+ All Categories
Home > Documents > URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus...

URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus...

Date post: 25-Sep-2019
Category:
Upload: others
View: 3 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
27
VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN S 13 34 2. Kammer als Versicherungsgericht bestehend aus Verwaltungsrichterin Moser als Vorsitzende, Präsident Meisser und Vizepräsident Priuli, Aktuar Simmen URTEIL vom 3. September 2013 in der verwaltungsrechtlichen Streitsache A._____, vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Karin Caviezel, Beschwerdeführer gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Beschwerdegegnerin betreffend Versicherungsleistungen nach UVG
Transcript
Page 1: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN

S 13 34 2. Kammer als Versicherungsgericht

bestehend aus

Verwaltungsrichterin Moser als Vorsitzende, Präsident Meisser

und Vizepräsident Priuli, Aktuar Simmen

URTEIL

vom 3. September 2013

in der verwaltungsrechtlichen Streitsache

A._____,

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Karin Caviezel,

Beschwerdeführer

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA),

Beschwerdegegnerin

betreffend Versicherungsleistungen nach UVG

Page 2: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 2 -

1. Der im Jahr 1951 geborene A._____ arbeitete seit dem 9. Mai 2011 bei

der B._____, Chur. Gestützt auf dieses Arbeitsverhältnis war er

obligatorisch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt

(nachfolgend SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und

Nichtberufsunfällen versichert. Am 11. August 2011 erlitt A._____ einen

Betriebsunfall. Beim Lösen eines verklemmten Betoneisens von der

Bobine mit einem Eisenwerkzeug prallte ihm die Eisenstange von unten

gegen den Kopf und in die rechte Gesichtshälfte. Vom 11. bis 20. August

2011 war er im Kantonsspital Graubünden hospitalisiert, wo die

behandelnden Ärzte eine komplexe zentrale Mittelgesichtsfraktur rechts

mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris,

Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger

Nasenbeinfraktur, mehrfragmentärer dislozierter Orbitabodenfraktur,

imprimierter medialer Fraktur zur Nasenwand und fraglicher Contusio

bulbi rechts diagnostizierten und ihn am 15. und 16. August 2011

operierten. Zudem erlitt A._____ bezüglich der Oberkiefer-Frontzähne 11,

21, 22 und 23 eine Kronenfraktur mit Pulpabeteiligung. In der Folge

wurden die beschädigten Frontzähne sowie Zahn 17 extrahiert und es

erfolgte eine Versorgung mit einer Oberkiefer-Immediatprothese. Ab dem

11. August 2011 wurde A._____ eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit

attestiert. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Versicherungsleistungen.

2. Eine Nachkontrolle bei Dr. med. C._____, Augenarzt FMH, vom

23. November 2011 ergab, dass aufgrund der Contusio bulbi rechts eine

reduzierte Sehschärfe von 0.8 (Fernvisus rechts ohne Korrektur) besteht

sowie im Spalt rechts ein reizfreier Pseudophakus.

3. Am 5. Dezember 2011 fand eine kreisärztliche Untersuchung bei Dr. med.

D._____, Facharzt für orthopädische Chirurgie FMH, statt. Auf dessen

Empfehlung hin wurde A._____ am 21. Dezember 2011 von Dr. med.

Page 3: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 3 -

E._____, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, psychiatrisch untersucht.

Dieser diagnostizierte im Arztbericht vom 3. Februar 2012 eine

„Anpassungsstörung F43.8 (DD posttraumatische Belastungsstörung?)“.

Ferner hielt Dr. med. E._____ fest, dass die psychischen Probleme allein

auf das erlittene Unfalltrauma zurückzuführen seien.

4. Am 1. Juni 2012 gab med. pract. H._____, Facharzt für Psychiatrie und

Psychotherapie FMH, vom versicherungspsychiatrischen Dienst der

SUVA, eine psychiatrische (Akten-)Beurteilung ab. Darin führte er aus,

dass momentan von einer Anpassungsstörung mit einer ängstlichen und

depressiven Reaktion auszugehen sei. Es sei anzunehmen, dass

gegenwärtig eine Teilkausalität zwischen dem Unfallereignis

beziehungsweise den Unfallfolgen und der Entwicklung der psychischen

Symptome bestehe. Zudem liessen sich unfallfremde Faktoren

identifizieren, deren Einfluss auf das gesamte psychische Bild nicht ganz

ersichtlich sei. Es sei vorstellbar, dass mittelfristig eher diese Faktoren

einen grösseren Einfluss auf das Aufrechterhalten des psychischen

Zustandsbild gewinnen werden.

5. Am 6. März 2012 meldete sich A._____ zum Bezug von Leistungen der

Invalidenversicherung an (berufliche Integration, Rente). Die IV-Stelle des

Kantons Graubünden stellte ihm mit Vorbescheid vom 8. Februar 2013

bei einem Invaliditätsgrad von 100 % ab dem 1. September 2012 eine

ganze Invalidenrente in Aussicht.

6. Am 3. Juli 2012 fand eine weitere psychiatrische Untersuchung bei

Dr. med. E._____ statt. Im entsprechenden Arztbericht hielt dieser fest,

dass die bei A._____ festgestellten Beschwerden gut zur Diagnose einer

posttraumatischen Belastungsstörung passen würden, insbesondere die

Schlafprobleme und die fast regelhaft nachts auftretenden Schreckbilder.

Page 4: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 4 -

Er könne sich schwerlich vorstelle, dass A._____ wieder ins

Erwerbsleben zurückkehren könne.

7. Nach einer neurologischen Untersuchung bei Dr. med. F._____, Facharzt

FMH für Neurologie, vom 30. Juli 2012 nahm der Kreisarzt Dr. med.

D._____ am 23. August 2012 nochmals Stellung. Dabei führte er aus,

dass bezüglich der organischen Unfallfolgen der Endzustand zweifellos

erreicht sei und A._____ aus organischer Sicht voll arbeitsfähig sei. An

organischen Restfolgen liege einerseits die Lidnarbe, andererseits der

leichte Exophtalmus rechts und letztlich die Sensibilitätsstörung im

Bereich des II. Trigeminusastes rechts vor. Diese Unfallfolgen seien indes

nicht als erheblich zu bezeichnen.

8. Mit Verfügung vom 7. September 2012 stellte die SUVA die

Versicherungsleistungen per 24. September 2012 ein, da zwischen den

psychogenen Beschwerden und dem Unfall vom 11. August 2011 kein

adäquater Kausalzusammenhang bestehe (BGE 115 V 133) und A._____

aufgrund der rein organisch bedingten Unfallfolgen ab dem

24. September 2012 wieder zu 100 % arbeits- und vermittlungsfähig sei.

Weiter hielt die SUVA fest, die notwendige Behandlung für die

organischen Unfallfolgen und die unfallkausale Zahnversorgung werde sie

nach jeweiliger Prüfung durch ihren Spezialisten weiterhin übernehmen.

Die dagegen erhobene Einsprache vom 8. Oktober 2012, mit welcher die

Übernahme der Kosten für die noch laufende psychiatrische Behandlung

und die weitere Ausrichtung von Taggeld beziehungsweise einer Rente

sowie einer Integritätsentschädigung verlangt wurde, wurde mit

Einspracheentscheid vom 7. Februar 2013 abgewiesen.

9. Dagegen erhob A._____ (nachfolgend Beschwerdeführer) am 8. März

2013 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden

Page 5: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 5 -

mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids.

