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Umschau

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Umschau Source: Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik, Vol. 15, No. 10 (Dec., 1914), pp. 362- 366 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30167540 . Accessed: 19/05/2014 11:31 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik. http://www.jstor.org This content downloaded from 194.29.185.228 on Mon, 19 May 2014 11:31:46 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Umschau

UmschauSource: Monatshefte für deutsche Sprache und Pädagogik, Vol. 15, No. 10 (Dec., 1914), pp. 362-366Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30167540 .

Accessed: 19/05/2014 11:31

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

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III. Umschau.

Im Oktoberheft der Deutschen Schule erscheint ein Aufsatz unseres Kollegen John Eiselcnier ,,Die amerikanische Volksschule in amerikanischer Be- leuchtung", dem als Leitwort Crom- wells: ,,Male mich, wie ich bin" voran- gestellt ist und der dazu geeignet ist, der deutschen Lehrerschaft als War- nung vor der Verhimmelung amerika- nischer Schulzustinde zu dienen.

In New York ist am 20. November Dr. Ernst Richard, Professor der deut- schen Kulturgeschichte an der Colum- bia-TJniversitiit, gestorben. Prof. Ri- chard wurde am 2. Juli 1859 in Bonn geboren.

Dr. Ewald Fiigel, Vorsteher der englischen Abtheilung der Leland- Stanford-Universitit, 1st am 15. No- vember vom Tode abberufen worden. Prof. Fliigel war ein geborener Leip- ziger (4. Aug. 1863). Er war mit der Aufstellung eines als ,,great Chaucer lexicon" bekannt gewordenen Wisrter- buchees beschftigt, das aber erst bis zumn Buchstaben H gediehen war. Der Vater des Verstorbenen, Dr. Felix Flilge, war der Herausgeber des nach ihm benannten deutsch-englischen Virterbuches.

Die Allgemeine Deutsche Lehrer- zeitung meldet den am 9. Juli ds. Js. in DSlau bel Halle a. S. erfolgten Tod des Pastors Dr. Otto Fliigel. .Er war als der hervorragendste Vertreter der Herbartschen Philosophie in der Ge- genwart bekannt. Er ward am 16. Juni 1842 in Ltitzen geboren.

Die Schulbehirde von Toledo, Ohio, hat nun auch den Lehrern der High- schools, sowie den Vorstehern von Ele- mentarschulen und den Lehrern der 7. und 8. Klassen im Handarbeltsunter- richt Zulagen bewilligt. Die neue Skala sieht fir die Lehrer in Highschools ein Minimum von $800.00 und ein Maxi- mum von $2,000.00 vor. Die Vorsteher in Elementarschulen kinnen von $1,200.00 bis zu $2,000.00 steigen. Das Minimum ftir Lehrer des Handfertig- keitsunterrichts in dem 7. und 8. Grad ist auf $800.00 angesetzt. das Hichst- gehalt ist $1,500.00.

In La Crosse hat man die Erfahrung gemacht, dass die Schiiler der High- Schools mit dem frei gelieferten Schreih- und Zeichenmaterial ver- schwenderisch umgingen; die Schul- behiirde liisst deshalb, wvie das School Board Journal berichtet, die Schiiler wieder ihre Anschaffungen machen.

In Detschland gewlihren 8 Sttdte: Braunschweig, Freiburg i. B., Mainz, Mannheim, Miilhausen i. E., Offen- bach, Strassburg und Stuttgart, un. cntgcltliche Abgabe der Lehrmittel; andere geben sie diirftigen Kindern un- entgeltlich ab.

Portland, Oregon, gestattet seinen Schulvorstehern und Lehrern nicht, in den Abe dschntlc tiitig zu sein. Elne Ausnahme machen die Vorsteher der Gewerbeschulen, die auch den Abend- dienst verrichten kinnen.

Das Obergericht von Wisconsin hat entschieden, dass die Stadt Milwaukee nicht lIaftbar ist ffir Unfille, die sich auf stildtischen Spielpliitzen zutragen (Fall Clarence Bernstein vs. Stadt).

Frau Virginia Gay in C'olumnbus, Ohio, hat ihre Hinterlassenschaft von iiber einer halben Million Dollars der Errichtung eines Lehrerheims fir den Stat Ohio gewidmet.

