+ All Categories
Home > Documents > Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der...

Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der...

Date post: 11-Sep-2021
Category:
Upload: others
View: 0 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
209
C Q) 0 D- C 0) C ::::> C l2 0 2 '-I- 0 ....c U t "- "- Q) Q) -0 C ....Q C ::::> 0 C ........ Q) 0 C C E 0 "- 0 o 0... Vi '--ifiU} ".:: C-o ....c o C U ::::> Christian Teubner Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien
Transcript
Page 1: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

C

Q)

0 D

-C

0)

C

::::> C

l2

0 2

'-I-

0 ....c

U

t ~ "

-"-

Q)

Q)

-0

C

....Q

C

::::> 0

C

~

........ Q

) 0

C

C

E

0 "-

0 o

0... V

i '--ifiU

} ".::

C-o

....c

o C

U

~

::::>

Christian Teubner

Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien

Page 2: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Christian Teubner

Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christoph Buchheim

Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

Page 3: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Die Deutsche Bibliothek - ClP-Einheitsaufnahme

Teubner, Christian: Transformation der Wirtschaksordnung in Polen und Spanien : Entwicklungsprozesse seit Mille der siebziger Jahre / Christian Teubner. Mit einem Geleitw. von Christoph Buchheim. - Wiesbaden : DUV, Dt. Univ.-Verl., 1999

(DUV: Wirtschakswissenschakl Zugl.: Mannheim, Univ., Diss., 1998

Aile Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 1999 UrsprOnglich erschienen bei Deutscher Universitats-Verlag GmbH, Wiesbaden, 1999

Lektorat: Claudia Splittgerber / Sabine Stohldreyer

http://www.duv.de

Dos Werk einschlieBlich oller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un­zulassig und strafbar. Dos gilt insbesondere fur Vervielfaltigun­gen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen .

Hochste inhaltliche und technische Qualitat unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Verbreitung unserer Bucher wollen wir die Umwelt schonen . Dieses Buch ist deshalb auf saurefreiem und chlorlrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Ein­schweiBfolie besteht aus Polyathylen und damit aus organischen Grundstollen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schad stolle freisetzen .

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt ouch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Nomen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Ge­setzgebung als Irei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durlten.

ISBN 978-3-8244-0448-3 ISBN 978-3-663-08208-8 (eBook) 10.1007/978-3-663-08208-8 DOI

Page 4: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Geleitwort Die Modernisierungstheorie postuliert einen Zusamrnenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicldung und Demokratisierung einer Gesellschaft. Die Studie von Christian Teubner belegt, daJ3 es diesen Zusamrnenhang im Falle Polens und Spaniens tatsiich­lich gegeben hat. Ja, dies macht in der Tat den hauptsiichlichen Erkenntniswert der vorliegenden Monographie aus.

Sie ist als Teil eines gr06eren Projektes iiber "VerzOgerte Industrialisierung in Europa" entstanden. Dabei sollte durch einen Vergleich der beiden genannten Liinder den Ursa­chen dafUr nachgegangen werden, warurn es ihnen nicht gelang, parallel zur Industri­ellen Revolution in Kerneuropa im 19. Jahrhundert sich ebenfalls zu industrialisieren und zu rnodemisieren. Warum fielen beide Liinder beim Lebensstandard ihrer BevOlkerung relativ zurUck, warurn hinkte der wirtschaftliche Strukturwandel hier hinterher? Diese und iihnliche Fragen sollten beantwortet werden. Wie sich herausstellte, war ein wesentlicher Faktor fUr das Zuriickbleiben beider Liinder in verschiedenen Phasen der vergangenen zwei Jahrhunderte die Existenz starker oligarchischer Eliten, die ein autoritares Regime installierten. Auf diese Weise hatten sie die MOglichkeit, ihre eigenen Okonomischen und politischen Interessen mithilfe des Staates durchzusetzen. Da diese Interessen jedoch auf weite Strecken im Widerspruch zu den Erfordemissen von Modemisierung nach westlichem Muster standen, fand nur ein stark deforrnierter Entwicldungsproze6 statt. Seine Kennzeichen waren dauerhaft niedrige gesarntwirtschaftliche Produktivillit, Autarkiebestrebungen, vorrangiger Ausbau der Schwer- und Riistungsindustrie sowie die Vemachliissigung der Konsumgiiterproduktion und darnit der Massenwohlfahrt.

Page 5: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Das war die Ausgangslage, als nach dem Tode Francos im Jahr 1975 bzw. nach der Wende im sozialistischen Ostblock 1989 in Spanien und Polen durchgreifende Re­form- bzw. Transformationsprozesse einsetzten. Ihre Analyse stellt den Kern der Teubner'schen Arbeit dar. Dabei wird ganz deutlich, wie eng der Durchbruch zu un­verzerrtem Wirtschaftswachstum mit der Demokratisierung des politischen Systems verknUpft war, was nach dem bisher Gesagten nicht mehr Uberraschen dUrfte.

Man Ubertreibt daher nicht, wenn man die Studie von Christian Teubner als einen Meilenstein in der Modemisierungsforschung bezeichnet mit einer Reihe von Erkennt­nissen, die auch fUr zukUnftige Entwicklungsprozesse von Entwicklungslandern und die Entwicklungspolitik der Industrielander wichtig sind. Daruber hinaus vermittelt sie Einsichten in die jUngste Geschichte Spaniens und Polens, die von groBem Interesse fUr die Wissenschaft und Offentlichkeit dieser beiden Lander sein dUrften. Dem Buch ist also eine breite intemationale Leserschaft zu wlinschen.

Prof. Dr. C. Buchheim

VI

Page 6: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis eines dreijahrigen, von der Deutschen For­schungsgemeinschaft gefOrderten Projekts am Mannheimer Zentrum fUr Europaische Sozialforschung. Gleiehzeitig wurde sie als Dissertation an der Fakultat fUr Volkswirt­schaftslehre der Universitat Mannheim eingereicht. Prof. Buchheim ilbernahm als Doktorvater die Betreuung, fUr die ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken mochte. Durch seine standige Bereitschaft, neue Gedanken zu erortern sowie die Offenheit und Sachlichkeit, mit der Kritik geauBert wurde, fand eine Betreuung statt, die ich mir kaum besser hatte wilnschen konnen. Weitere wichtige Anregungen ergaben sich durch Gesprache mit dem Korreferenten Prof. Hellwig sowie durch die Doktoranden und Diplomanden des Lehrstuhls im Rahmen des Oberseminars. Bedanken mochte ich mieh auch bei meinen Kollegen Jonas und Peter, mit denen ich immer wieder fachliche Probleme erortern konnte.

Neben Recherchen zu Polen am Osteuropa-Institut in Milnchen und dem Institut fUr Weltwirtschaft in Kiel fand ein wesentlicher Teil der Recherche in Spanien statt. Dort bin ich insbesondere Prof. Dr. Jordi Catalan aus Barcelona zu Dank verpflichtet, der als Mitglied im Gesamtprojekt von Beginn an niltzliche Hinweise sowohl im Hinblick auf das Konzept der Arbeit als auch auf zugangliche Quellen in Spanien gab. Durch seine freundliche Vermittlung kam der Kontakt mit den ebenfalls in Barcelona ansas­sigen Professoren Dr. Ernest Lluch und Dr. Joan Trollen zustande. Prof. Lluch ge­wiihrte mir Zugang zu seinem Privatarchiv, welches Dokumente zu den Wirtschafts­reformen in Spanien aus dem Jahr 1977 enthalt. Prof. Trollen als Spezialist fiir die spa­nischen Wirtschaftsreformen versorgte mieh nieht nur mehrmals bereitwillig mit den interessierenden Dokumenten aus dem Privatarchiv, sondern stand auch mehrfach als auBerst anregender Ansprechpartner zur Verfiigung.

Page 7: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Was den ProzeB der Fertigstellung anbelangt, moehte ich mieh bei Mike flir die griind­liehe Korrektur der gesamten Arbeit, bei Annette und Karin flir ihre Hilfe zu unter­sehiedliehen Zeiten und die standige Hilfsbereitsehaft bedanken. Ein ganz besonderer Dank geht an Catalina, die mieh in der anstrengenden AbsehluBphase nicht nur ertra­gen, sondern daruber hinaus noeh zu hOherer Leistung inspiriert hat. AbsehlieBend noeh vielen Dank an meine Eltern, die mich wahrend des gesamten Studiums unter­stUtzt haben.

Die Besehiiftigung mit dem Therna wirtsehaftlieher und politi seher Transformation hat deutlieh gemaeht, daB interne Faktoren sowie institutionelle Reformen flir alle Lander von iiberragender Bedeutung sind, die an der Sehwelle des Ubergangs zu modernen liberalen Wirtsehaftsordnungen stehen. Dies gilt unabhangig davon, ob es sich urn ehemals sozialistisehe oder autoritiire Systeme handelt. Aus diesem Grund erseheint ein groBeres Gewicht dieser beiden Aspekte, vor allem in der von internationalen Organisationen verfolgten Reform- und Entwieklungsstrategie, wiinsehenswert.

Christian Teubner

VIII

Page 8: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG .................................................................................................... 1

1.1 Die ProzeBbetrachtung als Ansatzpunkt flir einen Vergleich .......................... I

1.2 Reform und Transformation: Unterschiede und Gemeinsarnkeiten 2

1.3 Aufbau der Arbeit. ......................................................................................... 6

2 AUSGANGSBEDINGUNGEN UND ENTWICKLUNG DER WIRT"

SCHAFTSSTRUKTUR 1M VORFELD ........................................................... 9

2.1 Wirtschaftliche Liberalisierung in einem autoriUiren System: Vom Ende der

Autarkiepolitik bis zum Tode Francos ........................................................... 9

2.1.1 Autarkiepolitik und Ansatze zum Wechsel der wirtschaftspolitischen

Strategie ............................................................................................... 9

2.1.2 Der Stabilisierungsplan von 1959 und seine Folgen ............................ 13

2.2 Reformversuche in Polen seit Anfang der 1980er Jahre ............................... 21

2.2.1 Politische Offnungstendenz und die Ausarbeitung der

Wirtschaftsreform in Polen ................................................................. 21

2.2.2 Die Durchflihrung der "ersten Etappe" der Wirtschaftsreform in

Polen

2.2.3 Die "zweite Etappe" der Wirtschaftsreform in Polen

2.3 Vergleich der Ausgangslage in Spanien und Polen

26

32

35

2.4 Der Ansatz zur Untersuchung wirtschaftlicher Umgestaltungsprojekte ........ 38

IX

Page 9: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

3 DER PROZE6 DES ZUSTANDEKOMMENS WIRTSCHAFTLICHER

REFORM- UND TRANSFORMATIONSPROGRAMME IN SPANIEN UND

POLEN .........•...........•....................................................................................... 45

3.1 Der DemokratisierungsprozeB und wirtschaftliche Reformen in Spanien nach

dem Tode Francos ....................................................................................... 45

3.1.1 Der DemokratisierungsprozeB und sein EinfluB auf die Konsens-

findung ............................................................................................... 45

3.1.2 Die Verhandlungen zu den Monc1oapakten ........................................ 53

3.2 Der politische und wirtschaftliche Umbruch in Polen 67

3.2.1 Von den Verhandlungen am "Runden Tisch" zum Regierungs­

wechsel 67

3.2.2 Das wirtschaftliche Stabilisierungs- und Transformationsprogramm .. 72

3.3 Die Hinarbeitung auf die Programmverabschiedung im Vergleich .............. 81

4 DIE DURCHSETZUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN

x

UMGESTALTUNGSPROGRAMME IN SPANIEN UND POLEN .............. 85

4.1 Die Durchsetzung wirtschaftlicher Reformen in Spanien ............................. 85

4.1.1 Reformbestrebungen unter einer Regierung mit schwachem Mandat.. 85

4.1.2 Die Durchsetzung wirtschaftlicher Reformen unter der PSOE-

Regierung ........................................................................................... 95

4.2 Die Umsetzung des Transformationsprogramms in Polen .......................... 103

4.2.1 Die schrittweise Konsolidierung der Demokratie in Polen ................ 103

4.2.2 Die Umsetzung der MaBnahmen zur wirtschaftlichen

Transformation ................................................................................. 106

4.3 Der EinfluB der EG auf den wirtschaftlichen ReformprozeB in Spanien .... 122

4.3.1 Spaniens Beitrittsbestrebungen und der Beitritt zu den EG ............... 122

4.3.2 Wirtschaftliche Reformen im Zuge des EG-Beitritts ........................ 128

Page 10: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

4.4 Der EinfluB von auBen auf den polnischen TransformationsprozeB ........... 131

4.4.1 Die Rolle internationaler Organisationen in der polnischen

Transformation ................................................................................. 131

4.4.2 Die Rolle der ED in der polnischen Transformation ......................... 134

4.5 Die Durchsetzung der Projekte im Vergleich ............................................. 140

5 AUSWIRKUNG DER REFORM BZW. TRANSFORMATION AUF DIE

WIRKUNGSWEISE DER WIRTSCHAFT .................................................. 147

5.1 Modernisierungstendenzen in der spanischen Wirtschaft seit Ende def

1970er Jahre .............................................................................................. 147

5.1.1 Die Entwicklung des spanischen AuBenhande1s fUr Industriegiiter ... 147

5.1.2 Die Entwicklung des spanischen Arbeitsmarkts ............................... 156

5.2 Auswirkungen auf die Funktionsweise und Struktur der polnischen

Wirtschaft

5.2.1 Die Entwicklung des polnischen AuBenhandels

5.2.2 Die Entwicklung des Privatsektors in Polen

160

160

163

5.2.3 Die Entwicklung def Beschaftigungssituation in Polen ..................... 165

6 DIE ERWEITERTE BETRACHTUNG ALS UNTERSUCHUNGS-

METHODE ..................................................................................................... 169

ARCHIV VON DR. ERNEST LLUCH ................................................................ 175

LITERA TURVERZEI CHNIS .............................................................................. 177

XI

Page 11: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

T ABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 4.1: Steuereinnahmen Spaniens aus der Einkommen-, Korperschaft-,

