Kostenmanagement------~-~------------------==----'
Der Blick in die Zukunft der Kostenrechnung
Albrecht DEYLE, Dr.rer.pol.. Dipl.-Kfm.; studierte an den Universitäten Münchenund Tübingen; Assistent und später Geschäftsführungsmitgiied: Deutsches Institutfür Betriebswirtschaft in Frankfurt; Berater bei Plaut; Chefredakteur: VerlagModerne Industrie, München; selbständig seit 1968.Leiter (geschäftsführender Gesellschafter) Controller Akademie; Inhaber Management Service Verlag; Ehrenvorsitzender Controller Verein eVVeröffentlichungen Controller-Praxis 1979, 9. Aufl. 1992; Controller-Handbuch1974, 3. Aufl. 1990; Management & Controlling Brevier, 1. Aufl. 1976, 6. Aufl.1993; Herausgeber Controller Magazin seit 1976
Variable/fixe Kosten:Jahrhundertkonfusion des RechnungswesensZuerst kommt einem vielleicht als Leser der scherzhafte Spruch in den Sinn:
"I am still confused but on a higher level."Konfus bedeutet vermengt, verwirrt, verworren, außer Fassung.
Und zwar bandelt es sich darum,nm uns der facbwissenschaftlichen Ausdrücke zu bedienen, daß der Anteil derpr~al~JalS~roduktionsprozeß kleiner und der Anleii der fixenKosten Imqler größer gewor~i[:ist, und zwar so sehr, daß schließlich der An'te~xen KöSfe~ie Produktionsgestaltung bestimmend wurde. Es h~"_delt._skh. um den widltige~organg,- den wH- als KoSblndegression bezeichnen.
" Die alte, die große Epoche des 19. Jahrhunderts, die Epoche der freienWirtschaft, war nur möglich, wenn die Produktionskoslen im wesentlichen proportionaler~Natur waren. Sie war nicht mehr möglich, als uer Anteil derfixen Kosten immer beträchtlicher wü"r·de. 11
VariabeVfix als entweder/oderfür ein vernetztes ThemaDieses "confused" ist vorprogrammiert,weil die sogenannte "Kostenspaltung"in variabel/fix ein Entweder/Oder verlangt. Damit sind komplexe Sachverhalte nicht zu lösen.
Aber unser sogenanntes rechtes Gehirn,das ganzheitlich, vernetzt, bildhaftwahrzunehmen versteht, ist nicht ausreichend trainiert. Getrimmt wird inSchule und Hochschule das sogenanntelinke Gehirn. Dort sind die Reihenfolgen drin, die logischen Hintereinandergliederungen, dort wird der rote Fadengesucht (statt eben der vernetzte roteTeppich) und dort ist eben vor allem dieSprache zu Hause. Niemand von unsMenschen kann mehrere Sachverhaltesimultan sagen. Da kann man nur stottern. Hintereinander muß man ebensprechen. In Papieren muß man hintereinander blättern. Das ist unsere Hintereinander- oder Entweder/Oder-Denkweise.
Was wir brauchen, ist Hilfe für stärkervernetztes Denken. Sonst gibt es immerdieses "Reparaturverhalten" (FredericVester), das im VariabellFix-Thema desRechnungswesens stets darin besteht,
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daß man zu hören kriegt: "ganz so variabel sind die Variablen doch nicht" oder"dann meinen Sie also, daß die Fixkosten doch nicht ganz so fix sind". Dadenkt man dann immer, das auf's Gleisgesetzte Rechnungswesen im Sinn derManagementerfolgsrechnung, derDeckungsbeitragsrechnung, des directcosting sei ein bißehen doof und - confused - außer Fassung geraten. Offenbarmerkt man einfach nicht, daß in diesenZitaten - von mir selber im Laufe meines beruflichen Lebens x-fach gehörtzwei Koordinaten drinstecken: Ein yMerkmalsvektor und ein X-Merkmalsvektor simultan, der mit denselben Worten bezeichnet wird.
Angefangen hat es beiSchmalenbachDa gab es in der Betriebswirtschaftsgeschichte die berühmte Rede 1928 inWien von Eugen Schmalenbach, dergerne als Nestor der Betriebswirtschaftslehre (in deutscher Sprache) bezeichnet wird. Diese Rede hatte denmerkwürdigen Titel: "Die Betriebswirtschaft an der Schwelle einer neuen Wirtschaftsverfassung".
