Das Magazin des Landesverbandes Hessen-Mittelrhein und Thüringen der gewerblichen Berufsgenossenschaften
Ausgabe
1/2003
compact
• Neuer Service derBG-UnfallklinikFrankfurt/Main
• DRG-Einführung –die umfassendsteKrankenhausreformaller Zeiten
• Fortbildung für Servicestellen-mitarbeiter
INHALT INHALT INHALT INHALT
2 compact 1/2003
Die Vergütung der Leistungen im
Krankenhaus für stationäre Behand-
lungen nach Diagnosis Related Groups
(DRGs) wird ab Januar 2004 für einige
Veränderungen in der stationären Ver-
sorgung führen. Der Trend zu immer
kürzeren Verweildauern wird sich auf
alle Patientengruppen spürbar auswirken.
Vielfach wird bezweifelt, ob eine effi-
ziente Versorgung, insbesondere von
Schwerstverletzten, überhaupt noch ge-
währleistet werden kann. Modellrech-
nungen belegen, dass der Behandlungs-
aufwand z. B. bei Polytraumatisierten,
Querschnittgelähmten, Verbrennungs-
opfern oder auch in der neurologischen
Frührehabilitation nicht kostendeckend
vergütet wird. Insbesondere bei speziali-
sierten Krankenhäusern kann das schnell
eine finanzielle Schieflage bedeuten.
Ob deshalb tatsächlich im Einzelfall auf
notwendige Behandlungsmaßnahmen
verzichtet wird, wie es Experten be-
fürchten, bleibt abzuwarten. Ethisch zu
rechtfertigen wäre das jedenfalls nicht.
Die Unfallversicherungsträger müssen
allerdings vorbereitet sein, denn sie
haben bekanntlich einen speziellen ge-
setzlichen Auftrag in der Rehabilitation
Arbeitsunfallverletzter, den es auch so-
zusagen unter erschwerten Bedingun-
gen zu erfüllen gilt. Die UV-Träger
haben dazu schlagkräftige Einrichtun-
gen an ihrer Seite – die eigenen Berufs-
genossenschaftlichen Unfallkliniken.
Natürlich zählen wir auch weiterhin auf
die von den Landesverbänden der Be-
rufsgenossenschaften zum Verletzungs-
artenverfahren zugelassenen Häuser. Die
9 berufsgenossenschaftlichen Spezial-
kliniken zur Behandlung von Schwer-
und Schwerstverletzten richten sich aber
vermehrt darauf ein, die Versorgung
Arbeitsunfallverletzter auch und gerade
in solchen Fällen zu übernehmen, die
sich für andere Krankenhäuser vielleicht
nicht mehr „rechnen“. Die Sachbearbei-
ter bzw. Reha-Manager der berufsge-
nossenschaftlichen Verwaltungen müs-
sen deshalb ein besonderes Augenmerk
darauf richten, Arbeitsunfallverletzte bei
Bedarf frühzeitig in solche Einrichtungen
zu steuern, die den besonderen Auftrag
der Heilbehandlung und Rehabilitation
mit allen geeigneten Mitteln auch nach
der DRG-Einführung noch erfüllen kön-
nen. Auch die Chefärzte der zugelas-
senen Krankenhäuser sollten im Zweifel
frühzeitig auf das Angebot der BG-
Kliniken zurück greifen. Eine enge
Zusammenarbeit mit den Berufsgenos-
senschaftlichen Kliniken ist dafür eine
wichtige Voraussetzung. Wie das in
der Praxis aussehen kann, erläutern wir
am Beispiel der BGU Frankfurt in dieser
Ausgabe.
Wir wünschen Ihnen schöne und
erholsame Ferientage.
Editorial
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
Intermedia-globe Silver für „Die Jagd auf Mister X“ . . . . 3
Mitarbeiter der Gemeinsamen Servicestellen in . . . . . . . 4
Rheinland-Pfalz bilden sich fort
Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt – . . 6
ein Dienstleistungsunternehmen mit neuen
Serviceangeboten nicht nur für Berufsgenossenschaften
Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung . . . . . . . . . . 9
leicht gestiegen – Wirtschaftsflaute trifft auch die
Berufsgenossenschaften
„Die umfassendste Krankenhausreform aller Zeiten“ . . . . 11
Neufassung der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) . . . . . . . 13
seit 1. September 2002
Termine und Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
31/2003 compact
Die Filmproduktion „Die Jagd
auf Mister X“ der Berufsgenossen-
schaften wurde beim WorldMedia-
Festival Hamburg 2003 ausgezeich-
net. Der vierminütige Zeichen-
trickfilm erhielt in der Kategorie
Training – Motivation die zweit-
beste Auszeichnung: den Inter-
media-globe Silver.
Die „Jagd auf Mister X“ gehört zu
dem Medienpaket der Berufsgenos-
senschaften „Jugend will sich-er-leben“,
das sich bundesweit mit den Themen
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
an die Berufsschulen richtet.
Das WorldMediaFestival ist ein globaler
Wettbewerb für moderne Medien. Die
Bewertung der internationalen Beiträge
erfolgt durch Fachjurygruppen aus
Europa und Übersee. Entscheidende -
Kriterien sind – neben der künstlerischen
und technischen Qualität – die zielgrup-
pengerechte Umsetzung der kommu-
nizierenden Botschaft.
„Die Jagd auf Mister X“ – Der Film
Der kurze Zeichentrickfilm erzählt die
Geschichte eines Teams von jungen
LAN-Spielern. Sie wollen an einem Wett-
bewerb teilnehmen, bei dem sie ge-
meinsam den unbekannten Mister X im
Internet finden müssen. Jedes Gruppen-
mitglied hat Stärken und Schwächen,
gemeinsam sind sie ein Team, das den
Preis kassieren will. Über die Identifika-
tion mit den Jugendlichen wird den
Berufsschülerinnen und –schülern eine
Reflexion ihrer eigenen Gefühle, Motive,
Einstellungen und ihres eigenen Han-
delns erlaubt. Darüber hinaus bietet der
Film weitere Anknüpfungspunkte für
den Unterricht, wie z.B. Internet, Ergo-
nomie, Kommunikation, Stress. Ein
weiterer Anreiz bietet das interaktive
Storyboard, ein Zeichenprogramm mit
Figuren und Inventar des Filmes, mit
dem die Geschichte weitergeführt wer-
den kann.
Die Aktion „Jugend will sich-er-leben“
wird seit über 30 Jahren von den
Landesverbänden der gewerblichen
Berufsgenossenschaften getragen. Sie
stellt sich in jedem Jahr einem aktuellen
Thema. Mit der ausgezeichneten Pro-
duktion wurde das Medium unserer Zeit
– das Internet und der Bildschirmarbeits-
platz – aufgegriffen.
Weitere Infos zur Aktion gibt es im
Internet unter:
www.jugend-will-sich-er-leben.de
Intermedia-globe Silver für „Die Jagd auf Mister X“
4 compact 1/2003
Mit Einführung des Sozialgesetzbu-
ches IX (SGB) wurden alle Reha-
Träger verpflichtet, bis zum 31. 12. 2002
in allen Landkreisen und kreisfreien
Städten so genannte „Gemeinsame Ser-
vicestellen“ einzurichten. Ihre Aufgabe
ist es, behinderte und behinderten
gleichgestellte Menschen dabei zu
unterstützen, schneller und unkompli-
zierter die benötigten Rehamaßnahmen
zu erhalten. compact berichtete in Aus-
gabe 2/2001. Die Einrichtung der Ser-
vicestellen konnte wie geplant zum
Ende letzten Jahres weitgehend abge-
schlossen werden. Über die eigene
Zuständigkeit hinweg soll der Rat
suchende Bürger bei der Servicestelle
Auskunft und Beratung zu allen Fragen
aus dem Bereich der Rehabilitation
erhalten. Dies unabhängig davon, bei
welchem Träger – ob Kranken-, Renten-,
Arbeitslosen- oder Unfallversicherung –
die Servicestelle angesiedelt ist.
