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Zum Nachweis von sog. atypischen Mykobakterien in Kopf- und Darmlymphknoten nicht tuberkulöser...

Date post: 30-Sep-2016
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Zbl. Vet. Med. B, 21, 799-806 (1974) @ 1974 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0044-42941ASTM-Coden: ZVRBAZ Aus dern Institut fur Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere der Justus Liebig-Uniuersitat GieJen Direktor: Prof. Dr. Th. Schliesser Zum Nachweis yon sog. atypischen Mykobakterien in Kopf- und Darmlymphknoten nicht tuberkuloser Schlachtschweine Von A. WEBER und Th. SCHLIESSER Mit einer Tabelle (Eingegangen am 8. /uli 1974) In den letzten Jahren haben zahlreiche Untersuchungen gezeigt, dai3 in der Umgebung von Mensch und Tier die sog. ,,atypischen" Mykobakterien weit verbreitet sind (BEERWERTH, 1971 und 1973; BEERWERTH et al., 1969 und 1971; KLEEBERG et al., 1969 und 1973; KAUKER et al., 1964 und 1972; PIENING et al., 1972). Es ist deshalb nicht verwunderlich, dai3 Mykobakterien unter naturlichen Verhaltnissen von Haustieren oral mit Futter oder Trink- wasser aufgenommen werden und sich dann im Darminhalt nachweisen lassen (BEERWERTH, 1967; BEERWERTH et al., 1971; PETERSEN, 1970). Zwischen H5u- figkeit des Vorkommens von Mykobakterien im Kot von Tieren und dem Vor- handensein von tuberkulosen Veranderungen im Verdauungstrakt besteht aber eine ausgepragte Diskrepanz. Infolge fehlender oder geringer Pathogeni- tat der ,,atypischen" Mykobakterien findet off ensichtlich meistens nur eine harmlose Darmpassage statt. Die haufig orale Aufnahme von Mykobakterien lai3t andererseits aber auch vermuten, daf3 in den Lymphknoten des Ver- dauungsweges Mykobakterien ofter vorhanden sein konnen, als sich grob- sinnlich, z. B. anlaf3lich der fleischhygienischen Untersuchung, feststellen 1ai3t. Ober das Vorkommen von Mykobakterien in Lymphknoten gesunder Schlacht- schweine liegen bisher nur wenige Mitteilungen vor (SEEGER et al., 1967; WALDELE, 1967). Ober weitere Untersuchungen zu dieser Frage wird im folgen- den berichtet. Material und Methodik Material Wahrend eines Zeitraumes von 3 Monaten wurden am Schlachthof in GieBen von 210 geschlachteten, willkiirlich ausgesuchten Schlachtschweinen, die in der fleischhygienischen Untersuchung nicht beanstandet worden waren, Zbl. Vet. Med., Reihe B, Bd. 21, Heft 10 55
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Page 1: Zum Nachweis von sog. atypischen Mykobakterien in Kopf- und Darmlymphknoten nicht tuberkulöser Schlachtschweine

Zbl. Vet. Med. B, 21, 799-806 (1974) @ 1974 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0044-42941ASTM-Coden: ZVRBAZ

Aus dern Institut fur Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere der Justus Liebig-Uniuersitat GieJen

Direktor: Prof. Dr. Th. Schliesser

Zum Nachweis yon sog. atypischen Mykobakterien in Kopf- und Darmlymphknoten

nicht tuberkuloser Schlachtschweine

Von

A. WEBER und Th. SCHLIESSER

Mit einer Tabelle

(Eingegangen am 8. /uli 1974)

