eine Elektrode, über welche die zu verspinnenden Komponenten zuge-führt und dabei elektrisch aufgela-den werden, und eine Gegenelek-trode, auf der sich die entstehenden Fasern abscheiden. Zwischen den Elektroden liegt typischerweise ein Feld von 50 bis 500 kV·m–1. Form und Anordnung der Elektroden sind variierbar.1–4)
Polymernanofasern entstehen aus synthetischen oder natürlichen Polymeren; sie können Chromo-phore, Nanopartikel, Medikamente oder auch biologische Systeme wie DNA oder Bakterien enthalten, die sich beim Elektrospinnprozess di-rekt in die Faser einschleusen las-sen.
Faserbildung über Selbstorganisation
� Im Gegensatz zur Extrusion, wel-che die Faserbildung über Düsenfor-men und mechanische Deformati-onskräfte kontrolliert, beruht der Elektrospinnprozess auf elektrisch getriebenen Selbstorganisationspro-zessen gemäß dem Earnshaw-Theo-rem. Diesem zufolge sind elektrische Felder nicht in der Lage, Objekte in einem stabilen Gleichgewicht zu halten.5) Beim Elektrospinnen ent-
� Durch das Elektrospinnverfah-ren sind Polymernanofasern mit Durchmessern bis hinunter zu drei Nanometern möglich. Noch wichti-ger ist, dass dadurch vielfältige Strukturen realisierbar sind: glatte Oberflächen, Oberflächen mit Po-ren oder fraktalen Strukturen; Fa-sern mit runden oder bandartigen Querschnitten, mit konstanten Durchmessern oder regelmäßig auf-tretenden Verdickungen in Form von Spindeln, mit unregelmäßigen Verzweigungen oder regelmäßig angeordneten Stacheln.
All diese Strukturen lassen sich aus Lösungen oder Schmelzen her-stellen (Abbildung 1). Das Herz ei-ner Elektrospinnapparatur bilden
Joachim H. Wendorff , Seema Agarwal, Andreas Greiner
Biologische Systeme wie die extrazelluläre Matrix enthalten feinste Fasern mit Durchmessern von weni-
gen Nanometern. Auch künstlich hergestellte Polymere, Metallstrukturen, Metalloxide, Biomaterialien
und Composite sollten in Form derartig feiner Fasern deutlich an Komplexizität und damit an Funktio-
nalität gewinnen. Besonders in den letzten zehn Jahren gelang es immer besser, Polymere aus Polymer-
nanofasern unterschiedlicher Dimensionen und Formen durch Elektrospinnen herzustellen.
Vielseitige Nanofaserstrukturen durch Elektrospinnen
�Polymerfasern�
stehen je nach Elektrodenform ein-zelne oder viele gleich geladene Flüssigkeitsstrahlen, die entspre-chend dem Theorem eine Reihe von Instabilitäten erfahren.
Besonders wichtig ist die Bie-gungsinstabilität: Sie führt den Strahl auf schleifenförmigen Wegen zur Gegenelektrode und bewirkt da-bei eine sehr hohe und schnelle Dehnung des Strahls (Dehnungsver-hältnis bis 105, Dehnungsrate bis 105 s–1). Als Folge daraus nimmt der Strahldurchmessser ab und damit letztlich auch der Durchmesser der entstehenden Faser.
Eine axisymmetrische Instabilität verursacht dagegen eine periodische Schwankung des Durchmessers und erzeugt so spindelartige Strukturen entlang der Fasern.
Weiterhin treten durch hohe Oberflächenladungen des Strahls Verzweigungen auf, die in manchen Fällen regelmäßige Stachelstruktu-ren entlang der Faser bewirken.
Welche dieser drei Instabilitäten auftreten und unter welchen Bedin-gungen bestimmte Instabilitäten do-minieren, ist theoretisch wohl ver-standen und experimentell kontrol-lierbar.4–8) So lassen sich die entste-henden Faserstrukturen beeinflus-sen. Allerdings müssen sehr viele
� QUERGELESEN
�� Der Elektrospinnprozess beruht auf elektrisch
getriebenen Selbstorganisationsprozessen; durch
Steuerung der dabei auftretenden Inhomogenitä-
ten lassen sich sehr vielfältige Strukturen erzeu-
gen.
�� Viele Polymermaterialien lassen sich zu Fasern
und Vliesen elektrospinnen, auch dies erweitert
die Anwendungsvielfalt.