Die Tätigkeit in den Gemeinsamen Ser-
vicestellen stellt hohe Anforderungen an
die Beratungskompetenz der dort einge-
setzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Reha-Träger. Das gilt sowohl für das
Fachwissen, als auch für die kommuni-
kativen Fähigkeiten. Die Grundlagen
wurden bereits in dreitägigen intensiven
Schulkungsveranstaltungen im vergan-
genen Jahr vermittelt. Jetzt lud der Lan-
desverband Hessen-Mittelrhein und
Thüringen der gewerblichen Berufsge-
nossenschaften mit dem „Arbeitskreis
Reha-Servicestellen in Rheinland-Pfalz“
zu einer vertiefenden Schulung zu den
Themen „Persönlicher Umgang mit
Menschen, die mit unterschiedlichen
Behinderungen leben“ und „Persönliche
Assistenz im Arbeitgebermodell“ am
4. Juni 2003 in die Landeshauptstadt ein.
Staatssekretär Dr. Richard Auernheimer,
Landesbeauftragter für die Belange be-
hinderter Menschen in Rheinland Pfalz,
hatte die Schirmherrschaft übernom-
men. In seinem Grußwort betonte er die
Bedeutung der Persönlichen Assistenz
für Menschen mit Behinderungen. Seiner
Meinung nach werden Persönliche
Budgets künftig auch auf Bundesebene
einen hohen Stellenwert bei der Finan-
zierung der Assistenz bekommen. In
seiner Begrüßung betonte der Ge-
schäftsführer des Landesverbandes und
„Hausherr“ Dr. Albert R. Platz die Not-
wendigkeit von Fortbildungsveranstal-
tungen, damit die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Reha-Servicestellen ihren
vielfältigen Aufgaben gerecht werden
können.
„Es ist auch ein Zeichen des eingeläute-
ten und oft propagierten Paradigmen-
wechsels, dass ich als behinderte Ver-
treterin eines Selbsthilfeverbandes heute
hier sein und die Fortbildung durchfüh-
ren kann“, sagte Elke Bartz, Referentin
und Vorsitzende des Forums selbstbe-
stimmter Assistenz behinderter Men-
schen, ForseA, die seit vielen Jahren be-
reits mit einer hohen Querschnittläh-
mung lebt. Nicht nur für sie, auch für
viele der cirka 50 Teilnehmer der Fortbil-
dung war es eine völlig neue, aber abso-
Mitarbeiter der Gemeinsamen Servicestellen in Rheinland-Pfalz bilden sich fort
51/2003 compact
„Blickkontakt auf? Soll man einen Roll-
stuhlfahrer in das Beratungszimmer
schieben? Im ersten Teil der Veranstal-
tung ging es deshalb um den Umgang
von Menschen mit den verschiedensten
Behinderungen, seien es körperliche, so
genannte geistige oder Sinnesbehinde-
rungen. „Immer erst mal fragen, ob
Hilfe benötigt wird und wie das gesche-
hen soll“, so lautete ein guter Tipp von
Elke Bartz.
Im zweiten Teil stellte Elke Bartz den
Stellenwert „Persönlicher Assistenz“ für
die Lebensqualität behinderter Men-
schen dar. Sie erläuterte, wie solch ein
Betrieb im eigenen Haushalt gegründet
lut positive Erfahrung, dass eine Betrof-
fene selbst als Referentin fungierte.
Während viele Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Reha-Träger vor Einfüh-
rung des SGB IX mit behinderten Men-
schen nur als Aktenvorgang und nicht
persönlich zu tun hatten, sehen sie sich
nun häufig ungewohnten Situationen
gegenüber. Wer nicht schon im Privat-
leben behinderten Menschen begegnet
ist, hat kaum Möglichkeiten, eventuelle
Fremdheiten und Unsicherheiten oder
Vorurteile abzubauen. Wie nimmt man
z.B. mit einem blinden Menschen
Dr. Albert R. Platz begrüßt die Teilnehmer.
Staatssekretär Dr. Richard Auernheimer, derSchirmherr der Veranstaltung.
Elke Bastz moderierte und referierte einenganzen Tag.
wird, welche Kostenträger zuständig
und welche Paragraphen relevant sind
und hatte gleich ihre eigene Assistentin
mitgebracht. Sie zog Vergleiche mit
anderen Hilfestrukturen, zeigte aber
auch auf, dass mit der Organisation der
Assistenz ein erhebliches Maß an Eigen-
verantwortung verbunden ist. „Assisten-
ten müssen mitdenken, sie ersetzen in
der Regel aber die Hände und nicht den
Kopf des Assistenznehmers“, stellte Elke
Bartz heraus. Generelle Anforderungen
an potenzielle Assistenten zu definieren
ist allerdings nur schwer möglich. Die
Anforderungen sind in hohem Maße
abhängig von den Bedürfnissen des
Assistenznehmers. Assistenten stellen
ihre eigenen Bedürfnisse zurück, sind
aber natürlich keine Sklaven. Toleranz
und gegenseitiger Respekt sind die
tragenden Säulen der Assistenz. Sie
ermöglicht dem Assistenznehmer
Selbstbestimmung, Lebensqualität
und Eigenverantwortung.
Darüber hinaus ist Arbeitsassistenz oft
preiswerter als die Inanspruchnahme
ambulanter Pflegedienste und kann
dazu auch noch effektiver sein, denn
viele Hilfestellungen im täglichen Leben
des behinderten Menschen sind keine
wirklichen Pflegeleistungen. Außerdem
ist die ambulante Pflege bekanntlich
häufig mit Personalwechseln verbun-
den. Assistenz bietet dagegen auch die
Chance, dass sich zwischen Assistent
und Assistenznehmer ein längerfristiges
Vertrauensverhältnis entwickelt. Assis-
tenz kann auch aus der Perspektive der
Sozialleistungsträger eine durchaus ver-
nünftige und sogar wirtschaftliche Alter-
native darstellen. Eine wichtige Voraus-
setzung gilt allerdings immer und da-
rauf wies Elke Bartz nachdrücklich hin:
Der behinderte Mensch selbst muss die
Assistenz wollen! Sonst wird sie ihren
Zweck nicht erfüllen können.
Rege Nachfragen der Teilnehmer zeug-
ten vom Interesse an den Themen, mit
denen viele zuvor in dieser Weise noch
nie konfrontiert wurden. Auch in den
Bundesländern Hessen und Thüringen
besteht inzwischen Interesse an der
Durchführung von Fortbildungsveran-
staltungen zu dem Thema.
6 compact 1/2003
Eine berufsgenossenschaftliche Unfall-
klinik ist kein „normales“ Kranken-
haus. Da macht auch die Frankfurter
Klinik keine Ausnahme. Rund 30.000
Patienten werden hier pro Jahr behandelt
und oft handelt es sich dabei um die
schwierigeren Fälle. Etwa solche, die
wegen der besonderen Schwere der Ver-
letzung unmittelbar nach einem Unfall
in die BGU gebracht werden oder auch
diejenigen Patienten, die aus anderen
Krankenhäusern zur Weiterbehandlung
hierher verlegt werden.
Neben der medizinischen Behandlung
der Patienten spielt natürlich die Zu-
sammenarbeit mit den Unfallversiche-
rungsträgern eine wesentliche Rolle im
Aufgabenspektrum der Klinik. Die UV-
Träger haben bekanntlich den gesetz-
lichen Auftrag Heilverfahren zu steuern
und mit allen geeigneten Mitteln für die
Wiedereingliederung von Unfallverletz-
ten in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu
sorgen. In Zeiten knapper werdender
Finanzen muss an der Wiedereingliede-
rung im Einzelfall um so intensiver ge-
arbeitet werden, um Heilverläufe mög-
lichst abzukürzen und unnötige Aus-
gaben von vornherein zu vermeiden.
Das A und O dabei ist die gute Zusam-
menarbeit und das gegenseitige Ver-
trauen zwischen Verwaltung und Klinik.
Die Berufsgenossenschaftliche Unfallkli-
nik wird so um so mehr zum Dienstleis-
ter für die berufsgenossenschaftlichen
Verwaltungen, also zu einem „beson-
ders geeigneten Mittel“ in der Rehabili-
tation Arbeitsunfallverletzter.
