1
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Wissenschaftlicher Vortrag und
Kolloquiumgemäß § 10 Habilitationsordnung der TU Dresden (u.a. Fakultät Maschinenwesen) vom 14.02.1996
Risikowahrnehmung, -akzeptanz und -kommunikation
im Gesundheits- und Arbeitsschutz
- integrativer Betrachtungsansatz -
Prof. Dr.-Ing. Anke Kahl
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Wissenschaftlicher Vortrag gemäß § 10 Habilitationsordnung
Vortragsdisposition
1. Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit
Methodische Grenzen undErweiterungsanlässe des normativ-formalistischen Risikoansatzes2.
3. Sozialwissenschaftliche Grundlagen: psychologisch-kognitiver RisikoansatzRisikowahrnehmung und Risikoakzeptanz
Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte in die Gestaltungsmethodik der Produkt- und Arbeitssicherheit4.
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte Erhöhung der Compliance – betriebliche Instrumente Gewöhnungseffekt – virtuell interaktive TrainingsprogrammeVerankerungseffekt – Farbsymbolik AmpelmodellRM und Akzeptanz an Bsp. des Produktsicherheits- und Arbeitsschutzrechts dialog- und akzeptanzorientierte Gremienarbeit im Arbeitsschutz
5.
Fazit und Ausblick6.RM - Risikomerkmale
Schwerpunkte des Vortrags
2
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Art der Tätigkeiten, z.B. manuelle / auto-matische Bearbeitung, Instandhaltung
Material, z.B. Einstufung von Arbeitsstoffen
Gefährdungsmodell
Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit
ANALYSEmethoden BEWERTUNGsmethoden GESTALTUNGsmethoden
Potential/Potenz
hazard
- Gefahrenklassen, -kategorien - Risikogruppe
Arbeitsbedingungen /Mensch
exposition
Schwingbeschleunigung, Eigenfrequenz eines AMLeistungsparametern, z.B. Vorschub, Drehzahl, Hubraum, Spannung,
+ Tätigkeit des BeschäftigtenGefährdungsfaktor=Gefährdung
Verfahrensparameter, z.B. Temp. / DruckFreisetzungspotential: eingesetzte Stoff-menge, Expositionsdauer (Kontaktdauer)
räumliche Gegebenheiten, z.B. Arbeiten in Behältern, Lüftungsverhältnisse
Alter, Geschlecht, persönliche Disposition
1.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Begriffsbestimmungen: Grenzrisiko und Bewertungsmaßstäbein Anlehnung an: LEHDER, 2005 Taschenbuch Arbeitssicherheit
akuter Systemzustand
Systemzustand …Ausführung der Tätigkeit sicher und ohne gesundheitliche Schäden bzw. mit akzeptablen Belastungen und Ein-schränkungen, …
GefährdungLatenter Systemzustand - Möglichkeit eines Schadens ohne Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit,
RISIKOMINDERUNG
Hinreichende Gestaltungslösungen
nicht akzeptabel, ggf. zeitbefristet tolerabel
vertretbar, akzeptabel ?
?
quantitative Größe der Gefährdung = RISIKO
Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit1.
Sicherheit GefahrLEHDER, 2005
Entscheidungs-/ Bewertungsmaßstäbe- Grenz- / Richtwerte- Analogiebetrachtungen - Beschaffenheitsforderungen- …
Gre
nzris
iko
3
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
GESTALTUNGSMETHODEN
Gestaltungsansätze (Auszug)
ANALYSEmethoden BEWERTUNGsmethoden GESTALTUNGsmethoden
STOP-Modell (Gestaltungsrangfolge der Arbeitssicherheit)
Sechs Freiheitsgrade der Gestaltung (Stellschrauben der Produkt- und Arbeitssicherheit)
ALARP (As Low As Reasonably Practicable, europäischer Ansatz zur Produktsicherheit)
Schutzniveaus (allgemein anerkannte Regeln der Technik, Stand von Wissenschaft und Technik, …deliktsrechtliche Sorgfaltsmaßstab nach § 823 BGB, etc.)
normative oder verordnungsrechtliche Forderungen (konkrete, festgesetzte Maßnahmen)
…
Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit1.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
- RISIKOBEURTEILUNG - - GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG -
Herstellen / IvB von Produkten
Umgang / Tätigkeiten mit Produkten
Freiheitsgrade
betrieblicher Primärschutz
additiver Sekundärschutz
Freiheitsgrade
produktintegrierter Primärschutz
Freiheitsgrade
produktintegrierter Sekundärschutz
Freiheitsgrade
Methodische Gestaltungskonzeption - Freiheitsgrade
produktspezifischer Tertiärschutz
Freiheitsgrade Freiheitsgrade
ergänzender Tertiärschutz
Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit1.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Freiheitsgrad / Handlungsspielraum
der (Produkt-) Gestaltung
Verbindlichkeit der eingesetzten
(Schutz-) Maßnahme
gefährdungs-orientierte
Stellschrauben
hazard
exposition
Unumgänglichkeit der Maßnahme, d.h. Wirkung der Schutzmaßnahme grundlegend
aktionsfrei (Beschäftigte)
akzeptanzunabhängig
Einhaltung der festgelegten Verhaltensregelndurch die Beschäftigten
akzeptanzabhängig ?Compliance
der Beschäftigten
KONSEQUENZ: AUSEINANDERSETZUNG MIT DER RISIKOAKZEPTANZ
Wirksamkeit organisatorischer und personenbezogener Maßnahmen - Compliance -
Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit1.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Bedarf einer fachpolitischen Risikobetrachtung in ausgewählten Gesetzen und VO in der Arbeits- und Produktsicherheit
GefStoff-VO …Bedarf eines Gesamtkonzepts zur Festlegung risikobasierter Grenzwerte für krebserzeugende Stoffe im Rahmen einer gesellschaftspolitischen Setzung
Gefahr … lässt sich als nicht mehr akzeptables Risiko definieren Festlegung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit entsprechend demVerhältnismäßigkeitsgrundsatz (...)