�� Wasser als Lösungsmittel ist beim Elektrospinnen
vielseitig einsetzbar und hat als grünes Lösungs-
mittel ein großes Potenzial.
714
Nachrichten aus der Chemie | 59 | Juli I August 2011 | www.gdch.de/nachrichten
7I8 2011Zeitschrift derGesellschaftDeutscherChemiker
59. JahrgangJuli I August 2011S. 693 - 804
NanofasernSpinnen unter Strom I S. 714
ChemiegeschichteFarbe aus dem Kolben I S. 724
GDCh: Hochschulstatistik, Jahresbericht I ab S. 772
Material- und technische Parameter geeignet eingestellt sein, um den Spinnprozess zu kontrollieren und stabil zu gestalten. So wird beispiels-weise die Faserdicke kontrolliert durch die Polymerkonzentration in der Spinnlösung, durch die Oberflä-chenenergie und elektrische Leit-fähigkeit der Spinnlösung, durch die Flussrate an der Elektrode und durch das angelegte elektrische Feld.9)
Nanofaservliese
� Durch Elektrospinnen entstehen hochporöse Nanofaser-Vliese – Nonwovens – mit Porositäten von über 90 Vol.-%. In ihnen können Fasern je nach Geometrie der Ge-genelektrode planar, unaxial oder kreuzförmig angeordnet sein (Ab-bildung 2). Die Porengestalt, die durch die Anordnung der Fasern im Vlies definiert wird, ist dabei unre-gelmäßig.
Solche Nanofasern, Vliesarchi-tekturen und Porenstrukturen ha-ben ein hohes technisches Potenzial in so unterschiedlichen Gebieten wie • Filteranwendungen (hohe Selek-
tivität auch bei kleinen Par-tikeln),
• Modifizierung von Textilien (ho-her Windwiderstand, hohe ther-mische Isolation),
• Faserverstärkung (hohe Achsen-verhältnisse auch bei kürzeren Fasern),
• Sensorik und Katalyse (hohe Oberfläche, kurze Diffusions-wege),
• Gewebezüchtung (Analogie zur extrazellulären Matrix) und Wundheilung,
• Medikamententrägerung und -freisetzung (einfaches Ein-schleusen von Wirkstoffen).1–4,10)
Es gibt mehrere Gründe für diese Anwendungsvielfalt: So sind nicht nur sehr viele Faserstrukturen her-
Abb. 1. Faserstrukturen, die über das Elektrospinnen zugänglich sind: porös, bandartig, mit
Spindel- und Stachelstrukturen.
Abb. 2. Beispiele für erzielbare Vliesarchitekturen: planar und uniaxial.
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Polymerfasern �Magazin� 715
sern beim Spinnen spezifische Salze zu und reduziert diese nach dem Spinnen, entstehen auch elektrisch leitfähige Fasern z. B. aus Kupfer, superparamagnetische Fasern auf Cobaltbasis oder auch Fasern, die bimetallische Pt/Pd-Nanopartikel enthalten. Sie eignen sich für An-wendungen in Elektronik, Mag-netismus und Katalyse.3)
Manchmal ist das Verspinnen aus organischen Lösungsmitteln nicht die optimale Wahl. Dies ist bei tech-nischen Anwendungen der Fall, bei-spielsweise für Filter, die ein hohes Volumen an Vliesen erfordern oder bei medizinischen Anwendungen, bei denen die mögliche Toxizität der Lösungsmittel eine Rolle spielt. Wei-tere und meist nur sehr aufwendig in den Griff zu bekommende Probleme sind Lösungsmittelrückgewinnung, Schutz bei der Verarbeitung der Lö-sungsmittel und Verhindern von Ex-plosionen bei hohen Lösungsmittel-konzentration – immerhin liegen beim Elektrospinnen hohe Felder an.
Es ist klar, dass Wasser für ein grü-nes Elektrospinnen mit Abstand das geeignetste Lösungsmittel ist. Es existieren eine ganze Reihe von Ar-beiten, die sich mit dem Elektrospin-nen von wasserlöslichen Polymeren wie Poly(ethylenoxid) (PEO), Po-ly(vinylalkohol) (PVA), Poly(acryl-säure) (PAA), Poly(ethylen imin) (PEI), Poly(acrylamid) oder Poly(vi-nylpyrollidon) (PVP) befassen.