Zwar kann die BGU Frankfurt heute
schon auf einen besonderen Erfahrungs-
schatz zurück greifen, was die Problem-
stellungen der Unfallversicherung an-
geht. Trotzdem lassen sich die Service-
leistungen sowohl für die berufsgenos-
senschaftlichen Verwaltungen, als auch
für die D- und H-Ärzte noch optimieren.
Mit dieser Aufgabe beschäftigt sich seit
Anfang dieses Jahres ein Arbeitskreis,
der sich aus Vertretern der BGU, des
Landesverbandes Hessen-Mittelrhein
und Thüringen sowie von Berufsgenos-
senschaften zusammen setzt. Ziel ist die
Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt – einDienstleistungsunternehmen mit neuen Serviceangebotennicht nur für Berufsgenossenschaften
71/2003 compact
dards der gesetzlichen Unfallversiche-
rung eingerichtet ist. So kann dem
besonderen Behandlungsauftrag
wesentlich besser Rechnung getragen
werden.
Obendrein wird unter einer eigenen
BG-Hotline Frau Veith als feste Ansprech-
partnerin für UV-Träger zur Verfügung
stehen. Ob Terminvereinbarung zur Be-
handlung oder Heilverfahrenskontrolle,
aber auch andere Fragen der UV-Träger
werden zentral beantwortet – eben ein-
fach getreu dem BG-Motto „alles aus
einer Hand“.
BG-Sachbearbeiter hospitieren
in der BGU
Wie geht es in einer Klinik zu? Was ist
für die BG von Bedeutung? In der Zu-
sammenarbeit zwischen Arzt und Ver-
waltung ist die Kenntnis der Bedürfnisse
und Arbeitsbedingungen der jeweils
„anderen Seite“ nicht nur besonders
wichtig für die Erreichung des gemein-
samen Ziels der bestmöglichen Rehabi-
litation Arbeitsunfallverletzter, sondern
auch für das gegenseitige Verständnis.
Außerdem erleichtert das persönliche
Kennenlernen die Kommunikation. Des-
halb werden BG-Mitarbeiter die Mög-
lichkeit erhalten, in den verschiedenen
Therapiebereichen und Stationen für
jeweils 2 Tage zu hospitieren. Aber auch
Ärzte der Klinik sollen Gelegenheit haben
Verwaltungen kennen zu lernen und zu
sehen, wofür z.B. ihre Berichte benötigt
werden und was darin stehen sollte,
damit es vom Sachbearbeiter auch sinn-
voll verwertet werden kann.
Informationsveranstaltungen für
BG-Mitarbeiter und Ärzte
Weiterbildung und gegenseitige
Information werden in Zukunft groß
geschrieben. Pro Jahr sollen unter Be-
teiligung des Landesverbandes 2 Infor-
Weiterentwicklung kundenfreundlicher
Strukturen und die Erweiterung des bis-
herigen Leistungsangebots der Klinik.
Anlässlich einer Sitzung des Heilverfah-
rensausschusses des Landesverbandes
im Mai wurde bereits ein ganzes Maß-
nahmebündel vorgestellt.
BG-Ambulanz und BG-Station
Künftig wird es in der Klinik eine neue
organisatorische Einheit „BG-Ambulanz“
geben. Geleitet von Oberarzt Dr. Theo-
bald, der seit vielen Jahren bereits zum
Stammpersonal der Poliklinik zählt, wird
sich die BG-Ambulanz ganz auf die Be-
dürfnisse arbeitsunfallverletzter Patien-
ten und die Zusammenarbeit mit den
Berufsgenossenschaften konzentrieren.
Dazu zählt eine schnelle, optimale medi-
zinische Versorgung ebenso, wie die
umgehende Berichterstattung an die
Verwaltungen. Drastische Reduzierung
der Berichtslaufzeiten heißt die Zauber-
formel des schnellen Informationsaus-
tausches zwischen Arzt und BG, denn so
kann eine effiziente Steuerung des Heil-
verfahrens und beschleunigte Leistungs-
erbringung durch die UV-Träger wirk-
sam unterstützt werden. Gerade die
Durchgangsarztberichte müssen unver-
züglich erstattet werden. So lautet auch
aus gutem Grund die Vorgabe für alle
D-Ärzte im Vertrag Ärzte/UV-Träger.
Gerade in Bezug auf die Laufzeiten der
Berichte konnte die BGU durch gering-
fügige organisatorische Maßnahmen in
kurzer Zeit bereits erhebliche Verbesse-
rungen erzielen. Weitere Verkürzungen
der Laufzeiten – übrigens auch für Gut-
achten - sind angepeilt. Dabei wird sich
auch die Nutzung des elektronischen
Datenaustauschs – Dale/UV – positiv
auswirken.
Stationäre BG-Patienten werden auf
einer eigenen Station betreut, die auf
die erforderlichen Behandlungsstan-
mationsveranstaltungen für BG-Sachbe-
arbeiter zu aktuellen medizinischen
Themen angeboten werden. Auch neue
Behandlungsmethoden zur Verkürzung
der Heilverfahren sollen auf diese Weise
zwischen Ärzten und Sachbearbeitern
gemeinsam diskutiert werden. Außer-
dem soll es für Berufshelfer eine Infor-
mationsveranstaltung geben.
Auch die beratenden Ärzte der UV-
Träger müssen sich tagtäglich mit
besonderen Fragestellungen aus der
BG-Welt befassen. Die niedergelassenen
Durchgangsärzte und auch die Betriebs-
ärzte sollen natürlich nicht außen vor
bleiben oder mit ihren Fragen und Pro-
blemen allein gelassen werden. Auch
für sie soll es deshalb gemeinsame Infor-
mations- und Weiterbildungsveranstal-
tungen geben.
Im Sinne einer Rückkopplung sollen
sich zweimal jährlich BG-Geschäftsführer
und Reha-Leiter sowie Vertreter des Lan-
desverbandes mit der Klinik zusammen
setzen, um Fragen zur weiteren Opti-
mierung der Zusammenarbeit und der
Heilverfahrenssteuerung zu erörtern. So-
zusagen vorgeschaltet ist ein Beschwer-
demanagement, das im unmittelbaren
Zuständigkeitsbereich des kaufmän-
nischen Direktors der Klinik, Dr. Armin
Lahmer, liegt. Wenn es Anlass für
Beschwerden etwa in der Zusammen-
arbeit BG/Klinik, über Berichtslaufzeiten
oder Behandlungsfälle geben sollte,
Dr. Lahmer wird sich unmittelbar und
kurzfristig darum kümmern.
Neue Serviceangebote bei
der Behandlung von Arbeitsunfall-
verletzten
Waren die Reha-Träger bereits in der
Vergangenheit darum bemüht, die Ver-
weildauer in der Akutklinik so kurz wie
möglich zu halten, wird die verbindliche
8 compact 1/2003
Dr. Hermann Theobald leitet die neue BG-Ambulanz.
Einführung der Diagnosis Related
Groups (DRG) als neuem Vergütungs-
system für stationäre Leistungen ab
2004 zu weiteren Reduzierungen führen.
Während von vielen Experten erwartet
wird, dass gerade Schwerstverletzte an
„normalen“ Krankenhäusern der Grund-
und Regelversorgung künftig nicht
mehr optimal behandelt werden kön-
nen, weil befürchtet wird, dass dem
dazu erforderlichen Aufwand keine
adäquate Vergütung gegenüber steht,
verfügen die BG-Kliniken bei der Be-
handlung von Arbeitsunfallverletzten
auch weiterhin über beste Möglichkei-
ten in der akutmedizinischen Versor-
gung, denn gegenüber den UV-Trägern
rechnen die Unfallkliniken auch weiter-
hin keine DRGs ab.
Wegen der frühzeitigen Entlassung aus
dem Akutkrankenhaus werden geeig-
nete weiter führende Reha-Angebote
zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Ein besonders auf arbeitsunfallverletzte
Patienten abgestimmtes Angebot ist
deshalb die Durchführung der Berufsge-
nossenschaftlich Stationären Weiterbe-
handlung (BGSW) in der BGU Frankfurt.