ArbSchG … Amtliche Begründung
BiozidG … Entscheidungen über die Zulassung von Biozid-Produkten mit ggf. krebser-zeugenden WirkstoffenUntersuchungen im Hinblick auf die menschliche Gesundheit mit der Darle-gung der annehmbaren Rückstandsmenge und Begründung ihrer Akzeptanz
REACH-VO …Einführung eines Zulassungsverfahrens für krebserzeugende Stoffe Bedarf fachlicher Bewertungskonzepte und praxisorientierter (akzeptierter) Anwendungskonzepte (Schutzmaßnahmen)
?
Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit1.
5
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Normativ-formalistischer Risikoansatz / offene Fragestellungen (Auszug)
RISIKO
bezogen auf die
betrachteteEinheit
SCHADENS-AUSMASS
UND
EINTRITTS-WAHRSCHEINLICHKEIT
Risikoelemente
f resultierend aus dem
Gefährdungs-potential und der Exposition
zeitliche und räumliche Koinzidenz (+ Dauer)
REGULIERUNG:
Möglichkeit zur Vermeidung /Begrenzung des Schadens
- kollektives / individuelles Risiko (Größe des Betroffenenkreises)- gesellschaftlicher Wandel / ~ Fokus,
„Die Risiken, die uns umbringen, sind nicht notwendigerweise diejenigen, die uns ärgern und ängstigen.“ P. Sandman, Princeton (in: Risk communication, EPA Journal No 13, 1987)
auch „objektives Risiko“
?- Wertevorstellungen, gesellschaftliche Normen, Erfahrungen, Risikoaversion - handlungsspezifische Fragestellungen: Erfahrungen, Stellung, …
Methodische Grundlagen der Produkt- und Arbeitssicherheit1.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Anlässe zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Risikobe-trachtungen in die Methoden der Produkt- und Arbeitssicherheit
Fachexperten
staatliche Regulierung: gremienpolitischer Blickwinkel
ANLASS ADRESSAT
Konkretisierung rechtsverbindlicher europäischer bzw. nationaler Schutzziele und Vorgaben
Fachexperten
staatliche Regulierung &betriebliche Praxis
Erweiterung des Bewertungsinstru-mentariums zur ganzheitlichen Be-trachtung des Grenzrisikos (in def. Anwendungsfällen) G
renz
risik
oG
renz
risik
o
betriebliche Praxis:fachkundige Personen Betroffene / Beschäftigte
Erhöhung der Compliance,Kriterium für die Wirksamkeit organisatorischer und personenbezogener Maßnahmen
Wissenschaftler
staatliche Regulierung:gremienpolitischer Blickwinkel
Erweiterung der Eingangsgrößen / Parameter des ingenieurwissen-schaftlichen Risiko-ansatzes S x EW
Erweiterungsanlässe des normativ-formalistischen Risikoansatzes2.
6
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Normativ-formalistischer Risikoansatz
vonMensch/
Beschäftigter/ soziale Gruppe
+
Technik/Technologie
Koinzidenz
RisikoidentifizierungIdentifizierung der Schadensvarianz & der Eintrittswahr-
scheinlichkeit
GefährdungLatenter Zustand
Grenzwerte, Erwartungswerte, z.B. Exposition am Arb.-platz, Beherrsch-barkeit, St.d.T., ökonom. Kriterien
(ARBEITS-)
INGENIEUR-WISSEN-SCHAFTEN
RisikoregulierungEntscheidung über
(normativ-formalistisch)
Risikoausmaß
- Staatl. Regulierung- Gestaltungserforder-nisse
Information derAdressaten
- Restrisiken- bestimmungsgemäße
Verwendung
Anpassung an den technischen Fortschritt
AKTION:
Überarbeitung der Risikobeurteilung
Risikobewertung / -abschätzung
Erweiterung des normativ-formalistischen Risikoansatzes2.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Koinzidenz
vonMensch/
Beschäftigter/ soziale Gruppe
+
Technik/Technologie
GefährdungLatenter Zustand
Grenzwerte, Erwartungswerte, z.B. Exposition am Arb.-platz, Beherrsch-barkeit, St.d.T., ökonom. Kriterien
Risikobewertung / -abschätzung (normativ-formalistisch)
Risikoausmaß
AKTION:
Überarbeitung der Risikobeurteilung
RisikoidentifizierungIdentifizierung der Schadensvarianz der Eintrittswahr-
scheinlichkeit
Erweiterung des normativ-formalistischen Risikoansatzes
Einbindung soziologischer Beurteilungs- und Abschätzungskriterien
(qualitativ)
Risikoregulierung
Umfassendere Entscheidung über
- Staatl. Regulierung- Gestaltungserfordernisse
Erweiterung des normativ-formalistischen Risikoansatzes2.
7
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Risikoregulierung: Entscheidung Handlung
Risikobewertung / -abschätzung Risikoausmaß
Prozesse des psychologisch-kognitiven Risikoansatzes
Risikowahrnehmung (inkl. Risikobewertung)
- Risikomerkmale (RM) - Heuristiken, - mentale Modelle, - sozialer Kontext, - Wertevorstellungen, etc.
Einbindung soziologischer Beurteilungs- und Abschätzungs-Prozesse / -kriterien
Psychologisch-kognitiver Risikoansatz
Risikoakzeptanz
- Risikoniveau- Ziele und Mittel der
Akzeptanz- Abwägungsprozess- akzeptanzsteigernde /-senkende Faktoren, etc.
Bewertungsansätze- Wichtung der RM- öffentliches Bewusstsein- Kosten-Nutzen-Betrachtung- Risiko-Nutzen-Betrachtung- institutionelles Vertrauen- Risikovergleiche, etc.
Zustimmung / bedingte Annahme / Ablehnung … von
- staatlicher Regulierung- Gestaltungserfordernissen- Aktionen / Zuständen / Maßnahmen
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - psychologisch-kognitiver Risikoansatz3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Risikowahrnehmung – Wem wird vertraut?
