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Trübe Aussichten – wenn die Kornea zum Problemfall wird

Date post: 07-Feb-2017
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218 Trübe Aussichten – wenn die Kornea zum Problemfall wird 1 3 kongressberichte 54. Tagung der Österreichischen Ophthalmologischen Gesell- schaft, Bad Ischl – State of the Art: Hornhaut. Führende Experten der Augenheilkunde auf dem Gebiet Hornhaut präsentierten neueste Erkenntnisse in der Diagnose und e- rapie kornealer Erkrankungen. Die Kornea zeichnet sich aufgrund ihrer Brechkraft von + 43 Dioptrien zu einem wesentlichen Teil für das scharfe Sehen verantwortlich. Defekte sind deshalb sowohl eine Diagnostik- wie auch eine erapieher- ausforderung. Im Zuge der 54. Tagung der Österreichi- schen Ophthalmologischen Gesellschaft vom 9. bis 11. Mai 2013 in Bad Ischl widmeten sich fünf State-of-the Art-Vorträge den Ursachen, der Diagnose und der e- rapie von Hornhauterkrankungen. Im ersten Vortrag berichtete Dr. Gerald Schmidinger von der Medizinischen Universität Wien über Grundla- gen im Bereich kornealer Veränderungen und betonte Dystrophien sowie Degenerationen. Vor allem angeborene Anomalien, welche durch Ver- änderung in der embryonalen Entwicklung bedingt und typischerweise im Kammerwinkelbereich lokalisiert sind, können pathologische Veränderung in der Horn- haut bedingen. Dystrophien (erbliche bilaterale progres- sive Erkrankungen) müssen hierbei von Degeneration, welche ein- oder beidseitige Veränderungen darstellen und durch andere Grunderkrankungen ausgelöst sind, unterschieden werden. Aufgrund des ebenfalls mög- lichen beidseitigen Auftretens kann die Abgrenzung zu den Dystrophien eine Herausforderung in der Diagnos- tik darstellen. „Auch in der Nomenklatur machen sie Probleme, weil es immer noch Dystrophien in dieser Nomenklatur gibt, die eigentlich Degenerationen sind“, so Schmidinger. Systemische Ursachen wie rheumatische, hämatologi- sche oder gastrointestinale Erkrankungen können sich dabei als Ablagerungen in der Hornhaut manifestieren. Entzündliche Reaktionen, sekundären Hornhautschä- den durch Sicca und strukturelle Veränderungen bei Keratokonus können augenscheinlich werden. Ablagerungen in der Hornhaut „Man kann sich jetzt fragen, hat das eine klinische Rele- vanz?“, fragte Schmidinger das Auditorium provokant und berichtete in der Folge vom Beispiel eines Patienten mit Regenbogensehen und Photophobie sowie beidsei- tig auftretenden kristallinen Ablagerungen. Bei der weiteren Abklärung konnte schließlich eine monoklonale Gammopathie auf Basis eines multip- len Myeloms als Ursache nachgewiesen werden, womit Schmidinger die Möglichkeit der Ableitung auf systemi- sche Grunderkrankungen von primären Fragestellungen des Auges unterstrich. Die Megalokornea (Durchmesser größer als 14 mm von Limbus zu Limbus), welche x-chromosomal ver- erbt wird, allerdings meist nicht mit anderen Syndromen gemeinsam auftritt und zum kongenitalen Glaukom abgegrenzt werden muss, sowie als Gegenstück die Mikrokornea sind Beispiele für angeborene Störungen. Letztere ist durch einen Durchmesser kleiner als zehn Millimeter charakterisiert und wird autosomal dominant vererbt. Mikrophthalmus und Anophthalmus sind hier- bei differenzialdiagnostisch abzugrenzen. Schmidinger: „Die Gründe für eine Erstvorstellung sind mannigfal- tig. Es sind Sehverschlechterung, Schmerzen, refraktive Probleme oder einfach Routineuntersuchungen. Viele Patienten mit Hornhautdystrophien werden primär fehl- diagnostiziert als infektiöse oder rheumatische Keratitis. Wichtig ist die Anamnese.“ Diagnostik und Therapie des Keratokonus Dr. Orang Seyeddain, Leiter der Hornhautbank an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg führte in seinem State-of-the-Art-Vortrag in das ema Keratokonus ein. Diese nichtentzündliche, meist bila- terale chronische Hornhauterkrankung weist eine Inzi- denz von 1: 2.000 auf. Eine Vorwölbung der Hornhautmitte sowie eine Ver- dünnung des Hornhautstromas sind die charakteristischen spektrum der augenheilkunde Spektrum Augenheilkd (2013) 27:218–221 DOI 10.1007/s00717-013-0181-6 Trübe Aussichten – wenn die Kornea zum Problemfall wird Online publiziert: 7. August 2013 © Springer-Verlag Wien 2013
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kongressberichte