Dem Beschwerdeführer seien mit Wirkung ab 24. September 2012 die

Leistungen gemäss UVG zu erbringen, namentlich Taggeldleistungen,

Rente und Integritätsentschädigung sowie Übernahme der Kosten für die

psychiatrische Behandlung. Eventualiter sei die Angelegenheit zur

Einholung eines psychiatrischen Gutachtens und anschliessenden

Festsetzung der Rente und Integritätsentschädigung an die

Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Der erlittene Unfall habe

organische Folgen gehabt, welche operativ hätten behoben werden

müssen, wobei die Behandlung noch nicht abgeschlossen sei. Dennoch

gehe die Beschwerdegegnerin rein aufgrund der organischen Unfallfolgen

davon aus, dass der Beschwerdeführer seine vor dem Unfall ausgeübte

Tätigkeit wieder aufnehmen könne. Zudem habe der Unfall auch

Auswirkungen auf die psychische Gesundheit des Beschwerdeführers,

indem er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide und

deshalb zu 100 % arbeitsunfähig sei. Unbestritten sei, dass die

psychische Problematik in einem natürlichen Kausalzusammenhang zum

Unfallereignis stehe. Bestritten werde von der Beschwerdegegnerin indes

das Vorliegen des adäquaten Kausalzusammenhangs. Der Beschwerde-

führer sei von einer unter Spannung stehenden, 16 mm dicken,

hinaufschnellenden Eisenstange (Armierungseisen) von unten im Gesicht

getroffen worden und habe notfallmässig hospitalisiert werden müssen.

Aufgrund der Kräfteeinwirkung sei davon auszugehen, dass der Unfall als

mittelschwer im Grenzbereich zu den schweren Unfällen gelten müsse,

und nicht als mittelschwerer Unfall im mittleren Bereich. Es seien mehrere

Adäquanzkriterien erfüllt (dramatische Begleitumstände oder besondere

Eindrücklichkeit des Unfalls, Schwere oder besondere Art der erlittenen

Verletzung, ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen Behandlung,

körperliche Dauerschmerzen), weshalb der adäquate Kausalzusammen-

hang zwischen den psychischen Beschwerden und der dadurch

Page 6: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 6 -

verursachten Arbeitsunfähigkeit und dem Unfallereignis zu bejahen sei.

Falls Zweifel an der natürlichen Kausalität bestünden, sei der

Beschwerdeführer einer psychiatrischen Begutachtung zuzuführen.

Dementsprechend habe die Beschwerdegegnerin auch im

Zusammenhang mit den psychischen Störungen Leistungen zu erbringen

und namentlich die Behandlungskosten zu übernehmen sowie die

Rentenfrage und die Frage einer Integritätsentschädigung für die

psychische Krankheit zu prüfen.

10. Mit Beschwerdeantwort vom 8. Mai 2013 beantragte die SUVA

(nachfolgend Beschwerdegegnerin) die Abweisung der Beschwerde. Zur

Begründung ihres Antrages verwies sie primär auf den angefochtenen

Einspracheentscheid. Es handle sich vorliegend um einen mittelschweren

Unfall im engeren Sinne. Weder das Kriterium der besonderen

Eindrücklichkeit des Unfalls noch das Kriterium der ungewöhnlich langen

Dauer der ärztlichen Behandlung noch das Kriterium der körperlichen

Dauerschmerzen seien erfüllt. Auch das Kriterium der schweren oder

besonderen Art der erlittenen Verletzung sei eher nicht erfüllt, und wenn

doch, dann sicher nicht in ausgeprägter Weise. Folglich sei höchstens ein

Kriterium und dieses nicht in ausgeprägter Weise erfüllt, weshalb die

Adäquanz zu verneinen sei.

11. Im Rahmen einer freigestellten Replik hielt der Beschwerdeführer an

seinen Anträgen fest und vertiefte und ergänzte nochmals seine

Ausführungen. Zusätzlich wird die Einholung eines medizinischen

Gutachtens zur Abklärung der Eignung der erlittenen Verletzungen zu

psychischen Fehlentwicklungen beantragt.

12. Die Beschwerdegegnerin verzichtete mit Schreiben vom 29. Mai 2013 auf

eine Duplik.

Page 7: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 7 -

Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften

sowie auf den angefochtenen Einspracheentscheid wird, soweit

erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

Das Gericht zieht in Erwägung:

1. Anfechtungsobjekt des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet der

Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 7. Februar 2013.

Streitig und zu prüfen ist die Frage, ob die Beschwerdegegnerin die

Versicherungsleistungen zu Recht auf den 24. September 2012

eingestellt hat.

2. a) Die Leistungspflicht eines Unfallversicherers setzt nach dem

Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts

(ATSG; SR 830.1) sowie dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung

(UVG; SR 832.20) zunächst voraus, dass zwischen dem Unfallereignis

und dem geklagten Gesundheitsschaden ein natürlicher und adäquater

Kausalzusammenhang besteht. Dabei müssen die beiden Erfordernisse

des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs kumulativ erfüllt

sein. Scheitert der geltend gemachte Anspruch an einer dieser zwei

Voraussetzungen, entfällt die Leistungspflicht aus UVG ohne die Prüfung

des anderen Kriteriums.

b) Ursachen im Sinne des natürlichen Kausalzusammenhangs sind alle

Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als

verwirklicht gedacht werden kann. Ob zwischen einem schädigenden

Ereignis und einer gesundheitlichen Störung ein natürlicher Kausalzusam-

menhang besteht, ist eine Tatfrage, worüber die Verwaltung und im

Page 8: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 8 -

Beschwerdefall der Richter nach dem im Sozialversicherungsrecht

üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu befinden

hat. Die blosse Möglichkeit eines Sachzusammenhangs genügt für die

Begründung eines Leistungsanspruchs noch nicht. Vielmehr hat das

Gericht jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die es von allen

möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigt (BGE

129 V 177 E.3.1 mit Hinweisen, 126 V 353 E.5b; PVG 1994 Nr. 65 E.1b).

c) Als adäquate oder rechtserhebliche Ursache eines Erfolges hat ein

Ereignis dann zu gelten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge

und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen

Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses

Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE

129 V 177 E.3.2, 125 V 456 E.5a, 123 V 137 E.3d, 121 V 45 E.3a). Der

Voraussetzung des adäquaten Kausalzusammenhangs kommt die

Funktion einer Haftungsbegrenzung zu (BGE 125 V 456 E.5c, 123 V 98

E.3b). Sie hat bei allen Gesundheitsschädigungen, die aus ärztlicher Sicht

mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als natürliche Unfallfolgen gelten,

Platz zu greifen. Die Frage der Adäquanz ist eine Rechtsfrage; sie ist

nicht von medizinischen Sachverständigen, sondern vom Richter zu

beurteilen (SVR 2003 UV Nr. 12 E.3.2.1 S. 36, SVR 2002 UV Nr. 11 E.2b

S. 31). Dabei spielt die Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus

dem natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des

Unfallversicherers im Bereich organisch objektiv ausgewiesener

Unfallfolgen praktisch keine Rolle, da sich hier die adäquate weitgehend

mit der natürlichen Kausalität deckt. Anders verhält es sich bei natürlich

unfallkausalen, aber organisch nicht objektiv ausgewiesenen

Beschwerden. Hier ist bei der Beurteilung der Adäquanz vom

augenfälligen Geschehensablauf auszugehen, und es sind je nachdem

weitere unfallbezogene Kriterien einzubeziehen (BGE 117 V 359 E.6).

Page 9: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 9 -

Nach der für psychische Fehlentwicklungen nach Unfall erarbeiteten sog.