In den letzten Jahren haben zahlreiche Untersuchungen gezeigt, dai3 in der Umgebung von Mensch und Tier die sog. ,,atypischen" Mykobakterien weit verbreitet sind (BEERWERTH, 1971 und 1973; BEERWERTH et al., 1969 und 1971; KLEEBERG et al., 1969 und 1973; KAUKER et al., 1964 und 1972; PIENING et al., 1972). Es ist deshalb nicht verwunderlich, dai3 Mykobakterien unter naturlichen Verhaltnissen von Haustieren oral mit Futter oder Trink- wasser aufgenommen werden und sich dann im Darminhalt nachweisen lassen (BEERWERTH, 1967; BEERWERTH et al., 1971; PETERSEN, 1970). Zwischen H5u- figkeit des Vorkommens von Mykobakterien im Kot von Tieren und dem Vor- handensein von tuberkulosen Veranderungen im Verdauungstrakt besteht aber eine ausgepragte Diskrepanz. Infolge fehlender oder geringer Pathogeni- tat der ,,atypischen" Mykobakterien findet off ensichtlich meistens nur eine harmlose Darmpassage statt. Die haufig orale Aufnahme von Mykobakterien lai3t andererseits aber auch vermuten, daf3 in den Lymphknoten des Ver- dauungsweges Mykobakterien ofter vorhanden sein konnen, als sich grob- sinnlich, z. B. anlaf3lich der fleischhygienischen Untersuchung, feststellen 1ai3t. Ober das Vorkommen von Mykobakterien in Lymphknoten gesunder Schlacht- schweine liegen bisher nur wenige Mitteilungen vor (SEEGER et al., 1967; WALDELE, 1967). Ober weitere Untersuchungen zu dieser Frage wird im folgen- den berichtet.

Material und Methodik Material

Wahrend eines Zeitraumes von 3 Monaten wurden am Schlachthof in GieBen von 210 geschlachteten, willkiirlich ausgesuchten Schlachtschweinen, die in der fleischhygienischen Untersuchung nicht beanstandet worden waren,

Zbl. Vet. Med., Reihe B, Bd. 21, Heft 10 55

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je ein Kopf- (Mandibularlnn.) und Darmlymphknoten (Ileocacallnn.) zur kulturellen Untersuchung entnommen. Bei den Tieren handelte es sich um 170 Mastschweine (ca. 85-95 kg) und 40 Muttersauen.

Methodik Nach Entfernen des umgebenden Fettgewebes und anschlieflendem Ab-

flammen der Oberflache wurde aus der Tiefe des Lymphknotens Material ent- nommen und im Morser unter Zugabe von steriler physiologischer NaCl- Losung zu einer homogenen Aufschwemmung verrieben. Die Suspension wurde dann durch eine doppelte Lage sterilen Verbandmull filtriert und auf 2 Zen- trifugenrohrchen verteilt.

Fur die kulturelle Untersuchung wurde der Inhalt des einen Rohrchens rnit der 5--6fachen Menge einer 6 O/oigen H,S04 versetzt. Innerhalb einer 20 Minuten dauernden Einwirkungszeit wurde bei 3000 U/min zentrifugiert und das Sediment anschlieflend auf 3 Rohrchen Lowenstein- Jensen-Eiernahr- boden ausgestrichen.

Der Inhalt des anderen Rohrchens wurde in Anlehnung an die von BEERWERTH (1967) angegebene Vorbehandlungsmethode mit der 5-6fachen Menge einer 4 O/oigen N a O H versetzt und 15 Minuten lang bei 3000 U/min zentrifugiert. Nach Abgiei3en des Oberstandes wurde der Bodensatz mit der 5-6fachen Menge 5 O/oiger Oxalsaure rnit Zusatz von 0,l O/o Malachitgrun gut durchmischt und 15 Min. lang bei 3000 U/min. zentrifugiert. Das Sediment wurde anschlieflend auf 3 Rohrchen Lowenstein-Jensen-Eiernahrboden aus- gestrichen. Die Bebrutung der beimpften Rohrchen erfolgte bei 37 O C 8 Wochen lang rnit wochentlicher Oberprufuns. Von positiven Kulturen wurden Subkulturen auf Lowenstein- Jensen-Nahrboden angelegt.