So wie der Text hier eingefügt ist, handelt es sich um eine Faksimilekopie desdamaligen Originaltextes. Es kommtzweimal das Wort "proportional"(anstatt variabel) vor; aber mit einer völlig verschiedenen Bedeutung. Jedenfalls
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merkt man es dann, wenn man stärkerdas rechte Gehirn einsetzt.
Im ersten Absatz ist gemeint, daß sichdie Produktionsfunktion ändert. Beimehr händisch/handwerklicher Arbeitgibt es im Kosten-Diagramm einen steileren Anstiegswinkel der proportionalenKosten und ein flacheres "Band" derfixen Kosten. Wird mehr in automatisierten Prozessen hergestellt, ist derAnstiegswinkel der proportionalenKosten flacher und das Kostenband derFixkosten breiter geworden.
Dies ist - controllerisch geredet - einebetreibs-wirtschaftliche Aussage. DieArt des Betreibens spiegelt sich wirtschaftlich wider.
Im zweiten Absatz ist was völlig anderes gemeint. Der Hinweis auf die "freieWirtschaft" bedeutet, daß eben das Prinzip von "hire and fire" gültig gewesenist. Rein die Leute, wenn Arbeit da war;raus mit ihnen, wenn die Arbeit fehlte.Hier dürfte man nicht sagen "proportional", sondern man müßte formulieren,beeinflußbar. Das ist der andere Merkmalsvektor.
Die korrekte Formulierungder Schmalenbach'schenAussageIn der Controller-Praxis der neunzigerJahre müßte es so heißen: Die proportional geplanten Kosten gemäß dem vorgegebenen Verfahren (des Herstellensder physischen Existenz extern zu verkaufender Produkte) sind im Sinne derkurzfristigen Steuerung im Ist nichtschnell dorthin zu trimmen, wo es der
Proportionale Kostennach Plan
vorgegebene Planpunkt erwartet.
Dies betrifft vor allem den "Rückwärtsgang" bei der Auslastung. Stecken inden proportionalen Kosten die Arbeitsfolgen und entsprechend die Minutenvon Mitarbeitern drin -lr (Rüstzeit) undte (Einheitszeit) -, so kann man nichtdavon ausgehen, daß die Zahl der Köpfeder Fertigungsmitarbeiter sich mit entsprechend niedriger Auslastung automatisch nach rückwärts anpaßt. Um dengeplanten Verlauf der (proportionalen)Kosten herum ergibt sich eine Abweichung. Dies ist indessen für einen Controller nichts Erschütterndes. Im "business as usual" kommt genau das vor:Daß es eben auch anders kommt, alsman denkt.
Entscheidungsrelevant ist,was sich mit einer Entscheidung verändert
Die Buchhalter haben dieses Themaschon immer gewußt. Sie machen nämlich eine Bewegungsbilanz. Dort ist dargestellt, daß mit Entscheidungen sichVeränderungen einstellen werden imAnlage- und Umlaufvermögen. Dazukommt die Frage, wie diese dazukommenden Mittelbindungen aus der sichebenfalls verändern müssenden Mittelherkunft finanziert werden. Und da gibtes Veränderungen im Anlage- sowie imUmlaufvermögen; sind die Fälligkeitenausbalanciert (ausbilanziert)?
In die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung übernommen, stellen sich imFunktionsbild der Kosten nach proportional und fix vier Fälle dar (vgl. Abb.l):
Proportionale Kosten(neuer Verlauf)
a) Es verändert sich in den Kosten das,was sich gemäß dem vorgeplantenVerfahren auf der Proportionalkostenlinie als Veränderung darstellt.
b) Die Veränderung im Sinne zusätzlicher Auslastung erzeugt einen anderen Anstieg der Proportionalkostenlinie, weil jetzt ein anderes Verfahrenin Gang zu setzen ist. Bild b zeigt,was jetzt entscheidungsrelevant istund vor der Entscheidung bedachtwerden soll.