54. Tagung der Österreichischen Ophthalmologischen Gesell-schaft, Bad Ischl – State of the Art: Hornhaut. Führende Experten der Augenheilkunde auf dem Gebiet Hornhaut präsentierten neueste Erkenntnisse in der Diagnose und The-rapie kornealer Erkrankungen.

Die Kornea zeichnet sich aufgrund ihrer Brechkraft von + 43 Dioptrien zu einem wesentlichen Teil für das scharfe Sehen verantwortlich. Defekte sind deshalb sowohl eine Diagnostik- wie auch eine Therapieher-ausforderung. Im Zuge der 54. Tagung der Österreichi-schen Ophthalmologischen Gesellschaft vom 9. bis 11. Mai 2013 in Bad Ischl widmeten sich fünf State-of-the Art-Vorträge den Ursachen, der Diagnose und der The-rapie von Hornhauterkrankungen.

Im ersten Vortrag berichtete Dr. Gerald Schmidinger von der Medizinischen Universität Wien über Grundla-gen im Bereich kornealer Veränderungen und betonte Dystrophien sowie Degenerationen.

Vor allem angeborene Anomalien, welche durch Ver-änderung in der embryonalen Entwicklung bedingt und typischerweise im Kammerwinkelbereich lokalisiert sind, können pathologische Veränderung in der Horn-haut bedingen. Dystrophien (erbliche bilaterale progres-sive Erkrankungen) müssen hierbei von Degeneration, welche ein- oder beidseitige Veränderungen darstellen und durch andere Grunderkrankungen ausgelöst sind, unterschieden werden. Aufgrund des ebenfalls mög-lichen beidseitigen Auftretens kann die Abgrenzung zu den Dystrophien eine Herausforderung in der Diagnos-tik darstellen.

„Auch in der Nomenklatur machen sie Probleme, weil es immer noch Dystrophien in dieser Nomenklatur gibt, die eigentlich Degenerationen sind“, so Schmidinger. Systemische Ursachen wie rheumatische, hämatologi-sche oder gastrointestinale Erkrankungen können sich dabei als Ablagerungen in der Hornhaut manifestieren. Entzündliche Reaktionen, sekundären Hornhautschä-den durch Sicca und strukturelle Veränderungen bei Keratokonus können augenscheinlich werden.

Ablagerungen in der Hornhaut

„Man kann sich jetzt fragen, hat das eine klinische Rele-vanz?“, fragte Schmidinger das Auditorium provokant und berichtete in der Folge vom Beispiel eines Patienten mit Regenbogensehen und Photophobie sowie beidsei-tig auftretenden kristallinen Ablagerungen.

Bei der weiteren Abklärung konnte schließlich eine monoklonale Gammopathie auf Basis eines multip-len Myeloms als Ursache nachgewiesen werden, womit Schmidinger die Möglichkeit der Ableitung auf systemi-sche Grunderkrankungen von primären Fragestellungen des Auges unterstrich.

Die Megalokornea (Durchmesser größer als 14  mm von Limbus zu Limbus), welche x-chromosomal ver-erbt wird, allerdings meist nicht mit anderen Syndromen gemeinsam auftritt und zum kongenitalen Glaukom abgegrenzt werden muss, sowie als Gegenstück die Mikrokornea sind Beispiele für angeborene Störungen. Letztere ist durch einen Durchmesser kleiner als zehn Millimeter charakterisiert und wird autosomal dominant vererbt. Mikrophthalmus und Anophthalmus sind hier-bei differenzialdiagnostisch abzugrenzen. Schmidinger: „Die Gründe für eine Erstvorstellung sind mannigfal-tig. Es sind Sehverschlechterung, Schmerzen, refraktive Probleme oder einfach Routineuntersuchungen. Viele Patienten mit Hornhautdystrophien werden primär fehl-diagnostiziert als infektiöse oder rheumatische Keratitis. Wichtig ist die Anamnese.“

Diagnostik und Therapie des Keratokonus

Dr. Orang Seyeddain, Leiter der Hornhautbank an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg führte in seinem State-of-the-Art-Vortrag in das Thema Keratokonus ein. Diese nichtentzündliche, meist bila-terale chronische Hornhauterkrankung weist eine Inzi-denz von 1: 2.000 auf.