Zur Differenzierung der subkultivierten Mykobakterien, dienten folgende von MEISSNER (1 970) vorgeschlagenen Basis- und Zusatzteste: Wachstum bei 2 2 O , 37' und 43-45 O C ; Farbstoffbildung nach Bebrutung bei Licht und im Dunkeln; Amidspaltung (BONICKE, 1960 u. 1964); Nitratreduktion (VIRTANEN 1964); Hydrolyse von Tween 80 (WAYNE et al., 1964); Nachweis von Arylsulfatase (BLUMEL, 1963); Phosphatase (KAPPLER, 1965) und /j-Galak- tosidase (KUBALA, 1971). Tierversuche mit den isolierten Stammen wurden im Rahmen dieser Untersuchungen nicht durchgefuhrt.

Stamme, welche die Amide Pyrazinamid und Nicotinamid spalteten, sowie im p-Galaktosidase-, Tween-80-HydroIyse-, Phosphatase- und Nitrat- reduktase-Test negativ waren, wurden einer Serotypisierung unterzogen. Die Bestimmung des Serotyps erfolgte im Agglutinations-Test nach dem von SCHAEFER (1965) entwickelten Verfahren mit selbst hergestellten Antiseren. Die Bezeichnung der Serotypen erfolgte entsprechend der fortlaufenden Numerierung von THOEN und Mitarbeiter (1972).

Ergebnisse Im Lymphknotenmaterial von 32 der 210 untersuchten gesunden

Schlachtschweine (d. s. in 15,2 O/o der Falle) konnten kulturell Mykobakterien nachgewiesen werden. Insgesamt wurden 38 Stamme aus 33 Lymphknoten iso- liert. Die Ergebnisse der Differenzierung sowie Haufigkeit und Verteilung der nachgewiesenen Mykobakterienarten in bezug auf die untersuchten Lymph- knoten sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Bei einem Schlachtschwein konnten sowohl aus Kopf- als auch Darm- lymphknoten Mykobakterien (M. avium, Serotyp 2) angezuchtet werden. Bei 5 Schweinen wurden aus Kopflymphknoten Mischkulturen von 2 verschie- denen Mykobakterienarten isoliert: In 3 Fallen M . terrae und M . novum, in

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Zum Nachweis von sog. atypishen Mykobakterien

Tabelle 1 Ergebnis der kulturellen Untersuchung von Lymphknotenmaterial nicht tuberkuloser

Schlachtschweine auf Mykobakterien

801

Tier Zahl und Art der Ergebnis der Typendifferenzierung

kulturell untersuchten Proben Stamme Species Hauf igkei t

Mast - schweine

Mutter-

170 Kopflymphknoten 24

170 Darmlymphknoten 5

40 Kopflymphknoten 2

sauen M. avium , Serotyp I 1 1 Darm1y;:hknoten I 2 1 2 M. aviurn , n. t . 1

29

5

2

i!eichenerkl%xng: n. t. = serologisch nicht typisierbar

M. avium , Serotyp 2 3 M. avium , Serotyp 8 1

M. novum 12 M. terrae I M. triviale 3 M. aquae 1 M. /ortuitum 1 M. phlei 1

M. avium , Scrotyp 1 1 M. avium , Serbtyp 2 M. avium , n. t.

2 2

M. terrae 2

1 Fall M . avium, Serotyp 8 (Davis) und M . aquae und in 1 Fall M . novum und M . fortuitum.

In 15 Fallen konnten Mykobakterien mit Hilfe beider verwendeten An- reicherungsverfahren isoliert werden. In 10 Fallen gelang die Anzuchtung nur nach H,SO,-Anreicherung, in 7 Fallen dagegen nur nach kombinierter Natron- lauge-Oxalsaure-Behandlung. Eine besondere Empfindlichkeit einzelner My- kobakterienarten gegenuber dem einen oder anderen Anreicherungsverfahren konnte nicht beobachtet werden.

Von den insgesamt 11 Stammen aus der M . avium-intracellulare-Gruppe lieflen sich 8 mit den vorhandenen Antiseren serologisch typisieren. 2 Stamme fielen infolge rauhen Wachstums durch Spontanagglutination aus, 1 Stamm wurde durch keines der verwendeten Antiseren agglutiniert.