Psycho-Praxis (BGE 115 V 133) werden diese Adäquanzkriterien unter

Ausschluss psychischer Aspekte geprüft, während nach der bei

Schleudertraumen und äquivalenten Verletzungen der Halswirbelsäule

sowie Schädel-Hirntraumen anwendbaren sog. Schleudertrauma-Praxis

(BGE 117 V 359, präzisiert in BGE 134 V 109) auf eine Differenzierung

zwischen physischen und psychischen Komponenten verzichtet wird

(Urteil des Bundesgerichtes 8C_441/2010 vom 23. August 2010 E.3; BGE

134 V 109 E.2.1 mit mehreren Hinweisen).

3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Behandlung der organischen

Unfallfolgen sei noch nicht abgeschlossen. Es stehe noch eine

Metallentfernung an, sodann sei der Zahnschaden noch nicht definitiv

behoben. Dennoch gehe die Beschwerdegegnerin rein aufgrund der

organischen Unfallfolgen davon aus, dass der Beschwerdeführer seine

vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit wieder aufnehmen könne. Zudem

habe der Unfall auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit des

Beschwerdeführers, indem dieser unter einer posttraumatischen

Belastungsstörung leide und deshalb zu 100 % arbeitsunfähig sei. Die

Invalidenversicherung habe ihm deshalb eine ganze Rente

zugesprochen.

4. a) Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 11. August 2011 einen

Berufsunfall erlitten hat und sich dabei organische Verletzungen

zugezogen hat. Dies geht aus dem Bericht der CT Untersuchung vom

11. August 2011 des Kantonsspitals Graubünden, dem Operationsbericht

vom 16. August 2011 des Kantonsspitals Graubünden sowie dem

Austrittsbericht des Kantonsspitals Graubünden vom 20. August 2011

denn auch offenkundig hervor. Bezüglich der erlittenen Verletzungen und

deren Heilungsverlauf sind folgende ärztlichen Berichte aktenkundig:

Page 10: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 10 -

Im Bericht des Kantonsspitals Graubünden zur CT Untersuchung des Schädels und des Gesichtsschädels vom 19. September 2011 (SUVA-act. 27) wurde festgehalten, dass sich regelrechte postoperative Verhältnisse nach Rekonstruktion der komplexen Mittelgesichtsfraktur rechts mittels infraorbitaler Syntheseplatte und paraorbitaler gerader Platte zeigten.

Dr. med. C._____ diagnostizierte beim Beschwerdeführer eine Contusio bulbi rechts bei Status nach Orbitafraktur. Im Bericht vom 25. November 2011 (SUVA-act. 37) führte er aus, es bestehe rechts ein guter Zustand nach der Orbitafraktur, glücklicherweise ohne Probleme des Auges. Zum Schluss habe der Beschwerdeführer jedoch eine reduzierte Sehschärfe aufgrund der Contusio bulbi gehabt. Im Bericht vom 20. Juli 2012 (SUVA-act. 91) kam Dr. med. C._____ schliesslich zum Schluss, dass es sich bei der Tendenz zu Entropion des rechten Unterlids bei Symblepharon um eine Unfallfolge handle. Eine Behandlungsbedürftigkeit bestehe indes nicht, es fänden zurzeit nur Kontrollen statt. Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit ergäbe sich von Seiten der Augen nicht, nur durch die Situation der Orbita.

Am 25. April 2012 fand eine Verlaufskontrolle im Kantonsspital Graubünden statt. Im entsprechenden Bericht (SUVA-act. 71) wurde ausgeführt, dass das Fragment mit Lidbändchen nicht am korrekten Ort sei. Eine Revision sei möglich, wenn dies vom Beschwerdeführer gewünscht sei.

Am 30. Juli 2012 wurde der Beschwerdeführer auf Zuraten der Beschwerdegegnerin von Dr. med. F._____ konsiliarisch untersucht und elektroenzephalographiert. Im Arztbericht vom 31. Juli 2012 (SUVA-act. 96) hielt er fest, dass es begleitend zum Unfall vom 11. August 2011 zu einer Läsion des 2. Trigeminusastes rechts mit heute noch persistierender Hypästhesie über dem korrespondierenden Innervationsbereich gekommen sei. Zudem leide der Beschwerdeführer seit dem Unfallereignis an betont morgendlichen bilateralen Kopfschmerzen. Es handle sich hier wohl um eine posttraumatische Cephalaea, die aber durch die ängstlich-depressive Verstimmungslage des Versicherten unterhalten und begünstigt werde. Negativ auf die Cephalaea würden sich auch die Kauschwierigkeiten des Patienten auswirken, die er auf eine schlecht sitzende obere Zahnprothese nach traumatischem Zahnverlust zurückführe. Vorgesehen sei nun die optimale Anpassung einer definitiven Prothese. Sein Analgetikakonsum halte sich

Page 11: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 11 -

glücklicherweise in Grenzen. Das Hauptproblem des Beschwerde-führers sei die zu vermutende Anpassungsstörung mit depressiven, ängstlich-phobischen Symptomen und Problemen bei der Bewältigung seiner körperlichen Beeinträchtigung nach dem Unfallereignis. Differenzialdiagnostisch werde fachpsychiatrisch gar eine posttraumatische Belastungsstörung in Betracht gezogen. Der psychische Leidensdruck mit Durchschlafstörungen, nächtlichen Albträumen und ängstlich-depressiver Verstimmungslage sei für den Beschwerdeführer beträchtlich. Solange dieser Zustand anhalte, dürfte auch die vorwiegend morgendliche Cephalaea anhalten. Klinisch neurologisch fände sich im detailliert erhobenen Neurostatus eine Hyposensibilität im Innervationsbereich des 2. Trigeminusastes rechts bei ansonsten aber fehlenden fokalen neurologischen Ausfällen. Im Normbereich sei auch das Elektroenzephalogramm. Hinsichtlich Cephalaea habe er dem Beschwerdeführe empfohlen, diese bei Bedarf auch weiterhin mit Ecofenac zu kupieren, wobei der Konsum an Analgetika nicht regelmässig sei, sodass keine medikamenten-induzierte Chronifizierung der Kopfschmerzen drohe.

Der Hausarzt des Beschwerdeführers, Dr. med. G._____, Facharzt für Allgemeine Medizin FMH, hielt im Arztbericht vom 16. August 2012 (SUVA-act. 102) fest, der Hauptbefund sei nebst der schweren traumatischen körperlichen Gesichtsverletzung die posttraumatische Belastungsstörung. Diese führe zu einer starken Einschränkung der Belastbarkeit und Anpassungsfähigkeit. Auch wenn der Beschwerdeführer möglicherweise eine leichte Arbeit zu 50 % ausführen könne, werde die psychische Beeinträchtigung zu einer vollen Arbeitsunfähigkeit führen. Die geklagten Bein- und Handgelenksschmerzen seien auf die Gichterkrankung zurückzu-führen und hätten nichts mit dem Unfallereignis zu tun. Aus hausärztlicher Sicht könne bestenfalls ein kleiner Beitrag zur Stabilisierung des Zustandes beigetragen werden.