Seit 1. Juli ist die Klinik zur BGSW zu-
gelassen. Eine eigene Station steht
dafür zur Verfügung. Die Leitung hat
Dr. Marcus übernommen, unterstützt
durch Oberarzt Dr. Leutelt. Darüber
hinaus steht in Zukunft zusätzlich das
Angebot der Erweiterten Ambulanten
Physiotherapie (EAP) in der Planung.
Abgerundet wird das Programm durch
eine besondere Schmerzambulanz für
Arbeitsunfallpatienten.
Rechnungsprüfung
durch die Unfallklinik
Apropos DRGs: Jetzt schon vereinzelt,
ab nächstem Jahr aber in jedem statio-
nären Behandlungsfall werden auch
die UV-Träger von Krankenhäusern, die
keine BG-Kliniken sind, nur noch DRG-
Rechnungen erhalten. Wenn es dabei
Probleme gibt, bietet die BGU als be-
sonderen Service die kostenlose Prüfung
von Rechnungen mit einer Empfehlung
zum weiteren Procedere gegenüber
dem Rechnung stellenden Krankenhaus
an.
Es tut sich also einiges an der Berufs-
genossenschaftlichen Unfallklinik in
Frankfurt. Die Angebote stehen. Nun
ist es an den BG-Verwaltungen, diese zu
nutzen und das Leistungsangebot ihrer
Klinik zu fordern. Zu einer so genannten
Kick-off-Veranstaltung werden die BG-
Mitarbeiter nach den Sommerferien in
die Klinik eingeladen.
91/2003 compact
Bundesrat am 14. Juli 2003 dem Gesetz
zur Änderung des siebten Buches Sozial-
gesetzbuch zugestimmt und damit den
Weg für eine Neuregelung des Lasten-
ausgleichs im Bereich der gesetzlichen
Unfallversicherung frei gemacht hat.
Das Gesetz geht auf eine Initiative der
Berufsgenossenschaften zurück. „Mit
dem neuen Lastenausgleich werden die
Beitragszahler der Bau-Berufsgenossen-
schaften nach derzeitigem Stand um
Ein erstmals seit 1995 wieder
leicht angestiegener Durch-
schnittsbeitrag trübt die Bilanz
der Berufsgenossenschaften für
das Jahr 2002. Im Durchschnitt
aller Branchen und Gefahrklassen
hat sich der Beitrag der Unter-
nehmen zur gesetzlichen Unfall-
versicherung von 1,31 Prozent
im Jahr 2001 auf 1,33 Prozent
der Lohnsumme in 2002 erhöht.
„Einer der wesentlichen Gründe
für den Beitragsanstieg liegt in
der sich verschlechternden gesamtwirt-
schaftlichen Lage in Deutschland“, sagte
Dr. Joachim Breuer, Hauptgeschäfts-
führer des Hauptverbands der gewerb-
lichen Berufsgenossenschaften (HVBG),
anlässlich der Bilanzpressekonferenz
des Verbands am 9. Juli 2003 in Berlin.
„Durch Unternehmensschließungen und
Entlassungen mussten wir Beitragsaus-
fälle in Höhe von rund 100 Millionen
Euro hinnehmen. Die Zahlungsunfähig-
keit vieler Betriebe und Unternehmen-
spleiten wirken sich negativ für die rest-
liche Wirtschaft aus, da Kosten auf weni-
ger Schultern verteilt werden müssen.
Diese Entwicklung ließ sich bereits beim
Insolvenzgeld beobachten, welches die
Berufsgenossenschaften für die Bundes-
anstalt für Arbeit per Gesetz einziehen
müssen.“
Die Beitragsentwicklung in den einzel-
nen Branchen weist erhebliche Schwan-
kungen auf. So klagt insbesondere die
Bauwirtschaft über eine steigende
Beitragsbelastung, verursacht durch
jahrelange Beschäftigungsrückgänge
in der Branche, illegale Beschäftigung
und die Zunahme von Scheinselbst-
ständigkeit.
In diesem Zusammenhang begrüßen
die Berufsgenossenschaften, dass der
Das von den insgesamt drei Millionen
Unternehmen aller Gewerbezweige auf-
zubringende Umlagesoll stieg im Jahr
2002 um mehr als 200 Millionen Euro
bzw. 2,5 Prozent auf fast neun Milliar-
den Euro (2001: 8,8 Milliarden Euro).
Das beitragspflichtige Entgelt hat sich
jedoch mit einer Zunahme um nur
0,8 Prozent nicht in gleichem Maße
erhöht.
Ursache für das höhere Umlagesoll sind
u. a. die gestiegenen Kosten, vor allem
auch in Bereichen, auf die die Berufs-
genossenschaften keinen Einfluss haben,
wie z.B. Teuerungen bei medizinischen
Leistungen innerhalb der Rehabilitation
oder allgemeine Rentenanpassungen.
Die Aufwendungen der Berufsgenossen-
schaften erhöhten sich im Jahr 2002
gegenüber 2001 insgesamt um 3,4 Pro-
zent. Die Steigerungen lagen vorwie-
gend in den Bereichen Entschädigung
und Prävention, während die Verwal-
tungs- und Verfahrenskosten relativ
konstant blieben (1,1 Milliarden Euro
gegenüber 1,0 in 2001). Die finanzielle
Entschädigung durch Renten lag im
Jahr 2002 bei rund fünf Milliarden Euro
(2001: 4,9 Milliarden Euro), die Aus-
gaben für die Rehabilitation stiegen von
2,5 Milliarden Euro in 2001 auf 2,6 Mil-
liarden Euro im Jahr 2002. Vor allem
der Bedarf an beruflicher Rehabilitation,
d.h. Leistungen zur Teilhabe am Arbeits-
leben, nahm deutlich zu – immerhin
um zehn Prozent gegenüber 2001. Im
Bereich Berufskrankheiten stiegen die
Aufwendungen um 4,1 Prozent gegen-
über dem Vorjahr.
Die Investitionen in die Prävention, also
die Verhütung von Unfällen und Berufs-
krankheiten wurden auf knapp 700 Mil-
lionen Euro aufgestockt (2001: 667 Mil-
lionen Euro), dies entspricht 4,6 Prozent
Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung leicht gestiegen –
Wirtschaftsflaute trifft auch die Berufsgenossenschaften
Dr. Joachim Breuer ist Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandesder gewerblichen Berufsgenossenschaften.
etwa 70 Millionen Euro jährlich entlastet.
Diese Summe wird von den anderen
Branchen aufgebracht,“ so Dr. Joachim
Breuer. Die Lösung ist so konzipiert, dass
sie künftig auch bei anderen Branchen
mit ähnlichen Problemen greifen kann.
Im Zusammenhang mit der Neurege-
lung des Lastenausgleichs streben die
bisher sieben regional gegliederten
Bau-Berufsgenossenschaften sowie die
bundesweite Tiefbau-Berufsgenossen-
schaft ihre Fusion zu einer dann einheit-
lichen Institution für die gesamte Bau-
branche an.
10 compact 1/2003
mehr gegenüber dem Vorjahr. Dass
sich die Prävention auszahlt, zeigt unter
anderem die Tatsache, dass die Unfall-
zahlen deutlich zurückgehen. „Wäre die
Unfallquote in den letzten Jahren nicht
rückläufig gewesen, sondern auf dem
Niveau von 1992 geblieben, so hätten
wir allein für
Arbeitsunfälle im
Jahr 2002 rund
800 Millionen
Euro mehr an
Entschädigungen
aufbringen müs-
sen. Bei konstan-
ten Arbeits- und
Wegeunfall-
quoten seit
1992 hätte der
Durchschnitts-
beitrag im
Jahr 2002 bei
mindestens
1,45 Prozent
gelegen.“
Unfallzahlen
auf niedrigs-
tem Stand
der Nach-
kriegszeit
Erstmals weniger
als eine Million
Arbeitsunfälle
(973.540) regis-
trierten die
Berufsgenossen-
schaften im ver-
gangenen Jahr, 87.085 weniger als
im Jahr 2001. Dies bedeutet einen
Rückgang um 8,2 Prozent. Noch wich-
tiger: Das Risiko, einen Arbeitsunfall zu
erleiden, ist erneut deutlich gesunken –
nur noch 32,5 meldepflichtige Arbeits-
unfälle je 1.000 Vollbeschäftigten
wurden verzeichnet. Auch die Zahl
der schweren Arbeitsunfälle, die zu
einer neuen Unfallrente führten, sank
deutlich um 3,5 Prozent auf 20.603.