Gegenstand einiger Studien ist das Verspinnen von PVP aus wäss-riger Lösung. Hier haben insbeson-dere Mischsysteme Beachtung ge-funden. So sind strukturierte Fasern
sich zu Fasern und Vliesen elektro-spinnen lassen. Für jede Anwen-dung, sei sie technisch oder medizi-nisch, gibt es optimal geeignete Ma-terialien hinsichtlich chemischer Be-ständigkeit, optischer Eigenschaf-ten, mechanischer Steifigkeit, Bio-verträglichkeit.
Die Mehrzahl der beschriebenen Untersuchungen befasst sich mit organolöslichen Polymeren. Darun-ter sind technische Polymere wie Polyamide, Polyacrylnitril, Poly-vinylidenfluorid und Polyurethane sowie bioverträgliche oder bio-abbaubare Polymere wie Polylactide oder Polycaprolacton, aber auch na-türliche Polymere wie Cellulose, Collagen, Chitin oder Seide. Bei-spielsweise lassen sich Polyamide problemlos in Laboranordnungen aus Ameisensäure verspinnen, Po-lyacrylnitril aus Dimethlyforma-mid, Polystyrol aus 1,2-Dichloroet-han, Kollagen aus Hexafluoroiso-propanol. Fügt man den Polymerfa-
Abb. 4. Suspensionselektrospinnen von primären Latices.16)
stellbar, sondern es lassen sich auch Wirkstoffe direkt beim Spinnen in die Fasern einlagern. Außerdem sorgt das breite Spektrum der ein-stellbaren Porenabmessungen, inne-ren Oberflächen sowie der Diffusi-ons- und Permeationseigenschaften für die große Bandbreite. Beim Spinnprozess können Faserdurch-messer direkt eingestellt werden. Die Korrelation zwischen den Faser-durchmessern und den Vlieseigen-schaften ist sowohl über Monte-Car-lo-Simulationen als auch experi-mentelle Arbeiten etabliert.11–13) So gilt, dass das Verhältnis von mitt-leren Porendurchmessern zu den mittleren Faserdurchmessern etwa bei 6 liegt, unabhängig vom absolu-ten Maß der Durchmesser.
Elektrospinnbare Polymersysteme
� Ein zentraler Punkt für die An-wendungsvielfalt ist das breite Spek-trum der Polymermaterialien, die
Abb. 5. Elektrogesponnene Fasern, auf-
gebaut aus Polystyrol-Latex-Partikeln nach
Wasserbehandlung.17)
Dosierpumpe
Hoch-spannungs-
netzteil
Heizelement
T-Stück
Rohr A
Rohr B
Einlass
N2
Rohr B
Rotierende Trommel
Lager
LED-UV-Lampe
Gleichstrom-Motorund Controller
Abb. 3. Elektrospinnaufbau für eine In-situ-Vernetzung.15)
Latex-Partikel
ElektrospinnenEntfernen des
Polymertemplats
Polymer- templat
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�Magazin� Polymerfasern 716
herstellbar, wenn eine Polymer-Mi-schungskomponente nach den Spin-nen selektiv extrahiert wird. PVP-Mischfasern mit Metallkomponen-ten, mit Viren oder auch Enzymen wurden hergestellt und Sol-Gel-Prä-kursoren mit PVP-Fasern als Tem-plate dienten dazu, Keramikfasern im Submikrometerbereich zu erzeu-gen. Die Kombination hoher elektri-scher Felder und Wasseratmosphäre im Spinnraum scheint hierbei kein Problem zu verursachen.
Das Problem liegt vielmehr darin, dass Nanofasern und Vliese im tech-nischen oder medizinischen Einsatz u. a. gegenüber Wasser instabil sind. Es gilt also, Konzepte zu entwickeln, welche die Fasern nach dem Elek-trospinnen stabilisieren, ohne die Fasereigenschaften zu verschlech-tern.