Nach Einsichtnahme in das Patientendossier nahm der Kreisarzt Dr. med. D._____ am 3. und 23. August 2012 erneut Stellung. Im Bericht vom 3. August 2012 (SUVA-act. 97) führte er aus, dass aufgrund der strukturell fassbaren Unfallfolgen (Lidnarbe Auge rechts, Gefühlsstörung Trigeminusast Gesicht rechts) keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bestehe und durch eine weitere Behandlung keine erhebliche Besserung mehr zu erwarten sei. In der Stellungnahme vom 23. August 2012 (SUVA-act. 104) hielt er schliesslich fest, dass der Endzustand bezüglich der Unfallfolgen zweifellos erreicht sei. Unfallrestfolgen, welche den Beschwerdeführer in seiner Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen würden, bestünden aus organischer

Page 12: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 12 -

Sicht nicht. An organischen Restfolgen lägen einerseits die Lidnarbe, andererseits der leichte Exophtalmus rechts und letztlich die Sensibilitätsstörung im Bereich des II. Trigeminusastes rechts vor. Da aber gemäss neurologischem Bericht kein Ausfall des II. Trigeminusastes vorliege und auch eine Trigeminusneuralgie nicht beschrieben sei, seien diese Unfallfolgen nicht als erheblich zu bezeichnen. Aus organischer Sicht werde aufgrund der Aktenlage keine Integritätsentschädigung geschuldet.

Aus dem Bericht des Kantonsspitals Graubünden vom 10. Januar 2013 (SUVA-act. 129) ergibt sich sodann, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Untersuchung vom 14. November 2012 angegeben hat, mit der Metallentfernung noch zuzuwarten, da die Angst in der Nacht sowie die Schlaflosigkeit und die Zahnprobleme im Vordergrund stünden und ihm der Erfolg des Eingriffs nicht garantiert werden könne. Auch mit der Revision des Lidbändchens möchte er noch zuwarten.

b) Die Beschwerdegegnerin stützte sich in der Verfügung vom 7. September

2012 sowie im angefochtenen Einspracheentscheid vom 7. Februar 2013

unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten medizinischen

Aktenlage auf die kreisärztliche Beurteilung von Dr. med. D._____ vom

23. August 2012 (SUVA-act. 104) und ging dementsprechend davon aus,

dass im Zeitpunkt der Leistungseinstellung (24. September 2012)

bezüglich der organischen Unfallfolgen der Endzustand erreicht und der

Beschwerdeführer aus organischer Sicht ab diesem Zeitpunkt wieder voll

arbeitsfähig war. Dies ist vor dem Hintergrund, dass bereits anlässlich der

CT-Untersuchung vom 19. September 2011 (SUVA-act. 27) von

regelrechten postoperativen Verhältnissen berichtet wurde und auch Dr.

med. C._____ im Arztbericht vom 20. Juli 2012 (SUVA-act. 91) eine

Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers sowie auch eine

Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von Seiten des Auges verneint hat

und überdies auch der Hausarzt des Beschwerdeführers, Dr. med.

G._____, im Bericht vom 16. August 2012 (SUVA-act. 102) nicht mehr

von einer namhaften Besserung des Gesundheitszustands ausging, nicht

zu beanstanden. Zwar attestierte der Hausarzt dem Beschwerdeführer in

Page 13: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 13 -

erwähntem Bericht eine volle Arbeitsunfähigkeit, führte diese jedoch nicht

auf die organischen Unfallfolgen, sondern auf die psychische

Beeinträchtigung und die unfallfremde Gichterkrankung zurück. Zutreffend

ist des Weiteren, dass die Behandlung der organischen Unfallfolgen noch

nicht abgeschlossen ist. Dies hängt jedoch - wie den Berichten des

Kantonsspitals Graubünden vom 25. April 2012 (SUVA-act. 71) und vom

10. Januar 2013 (SUVA-act. 129) zu entnehmen ist - hauptsächlich damit

zusammen, dass die Revision des Lidbändchens und die

Metallentfernung vom Beschwerdeführer aktuell nicht gewünscht wird.

Zudem hat die Beschwerdegegnerin sowohl in der Verfügung vom

7. September 2012 als auch im angefochtenen Einspracheentscheid vom

7. Februar 2013 explizit festgehalten, dass sie die notwendigen

Behandlungen für die organischen Unfallfolgen sowie die unfallkausale

Zahnversorgung, nach jeweiliger Prüfung durch einen Spezialisten,

weiterhin übernehmen werde. Ferner hat die Beschwerdegegnerin

festgehalten, dass nach Abschluss der Zahnbehandlung zu prüfen sein

werde, ob daraus ein Anspruch des Beschwerdeführers auf weitere

Geldleistungen in Form einer Invalidenrente und/oder einer Integritäts-

entschädigung resultiere. Dementsprechend kann vorliegend mit dem

Kreisarzt Dr. med. D._____ sowie der Beschwerdegegnerin davon

ausgegangen werden, dass im Zeitpunkt der Leistungseinstellung per

24. September 2012 der Endzustand bezüglich der organischen

Unfallfolgen erreicht und der Beschwerdeführer aus organischer Sicht

wieder voll arbeitsfähig war. Dies wird vom Beschwerdeführer

grundsätzlich denn auch nicht bestritten.

5. a) Nachdem die Beschwerdegegnerin zu Recht davon ausgegangen ist,

dass im Zeitpunkt der Leistungseinstellung der Endzustand bezüglich der

organischen Unfallfolgen erreicht und der Beschwerdeführer in dieser

Hinsicht wieder voll arbeitsfähig war, bleibt zu prüfen, ob aufgrund der

Page 14: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 14 -

diagnostizierten psychischen Beschwerden ein Leistungsanspruch über

das Einstelldatum vom 24. September 2012 hinaus zu bejahen gewesen

wäre. Bezüglich der vom Beschwerdeführer geklagten psychischen

Beschwerden sind die folgenden ärztlichen Berichte aktenkundig:

Dr. med. E._____ diagnostizierte im Arztbericht vom 3. Februar 2012 (SUVA-act. 56) eine Anpassungsstörung (ICD-10: F43.8) und äusserte den Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Hinsichtlich Unfallkausalität hielt er fest, dass für ihn kein Zweifel bestehe, dass die aktuellen psychischen Probleme eine folge des erlittenen Unfalltraumas seien. Noch nicht abschätzbar sei die Frage, ob der Leidensdruck nach einer allfällig verbesserten Anpassung der Zahnprothese abnehme.

In der Stellungnahme vom 1. Juni 2012 (SUVA-act. 81) führte med. pract. H._____ aus, das Festhalten einer abschliessenden Diagnose sei nicht möglich. Die aktuellen psychischen Beschwerden würden unterschiedlich interpretiert. Fachpsychiatrisch habe eine posttraumatische psychische Reaktion nicht endgültig diagnostiziert werden können. Momenten sei von einer Anpassungsstörung mit einer ängstlichen und depressiven Reaktion auszugehen. Anhand der Akteninformationen sei anzunehmen, dass gegenwärtig eine Teilkausalität zwischen dem Unfallereignis beziehungsweise den Unfallfolgen und der Entwicklung der psychischen Symptome bestehe. Unter anderem würden die fraktur- und prothesenbedingten Schmerzen ein Teil der psychischen Symptome mitbedingen. Zudem liessen sich unfallfremde Faktoren identifizieren, deren Einfluss auf das gesamte psychische Bild nicht ganz ersichtlich sei. Es sei vorstellbar, dass mittelfristig eher diese Faktoren einen grösseren Einfluss auf das Aufrechterhalten des psychischen Zustandsbild gewinnen werden.