Eine Vorwölbung der Hornhautmitte sowie eine Ver-dünnung des Hornhautstromas sind die charakteristischen

spektrum deraugenheilkunde

Spektrum Augenheilkd (2013) 27:218–221DOI 10.1007/s00717-013-0181-6

Trübe Aussichten – wenn die Kornea zum Problemfall wird

Online publiziert: 7. August 2013© Springer-Verlag Wien 2013

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Kennzeichen. Klinisch auffällig können die Betroffenen bereits in der Pubertät werden, wobei Ätiologie und Patho-genese teilweise noch ungeklärt ist. Auf Basis der Literatur benötigen etwa 20 % der Keratokonus-Patienten in Europa eine Keratoplastik. Die Risikofaktoren für dieses Erkran-kungsbild sind einerseits eine positive Familienanamnese bei bis zu zehn Prozent der Betroffenen sowie Atypien, die anamnestisch durch häufiges Augenreiben und eine Ble-pharitis auffällig werden. Im Zusammenhang mit einem Downsyndrom wurde eine Prävalenz von bis zu 15 % nach-gewiesen. Ebenso ist die Lebersche kongenitale Amaurose – eine Störung des Pigmentepithels der Netzhaut – mit dem Keratokonus vergesellschaftet.

Quervernetzung als Auslöser des Keratokonus

Als Ursache der Hornhauterkrankung gilt eine Deregu-lation der kornealen Kollagene und Proteoglykane sowie eine Abnahme der Proteasehemmer bei zugleich erhöh-ter Aktivität von Enzymen. Dadurch kommt es zu einer Veränderung des Quervernetzungsgrades in der Horn-haut, damit auch der mechanischen Stabilität und einer Verdünnung der Hornhaut.

Über die klinische Diagnose sagte Seyeddain: „Einer-seits sind die Patienten brillenoptisch nicht voll korri-gierbar – es sind meist junge Patienten, die trotzdem nicht 100 % Visus erreichen und über eine zunehmende Visusverschlechterung in Verlaufskontrollen klagen. In fortgeschritteneren Fällen sieht man eine sichtbare Ver-dünnung im tiefen Stroma sowie Narbenbildungen.“ Bei Verdacht auf einen Keratokonus sollte eine Skiaskopie durchgeführt werden, bei irregulärem Reflex (Scheren-Phänomen) besteht bereits ein erhöhter Verdacht. Eine zusätzliche Keratoskopie sowie Keratometrie zur Über-prüfung der Hornhaut-Topografie sind weitere Schritte zur Diagnose.

Crosslinking als Therapie

Corneal Crosslinking, das seinen Ursprung in der Fixierung von Füllungen durch UV-Licht bei Zahnbe-handlungen hat, wird seit 1998 therapeutisch in der Augenheilkunde angewendet. In Salzburg wird diese Technik seit 2005 eingesetzt und kann bei Keratokonus sowie Keratektasie durchgeführt werden. Durch soge-nannte Crosslinks, das sind kollagene Vernetzungen, die unter UV-Licht nach Auftragen von Vitamin B2 (Ribofla-vin) durch die Freisetzung von Sauerstoffradikalen ent-stehen, kommt es zu einer erhöhten Tiefenwirkung und Stabilisierung der Quervernetzungen in der Hornhaut.

„Diese Verfestigung ist in vivo ungefähr um einen Faktor von 1,5 anzusehen“, so Seyeddain. Eine Tiefen-wirkung von etwa 65 % wird in den ersten 200 µm Tiefe beobachtet. Ungefähr sieben Prozent der UV-Strahlung kommen am Endothel an, womit keine oder keine kli-nisch relevante Schädigung am Endothel auftritt. Wäh-

rend der Behandlung kann es zu einer geringfügigen Visusverschlechterung kommen, worüber die Patienten im Vorfeld der Behandlung informiert werden müssen.