Besprechung der Ergebnisse Unter 21 0 klinisch gesunden und in der Fleischbeschau nicht beanstande-

ten Schlachtschweinen konnten durch kulturelle Untersuchungen der Kopf- und Darmlymphknoten bei 32 Tieren (d.s. in 15,2 O/o der Falle) insgesamt 38 Mykobakterienstamme isoliert werden. Wahrend bei 1 Tierkorper sowohl aus Kopf- als auch Darmlymphknoten Mykobakterien (M. avium, Serotyp 2) isoliert werden konnten, gelang dies bei 6 Tieren nur aus Darmlymphknoten und bei 25 Tieren nur aus Kopflymphknoten. Bei 5 Tieren lagen im Kopf- lymphknoten Mischkulturen mit 2 Mykobakterienarten vor.

Auf Grund der biochemischen Differenzierung konnten von 38 Stammen 35 der Gruppe I11 und 2 der Gruppe IV nach RUNYON zugeordnet werden. Skotochromogene Mykobakterien der Gruppe 11, wie sie WALDELE (1967) in 1 von 120 untersuchten Rachenlymphknoten und SEEGER et al., (1967) in 2 von 100 untersuchten Mesenteriallymphknoten gesunder Schlachtschweine ge- funden haben, lieflen sich in unserem Untersuchungsmaterial nur einmal in Mischkultur mit M . avium, Serotyp 8 (Davis) isolieren. Moglicherweise stehen

Par a sit o l o IJ i 5 ch L! s 1 n s t i t tpP

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diese unterschiedlichen Befunde mit verschiedenen kulturellen Anreicherungs- verfahren in Verbindung. Die parallele Anwendung der H,SO,-Methode und des sog. BEERWERTH-Verfahrens (1967) in unseren Untersuchungen erbrachte die hochste Nachweisquote. Auffallend war allerdings, dai3 aus dem Material, das nach BEERWERTH behandelt wurde, im Vergleich zum H,SO,-behandelten Material stets weniger Kolonien wuchsen. Diese Erscheinung durfte auf die kombinierte Sauren- und Laugenbehandlung zuruckzufuhren sein, da ins- besondere bei keimarmem Untersuchungsmaterial die Gefahr einer Schadigung der Mykobakterien durch Laugen und Sauren groi3er sein sol1 (MEISSNER et al., 1969). Es empfiehlt sich deshalb zur Vorbehandlung nach der BEERwERTH-Methode (1 967) bei keimarmem Material die Einwirkungszeit der verwendeten Reagentien kurzer zu halten.

Von den 35 Stammen, die mit Hilfe der von MEISSNER (1970) empfohle- nen Basis- und Zusatzteste in die Gruppe I11 nach RUNYON eingeordnet wer- den konnten, war M . novum mit 12 Stammen am haufigsten vertreten. Dann folgte die M . avium-intracellulare-Gruppe rnit 11 Stammen, M . terrae (non- chvomogenicum) mit 9 Stammen und M . triviale mit 3 Stammen. Die sapro- phytaren, schnellwachsenden Mykobakterien der Gruppe IV nach RUNYON kamen mit je 1 Stamm von M . phlei und M . fortuitum vor. Saugertuberkel- bakterien ( M . tuberculosis und M . bovis) wurden in diesen Untersuchungen kulturell nicht nachgewiesen.