Nach einer weiteren psychiatrischen Untersuchung hielt Dr. med. E._____ im Arztbericht vom 3. Juli 2012 (SUVA-act. 83) fest, es hätten seit der erstmaligen Untersuchung vom 21. Dezember 2011 neun Konsultationen stattgefunden. Der Beschwerdeführer zeige abgesehen von den bekannten Unfallfolgen (dumpfe rechtsseitige Kopfschmerzen, Überempfindlichkeit des rechten Auges, Schwierigkeiten beim Kauen) eine Reihe von Beschwerden, welche gut zur Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung passen würden, vor allem die Schlafprobleme und die fast regelhaft nachts

Page 15: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 15 -

auftretenden Schreckbilder. Er könne sich schwerlich vorstellen, dass der Beschwerdeführer wieder ins Erwerbsleben zurückkehren könne. Bestenfalls sei von Seiten seines Faches ein kleiner Beitrag zur Besserung der Lebensqualität zu erwarten.

Mit Schreiben vom 12. September 2012 (SUVA-act. 111) bekräftigte Dr. med. E._____ nochmals, dass aus Sicht seines Faches eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.8) vorliege. Es ergebe sich ein klarer Zusammenhang der Residualbeschwerden mit dem Unfallereignis.

b) Streitig und zu prüfen ist, ob die diagnostizierten psychischen

Beschwerden in einem natürlichen und einem adäquaten

Kausalzusammenhang zum Unfallereignis vom 11. August 2011 stehen.

Für die Fortsetzung der beantragten Versicherungsleistungen über das

angefochtene Einstelldatum vom 24. September 2012 hinaus müssen -

wie unter Erwägung 2a erläutert - die beiden Erfordernisse des

natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs kumulativ erfüllt sein.

Scheitert der geltend gemachte Anspruch an einer dieser zwei

Voraussetzungen, entfällt die Leistungspflicht aus UVG. Die Prüfung der

Adäquanz hat dabei nach den zu psychischen Fehlentwicklungen nach

einem Unfall entwickelten Grundsätzen (Psycho-Praxis) unter Ausschluss

psychischer Aspekte zu erfolgen (BGE 134 V 109 E.2.1, 115 V 133

E.6c/aa).

Ob zwischen den über den 24. September 2012 hinaus anhaltend

geklagten psychischen Beschwerden und dem Unfallereignis vom

11. August 2011 ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, kann

vorliegend weitgehend offenbleiben, da - wie nachfolgende Prüfung

aufzeigen wird - ein solcher Kausalzusammenhang jedenfalls nicht

adäquat wäre (vgl. BGE 135 V 465 E.5.1 mit weiteren Hinweisen).

Dementsprechend erübrigt sich die vom Beschwerdeführer beantragte

Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Klärung des natürlichen

Page 16: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 16 -

Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den

psychischen Störungen.

c) Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung setzt bei

psychischen Unfallfolgen die Bejahung des adäquaten

Kausalzusammenhangs grundsätzlich voraus, dass dem Unfallereignis für

die Entstehung einer psychisch bedingten Erwerbsunfähigkeit eine

massgebende Bedeutung zukommt. Dies trifft dann zu, wenn das

Unfallereignis objektiv eine gewisse Schwere aufweist oder mit anderen

Worten ernsthaft ins Gewicht fällt. Für die Beurteilung dieser Frage ist

gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 115 V 133 E.6) an

das Unfallereignis anzuknüpfen, wobei - ausgehend vom augenfälligen

Geschehensablauf - eine Katalogisierung der Unfälle in leichte (banale),

im mittleren Bereich liegende und schwere Unfälle vorzunehmen ist. Bei

leichten Unfällen kann der adäquate Kausalzusammenhang zwischen

Unfall und psychischen Gesundheitsstörungen in der Regel ohne weiteres

verneint, bei schweren Unfällen bejaht werden. Bei Unfällen aus dem

mittleren Bereich lässt sich die Frage nicht auf Grund des Unfalls allein

beantworten. Weitere, objektiv erfassbare Umstände, welche unmittelbar

mit dem Unfall im Zusammenhang stehen oder als direkte

beziehungsweise indirekte Folgen davon erscheinen, sind in eine

Gesamtwürdigung einzubeziehen. Als wichtigste Kriterien sind zu nennen

(Urteil des Bundesgerichtes 8C_441/2010 vom 23. August 2010 E.7.2;

BGE 129 V 177 E.4.1; ALEXANDRA RUMO-JUNGO/ANDRÉ PIERRE HOLZER,

Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht,

Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG), 4. Aufl., Zürich 2012,

Art. 6 S. 69 ff.):

Besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls;

Page 17: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 17 -

die Schwere oder besondere Art der erlittenen (somatischen) Verletzungen, insbesondere ihre erfahrungsgemässe Eignung, psychische Fehlentwicklungen auszulösen;

ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen Behandlung;

(körperliche) Dauerschmerzen;

ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert;

schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen;

Grad und Dauer der (physisch) bedingten Arbeitsunfähigkeit.

Die Einordnung des Unfalls in die verschiedenen Kategorien hat allein

nach dem augenfälligen Geschehensablauf mit den sich dabei

entwickelnden Kräften zu erfolgen, nicht aber nach den Unfallfolgen oder

Begleitumständen, die nicht Teil des Geschehensablaufs sind (SVR 2010

UV Nr. 3 E.9.1 und 2008 UV Nr. 8 E.5.3.1; vgl. auch Urteil des

Bundesgerichtes 8C_498/2011 vom 3. Mai 2012 E.6.2.1).

d) Der Unfallhergang lässt sich aufgrund der Aktenlage wie folgt schildern:

Der Beschwerdeführer beabsichtigte, ein neues Eisen von der Bobine zur

Biegemaschine zu führen. Dabei verklemmte das Eisen an der Bobine.

Um den verklemmten Strahlstrang von der Bobine zu lösen, schlug er mit

einem speziell dafür vorgesehenen, dicken Eisen bei der Verklemmung

auf das sich abrollende Betoneisen an der Bobine. Plötzlich schleuderte

das dicke Eisen vom aufspringenden Betonstahl von unten her gegen den

Kopf beziehungsweise die rechte Gesichtshälfte des Beschwerdeführers

(vgl. SUVA-act. 1, 60, 61, 62). Die Beschwerdegegnerin qualifiziert das

soeben dargestellte Unfallereignis vom 11. August 2011 als

mittelschweren Unfall im engeren Sinne, d.h. weder an der Grenze zu den

leichten, noch zu den schweren Unfällen. Demgegenüber stuft der

Beschwerdeführer das Unfallereignis als mittelschweren Unfall im

Grenzbereich zu den schweren Unfällen ein. Er verweist dabei auf das in

Erwägung 5.2.1 des Bundesgerichtsurteils 8C_398/2012 vom

6. November 2012 geschilderte Beispiel, wo der Versicherte mit einem

Page 18: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 18 -

Personenwagen auf der Überholspur der Autobahn fuhr und bei einer

Geschwindigkeit von etwa 130 km/h plötzlich ins Schleudern geriet, die

Normalspur und den Pannenstreifen überquerte und mit der Böschung

kollidierte, wobei sich das Fahrzeug überschlug und auf die Überholspur

zurückgeschleudert wurde, wo es auf den Rädern stehend zum Stillstand

kam. Während der Versicherte das Fahrzeug nicht mehr eigenhändig

verlassen konnte, wurde der Beifahrer beim Überschlagen aus dem

Dachfenster auf die Böschung geschleudert. Dieser vom

Beschwerdeführer als Beispielfall herangezogene Unfall lässt sich jedoch

mit dem in vorliegendem Verfahren zu beurteilenden Unfallereignis vom

11. August 2011 in keiner Weise vergleichen, handelt es sich beim

Vergleichsbeispiel doch um einen Verkehrsunfall mit einem sich

überschlagenden Auto, während der Beschwerdeführer vorliegend von

einer aus einer Verklemmung gelösten und unter Spannung stehenden

dicken Eisenstange von unten im Gesicht getroffen wurde. Weiter

verweist der Beschwerdeführer auf das Urteil des Eidgenössischen

Versicherungsgerichtes U 458/2004 vom 7. April 2005 E.3.4, wo der

Versicherte durch die Wucht eines ihn am behelmten Kopf und am Hals

treffenden Pumpastes auf den Boden des Gerüstes gedrückt wurde,

dabei kurzzeitig bewusstlos wurde und dann feststellte, dass er am Hals

und aus dem Mund blutete und extreme Atemnot hatte. Auch dieser

Sachverhalt lässt sich mit dem vorliegend zu beurteilenden Unfallereignis

nicht vergleichen, wurde der Beschwerdeführer doch im Gegensatz zum

soeben dargestellten Unfall weder auf den Boden gedrückt, noch

bewusstlos, noch litt er infolge des Unfalls unter extremer Atemnot.