Auf dem Weg zum grünen Elektrospinnen
� Ein Weg zur Stabilisierung von aus Wasser gesponnenen Fasern be-steht darin, sie chemisch zu vernet-zen. So erhöhen z. B. analoge Ver-esterungsreaktionen oder Aldol-Re-aktionen mit Polyaldehyden die Wasserresistenz von elektrogespon-nenen PVA/PAA-Mischfasern deut-lich. Bei solchen Reaktionen ist al-lerdings zu beachten, dass sowohl die Vernetzungsreaktion selbst, als auch nicht abreagierte Teile der Ver-netzungskomponenten die physika-lischen Eigenschaften und die Toxi-zität der Fasern erheblich ver-ändern können. Die Vernetzung von PVA mit PAA erhöht z. B. wegen nicht reagierter Carboxylgruppen die Hydrophilie und beeinflusst da-mit das Quellverhalten. Nachteile dieser Art von Vernetzungsreaktio-nen sind zudem die begrenzte hy-drolytische Stabilität der Vernet-zungspunkte.
Eine Alternative zur Vernetzung von PVA mit PAA oder Aldehyden zeigt das Beispiel von Fasern aus PVA und Cyclodextrin. Diese sind nach einer thermischen Vernetzung stabil und zeigen eine starke pH-Ab-hängigkeit des Quellungsverhaltens gegenüber Wasser. Ferner lässt sich
� Festkörper, Materialien und vieles mehr
Die Miniaturisierung von Bautei-
len für Zukunftstechnologien er-
fordern neue Synthesestrategien
sowie die Erschließung neuer Ma-
terialklassen. Darüber sprechen
Ralf Riedel und Gabriela Mera.
Für die Charakterisierung nano-
skaliger Strukturen setzt Kerstin
Schmale neue Analysetechniken
wie AFM-basierte Methoden ein.
Das Potenzial komplexer und hie-
rarchisch aufgebauter Nanostruk-
turen für tribologische und elek-
tronische Anwendungen sowie
für den Energietransport stellen
Wolfgang Tremel bzw. Harald
Graaf vor.
Polyoxometallate könnten eine
neue Generation von Trägerma-
terialien für die gezielte Medika-
mentenabgabe oder Bausteine
für die molekulare Spin-Elektro-
nik darstellen. wie Greta Patzke
bzw. Paul Kögerler deutlich ma-
chen.
Welche synthetischen Herausfor-
derungen müssen bei der Größen-
und Morphologiekontrolle von Na-
nomaterialien gelöst werden? Da-
rüber sprechen Bettina Lotsch und
Sanjay Mathur.
Nachrichten: Worauf freuen Sie
sich am meisten beim Wissen-
schaftsforum?
Bensch: Ich freue mich besonders
darauf, dass ich mir in kurzer Zeit
einen fundierten Überblick über
aktuelle Forschungsgebiete und
Fortschritte verschaffen kann. Die-
se einmalige Gelegenheit sollten
alle wahrnehmen und die Vor-
tragsreihen besuchen.
Wolfgang
Bensch organi-
siert für das
GDCh-Wissen-
schaftsforum
Chemie in Bre-
men gleich zwei
Vortragsreihen. Die Sessions „Fest-
körper: Nano, Mikro, Makro,
Schicht“ und „Vom Precursor zum
Material“ bieten „in kurzer Zeit ei-
nen fundierten Überblick über ak-
tuelle Forschungsgebiete und
Fortschritte“.
Nachrichten aus der Chemie: Herr
Bensch, was erwartet den Besucher
in den Sessions?
Wolfgang Bensch: Die beiden Vor-
tragsreihen am Montag- und
Dienstagnachmittag belegen, wel-
che wichtigen Beiträge die Chemie
in den unterschiedlichsten Berei-
chen leistet:
Mit mikroporösen Schichtsilicathy-
bridmaterialien können beispiels-
weise Polymer-Schichtsilicat-Na-
nokomposite mit sehr hohen Gas-
barrieren hergestellt werden. Dies
stellt Josef Breu vor.
Wie werden mikroporöse kristalline
Feststoffe gebildet? Bert Weckhuy-
sen zeigt, wie mit nicht invasiven
In-situ-Untersuchungen Details der
Mechanismen aufgeklärt werden.
In der Natur findet unter ambien-
ten Bedingungen die Wasseroxida-
tion statt, die Philipp Kurz biomi-
metisch nachvollziehen will.
Marc Armbrüster berichtet über
die Herausforderung, neue, aktive,
selektive, energiesparende und
Abfall vermeidender Katalysator-
nanoteilchen zu entwickeln.
PVA, das mit photovernetzbaren Substituenten ausgerüstet ist, sehr effektiv durch Lichteinstrahlung ver-netzen. Dies hat den Vorteil, dass die Vernetzung lokalisiert erfolgt.