Vorrangiges Ziel der Therapie mittels Corneal Cross-linking ist der Progressionsstopp. Diese Behandlung ist deshalb kein Eingriff zur Visusverbesserung.

Langzeitergebnisse liegen einerseits von einer ita-lienischen Studie vor, die über einen Zeitraum von vier Jahren 44 Augen pro Jahr kontrollierte. Dabei wurde eine Senkung von −2,2 Dioptrien des Keratometriewertes (K-Wert) beobachtet, womit von einer relativen Stabilität bzw. Regression gesprochen werden kann. Eine aktuelle Studie vom April 2013 (Ophthalmology) mit einer Lauf-zeit über fünf Jahren (40 Augen) zeigte in den maximalen K-Werten keine Veränderung, der Visus bestkorrigiert stieg dabei um eine Zeile. Es zeigte sich ein stabiler Verlauf.

Crosslinking in Salzburg

Erste österreichische Berichte konnten anhand eines Salzburger Patientenkollektivs (Durchschnittsalter bei 23 Jahren) präsentiert werden. Das Crosslinking wurde dabei zwischen 2006 und 2008 durchgeführt und die Patienten wurden im Schnitt über 48 Monate beobachtet. Vorrangig lagen hierbei die Stadien 1–2 nach Krumreich vor, wobei zwei Augen Stadium 3, aber mehr als 400 µm Hornhaut-dicke aufwiesen. Von ursprünglich 21 Personen kamen 14 zur Vierjahreskontrolle, drei wurden aufgrund einer durchgeführten intrakornealen Segment-Implantation exkludiert, weitere vier kamen nicht mehr zum Fol-low-up. Bei den übrigen 14 Patienten konnte eine Redu-zierung der maximalen K-Werte um knapp eine Dioptrie und bei den minimalen K-Werten eine Reduzierung um –0,8 Dioptrie beobachtet werden.

„Die Nutzen-Risiko-Relation ist nach derzeitiger Datenlage recht hoch. Das heißt: Zum Glück gibt es nur wenige Komplikationen beim Crosslinking und dem-entsprechend kam man es auch jüngeren Patienten, die schon einen Keratokonus aufweisen, empfehlen“, erklärt Hornhautspezialist Seyeddain.

Hornhauttransplantation: perforierend versus lamellär

Die Keratoplastik kann mit zwei unterschiedlichen Opera-tionsprinzipien durchgeführt werden. Das sind einerseits die perforierende Keratoplastik (PKP) sowie andererseits neuere lamelläre Techniken.

Bei den lamellären Keratoplastik-Techniken werden lediglich einzelne Hornhautschichten ersetzt. Desce-met stripping and automated endothelial keratoplasty (DSAEK), Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty (DMEK) und (tiefe anteriore lamelläre Keratoplastik (DALK) lösen dabei zunehmend die PKP ab.

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Die PKP (volle Gewebstransplantation) kann dabei zur Visusverbesserung oder tektonisch – wenn der Augenerhalt im Vordergrund steht – in Betracht gezogen werden. Erkrankung des gesamten Stromas, Degenera-tionen und Dystrophien oder Endothelveränderungen sowie Keratokonus sind klassische Anwendungsgebiete dieses Verfahrens.

Bei der Descemet Membrane Endothelial Kerato-plasty (DMEK) werden nur die inneren Hornhautschich-ten (Descemet und Endothel) ersetzt. Die Methode wird bei spezifischen Erkrankungen eingesetzt, beispielsweise die autosomal dominant vererbte Fuchs-Endotheldys-trophie oder die pseudophake bullöse Keratopathie.

Prof. Dr. Siegfried G. Priglinger, Vorstand der Augen-abteilung des AKH Linz: „DMEK sollte eigentlich State of the Art sein. Es ist aber schwierig, einerseits was die Transplantatsituation betrifft, da wir natürlich auch Hemmungen haben mit solchen wertvollen Transplan-taten Experimente zu machen, andererseits ist die Tech-nik selbst auch nicht ganz einfach. Nichtsdestotrotz ist sie State of the Art, denn bessere Ergebnisse ergeben sich sowohl bezüglich der Risiken als auch der subjektiven Beschwerden.“