Vielmehr konnte der Beschwerdeführer den Unfallort auf den eigenen

Beinen verlassen, wie er anlässlich der SUVA-Besprechung vom 1. März

2012 (SUVA-act. 62) explizit bestätigte. Obwohl die Unfallfolgen oder

Begleitumstände für die Einordnung des Unfalls in die verschiedenen

Kategorien nicht relevant sind, ist doch zu beachten, dass beim vom

Page 19: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 19 -

Beschwerdeführer als Beispielfall herangezogenen Unfall nach der

sofortigen Einlieferung des dortigen Versicherten ins Spital und einem

gescheiterten Intubationsversuch - unternommen bei zunehmender

Weichteilschwellung, aber suffizienten pulmonalen Verhältnissen -

aufgrund perakuter Dekompensation mit Luftnot und Ausbreitung des

Pneumothorax notfallmässig eine Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) und

anschliessend eine Thoraxdrainage rechts durchgeführt werden musste.

Darauf erfolgte eine Verlegung per Helikopter in ein anderes Spital, wo

ein stumpfes Kehlkopftrauma mit Krikoidfraktur und partiellem Trachea-

Abriss rechts sowie eine Riss-Quetschwunde am Hinterkopf diagnostiziert

wurde und der Versicherte schliesslich operiert wurde (Urteil des

Eidgenössischen Versicherungsgerichtes U 458/2004 vom 7. April 2005).

Dies zeigt offenkundig, dass in jenem Unfall (zitiertes Urteil) andere Kräfte

gewirkt haben als beim vorliegend zu beurteilenden Unfallereignis. Das

Unfallereignis vom 11. August 2011 lässt sich vom objektiven Ablauf her

mit Blick auf die sich dabei entwickelnden Kräfte indessen vielmehr mit

dem von der Beschwerdegegnerin herangezogenen Beispiel vergleichen,

wo einem Versicherten bei der Arbeit ein Paket mit Isolationsmaterial von

4.4 kg aus einer Höhe von 12 m auf den behelmten Kopf und auf das

Gesicht fiel, worauf er zu Boden ging und für ein paar Sekunden das

Bewusstsein verlor und dabei eine Commotio cerebri und eine Distorsion

der Halswirbelsäule erlitt. Das Bundesgericht qualifizierte dieses

Unfallereignis als mittelschwer im engeren Sinne. (Urteil des

Bundesgerichtes 8C_57/2008 vom 16. Mai 2008). Gleich fiel die

Einordnung etwa in folgenden Fällen aus:

Eine etwa 15 kg schwere Reklametafel fiel der versicherten Person aus einer Höhe von etwa 2 m auf den Kopf und den Nacken (Urteil des Bundesgerichtes 8C_715/2009 vom 30. März 2010 E.6.2);

Page 20: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 20 -

Ein Gast sass in einem Restaurant, als sich eine Deckplatte löste und auf ihn fiel (Urteil des Bundesgerichtes 8C_488/2009 vom 30. Oktober 2009 E.5.3);

Die versicherte Person wurde von einer aus fünf Metern Höhe zu Boden fallenden 15,6 kg schweren Schalttafel am Kopf getroffen (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes U 282/00 vom 21. Oktober 2003 E.4.2);

Auf einen Bauhandlanger kippten acht schwere Schalungselemente mit einer Länge von 2.5 m, einer Breite von 2 m und einem Durchmesser von 10 cm. Dieser konnte erst nach rund sechs Minuten unter Zuhilfenahme eines Krans befreit werden. Dabei erlitt der Versicherte eine Kontusion der Lendenwirbel und des Thorax sowie verschiedene Schürfungen (RKUV 1999 U 330 S. 123).

Unter Berücksichtigung der Akten und der dargelegten Präjudizien ist das

in vorliegendem Verfahren zur Diskussion stehende Unfallereignis nach

dem augenfälligen Geschehensablauf mit den sich dabei entwickelnden

Kräften mit der Beschwerdegegnerin - und entgegen dem Beschwerde-

führer - den mittelschweren Unfällen im engeren Sinne zuzuordnen, das

heisst weder an der Grenze zu den leichten, noch zu den schweren

Unfällen. Anhaltspunkte, welche eine andere Betrachtungsweise

rechtfertigen könnten, liegen keine vor (vgl. zur Kasuistik der

Unfallschwere auch ALEXANDRA RUMO-JUNGO/ANDRÉ PIERRE HOLZER,

a.a.O., Art. 6 S. 61 ff.). Unter diesen Umständen müssen für die Bejahung

des adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen den geklagten

psychischen Beschwerden und dem Unfallereignis vom 11. August 2011

mindestens drei der hiervor erwähnten Kriterien in nicht ausgeprägter

Weise erfüllt sein, sofern nicht (mindestens) eines der relevanten

Adäquanzkriterien in besonders ausgeprägter beziehungsweise

auffallender Weise gegeben ist (Urteil des Bundesgerichtes 8C_769/2011

vom 31. Januar 2012 E.6.1 mit Hinweisen). Dabei sind die genannten

Kriterien unter Ausschluss psychischer Aspekte zu prüfen (Urteil des

Page 21: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 21 -

Bundesgerichtes 8C_441/2010 vom 23. August 2010 E.3; BGE 115 V 133

E.6c/aa).

e) Wie sogleich aufzuzeigen ist, ist vorliegend höchstens eines der

genannten Adäquanzkriterien, und dieses nicht in ausgeprägter Weise,

erfüllt, weshalb zwischen den geklagten psychischen Beschwerden und

dem Unfallereignis vom 11. August 2011 kein adäquater

Kausalzusammenhang besteht:

(1) Das Kriterium „besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls“ ist objektiv zu beurteilen und nicht auf Grund des subjektiven Empfindens beziehungsweise des Angstgefühls der versicherten Person (RKUV 1999 Nr. U 335 S.207 E.3b/cc). Zu beachten ist auch, dass jedem mindestens mittelschweren Unfall eine gewisse Eindrücklichkeit eigen ist, welche somit noch nicht für eine Bejahung des Kriteriums ausreichen kann (Urteil des Bundesgerichtes 8C_39/2008 vom 20. November 2008 E.5.2). Während sich der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegnerin einig sind, dass das Kriterium der besonders dramatischen Begleitumstände nicht erfüllt ist, erachtet der Beschwerdeführer entgegen der Beschwerdegegnerin das Kriterium der besonderen Eindrücklichkeit unter Hinweis auf SVR 2013 UV Nr. 3 sowie die Urteile des Bundesgerichtes 8C_398/2012 vom 6. November 2012 E.6.1.1 und 8C_590/2008 vom 3. Dezember 2008 als erfüllt, weil es sich beim vom Unfall betroffenen Beschwerdeführer um einen besonders verletzlichen 60-jährigen Mann handelt (ähnlich wie ein schwangeres Unfallopfer), der während der Ausübung seiner gewohnten Tätigkeit am Arbeitsplatz von einem Vorfall überrascht und schwer verletzt wurde, wie er es nicht erwarten musste und es in dem betroffenen Betrieb noch nie erlebt wurde. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht ausführte, entspricht es bereits der Definition eines Unfalls, dass dieser nicht erwartet werden kann. Zudem ist nicht ersichtlich, inwiefern das Alter des Beschwerdeführers ihn besonders verletzlich machen sollte. Auch der Vergleich mit einer schwangeren Frau, welche anlässlich eines Unfalls Angst um ihr ungeborenes Kind haben muss, überzeugt nicht. Das Kriterium „besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls“ ist somit nicht erfüllt. Für ein gegenteiliges Ergebnis lassen die Akten keine Anzeichen zu.