c) Dies ist betriebswirtschaftlich derschwierigste Fall und sorgt für diegrößte Konfusion. Ein Rückwärtsgang ist abzufedern. Im Fall derSituation, die nach dem Hinnehmenvon Entscheidungen zu erwarten ist,sind die Istkosten oberhalb dergeplanten proportionalen Kosten.Entscheidungsrelevant ist auch die zuerwartende Abweichung. Könnteman sie verhindert haben - z.B. durchPreiskonzessionen? Was zählt dannmehr: Die hinzunehmende Erlösminderung oder die ansonsten entstehenmüssende Kostenabweichung jedenfalls auf die kürzere Sicht.
d) Die Situation ist so, daß eine größereAuslastung nur erreichbar ist, wennauch ein erweitertes Volumen der"fixen" Kosten hingenommen werden kann. Schon immer sprach manhier von sprungfixen Kosten. Dasheißt, der Block der Periodenkosten/Strukturkosten macht eine Veränderung nach oben durch - irgendwie leistungsinduziert.
Proportionale Kostennach Abweichung
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+~
relevant}
+ ~relevant
Erwartete Istkosten
+~
relevant
-~
relevant
SituationohneEntscheid
SituationnachEntscheid
Situationvorher
Situationnachher
Situationnachher
Situationvorher
a: Veränderung "nonna'"
Abb. 1: Funktionsbilder der Kosten
b: Veränderung "anderer Anstieg" c: Veränderung "nonnal mit Abweichung"
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Welchen Namen die Kostenkinder kriegen sollen...Kinder kriegen einen Namen, wenn sieauf die Welt kommen und nicht wennsie 100 Jahre gelebt haben. Dies ist dasHauptproblem der RechnungswesenKonfusion im Sinne babylonischerSprachverwirrung. Paten-Tante in derNamensgebung der Grenzkosten (insProdukt gehend) und der Fixkosten (sichperiodisch drumherum bemühend) wardie Mathematik. Übrigens noch nichteinmal betriebswirtschaftlich, sondernim 19. Jahrhundert volkswirtschaftlichformuliert. Da gab es die GossenGesetze von Grenznutzen und Grenzleid zusätzlicher Arbeitseinheiten(1854). Oder in den Thünen'schen Kreisen (1826) ist das Prinzip der Grenztransportkosten formuliert.
Übrigens nannte v. Thünen 1826, landwirtschaftlich angewendet, die Kostendes Saatguts, die Kosten der Bestellungund der Ernte des Feldes "Produktionskosten". Die anderen Kosten waren mit"Kulturkosten" bezeichnet. Da hat einpragmatisch-konzeptioneller Vordenkertreffsicher formuliert. Und daß dieKostensachverhalte proportional und fixetwas damit zu tun haben könnten, daßman Mitarbeiter entläßt oder nicht entläßt, konnte bei Thünen nicht vorkommen, weil seine Kreise durch eineWildnis umschlossen sind; d.h. demModell kann keiner entgehen.
Es ist die Art der Tätigkeit (activity),die bestimmt, ob es Produktionskosten
dessen physischer Existenz... Und zwar,wie schon erwähnt, gemäß dem geplanten Verfahren und der vorgegebenenBeschaffungsfunktion.
Auf der anderen Seite bemüht sich dasorganisatorische Gehäuse um denMarktplatz selber (hingehen, werben)und um pünktliches Liefern, um Beratung um's Produkt herum, um Navigationsfähigkeit, um Abwicklung, umformale Korrektheit und um künftigeProdukte für Märkte von morgen. Dieseactivities sind periodisch formuliert. Siebegleiten sozusagen den eigentlichenLeistungserstellungsprozeß für denexternen Markt.
Aber sie atmen auch mit dem zu bewältigenden Volumen. Und sie verändernsich - diese (sogenannten fixen) Kostenverändern sich mit dem Intensitätsgraddes sich Bemühens. Dafür gibt es dannauch das Wort "Iean" management.
Und jetzt kommt das Problem der Sprache. Wie soll man diese Kostensachverhalte bezeichnen?
Situation nachEntscheid mitFixkostensprung
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KostenbegrifTe und MarktwirtschaftAdam Smith hat in seinem Buch"wealth of nations" 1776 die Prinzipiender Marktwirtschaft formuliert. Damitist Wohlstand der Nationen einmalangewiesen auf Arbeitsteilung (divisionof labour). Automatisch zwangsläufigdaraus folgt das Handeln auf den Märkten zum Austausch der Leistungen (thepropensity to barter). Damit dies geschehen kann, braucht man Marktplätze, andenen sich Angebot und Nachfragebegegnen, möglichst mit Wettbewerb.