Quelle: Astrid Epp, 19.02.2008 Vortragsskript: „Von Cocktails und kleinen Portionen“, BfR Berlin 2008
Bevölkerungsbefragung zum institutionellen Vertrauen (Thema Nanotechnologie, BfR 2007 (n = 1.000)
2009öffentlichesBewusstsein
Sozialwissenschaftliche Grundlagen3.
8
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Gedankenmodell des psychologisch-kognitiven Risikoansatzes
…. ist ein Merkmal, ein Ergebnis, das Menschen mit verschiedenen Objekten, Aktivitäten und Situationen aufgrund von Wahrnehmungs-, Denk- und Lern-Prozessen verbindet.
Hauptakteure des Risikoansatzes: Jungermann/Slovic, Sandman, Renn, Starr, Rowe
RISIKO
aus sozialwissenschaftlicherSichtweise: KONSTRUKT
Akzeptanz undToleranz: PROZESS … der individuellen/
kollektiven Wichtung undAbwägung
ENTSCHEIDUNG
Einbindung der Parameter des normativ-formalist.Risikoansatzes
Risikowahrnehmung: PROZESS …der Zuschreibungs-bzw. Konstruktion
Sozialwissenschaftliche Grundlagen3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Risikomerkmale – Parameter der Risikowahrnehmung
Risikowahrnehmung
- Risikomerkmale
- Heuristiken- mentale Modelle - sozialer Kontext- Wertevorstellungen
Eintrittswahrscheinlichkeit/Schadenshäufigkeit
Schadensausmaß, -verlauf
Katastrophenpotential
Vertrauen in Risikomanagement
Grad der Betroffenheit
Freiwilligkeit der Risikoübernahme
Kontrollierbarkeit des Risikos
Verantwortlichkeit
Fokus:
Gesundheits- und Arbeitssicherheit
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
9
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Risikomerkmal Betroffenheit
individuelle / persönliche Betroffenheit
individuelle Entscheidungsfindung erfolgt (bei gleicher Unsicherheit)in direkter Abhängigkeit zu den angenommenen positiven/negativen Konsequenzen für den persönlichen Lebensraum
Unterstützung je „näher“ das Thema ist und einen scheinbaren Nutzen für die jeweilige Person bedeuten kann
Bsp. Zustimmungsverhalten
*) Renn, O.; Hampel, J.: Gentechnik – Öffentliche Meinung und Ethik, Heidelberg 2001
Öffentliches Verhalten von Experten (z.B. Unglück von Tschernobyl) im Vgl. zu ihrem individuellen Verhalten als Privatperson
Sankt Florians Prinzip:HEILIGER SANKT FLORIAN, VERSCHON MEIN HAUS, ZÜND‘ ANDRE AN!
Konkrete Anwendungsfälle der Gentechnik *)
- Diagnose unheilbarer Krankheiten ≈ 75%- Gentransfer in der Nutztierhaltung < 10%
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Risikomerkmal Betroffenheit
individuelle / persönliche Betroffenheit
Gesundheits- und Arbeitsschutz:
Forschungsthema- ambivalentes Verhältnis zum Risikomerkmal Betroffenheit
- Betroffenheit wird im Verhältnis zu den tatsächlichen Risiken oft unterschätzt und zu selten erkannt - im Vgl. zu Risiken im Verbraucherbereich (Lebensmittel)
Mögliche Gründe:
Schein-Sicherheit durch- bestehende Fürsorgepflicht des AG, Vertragsverhältnis- Wissen um „gesetzliche Regelungen“
Bsp.: Wegfall der Techn. Richtkonzentrationen im Gefahrstoffbereich
1
- Arbeitsunfall / berufsbedingte Erkrankung im direkten beruflichen oder privaten Umfeld Bsp.: Maurerkrätze im Baugewerbe
mangelndes Wissen (Interesse) im Bezug auf die mögliche Betroffenheit2
Individuelle Priorisierung der Schutzbereiche (vgl. Umwelt-, Verbraucherschutz)3
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
10
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Risikomerkmale – Parameter der Risikowahrnehmung
Risikowahrnehmung
- Risikomerkmale
- Heuristiken- mentale Modelle - sozialer Kontext- Wertevorstellungen
Eintrittswahrscheinlichkeit/Schadenshäufigkeit
Schadensausmaß, -verlauf
Katastrophenpotential
Vertrauen in Risikomanagement
Betroffenheit
Freiwilligkeit
Kontrollierbarkeit
Verantwortlichkeit
Fokus:
Gesundheits- und Arbeitssicherheit
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Risikomerkmal: Freiwilligkeit und Kontrollierbarkeit
Freiwilligkeit und Kontrollierbarkeit
Zustimmung bei freiwillig übernommenen Risiken ist deutlich höher als bei nicht freiwillig übernommenen Risiken (Fokus: Nutzen), Zeitfaktor
Beispiele:- Risiko durch Rauchen im Vgl. zu Risiken, die von einem Braunkohlekraft-
werk ausgehen- Risiken durch Alkoholgenuss und durch fette Ernährung im Vgl. zum Risiko
durch Pestizidrückstände in Nahrungsmitteln JUNGERMANN/SLOVIC (1993)
„… wenn Einzelne freiwillig Risiken für ihren persönlichen Nutzen oder Profit in Kauf nehmen, scheinen sie willens zu sein, als Gegenleistung für einen ziemlich bescheidenen (quantifizierbaren) Nutzen, relativ hohe Risikolevel zu akzeptieren.
hoch aktuell ! Staatsbürgschaften für Banken und Automobilzulieferung ….
Die Situation ändert sich merklich, wenn der Einzelne nicht mehr länger glaubt, dass er die Risikobelastung kontrollieren kann. In diesen Situationen legt er die Handhabung des Risikos in die Hände von gesellschaftlichen Gruppen, üblicherweise fern vom Einzelnen und seiner Risikobelastung.“ STARR (1976)
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
11
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Risikomerkmal: Freiwilligkeit und Nutzen (STARR)
Korrelation zwischen Un-/Freiwilligkeit und Nutzen
THESE 3Unfreiwillige Risiken werden nicht akzeptiert, ganz gleich wie hoch der Nutzen sein mag, wenn sie größer sind als das durchschnittliche Risiko, durch Krankheit umzukommen (> 10-6/a).