DALK versus PKP

Prof. Dr. Christian Skorpik von der Universitätsklinik für Augenheilkunde der Medizinischen Universität Wien verglich hingegen in seinem Vortrag die PKP mit der DALK (Deep Anterior Lamellar Keratoplasty). Bei DALK wird im Vergleich zur DMEK nur der oberflächlich erkrankte Hornhautanteil (Epithel und Stroma) ausge-tauscht. Keratokonus und oberflächliche Hornhautnar-ben können für diese Technik Einsatzgebiete der Wahl sein. Dabei wird die Descemet von der restlichen Horn-haut – z. B. mittels einer injizierten Luftblase – getrennt und somit ein schonenderer Eingriff im Vergleich zur PKP ermöglicht. Durch das Vorhandenbleiben eigener Endothelzellen kann das Risiko von Abstoßungsreaktio-nen massiv reduziert werden. „Bei DALK hat man eine Transplantatüberlebensrate von bis zu 97 % nach vier-einhalb Jahren. Bei der PKP sind es nach zehn Jahren 82 % bei einer Arbeit von Thompson und Mitarbeitern, bei Keratokonus noch bessere 92 % in zehn Jahren“, weiß Skorpik.

Die PKP weist aufgrund des offenen Systems eine län-gere Wundheilungszeit auf, ist im Vergleich zur DALK allerdings eine sehr einfache Methode. DALK könnte andererseits bei Stromaresten Probleme verursachen. Die funktionellen Ergebnisse hängen aufgrund der grö-ßeren Herausforderung ebenso vom Können und der Erfahrung des durchführenden Augenchirurgen ab, sind aber aufgrund des geschlossenen Systems, als Technik gesamt gesehen sicherer. „DALK ist die modernere, zeit-gemäßere und zukunftweisendere Operationstechnik, daher sollte wenn immer möglich eine DALK angestrebt werden“, schließt Skorpik seinen Vergleichsbericht.

Letzte Chance: Keratoprothese

Zum Abschluss der State-of-the-Art-Vorträge berichtete Prof. Dr. Günther Grabner, Vorstand der Universitätsau-genklinik Salzburg, über Keratoprothesen. Eine mögliche Indikation für diese Last-Line-Therapie ist unter ande-rem eine Verätzung des Auges. Die ersten Ideen dazu kamen bereits während der Französischen Revolution auf. Tatsächliche funktionelle Fortschritte wurden dann mit dem Zahnknochenpaket mit Einbau eines optischen Zylinders durch Strampelli erzielt. Heute, schätzt Grab-ner, werden pro Jahr zwischen 1.400 und 1.500 Kerato-prothesen weltweit angefertigt und etwa hundert bis 200 Forscherinnen und Forscher beschäftigen sich mit den damit zusammenhängenden Fragestellungen. Die dabei möglichen Optionen: Bei der Osteo-Odonto-Keratopro-these (OOKP) wird der Rahmen aus einer Zahnwurzel und dem Alveolarknochen gebildet. Die Boston-Kerato-prothese (Typ I und II) ist eine Voll-PMMA-Keratopro-these (Polymethyl-Methacrylat-Keratoprothese).

Bei Kindern wurde beobachtet, dass sich die bei der OOKP eingesetzten Zähne während der Entwicklung – obwohl die Spende von einem Elternteil kam – inner-halb von nur zwei Monaten auflösten. Ein Zeichen für die extrem aktiven physiologischen Vorgänge während des Wachstums. Mit dem vergleichsweise geringen For-schungsinteresse ist auch das Patientenkollektiv über-schaubar, das von dieser operativen Herausforderung profitieren kann. Deshalb sind nur wenige Firmen mit der technischen Weiterentwicklung der Methode beschäftigt. Grabner: „Es ist eine relativ kleine Gruppe von Patienten, denen man damit helfen kann. Ich denke, dass man die OOKP als letzte Hoffnung für diese Patien-tengruppe anbieten sollte. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie in Österreich genügend genützt wird.“

Von Christian Vajda

Der Artikel erschien in Ärzte Woche 27/2013 ©Springer Medizin

Foto: ©Heimo Bauer, Univ.-Augenklinik Graz

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Das Muttermal im Blickfeld – Prävalenzstudie von melanozytären Läsionen der Iris

54. Tagung der Österreichischen Ophthalmologischen Gesell-schaft, 9.bis 11. Mai 2013, Bad Ischl.

Epidemiologische Studien sind in Österreich Mangel-ware, je spezieller das Fachgebiet, desto rarer sind sie. Eine Studie der Universitätsklinik für Augenheilkunde an der Medizinischen Universität Graz erhob nun die Prävalenz von melanozytären Läsionen der Iris in der Steiermark – ein Novum.