Die serologische Diff erenzierung der aviaren Mykobakteriengruppe nach SCHAEFER (1965) ergab 2mal das Vorliegen von Serotyp 1, 5mal das des Serotyps 2 und lmal das des Serotyps 8 (Davis). 1 Stamm konnte mit den zur Verfugung stehenden Seren nicht typisiert werden, wahrend 2 weitere Stamme infolge Spontanagglutination ausfielen. Ergebnisse bisher vorliegender Sero- typbestimmungen zeigen, dai3 in der Bundesrepublik Deutschland ca. 70 bis 87 O/o der bei tuberkulosen Schweinen isolierten und typisierten Mykobakte- rien der M . avium-Gruppe den Serotypen 1 und 2 zugeordnet werden konnten (ANZ et al., 1969; PIENING et al., 1972; STOLL, 1973). Fur M . aviurn, Serotyp 1, insbesondere aber fur Serotyp 2 konnen auf Grund bisheriger Erfahrungen Huhner als Erregerreservoir und Infektionsquelle angesehen werden. Erkrankungen von Schweinen mit M . avium, Serotyp 2 lassen sich im allgemeinen durch Aufgabe extensiver Huhnerhaltungen erheblich vermindern (PIENING et al., 1972). In Landern wie Sudafrika oder West-Australien, in denen die Huhnertuberkulose nicht in dem Ausmai3e verbreitet ist wie in der BRD, werden die tuberkulosen Veranderungen beim Schwein hauptsachlich durch M . avium, Serotypen, 4, 8 , 10 (in Sudafrika), 7 und 18 (in Australien) hervorgerufen (KLEEBERG et al., 1973; REZNIKOV et al., 1973). In Deutschland dagegen betragt der Anteil dieser Serotypen (,,intermediare" Typen nach MEISSNER (1970)) aus tuberkulosen Veranderungen des Schweines nur ca. 20 O / o

(PIENING et al., 1972; STOLL, 1973). Nach den Untersuchungen von KLEEBERG und NEL (1973) sollen sie ihren Standort vornehmlich in Boden, Staub, Sage- spanen und Futtermitteln haben. Wie die Befunde aus Sudafrika (KLEEBERG and NEL, 1973) und Australien (REZNIKOV et al., 1973) aui3erdem zeigen, mui3 dabei mit einer regional unterschiedlichen Verteilungshaufigkeit gerechnet werden.

Von den insgesamt 38 isolierten Stammen wurden 31, das sind 81,5 O / o in Kopflymphknoten und 7 Stamme, das sind 18,5 O / o , in Darmlymphknoten nachgewiesen. Nur bei einem Schwein konnten Mykobakterien ( M . avium, Serotyp 2) sowohl in Kopf- als auch Darmlymphknoten festgestellt werden. Wahrend in 5 Proben (von Kopflymphknoten) Mischkulturen mit 2 Arten vorlagen, wobei hauptsachlich apathogene Species daran beteiligt waren, wur-

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den sonst nur Stamme nachgewiesen, die jeweils 1 Species angehorten. Auf- fallend ist die Verteilung der einzelnen Mykobakterienarten in den entspre- chenden Lymphknoten. Unter den 31 aus Kopflymphknoten (Mandibularlnn.) isolierten Stammen gehorten nur 4 zu M. avium (3x Serotyp 2, l x Serotyp 8) wahrend die restlichen 27 zu apathogenen Species gehorten. Dagegen mufiten alle 7 aus den Darmlymphknoten isolierten Stamme der M. avium-Gruppe zugeordnet werden. Xhnliche Beobachtungen uber eine unterschiedliche Spe- ciesverteilung in Kopf- und Darmlymphknoten von tuberkulosen Schweinen hatten u. a. BECKER (1963), SCHLIESSER (1964) sowie STOLL et al. (1968) gemacht.