THESE 1Risken, denen man sich freiwillig aussetzt, dürfen um den Faktor 1000 höher sein als solche, denen man unfreiwilligausgesetzt ist.
THESE 2Unfreiwillige Risiken werden auch ohne Nutzen akzeptiert, wenn sie geringer sind als das Risiko, durch natürliche Katastrophen (Erdbeben, Stürme, Überflutungen etc.) umzu-kommen (< 10-10/a).
STARR (1981) Zitate:
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Gesundheits- und Arbeitsschutz:
Forschungsthema
Risikomerkmal: Freiwilligkeit und Kontrollierbarkeit
Freiwilligkeit und Kontrollierbarkeit
Manipulation von Schutzeinrichtungen (betriebliche Ebene)- Beispiel:
Befragung - HVBG-Report zum Thema (2006)
- 37% der Schutzeinr. an Maschinen sind ständig oder vorübergehend manipuliert- knapp ein Viertel aller Arbeitsunfälle ist auf Manipulation zurückzuführen- ca. 30 % der Betriebe (Vorgesetzten) dulden die Manipulation
Ablehnung / Missbilligung der Arbeit von „Kontrollkörperschaften“hier: Gremien des Arbeitsschutzes (staatliche Regulierung)
- Beispiel:
Mögliche Gründe:
Ablehnung des Tragens notwendiger Persönlicher Schutzausrüstungen- Beispiel:
Mein Arbeitsplatz = meine Fachexpertise = meine Kontrolle = mein Risiko (vielschichtige Kontroll- und Handlungsillusion)
1
Schaffung eines eigenen Wertesystems zur Evaluierung des Risikos bzw.Einsatz individueller Optimierungsverfahren (Wissensdefizit)
2
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
12
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Heuristiken – Daumenregeln des Denkens
Risikowahrnehmung
- Heuristiken
- Risikomerkmale- mentale Modelle, - Wertevorstellungen,- sozialer Kontext
Mentale Strategien / Systema-tiken im Wahrnehmungsprozess
„Daumenregeln des Denkens“ u.a. RENN
Anchoring Effect(Verankerungseffekt)
Wahrscheinlichkeiten für Ereignisse werden der verfügbaren Informa-tion oder der wahrgenommenen Bedeutung der Information angepasst.
Heuristik Beschreibung ihres Effekts
Availability(Verfügbarkeit)
Ereignisse, die Personen unmittelbar im Gedächtnis sind, die kogni-tiv verfügbar sind, werden als wahrscheinlicher eingeschätzt als solche Ereignisse, die nicht kognitiv verfügbar sind.
… gestatten die Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten und des mit geringem kognitiven Aufwand und ohne umfassende Informationssuche
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Heuristiken
Heuristik Beschreibung ihres Effekts
Effekt der Repräsentativität
(Gesetz der kleinen Zahlen)
Von kleinen Stichproben, d.h. hier von einer kurzen Reihe von Erfah-rungen wird mit entsprechender Fehlergröße auf die Grundgesamtheit geschlossen. Hierbei werden einzelne persönlich erfahrene Ereignisse und deren Eigenschaften als typischer angesehen als Informationen, die auf Häufigkeiten beruhen.
„Gambler's Fallacy“ Bei der Verarbeitung der Zufälligkeit unabhängiger Ereignisse werden Regelmäßigkeiten gesucht bzw. konstruiert, um Unsicherheit zur redu-zieren (Beispiele: Spielerregeln)
Gewöhnungseffekt Je kontinuierlicher und gleichförmiger Verluste auftreten und je eher katastrophale Auswirkungen ausgeschlossen sind, desto eher wird das Ausmaß der durchschnittlichen Verluste unterschätzt.
Vermeidung kognitiver Dissonanz
Information, die geschätzte Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen o. erfahrungsbasiertes Wissen infrage stellt, die bereits Teil eines Glau-benssystems sind, werden einfach ignoriert oder heruntergespielt.
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikowahrnehmung3.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Prozesse des psychologisch-kognitiven Risikoansatzes
Einbindung soziologischer Beurteilungs- und Abschätzungs-Prozesse / -kriterien
Psychologisch-kognitiver Risikoansatz
Risikobewertung / -abschätzung Risikoausmaß
Bewertungsansätze- Wichtung der RM- öffentl. Bewusstsein- Risiko-Nutzen-Betr.- institut. Vertrauen- Risikovergleiche, etc.
Risikowahrnehmung (inkl. Risikobewertung)
- Risikomerkmale (RM) - Heuristiken, - mentale Modelle, - sozialer Kontext, - Wertevorstellungen, etc.
Risikoakzeptanz
- Festsetzung eines Risiko-niveaus
- Abwägungsprozess- akzeptanzsteigernde /-senkende Faktoren
Zustimmung / bedingte Annahme / Ablehnung … von
- staatlicher Regulierung- Gestaltungserfordernissen- Aktionen / Zuständen / Maßnahmen
Risikoregulierung: Entscheidung Handlung
Sozialwissenschaftliche Grundlagen3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Akzeptanz – Begriffsbestimmung
(eingebundene Quelle: LUCKE, 1995)
Vermutung über den Umgang mit einer vorgenommenen Handlung, z.B. ein
rechtlich festgeschriebenes Schutzniveau
Im Ergebnis eines Wahrnehmungsprozesses
…. eine aktive oder passive Zustimmung zu Entscheidungen oder Handlungen
Grad der (gesellschaftlichen) Zustimmung zu der vorgenommenen Handlung,
z.B. Schutzniveau Stand der Technik
lat. „accipere“ annehmen, billigen, gut-heißen
Akzeptanz
0 t
Akzeptierbarkeit AkzeptiertheitLUCKE
kollektivesEINVERNEHMEN
getroffeneANNAHME
Wissenschaft Politik (Gesetzgeber)
Beispiel: Akzeptierbarkeit
Akzeptiertheit
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikoakzeptanz3.