Erbschaft- und Vermogensteuer von 1978 bis 1983 (in Pta von 1978;

1978 = 100) ........................................................................................................ 88

Tabelle 4.2: Zahl der privatisierten Staatsunternehmen in Polen zum

Jahresende ...................................................................................................... 118

Tabelle 5.1: Intraindustrieller Handel Spaniens mit den Mitgliedstaaten der

EG im Zeitraum 1979 bis 1994 ...................................................................... 148

Tabelle 5.2: Intraindustrieller Handel Spaniens mit den Staaten der OECD

(auBer EG) im Zeitraum 1979 bis 1994 ......................................................... 150

Tabelle 5.3: Das Handelsvolumen Spaniens fUr Industriegiiter (SITC 5-8) im

Zeitraum 1979 bis 1994 .................................................................................. 152

Tabelle 5.4: Die Ausgaben fUr Forschung und Entwicklung (F&E) in

Spanien im Zeitraum 1980 bis 1992 .............................................................. 154

Tabelle 5.5: Veranderung der aktiven BevOlkerung, der Arbeitslosigkeit und der

Zahl der ArbeitspIatze in Spanien im Zeitraum 1979 bis 1990 (in 1000) .... 157

Tabelle 5.6: Polens AuBenhandel nach Landergruppen von 1989 bis 1996

(in Mio. US-$) ................................................................................................. 161

Tabelle 5.7: Der intraindustrielle Handel Polens mit dem Ausland im Zeitraum

1989 bis 1995 ................................................................................................... 163

Tabelle 5.8: Anteil des Privatsektors an de. Gesamtwirtschaft

in Polen (in % ) ................................................................................................ 164

Tabelle 5.9: Beschaftigte in Polen nach ausgewahlten Sektoren (in 1 000) ........ 166

Tabelle 5.10: Aufteilung der Arbeitslosen in Polen nach Bildungsstand von

1992 bis 1995 (in %) ....................................................................................... 168

Page 12: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

ABKURZUNGSVERZEICHNIS

AES Acuerdo Economico y Social

AHM Altos Homos de Meditemineo

AHV Altos Homos de Vizcaya

AP Alianza Popular

CC.OO. Comisiones Obreras

CEFT A Central European Free Trade Agreement

CEOE Confederacion Espanola de Organizaciones Empresariales -(Spanischer Dachverband der Arbeitgeberorganisationen)

CEPYME Confederacion Espanola de Pequena y Mediana Empresa - (Verband der Kleinen und Mittleren Untemehmen)

EBRD

EG

EGKS

European Bank for Reconstruction and Development

Europaische Gemeinschaften

Europaische Gemeinschaft fUr Kohle und Stahl

EURATOM Europaische Atomgemeinschaft

EWG

G-7

GATT

ICGI

INI

IWF

KOR

MKS

NIF

OECD

OEEC

Europaische Wirtschaftsgemeinschaft

W eltwirtschafts gipfel

General Agreement on Tariffs and Trade

Impuesto de Compensacion de Gravamenes Interiores - (Kompensa­tionssteuer fUr interne Belastungen)

Instituto Nacional de Industria

Intemationaler Wahrungsfonds

Komitet Obrony Robotnikow - (Komitee zur Verteidigung der Arbeiter­schaft)

Uberbetriebliches Streikkomitee

Nationaler Investitionsfonds

Organization for Economic Cooperation and Development

Organization for European Economic Cooperation

Page 13: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

OKP

OPZZ

PCE

PHARE

PNB

PSL

PSOE

PSRE

PVAP

RGW

SD

SLD

SPD

UCD

UGT

ZSL

XVI

Biirgerkomitee

Og61nopolskie Pororzumienie Zwi~zk6w Zawodowych - (Nationale Gewerkschaftliche Ubereinkunft)

Partido Comunista Espafiol- (Kommunistische Partei Spaniens)

Poland and Hungary Assistance for Restructuring of the Economy

Polnische National Bank

Polskie Stronnictwo Ludowe - (Polnische Bauernpartei)

Partido Socialista Obrero Espafiol - (Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens)

Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica

Polnische Vereinigte Arbeiterpartei

Rat fUr Gegenseitige Wirtschaftshilfe

Stronnictwo Demokratyczne - (Demokratische Partei)

Sojusz Lewicy Demokratycznej - (Biindnis der Demokratischen Linken)

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Uni6n de Centro Democratico - (Union des demokratischen Zentrums)

Uni6n General de Trabajadores - (Allgemeine Arbeitergewerkschaft)

Zjednoczone Stronnictwo Ludowe - (Vereinigte Bauempartei)

Page 14: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

1 Einleitung

1.1 Die ProzeBbetrachtung als Ansatzpunkt fUr einen Vergleich

Seit Anfang der 1970er Jahre haben Spanien und Polen groBe Fortschritte im ProzeB der Integration in Europa erzielt. Spanien ist seit 1986 Mitglied der EU und Polen be­findet sich auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft.! Urn Mitglied in der EU zu werden, muB ein Land bestimmte Mindestvoraussetzungen erflillen. Dazu gehoren allgemein eine demokratische Grundordnung und wirtschaftliche Voraussetzungen zur Integra­tion in die Union.2 Nachdem zu Beginn der 1970er Jahre in Spanien noch das autori­tare Francoregime und in Polen ein sozialistisches System bestanden hatte, war es nachfolgend beiden Uindern gelungen, demokratische Systeme zu etablieren. In Spa­nien begann der DemokratisierungsprozeB bereits in der zweiten Halfte der 1970er Jahre, in Polen hingegen erst mit dem Systemumbruch im Jahr 1989. Beinahe zeit­gleich mit den jeweiligen politischen Veranderungen setzten umfangreiche Bestre­bungen zur wirtschaftlichen Umgestaltung ein. Umgestaltung solI dabei als Sammel­begriff flir Reform und Transformation, die im anschlieBenden Abschnitt genauer er­lautert werden, dienen. Eine begriffliche Unterscheidung wird zwischen Programm und Projekt getroffen. Wahrend Programm die konkrete Festlegung von MaBnahmen bezeichnet, ist Projekt breiter gefaBt und solI die Menge der angestrebten Verande­rungen benennen.

I Ende Marz 1998 wurden die konkreten Beitrittsverhandlungen der EU mit Polen begonnen. Vgl. o. V. (l998b): Mitglieder und Anwarter sehen in der Erweiterung der EU eine "Herausforderung fUr aile", in: FAZ vom 31.03.1998, S. I.

2 Genaue Vorgaben zu den Voraussetzungen, die ein Land erfUllen muG, hat die Europaische Union beispielsweise in ihrer 1997 vorgelegten Stellungnahme zum Beitrittsantrag Polens gemacht. V gl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften (I997a): Stellungnahme der Kommission zum Antrag Polens auf Beitritt zur Europaischen Union, S. 5.

Page 15: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Die Bestrebungen zur wirtschaftlichen Umgestaltung schlugen sich in wirtschaftlichen Umgestaltungsprojekten - ein wirtschaftliches Reformprojekt in Spanien, ein Projekt der wirtschaftlichen Transformation in Polen - nieder und diese werden im Zentrum des Vergleichs stehen. Dabei wird der ProzeB der Umgestaltung wesentlicher Gegen­stand der Untersuchung sein. Denn es ste11t sich die Frage, welche Faktoren fUr die Ausgestaltung der Projekte und ihre erfolgreiche Umsetzung entscheidend sind.

Weshalb eine ProzeBbetrachtung gewahlt wird, kann anhand eines Vergleichs zur komparativ statischen Analyse erlautert werden. Ftir die Beantwortung der oben ge­nannten Frageste11ung scheint eine komparativ statische Betrachtungsweise, die vor a11em in der wirtschaftstheoretischen Literatur zur Transformation tiberwiegt,3 aus fol­genden GrUnden als Instrument wenig geeignet zu sein. Die komparativ statische Analyse ist auf Ergebnisse ausgerichtet, die innerhalb eines betrachteten Zeitraums eintreten oder ausbleiben, und beschaftigt sich insofern gerade nicht mit der Frage, wie die Umsetzung einzelner MaBnahmen ermoglicht worden ist. AuBerdem ergeben sich dann schwerwiegende Probleme hinsichtlich der Vergleichbarkeit der beiden Lander. Werden wirtschaftliche Daten fUr einen Zeitpunkt verglichen, sind groBe Unterschiede zwischen beiden Landern festste11bar. So lag beispielsweise das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Polen 1995 bei gerade einmal 40 % des spanischen.4 Selbst wenn die zeit­liche Verschiebung im Ausgangspunkt der wirtschaftlichen Umgestaltungsprojekte berticksichtigt wird, bleibt sowohl die Schwierigkeit bestehen, welcher Referenzpunkt jeweils gewahlt werden so11, als auch das Problem, daB landerspezifische Unterschiede in der Ausgangslage, die auf den ProzeB einwirken, nur unzureichend Berticksichti­gung finden. Welche moglichen Vorteile fUr einen Vergleich der wirtschaftlichen Um­gestaltungsprojekte in Spanien und Polen sich aus der ProzeBbetrachtung ergeben und in welcher Form diese durchgefUhrt werden so11, wird unter anderem im folgenden Abschnitt eriautert.

1.2 Reform und Transformation: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Auch wenn als gemeinsames Ziel der wirtschaftlichen Reformen in Spanien nach Franco und der wirtschaftlichen Transformation in Polen seit 1989 - dies gilt jedoch grundsatzlich fUr a11e wirtschaftlichen Reform- oder Transformationsprojekte - die

J Auf das Obergewicht komparativ statischer gegeniiber dynamischen Ansatzen in der wirtschaftstheo­retischen Literatur zur Transformation weist Wagener hin. Vgl. Wagener, H.-J. (1994): Transforma­tion as a political-economic process, in: ders. (Hrsg.): The political economy of transformation, S. 3f.

4 Gemessen in US-$ umgerechnet zu Kaufkraftparitaten. Die Zahlen zu Spanien beziehen sich auf 1994. Vgl. DECO (Hrsg.) (1996b): DECO Economic Surveys 1996-1997. Poland, S. VII; Anhang.

2

Page 16: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Steigerung der Effizienz unterstellt werden kann, so springen dennoeh die Unter­sehiede stark ins Auge. Dies bezieht sieh zum einen auf Untersehiede in der Aus­gangslage der beiden Lander. Spanien wurde als ohne Zweifel Westeuropa zugehOrig angesehen, und der Weg in die EG als langst tiberfalliger Sehritt5, wahrend Polen Ende der 1980er Jahre immer noeh in Warsehauer Pakt und RGW eingebunden war. Zum anderen bestanden groBe Untersehiede im AusmaB der untersuehten Reform- und Transformationsprojekte. Als Beispiel kann die in Polen notwendige Privatisierung der tiberwiegend in staatliehem Eigentum befindliehen Industrieuntemehmen angeftihrt werden. Sie fand, aufgrund des tiberwiegend privaten Untemehmertums, auf spani­scher Seite keine Entsprechung.

Die Transformationsforschung nimmt, vor all em seit dem Umbruch in den ehemals sozialistischen Staaten in den lahren 1989190, in der volkswirtschaftlichen Literatur einen breiten Raum ein. Dieser steht ein wesentlieh geringerer Umfang an Literatur zum Thema wirtschaftlieher Reformen gegentiber. 6 Es sollen im folgenden zunachst die Unterschiede zwischen Reform und Transformation kurz dargestellt und im An­schluB daran erlautert werden, inwieweit die Konzepte der Reform und der Transfor­mation Gemeinsarnkeiten aufweisen. Diese eher allgemeine Betrachtung spielt eine Rolle bei der Beantwortung der Frage, inwieweit und unter we1chen Gesichtspunkten die beiden Projekte gemeinsam untersucht werden konnen.

Der Unterschied zwischen Transformation und Reform laBt sich wie folgt beschreiben: Wahrend eine Reform eine Abwandlung innerhalb eines bestehenden Systems bedeu­tet, umfaBt eine Transformation die grundsatzliche, systernische Neugestaltung.7 Re­formen zielen sornit auf die Beseitigung von Verzerrungen und Ineffizienzen in einem System, beispielsweise die Abschaffung staatlicher Eingriffe in einem Marktpreis­system, Transformationen hingegen betreffen einen Weehsel des Systems, beispiels­weise den Wechsel von einem System adrninistrativ festgelegter Preise zu einem

5 In einer 1971 vom Centro de Investigaciones Sociologicas unter 1 000 Spaniern in Madrid und Barcelona durchgefiihrten Befragung vertraten 56 % der Befragten die Auffassung, daB Spanien in weniger als 10 lahren Vollmitglied der EG wiirde. Vgl. o. V. (1985): La opinion publica espanola ante la Comunidad Economica Europea, 1968-1985, in: Revista Espanola de Investigaciones Sociolo­gicas, Nr. 29, S. 302.

6 Serrano und Costas stellen einen Mangel an Literatur speziell fiir die Reformen in Spanien fest, wobei sie eine Abgrenzung gegeniiber der Literatur zur Stabilisierung vomehmen. Vgl. Serrano Sanz, 1. M.; Costas Comesana, A. (1990): La reforma del marco institucional, in: Garda Delgado, 1. L. (Hrsg.): Economfa espanola de la transicion y la democracia 1973 - 1986, S. 506.

7 Vgl. Bossak, 1. W. (1991): Adjustment, trade reform and competitiveness - the Polish experience, in: Corbo, V.; Coricelli, F; Bossak, J. (Hrsg.): Reforming Central and Eastern European economies. In­itial results and challenges, S. 210.

3

Page 17: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Marktpreissystem. Es ist deshalb bei der Abgrenzung von Reform und Transformation entscheidend, wie umfassend die ergriffenen MaBnahmen jeweils sind und weniger das Spektrum der re- oder transformierten Bereiche.8 Die Reform in vielen Einzelberei­chen bedeutet in ihrer Summe damit nicht automatisch die Transformation des Ge­samtsystems. Vielmehr ist fUr jeden Bereich zu unterscheiden, ob eine Reform oder eine Transformation stattgefunden hat. Ftir eine Gesamteinschiitzung sind deshalb auch Veranderungen in der Wirkungsweise der Wirtschaft und in den Handlungsweisen der Wirtschaftssubjekte von Belang.