Was ist nun arbeitsteilig, das Produkt/die Dienstleistung, die ein Unternehmen auf dem Markt anbietet mit derAbsicht, Umsatz zu erzeugen? DieseEinheit Produkt, die Träger des Verkaufspreises ist, ist kostenmäßig abzubilden.
Es handelt sich um einen Kostenbetrag,der ausdrückt, was an Mengen- undZeitgerüsten (Stückliste, Arbeitsplan)ins Produkt "schlüpft" zu dessen physischer Existenz. Wer in Bildern denkt,müßte jetzt kausal einen Winkel sehen.Ursächlich geht Einsatz ins Produkt zu
zusätzliche Debitorenkonten gehandhabt und die Bewegungen darauf erfaßtwerden. Auch die Buchhalter machendann Sprünge - nach oben bei wachsender AuslastunglBeschäftigung. Alsohaben manche gesagt: Langfristig istalles proportional/variabel...
"I am still confused - on astilI higherlevel."
SituationohneEntscheid
d: Veränderung "normal und Fixkoslensprung"
Zitiert sei ein ganz frisches Buch "Vahlens großes Controlling-Lexikon", herausgegeben von Peter Horvath und Thomas Reichmann. Dort steht unter "directcosting" (Deckungsbeitragsrechnung)folgendes drin: "Teilkostenrechnungssystem, dessen Hauptmerkmal die Trennung in variable und fixe Kosten ist.Zuordnungskriterium für die Kostenauflösung ist die Beschäftigungsabhängigkeit... Für die variablen Kosten wirdeine proportionale Beziehung zumBeschäftigungsgrad unterstellt. Dieübrigen Kosten sind zeitabhängige fixeKosten..."
Die Konfusion hält an. In dieser Formulierung fehlt bei der "proportionalenBeziehung", daß es sich um ein geplantes, analytisch zu erarbeitendes Verfahren handelt und nicht um die exaktePrognose des zu erwartenden Istkostenpunktes. Also wird es "nicht ganz soproportional" sein (vgl. Statement zuBeginn dieses Beitrags).
Und was ist mit den "Fixkosten"?Gehören z.B. Werbekosten zu den Fixkosten? Wie soll man aber zu mehr Umsatz gelangen, wenn man nicht zusätzlich wirbt? Wie soll mehr Auftragseingang erreicht werden und damit dieAuslastungsverbesserungen der Produktion, ohne daß nicht Verkäufer zusätzlich "trampeln" - zum Kunden mitzusätzlichen Reisekosten; z.B.: Wie sollein größerer Umsatz bewältigt werden,ohne daß in der Buchhaltung nicht auch
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"Direct costing" - formuliert1993
Kom.petenz hat einen Nam.en.
Bezahlte Anzeige DER WIRTSCHAFTSINGENIEUR 25 (1993) 3 7
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BEEINFLUSSBARKEITNERÄNDERBARKEIT
Abb. 2: Controllers Kostenwürrel
Gemeinkosten
Einzel- ERFASSBARkosten KElT
tane Gültigkeit beanspruchen.
Die Senkrechtbahn dieser Merkmalsvektoren ist beschrieben mit dem Stichwort "Struktur". Im Sinn von activitybased cost ließe sich auch schreiben"Typ von Aktivität". Dann gäbe es diebill of activities, die ins Produkt reingeht; und die bill of activites, die sichverkäuferisch, anwendungsberatend,logistisch ums Produkt herum kümmert.
Der Waagrecht-Merkrnalsvektor drücktaus die Veränderbarkeit durch die Entscheidung des Management. Was istkurzfristig veränderbar; was geht nurlängerfristig neu zu entscheiden. Damuß man sehen, daß gerade die Strukturkosten (vormals Fixkosten genannt)solche sind, die mit Entscheidungen desManagement kurzfristig verändert werden können. Die Produktkosten (vormals variabeUproportional) sind durchtechnische Prozesse eher festgelegt undbedürfen - um einen anderen Anstiegswinkel zu kriegen - anderer Produkteoder anderer Verfahren. Der Z-Vektordrückt aus die Erfaßbarkeit oder Zuordenbarkeit von Kosten zu jeweiligenSachverhalten. Einzelkosten sind jeweils solche, die relativ zu bestimmtenUntersuchungsobjekten einzeln erfaßtwerden können - entweder mit einemBeleg, der eine Kostenart und einenBetrag enthält, oder mit einem Vorgang,der kostenmäßig tarifiert ist (z.B. Anzahl geführte Kundenkosten mal Jahrestarif in DM Strukturkosten je Kundenkonto). Alles was entweder (echt) garnicht oder (unecht) aus wirtschaftlichenGründen nicht sinnvollerweise einzelnerfaßt werden kann, ist als Gemeinkosten zu behandeln.