Page 22: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 22 -

(2) Hinsichtlich des Kriteriums „Schwere oder besondere Art der erlittenen (somatischen) Verletzungen, insbesondere ihre erfahrungsgemässe Eignung, psychische Fehlentwicklungen auszulösen“ sind sich die Parteien insofern einig, als eine Verletzung, welche das Gesicht und damit das Aussehen des Beschwerdeführers betrifft, eine gewisse Eignung für psychische Fehlentwicklungen aufweist. Entgegen der Beschwerdegegnerin erachtet der Beschwerdeführer dieses Kriterium indes in besonders ausgeprägter Weise als erfüllt, weil er im Zeitpunkt des Unfalls bereits 60-jährig war und seine Ehefrau nach einem Krebsleiden nicht mehr voll erwerbstätig sein kann und er deshalb psychisch besonders vulnerabel ist. Auch hier ist indes wiederum nicht ersichtlich, weshalb ein 60-jähriger in dieser Hinsicht besonders anfällig sein sollte. Im Gegenteil dürfte sich eine ältere Person gar besser mit Narben im Gesicht abfinden können, als dies eine jüngere Person tun könnte. Ebenfalls ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die infolge Krankheit nicht voll erwerbstätige Ehefrau des Beschwerdeführers ihn besonders anfällig machen oder eine erhöhte psychische Vulnerabilität begründen sollte. Sodann sind auch den bei den Akten liegenden Unterlagen keinerlei Hinweise auf eine erhöhte psychische Vulnerabilität des Beschwerdeführers zu entnehmen. Vor dem Hintergrund, dass Gesichtsverletzungen, welche das Aussehen des Beschwerdeführers betreffen grundsätzlich geeignet sein können, psychische Fehlentwicklungen auszulösen, ist dieses Kriterium somit als erfüllt zu betrachten. Dies aber nicht in besonders ausgeprägter Form, da es sich bei der äusserlich sichtbaren Gesichtsverletzung des Beschwerdeführers „bloss“ um eine Lidnarbe beim rechten Auge handelt, welche offensichtlich nicht eine genügende Schwere für die Auslösung einer Integritätsentschädigung erreicht hat. Ob infolge der Zahnbeschwerden allenfalls ein Anspruch auf eine Integritätsent-schädigung resultiert, wurde von der Beschwerdegegnerin infolge der noch laufenden Behandlung noch nicht abschliessend beurteilt. Indessen würde sich - auch wenn diesbezüglich ein Anspruch auf eine Integritätsentschädigung bestünde - nichts an der Tatsache ändern, dass dieses Kriterium nur in einfacher Form, also nicht in besonders ausgeprägter Weise gegeben ist. Da das Kriterium „Schwere oder besondere Art der erlittenen (somatischen) Verletzungen, insbeson-dere ihre erfahrungsgemässe Eignung, psychische Fehlentwicklungen auszulösen“ somit erfüllt ist und vorstehend festgehalten wurde, dass die erlittenen Gesichtsverletzungen grundsätzlich geeignet sind, psychische Beschwerden auszulösen, erübrigt sich die vom Beschwerdeführer beantragte Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Abklärung der Eignung der erlittenen Verletzungen zu psychischen Fehlentwicklungen.

Page 23: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 23 -

(3) Das Kriterium der „ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung“ setzt praxisgemäss eine länger dauernde, kontinuierliche, mit einer gewissen Planmässigkeit auf die Verbesserung des Gesundheitszustands gerichtete ärztliche Behandlung somatisch begründbarer Beschwerden voraus (Urteil des Bundesgerichtes 8C_605/2010 vom 9. November 2010 E.6.2; RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236 E.5.2.4), wobei Abklärungsmassnahmen und blossen ärztlichen Kontrollen nicht die Qualität einer regelmässigen, zielgerichteten Behandlung zukommt (Urteil des Bundesgerichtes 8C_855/2998 vom 21. April 2010 E.8.3.1). Vorliegend war der Beschwerdeführer vom 11. bis 20. August 2011 im Kantonsspital Graubünden hospitalisiert. Dabei wurden die somatischen Unfallfolgen am 15. und 16. August 2010 operativ behandelt. Danach fanden nach Lage der Akten nur noch ärztliche Kontrollen, aber keine zielgerichteten ärztlichen Behandlungen mehr statt. Solche können auch nicht in den allenfalls noch anstehenden Eingriffen, insbesondere der Metallentfernung sowie der Revision des Lidbändchen erblickt werden, zumal diese Eingriffe gemäss Bericht des Kantonsspitals Graubünden vom 25. April 2012 und vom 10. Januar 2013 vom Beschwerdeführer aktuell nicht gewünscht werden. Sodann ist auch die rund eineinhalb-jährige Behandlungsdauer im vorliegenden Fall nicht als aussergewöhnlich lange zu betrachten. Auch die noch nicht abgeschlossene zahnärztliche Behandlung vermag das Kriterium der „ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung“ nicht zu erfüllen. Demnach ist dieses Kriterium unter Berücksichtigung der gesamten Umstände mit der Beschwerdegegnerin zu verneinen.

(4) Das Kriterium der „körperlichen Dauerschmerzen“ ist ebenfalls nicht erfüllt. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht ausführte, handelt es sich bei den geklagten Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich nicht um körperliche Schmerzen im eigentlichen Sinn, sondern um eine mangelnde Empfindlichkeit der betroffenen Regionen. Die geklagten Kopfschmerzen können sodann nur teilweise berücksichtigt werden, da es sich bei diesen - wie dem Arztbericht von Dr. med. F._____ vom 31. Juli 2012 zu entnehmen ist - um eine posttraumatische Cephalaea handelt, welche durch die ängstlich depressive Verstimmungslage des Beschwerdeführers unterhalten und begünstigt wird und somit zumindest teilweise psychisch bedingt ist. Auch die schlecht sitzende Zahnprothese, welche der Beschwerdeführer als störend bezeichnet, vermag das Kriterium der körperlichen Dauerschmerzen nicht zu begründen. Inwiefern sodann die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Kauschwierigkeiten körperliche Dauerschmerzen verursachten sollten, ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht näher dargelegt.