Das Konzept der Transformation wird tiblicherweise in die folgenden Teilbereiche aufgeschltisselt: in die makrookonomische Stabilisierung, die mikrookonomische Libe­ralisierung und die institutionelle Umgestaltung.9 Wahrend die makrookonomische Stabilisierung Teil der ProzeBpolitik ist - hierunter fallen Bereiche wie die Inflations­bekampfung und die Budgetpolitik -, sind die beiden anderen Teilbereiche der Ord­nungspolitik zuzuordnen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den drei Teilberei­chen besteht hinsichtlich des Zeitrahmens. Wahrend prozeBpolitische MaBnahmen schnell durchsetzbar sind und auch rasch Wirkung zeigen konnen, ist die mikrooko­nomische Liberalisierung mit Gesetzesanderungen verbunden, deren Formulierung, Ratifizierung und Anwendung deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Die A.nderung bestehender und der Aufbau neuer Institutionen, beispielsweise die Privatisierung staatlicher Unternehmen, der Umbau des Steuersystems und der staatlichen Verwal­tung, sind nochmals zeitaufwendiger. Da die Liberalisierung und der institutionelle Umbau die wesentlichen Elemente der Systemtransformation darstellen, kommt der Stabilitat der Bestrebungen in diesen Bereichen eine Schltisselrolle fUr den Erfolg der Transformation zu. Da Veranderungen immer zu Lasten bestimmter Gruppen gehen, die vom ehemaligen System profitiert haben, ist mit Widerstanden gegen diese Veran­derungen zu rechnen.1O

Die Unterteilung in die drei Teilbereiche Stabilisierung, Liberalisierung und institutio­nelle Umgestaltung laBt sich auf Reformprojekte tibertragen. Auch hier existieren

8 Vgl. Wagener, H. 1. (1996): Transformation als historisches Phanomen (F.I.T. Discussion Paper 7/96), S. 2f.

9 Vgl. Balcerowicz, L. (1997): Common fallacies in the debate on the economic transition in Central and Eastern Europe, in: Hare, P. G., Davis, J. R. (Hrsg.): Transition to the market economy. Critical per­spectives on the world economy, Vol. I, S. 122. Eine weitere gebrauchliche Unterteilung unterscheidet die fiinf Teilbereiche Liberalisierung der internen und externen Markte, Stabilisierung, Privatisierung, Bildung von Institutionen und Strukturwande1, sie unterscheidet sich jedoch nicht wesentlich von der hier gewahlten.

\0 Vgl. International Bank for Reconstruction and Development (Hrsg.) (1996): World development report 1996. From plan to market, S. II.

4

Page 18: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

unterschiedliche Zeitrahmen fUr die verschiedenen Teilbereiche eines Reformprojektes und auch hier ist anzunehmen, daB sich WidersUinde von seiten der Gruppen formieren werden, die von den vorher bestehenden Verhaltnissen am meisten profitierten bzw.

die durch die beschlossenen MaBnahmen am stiirksten negativ betroffen sind. Weit­gehende Ubereinstimmung besteht hinsichtlich der inhalthchen Ausgestaltung von

Reform- und Transformationsprogrammen. Wesentliche Forderungen sind dabei die

Koharenz der getroffenen MaBnahmen und ihre Ausrichtung an Effizienzkriterien. Die internationalen Organisationen wie IWF und Weltbank haben dazu detaillierte Vorga­ben verfal3t,11 weshalb schon von einer Standardstrategie gesprochen wird. Die inhalt­

hche Koharenz und Effizienzausrichtung der Programme wird in der vorliegenden Arbeit als notwendige Bedingung fiir den Erfolg wirtschaftlicher Reformen und Trans­formationen betrachtet. Ein erfolgreicher AbschluB der Programme ist jedoch erst dann gegeben, wenn sich die Wirkungsweise der Wirtschaft tatsachlich effizienter gestaltet. Es wird hier die These vertreten, daB dafiir die institutionelle Umgestaltung wesentlich

iSt. 12 Aufgrund der vorangegangenen Uberlegungen wird fiir beide Prozesse, Reform und Transformation, zu untersuchen sein, we1che Faktoren fiir ihre Stabilitat von Bedeutung sind.

Als weitere grundlegende Gemeinsarnkeit von Reform und Transformation ist aufzu­fiihren, daB beide Prozesse von Eliten beschlossen und durchgesetzt werden. Es han­delt sich sornit urn eine von der Spitze der Gesellschaft ausgehende, geplante Verande­rung, in Abgrenzung zur evolutorischen wirtschaftlichen Entwicklung einerseits13 und andererseits zur Revolution. 14 Deshalb spielen die Entscheidungstrager der Reform und Transformation eine wichtige Rolle in der Untersuchung. In der vorliegenden Arbeit solI versucht werden, in Anlehnung an die politische Transitionsforschung einen Untersuchungsrahmen fUr wirtschaftliche Reformen und Transformationen zu

II Der IWF legt dabei den Schwerpunkt auf die Herstellung des auBen- und binnenwirtschaftlichen Gleichgewichts und eines "angemessenen" Wirtschaftswachstums, wobei den fiskal- und geldpoliti­schen Instrumenten Vorrang vor strukturellen Anpassungen eingeraumt wird. V gl. International Monetary Fund (1987): Theoretical aspects of the design of fund-supported adjustment programs, S.8ff.

12 Die Institutionenokonomik erklart erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung im wesentlichen mit der Existenz moderner und effizienter Institutionen, die zu geringeren Transaktionskosten und damit zu hoherer Effizienz fiihren. Vgl. North, D. C. (1989): Institutions and economic growth, in: World Development, Nr. 9, S. 1320.

IJ Vgl. Wagener, H. J. (1996): Transformation als historisches Phanomen, S. 2. 14 In der Revolution geht der Impuls zur Veranderung nicht von der Spitze der Gesellschaft aus. Trotz

fehlender Dbereinstimmung beziiglich der begrifflichen Definition von Revolution, besteht ein gewisser Konsens, daB diese sich durch intensive Umwalzungen der Herrschafts- und Gesellschaftsordnung auszeichnet, wobei die revolutionare Machtiibernahme zumeist durch einen Regimesturz erfolgt. Vgl. Krumwiede, H.-W. (1992): Revolutionstheorien, S. 873.

5

Page 19: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

entwickeln. 15 Diese Vorgehensweise wurde auch deshalb gewahlt, da die wirtschaft­lichen Reformen in Spanien und die wirtschaftliche Transformation in Polen Ende der 1980er Jahre vor dem Hintergrund von Demokratisierungsprozessen abliefen. Die Untersuchung der wirtschaftlichen Reform- und Transformationsprozesse sollte daher nicht isoliert von den politischen Entwicklungen erfolgen.

1.3 Aufbau der Arbeit

Das zweite Kapitel befaBt sich mit der Entwicklung in Spanien und Polen im Vorfeld der beiden wirtschaftlichen Umgestaltungsprojekte, sowohl hinsichtlich des Wirt­schaftswachstums und der Wirtschaftsstruktur als auch hinsichtlich der Zusammen­setzung der Eliten. Mit Hilfe dieser Darstellung wird anschlieBend ein Vergleich der Ausgangssituation in beiden Uindem gezogen, der die Umgestaltungserfordemisse deutlich macht und schlieBlich wird ein theoretischer Rahmen fiir die Untersuchung der wirtschaftlichen Reform- bzw. Transformationsprojekte erstellt.

Das dritte Kapitel behandelt das Zustandekommen der jeweiligen Umgestaltungspro­gramme unter Einbeziehung der parallel ablaufenden Demokratisierungsprozesse. Ftir die Untersuchung des zu Beginn verabschiedeten wirtschaftlichen Reformprogramms in Spanien, welches tiber einen Allparteienkonsens zustandekam, wurden Unterlagen aus dem Privatarchiv von Prof. Lluch16 aus Barcelona verwendet. Es wird dabei im einzelnen betrachtet, wie eine Einigung zu Teilbereichen erzielt werden konnte oder ausblieb. In Polen, wo kein vergleichbarer ProzeB bei der Ausarbeitung des wirtschaft­lichen Programms stattfand, wird versucht, anhand von Hinweisen aus der Sekundar­literatur zu erlautem, wie Entscheidungen tiber Teilaspekte des Programms zustande­kamen. Daran schlieBt sich ein Vergleich zwischen den Prozessen, die zur Ausarbei­tung wirtschaftlicher Umgestaltungsprogramme fiihrten, an.

1m vierten Kapitel wird zum einen untersucht, inwieweit die beschlossenen Umgestal­tungsprogramme im weiteren Veri auf von den einzelnen Regierungen in Spanien und

15 In der politischen Transitionsforschung, deren Hauptuntersuchungsgegenstand Demokratisierungs­prozesse sind, wird zwischen modernisierungstheoretischen und akteurstheoretischen Ansatzen unter­schieden. Wahrend die Modernisierungstheorie im wesentlichen strukturelle Voraussetzungen zur ErkIarung von Demokratisierungsprozessen heranzieht, stiitzt sich die Akteurstheorie auf das strate­gische Handeln der an den Prozessen beteiligten Akteure. Vgl. Bos, E. (1994): Die Rolle von Eliten und kollektiven Akteuren in Transitionsprozessen, in: Merkel, W. (Hrsg.): Systemwechsel I, S. 81 f.

16 Prof. Lluch hatte an den Verhandlungen zu der Vereinbarung teilgenomrnen. Die Unterlagen umfassen das Programrn, das Ausgangspunkt der Verhandlungen war, im Verhandlungsablauf iiberarbeitete Versionen des Programms sowie Vorschlage einzelner Parteien zu speziellen Punkten hierin. Die Dokumente sind aufgefiihrt unter "Acuerdos de la Moncloa".

6

Page 20: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

in Polen umgesetzt wurden und we1che WidersUinde dabei auftraten. Wiederum werden politische Entwicklungen in die Untersuchung einbezogen. Zum anderen werden auBere Einfltisse auf die Umsetzung betrachtet. In Spanien wird in diesem Zusammenhang der EinfluB der Verhandlungen zum EG-Beitritt sowie des erfolgten EG-Beitritts auf den wirtschaftlichen ReforrnprozeB untersucht, in Polen wird dagegen der EinfluB von seiten intemationaler Organisationen und der EG betrachtet. Danach wird in einem Vergleich, der Unterschiede und Parallelen sowohl innerhalb der Lander im Zeitablauf als auch zwischen den Landem umfaBt, herausgestellt, we1che Faktoren eine erfolgreiche Umsetzung der Programme fOrderten und we1che hemmend wirkten. Der Vergleich erstreckt sich dabei auch auf die auBeren Einfltisse, und es wird speziell fUr den Fall Polens untersucht, we1che Unterschiede zwischen den intemationalen Organisationen und den EG bestanden.

Das fUnfte Kapitel untersucht anhand der auBenwirtschaftlichen Entwicklung und Ver­anderungen auf dem Arbeitsmarkt, inwieweit sich Veranderungen in der Funktions­weise der polnischen unci spanischen Wirtschaft nach Einsetzen der wirtschaftlichen Umgestaltung abzeichneten. Das abschlieBende sechste Kapitel greift nochmals die aus der Betrachtung des zweiten Kapitels gewonnenen Erkenntnisse auf und erlautert ihre Bedeutung fUr die Bestatigung von Teilergebnissen der Untersuchung.

7

Page 21: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

2 Ausgangsbedingungen und Entwicklung der Wirtschaftsstruktur im Vorfeld

Die folgende Betrachtung dient dazu, anhand der wirtschaftlichen Entwicklung in Spanien und in Polen im Vorfeld der Programmdiskussion und -verabschiedung die Umgestaltungserfordemisse aufzuzeigen. In beiden Uindem waren in dieser vorgela­gerten Phase Anderungen aufgetreten, die, indem sie die Wirkungsweise und die Struktur der Wirtschaft beeinfluBten, das Spektrum und das AusmaB der zu ergreifen­den MaBnahmen bestimmten.

2.1 WirtschaftIiche Liberalisierung in einem autoritiiren System: Vom Ende der Autarkiepolitik bis zum Tode Francos

2.1.1 Autarkiepolitik und Ansiitze zum Wechsel der wirtschaftspolitischen Strategie

In der unter dem autoritaren Francoregime verfolgten wirtschaftspolitischen Strategie fand mit einem 1959 eingefiihrten wirtschaftlichen Stabilisierungsplan eine grundle­gende Wende statt. Sie bedeutete eine Abkehr von der seit dem Ende des Btirgerkriegs in Spanien im Jahr 1939 angestrebten wirtschaftlichen Autarkie und eine Hinwendung zu einer liberaleren Wirtschaftspolitik. Dieser Schritt tiberraschte insofem, als die im Stabilisierungsplan enthaltene wirtschaftliche Liberalisierung teilweise im Wider­spruch zu den yom autoritaren Regime verfolgten politischen Zielen stand.'

I Vgl. Fuentes Quintana, E. (l984a): El Plan de Estabilizaci6n econ6mica, in: Informacion Comercial Espanola, S. 25.

Page 22: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Die Autarkiebestrebungen gingen einher mit einer bis Ende der 1950er Jahre verfolg­ten, strikten Importsubstitutionspolitik.2 Trotz einer durchschnittlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von rund 5 % in den 1950er Jahren, die im wesentlichen auf das einsetzende Wachs tum in der Industrie nach der Stagnation in den 1940er Jahren und die Abwanderung von Arbeitskraften aus den landlichen Regionen in die Stadte zuriickzufiihren war,3 befand sich die spanische Wirtschaft Ende der 1950er Jahre in einer Krise. In den Jahren 1958/59 stagnierte die Industrieproduktion und die spani­schen Devisenreserven beliefen sich Anfang 1959 auf gerade einmal 60 Mio. US_$.4 Eine Ursache fiir die Krise kann in der starken Abschottung der spanischen Industrie als Resultat der Importsubstitutionspolitik gesehen werden. 1m Jahr 1958 stammten 94 % des spanischen Konsumgiiterangebots, 82 % des Angebots an Halbfertigwaren und 71 % des Angebots an AusrUstungsgiitern aus inHindischer Produktion.5 Anderer­seits lag der Anteil der spanischen Exporte von Fertigwaren an der Produktion im selben Jahr nur bei 3 %, was die mangelnde internationale Wettbewerbsfahigkeit der spanischen Industrie unterstrich. Dafiir sprach auch das starke Wachstum des Welt­handels mit Fertigwaren im Verlauf der 1950er Jahre, wobei hier die Zunahme des innereuropaischen Handels besonders ausgepragt war.