14
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Ziele und Mittel der Akzeptanz
Akzeptanzder Mittel
Akzeptanzder Ziele
Ziele (+)
Ziele (–)
Mittel (+) Mittel (–)
konformistische A.
ritualistische A.
wertmäßige A.
Nicht-Akzeptanz
Akzeptanzder Mittel
Akzeptanzder Ziele
Ziele (+)
Ziele (–)
Mittel (+) Mittel (–)
konformistische A.
ritualistische A.
wertmäßige A.
Nicht-Akzeptanz
Quelle: LUCKE 1995
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikoakzeptanz3.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Akzeptierbarkeit und Akzeptiertheit
im Kontext der Arbeitssicherheit
Akzeptierbarkeit Akzeptiertheit
getroffene ANNAHME Kollektives EINVERNEHMEN
politische Entscheidung über
1) ZIELE, z.B. Sicherheit, Schutzziele, etc.
Grad der Akzeptanz durch die Betroffenen:
z.B. nach ArbSchG: Der Arbeitgeber hat […]
… von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen …..
… durch eine Beurteilung […] zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind …
2) MITTELHandlungsanweisung zur Gefähr.-beurteilungVeröffentlichung von GrenzwertenKennzeichnungspflicht für LärmbereichePflicht zur Baumusterprüfung für Si-BauteileVerwendungsverbote für kanzerogene StoffeTätigkeit nur im geschlossenen System
konformistische Akzeptanz der Mittel und Ziele mit innerer Überzeugung
z.B. worst-case-Entscheidungenz.B. freiwilliger Einsatz von PSA unterhalb des
Grenzwertes bzw. der Trageverpflichtung
ritualistische Akzeptanz der Mittel ohne innere Überzeugtheit der Richtigkeit der mit ihnen ver-folgten Ziele
Zertifizierungspflicht des UnterauftragnehmersBonussysteme / Anreize zum Tragen von PSA
wertmäßige Akzeptanz der Ziele bei gleichzei-tiger Missbilligung der zu ihrer Erreichung institutionalisierten Mittel
z.B. Ablehnung eines bestimmten Verfahrens (Checkliste) zur Gefährdungsbeurteilung
Nicht-AkzeptanzAblehnung bis offener Boykott
z.B. Manipulation von Schutzeinrichtungen
Sozialwissenschaftliche Grundlagen - Risikoakzeptanz3.
15
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Stellschrauben der Gestaltung
Stel
lsch
raub
en d
er G
esta
ltung
: gefährdungsorientierteStellschrauben
hazard exposition
ZIEL: Erhöhung der Compliancedurch akzeptanzorientierte Risikokommunikation
- Risikomerkmale, z.B. Kontrollierbarkeit von Prozessen, Anlagen
- Heuristiken, z.B. Verankerungseffekt
- Steigerung der Akzeptanz von Maßnahmen, z.B. durch - Ansprache von Mitteln und Zielen- Einsatz von akzeptanzsteigernden Faktoren
….
Herstellen / IvB von Produkten Tätigkeiten mit Produkten
additiver Sekundärschutz
produktintegrierter Primärschutz
produktintegrierter Sekundärschutz
produktspezifischer Tertiärschutz
Freiheitsgrade
Freiheitsgrade
Freiheitsgrade
Freiheitsgrade
Freiheitsgrade
Freiheitsgrade
betrieblicher Primärschutz
ergänzender Tertiärschutz
- RISIKOBEURTEILUNG - - GEÄHRDUNGSBEURTEILUNG -
Herstellen / IvB von Produkten Tätigkeiten mit Produkten
additiver Sekundärschutz
produktintegrierter Primärschutz
produktintegrierter Sekundärschutz
produktspezifischer Tertiärschutz
FreiheitsgradeFreiheitsgrade
FreiheitsgradeFreiheitsgrade
FreiheitsgradeFreiheitsgrade
FreiheitsgradeFreiheitsgrade
FreiheitsgradeFreiheitsgrade
FreiheitsgradeFreiheitsgrade
betrieblicher Primärschutz
ergänzender Tertiärschutz
- RISIKOBEURTEILUNG - - GEÄHRDUNGSBEURTEILUNG -
verhaltens-orientierteStellschraube
NEU!
Einbindung sozialwissensch. Aspekte in die Methodik der Produkt- / Arbeitssicherheit4.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Einbindung der verhaltensorientierten Stellschraube
Gestaltungsziel: Erhöhung der Compliance durch akzeptanzorientierte Risikokommunikation
- Verhaltensorientierte Stellschraube -
Akteure
Betroffene
Beteiligte
etc.
- Schaffung einer kompromissfähigen/lang-fristigen (projektorientiert) Arbeitsbeziehg.
- RK >>> Vermittlung von Daten und Fakten
- Bedeutung: UMWELT- / VERBRAUCHER-SCHUTZ, ARBEITSSCHUTZ
Entwicklungspotenzial
Wie nehmen BETROFFENE betriebliche Risiken/Gefährdungen wahr?
Risikokommunikation:
WIS
SEN
STR
AN
SPO
RT
Einbindung sozialwissensch. Aspekte in die Methodik der Produkt- / Arbeitssicherheit4.
Welche HEURISTIKEN und RISIKOMERKMALE werden dabei tangiert?
Wie kann die AKZEPTANZ von erforderlichen (Gestaltung-) Maßnahmen durch bewusste Einbindung der ZIELE und MITTEL erreicht werden?
…
16
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
arbeitsschutzspezifische Risikokommunikationsformen (Auszug)
allgemeine / spezielle Unterweisungen, Trainings, Produktschulungen,Aus- und Weiterbildung, z.B. zu Gefährdungssituationen
Expertenmeetings, Gremienarbeit
Betriebsanweisungen, CSR, TD, etc.Einsatz von Produktkennzeichnungen - allgemein anerkannte Farbgebung, - Symbole, Codes, - Kategorisierungen, etc.