Die tödlichen Arbeitsunfälle, die in den
Vorjahren ebenfalls deutlich zurückge-
gangen waren, verringerten sich um
4,7 Prozent auf insgesamt 773 im Jahr
2002.
Die Zahl der meldepflichtigen
Wegeunfälle sank 2002 deutlich:
um minus 4,6 Prozent gegenüber
2001 auf gut 168.000. Die tödlichen
Wegeunfälle sanken von 669 auf
581 Fälle im Jahr 2002 – dies
bedeutet einen Rückgang um
13,2 Prozent im Vergleich zum
Vorjahr.
Berufskrankheiten weiter
rückläufig
Die Zahl der Anzeigen auf Verdacht
einer Berufskrankheit ist seit Jahren rück-
läufig und sank auch 2002 um 6,5 Pro-
zent auf 62.472. Entschieden wurden
im vergangenen Jahr gut 66.000 Fälle,
unter denen sich
zwangsläufig
auch Verdachts-
anzeigen der
Vorjahre befan-
den. In 24.532
Fällen wurde der
BK-Verdacht be-
stätigt, wodurch
sich eine Aner-
kennungsquote
von 37 Prozent
ergibt.
Bedauerlicher-
weise stieg im
Jahr 2002 die
Zahl der Todes-
fälle in Folge
einer Berufs-
krankheit von
1794 (2001) auf
2000 Fälle. Hier-
bei handelt es
sich überwie-
gend um Todes-
fälle von Berg-
leuten aufgrund
von Chronischer
Bronchitis, für
deren Hinterblie-
bene aufgrund eines Gerichtsurteils vom
Juli 2001 Leistungen rückwirkend ge-
währt wurden, so dass sie in 2002 in die
Statistik einbezogen wurden.
Die Beitragszahler in der Baubranche sollen entlastet werden.
111/2003 compact
So kommentiert das Bundesminis-
terium für Gesundheit und Soziale
Sicherung (BMGS) das Fallpau-
schalengesetz vom April 2002.
Mit diesem Gesetz wird ein neues
Vergütungssystem für Kranken-
hausleistungen eingeführt. Die
sogenannten DRGs (Diagnosis
Related Groups) avancierten damit
zum Wort des Jahres 2002 im
Krankenhausbereich. Und die DRGs
haben tatsächlich weit reichende
Auswirkungen. 3 kleine Buch-
staben, die die Welt verändern –
zumindest die Krankenhauswelt.
Was sind DRGs?
Etwas Neues aus Amerika? Richtig.
Wobei die DRGs mit dem Umweg über
Australien nach Deutschland gelangten.
DRGs sind diagnose-orientierte Fallpau-
schalen. Sie fassen eine Vielzahl unter-
schiedlicher Diagnosen und damit Krank-
heitsarten zu einer überschaubaren
Anzahl von Abrechnungspositionen mit
vergleichbarem Aufwand zusammen.
Die Zuordnung zu einer Abrechnungs-
position erfolgt über medizinische
Diagnose-, Operationen- und Proze-
durenschlüssel. Zusätzlich werden im
Einzelfall weitere Kriterien heran ge-
zogen, z. B. Alter, Geschlecht oder Ent-
lassungsstatus des Patienten. Das Leis-
tungsspektrum von Krankenhäusern
kann somit in einem DRG-Katalog abge-
bildet werden. 663 Positionen kommen
in der Einführungsphase ab 1. Januar
2003 zur Abrechnung. Durch die Be-
rücksichtigung von Haupt- und Neben-
diagnosen trägt das System unterschied-
lichen Schweregraden grundsätzlich
Rechnung.
Das Prinzip einer pauschalierten Ver-
gütung auf Basis von Diagnosen wurde
in den USA Mitte der 70er Jahre ent-
„Die umfassendste Krankenhausreform aller Zeiten“
wickelt. Ungefähr zehn Jahre später
erfolgten dort erstmals Abrechnungen
nach diesem System. Andere Länder
(z. B. die meisten europäischen Länder
und Australien) übernahmen dieses Ver-
gütungsverfahren, entwickelten es wei-
ter und passten es den Bedürfnissen und
der Krankenhausfinanzierungsphiloso-
phie des jeweiligen Landes an. Die 1992
in Australien eingeführten AR-DRGs
(Australian Refinded-Diagnosis Related
Groups) gelten als das am weitesten
entwickelte System nach diesem Ver-
gütungsprinzip und bilden die Grund-
lage für die G-DRGs (German-Diagnosis
Related Groups).
Ist eine andere Vergütung im
Krankenhausbereich nötig?
Derzeit werden Krankenhausleistungen
in Deutschland zu 75% über tages-
gleiche Pflegesätze abgerechnet, d.h.,
die Leistung des Krankenhauses wird
über die Liegedauer des Patienten hono-
riert. Lediglich bei einem Anteil von
25% erfolgt die Erstattung über Fallpau-
schalen und Sonderentgelte, insbeson-
dere für gängige Operationen. Im Jahr
1999 standen einer akutstationären Ver-
weildauer von 9,9 Tagen in Deutschland
8,5 Tage in Belgien, 5,9 Tage in Öster-
reich, 5,9 Tage in den USA oder 5,5 Tage
in Frankreich gegenüber. Durch Fallpau-
schalen soll die Verweildauer auf das
medizinisch notwendige Maß reduziert
werden. Zurzeit hat die stationäre Be-
handlung ein Umsatzvolumen von rund
56 Milliarden Euro. Sie bildet damit den
größten Ausgabenblock in der medizini-
schen Rehabilitation.
Zeitplan für die Einführung
Seit 1. Januar 2003 können Kranken-
häuser bereits freiwillig nach dem DRG-
Fallpauschalensystem abrechnen (so
genanntes Optionsmodell). Sie behalten
jedoch zunächst das mit den Kosten-
trägern vereinbarte krankenhausspe-
zifische Budget, so dass Gewinne oder
Verluste ausgeglichen werden. Die
verpflichtende DRG-Einführung für alle
Krankenhäuser erfolgt zum 1. Januar
2004. Einer budgetneutralen Phase in
den Jahren 2003 und 2004 folgt eine
abgestufte Angleichung der unter-
schiedlichen Krankenhausbudgets an
ein bundeslandeinheitliches DRG-Preis-
niveau (so genannte Konvergenzphase).
Zum 1. Januar 2007 gelten dann für alle
Krankenhäuser in Deutschland gleiche
Abrechnungsvoraussetzungen. Dabei
können die jeweiligen Basisfallwerte
(so genannte Baserate) von Bundesland
zu Bundesland differieren.
12 compact 1/2003
Probleme und Gefahren
der DRGs
Die German-DRGs wurden unter gro-
ßem Zeitdruck erstellt. Die für eine erste
Preisfindung zwingend notwendigen
Daten erscheinen nicht valide. Einige
der Fallpauschalen weisen unrealistische
Kostengewichte aus. Insbesondere weil
keine Universitätskliniken an der Erst-
kalkulation teilnahmen, bilden die
G-DRG 1.0 schwere Fälle nicht sach-
gerecht ab. Dies ist ein Grund für den
festzustellenden Kompressionseffekt.
Teure Fälle werden unter- und billige
Fälle überbewertet.
