahl-Humbert 2009: allgemein.
Gegenbeispiel
ind D = 0 und ker D 6= {0}
Aber: Ist M zusammenhängend und ind D = 0, dann giltker D = {0} für fast alle Metriken.
I Gromov-Lawson/Stolz 1992, falls π1(M) = 0 unddim M ≥ 5
I Maier 1997, falls dim M ≤ 4I Ammann-Dahl-Humbert 2009: allgemein.
Gegenbeispiel
ind D = 0 und ker D 6= {0}
Aber: Ist M zusammenhängend und ind D = 0, dann giltker D = {0} für fast alle Metriken.
I Gromov-Lawson/Stolz 1992, falls π1(M) = 0 unddim M ≥ 5
I Maier 1997, falls dim M ≤ 4I Ammann-Dahl-Humbert 2009: allgemein.
D-minimale Metriken
n = dim M
dim ker D ≥
|∫
A(TM)|, falls n = 4k ;1, falls n ≡ 1 mod 8 und ind 6= 0;2, falls n ≡ 2 mod 8 und ind 6= 0;0, sonst
Eine Metrik heißt D-minimal, falls Gleichheit gilt.
D-Minimalitäts-Satz
Satz (D-Minimalitäts-Satz, A.-Dahl-Humbert 2009)Sei M zusammenhängend, kompakt, spin. k ∈ {1,2,3, . . . ,∞}.Dann ist die Menge aller D-minimalen Metriken offen und dichtin der Menge aller Metriken, versehen mit der Ck -Topologie.
Anwendungen (M zusammenhängend, g D-minimal)I Falls ind D = 0, dann ist D : Γ(ΣM)→ Γ(ΣM) bijektivI Falls n = 4k und ind D ≥ 0, dann ist D+ surjektiv und D−
injektiv.I Falls n = 4k und ind D ≤ 0, dann ist D− surjektiv und D+
injektiv.I Falls n 6≡ 3,5,6,7 mod 8, dann ist D bijektiv
D-Minimalitäts-Satz
Satz (D-Minimalitäts-Satz, A.-Dahl-Humbert 2009)Sei M zusammenhängend, kompakt, spin. k ∈ {1,2,3, . . . ,∞}.Dann ist die Menge aller D-minimalen Metriken offen und dichtin der Menge aller Metriken, versehen mit der Ck -Topologie.
Anwendungen (M zusammenhängend, g D-minimal)I Falls ind D = 0, dann ist D : Γ(ΣM)→ Γ(ΣM) bijektivI Falls n = 4k und ind D ≥ 0, dann ist D+ surjektiv und D−
injektiv.I Falls n = 4k und ind D ≤ 0, dann ist D− surjektiv und D+
injektiv.I Falls n 6≡ 3,5,6,7 mod 8, dann ist D bijektiv
ChirurgieSei f : Sk × Bn−k ↪→ M eine Einbettung.Wir definieren
M# := M \ f (Sk × Bn−k ) ∪ (Bk+1 × Sn−k−1)/ ∼
wobei / ∼ Verkleben entlang des Randes bedeutet
M 3 f (x , y) ∼ (x , y) ∈ Sk × Sn−k−1.
Wir erhalten M# aus M durch k -dimensionale Chirurgie.
Beispiel: 0-dimensionaleChirurgie auf einer Fläche
I Jede Chirurgie entsteht durch einen Bordismus.I Jeder Bordismus kann in endlich viele
Chirurgie-Bordismen zerteilt werden (Morse-Theorie)I Wir fordern ab jetzt immer, dass M, M# und der Bordismus
orientiert und mit Spin-Struktur versehen sind. Dannheißen M und M# spin-bordant.
I ind D auf M = ind D auf M#
D-Minimalität und ChirurgieSatz (ADH 2009)Sei k ≤ n − 2.Falls M eine D-minimale Metrik trägt, dann auch M#.Aussage falsch für k = n − 1.
Satz (wohl-bekannt)Es gebe einen Bordismus von M1 nach M2. Ist M2 nicht-leerund zusammenhängend, so gibt es einen Bordismus von M1nach M2, der nur aus Chirurgien der Dimension k ≤ n − 2besteht.
Beweisskizze des D-Minimalitätssatzes1.) Gebe D-minimale Metriken auf Erzeugern derBordismengruppe an.2.) Durch Chirurgie sehen wir, dass jede zusammenhängendeMannigfaltigkeit eine D-minimale Metrik trägt.3.) Mit einem Störungsargument folgt dann, dass dieD-minimalen Metriken dicht sind.