Neben der angespannten Zahlungsbilanzsituation war die Inflation ein weiteres Ele­ment der Krise. Die Lebenshaltungskosten in Spanien waren 1958 urn annahernd 14 %

gestiegen. Das war nicht zuletzt darauf zUrUckzufiihren, daB bis Ende der 1950er Jahre weder der politische Wille noch die M6glichkeiten fiir eine aktive Geldpolitk bestan­den.6 Der Zentralbankprasident unterstand der direkten Aufsicht durch den Finanz­minister. Die fehlende Kontrolle der Geldmenge resultierte aus der bis 1959 beste­hen den M6glichkeit, budgetare und auBerbudgetare Defizite unbegrenzt durch staat­liche Schuldverschreibungen zu finanzieren, die wiederum bei der Zentralbank redis-

2 Mit den Gesetzen "tiber den Schutz und die Entwicklung der heimischen Industrie" und "tiber die Regulierung und Verteidigung der heimischen Industrie" aus dem Jahr 1939 wurden umfangreiche Vergiinstigungen fiir staatliche und private Unternehmen von "nationalem Interesse" eingeraumt, die sich im Gegenzug verpflichten muBten, ausschlieBlich Rohstoffe und Vorprodukte aus dem Inland -soweit verfiigbar - zu verwenden. Vgl. Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish eco­nomy: 1940-93, S. 29f.

3 Der Index der Industrieproduktion stieg von 1950 bis 1958 auf das 1,9-fache und zeigte damit ein ahnlich rapides Wachstum wie der westdeutsche Index der Industrieproduktion, der auf das 2,I-fache anstieg. Vgl. Garda Delgado, J. L. (1991): La industrializaci6n y el desarollo econ6mico de Espana durante el Franquismo, in: Nadal, J.; Carreras, A.; Sudria, C. (Hrsg.): La economfa espanola en el siglo XX, S. 169, 171ff.

4 Vgl. Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish economy: 1940-93, S. 50. S Vgl. Donges, J. B. (1976): La industrializaci6n en Espana, S. 155ff. 6 Vgl. Merig6, E. (1982): Spain, in: Boltho, A. (Hrsg.): The European economy. Growth and crisis,

S.562.

10

Page 23: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

kontiert werden konnten. In der Statistik tauchten die rediskontierten staatlichen

Schuldverschreibungen dann als Zentralbankkredite an private Finanzinstiutionen auf. 1m Zeitraum 1951 bis 1959 emittierte der Staat kurzfristige Papiere im Wert von 22

Mrd. Pta, die ausschlieBlich zur Finanzierung der Investitionen des Instituto Nacional de Industria (INI) dienten.7 Das 1941 gegriindete INI spielte eine wichtige Rolle in der spanischen Industriepolitik und verfolgte bis 1970 im wesentlichen das Ziel, die Indu­strieproduktion zu steigern, wobei es sich durch die wachsende Anzahl an Unterneh­

mensbeteiligungen immer mehr zu einer Staatsholding entwickelte.8

Vor der Verabschiedung des Stabilisierungsplans kam es im Rahmen der Kabinetts­

umbildung von 1957 zu personellen Umbesetzungen in wichtigen wirtschaftspoliti­schen Ftihrungspositionen.9 Die Leitungen der Banco de Espana, des Finanz-, des Handels- und des Wirtschaftsministeriums, die zuvor von Beftirwortern der Autarkie­politik besetzt waren, gingen dabei an auBerhalb von Francos Nationaler Bewegung stehende Wirtschaftswissenschaftler. 1o Mit Ullastres Calvo als Handels- und Navarro Rubio als Finanzminister gelangten zwei AngehOrige der katholischen Laienbruder­schaft Opus Dei an die Spitze der wirtschaftspolitischen Instanzen. ll Dartiber hinaus wurden weitere Mitglieder in wirtschaftspolitisch wichtige Positionen berufen, bei­spiels weise L6pez Rod6 als technischer GeneralsekreUir eines 1957 aufgebauten Pla­nungsstabes l2 und spaterer Leiter des Stabilisierungsplans. In der Wirtschaftspolitik sprachen sich die Mitglieder des Opus Dei ftir eine auBenwirtschaftliche bffnung und einen funktionierenden Marktpreismechanismus aus,13 politisch untersttitzten sie je­

doch das autoritare Regime. Ais religiOse Gruppe war das Opus Dei zudem ftir Franco

7 Vgl. Fontana, J.; Nadal, J. (1980): Spanien 1914-1970, in: Cipolla, C. M.; Borchardt, K. (Hrsg.): Die europaischen Volkswirtschaften im zwanzigsten Jahrhundert, S. 366.

g Vgl. Schwartz, P.; Gonzalez, M.-G. (1978): Una historia del Instituto Nacional de Industria (1941-1976), S. 2f.

9 Vgl. Fuentes Quintana, E. (l984a): El Plan de Estabilizacion economica, S. 25f. 10 Vgl. Bernecker, W. L. (I 984b): Spaniens Geschichte seit dem Btirgerkrieg, S. Iliff. Der vorherige Handelsminister war aufgrund der zunehmenden Korruption im Handelsministerium in die Offentliche Kritik geraten. Vgl. Payne, S. G. (1996): Gobierno y oposicion (1939-1969), in: Carr, R. (Hrsg.): La epoca de Franco (1939-1975), (Historia de Espana Menendez Pidal, Bd. 41), S. 85f.

II Vgl. Anderson, C. W. (1970): The political economy of modern Spain. Policy making in an autho­ritarian system, S. 107.

12 Das Secretarfa General Tecnica de la Presidencia del Gobierno war der Staatskanzlei zugeordnet und haue die Aufgabe, die 1957 eingeleitete Verwaltungsreform zu koordinieren. Vgl. Zelinsky, U. (1984): Spaniens wirtschaftspolitische Wende von 1959: Vorgeschichte, Determinanten, Durchsetzungsstra­tegie, in: Waldmann, P.; Bernecker, W. L.; Lopez-Casero, F. (Hrsg.): Sozialer Wandel und Herrschaft im Spanien Francos, S. 292f.

\3 Vgl. Anderson, C. W. (1970): The political economy of modern Spain. Policy making in an authori­tarian system, S. 104f.

11

Page 24: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tiber den Verdacht des politis chen Liberalismus erhaben. Dieser weitreichende Ftih­

rungswechsel fOrderte die zielstrebige Vorbereitung und spatere Durchsetzung des Stabilisierungsplans.

Die personelle Veranderung fUhrte auch zu einer engeren Zusammenarbeit mit inter­

nationalen Organisationen. 1m April 1958 ersuchte Spanien bei der Weltbank und dem Intemationalen Wahrungsfonds (IWF) urn technische Unterstiltzung bei der Ausarbei­

tung eines Programms zur Bekampfung der Krise. Nachdem die Gewahrung von einem vorherigen Beitritt abhlingig gemacht worden war, trat Spanien im September 1958 dem IWF und der Weltbank bei.14 1m Verlauf des Jahres 1958 verhandelte die spani­

sche Regierung mit der Organisation fUr wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) tiber ein multilaterales Handelsabkommen. 15 Die OEEC machte dabei eine Ausweitung der gegenseitigen Beziehungen davon abhangig, daB die spanische Regierung entschei­dende MaBnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung einleitete. Ein bedeutcnder Ein­fluB auf die Bereitschaft zur Verabschiedung eines Stabilisierungsprogramms ging

auBerdem von der Griindung der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aus. 16

Dadurch verstarkte sich in Spanien die Auffassung, daB ein Festhalten an der Autar­kiepolitik die Isolation Spaniens von den anderen westeuropaischen Landem verstar­ken und damit die wirtschaftliche Entwicklung behindem wiirde. Deutlich wurde die verandcrte Haltung in einem von der spanischen Regierung am 30. Juni 1959 an den IWF und die OEEC iibermittelten Memorandum, in dem sie die Absicht erklarte, "der Wirtschaftspolitik eine neue Richtung zu geben mit dem Ziel, die spanische Wirtschaft an die Lander der westlichen Welt anzupassen und sie von den aus der Vergangenheit stammenden Eingriffen zu befreien, die nicht in Ubereinstimmung mit den Notwen­digkeiten der bestehenden Situation stehen".17 Der in Ubereinkunft mit dem IWF und der OEEC ausgearbeitete Stabilisierungsplan wurde durch Finanzhilfen18 in Hohe von 544 Mio. US-$ gestiitzt. 19

14 Vgl. Fuentes Quintana, E. (I 984a): EI Plan de Estabilizacion economica, S. 33. 15 Vgl. Muns, J. (1984): Historia de las relaciones entre Espana y el Fondo Monetario Internacional

1958-1982, S. 35f. 16 V gl. Garcia Delgado, J. L. (1991): La industria1izacion y el desarrollo economico de Espana durante el Franquismo, S. 175.

17 Memorandum del Gobierno Espanol al Fondo Monetario Internacional y a la Organizacion Europea de Cooperacion Economica, S. 327, abgedruckt in: Muns, J. (1984): Historia de las relaciones entre Espana y el Fondo Monetario InternacionaI1958-1982, S. 326-336.

18 Neben dem IWF und der OEEC stellte auch die Regierung der USA Mittel bereit. 19 Vgl. Muns, J. (1984): Historia de las relacioncs entre Espana y el Fondo Monetario Internacional

1958-1982, S. 38.

12

Page 25: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

2.1.2 Der Stabilisierungsplan von 1959 ond seine Foigen

1m Juli 1959 wurde ein weitreichender Stabilisierungsplan von der spanischen Regie­rung verabschiedet. Ein Teil des Plans umfaBte MaBnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft, die im wesentlichen den Abbau der UberschuBnachfrage zum Ziel hatten. Das Budgetdefizit des Staates wurde durch Ausgabenkiirzungen einerseits und durch EinfUhrung neuer Steuem, im wesentlichen auf Erd61, und Zolle andererseits stark ver­ringert.20 Der Schwerpunkt des Stabilisierungsplans lag jedoch auf strukturellen MaB­nahmen, die auf Drangen des IWF und der OEEC in das Programm aufgenommen worden waren. Die umfangreichsten Anderungen ergaben sich im Bereich des Au Ben­handels und der Wahrungspolitik. Als erste Reformschritte wurden die Preiskontrollen fUr frei importierte Giiter, fUr die keine Gewinnspanne festgelegt war, abgeschafft, ebenso der Zuteilungsmechanismus fUr frei importierte Rohstoffe. Das System mul­tipler Wechselkurse wurde durch einen einheitlichen Wechselkurs von 60 PtaJUS-$ ersetzt,21 was gleichzeitig eine durchschnittliche Abwertung urn rund 20 % bedeu­tete?2 Exportsteuem und Importsubventionen wurden in wenigen Fallen und dort nur tibergangsweise beibehalten. Beinahe die Halfte der Importe wurde liberalisiert und ein weiterer groBer Teil auf glob ale Importquoten umgestellt, auBerdem wurde der staat­liche Importhandel, der bis dahin weit verbreitet war, auf Agrargtiter begrenzt. SchlieBlich wurde eine Arnnestie fUr Inlander mit Vermogensbestanden im Ausland bei Repatriierung binnen Halbjahresfrist sowie ein neues, wei taus liberaleres Gesetz tiber auslandische Investitionen erlassen.

1m AnschluB an die Verabschiedung des Stabilisierungsplans durchlief die spanische Wirtschaft eine Periode rasanten Wachstums, mit einer durchschnittlichen jahrlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von 7,4 % im Zeitraum 1960 bis 1973.23 Das Wirtschaftswachstum Spaniens in dies em Zeitraum wurde damit innerhalb der OECD nur von Japan tibertroffen und es lag deutlich tiber dem durchschnittlichen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts der OECD-Lander von 4,9 %.24 1m selben Zeit­raum kam es auBerdem zu einem rapiden Wandel der Beschaftigtenstruktur. Wahrend 1960 noch 42 % der Beschaftigten in der Landwirtschaft tatig waren, sank dieser An-

20Vgl. Merig6, E. (1982): Spain, S. 564f. 21 Da ein System multipler Wechselkurse gegen Artikel VIII des IWF-Vertrags verstieB, bestand der

IWF auf seiner Abschaffung. Vgl. Varela, M. (1990): EI Plan de Estabilizaci6n como yo 10 recuerdo, in: Informacion Comercial Espanola, S. 47.

22 Vgl. Merig6, E. (1982): Spain, S. 564, Fn. 8. 23 Vgl. Vazquez Garda, J. A. (1993): Regiones de tradici6n industrial en declive: la comisa cantabrica,

in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, econornia, S. 972. 24 Vgl. OECD (Hrsg.) (1991): Historical statistics 1960-1989, S. 48.