Die Krankenhäuser sprechen von einem
Reformdesaster. Von gnadenloser Selek-
tion ist die Rede. Jedes Krankenhaus
werde sich die profitabelsten Krank-
heitsbilder suchen. Verlierer seien die
Schwerstbetroffenen, denn jede Klinik
werde sich die besten Risiken heraus
picken. Auch nach Ansicht der Berufsge-
nossenschaften bedroht die umfassende
Einführung der DRGs die adäquate Ver-
sorgung schwerstverletzter Unfallopfer.
Insbesondere bei Querschnittgelähm-
ten, Schwerbrandverletzten, Schädel-
hirnverletzten und polytraumatisierten
Patienten ist eine schlechtere Versorgung
zu befürchten. Sehr schwere Fälle sind
im DRG-System nämlich nicht darstell-
bar. Sämtliche anderen Länder, die der-
artige Abrechnungssysteme verwenden,
haben besonders schwere Fallgruppen
aus der pauschalierten Abrechnung
heraus genommen. Deutschland ist das
erste Land, das – mit Ausnahme psy-
chiatrischer Erkrankungen – ausschließ-
lich über DRGs abrechnen will. Unter
anderem auf Intervention der Berufs-
genossenschaften nahm das BMGS
schwere Brandverletzungen aus dem
G-DRG 1.0 heraus und verlängerte die
Verweildauer – allerdings längst nicht
ausreichend – für Querschnittgelähmte
im Akutkrankenhaus.
Am 20. Juni 2003 stimmte der Bundes-
rat einem Fallpauschalenänderungs-
gesetz zu. Danach können „besondere
Einrichtungen, deren Leistungen ins-
besondere aus medizinischen Gründen,
wegen einer Häufung von schwerkran-
ken Patienten oder aus Gründen der
Versorgungsstruktur mit den Entgelt-
katalogen noch nicht sachgerecht ver-
gütet werden, zeitlich befristet aus dem
Vergütungssystem ausgenommen wer-
den.“ Hier sind nun Selbstverwaltung
(Krankenhausgesellschaft und Kranken-
kassen) und BMGS gefordert, schnell zu
handeln und Ausnahmeregelungen für
Schwerunfallverletzte zu treffen. Denn
die drohende Folge einer Unterversor-
gung in der Unfallmedizin wäre ver-
hängnisvoll für die Patienten und nicht
mehr rückgängig zu machen. Die Be-
rufsgenossenschaften begrüßen die vom
Bundesrat gefasste Entschließung, die
fordert, die unzureichende Öffnungs-
klausel auszuweiten und die zeitliche Be-
fristung aufzuheben.
Die Unfallversicherungsträger haben
den gesetzlichen Auftrag, Arbeitsunfall-
verletzte und Berufserkrankte „mit allen
geeigneten Mitteln“ zu rehabilitieren.
Ziel ist eine möglichst rasche und voll-
ständige Wiederherstellung und Wieder-
eingliederung, insbesondere ins Arbeits-
leben. Leistungen zur Rehabilitation
gehen Rentenzahlungen vor. Zu diesem
Zweck betreiben die Berufsgenossen-
schaften bundesweit neun Unfallkliniken,
denen Vorbildfunktion für das euro-
päische Unfallversorgungssystem zu-
kommt. Die Berufsgenossenschaftlichen
Unfallkliniken praktizieren ein Konzept
der umfassenden medizinischen und
sozialen Rehabilitation, welches gerade
schwerverletzten Patienten dient. Sie
verfügen beispielsweise über 54 Betten
für erwachsene Schwerbrandverletzte
mit Intensivtherapie. Das ist fast die
Hälfte der Gesamtkapazität in Deutsch-
land. Ähnlich hoch ist der Anteil der
BG-Kliniken bei den Kapazitäten für
Querschnittgelähmte. Die Berufsgenos-
senschaften setzen sich weiter dafür
ein, Schwerunfallverletzte aus der DRG-
Systematik herauszulösen. Denn in
diesen Fällen kann eine Fallpauschale
zur „Falsch-Pauschale“ mutieren.
DRG-Seminar für
BG-Sachbearbeiter
Nicht nur bei den Kliniken, auch bei den
UV-Trägern verursacht die Umsetzung
der DRG-Abrechnung jede Menge Auf-
wand. Einerseits gilt es sich mit neuen
Begriffen anzufreunden, die sich fast
DRG-Experte Dr. Thilo Köpfer in seinem Element
Das Fallpauschalengesetz stellt einen erheblichen Einschnitt in die Krankenhaus-finanzierung dar.
131/2003 compact
wie eine Geheimsprache anhören: Pro-
zeduren, Grouper, Bewertungsrelation,
Case-Mix-Index oder Kodierrichtlinien.
Außerdem müssen in den Verwaltungen
Geschäftsabläufe überprüft und neu
gestaltet sowie geeignete Prüfsoftware
angeschafft werden.
Um die Mitarbeiter auf das Thema vor-
zubereiten, führte der Landesverband
Hessen-Mittelrhein und Thüringen am
10.04.2003 im Hause der Süddeut-
schen Metall-Berufsgenossenschaft in
Mainz und am 15.04.2003 im Zentrum
für Sozialversicherung in Erfurt Info-
veranstaltungen durch. Es handelte sich
um erste Informationsveranstaltungen,
die sich insbesondere mit den Grund-
lagen der German-DRGs (G-DRGs) aus-
einander setzten. Darüber hinaus wurde
die Funktionsweise einer Grouper-Soft-
ware dargestellt sowie über Ansätze zur
Rechnungsprüfung referiert. Letztlich
standen auch die Konsequenzen für die
Heilverfahrenssteuerung der Unfallver-
sicherungsträger zur Diskussion.
Hauptreferent war Dr. Thilo Köpfer,
Chirurg und Medizincontroller der Firma
3M Medica. Dr. Köpfer beschäftigt sich
zurzeit intensiv mit der Einführung der
DRGs in Deutschland. Die Firma 3M
entwickelte einen der beiden Referenz-
Grouper, kalkulierte erste Bewertungs-
relationen für das Bundesministerium für
Gesundheit und Soziale Sicherung
(BMGS) und arbeitet eng mit dem
Institut für das Entgeltsystem im Kran-
kenhaus (InEK) zusammen. An den
Veranstaltungen nahmen insgesamt
165 BG-Mitarbeiter teil. Basierend auf
der weiteren Entwicklung der DRG-Ein-
führung in Deutschland – insbesondere
der Neuregelungen durch das Fall-
pauschalen-Änderungsgesetz – plant
der Landesverband Aufbauseminare
durchzuführen.
Schwerunfallverletzte, insbesondere Quer-schnittgelähmte, können die Verlierer desneuen Vergütungssystems sein.
Neufassung der Fahrerlaubnisverordnung (FeV)seit 1. September 2002
Der Landesverband Hessen-Mittel-
rhein und Thüringen der gewerb-
lichen Berufsgenossenschaften und der
Landesverband Hessen des Verbandes
Deutscher Betriebs- und Werksärzte
führten am 12. März 2003 gemeinsam
ein Fortbildungsseminar zum Thema
„Fahrerlaubnisverordnung – was gibt es
Neues?“ in Mainz durch. 115 Betriebs-
ärzte nahmen teil. Die Vorträge von
Dr. Emmerich, Betriebsarzt der ESWE-
Versorgungs-AG, Wiesbaden, und Prof.
Dr. med. Ulmer, Sportphysiologische
Abteilung der Johannes-Gutenberg-
Universität, Mainz, wurden von den
Teilnehmern mit großem Interessesse
aufgenommen. Viele wünschten sich
eine komprimierte Zusammenfassung.
Hier ist sie:
Am 01.01.1999 trat die neue Fahrerlaub-
nisverordnung (FeV) in Kraft. Damit
wurde eine europäische Norm in natio-
nales Recht umgesetzt. Europaweit wur-
den Ausbildung, Prüfung und Klassifizie-
rung der Führerscheine vereinheitlicht.
Statt der bisherigen Führerscheinklassen
1–5 gibt es nur noch die international
gültigen Klassen A, B, C, D sowie die
Anhängerklasse E. In einigen Bereichen
der FeV wurden jedoch Korrekturen
erforderlich.