In der Bundesrepublik Deutschland einschliefllich Westberlin liegt nach statistischen Angaben der Prozentsatz der in der Fleischbeschau tuberkulos beanstandeten Schweinen seit Jahren bei ca. 0,4 O/o (STEIGLER, 1973). Im Zeitraum der von uns durchgefuhrten Untersuchungen, der vor dem Inkraft- treten der Xnderungen der A.B.A. zum Fleischbeschaugesetz vom 18. 12.1973 lag, wurden am Giefiener Schlachthof von 6315 geschlachteten Schweinen 30, das sind 0,47 O / o , wegen Tuberkulose beanstandet. Bei den 210 untersuchten gesunden Schweinen, die stichprobenartig aus den Schlachtreihen herausgenom- men wurden, konnten dagegen bei 15,2O/o der Tiere Mykobakterien in Lymphknoten nachgewiesen werden. Diese hohe Zahl der Mykobakterien- funde bei gesunden Schlachtschweinen zeigt, wie haufig Mykobakterien, darunter auch fakultativ pathogene Species wie M. avium und verwandte Arten unter normalen Verhaltnissen oral aufgenommen werden. Einerseits finden sie sich haufig im Erdboden und werden von hier direkt oder uber kontaminiertes Futter oder Wasser aufgenommen. Damit stimmt uberein, dai3 nach den Befunden von BEERWERTH und SCHURMANN (1969) sowie NASAL (1970) in Kotproben von Tieren mit Auslauf wesentlich haufiger Mykobak- terien nachgewiesen werden konnen als in Kotproben von intensiv gehaltenen Tieren. Andererseits werden schlechte hygienische Haltungsbedingungen und besonders auch Kontakte zu tuberkulosen Huhnern nicht nur im Darminhalt zu einem haufigeren Vorkommen von Mykobakterien fiihren, sondern auch zu einem vermehrten latenten Auftreten im Lymphknoten des Verdauungs- traktes. Die Wirksamkeit der bisher bestehenden fleischhygienischen Mai3- regelungen (Bedingttauglichkeit nach § 36 A. B. A.) bei der sog. isolierten Lymphknotentuberkulose im Verdauungstrakt war daher im Grunde immer schon recht illusorisch. Es ist nur konsequent, dai3 die Ausfiihrungsbestimmun- gen jetzt neuerdings in realistischer Weise geandert wurden. Umso mehr als bis heute keinerlei konkrete Anhaltspunkte oder Befunde dafiir vorliegen, dai3 infolge Genui3 von Schweinefleisch bei Menschen Infektionen durch M. avium oder andere sog. atypische Mykobakterien hervorgerufen worden sind. Vielmehr werden fur das sowieso extrem seltene Auftreten von Mykobakterio- sen beim Menschen, die sich im Verdauungstrakt manifestieren, in erster Linie Schmierinfektionen verantwortlich gemacht (BREHMER, 1970; BRAUN et al., 1973). Aus diesem Grunde erwachst auch aus der relativ hohen Nachweisquote von Mykobakterien in Lymphknotenmaterial von in der Fleischbeschau nicht beanstandeten Schlachtschweinen keinerlei fleischhygienische Bedeutung.

Frl. INGE-MARrA SCHULTZE danken wir fur ihre gewissenhafte technische Assistenz.

Zusammenfassung Bei 32 von 210 untersuchten Schlachtschweinen, die in der Fleischbeschau

keine tuberkulosen Veranderungen aufwiesen, konnten aus 33 Lymphknoten kulturell 38 Mykobakterienstamme nachgewiesen werden. Wahrend 1 Tier

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sowohl im Kopf- als auch Darmlymphknoten Mykobakterien enthielt, konn- ten bei 6 Tieren nur aus Darmlymphknoten und bei 25 Tieren nur aus Kopflymphknoten (5mal in Mischkultur) Mykobakterien isoliert werden. Alle 7 Stamme, die aus Darmlymphknoten angezuchtet worden waren, gehorten in die M. avium-intracellulare-Gruppe. Die serologische Diff erenzierung ergab je 2 Stamme M . avium, Serotyp 1 bzw. 2, wahrend 3 Stamme nicht typisiert werden konnxen. Im Kopflymphknoten wurden 3 Stamme von M . awium, Serotyp 2 und 1 Stamm M . avium, Serotyp 8 (Davis) nachgewiesen. Weitere 24 Stamme gehorten ebenfalls in der Gruppe I11 nach RUNYON, aber zur sog. Radish-Complex-Gruppe (1 2mal M . novum, 9mal M . terrae nonchrornogeni- cum, 3mal M . triwiale). 1 Stamm wurde als M. aquae (RUNYON-Gruppe 11) und 2 Stamme als M . phlei bzw. M . fortuitum (Rumoiv-Gruppe IV) diff erenziert.