Grundlegend kann zwischen ausgebildeten Iris-nävi sowie sogenannten Freckles, gutartige Tumore des Auges, unterschieden werden. Erstere verändern die Architektur der Iris. Dr. Christoph Mayer vom Tumor-team der Augenklinik Graz berichtete in seinem Vortrag „Melanozytäre Läsionen der Iris in der österreichischen Bevölkerung“ am 9. Mai 2013 bei der 54. Tagung der ÖOG von den Erkenntnissen dieser epidemiologischen Studie.

Badespaß und medizinischer Check

Im Rahmen einer dreitägigen Erhebung während „Sun-watch 2012“, einer Vorsorgeaktion der Österreichischen Krebshilfe, die in steirischen Freibädern durchgeführt wurde und in Zusammenarbeit mit der Dermatologie Graz sowie Unterstützung von Askin, konnten bei 632 Personen (mittleres Alter 38,4/Median 39/360 weiblich, 272 männlich) der vordere Augenabschnitt mittels Spalt-lampe untersucht und ein Irisfoto angefertigt werden. Auf dieser Basis wurde die Augenfarbe, die Anzahl der Freckles sowie jene der Irisnävi bestimmt. Zugleich erhob ein Team der Universitätsklinik für Dermatologie in Graz auch die melanozytären Läsionen der Haut, um etwaige Korrelationen zwischen den beiden unterschiedlichen Manifestationsarealen untersuchen zu können.

Schau mir in die blauen Augen, Kleines

Die Irisfarbe wurde dabei in neun Kategorien eingeteilt, wobei drei Übergruppen gebildet wurden. 53,3 % der untersuchten Augen gehörten hierbei der Übergruppe „blau“, 22,8 % „haselnussbraun/grün“ („hazel“) und

23,9 % „braun“ an. Freckles konnten bei 76,1 % Personen nachgewiesen werden. 39 % der Gesamtpopulation wie-sen hierbei ein bis fünf, 16,4 % sechs bis zehn und 10,2 % elf bis 15 sowie 10,5 % über 15 Freckles auf.

„Über 50 % der Freckles traten beidseitig auf. Und auch die Verteilung der Iris-Freckles wurde angeschaut und diese war, wie man es erwarten konnte und wie auch in der Literatur beschrieben, vor allem im unteren Bereich vorhanden und dort eher temporal“, so Mayer.

Zum Geschlecht gab es keinen statistischen Zusam-menhang, sehr wohl jedoch einen positiven wie hochsi-gnifikanten zum Alter. Gleichwohl was das Auftreten der Freckles im Generellen als auch deren Anzahl anbelangt.

Ebenso wurde eine signifikante Korrelation mit helle-ren Augenfarben gefunden, wobei die blaue Augenfarbe erst vor wenigen Tausenden Jahren entstanden sein dürfte.

Ein Forschungsteam der Universität von Kopenha-gen führt diese Wandlung auf eine Mutation des OCA2 Gens zurück, welches für das P-Protein codiert, das die Melaninproduktion mitbeeinflusst. Nach den Erkennt-nissen aus Kopenhagen wäre somit eine einzige Gen-mutation bei einem einzigen Träger ausschlaggebend für die Augenfarbe „blau“. Grundlegend ist zu wissen, je geringer der Melaninanteil desto heller die Augenfarbe.

Irisnävi und das Alter

Bei 26 (4,11 %) der untersuchten Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten ein oder zwei Irisnävi nachgewie-sen werden, berichtete Mayer. Über 70 % traten dabei in der unteren Augenhälfte auf und bei einem Patien-ten konnten beidseitig Irisnävi vermerkt werden. Wie bei den Freckles gab es keinen Zusammenhang mit dem Geschlecht, sehr wohl aber mit dem Alter.

Die Untersuchung lieferte Erkenntnisse, die in Zukunft bei der Früherkennung sowie Vorbeugung von Melano-men des Auges eine Rolle spielen und erste Informa-tionen über Prävalenz sowie mögliche Prädiktoren von Freckles und Irisnävi liefern könnten.

Von Christian Vajda

Der Artikel erschien in Ärzte Woche 24/2013 ©Springer Medizin


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