Page 24: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 24 -

(5, 6, 7) Hinsichtlich der übrigen Kriterien „ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert“, „schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen“ sowie „Grad und Dauer der (physisch) bedingten Arbeitsunfähigkeit“ sind sich der Beschwerdeführer und die Beschwerdegegnerin unbestritten einig, dass diese nicht erfüllt sind. Da die Aktenlage keine Anhaltspunkte für ein gegenteiliges Ergebnis erkennen lässt, ist daran festzuhalten, weshalb sich weitere diesbezügliche Ausführungen und Prüfungen erübrigen.

f) Somit ist festzuhalten, dass insgesamt nur eines der praxisgemäss zu

prüfenden Adäquanzkriterien gemäss Psycho-Praxis in einfacher Form,

nicht aber in besonders ausgeprägter oder auffallenden Weise, erfüllt ist,

weshalb die adäquate Kausalität der psychischen Beschwerden verneint

werden muss. Die Beschwerdegegnerin ist daher nicht verpflichtet, dem

Beschwerdeführer über den 24. September 2012 hinaus weitere

Versicherungsleistungen zu erbringen.

6. a) Nach Art. 24 Abs. 1 UVG hat der Versicherte Anspruch auf eine

angemessene Integritätsentschädigung, wenn er durch einen Unfall eine

dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen oder geistigen

Integrität erleidet. Diese Entschädigung wird in Form einer Kapitalleistung

gewährt. Sie darf den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des

versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen und wird entsprechend

der Schwere des Integritätsschadens [= Einbusse an Lebensqualität]

abgestuft (Art. 25 Abs. 1 UVG). Nach Art. 25 Abs. 2 UVG regelt der

Bundesrat die Bemessung der Entschädigung. Von dieser Befugnis hat er

in Art. 36 der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202)

Gebrauch gemacht. Nach Art. 36 Abs. 1 UVV gilt ein Integritätsschaden

als dauernd, wenn er voraussichtlich während des ganzen Lebens

mindestens in gleichem Umfang besteht. Er ist erheblich, wenn die

körperliche, geistige oder psychische Integrität, unabhängig von der

Page 25: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 25 -

Erwerbsfähigkeit, augenfällig oder stark beeinträchtigt wird. Gemäss Abs.

2 dieser Vorschrift gelten für die Bemessung der Integritätsentschädigung

die Richtlinien des Anhangs 3. Darin hat der Bundesrat in einer als

gesetzmässig erkannten, nicht abschliessenden Skala (BGE 113 V 218

E.2a; RKUV 1988 Nr. U 48 S. 236 E.2a mit Hinweisen) häufig

vorkommende und typische Schäden prozentual gewichtet. Nach Ziffer 1

Absatz 2 dieser Richtlinien wird die Entschädigung für spezielle oder nicht

aufgeführte Integritätsschäden nach dem Grad der Schwere vom

Skalenwert abgeleitet. Dabei entfällt ein Anspruch auf eine

Entschädigung, wenn der Integritätsschaden weniger als 5 % beträgt (Ziff.

1 Abs. 3 und Ziff. 2 der Richtlinie des Anhangs 3). Die Medizinische

Abteilung der Beschwerdegegnerin hat in Weiterentwicklung dieser Skala

weitere Bemessungsgrundsätze in tabellarischer Form erarbeitet. Soweit

diese Tabellenwerte, die keine Rechtssätze darstellen, als Richtgrössen

betrachtet werden, mit denen die Gleichbehandlung aller Versicherten

gewährleistet werden soll, sind sie mit Anhang 3 zur UVV vereinbar (BGE

124 V 29 E.1c, 116 V 156 E.3a). Den Ärzten kommt aufgrund ihrer

Kenntnisse und Erfahrung die Aufgabe zu, einerseits die konkreten

Unfallfolgen festzustellen und andererseits die sachgemässe Einstufung

im Rahmen der erwähnten Richtlinien vorzunehmen.

b) Dr. med. D._____ führte in der ärztlichen Stellungnahme vom 23. August

2012 (SUVA-act. 104) aus, dass der Endzustand bezüglich der

organischen Unfallfolgen zweifellos erreicht sei. Aus organischer Sicht sei

der Beschwerdeführer voll arbeitsfähig. An organischen Restfolgen lägen

die Lidnarbe, der leichte Exophtalmus rechts sowie die Sensibilitäts-

störung im Bereich des II. Trigeminusastes rechts vor. Da aber gemäss

neurologischem Bericht kein Ausfall des II. Trigeminusastes vorliege und

auch keine Trigeminusneuralgie beschrieben sei, seien diese Unfallfolgen

Page 26: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 26 -

nicht als erheblich zu bezeichnen. Aus organischer Sicht werde aufgrund

der Aktenlage keine Integritätsentschädigung geschuldet.

c) Die Beschwerdegegnerin hat bezüglich der Integritätsentschädigung auf

die zitierte kreisärztliche Beurteilung von Dr. med. D._____ abgestellt und

dabei was folgt festgehalten:

„Auf diese kreisärztliche Beurteilung kann voll und ganz abgestellt werden. Kreisarzt Dr. med. D._____ hat den Versicherten am 5.12.2011 persönlich untersucht und gab seine Stellungnahme vom 23.8.2012 in Kenntnis sämtlicher Vorakten (ärztliche Berichte, bildgebende Abklärungen etc.) ab. Er begründet seine Schlussfolgerungen nachvollziehbar und schlüssig. Eine anderslautende Beurteilung der Integritätseinbusse findet sich nicht in den Akten. Mit Dr. med. D._____ ist somit davon auszugehen, dass es sich bei den organischen Unfallfolgen nicht um erhebliche Schädigungen handelt, weshalb diesbezüglich kein Anspruch auf eine Integritätsentschädigung besteht. Da die psychischen Beschwerden nicht adäquat kausal zum Unfall vom 11.8.2011 sind, können sie bei der Beurteilung des Integritätsschadens nicht berücksichtigt werden.“

Diese zutreffenden Ausführungen sind in keiner Weise zu beanstanden.

Es ist mit dem Kreisarzt Dr. med. D._____ und der Beschwerdegegnerin

davon auszugehen, dass es sich bei den organischen Unfallfolgen nicht

um erhebliche Schädigungen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 UVV handelt.

Da auch die Adäquanz zwischen den psychischen Beschwerden und dem

Unfallereignis vom 11. August 2011 - wie unter Erwägung 4 vorstehend

erläutert - zu verneinen ist, besteht insgesamt kein Anspruch auf eine

Integritätsentschädigung.

7. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass der

Beschwerdeführer aus organischer Sicht als voll arbeitsfähig zu

betrachten ist und zwischen den psychischen Beschwerden und dem am

11. August 2011 erlittenen Unfall kein adäquater Kausalzusammenhang

besteht. Dementsprechend hat die Beschwerdegegnerin die

Page 27: URTEIL - lawsearch.gr.ch VG/2014/S... · mit Frakturen der anterioren und medialen Wand des Sinus maxillaris, Hämatosinus, Fraktur der Lamina papyracea, rechtsseitiger Nasenbeinfraktur,

- 27 -

Versicherungsleistungen zu Recht per 24. September 2012 eingestellt.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beschwerdegegnerin sowohl

bezüglich der organischen als auch der psychischen Unfallfolgen einen

Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Integritätsentschädigung

verneint hat. Somit erweist sich der angefochtene Einspracheentscheid

als rechtens, weshalb die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen ist.

Gerichtskosten werden keine erhoben, da das kantonale Beschwerde-

verfahren in Sozialversicherungsstreitigkeiten gemäss Art. 61 lit. a ATSG

grundsätzlich kostenlos ist. Eine aussergerichtliche Entschädigung steht

der Beschwerdegegnerin nicht zu (Art. 61 lit. g ATSG e contrario).

Demnach erkennt das Gericht:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

3. [Rechtsmittelbelehrung]

4. [Mitteilungen]


Recommended