Wer also von Steuerung der "Gemeinkosten" spricht, ist sprachtechnisch dem
längerfristig
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FixkostenStrukturd.organis...Gehäuses«-Struko
GrenzkostenProduktstruktur- Proko
STRUKTUR- Charakter
Der Wirtschaftsingenieur undKostenwürfelDas Wort Ingenieur ist lateinischenUrsprungs und bedeutet als "ingenium"Talent, Begabung, Genie. Also kann esdem Ingenieur nicht so schwer fallen,bei Kosten-ThemensteIJungen in einerArt Konstruktionszeichnung dreidimensional zu denken. Um das geht esnämlich. Es sind drei Dimensionen inder Kostenkomplexität zu würdigen.
Und es wird nicht gelingen, komplexeSachverhalte mit einer linearenMono-Sprache zu bewältigen, die nur"variabel" und "fIx" drauf hat (undsonst nix).
Zwei der drei Merkrnalsvektoren warenständig jetzt im Text schon bemüht: Einmal die Art der Tätigkeit, die mitProko/Struko formuliert ist (vormalsvariabel und fix). Der zweite Beschreibungsvektor ist die Art der Veränderbarkeit oder Beeintlußbarkeit durch Entscheidungen, die entweder kürzer- oderlängerfristig gefaßt sind und jeweils verändernd wirken; bei den Proko einenanderen Winkel und bei den Struko einbreiteres/schmaleres Band bewirken.
Dazu kommt in der Transparenzverantwortlichkeit des Rechnungswesens/desControllers die Erfaßbarkeit. Kostensollten möglichst einzeln den Sachverhalten gezeigt werden können, für diesie relevant sind. Das können Produktesein (Kostenträger), oder sind KostensteIlen, oder sind Kunden, oder sindHauptprozesse.
Daraus entsteht das Bild eines Würfels,dessen Vektoren keine Betragsvektorensind, ondern Merkmalsvektoren. Siebeschreiben Sachverhalte, die simul-
Um Ordnung hereinzubringen und derKonfusion zu entrinnen, bräuchte manstabilere, aktivitätsorientierte Ausdrucksweisen. Ließe sich das "m" (derGrenzkostensatz, variabler Kostensatz)mit Produktkosten bezeichnen (coütproduit). Ließen sich die Kosten des "t"(statt als Fixkosten, Periodenkosten,beschäftigungsunabhängige Kosten)bezeichnen als Strukturkosten (frais destructure). Dann würde dies mehr aufdie activities hinauslaufen, die sich einmal kausal ins Produkt ,,reinziehen"; diesich zum andern mit Absichtlichkeitbemühen um...
Die Type der Tätigkeit ist herauszuarbeiten. Welche Art von Zeitverwendunghaben die Menschen - im Erstellungsprozeß dessen, was als Produkt externmit der Folge echter Umsatzerlöse undechter Deckungsbeiträge draußen aufdem Markt verkauft wird. Dann sind dieProduktkosten jene Kosten, die je Einheit formuliert vom Umsatz abzuziehensind, um den Deckungsbeitrag zu "kriegen".
Zum anderen ist es jene Type von Zeitverwendung, die sich bemüht umAkquisition, dazu Angebote macht,Kundenbesuche durchführt. Oder istAktivität, die sich um Regie bekümmert; auch um Unternehmenskultur.Dies gäbe die Strukturkosten.
Und da es chic ist, mit Abkürzungen zureden, bietet sich die Redeweise"Proko" und "Struko" an.
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oder Kulturkosten sind, und nicht dieFrage des Arbeitsvertrages.