Gestaltungsziele, Strategien zur Grenzwertsetzung, Beschränkungen, Arbeit in beratenden Gremien, etc.
Umsetzungsstrategien, Arbeitsablauf und -steuerung, Unterweisung, etc.
Verbale Kommunikation: GESTALTUNGSEBENEN UMSETZUNG
Staatliche Risikokommunikation
Individuelle Risikokommunikation
Betriebliche Risikokommunikation
Nonverbale Kommunikation:
Verbale Kommunikation:
- Verhaltensorientierte Stellschraube -
tägliche oder spezielle Absprachen, Arbeitsweise, Lob und Kritik, Prüfergebnisse, Mängelweitergabe
Ebenen und Formen der Risikokommunikation in der Produkt- und Arbeitssicherheit
Einbindung sozialwissensch. Aspekte in die Methodik der Produkt- / Arbeitssicherheit4.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Säulen der Risikokommunikation
RISIKOKOMMUNIKATION
DIALOG-GESTALTUNG
BEZIEHUNGS-QUALITÄT
INFORMATIONS-DESIGN
RISIKOKOMMUNIKATION
DIALOG-GESTALTUNG
BEZIEHUNGS-QUALITÄT
INFORMATIONS-DESIGN
Quelle: Leitfaden Risikokommunikation, Forschungszentrum Jülich 2007
Fundament der Risikokommunikation
Qualität der Sozialbeziehung
aktive Pflege eines verantwortungs-vollen Handelns
Qualität der Informationen
Verständigung auf die gemeinsamen Ziele
Verfahren zum Dialog, z.B.:
Verfahren der horizontalen und vertikalen Risiko-kommunikation
Einbindung sozialwissensch. Aspekte in die Methodik der Produkt- / Arbeitssicherheit4.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Gestaltungsansätze zur Erhöhung der Compliance
a) Betrieb von Anlagen:
Info
rmat
ions
umfa
ng /
Zeitu
mfa
ng
Zeitintervall zwischen den Phasen der Informationsvermittlung
sehr geringmax. 5 min
geringmax. 30 min
mittelca. 2 h
hochca. 1 Tag
täglich wöchentlich monatlich jährlich bei Bedarf
b) Wartungsprozesse:
Instrument:„Drei x Achtung“Fa. BMW
ggf. täglich
Heuristik Beschreibung ihres Effekts
Availability(Verfügbarkeit)
Ereignisse, die Personen unmittelbar im Gedächtnis sind, die kognitiv verfügbar sind, werden als wahrscheinlicher eingeschätzt als solche Ereignisse, die nicht kognitiv ver-fügbar sind.
auch gemeinsame Stärkung/Untermauerung der ZIELE / MITTEL der Akzeptanz
c) technologischeVeränderungen:
Instrument:„Verfahrenstrainer“Fa. Fraport AG
Instrument:„safety minutes“
Fa. EXXONMOBIL
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Statistische Daten zum Gefährdungsvergleich
Heuristik Beschreibung ihres Effekts
Gewöhnungs-effekt
Je kontinuierlicher und gleichförmiger Verluste auftreten und je eher katastrophale Auswirkungen ausgeschlossen sind, desto eher wird das Ausmaß der durchschnittlichen Verlusteunterschätzt.
a) Wissensdefizite
vergleichende statistische Aussagen, z.B. Todesfälle in Folge Berufskrankheit
akzeptanzsteigernder Faktor:Berufbarkeit
2008 (Dtl./a)
4.000
2.000 2.234
4.467 Todesfälle im Straßenverkehr
Todesfälle in Folge einer Berufskrankheit
≈ 600 Todesfälle in Folge eines Brandes
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Gestaltungsansätze zur Erhöhung der Compliance
Heuristik Beschreibung ihres Effekts
Gewöhnungs-effekt
Je kontinuierlicher und gleichförmiger Verluste auftreten und je eher katastrophale Auswirkungen ausgeschlossen sind, desto eher wird das Ausmaß der durchschnittlichen Verlusteunterschätzt.
b) neue Angebote zu interaktiven Formen der Kommunikation, um betriebliche und persönliche Konsequenzen für das eigene Handeln abzuleiten
auch RM BETROFFENHEIT
Spieler sucht nach Gefährdungen beim Gang durch FertigungshallenVirtuell interaktive 3D-Trainings-
szenarien für spezielleGefährdungssituationen in KMU
Computerspiel
Schwerpunkt: Maßnahmen und Konsequenz aus eigenen Gestaltungsentscheidungen
2.1
Angebot einer Vielzahl möglicher Maßnahmen, inkl. Investitionssumme
Auswahl einer oder mehrerer Maß-nahmen mit unmittelbaren und lang-fristigen Konsequenzen
Punktevergabe: Ziel = max. Punktzahl
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Gestaltungsansätze zur Erhöhung der Compliance
Gewöhnungseffekt & RM Betroffenheit
Virtuell interaktives 3D-Training für betriebliche Prozesse (Befüllen/Entleeren von Fässern)
Fraunhofer-Institut für Fabrikplanung und -automatisierung, Magdeburg
2.2
Echtzeitsimulation mit VR-Techno-logie (Virtual Reality)
Trainingsmodul: Konfrontation mit realistischen Problemstellungen
Trainingsziel: - Erlernen und Üben sicherer Vor-
gehensweisen und Reaktionen - Wahrnehmung der Umgebung, z.B.
kritische Einflussfaktoren
Quelle:Sichere Chemiearbeit 4/2009
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
Produktsicherheit:
Zielgruppe: Experten
Ableitung von Expositions-Risiko-Bez. (ERB) für Tätigkeiten mit krebserzeug. Gefahrstoffen
3.1
Einbindung des Anchoring Effects in Gestaltungsansätze der Produkt- bzw. Arbeitssicherheit
Heuristik Beschreibung ihres Effekts
Anchoring Effect(Verankerungs-effekt)
Anpassung des vorgefundenen Zustandes oder eines Ereig-nisses an die verfügbaren Informationen oder an die wahrgenommene Bedeutung dieser Information.