13

Page 26: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

teil bis 1973 auf 24 %?5 Sowoh1 in der Industrie a1s auch im Baugewerbe war 1edig1ich ein 1eichter Anstieg des Beschaftigtenantei1s urn 1,5 bzw. 2,3 Prozentpunkte zu ver­zeichnen, es fand jedoch ein deutlicher Zuwachs bei den Dienstleistungen von 28 % im Jahr 1960 auf 43 % im Jahr 1973 statt. Zwei Faktoren sind ftir die Erklarung des Wande1s in der Beschaftigungsstruktur hervorzuheben. Zum einen schuf das massive, deutlich tiber dem allgemeinen Wirtschaftswachstum 1iegende Wachstum des ausHindi­schen Tourismus in Spanien26 in groBem Urnfang Arbeitsp1atze im Bereich Dienst-1eistungen?7 Zum anderen wurde durch die Emigration spanischer Arbeitskrafte, tiberwiegend in andere westeuropaische Lander, der Abbau der Beschaftigung in der Landwirtschaft ohne das Auftreten massiver Arbeits10sigkeit ermog1icht. 28 Dartiber hinaus stell ten die sowoh1 durch den aus1andischen Tourismus als auch durch die spanischen Emigranten zuflieBenden Devisen einen GroBteil der spanischen Devisen­einnahmen dar und damit das wesentliche Element zur Finanzierung des typischer­weise negativen Hande1sbilanzsa1dos?9

Es besteht weitgehende Ubereinstimmung in der Einschatzung, daB der Stabilisie­rungsplan die Grundlage fUr das rasante Wachs tum der spanischen Wirtschaft in den 1960er Jahren schuf und daB die 1964 einsetzenden Bestrebungen der Wachstums­fOrderung in Gestalt der Entwicklungsplane demgegentiber ein potentiell eher noch hoheres Wachstum verhinderten.30 Bereits 1962 begann die Vorbereitung des ersten von drei Entwicklungsplanen31 , die sich in ihrem Aufbau stark an die in Frankreich

25 Vgl. Banco Bilbao (1986): Informe economico 1985, S. 256; Banco Bilbao Vizcaya (1994): Informe economico 1993, S. 217.

26 Die Zahl der ausHindischen Touristen stieg im Zeitraum von 1960 bis 1973 auf mehr als das Fiinf­fache, die Deviseneinnahmen in US-$ stiegen auf mehr als das Zehnfache im selben Zeitraum. Vgl. Secretarfa General de Turismo (Hrsg.) (1990): Anuario de estadfsticas de turismo. Ano 1989, S. 516f.

27 Fiir den Zeitraum von 1960 bis 1968 wurde die Zunahme der ArbeitspHitze auf 400000 geschatzt. Vgl. Cals i Giiell, 1. (1974): Turismo y poiftica turfstica en Espana, S. 121.

28 Die offizielle Zahl der Emigranten in den I 960er lahren in Spanien betrug 711 000 Personen. Vgl. Fuentes Quintana, E. (l993a): Tres decenios largos de la economfa espanola en perspectiva, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economfa, S. 26. Eine andere Angabe beziffert die Zahl der Emigran­ten fur den selben Zeitraumjedoch mit 1,5 Mio. Personen. Vgl. Bernecker, W. L. (l984a): Ein Inter­pretationsversuch: Franquismus - ein autoritares Modernisierungsregime? S. 415.

29 Der Anteil, zu dem die Deviseneinnahmen aus dem Tourismus das Handelsbilanzdefizit abdeckten, betrug fur die Fiinfjahreszeitraume 1959-1963, 1964-1968 und 1969-1973 jeweils 97 %, 70 % und 96 %. Vgl. Ministerio de Comercio (Hrsg.): Balanza de Pagos de Espana, verschiedene lahrgange. Die privaten Transfers aus dem Ausland lagen im selben Zeitraum im Verhaltnis zu den Deviseneinnahmen aus dem Tourismus bei ungef<ihr 40 %. Vgl. Alonso, J. A. (1993): EI sector exterior, in: Garcfa Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economfa, S. 435, 440.

30 V gl. Fuentes Quintana, E. (I 993a): Tres decenios largos de la econornfa espanola en perspectiva, S.7f.

31 Planes de Desarrollo Economico y Social

14

Page 27: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

praktizierte indikative Planung anlehnten und zusammen den Zeitraum von 1964 bis 1975 umfaBten.32 Der Umfang und die Struktur des Staatshaushalts wurden in diesen

PHinen flir den Planungszeitraum festgeschrieben. Sie waren flir die private Wirtschaft als Orientierung gedacht, flir den Staat hingegen verbindlich. Doch einerseits konnte die vorgeschriebene Verbindlichkeit krasse Abweichungen von den PlangrOBen, die

bereits im ersten Entwicklungsplan von 1964 bis 1967 auftraten, nicht verhindem. Andererseits ging die indikative Planung mit einem Riickschritt in der Wirtschaftspoli­

tik einher, der sich in der versUirkten Subventionierung privater Industriebetriebe, vor

allem in den Bereichen Chemie, Stahl und Schiffbau ausdruckte. 33 Die den Entwick­lungspHinen zugrundeliegenden Bestrebungen, das Infragestellen und Verzogem des wirtschaftlichen Liberalisierungsprozesses, hatten ihren Ursprung in einem wieder auflebenden Autarkiedenken?4 1m wirtschaftlichen Bereich wurde dieses durch die Interessengruppen vertreten, die von der Autarkiepolitik am starks ten profitiert hatten, im politis chen Bereich durch die Teile des Regimes, die seinen Fortbestand durch den

im Rahmen der Liberalisierung auftretenden Verlust an direkter Kontrolle gefiihrdet sahen.35 Das Aushohlen der im Stabilisierungsplan festgelegten Liberalisierung fand auf drei Ebenen statt: erstens durch die bereits fruh einsetzende Unterbrechung des Zollabbaus, zweitens durch den Versuch, die Importliberalisierung zu stoppen, der zwar keinen durchschlagenden Erfolg hatte, aber zu einer Verlangsamung des Liberali­sierungsprozesses flihrte. 36 Drittens wurde die Umsetzung von MaBnahmen behindert, die grundlegend flir den Ubergang zu einem liberalen marktwirtschaftlichen System waren. Dies flihrte dazu, daB weder die notwendige Flexibilisierung des starren Ar­

beitsmarktes, noch die konsequente Liberalisierung des Finanzsystems, noch die Ein­flihrung eines flexiblen, effizienten und verteilungsgerechten Steuersystems stattfand.

32 Vgl. Tamames, R. (1990): Los Planes de Desarrollo, S. 59. 33 Vgl. Lieberman, S. (1982): The contemporary Spanish economy, S. 216f. 34 Vgl. Fuentes Quintana, E. (1993a): Tres decenios largos de la economfa espanola en perspectiva,

S.23f. 35 Es wird sogar die Meinung vertreten, daB eine bewuBte Verzerrung der Wirtschaft stattgefunden

habe, urn notwendige politische Reformen, die einen MachtverIust bedeuten konnten, zu vermeiden. Gonzalez, M J. (1979): La economfa polftica del franquismo, 1940-1970, zit. nach: Fuentes Quintana, E. (1993a): Tres decenios largos de la economfa espanola en perspectiva, S. 23.

36 Vgl. Alonso, J. A. (1993): El sector exterior, S. 388f.

15

Page 28: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Der ausgepragte Interventionismus des spanischen Staates sttitzte sich im wesentlichen auf Regulierungen und nicht auf den Einsatz finanzieller Ressourcen.37 Dies auBerte sich in einem geringen Anteil der Staatsausgaben am Volkseinkommen.38 Dieser Umstand erklart sich aus der im internationalen Vergleich untergeordneten Rolle des Staates in der Bereitstellung offentlicher Giiter. So war beispielsweise das spanische Bildungssystem tiberwiegend in kirchlicher Hand. 1m Vergleich zu anderen westlichen Industrielandern lag in Spanien der Anteil der Staatsausgaben am Volkseinkommen deutlich niedriger. Wahrend er in Spanien nach verschiedenen Schatzungen von 11 bzw. 15 % Ende der 1950er Jahre auf l7 bzw. 21 % Anfang der 1970er Jahre stieg, lag er in anderen Landern wie den USA, Frankreich, GroBbritannien und der Bundes­republik Deutschland Ende der 1950er Jahre zwischen 31 und 52 %, Anfang der 1970er Jahre zwischen 34 und 50 %.39 Die Festlegung der Staatsausgaben lag im wesentlichen bei den einzelnen Ministerien - hier nahm das Finanzrninisterium eine herausragende Rolle ein, und weder der Ministerrat noch Franco selbst griffen in die durch gegenseitige Vereinbarung zwischen den Ministerien erarbeitete Budgetplanung in nennenswertem Urnfang ein.40 Ebensowenig existierte eine institutionalisierte Form der EinfluBnahme durch Interessengruppen auf die Budgetplanung. Die Moglichkeit der EinfluBnahme blieb auf personliche Verbindungen beschrankt und betraf tiblicher­weise Entscheidungen von untergeordneter Bedeutung. Durch die relative Autonornie der Ministerien in der Budgetplanung sollte ihre Politisierung verhindert und darnit die Stabilitat des Regimes sichergestellt werden. Die wichtigste Institution, durch die der Staat direkt in das Wirtschaftsgeschehen eingriff, war das oben erwahnte INI.

1m Marz 1961 traf eine Gruppe von Experten der Weltbank in Spanien ein, die auf Bitten spanischer Wirtschaftspolitiker die Probleme der spanischen Wirtschaft unter­suchte und Ansatze fUr eine geeignete Entwicklungsstrategie ausarbeitete, die in den ersten Entwicklungsplan von 1963 Eingang find en sollten.41 Ihr im August 1962 erschienener Bericht sprach sich fUr eine weitreichende Liberalisierung aus und kriti­sierte expJizit die Funktionsweise der offentlichen Unternehmen in Spanien und darnit

37 Vgl. Serrano Sanz, J. M.; Costas Comesana, A. (1990): La reforma del marco institucional, S. 508. 38 Vgl. Comin, F. (l993a): Las administraciones publicas, in: Garda Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana,

economia, S. 553ff. 39 Vgl. Garcia Delgado, 1. L.; Jimenez, J. C. (1996): La economia, in: Carr, R. (Hrsg.): La epoca de

Franco (1939-1975), (Historia de Espana Mendez Pidal, Bd. 41), S. 503. 40 Vgl. Gunther, R. (1984): Okonomische Planung in einem autoriHiren System, in: Waldmann, P.;

Bernecker, W. L.; L6pez-Casero, F. (Hrsg.): Sozialer Wandel und Herrschaft im Spanien Francos, S. 307, 31Of.

41 Vgl. Schwartz, P.; Gonzalez, M.-G. (1978): Una historia del Instituto Nacional de Industria (1941-1976), S. 93f.

16

Page 29: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

die Politik des INI. Insbesondere wurde in dies em Zusammenhang eine Gleichstellung offentlicher und privater Untemehmen gefordert. Die Experten auBerten dariiber hin­aus die Ansicht, daB "das INI in keinem Sektor tatig werden darf, in dem Plane privater Untemehmen zum Eintritt vorliegen.'.42 1m Gesetz zum ersten Entwicklungsplan wurde jedoch folgende Bestimmung festgelegt: "Die Regierung darf sich die Einschatzung der Unzuliinglichkeit privater Initiative und die M6glichkeit, diese durch staatliches Handeln auszugleichen, unter anderem in dem Fall vorbehalten, in dem jene [die pri­vate Initiative, Anm. d. Verf.] in einem bestimmten Sektor die vorgegebenen, indika­tiven Ziele des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsplans nicht er­reicht. ,,43 Zwar wurden die direkten Interventionsmoglichkeiten des INI durch die Gesetze zum ersten Entwicklungsplan eingeschrankt, aber beispielsweise die Finanzie­rung iiber zinsvergiinstigte Anleihen, deren Abschaffung von der Weltbank gefordert worden war, als Instrment der Industriepolitik beibehalten.44 Die Emission von Anlei­hen diente damit weiterhin als Hauptfinanzierungsinstrument des INI.45 Die Anleihen wurden im wesentlichen von den Sparkassen und der Sozialversicherung erworben, wozu diese Institutionen per Gesetz bis zu einer bestimmten Hohe verpflichtet waren. Die Mittel wurden als Kredite zu geringen Zinsen - urn 6 % p.a. - hauptsachlich an private Untemehmen im Kohlebergbau und der Eisenhiittenindustrie vergeben.46

Die von seiten des INI erfolgte Unterstiitzung trug mit dazu bei, daB die Industriepro­duktion in bestimmten Sektoren besonders stark stieg. Wahrend der Index der Indu­strieproduktion auf Basis 1962 fUr die gesamte verarbeitende Industrie bis 1973 auf 335 gestiegen war, verzeichnete er mit einem Wert von 486 fUr die Eisen- und Stahlin­dustrie, von 473 fUr die metallverarbeitende Industrie und von 522 fUr die Transport­mittelindustrie47 weit iiberdurchschnittliche Zuwachse.48 In der Schiffbauindustrie, die in den meisten J ahren Verluste erwirtschaftete, stieg die Beteiligung des INI von 40 %

im Jahr 1966 auf 95 % im Jahr 1972, was einer Verstaatlichung dieses Sektors gleich-

42 Banco Internacional de Reconstrucci6n y Desarrollo (1962): Informe del -. EI desarrollo econ6mico de Espana, S. 193.

43 Artikel 4, Absatz 2 des Ley 19411963 vom 28. Dezember 1963, zit. nach: Schwartz, P.; Gonzalez, M.-G. (1978): Una historia del Instituto Nacional de Industria (1941-1976), S. 99f.

44 Vgl. Schwartz, P.; Gonzalez, M.-G. (1978): Una historia del Instituto Nacional de Industria (1941-1976), S. I02f.

45 Vgl. ebenda, S. 119-122. 46 Die Schwerpunktsetzung in Spanien auf die Schwerindustrie weist damit eine Parallele zur Industrie­

politik in den sozialistischen Uindern auf. 47 Der Schiffbau als wichtiger Teil der Transportmittelindustrie verzeichnete einen geringfugig h6heren

Zuwachs. 48 Vgl. Instituto Nacional de Estadfstica (Hrsg.) (1975): Espana. Anuario estadfstico 1975, S. 110-115.