Philadelphia and Indianapolis haben sich den Stiidten angeschlossen, die eine Besprechung des Krieges in ihren Schulen untersagt haben. Nach dem ,,School Board Journal" werden in Philadelphia Geschichte und Geogra- phie der kriegfiihrenden Nationen iberhaupt nicht beriihrt. ,,Auch be- firchtet man, dass sich die KLipfe der Kinder mit den Namen von Liindern fillen, die bald von der Karte ver- schwinden mgen." (!)

Die Schulbch6rde von. Winona, Minn. hat bestimmt, dass die Bnztdesflagge auf allen SchulgebRuden vom Anfang his zumn Ende des SchulJahres aufgezo- gen bleibe.

Mit Bedauern entnehmen wir aus einem Anschreiben der Herren K. Just,

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Umschau.

Altenburg, und Professor W. Rein, Jena, in dem Septemberhefte der ,,Zeitschrift fiir Philosophie und Piida- gogik, dass die genannten Herausgeber den Entschluss gefasst haben, die Zeit- schrift aufzugeben. Der Tod des Mit- herausgebers Dr. Fligel und die schwere Zeit, die Deutschland durch- zukiitmnpfen hat, haben diesen Ent- schluss herbeigefiihrt. Die Zeitschrift hatte sich durch die 21 Jahre ihres Be- stehens die Aufgabe gestellt, Philoso- phie und Pildagogik im Geiste Herbarts zu pflegen und zu verbreiten. Die ,,Monatshefte fiir deutsche Sprache und Piidagogik" standen seit ihrer Griindung mit dem nun eingegangenen Blatte im Tauschverkehr; wir schittzen es seiner klaren Ausfiihrungen wegen besonders und nahmen wiederholt Ge- legenheit, auf dieselben in unserer Zeitschrift hinzuweisen.

Die deutschen Lehrer itn Kridg.

Einer Privatmeldung seiner Gattin zufolge befindet sich auch Herr Dtrek- tor Marc Waltr you der Musterschule in Frankfurt a. M. seit dem ersten Oktober im Felde, und zwar als Haupt- mann und Kompagniefibrer im Land- sturmbataillon ,,Frankfurt". Zur Zeit der Absendung der Karte lag das Bat- taillon vor St. Quentin. Seine beiden Sihne wurden leider verwundet und befinden sich gegeuwiirtig als Rekon- valeszenten im vitterlichen Hause.

Die Hamburgische Lehrerschaft hat als ersten Monatsbeitrag fiir die Kriegshilfe 70,000 Mark gezeichnet. Das sind zehn vom Hundert!

Einem jungen Kollegen in der Ucker- mark gelang es trotz aller Bemiihun- gen nicht, als Kriegsfrelwilliger ein- gestellt zu werden. Nun hat er fiir seine dienstfreie Zeit die Stelle eines Landbrieftriigers iibernomnmen.

Die von der Berliner Lehrerschaft veranstaltete Sammlung fiir die alb- gemeine Kriegshilfe hat bisher an Zeichnungen 80,000 Mark ergeben, doch fehlt noch eine griissere Zahl von Schulen.

Ein Drittel der hessischen Volks- schullehrer, rund tausend Mann, steht im Felde. Die hessischen Volksschul- lehrerseminare sind meistens geschlos- sen, da der grisste Theil ihrer Schiler freiwillig zu den Fahnen geeilt ist.

Von Berlin wurde kiirzlich gemeldet, dass vier Universititsprofessoren auf dem Schlachtfelde gefallen seien. Die Gefallenen sind: Heinrich Hermelink, Professor der Kirchengeschichte in Kiel; Ernst Heidrich, Professor der Kunstgeschichte in Strassburg; Ernst Stadler, Professor des Altdeutschen in Strassburg, und Professor Frick, Rek- tor der Forstakademie in Miinden.

In der Freien Schulzeitung schreibt Bertold Kamitz unter der Ueberschrift ,,Mit des Gcistes heitren Waffen":

,,Wir alle wissen, dass wir in diesem Ringen die Zahlen gegen uns haben und damuit auch die sogenannten Reali- titten, denn hinter jeder Zahl stehen Kin2 und Menschen. Und trotzdem- Ja trotzdem glauben wir an unseren Sieg. Wir heben unsere Augen auf und rufen die Sterne zu Zeugen an, dass die Deutschen ein Herrenvolk sind vom Anbeginn und dass es ein deutsches Wort ist, das heisst: ,,Lieber todt als Sklave!" Und wir richten unsere Augen nach innen : Da ist Klarheit, Muth und das Bewusstsein treu erftill- ter Pflicht.