- AMPELMODELL -
Verbraucherschutz (GB):
Zielgruppe: Verbraucher
Zuckergehalt in Lebensmitteln
Arbeitssicherheit (Beschäftigtenschutz):
Zielgruppe: Betroffene / Beschäftigte
Befahren von Behältern im Shut down 3.2
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Neue Strategie zur Ableitung risikoorientierter Grenzwerte
ZIEL: Modell zur Ableitung von Expositions-Risiko-Beziehungen (ERB)
… modellhafte Quantifizierung des Zusammenhangs zw. Stoffbelastung und dem Risiko
… zur risikoorientierten Grenzwertsetzung und einem abgestuften Maßnahmenkonzept
3.1
Risiko
4 x 10-3Toleranzrisiko
Anwendung des spezif. Maßnahmen-katalogs (TRGSen, etc.)
4 x 10-4Akzeptanzrisiko
Schutzniveau halten, keine weiteren Maßnahmen erforderlich
Beschränkungen / VerboteÜberprüfung des Schutzkonzeptes
Weitere Informationen: BMAS-Bekanntmachung 910 vom 01.09.2008
„Die Risikohöhen für die bezeich-neten Zäsurpunkte können nicht wissenschaftlich begründet, son-dern nur gesellschaftspolitischgesetzt werden […].“
„ … Kriterien zu beachten, neben der Risikowahrnehmung […]die Relation zu vergleichbaren Arbeitsplatzrisiken, der unmittel-bare Nutzen, die Anzahl der Betroffenen, etc. …“
1) Festlegung von stoffüber-greifenden Risikogrenzen
Strategie
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
ZIEL: Modell zur Ableitung von Expositions-Risiko-Beziehungen (ERB)3.1
Weitere Informationen: BMAS-Bekanntmachung 910 vom 01.09.2008
Risiko
4 x 10-42008 Akzeptanzrisiko
4 x 10-32008 Toleranzrisiko
Anwendung des spezif. Maßnahmen-katalogs (TRGSen, etc.)
Schutzniveau halten, keine weiteren Maßnahmen erforderlich
Beschränkungen / VerboteÜberprüfung des Schutzkonzeptes
2) Vorläufiger Akzeptanzwert: Absenkung um Faktor 10
Strategie
4 x 10-52018
Zeitbefristungbis spät. 2018
Neue Strategie zur Ableitung risikoorientierter Grenzwerte
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
ZIEL: Modell zur Ableitung von Expositions-Risiko-Beziehungen (ERB)3.1
2) Vorläufiger Akzeptanzwerte Absenkung um Faktor 10
Strategie
Risiko
4 x 10-42008 Akzeptanzrisiko
4 x 10-32008 Toleranzrisiko
Anwendung des spezif. Maßnahmen-katalog (TRGSen, etc.)
Schutzniveau halten, keine weiteren Maßnahmen erforderlich
Beschränkungen / VerboteÜberprüfung der Maßnahmen
4 x 10-52018
Risiko
4 x 10-42008 Akzeptanzrisiko
4 x 10-32008 Toleranzrisiko
Anwendung des spezif. Maßnahmen-katalog (TRGSen, etc.)
Schutzniveau halten, keine weiteren Maßnahmen erforderlich
Beschränkungen / VerboteÜberprüfung der Maßnahmen
4 x 10-52018
2008 2018
Akzeptierbarkeit AkzeptiertheitLUCKE
getroffeneANNAHME
breite Anwendung des neuen Konzept durch die Fachexpertenzur Grenzwertableitung
kollektivesEINVERNEHMEN
o.k.?endgültige Akzeptanz-werte
Einbindung des Akzeptanzprozesses in die Grenzwertstrategie der stoffspezifischen Produktsicherheit
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009
ZIEL: Modell zur Ableitung von Expositions-Risiko-Beziehungen (ERB)3.1
Risiko
4 x 10-4Akzeptanzrisiko
4 x 10-3Toleranzrisiko
Anwendung des spezif. Maßnahmen-katalogs (TRGSen, etc.)
Schutzniveau halten, keine weiteren Maßnahmen erforderlich
Beschränkungen / VerboteÜberprüfung des Schutzkonzeptes
Asbest (Sanierung) - Akzeptanzwert: 10.000 F/m3
- Toleranzwert: 100.000 F/m3
3) Festlegung von stoffspezifischen Kon-zentrationswerten und Expositions-Risiko-Beziehungen
Anwendung der Strategie
Neue Strategie zur Ableitung risikoorientierter Grenzwerte
Weitere Informationen: BMAS-Bekanntmachung 910 vom 01.09.2008
Keramikfaser (geplant Mai 09)
Dieselmotoremissionen
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Einbindung des Anchoring Effects in Gestaltungsansätze der Arbeitssicherheit
ZIEL: sicheres Befahren von Behältern bei shut-down-Prozessen (Stillstandsprozesse),
Zeitdruck und extrem hohes Gefährdungspotential
3.2
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Einbindung des Anchoring Effects in Gestaltungsansätze der Arbeitssicherheit
GELBE PHASEGELBE PHASE
Zutritt nur mit Erlaubnis! Sicherheitsmaßnahmen sind einzuhalten!Mannlöcher offen, Sicherheitsposten an jeder BefahröffnungGasanalysen zum Freimessen (2- bis 8-Stundenintervalle)Zugangskontrolle durch Anmeldung / Abmeldung beimSicherungsposten (Übergabe des Betriebsausweises)
3.2
ROTE PHASEROTE PHASE
Zutritt verboten – Gefahr!Mannlöcher offen, Zutritt verbotenAusrüstung wird belüftet, Analysen auf CO bzw. SO2 nach BedarfTemperaturen > 40°C
GRÜNE PHASEGRÜNE PHASE
Zutritt nur mit Erlaubnis!Mannlöcher offen, Arbeitserlaubnis notwendigGasanalysen zum Freimessen (max. 24-Stundenintervalle)Anzahl der Sicherheitsposten entsprechend Festlegung
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Produktsicherheit / Verbraucherschutz: Nanopartikel
Risikomerkmal Freiwilligkeit
Neues EU-Kennzeichnungs-system
„EU-Vorsorgeprinzip“
- Kennzeichnung des Inhaltsstoffs: Nanomaterialien
Verabschiedung der EU-Kosmetik-verordnung
Thema Nanomaterialien in Sonnenschutzmittel
1996 2009
Akzeptierbarkeit AkzeptiertheitLUCKE
getroffeneANNAHME
BildschirmarbeitsverordnungAnforderungen an sichere Bildschirmarbeitplätze
kollektivesEINVERNEHMEN
Nur bedingt, neue Arten vonArbeitsplätzen(desk sharing)unberücksich-tigt
Akzeptanzprobleme im AS-Recht
- Sicherheitsdossier des Herstellers EU-Kommission- Gesundheitsgefährdung: wissensch. nicht vollständig bekannt- Verlagerung der Entscheidung/Verantwortung auf Laien bzw.