17

Page 30: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

kam.49 Auch im Bergbau war das INI an mehreren Unternehmen beteiligt. Im April 1966 unternahm das INI eine Rettungsaktion des Bergbauunternehmens Hunosa, wel­ches sich durch die typischen Probleme dieses Sektors auszeichnete: Uberalterung der Anlagen, tiberfltissige Maschinen, zu geringe Investitionen und geringen Ertrag.50 In der Folgezeit erwirtschaftete Hunosa zunehmend Verluste, die nominal von 390 Mio. Pta im Jahr 1967 auf 6 479 Mio. Pta im Jahr 1975 stiegen. Die Schwerpunktsetzung in der Politik des INI spiegelte sich in der Entwicklung der Anteile ihrer Aktienbeteili­gungen wider.5! Der Anteil der Beteiligungen im Sektor Bergbau, Stahlerzeugung und -verarbeitung stieg von 5 % im Jahr 1950 und 37 % im Jahr 1960 auf 42 % im Jahr 1970. Im AnschluB daran war er wieder riicklaufig.

Die im Stabilisierungsplan festgelegte Liberalisierung des AuBenhandels wurde mit den Entwicklungsplanen abgeschwacht und teilweise sogar umgekehrt. Ein wichtiges Instrument war in dies em Zusamrnenhang die 1964 eingefUhrte "Kompensationssteuer fUr interne Belastungen,,52 (ICGI), die als Multiphasensteuer konzipiert war, also je

nach Verarbeitungsgrad der Produkte variierte.53 Das System, nach dem diese Steuer erhoben wurde, war so untibersichtlich, daB es den BehOrden viel Spielraum fUr die Festsetzung gab; Schatzungen tiber den Protektionseffekt der ICGI lagen zwischen 20 % und 40 % an der gesamten Protektion. Auch der durchschnittliche Zollsatz, der von 16,5 % im Jahr 1960 auf 9,8 % im Jahr 1965 gesunken war,54 stieg erneut auf 11,6 % im Jahr 1967.55

Mit Einsetzen der ersten Olkrise 1973 war auch die spanische Wirtschaft mit groBeren Problemen konfrontiert, die wahrend der Boomphase noch nicht offensichtlich waren und nun einige Schwachen der spanischen Wirtschaft enthtillten. Direkt mit dem sprunghaften Anstieg der Energiepreise war die hohe Abhangigkeit der spanischen Wirtschaft von Energierohstoffimporten erkennbar geworden. 56 Gleichzeitig waren spanische Exporte einem wachsenden Wettbewerbsdruck seitens der Schwellenlander ausgesetzt. Dies geschah tiberwiegend in Bereichen, wie beispielsweise dem Schiffbau

49 Vgl. Martin Acena, P; Comfn, F. (1991): INI: 50 an os de industrializaci6n, S. 398ff. 50 Vgl. ebenda, S. 375, 380. 51 Vgl. ebenda, S. 47. 52 Impuesto de Compensaci6n de Gravamenes Interiores 53 Vgl. Alonso, J. A. (1993): El sector exterior, S. 388. 54 Eine Zollsenkung war nicht im Stabilisierungsplan enthalten, wohl aber die Verpflichtung zur Aus­

arbeitung eines neuen Zollsystems, welches im Mai 1960 in Anlehnung an die intemationale Klassifi­kation als Gesetz verabschiedet wurde. Vgl. Alonso, J. A. (1993): EI sector exterior, S. 387.

55 Vgl. Antonio Alonso, J. (1993): El sector exterior, S. 389. 56 Vgl. Garcia Delgado, 1. L. (1991): La industrializaci6n y el desarollo econ6mico de Espana durante el

franquismo, S. 184f.

18

Page 31: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

und der Eisen- und Stahlerzeugung, in den en ausHindische Technologie eingesetzt worden war, ohne parallel laufende Anstrengungen in der Weiterentwicklung der Technologie. AuBerdem war der spanische Arbeitsmarkt durch besonders starre Rege­lungen gekennzeichnet. Entlassungen konnten nur gegen erhebliche Entschadigungs­zahlungen vorgenommen werden, und es existierten weitreichende Kiindigungsschutz­bestimmungen.57 Dies wurde insbesondere durch politisch motivierte, iibersteigerte Tarifabschliisse seit 1970 zu einem Problem flir die spanischen Untemehmen. Das Versaurnnis der Regierung, bei Einsetzen der Krise MaBnahmen zu ergreifen, flihrte dazu, daB sich die wirtschaftlichen Probleme bis zur Diskussion und Verabschiedung des Reformprogramms 1977 immer weiter verscharften. Neben der Hinnahme hoher Tarifabschliisse, die als untere Richtmarke die Inflationsrate des Vorjahres heranzogen und damit die Inflationstendenzen verscharften, war ein herausragendes Merkmal der spatfranquistischen Wirtschaftspolitik die mangelnde Weitergabe der gestiegenen Energiepreise an die inlandische Wirtschaft, was - entgegen der Tendenz in den ande­ren westeuropaischen Industrielandem - zu einem weiteren Anstieg des Treibstoffver­brauchs in Spanien flihrte.58 Unterstiitzt wurde diese Fehlentwicklung durch die Bei­behaltung der Forderung besonders energieintensiver Sektoren, wie der Petrochemie und der Aluminiumindustrie.

1m Rahmen der wirtschaftlichen Modemisierung im AnschluB an den Stabilisierungs­plan fand auch eine teilweise Liberalisierung des spanischen Bankensektors statt. Bis 1962 unterlag der Zugang zum Banksektor der strikten staatlichen Kontrolle: Neugriin­dungen waren verboten, die ErOffnung von Filialen streng limitiert und die Aktiv- und Passivzinssatze administrativ so festgelegt, daB den Banken stetig wachsende Gewinne garantiert waren.59 Mit dem Rahmengesetz zur Ordnung des Kredit- und Bankwesens60

wurde 1962 eine starkere Kontrolle des Bankensektors durch die spanische Zentral­bank und die Moglichkeit zur Neugriindung von Banken mit einem festgelegten Min­destkapital gewahrleistet. In diesem Zusammenhang wurde jedoch die Zwiespaltigkeit in der Haltung des Finanzministeriums gegeniiber dem im Stabilisierungsplan festge-

57 Vgl. Alshuth, S. (1994): Die internationale Wettbewerbsfahigkeit Spaniens, S. 134f. 58 Der Preis fur Rohal auf dem Weltmarkt hatte sich von 1973 bis 1977 beinahe verfunffacht, der inHin­

disc he Preis fur Treibstoff stieg im selben Zeitraum jedoch gerade einmal urn das 1,4-fache. Wahrend in GroBbritannien, Deutschland und Frankreich der Bruttoverbrauch an ErdOi zuriickging, stieg er in Spanien bis 1977 urn 17 %. Vgl. Sudria, C. (1991): Un factor determinante: la energia, in: Nadal, J; Carreras, A., Sudria, C. (Hrsg.): La econornia espanola en el siglo XX. Una perspectiva historica, S. 349f.

59 Vgl. Cuervo, A. (1988): La crisis bancaria en Espana, S. 40f. 60 Ley de Bases de Ordenacion del Credito y la Banca

19

Page 32: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

legten Liberalisierungskurs deutlich.61 Denn gleichzeitig zur Starkung der Rolle der Zentralbank wurde diese direkt dem Finanzministerium unterstellt. Dies ftihrte zu einem zunehmenden Eingreifen des Staates in die Finanzautonomie der Kreditinstitute durch obligatorische Investitionskoeffizienten. So waren beispielsweise die Sparkassen verpflichtet, 60 % ihrer Mittel in staatliche Schuldverschreibungen oder in autorisierte, meist von groBen Untemehmen emittierte Anleihen zu investieren. Zusatzlich muBten sie 7 % der Mittel flir Wohnungsbaukredite und weitere 23 % flir verschiedene andere bevorzugte Finanzierungsbereiche bereitstellen. Auch die Geschiiftsbanken waren ver­pflichtet, einen bestimmten Prozentsatz ihrer Mittel - 1969 erreichte er 22 % - in 6ffentlichen Anleihen anzulegen, deren Verzinsung deutlich unterhalb des Marktzinses lag. Insgesamt wurde in den 1960er lahren rund die Halfte der Finanzmittel durch das untiberschaubare System von Interventionsmechanismen verteilt. Weitere Liberalisie­rungsschritte erfolgten jedoch erst 1971, als die Spezialisierung der Banken und ihre geographische Ausweitung erm6g1icht wurde, sowie 1974, als mit dem Ziel einer Stei­gerung des inlandischen Bankenwettbewerbs die Zinssatze fUr Kredite mit einer Lauf­zeit tiber 2 lahren freigegeben wurden. Die privaten Banken, die insgesamt betrachtet am meisten yom Francoregime profitierten, sprachen sich einhellig gegen eine Offnung des spanischen Bankensektors gegentiber dem Ausland aus.62

Das geringe finanzielle Gewicht des Staates in der spanischen Wirtschaft war bedingt durch die Unzulanglichkeit des spanischen Steuersystems. Der Anteil der Steuerein­nahmen am Bruttoinlandsprodukt war der niedrigste unter allen OECD-Staaten, wobei dieser sich tiberwiegend und in zunehmendem MaBe aus indirekten Steuem zusam­mensetzte.63 Da die Regierung weder entschieden gegen die verbreitete Steuerhinter­ziehung im Bereich der K6rperschaftsteuem vorging, noch ein leistungsfahiges System der personenbezogenen Einkommensteuer einflihrte, machten die direkten Steuem 1973 nur 18 % des Steueraufkommens aus. Zur Finanzierung der Staatseinnahmen griff die Regierung deshalb starker auf indirekte Steuem und dartiber hinaus auf Sozi-

61 Vgl. Merig6, E. (1982): Spain, S. 57lf. 62 Vgl. Holman, O. (1995): A short history of Spanish banking, S. 34f. Dabei lie13en sich unterschied­

liche Positionen innerhalb der privaten Banken ausmachen, die sich aus ihrer Bedeutung in unter­schiedlichen Perioden ableitete. Wahrend die baskischen Banken (Banco de Bilbao und Banco de Vizcaya), deren Kapital starker mit der Grundstoffindustrie verbunden war, in der Anfangsphase der Autarkiepolitik enger mit dem Regime verbunden waren, verlagerte sich der Schwerpunkt in den 1960er lahren hin zu den Madrider Banken (die beiden groBten waren Banesto und die Banco Central), die starker in den Aufbau einer Konsumgiiterindustrie investierten. Die beiden Gruppen unterschieden sich auch hinsichtlich ihrer Einstellung zur Rolle des Staates. Die baskischen Banken befiirworteten ein direktes Eingreifen des Staates, die Madrider Banken lehnten hingegen staatlichen Interventionis­mus und die Beanspruchung offentlicher Mittel durch das INI abo

63 Vgl. Merig6, E. (1982): Spain, S. 570f.

20

Page 33: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

alversicherungsabgaben zurUck. Dabei stieg der Anteil der Sozialversicherungsabgaben an den Staatseinnahmen von 22 % Mitte der 1950er Jahre auf 36 % im Jahr 1973.

1m Uberblick der wirtschaftlichen Entwicklung Spaniens und der Wirtschaftspolitik unter Franco wurde deutlich, daB als grundlegende Probleme weniger die im Zuge der Wirtschaftskrise aufgetretenen wirtschaftlichen Ungleichgewichte, sondern vielmehr die UnzuHlnglichkeit der wirtschaftspolitischen Institutionen anzusehen waren.64

2.2 Reformversuche in Polen seit Anfang der 1980er Jahre

Die unter der polnischen Regierung Gierek in den 1970er Jahren verfolgte wirtschaft­liche Strategie einer gleichzeitigen Steigerung von Akkumulation und privatem Kon­sum war durch eine massive Kreditaufnahme und Importe aus dem westlichen Ausland finanziert worden.65 Dadurch konnte die bestehende Konsum- und Investitionsgiiter­knappheit in der ersten Halfte der 1970er Jahre verringert werden. Ab der zweiten HaIfte der 1970er Jahre fUhrte die wachsende Verschuldung zusammen mit steigenden Zinsen zu einem Kurswechsel, der zum Ziel hatte, durch Einschrankungen im Konsum einen Aktivsaldo im AuBenhandel mit den HartwahrungsHindern zu erreichen, urn so die Kreditwtirdigkeit diesen Uindern gegentiber wiederherzustellen. Die Umsetzung des Konzepts scheiterte jedoch am Widerstand der streikenden Arbeiterschaft. Der Rtickgang der westlichen Importe fUhrte aufgrund der hohen Importabhangigkeit der polnischen Wirtschaft zu einer Krise, in deren Folge es 1979 zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs zu einem Rilckgang des Volkseinkommens kam.66 Am 1. Juli 1980 machte die Regierung einen erneuten Versuch, den privaten Konsum zUrUckzu­drangen, indem sie Preiserh6hungen fUr Konsumgiiter erlieB.

2.2.1 Politische Offnungstendenz und die Ausarbeitung der Wirtschaftsreform in Polen

Als Reaktionen auf Preiserh6hungen im Juli 1980 kam es zu einer ersten Welle von Streiks in Polen, ausgehend von einem spontanen Streik in den militarischen Flug­zeugwerken Swidnik bis hin zu einem Generalstreik in der Lubliner Region.67 Am 31.

64 Vgl. Serrano Sanz, 1.M.; Costas Comesafia, A. (1990): La reforma del marco institucional, S. 507f. 65 Vgl. Pysz, P. (l985a): Konzeption, Bilanz und Perspektiven der polnischen Wirtschaftsreform 1982-

1985, S. 7f. 66 Das Volkseinkommen ging 1979 urn 2,3 %, 1980 urn 6,0 % und 1981 urn 12,0 % zurUck. Vgl. Slay,

B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 53. 67 Vgl. Strobel, G. W. (1985): NSZZ "Solidarnosc". Beitrag zur Analyse der Organisation und politi­

schen Wirkung einer sozialen Samrn1ungsbewegung, S. 5lf.