In der mathematischen Beschreibungder Kostenfunktion lautet dies K(x) =mx + t. Darin bildet das m das Steigungsmaß. Dafür gibt es das WortGrenzkosten. x wäre die Beschäftigungsmenge. Im x also liegt die Summeder proportionalen Kosten (Anzahl Einheiten mal Grenzkostensatzje Einheit).Das t ist mathematisch gesehen eineKonstante. Und ausgerechnet diesemathematische Konstante hat das WortFixkosten herbemüht. So in der Art der"dann kann man halt nix machenKosten". Gemäß den Kostenfunktionsdarstellungen gehört dazugehängt, umes pragmatisch zu machen, noch dieKomponente +/- ßt. Dies wären diejeweiligen nicht zu verhindernden oderals vorteilhaft herauszuarbeitendenAbweichungen im Gefolge der Entscheidungen (vgl. Abb. I a-d).
Produktkosten und Strukturkosten (statt variabel/fIX)
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alten Zuschlagsprinzip der Kalkulationverhaftet mit z.B. Fertigungslöhnen undtohnzuschlägen. Alle solche "Gemeinkosten" sind zumindest relativ zuKostenstellen Einzelkosten.
Um den Kostenwürfel controllerischpraktisch zu interpretieren, müßte alsTriade folgender Merksatz gelten: Wasich als Manager selber einzeln weiß (ZVektor Erfaßbarkeit), macht mich heißfür Maßnahmen (X-Vektor für die Veränderbarkeit mit Entscheidungen), diesich auf die Struktur des Produktsund/oder auf die Struktur des organisatorischen Gehäuses drumrum (Y-Vektorder Merkmale) beziehen.
Kostenwürfel und Kostentreiberln Literatur und Praxis wird als Kostentreiber Z.B. diskutiert Teilevielfalt, Farbenvielfalt bei Produkten, Erfüllen vonSonderwünschen. Diese Festlegungensind gleichzeitig Differenzierungsstrategien - sollen den Sinn haben,Wettbewerbsunterschiede herauszuarbeiten (competitive advantages).
Das Produkt ist in seiner jeweiligenAusprägung als Produktkosten zu formulieren. Auch da haben kleinere ChargenILosgrößen in Folge Teilevielfaltoder Farbnuancen-Reichtum Einfluß aufden Anstiegswinkel der Produktkostenje Einheit. Zum Beispiel gibt es eingrößeres Verhältnis der Rüstkosten zumProdukt je Stück.
Hauptsächlich gemeint ist aber herauszufinden, welche Vorgänge im organisatorischen Gehäuse "getrieben" werden durch Typenvielfalt und Sonderwünsche. Im Einkauf sind mehr Lieferanten zu suchen besonderer Art. Esentstehen mehr Prüfvorgänge bei derAnlieferung. In der Logistik gibt esmehr Moves, sowohl im Materiallagerrein und raus als auch im Fertigteilelager rein und raus als auch innerbetrieblich. Das Bemühen der Arbeitsvorbereitung ist umfassender; die Zahl derAufträge nimmt zu. Gespräche dauernlänger. Es muß Kümmerer geben umdie Nuancenvielfalt. Die Kosten, diejetzt getrieben sind, sind die Strukturkosten, vormals Fixkosten genannt. DieUntemehmenskultur muß wachsen, umVielfalt zu bewältigen. Thünen 1826 hatdas auch schon formulieren können.
Problem der Strukturkosten ist nun, daßsie kriechend getrieben werden - Symboltier Schnecke. Irgendwann stauntman dann, wie groß der "Wasserkopf'geworden ist. Also Kostenverhinderungsplanung. Man mache vorher schon
heiß für "more lean". Das activity basedmanagement, das damit herauszuarbeiten ist (X-Vektor des Kostenwürfels),bezieht sich auf die Struktur des Gehäuses, das schlank bleiben solUmager (YVektor des Kostenwürfels). Wieweitmuß jetzt dauerhafte einzelne Erfaßbarkeit erzeugt werden für Kostentreiber/Hauptprozesse (Z- Vektor desKostenwürfels)? Hin und wieder genügen Schwerpunktanalysen - auch etwazeitlich befristete Aufschreibung imSinn des Großversuchs. Bei anderen"Hauptprozessen" wie der Kundenbetreuung bewährt sich im Sinn einer Kundenergebnisrechnung auch laufendeErfassung'nicht nur von Absatzmengen,Umsätzen, Erlösschmälerungen und aufdie Stückzahlen fallende Produktkosten,sondern auch ein Abbilden (durchKontierung) des ständigen sichBemühens um bestimmte Typen vonKunden (große Kunden, mittlere Kunden, kleinere Kunden, key accounts,bestimmte Absatzwege).