Wir glauben an die Kraft, den Geist, die Seele. Und wir werden siegen, weil wir unsere geistigen Kriifte geschult haben. Mit uns ist Zucht des Denkens, Aufopferung und Pflichttreue, wissen- schaftliche Genauigkeit. Was wir heute ins Feld schicken, das ist das Ergeb- niss hundertjilhrigen Fleisses. Und der Fleiss ist genau so eine seelischeKraft wie der Muth. Der Neger ist ebenso kriiftig wie der Weisse, aber ibm fehlt der seelische Motor, der die Kriifte fruchtbar macht: der Fleiss. Diese Erkenntnis von der iiberragenden Be- deutung des Geistigen ist heute all- gemein. So soll auch die Rede sein von jenen, welche diese Kriifte entwickeln und ausbilden helfen: von den Leh- rern. Es 1st kein Zufall, dass das deutsche Volk die meisten und die besten Schulen hat. Darin eben drtickt sich auch seine Geistigkeit aus. In diesem Volk war die Sehnsucht nach geistiger Klarheit, noch Vervollkomm- nung und seelischem Aufschwung von jeher so gross und so allgemein, dass es nach der Schule rief und sich seine Schule baute. Auf seine Schule hat unser Volk vertraut und wir glauben fest, dass schon eine nahe Zukunft thibm Recht geben wird. Dann soll, so hoffen wir, ouch von uns die Rede sein, die wir in der Schule stehen und wirken.

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Monatskefte filr deutsche Sprache und Piidagogik.

Wir wollen uns nicht iiberheben. Nicht uns dankt das Volk seine geistige Kraft. Die steckt in ihm. Wir helfen ihm nur, sie zu entwickeln. Nicht uns dankt es sein Wissen. Wir vermitteln es nur, wir helfen ibm nur, sein Erbe anzutreten. Aber auch das ist Arbeit, und zwar fruchtbare Arbeit. Und wenn wieder Friede einkeren wird in unse- ren Landen, dann wird man von uns nicht mehr verlangen, dass wir ziffer- missig nachweisen, inwieweit wit produktive Arbeit leisten. Das hoffen wir von unserem Volke."

,,lhe Newo Republic" neunt sich eine neue Wocbenschrift, von der uns die Nummer vom 14. November als Probe- nummer zugesandt wurde. Der fol- gende Auszug aus einem ,,Timid Neu- trality" iiberschriebenen Leitartikel mag die Richtung der neuen Erschel- nung erkennen lassen:

,,Mit der Behauptung, dass unsere Neutralitait uns keineswegs ein Still- schweigen vorschreibt, wenn es sich um eine Verletzung der Haager Be- schliisse handelt, macht Col. Roosevelt einen tiichtigen Schritt vorwlirts in der Richtung unch einenm endlichen Frie- den. Hiitten wir gegen den Angriff auf die internationale Moral, wie er mit der Besetzung Belgiens begangen wurde, protestiert, so hitte unser Glaube an ein iffentliches Gesetz lebendigen Ausdruck erhalten. WLtren die Vereinlgten Staaten fUir die Neu- tralitlit Belgiens eingetreten, so hbttte eine alle Gesetze missachtende Rick- sichtslosigkeit einen nie vorher geftibl- ten Schlag erhalten. Damit soll nicht gesagt werden, die Vereinigten Staaten hitten den Krieg erkluren sollen. Wir allein kInnen die Welt nicht unter Polizeiaufsicht halten. Aber wir htten vielleicht mit der Hilfe der anderen neutralen Staaten einen diplomati- schen Druck austiben knnen und auf diese Weise den Grund zu einer dem internationalen Cynismus entgegen- gesetzten Weltmeinung legen k6nnen."