Ein interessanter Ansatz ist das reaktive Elektrospinnen.14,15) So wurde beispielsweise eine Mischung
aus 2-Hydroxymethylmethacrylat, Methacrylsäure, Ethylenglycoldi-methacrylat, 2,2’-Diazoisobutyroni-tril und einer photovernetzbaren Komponente zunächst vorpolymeri-siert und anschließend während des Elektrospinnens photochemisch vernetzt (Abbildung 3). Auch Poly-
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Polymerfasern �Magazin� 717
dicyclopentadien-Fasern sind durch reaktives Elektrospinnen herstellbar. Ein Vorteil dieses Weges liegt darin, dass die Viskosität der Spinn-mischung über einen weiten Bereich einstellbar ist; ein Nachteil liegt da-rin, dass die Topfzeit der Spinn-mischungen sehr genau kontrolliert werden muss.
Ein vielseitiger und vielverspre-chender Weg besteht im Elektrospin-nen von wässrigen Dispersionen was-serunlöslicher Polymere wie Polysty-rol oder Polyacrylaten.16,17) Hierzu gibt man den Spinnlösungen ein was-serlösliches Polymer in geringen Mengen zu, um den Spinnprozess zu stabilisieren. Nach dem Verspinnen wird die wasserlösliche Komponente, die als Templat wirkt, entfernt (Abbil-dung 4, S. 716). Es resultieren was-serstabile Fasern, die aus den Disper-sionspartikeln aufgebaut sind (Abbil-dung 5, S. 716). Sehr viel glattere Fa-sern entstehen aus Dispersionspar-tikeln mit niedrigen Glastemperatu-ren (Abbildung 6).17)
Kürzlich zeigten wir, dass sich auch bioabbaubare Nanofasern ba-sierend auf dem Konzept des Disper-sionselektrospinnens herstellen las-sen (Abbildung 7).18) Verwendet wurde hierzu ein wasserunlöslicher Block-Copolyester aus Poly(hexyl- adipat) und PEO.
Wasser als Lösungsmittel ist beim Elektrospinnen also vielseitig ein-setzbar und wird sicher eine große Zukunft haben.
Ferner gab es in den vergangenen Jahren einige Modifizierungen des Elektrospinnvorgangs, darunter das Koaxialspinnen, bei dem zwei ko-axial angeordnete Düsen Kern-Scha-le-Fasern oder hohle Fasern herstel-len.19) Beim Nahfeldspinnen ist es
sogar möglich, mit einzelnen Nano-fasern auf Oberflächen gezielt Mus-ter zu erzeugen, also mit Nanofasern zu schreiben.20,21) Beide Methoden erweitern die Vielzahl der durch Elektrospinnen erzielbaren Nano -strukturen noch einmal deutlich.
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A. Greiner, J. H. Wendorff, S. Bahnmüller,
Polymer 2009, 50, 1197.
Abb. 7. PHA-PEO-Nanofasern, hergestellt
über Elektrospinnen aus einer wasserbasie-
renden Suspension mit 4 % PEO S.
Joachim H. Wendorff war bis zu seinem Ruhe-
stand im Jahr 2007 Inhaber eines Lehrstuhls
für Physikalische Chemie in Marburg. Seine
Forschungsthemen sind u. a. Funktions-
polymere, Flüssigkristalle, Polymerblends und
nano strukturierte Polymersysteme. Seema
Agarwal habilitierte sich im Jahr 2007 für ma-
kromolekulare Chemie in Marburg. Ihre For-
schungsgebiete: bioabbaubare Polymere, Bio-
polymere, Polymere für die Gentransfektion,
responsive Polymere, NMR von Polymeren,
kontrollierte Polymerisationen und Elektro-
spinnen. Andreas Greiner, übernahm 2001 den
Lehrstuhl für Makromolekulare Chemie und
Technologie in Marburg. Seine Forschungs-
gebiete umfassen u. a. Polymerisationskataly-
se, Nanofasern und Elektrospinnen, funktiona-
lisierte Nanopartikel, antibakterielle Polymere,
polymere Biokomposite, künstliche Moleküle.
V.l.: Wendorff, Agarwal, Greiner.
Abb. 6. Vergleich von Nanofasern, hergestellt über Suspensions-Elektrospinnen nach Entfernung der wasserlöslichen Templatkomponente.
Parameter ist die Glastemperatur Tg der Latexpartikel.
�Magazin� Polymerfasern 718
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