Erfolge, die hier zu erzielen sind, betreffen das Beherrschbarmachen der Fixkosten/das in den Griff kriegen derStrukturkosten.
Die Ausdrucksweisen variabelund fIx sind abzuschaffenDie Redeweise der Jahrhundertkonfusion des Rechnungswesens sollte mitdiesem Jahrhundert beendet werden.Die Ausdrucksweisen variabel/fix sindzu stoppen. Sonst geht die Konfusionmit diesem Thema noch ins nächsteJahrhundert. Dann ist eine Fluchtbewegung zu prophezeien aller Controllerzurück in die Buchhaltung. Die Buchungssätze mit "soll mehr geben" (Sollim Debitorenkonto) und "hat gegeben"(Haben im Debitorenkonto) sind seit1211 nachweisbar; wurden 1494 durchLuca Pacioli durchformuliert und geltenunverändert in von niemand bezweifelter Richtigkeit.
Nur: Wenn man erst dann hinschaut,wenn's im Geldbeutel wehtut, ist manein bißchen spät aufgestanden. Zu guterControllerarbeit gehört Früherkennung.Dies braucht das betriebswirtschaftlicheRechnungswesen/die Managementerfolgsrechnung, die sich über die Kennzahl Marktanteile beim Auftragseingangauch verknüpft mit dem, was strategische Fähigkeiten sind. Kostenrechnerisch gesprochen, sind die strategischenPotentiale operationalisiert in Strukturkosten. Bei denen war es immer schonzweckmäßig, sie gut zu nutzen. Dazugehört, Mitarbeiter zu motivieren; inBewegung zu bringen (movere). Falls
jetzt jemand gedacht haben sollte "dannsind sie also jetzt variabel", der/die lesebitte den Aufsatz nochmals.
Nicht dauernd bloß die Istzahlen als executive InformationNeue Sprachgebräuche wie ,,Proko" und"Struko" drücken auch aus Informationskultur. Dazu gehört der Blick unddie Berichterstattung "nach vorwärts"- die Vorschaudenkweise und die Erwartungsrechnung; das "need to complete"; das "reste afaire". Einige Executive-Informationssysteme müssen daswohl erst noch lernen.
Da sagt in einem grafischen Betrieb derProduktionschef, daß er ein neues lnformationssystem habe, mit dem er "aufKnopfdruck" schon morgens um 8.30Uhr wüßte, wie die Auslastung seinerDruckmaschinen gestern gewesen sei.Das ist zum Schreien .... Gestern kannkein Manager irgend etwas ändern. Veranlaßt durch die Information kann derProduktionschef in den Betrieb rennenund fragen, wie der Tag vollends zuEnde geht - forecast to day end. Wieläuft die erste Schicht zu Ende; sindAufträge da für die zweite Schicht; läuftMaschine sowieso wieder (frisch repariert); kommt Mitarbeiter sowieso wieder an die Bindemaschine; wie ist dieStimmung; stehen sie's durch...? DieseArt von Frage ist es, die Motivationerzeugt, Zusammenarbeitsverhalten fördert, den Chef akzeptiert, das Controlling zu "happy control" bei größter Produktivität weiterentwickelt.
Dann wird auch deutlicher, worauf sichdie Aktivitäten, die bis zum Ende desTages gemacht werden sollen, sich konzentrieren: Auf den Auftrag, der läuft oder auf die Struktur drurnherum. DasProko/Struko-Thema ist klar.
Wenn in einer Fernsehgerätefabrikjemand mit einem Gummihammer aufden Apparat haut, um zu sehen, ob nochein Wackelkontakt drin ist, so ist dasein Proko-Griff. Wenn ein Controllermit einem solchen Gummihammereinem KostensteIlenleiter eins draufhautanläßlich einer Abweichung, so ist esStruko-Ergebnis. Man muß nur rurnlaufen und die Augen aufmachen. Und manmuß es anderen erklären. Das Erklärenmacht es klar.
Alles Gute, liebe Leser; und "be happy"bei dem, was Sie tun.
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