Verbraucher/Beschäftigte/FASi „freiwillige Exposition“ - berufl. Sonnenschutzpflege: Bau, Bundeswehr, Forst, Gartenbau
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Gremienarbeit
Verhaltenskodex aufstellen - Akzeptanzarbeit Beziehungsqualität
Grundlagen der Arbeitsweise
RK in geeigneter Risikophase (Lebenszyklus) legitimierte Deutungshoheit
Einheitliche Sprache aktiv suchen (z.B. über verabschiedete Begriffsbestimmungen)
Aktionsorientierte Unterrichtung des fachkundigen Adressatenkreises
Kontinuierliche Einbindung des fachkundigen Adressatenkreises (Aufruf in Fachpresse) – Multiplikatorenstellung nutzen
Sensibilisierung der Betroffenen auf Freizeitebene (Werbung)
dialog- und akzeptanzorientierte Gremienarbeit: Risikokommunikation
Konsequente Umsetzung der horizontalen und vertikalen Risikokommunikation
Wissenschaftliche Kommunikationsinstrumente / Vorgehensweisen
Einbindung eines/-r dialogerfahrenen Kommunikationswissenschafters/-in
RISIKOKOMMUNIKATION
DIALOG-GESTALTUNG
BEZIEHUNGS-QUALITÄT
INFORMATIONS-DESIGN
RISIKOKOMMUNIKATION
DIALOG-GESTALTUNG
BEZIEHUNGS-QUALITÄT
INFORMATIONS-DESIGN
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Verfahren zur dialog- und akzeptanzorientierten Gremienarbeit
Verfahren der horizontalen und vertikalen Risikokommunikation
RISIKO-MANAGE-
MENT
RISIKO-AB-
SCHÄTZUNGVOR-
VERFAHREN
RISIKO-BEWERTUNG UMSETZUNG,
MONITORING
horizontale Risikokommunikation
vertikaleRisiko-Kommu-nikation
Internationale, Nationale, Landes- und Regionale Entscheidungsträger
Experten und/oder gesellschaftliche Gruppen (Stakeholder)
Allgemeine Öffentlichkeit
RISIKO-MANAGE-
MENT
RISIKO-AB-
SCHÄTZUNGVOR-
VERFAHREN
RISIKO-BEWERTUNG UMSETZUNG,
MONITORING
horizontale Risikokommunikation
vertikaleRisiko-Kommu-nikation
Internationale, Nationale, Landes- und Regionale Entscheidungsträger
Experten und/oder gesellschaftliche Gruppen (Stakeholder)
Allgemeine Öffentlichkeit
Übertragung auf die Gremienarbeit im AS, z.B. auf die beratenden Ausschüsse des BMAS
Facharbeitin den einberufenen Arbeitskreisen:
Entwicklung von Gestaltungslösungen bzw. -optionen
Fachpolitische Arbeitim AGS:
Auswahl der gesell-schaftspolitisch geeig-neten, zeitgemäßen Gestaltungslösung
Praxisbeispiele zur Einbindung sozialwissenschaftlicher Aspekte5.
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A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Warum muss das Thema weiter analysiert und hinterfragt werden ?
Erhöhung der Gestaltungsvielfalt / Compliance im Arbeitsschutz möglich
Methodische „Anbindung“ des Arbeitsschutzes an die Schutzbereiche Umwelt- und Verbraucherschutz
- Risikowahrnehmung und -kommunikation
Methodische Einbindung psychologisch-kognitiver Prozesse (Risikowahrnehmung, - bewertung, Akzeptanz) in den normativ-formalistischen Risikoansatz
Konkretisierung des europäischen Arbeitsschutzrechts vorrangig über beratende Ausschüsse
- hohe Verantwortung für den Arbeitsschutz!
Gedankenmodell ermöglicht umfassendere und damit verantwortungsvolle Entscheidungsfindung (Suche nach neuen Wegen)
Risikokommunikation … als „aktives“ Präventionsinstrument im Arbeitsschutz nutzen … gehört in den Fokus einer umfassenden Gestaltungsstrategie
- externe Unterstützung bietet Chance auf Akzeptanzsteigerung
Fazit6.
A. Kahl, Wuppertal Dresden, 27.04.2009Was gibt es für mich nun zu tun?
Bachelor- und Masterthesen zu nachfolgenden Themen:
Promotionsthema (Arbeitstitel):
Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS):
- ENDE -
- Praktizierte Risikokommunikation im KMU- Umgang mit nicht bestimmungsgemäßen Gefährdungssituationen im Unternehmen- Entwicklung eines Online-Fragebogens zur Risikowahrnehmung am Arbeitsplatz
Empirische Untersuchung zur Wahrnehmung von Risiken am Arbeitsplatz in Abhängigkeit ausgewählter personenbezogener, gesellschaftlicher und betrieblicher Faktoren
- Sachverständige im AGS- Übernahme des AK „Stand der Technik“ (UA II) ab Mai 2009- Mitarbeit im AK „Risikoakzeptanz“ (UA I) seit Jan. 2009
Ausblick6.