Die ,,Oregon Nachrichten" vom 5. November drucken eine Aussprache ab, die der den deutschen Lehrern hierzu- lande von der Deutschlandfahrt her bekannte Anwalt Charles F. Schnabel in Portland, Oregont. For einem grlisse- ren Zuhurerkreis gehalten hat. Herr Schnabel trat ganz energisch ftir die deutsche Sache in dem Weltkriege ein, stellte Englands Handelspolitik und Handelsdiplomatie, die zu dem Kriege

gefiihrt, an den Pranger und forderte zu einer regen Tellnahme an der Um- gestaltung der iffentlichen Meinung zu Gunsten Deutschlands auf.

Eine spiitere Ausgabe der oben- genannten Zeitung enthilt elne Zeich- nung zweier Schiler der Lincoln-High School, Chas. Holbrook Schnabel und John F. Hachlen, unter dem Titel ,,Where is your sympathy ?" Sie zeigt in drastischer Weise den ungleichen Kampf, den Deutschland ftir seine Zivilisation zu kiimpfen hat. Sie be- weist aber auch, dass die deutsche Gesinnung der Viiter wohl auch auf die Sbhne iibertragen werden kann.

Professor Kuno Meyer, Lehrer der keltischen Sprache an der Universitiit Berlin, und der einzige deutsche Ebren- biirger der Stiidte Cork und Dublin, bereist gegenwiirtig die Vereinigten Staaten, um die hier lebenden Iren fiber den europaischen Krieg aufzu- kliren.

In einem von der ,,Free Press" vom 26. November abgedruckten Aufsatze ,,What We Want" weist Dr. F. W. Rittinghaus, Universitlit von Texas, aufnt die schlechte Behandlung hin, die der deutschen Geschichte an der Uni- vedreitiit vDo Wiscons i wiederflhrt. Acht Kurse seien der Geschichte Eng- lands gewidmet, ein einziger derjeni- gen Deutschlands; dazu komme, dass dieser eine Kursus seit dem Jahre 1900 in jedem zweiten Jahre ausgefal- len sei, auch fiir das Jahr 1914/15 wieder als ,,omitted" angektindigt set. Rittinghaus fordert die deutschameri- kanischen Steuerzahler Wisconsins ant, fiir die Jilhrliche Besetzung eines Lehr- stuhls der deutschen Geschichte durch einen deutschen Professor einzutreten.

Wie die N. Y. Staatszeitung meldet, wird in diesem Winter auft der Univer- sitlt von Chicago ein Lehrtul fiir russische Sprachle errichtet werden. S. N. Herper, frtiher Vorleser fiber rus- sische Studien auf der Universitt Liverpool, England, wird den neuen Lehrstuhl einnehmen.

Die Schulbehlirde uon Pullman, Wash., hat die von ihr verftgte Ab- schaffung des Deutsclhunterrichts in den Hochschulen zurickgezogen und Deutsch aut die Liste der whlbaren FiRcher gesetzt. Latein, das ebentalls abgeschafft worden war, 1st nicht wie- der eingettihrt worden.

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Die Eiifiibrung dcs Russischen in die englischen Universititen wird von Herb. A. Strong in dem Oktoberheft des in London herausgegebenen Or- gans ,,Modern Language Teaching" befiirwortet. Strong ist auch der An- sicht, dass der Deutschunterricht in der Folgezeit ausschliesslich von Eng- li.ndern ertheilt werden miisse, da englische Lehrer viel besser mit eng- lischen Kindern zurecht kitmen. Der Deutsche schaue auf seine englischen Schiiler mit Verachtung herab; es sei seine Maxime, die englische Rasse als eine intellektuell minderwertige anzu- sehen; die Folge sei. dass die deutschen Lehrer sehr bald nachliessen, well sie annhmen, dass ihre englischen Schtl- ler zu liissig seien, wihrend der Eng- linder doch nicht eher nachlasse, bis er sein Zie erreicht habe. Dann konne man ja auch Deutsch an vielen Orten ausserhalb Deutschlands studieren, wie in Ziirich und in vielen anderen schweizerischen oder auch hollandi- schen und belgischen Universitaten.