Die lange erwartete Änderung der
Fahrerlaubnisverordnung, auch als
„Reparaturverordnung“ bekannt, wurde
am 07. 08.2002 beschlossen, am
23. 08. 2002 im Bundesgesetzblatt Jahr-
gang 2002, Teil 1, Nr. 59, Seite 3267 ff
verkündet und ist zum 01.09.2002 in
Kraft getreten. Für Verkehrsunterneh-
men wie auch für die sie betreuenden
Betriebsärzte sind u. a. folgende Ände-
rungen von Bedeutung:
Artikel 1, Nr. 5 (§ 10 Abs.2 FeV) regelt
die Ausnahmen für das Mindestalter
neu. Bei der Ausbildung zum Berufs-
kraftfahrer kann das Mindestalter für die
Klasse B und den stufenweisen Zugang
zu den Klassen C1 und C1E 17 Jahre
sowie zu den Klassen D, D1, DE und
D1E 20 Jahre betragen. Wird die Füh-
rerscheinprüfung vor Vollendung des
regulären Mindestalters (18 Jahre
für C-Klassen, 21 Jahre für D-Klassen)
absolviert, muss die körperliche und
geistige Eignung durch ein medizinisch-
14 compact 1/2003
samkeitsleistung sowie Reaktionsfähig-
keit messen.
Artikel 1, Nr. 24 (§ 48, Abs. 2 FeV) regelt
neu, dass Fahrer von Personenkraft-
wagen im Linienverkehr künftig keiner
zusätzlichen Erlaubnis zur Fahrgastbe-
förderung mehr bedürfen, sofern sie im
Besitz der Klasse D oder D1 sind.
In Artikel 1, Nr. 41 (Anlage 5 zu § 11, Abs.
9, § 48, Abs.4 und 5 FeV) wird die maß-
gebliche Anlage der Fahrerlaubnisverord-
nung für Eignungsuntersuchungen bei Be-
werbern wie auch Inhabern der Klasse
C1, C, D1, D sowie der zugehörigen An-
hängerklassen E wie auch der Fahrerlaub-
nis zur Fahrgastbeförderung geändert.
Untersuchung des Sehvermögens
Artikel 1, Nr. 42 (Anlage 6 zu den §§ 12,
48 Abs.4 und 5 FeV) betrifft die Ände-
rungen an das Sehvermögen. In diesem
Bereich ist es zu deutlichen Veränderun-
gen gekommen. Neben Augenärzten
dürfen nunmehr Arbeits- und Betriebs-
mediziner sowie Ärzte in einer Unter-
suchungsstelle für Fahreignung die
Untersuchung des Sehvermögens nach
Anlage 6 in definierten Grenzen durch-
führen. Für die Klassen A, B, M, L und T
bleiben die bisherigen Regelungen be-
stehen. Dieser Personenkreis muss die
Tagessehschärfe von 0,7/0,7 wie bisher
erfüllen. Den Sehtest können Probanden
in amtlich anerkannten Sehteststellen
absolvieren. Zu den amtlich anerkann-
ten Sehteststellen gehören, sofern die
erforderlichen Sehtestgeräte vorhanden
sind, Begutachtungsstellen für Fahreig-
nung, Arbeits- und Betriebsmediziner,
Amtsärzte wie auch die Betriebe von
Augenoptikern. Soweit die Anforderun-
gen an die Tagessehschärfe von 0,7/0,7
nicht erfüllt werden, ist eine augenärzt-
liche Untersuchung erforderlich.
Für die Klassen C und D sowie die Fahr-
gastbeförderung gilt ein verändertes ab-
gestuftes Verfahren. Für Betriebs- und
Arbeitsmediziner gelten folgende Grenz-
werte als Mindestanforderung.
• Zentrale Tagesschärfe 1,0/0,8
(DIN 58220, Ausgabe Januar 1997)
Fehlsichtigkeiten müssen, soweit
möglich verträglich, ausgeglichen
werden. Die Korrektur mit Gläsern
von mehr als plus 8 Dioptrien ist nicht
zulässig. Für intraokulare Linsen oder
Kontaktlinsen gibt es keine Korrektur-
begrenzung.
• Normales Farbensehen mit geeigneten
Testverfahren (Ishiara oder Velhagen)
• Normales Stereosehen mit geeigneten
Tests z. B. Random-Test
• Normales Gesichtsfeld.
Statt der bisher benutzten manuell-kine-
tischen Perimetrie nach Goldmann III/4
wird die statische Perimetrie gefordert.
Mittels eines automatischen Halbkugel-
perimeters wird mit einer überschwelli-
gen Prüfmethodik das Gesichtsfeld bis
70° nach beiden Seiten und bis 30°
nach oben und unten untersucht. Insge-
samt ist das Gesichtsfeld jedes Auges an
mindestens 100 Orten zu prüfen. Hier-
bei werden unbewegte Prüfmarken in
ihrer Helligkeit so lange gesteigert, bis
sie vom Probanden wahrgenommen
werden. Während mit der kinetischen
psychologisches Gutachten nachge-
wiesen werden.
Für Inhaber der Klasse C1E, die diese
Lizenz vor dem 31.12. 1998 besaßen
(also der alte Führerschein Klasse 3) hat
sich nichts geändert. Dieser Personen-
kreis darf auch künftig Kraftfahrzeuge
bis 7,5 t, mit Anhänger bis insgesamt
12 t ohne Befristung steuern. Weder
eine augenärztliche, noch sonstige
körperliche Untersuchungen sind erfor-
derlich. Auch künftig ist eine Umschrei-
bung nicht notwendig.
In Artikel 1, Nr. 6 (§ 11, Abs.2 FeV) wird
die ärztliche Qualifikation für Eignungs-
untersuchungen auf Fachärzte für Rechts-
medizin und Ärzte in einer Begutach-
tungsstelle für Fahreignung ausgedehnt.
Artikel 1, Nr. 7 (§ 12 FeV) regelt die Be-
stimmungen über das Sehvermögen neu.
Artikel 1, Nr. 12 (§ 24, Abs. 1 FeV) be-
sagt, dass die Verlängerung der Klassen
D, D1, DE und D1E nur dann über die
Vollendung des 50. Lebensjahres hinaus
erfolgen kann, wenn der Antragsteller
zusätzlich seine Eignung nach Maßgabe
der Anlage 5, Nr. 2 nachweist. D. h. er
muss die psychometrischen Tests be-
stehen, die die Belastbarkeit, Orientie-
rungs-, Konzentrations- und Aufmerk-
151/2003 compact
Perimetrie die Gesichtsfeldaußengren-
zen recht gut erfasset wurden, wird bei
der statischen Perimetrie das zentrale
Gesichtsfeld bevorzugt untersucht. Para-
zentrale Gesichtsausfälle lassen sich mit
dieser Methode besser erkennen als mit
der manuell-kinetischen Methode.
Zeigen sich bei Prüfung des Stereo-
sehens (z. B. über Stereotest der Sehtest-
geräte) normale Werte, kann man von
einem ungestörten Binokularsehen aus-
gehen. Doppelsehen und Schielen sind
praktisch ausgeschlossen.
Trotz der hohen Bedeutung wurde die
Prüfung von Blendempfindlichkeit und
Dämmerungssehen nicht in die Repara-
turverordnung aufgenommen. Es bleibt
also dabei, diese Untersuchung nur bei
begründeten Zweifeln und nach ent-
sprechender Anordnung der Fahrerlaub-
nisbehörde vorzunehmen.
Dynamisch funktionelle Sehfunktionen
stehen zur Zeit im Blickfeld der Arbeits-
physiologen, nicht die statischen Seh-
funktionen, die üblicherweise getestet
werden und die auch in der Fahrerlaub-
nisverordnung (FeV) vorgeschrieben
sind (http://www.uni-mainz.de/FB/
Sport/ physio/pdffiles/nuernb99.pdf,.
http://www.verkehrsportal.de/fev/fev.
html, http://www.fahrerlaubnisrecht.de/
Anlage%20FeV/Anlage04FeV.htm).