21

Page 34: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

August 1980 unterzeichneten eine Regierungskomrnission und das liberbetriebliche Streikkomitee eine Vereinbarung, das sogenannte Danziger Abkommen, die 21 Forde­rungen umfasste, wobei die erste Forderung die Anerkennung von von der Partei und dem Arbeitgeber unabhangigen freien Gewerkschaften betraf.68 In der ersten Forde­rung war unter anderem auch ausgeflihrt, daB die Gewerkschaft Solidarnosc nicht beabsichtigte, die Rolle einer politis chen Partei zu spielen oder die flihrende Rolle der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) in Frage zu stellen. Flir die Einleitung der sich anschlieBenden Phase der Reformdiskussion war die sechste Forderung von Belang, die festlegte, ,,reale Schritte zu unternehmen, urn unser Land aus der Krisen­situation herauszubringen durch: a) offentliche Bekanntgabe samtlicher Informationen liber die sozialOkonomische Lage und b) Ermoglichung der Teilnahme an der Diskus­sion zum Reformprogramm flir alle Gesellschaftskreise und -schichten. [ ... ] Die Staatsorgane bestimmen und verOffentlichen in den nachsten Monaten die Grundziele dieser Reform. ,,69

Die librigen Forderungen betrafen die Pressefreiheit, die Freilassung politischer Gefangener sowie eine Reihe von MaBnahmen zur Verbesserung der Situation der Arbeiter. Forderungen nach politischen Reformen waren indirekt mit den in die Ver­einbarung aufgenommenen verbunden, beispielsw,eise durch die Anerkennung freier Gewerkschaften und die Erweiterung der Pressefreiheit, wurden jedoch nicht explizit geauBert. Allerdings waren die Vertreter der Opposition nahe daran, soIehe Forderun­gen offentlich zu stellen. Nach Diskussionen der Mitglieder des liberbetrieblichen Streikkomitees (MKS) und auf Druck des KOR7o-Mitglieds Borusewicz, entschied das MKS in der Nacht des 17. August 1980 aber, die Forderungen nach freien Parla­mentswahlen als Bestandteil des in Danzig libermittelten Forderungskatalogs fallen­zulassen.71 Auffallend ist die Zuriickhaltung der Solidarnosc hinsichtlich einer eigen­standigen Formulierung eines Reformkonzeptes, die die anfangliche Strategie der Gewerkschaft widerspiegelte, sich moglichst strikt auf die Rolle als Vertretungsorgan der Arbeitnehmer zu beschranken und nicht in die Angelegenheiten der Partei einzu­greifen.72 Das Ziel war eine Beschrankung des Wirkungsbereichs staatlicher Kontrolle,

68 Vgl. Buscher, B. et al. (Hrsg.)(l983): "Solidamosc". Die polnische Gewerkschaft "Solidaritat" in Dokumenten, Diskussionen und Beitragen 1980 his 1982, S. 36. Hierin ist eine deutsche i.'Jbersetzung der gesamten Vereinbarung enthalten.

69 Buscher, B. et al. (Hrsg.)(1983): "Solidarnosc". Die polnische Gewerkschaft "SolidariUH" in Doku-menten, Diskussionen und Beitragen 1980 his 1982, S. 39.

70 Komitee zur Verteidigung der Arbeiterschaft 71 Vgl. Staniszkis, J. (1984): Poland's self-limiting revolution, S. 45 Fn. 2. 72 Vgl. Ito, T. (1985): Nomenklatura in Polen. Die Kontroverse urn die Vorherrschaft der Partei (PZPR)

und Gesellschaft, 1980-1981, S. 108f.

22

Page 35: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

die jedoch nicht grundsatzlich den Herrschaftsanspruch der Partei in Frage steBte, wodurch eine friedliche Koexistenz von Partei und Gewerkschaft ermoglicht werden soBte.

Die Reformdiskussion der Jahre 1980/81 zeichnete sich insbesondere dadurch aus, daB neben einem von der Wirtschaftsreforrnkommission fUr die Regierung erarbeiteten Reforrnkonzept noch zahlreiche andere Konzepte in der Offentlichkeit diskutiert wur­den.73 Die Wirtschaftsreforrnkommission setzte sich aus rund 500 Vertretern verschie­dener wissenschaftlicher Disziplinen, der Partei, der Gewerkschaften und Vertretern anderer Berufsgruppen zusammen.74 Das am meisten diskutierte alternative Konzept wurde von einer Gruppe von Wissenschaftlern unter Leitung von Leszek Balcerowicz an der Hochschule fUr Planung und Statistik in Warschau im Sommer 1980 ausgear­beitet, weshalb sich der Name "Balcerowicz-Gruppe" im Sprachgebrauch einbtirgerte. Das Programm der Wirtschaftsreforrnkommission75 kam zu dem Ergebnis, daB die Wirtschaftsreform sowohl ein soziales als auch ein politisches Unternehmen sei. Es erwahnte die Bedeutung der Entwicklung einer sozialistischen Demokratie und der Selbstverwaltung und woBte zu diesem ProzeB beitragen, indem es "Voraussetzungen und Mechanismen schafft, die den Werktatigen die Teilnahme und Austibung einer tibergeordneten KontroBe tiber samtliche Verwaltungsprozesse auf der Ebene der Region und des Landes, das Mitwirken in Organisationen der Arbeiterselbstverwal­tung, in den Genossenschaften, Gewerkschaften, in schOpferischen Vereinen, Natio­nalraten und im Sejm sichert. ,,76

Es wurde jedoch nicht erwahnt, in welcher Form die Mitwirkung erfolgen soBte, ins­besondere sprach das Programm keine Anderungen im Wahlmodus an, welche einen

73 Vgl. Pysz, P. (l983a): Wirtschaftsreformdiskussion in Polen 1980-1981, S. 289. Neben den beiden vorgestellten Konzepten sind noch zu nennen: (I) das Konzept der Kommission der Polnischen Oko­nomischen Gesellschaft mit dem Titel "VorschHige zu grundsatzlichen Li:isungen der Wirtschafts­reform in Polen", (2) das Konzept einer Autorengruppe der Okonomischen Akademie in Breslau: "Vorschlage zu Veranderungen des Wirtschaftssystems", (3) das Konept "Richtlinien der politischen und wirtschaftlichen Reformen in Polen" einer Autorengruppe des Fachbereichs Wirtschaftswissen­schaften der Universitat Warschau, (4) "Richtlinien der Veranderungen des Verwaltungssystems in Polen" einer Autorengruppe des Fachbereichs Verwaltungswissenschaft der Universitat Warschau und (5) das Konzept "Ansichten iiber die grundsetzlichen Probleme der Wirtschaftsreform" der Kommis­sion der Polnischen Technischen Hauptorganisation.

74 V gl. Bundesstelle fUr Aussenhandelsinformation (1981): Polen. Allgemeine Wirtschaftsreform und AuBenwirtschaftsreform, S. 2.

75 Wirtschaftsreformkommission (1981): Grundsatze der Wirtschaftsreform (Entwurf), Dbersetzung in: Bundesstelle fUr Aussenhandelsinformation (1981): Polen. Allgemeine Wirtschaftsreform und Au Ben­wirtschaftsreform, S. 1-82.

76 Wirtschaftsreformkommission (1981): Grundsatze der Wirtschaftsreform (Entwurf), S. 6.

23

Page 36: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

grundlegenden Schritt in Richtung einer Demokratisierung bedeutet hatten. Als allge­meines Ziel formulierte das Konzept einerseits die Uberwindung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte und andererseits eine, im Zuge der Reform zu schaffende, hOhere

Effektivitat im Wirtschaftssystem.77 In Verbindung damit wurden die Grundsatze des

spater als Prinzip der ,,3-S", fUr Selbstandigkeit, Selbstverwaltung und Selbstfinanzie­rung, bezeichneten Unabhangigkeit der Unternehmen formuliert. 78 In der zentralen

Frage, in wessen Kompetenzbereich die Berufung oder Abberufung des Direktors liegt, wurde folgendes festgelegt.

"Den Direktor muB berufen oder abberufen (alternativ): a) ein iibergeordnetes Organ bei Konsultation der Selbstverwaltung, b) die Selbstverwaltung auf Vorschlag des iibergeordneten Organs, c) die Selbstverwaltung nominiert einen Kandidaten auf dem Wege einer Aus-

schreibung, und dieser wird yom iibergeordneten Organ bestatigt. ,,79

Somit blieb die Entscheidungsgewalt in den ersten beiden Fallen beim iibergeordneten

Organ - und im dritten Fall konnte es seine Zustimmung verweigern -, was nicht im Einklang mit einer uneingeschrankten Selbstverwaltung der staatlichen Unternehmen

stand.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Reformkonzepten der Wirtschaftsreform­komrnission und der Ba1cerowicz-Gruppe bestand hinsichtlich der Abfolge in der Um­setzung der Reformen. Die Regierungskommission sprach sich fUr eine Ubergangs­phase aus, in der die bestehenden Probleme - der Inflationsdruck und der Nachfrage­iiberhang auf dem Konsumgiitermarkt - mittels direkter staatlicher Eingriffe beseitigt werden sollten.80 Die Anwendung indirekter marktkonformer Leitungsinstrumente war erst im AnschluB daran vorgesehen. Diese Einteilung verdeutlichte das fehlende Ver­trauen in die Regulierungsfunktion marktwirtschaftlicher Instrumente fUr die Errei­chung eines Gleichgewichts auf den Markten. Das Konzept der Ba1cerowicz-Gruppe sprach sich hingegen fUr die umgehende Abschaffung aller direkten Steuerungsinstru­mente und ihre Ersetzung durch indirekte marktkonforme Steuerungsinstrumente aus. 81

AuBerdem sah es eine Umsetzung der Reform auf ,,komplexe und zeitlich konzen-

77 Unter Steigerung der Effektivitat wird die Erhohung der Arbeits- und Kapitalproduktivitat sowie die Senkung der Energie- und Materialintensitat verstanden. Vgl. Tobik, A. (1985): Ergebnisse der polni­schen Wirtschaftsreform (dreijahrige Zwischenbilanz), S. 219.

78 Vgl. Wirtschaftsreformkommission (1981): Grundsatze der Wirtschaftsreform (Entwurf), S. 46-54. 79 Wirtschaftsreformkommission (1981): Grundsatze der Wirtschaftsreform (Entwurf), S. 47f. 80 Vgl. Wirtschaftsreformkommission (1981): Grundsatze der Wirtschaftsreform (Entwurf), S. 7f. 81 Vgl. Pysz, P. (l983a): Wirtschaftsreformdiskussion in Polen 1980-1981, S. 295.

24

Page 37: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

trierte Weise,,82 vor, was als ErkHirung dafUr dienen kann, daB Problerne einer Uber­gangsphase der EinfUhrung der Reformen nicht angesprochen wurden.83

Am 3. Juli 1981 stellte die Regierungskomrnission eine tiberarbeitete Version ihres Reformkonzepts vor, die von der Allgerneinheit tiberwiegend als Fortschritt gegentiber der ursprtinglichen Fassung angesehen wurde.84 In vielen zentralen Bereichen, wie der Marktregulierung, der Vergesellschaftung volkswirtschaftlicher Planunl5 und der Arbeiterselbstverwaltung, hatte sich das Konzept an die VorschHige der Ba1cerowicz­Gruppe angenahert. Der Zeitpunkt fUr die Urnsetzung eines Pakets von Systernver­anderungen wurde in dieser tiberarbeiteten Version urn ein Jahr auf den Beginn des Jahres 1982 vorgezogen.86 Als grundlegendes Subjekt der Wirtschaft nannte das Kon­zept das auf die Prinzipien der SelbsUindigkeit, Selbstverwaltung und Selbstfinanzie­rung gesttitzte Unternehrnen. Dartiber hinaus legte das Konzept fest, daB die Partei weder in die planerischen Entscheidungen oder die laufende operative Verwaltung, noch in die den staatlichen Behorden, den Selbstverwaltungen und Direktionen der Unternehrnen zugewiesenen Kornpetenzen eingreift. Ftir die DurchfUhrung der Reform war eine rnoglichst gleichzeitig, zurnindest aber in kurzen Zeitabstanden vollzogene Einftihrung der grundlegenden Losungen vorgesehen. Das Regierungsprogramm sah fUr die nicht naher bestimmte Anfangsphase vor, die zentrale Verteilung von Ressour­cen, insbesondere von Rohstoffen und Devisen, sowie verschiedene Forrnen der Ratio­nierung beizubehalten.87 Urn sicherzustellen, daB diese MaBnahrnen die Urnsetzung

82 Pysz, P. (1983b): Wirtschaftsreform in Polen. Der Entwurf aus der Hochschule fur Planung und Sta­tistik 1980, S. 236.

83 Dies stellte einen wesentlichen Kritikpunkt am Konzept der Balcerowicz-Gruppe dar, worauf diese im Veri auf des Jahres 1981 mit der Ausarbeitung eines Konzepts fur die Einfuhrung der Reformen rea­gierte, welches als Kernthese formulierte, daB die katastrophale wirtschaftliche Lage eine ziigige Ein­fuhrung in moglichst weitreichendem AusrnaB erforderlich mache. Da nach Lieferung der ersten 50 Exemplare Ende November, Anfang Dezember 1981 das Kriegsrecht ausgerufen wurde, stoppte der Verlag die volle Auflage und das Konzept blieb weitgehend unbekannt. Vgl. Pysz, P. (l983b): Wirt­schaftsreform in Polen. Der Entwurf aus der Hochschule fiir Planung und Statistik 1980, S. 221.

84 Vgl. Pysz, P. (l985a): Konzeption, Bilanz und Perspektiven der polnischen Wirtschaftsreform 1982-1985,S.9f.

85 Die Idee der Vergesellschaftung volkswirtschaftlicher Planung raumte reprasentativen und gesell­schaftlichen Organisationen wesentliche EinfluBnahme und wirsame Kontrolle bei den wichtigsten okonomischen Entscheidungen ein. Vgl. Mujzel, J.; Wojciechowska, U. (1985): Wirtschaftsreform in Polen. Diskussionen und Probleme seit 1980, S. 138.