Amerika und der Krieg. ,,Wir bitten nicht um Nachsicht", so

heisst es in der Novembernummer der ,,Educational Review", ,,dass wir einen so grossen Teil der vorliegenden Num- mer dem Krieg gewidmet haben. Die Verfasser der Aufsiatze sind bekannt und geehrt in der Republik des Geistes und haben ein Recht gehart zu werden. Es versteht sich von selbst, dass die Veriffentlichung der Aufsitze nicht aus parteiischem Interesse erfolgt ist, sondern lediglich zum Zwecke einer Beleuchtung der gegenwfrtig um die Oberhand ringenden nationalen Eigen- heiten und politischen Ideale."

Die Schriftleitung der ,,Educational Review" scheint diesen Hinweis wohl als besonders notwendig empfunden zu haben. Von den acht Aufsiitzen nm- lich, die dem Krieg gewidmet sind, ver- tritt einer die deutsche Seite, die tibri- gen, mit Ausnahme eines einzigen, sind englischen Ursprungs und lassen natfir- lich alle ,,um die Oberhand ringenden nationalen Eigenheiten und politishen Ideale" in englischem Lichte erschei- nen. Der pro-deutsche Beitrag ist ein Abdruck des von Prof. Harnack am 11. August vor den Amerikanern in Berlin gehaltenen Vortrags ,,Deutschland und der gegenwKrtige Krieg". Der zweite Beitrag ,,Russland und der Krieg" stammt von Paul Vinogradoff, Oxford University, der dritte ist ein Nach- druck eines in der London Times vom

1. Sept. erschienenen anonymen Auf- satzes ,,Deutsche Universititslehren und der Krieg"; Nummer IV ,,Die aka- demische Garnison Deutschlands" stammt ebenfalls aus der London Times und ist J. H. Morgan, University of London, unterzeichnet; Nummer V ,,Hat Nietzsche deu Krieg veranlasst?" ist wiederum der ,,Times" entnommen, dazu anonym; Nummer VI ,,Frank- reich" auch aus der Times und auch anonym; Nummer VII ,,Deutschland" ebenfalls aus der Times, ebenso ano- nym; Nummer VIII ,,Der grosse Krieg und seine Lehren" ist nicht der Times entnommen, sondern gibt eine von demn Herausgeber der ,,Educational Re- view", Prof. Nicholas Murray Butler auf der Columbia University gehaltene Rede wieder. Von besonderem Inte- resse fiir die Leser der Monatshefte diirfte Abhandlung III sein, die den fiir Deutschland verderblichen Einfluss von Treitschkes Geschichtsauslegung behandelt, ein Einfluss, welcher fiir den grossen Hass der Deutschen gegen Eng- land verantwortlich gemacht wird und dem Deutschland es zu verdanken hat, dass sich sechs VSlker gegen es verbtin- det haben, die noch dazu die Sympa- thien der ganzen Welt auf ihrer Seite haben. ,,Man muss", so heisst es da, ,,blind sein, wenn man in dieser Er- scheinung allein nicht einen vernich- tenden Kommentar zur deutschen Poli- tik, zu Deutschlands kolossalem Egois- imus, seinem skrupellosen Ehrgeiz er- blickt." In Abhandlung IV wird da- rauf hingewiesen, dass ,,die Kontrolle der Regierung tiber die Universitften in keinem Lande so strenge sei wie in Deutschland. Treitschke habe es fer- tig gebracht, den friiher gegen Frank- reich gerichtet gewesenen Hass auf England abzuleiten; Treitschke sei el- ner der ersten gewesen, der ftir Deutschland einen Platz unter der Sonne gefordert, der fUr die Schaffung einer grossen die englische in den Schatten stellende Marine eingetreten sei. Andere Universit~tsprofessoren, wie Lexis, Lamprecht, Ranke, hftten ihnliche Ansichten verktindet und sie vervollstlndigten die Reihe der zur ,,akademischen Garnison" geh5rigen Professoren. In dem Aufsatz ,,Deutsch- land" werden die Preussen ftir das Ver- hingnis, das jetzt tiber die armen Deutschen hereingebrochen ist, verant- wortlich gemacht.