Nach Professor Ulmer existieren in
der laborähnlichen Testsituation andere
Aufgaben als am Arbeitsplatz, wo sich
Lernmechanismen (Erfahrung) kompen-
satorisch günstig auswirken können.
Deshalb verwundert es auch nicht, dass
junge Führerscheininhaber mit zumeist
besten statischen Sehfunktionen die
meisten Unfälle verursachen und daher
massiv erhöhte Versicherungsprämien
zahlen müssen. In der FeV (Stand
1. 9.02) findet man daher zu Recht
folgenden Passus (http://www.fahr-
erlaubnisrecht.de/Anlage%20FeV/
Anlage04FeV.htm) (Anlage 4, Vorbemer-
kung Nr. 3): „Die nachstehend vorge-
nommenen Bewertungen gelten für
den Regelfall. Kompensationen durch
besondere menschliche Veranlagung,
durch Gewöhnung, durch besondere
Einstellung oder durch besondere Ver-
haltenssteuerungen und -Umstellungen
sind möglich. Ergeben sich im Einzelfall
in dieser Hinsicht Zweifel, kann eine me-
dizinisch-psychologische Begutachtung
angezeigt sein“.
Hierzu ergeben sich aus
arbeitsphysiologischer Sicht
folgende 4 Fragen:
1. Was ist unter Kompensationen bei
betriebsärztlichen Gutachten zu
verstehen und woran soll sich der -
Betriebsarzt ggf. bei der Beurteilung
von Kompensationen orientieren?
2. Wer sollte überhaupt Kompensations-
mechanismen beurteilen?
3. Wer hat Zweifel im Einzelfall anzu-
melden sowie die zusätzliche Begut-
achtung über Kompensationen (ein-
schließlich medizinisch-psychologi-
scher Begutachtung) zu veranlassen
(nur die Fahrerlaubnisbehörde?) und
durchzuführen?
4. Wie ist das Wort „kann“...“ angezeigt
sein“ zu interpretieren? Können auch
andere Begutachtungen angezeigt sein?
Extrembeispiele für Kompensations-
möglichkeiten im Sport findet man
u. a. in: www.uni-mainz.de/FB/Sport/
physio/ pdffiles/menze.pdf bzw.
www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/
pdffiles/berwanger.pdf oder im Alltag
als die häufig zu beobachtende, vorzüg-
liche Kompensation bei Einäugigkeit.
Arbeitsphysiologisch ist gesichert, dass
funktionell gut sehen nicht identisch mit
scharf sehen und keineswegs an „nor-
male“ Sehfunktionen gebunden ist.
Scharf Sehen spielt sich nur in der fovea
centralis ab, funktionelles Sehen aber
maßgeblich in der Netzhautperipherie,
wo die Sehschärfe sowieso schon deut-
16 compact 1/2003
Impressum:Herausgeber und Redaktion:Landesverband Hessen-Mittelrhein und Thüringen der gewerblichen BerufsgenossenschaftenWilhelm-Theodor-Roemheld-Straße 15, 55130 Mainz, Tel.: 0 61 31/8 02-2 27, Fax: 0 61 31/8 02-1 91E-Mail : [email protected] , www.lvbg.de
Bildnachweis: BGU Frankfurt: S. 6 +8 • HVBG: S. 9 + 10
Gestaltung und Gesamtherstellung: gzm Grafisches Zentrum Bödige und Partner GmbH, Mainz
lich geringer ist. Daraus ergibt sich
Frage 5: Wer darf, sollte oder dürfte
über erfolgreiche Kompensationen ent-
scheiden?
Anworten: Die Prüfung statischer Seh-
funktionen als Beurteilungsgrundlage
vernachlässigt Kompensationsmöglich-
keiten mit der Konsequenz erheblicher
sozialer Benachteiligungen in Grenzfäl-
len. Kompensationen können aus ar-
beitsphysiologischer Sicht nur in reali-
tätsnahen Simulatoren (wie bei Piloten)
oder am Arbeitsplatz selbst durch Fach-
leute mit Kenntnis des Arbeitsplatzes be-
urteilt werden. Das sind in ärztlichen
Fragen zunächst Betriebsärzte, die auch
die Prüfung von Kompensationsmög-
lichkeiten veranlassen sollten. Im Falle
von Sondergenehmigungen sollten sie
allerdings den Entscheidungsweg sorg-
fältig dokumentieren (http://www.uni-
mainz de/FB/Sport/physio/cottbus
AM13.html) . Dabei sollte zwischen
Erteilung und Verlängerung einer Tätig-
keitserlaubnis unterschieden werden;
dies wird in Anlage 6, Nr. 2 FeV im
Gegensatz zum G 25 (http://www.fahr-
erlaubnisrecht.de/Anlage%20FeV/
Anlage06FeV.htm) unberechtigterweise
nicht berücksichtigt. Insofern ergeben
sich folgende Antworten aus arbeits-
physiologischer Sicht:
Zu 1: Beurteilung der Kompensation
aufgrund von Anpassungen am Arbeits-
platz sollten in Grenzfällen am Arbeits-
platz (und nicht im Labor) entschieden
werden.
Zu 2: Dafür werden Fachleute mit
Kenntnissen des jeweiligen Arbeits-
platzes benötigt.
Zu 3: Jeder fachkundige Arzt sollte bei
Zweifeln diese im Einzelfall anmelden
dürfen, zur Durchführung siehe Nr. 2.
Zu 4: Kompensationen können auf va-
lide Weise nicht im Labor getestet wer-
den (siehe Nr. 1); andere als die bis-
herigen Tests sind daher angezeigt.
Zu 5: Bezüglich Kompensationen am
Arbeitsplatz siehe Nr. 2.
Es liegt auch an den Betriebsärzten
eine extensive Auslegung der FeV
im Sinne einer modernen Arbeitsphy-
siologie zwecks Vermeidung sozial
relevanter Fehlentscheidungen ein-
zufordern.1
Die Veranstaltungsreihe zusammen mit
dem Landesverband Hessen des VDBW
wird im Herbst dieses Jahres fortgesetzt.
Als Themen sind vorgesehen: Auge und
Beleuchtungstechnik sowie Sehhilfen
am Arbeitsplatz.
1 Ausführlicher Text unter: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/arbmed22.pdfin memoriam Prof. Dr. Dr. G. Thews (1926–2003)
Termine und Veranstaltungen (soweit bei Redaktionsschluss bekannt)
29./30.08.2003 Workshop für arbeitsmedizinisches Assistenz-Personal: Bad NauheimArbeitsmedizinische Gehörvorsorge –G 20 „Lärm“ Anmeldung bei:(Teilnehmergebühr: 175 EUR) · Voraussetzungen: Erfahrungen Carl-Oelemann-Schule,in der arbeitsmedizinischen Gehörvorsorge. Die Veranstaltung C.-Oelemann-Weg 26,ersetzt nicht den einwöchigen Einführungslehrgang 61231 Bad Nauheim
03.09.2003 Aktuelle Berufsdermatologie Universitäts-Hautklinik Mainz
13.09.2003 Der chronisch Kranke im Beruf Jena-Maua
17.09.2003 Psychische Störungen nach Unfällen – Fortbildung für Erfurt24.09.2003 D- und H-Ärzte · Modellverfahren der Landesverbände/ Mainz27.09.2003 Klassifikation und Differentialdiagnostik/Frühintervention Mainz
nach Unfall/Psychosomatik und Unfallchirurgie
08.11.2003 Qualitätssicherung der Pneumokoniose Bad Nauheim21./22.11.2003 Workshop für arbeitsmedizinisches Assistenz-Personal: Anmeldung bei:
„Auge – Optik und Lungenfunktion“ G 25/G 37 Carl-Oelemann-Schule,Voraussetzungen: Die Veranstaltung setzt keine besonderen C.-Oelemann-Weg 26,Erfahrungen voraus und wendet sich auch an Fortgeschrittene 61231 Bad Nauheim(Teilnehmergebühr 175 EUR)
3. März 2004 Einführungslehrgang für Durchgangsärzte Mainz(Gebühr 75 EUR)
13./14.11.2004 Unfallmedizinische Tagung Mainz