Summary Detection of so-called atypical mycobacteria in head and gut lymph nodes of swine free from tuberculosis

From 32 of 210 pigs a t slaughter which failed to show tuberculous changes at meat inspection 38 strains of Mycobacteria were cultured from 33 lymph nodes. Whereas one animal yielded Mycobacteria from both head and intestinal lymph nodes, 6 pigs yielded them from the intestinal nodes alone and 25 from the head nodes alone (on 5 occasions in mixed culture). All 7 strains isolated from intestinal nodes belonged to the M . avium-intracellulare group. Serological differentiation showed 2 strains to be M . avium, serotype 1 and 2, whereas 3 strains could not be typed. In the head lymph nodes 3 strains were M . avium, serotype 2, and 1 was serotype 8 (Davis). A further 24 strains belonged to Runyon’s Group 111, but to the so-called Radish-Complex-Group (12 times M . novum, 9 times M . terrae nonchromogenicum, 3 times M. triviale). One strain was identified as M. aquae (Runyon Group 11) and two as M . phlei or M . fortuitum (Runyon Group IV).

RCsumC A propos de la mise en evidence de mycobacteries dites atypiques

dans les ganglions de la tihe et des intestins chez des porcs d’abattage non tuberculeux

38 souches de mycobactkries ont k tk cultivkes A partir de 33 ganglions prklevks chez 32 sur 210 porcs d’abattage examinks qui n’ont prksentk aucune lksion tuberculeuse lors du contrble des viandes. Alors qu’un animal avait des mycobactkries dans les ganglions de la t&te et des intestins, on a pu en isoler seulement dans les ganglions intestinaux chez 6 animaux et seulement dans les ganglions de la t&te chez 25 animaux (5 fois en culture mixte). Les 7 souches cultivkes A partir des ganglions intestinaux appartenait au groupe M . awium- intracellulare. La diffkrenciations skrologique a donnk pour 2 souches M. avium skrotype 1 et 2, alors que 3 souches n’ktaient pas typisables. 3 souches de M . awium skrotype 2 et 1 souche M. avium skrotype 8 (Davis) ont k tk trouvees dam les ganglions de la the. Les 24 autres souches appartenaient kgalement au groupe I11 selon RUNYON, mais au groupe ainsi appelk Radish- Complex-Groupe (12 fois M . novum, 9 fois M . terrae nonchromogenicum, 3 fois M . triviale). Une souche fut diffkrencike comme M . aquae (groupe I1 selon Runyon) et deux souches comme M . phlei et M . fortuitum (groupe IV selon Runyon).

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Resumen Identificacidn de las llamadas micobacterias atipicas en 10s ganglios

cefilicos e intestinales de cerdos de abasto no tuberculosos En 32 entre 210 cerdos sacrificados examinados, en 10s que no se apre-

ciaron modificaciones tuberculosas con ocasi6n de la inspecci6n de carne, se pudieron identificar culturalmente 38 estirpes micobacterianas, partiendo de 33 ganglios. Mientras que 1 animal contenia micobacterias tanto en 10s gan-l glios cefilicos como en 10s intestinales, en 6 animales se aislaron micobacterias de 10s ganglios intestinales nada mis y en 25 cerdos solo de 10s ganglios cefilicos (5 veces en cultivo mixto). Todas las 7 cepas cultivadas a partir de 10s ganglios intestinales pertenecian a1 grupo M . avium intracellulare. La diferenciaci6n serol6gica acus6 cada vez 2 estirpes M. avium, serotipo 1 resp. 2, mientras que no se pudieron tipificar 3 cepas. En 10s ganglios cefilicos se identificaron 3 estirpes de M . avium, serotipo 2, y 1 cepa M. avium, serotipo 8 (Davis). 24 cepas m4s tambikn pertencian a1 grupo I11 segdn RUNYON, aunque de kste a1 llamado grupo complejo Radish (12 veces M. novum, 9 veces M . terrae nonchromogenicum, 3 veces M . triviale). 1 cepa se diferenci6 como M. aquae (grupo RUNYON 11) y 2 estirpes como M. phlei resp. M . fortui tum (grupo RUNYON IV).

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Page 8: Zum Nachweis von sog. atypischen Mykobakterien in Kopf- und Darmlymphknoten nicht tuberkulöser Schlachtschweine

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Anschrift der Verfasser: 63 Gieflen, Frankfurter Strafie 89.


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