,,Preussen", so heisst es da, ,,ver- dankt sein Vormachtstellung in Deutschland seiner Weltlichkeit, mit

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der es in hherem Grade als aile fibri- gen Nationen bedacht ist. Wir und die Franzosen sind weltlich genug ge- wesen, aber wir haben doch immier be- dacht, dass es noch eine andere Welt Welt gibt. Davon weiss Preusse nichts, oder, wenn es je an eine andere Welt gedacht, so musste es eine far Preussen vorteilhaftere Welt sein. Und die guten Deutsche, unsicher, leicht- gliubig in weltlichen Angelegenheiten, wurden von dieser engen Sicherheit der Preussen eingenonmen. Sie er- kannten, dass die viel einfitltigeren Preussen michtig geworden waren und sie gingen nach Preussen, um das Ge- heimnis seiner Macht zu ergrfinden. Die Preussen belebrten sie dann, dass bisher alle deutschen Tugenden, mora- lische wie intellektuelle, unniitz gewe- sen selen, well sie nicbt im Dienste Deutschlands geiibt worden waren. Das lebrten die Preussen, denn sie kennen die deutschen Tugcnden nicht; die Deutscheu aber nahmen die Lehre an, da sie immer noch Kinder waren und ihnen die Preussen so gross und alt

vorkamen." - ,,Das alte, kindliche Deutschland mit seinen Miirchen und Wiegenliedern", heisst es sum Schluss, ,,das war einmal, wird aber wieder- komnmen; aber die Deutschen der Zu- kunft werden Erinnerungen ihr elgen nennen, wie sie ein Kind nicht besitzen soll."

Prof. Butler selber steht auf dem Standpuukt, dass die Haltung der ame- rikanischen Presse das hlchste Lob verdiene; in besonderen Fitllen babe sie sogar die hichste Stufe der Wilrde und Kraft erreicht. Der Krieg sel kein Krieg der Vlker, sondern ein von Ko- nigen und Kabinetten heraufbeschwo- rener. Die bedeutungsvollste Auslas- sung, die er in dieser Beziebung in Eu- ropa vernommen, sei die eines alten deutschen Eisenbahners, der ibm ver- raten, dass ,,dieser Krieg nicht vom Volke gebilligt werde, dass es ein Krieg der Knige sel und dass es nach seiner Bellegung wohl kaum so viele Knige geben werde."

Karl Schauermann.

IV. Vermischtes.

Aus der Kriegs-Grammatik der ,,Wiener Muskete": Was man nicht definieren kann, Sieht man als was Neutrales an.

Eine ganz unglaubliche Geschichte, die ein Senator Paulit zuerst m ,,Matin" orziiblte, empfiehlt die Pariser pftdagogische Zeitschrift ,,le Volume" der franzislschen Lehrerschaft sum Vorlesen im Schulzimmer. Ein fran- z5sisches Dirfchen wird von Preussen besetzt. Ein Leutnant beleidigt eine Franz5sin und ein verwundeter fran- z6sischer Sergeant, ,,revolte par les insultes de cette brute dressee contre une femme sans d&fense", schiesst den Leutnant nieder. Der Sergeant soil nun zusammen mit einer Anzahl balb- wichsiger Burschen erschossen wer- den. Vom Wundfieber geschittelt, bittet er einen vorbeigehenden Jungen im Alter von 14 Jahren urn elnen Schluck Wasser. Der Knabe will dem Wunsche nachkommen, aber der preus- sische Hauptmann flllt fiber den Knaben her: ,,Auch du sollst jetzt flisi- liert werden!" Als die Reihe an den

Knaben kommt, werden ibm die Augen verbunden. Aber der Haupt- mann, ,,un sourire cruel crispant sa face", liisst nicht feuern: ,.Du kannst dein Leben retten. Nimm dies Gewehr und schiesse den Sergeanten nieder." Der Knabe ergreift das Gewehr, aber anstatt auf den Sergeanten richtet er das Rohr auf den preussischen Haupt- mann und knallt ihm nieder, um dann unter dem auf ihm niederprasselnden Kugelregen sein junges Leben auszu- hauchen.

,,Die Geschichte", so schliesst ,,le Volume", ,,wird seinen Namen nennen mtissen; erbiess Emile Deprs, und die Jugend wird nicht ohne Bewegung die Schilderung seines heldenhaften Todes vernehmen."

Im Oktoberbeft des ,,Roland" urteilt Heinrich Scharrelmann fiber Dr. Maria Montessori und ihre selbstttige Er- ziehung im frtihen Kindesalter wie folgt:

,,Auf den Mfontessorl-Rummel sind selbst sonst gans verntinftige Leute hereingefallen. sle sehen nicbt, dase

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