86 Vgl. Gajewski, M.; Ostaszewski, J. (1981): Veranderungen im System - Veranderungen in den Me­thoden (Zmiany w systemie - zmiany w metodach), in: Trybuna Ludu, Nr. 160 vom 10. Juli 1981, S. 4, als auszugsweise deutsche Dbersetzung in: Delhaes, K. von (1987): Anspruch und Wirklichkeit der polnischen Wirtschaftsreform, S. 11-14.

87 Vgl. Polish Interpress Agency (Hrsg.) (1981): Government Programme of overcoming the crisis and stabilizing the economy. S. 9f.

25

Page 38: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

der Reform nieht behinderten, soUte tiber die Verteilung nicht auf Ebene der Ministe­

rien sondem innerhalb von "Operativprogrammen" der Regierung, die sich an den wichtigsten Zielen ausrichteten, entschieden werden. Auf dem 9. AuBerordentlichen Parteitag der PV AP vom 14. bis 20. Juli 1981 wurde die Zustimmung zu den Richt­linien der Wirtschaftsreform gegeben.88

2.2.2 Die Durchfiihrung der "ersten Etappe" der Wirtschaftsreform in Polen

Wichtigstes Ziel in den Reformbestrebungen war die Steigerung der Effizienz der pol­

nischen Untemehmen. Die Grundlage fUr die Erreichung dieses Ziels soUte die Einfiih­rung der oben dargesteUten ,,3-S" fUr die staatlichen Untemehmen sein. Die Unter­nehmen soUten selbstandig tiber aUe Tatigkeitsbereiche des Untemehmens entscheiden konnen, beispielsweise die Festlegung der Produktion und das Aushandeln der Preise.

Die Finanzierung der UntemehmensUitigkeit sowie der Investitionen soUte aus den erwirtschafteten Mitteln erfolgen, wobei der MiBerfolg nicht wie bisher durch Subven­tionen kompensiert werden, sondem zum Ausscheiden des Untemehmens tiber den Konkurs fiihren soUte. SchlieBlich soUte die Belegschaft im Rahmen der Selbstver­waltung an den innerbetrieblichen Entscheidungsprozessen beteiligt werden.89 Dies erscheint aus marktwirtschaftlicher Sieht problematisch, da sich die Interessen der Beschaftigten in der Regel von denen der Eigenttimer unterscheiden, d.h. weniger an Effizienz- und Gewinnmaxirnierungskriterien ausgerichtet sind als vielmehr an der Lohnmaxirnierung.90 Dennoch ware bei konsequenter Durchsetzung des Programms durch die Moglichkeit, tiber den Einsatz der erwirtschafteten Uberschtisse selbst zu entscheiden und die Preise zwischen den Untemehmen frei auszuhandeln91 , eine star­kere Ausrichtung der Untemehmen an Effizienzkriterien und in Verbindung darnit eine erhohte Innovationsbereitschaft zu erwarten gewesen.

Urn die weiterhin bestehende Skepsis beztiglich der Reformbereitschaft der Regierung zu zerstreuen, wurden frtih erste Reformschritte eingeleitet. Bereits Ende September

88 Vgl. Delhaes, K. von (1987): Anspruch und Wirklichkeit der polnischen Wirtschaftsreform, S. 22f. 89 Vgl. Tobik, A. (1985): Ergebnisse der polnischen Wirtschaftsreform (dreijahrige Zwischenbilanz),

S.219. 90 Vgl. Tietzel, M. (1981): Die Okonomie der Property Rights: Ein Oberblick, in: ZeitschriJt fur Wirt­

schaftspolitik, 30. Jg., S. 225f. 91 Als wesentliche EinfluBfaktoren auf die - typischerweise mangelnde - Innovationstatigkeit in Zentral­

verwaltungswirtschaften werden unter anderem die fehlenden Sanktionsmoglichkeiten der Betriebe gegeniiber ihren Lieferanten, die nicht im Preis system sich wiederspiegelnde relative Ressourcen­knappheit und der Umstand aufgefiihrt, daB der InnovationsprozeB im wesentlichen angebotsinduziert is!. Vgl. Wagener, H.-J. (1995): Anlage oder Umwelt? Oberlegungen zur Innovationsschwache der DDR-Wirtschaft, S. 74.

26

Page 39: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

1981 wurde das "Gesetz liber die Selbstverwaltung der Belegschaft eines staatlichen Betriebes" und das "Gesetz liber die staatlichen Betriebe" verabschiedet.92 Das Kon­zept der Selbstverwaltung hatte insofem besondere Bedeutung, als seine Verwirkli­chung die Beteiligung der Gesellschaft, in diesem Fall der Arbeiterschaft, am wirt­schaftlichen RefonnprozeB gewahrleisten wlirde. 1m Gesetz liber die Selbstverwaltung wurde die Wahl eines Arbeitnehmerrates festgelegt,93 der in allen wesentlichen wirt­schaftlichen Fragen entscheidet (Art. 24(1)) und liber die Berufung oder Abberufung des Direktors des Untemehmens bestimmt (Art. 24(2)). Nach Artikel 24(1) war der Arbeitnehmerrat u.a. befugt: ,,1) den Jahresplan des Betriebes zu beschlieBen und zu verandem, 2) den Jahresbericht entgegenzunehmen und die Bilanz zu bestatigen, 3)

Beschliisse tiber Investitionsvorhaben zu treffen,,94. Eine Beschrankung der Selbstver­waltungsbefugnis durch den Direktor in Form eines Klagerechts war jedoch bei Be­schliissen des Arbeitnehmerrates vorgesehen, die das nicht naher umschriebene, "allgemeingesellschaftliche Interesse" verletzten. Obwohl damit die Arbeiterrate fonnell mit den im Gesetz enthaltenen Kompetenzen ausgestattet wurden, gab es folgende wesentliche Einschrankungen.

Wahrend der Dauer des Kriegsrechts vom 13. Dezember 1981 bis zum 22. Juli 1983 wurden alle Kompetenzen der Arbeiterrate auf Direktoren oder militlirische Kom­missare tibertragen.95 AuBerdem war kurz vor Verhangung des Kriegsrechts in einem KompromiB mit der Solidarnosc eine Liste von 200 Untemehmen von "grundlegender nationaler Bedeutung" aufgestellt worden, in denen das Recht zur Bestimmung des Direktors beim Staat blieb.96 Der Umfang der Liste war bis 1985 auf 1371 Finnen angewachsen, von denen manche Zusammenschliisse mehrerer Untemehmen bildeten. Deshalb ist zu vennuten, daB diese ,,AusschluBliste" alle wesentlichen Bereiche der polnischen Wirtschaft berlihrte. Ein Bericht an den Sejm, das polnische Parlament, von 1984 besagte, daB 87 % der insgesamt 6 403 berechtigten Untemehmen, die 5,5 Mio. Arbeiter auf sich vereinten, selbstverwaltet waren. Allerdings bestanden viele der Arbeitnehmerrate nur formell und besaBen wenig Unabhangigkeit. Eine geschatzte

92 Vgl. Wilke, R. (1982): Die Einschrankung der fiihrenden Rolle der Polnischen Vereinigten Arbeiter­partei, S. 70f.

9) In Artikel 13 des Gesetzes. V gl. Polnische Aussenhandelskammer (1982): Gesetz tiber die Selbstver­waltung der Belegschaft eines staat lichen Betriebes vom 25. September 1981, S. 38.

94 Polnische Aussenhandelskammer (1982): Gesetz tiber die Selbstverwaltung der Belegschaft eines staatlichen Betriebes vom 25. September 1981, S. 40.

95 Vgl. Kaminski, B. (1991): Economic reform and directive capacity of the Polish state in the 1980s, in: Kemme, D. M. (Hrsg.): Economic reform in Poland: The aftermath of martial law 1981-1988, S. 59.

96 Vgl. Holland, D. C. (1988): Workers' self-management before and after 1981, in: Marer, P.; Siwmski, W. (Hrsg.): Creditworthiness and reform in Poland, S. 135f.

27

Page 40: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Minderheit von nur 10 % waren aktiv und unabhangig an der Selbstverwaltung betei­ligt, zumeist in Betrieben, in denen eine Kontinuitat seit 1981 bestand. Viele der 1981 aktiven Arbeitnehmerrate nahmen ihre Tatigkeit nach Ende des Kriegsrechts jedoch nicht mehr auf. In wichtigen Unternehmen wie Ursus, WSK Ok~cie und ZK Polcolor in Warschau oder der Raffinerie in Danzig wurde die politische Situation noch 1985 als zu unsicher fUr die Wiederaufnahme der Tatigkeit der Arbeitnehmerrate angesehen.

Das polnische Konkursrecht geht auf eine Rechtsverordnung des Prasidenten der Re­publik yom 24.10.1934 zuruck, die jedoch wahrend der Zeit des sozialistischen Wirt­schaftssystems faktisch auBer Kraft gesetzt war.97 Ende Juni 1983 wurde yom Sejm das "Gesetz iiber die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen und iiber ihren Konkurs" verabschiedet.98 Es bezog sich im wesentlichen auf die Selbstfi­nanzierung der Unternehmen und stellte damit einen weiteren Schritt in der Umsetzung der Selbstverwaltung staatlicher Unternehmen dar. Die Moglichkeit eines Konkurses von Unternehmen spielte eine entscheidende Rolle fUr die Gewahrleistung der Wirk­samkeit marktwirtschaftlicher Elemente in der polnischen Wirtschaft, da erst sie wich­tige Ameize zur Effizienzsteigerung gewahrleisten wiirde, urn damit den Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu fOrdern. Es zeigte sich jedoch, daB das verabschiedete Gesetz in seiner Ausforrnulierung bereits Schwachen aufwies und in keiner Weise konsequent umgesetzt wurde. Dem Griindungsorgan, welches entweder yom iiberge­ordneten Fachministerium oder der iibergeordneten territorialen staatlichen Verwal­tung gebildet wurde, oblag demnach die Entscheidung iiber den Konkurs, wobei dieses sich am Kriterium des "wichtigen gesellschaftlichen Interesses" orientieren sollte. Es fehlten somit konkrete Vorgaben fUr die Einleitung eines Konkursverfahrens. Der Arbeitnehmerrat war lediglich befugt, das yom Direktor vorgeschlagene Sanierungs­konzept anzunehmen oder abzulehnen, sowie die Auflosung eines staatlichen Unter­nehmens beim Grundungsorgan zu beantragen. Die 1982 von den Banken errnittelte Zahl von 700 potentiell konkursgefahrdeten Unternehmen verringerte sich im Verlauf erst auf 70, dann auf 15 und schlieBlich auf Null. Auch aufgrund fehlender AusfUh­rungsvorschriften blieb der Konkurs bis 1990 faktisch weiterhin unmoglich.

97 Vgl. Tigges, M.; Lechmann-Becker, A. (1994): Polen: Verordnung "Das Konkursrecht", in: Wirt­schaft und Recht in Osteuropa, Heft 411994, S. 126.

98 Vgl. Pysz, P. (1984a): Der Konkurs von staatlichen Untemehmen in Polen moglich, in: Osteuropa, S.586ff.

28

Page 41: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

lIn Zuge der Reform des polnischen AuBenhandels waren eine Umstrukturierung des AuBenhandelsministeriums vorgesehen sowie die Abschaffung der direkten Kontrolle der AuBenhandelsorganisationen.99 Dadurch sollten sich die AuBenhandelsorganisa­tionen, die mehrheitlich in Aktiengesellschaften umgewandelt wurden, sHirker nach den Belangen der Unternehmen richten. Ein hOheres MaB an Wettbewerb sollte da­durch erreicht werden, daB die Unternehmen die AuBenhandelsorganisation frei wah­len durften. AuBerdem waren die Unternehmen per Gesetz dazu berechtigt, auch eigenstandig AuBenhandel zu betreiben. Bereits 1982 wurden aber die AuBenhandels­organisationen und die AuBenhandelsaktivitaten der Unternehmen mit Exportberechti­gung wieder dem Aufgabenbereich des AuBenhandelsministeriums zugeordnet. Die starkere Unabhangigkeit der AuBenhandelsorganisationen wurde obendrein dadurch untergraben, daB das Ministerium in allen Organisationen Mehrheitsaktionar war.

Seit den 1970er lahren galt fUr die Bestimmung der Lohnfonds das sogenannte Nor­mativsystem, das eine Abwandlung des Systems der unmittelbaren Regulierung dar­stellte und das Wachstum des Lohnfonds mit dem Wachstum der Wirtschaftseffekti­vi tat, die sich gewohnlich am Urnfang der Nettoproduktion orientierte, verband. 100 Mit der EinfUhrung der Selbstandigkeit der Unternehmen wurde das parametrische System der Lohnzuteilung eingefUhrt, in dem die Unternehmen nicht unmittelbar an zentrale Vorgaben gebunden waren. 101 In dem neuen System war die Festsetzung der Lohne und ihrer Struktur abhangig von der Erwirtschaftung finanzieller Mittel im Unterneh­men, wobei das Unternehmen frei entscheiden konnte tiber die Aufteilung der erwirt­schafteten Mittel auf Lohne und Pramien oder auf Investitionen. 102 Ziel der Reform war ein anreizkompatibles Entlohnungssystem. Gleichzeitig waren die Unternehmen jedoch angehalten, das Lohnwachstum zu beschranken.

Ftir die Gestaltung der Konsumgtiterpreise galten ab Ende Februar 1982 verschiedene Regeln in den drei Kategorien amtliche, regulierte und Vertragspreise. 103 Amtliche Preise galten fUr die Konsumgtiter und Dienstleistungen, die fUr die Lebenshaltung und die Gesundheit der BevOlkerung unerlaBlich sind, und berechneten sich nach der tradi­tionellen Preisbildungsformel "Erzeugerkosten plus Gewinnaufschlag", wobei das Ziel

99 Vgl. Slay, B. (1991): A comparison of Polish and Hungarian foreign trade reforms, S. 186f. I()() Vgl. Wiatr, S. (1984): Motivationssystem in der Wirtschaftsreform in Polen, S. I If. 101 Vgl. ebenda, S. 15f. 102 Der Umfang der erwirtschafteten Mittel ergibt sich aus den Einnahmen aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen abzuglich des zur Aufrechterhaltung des Produktionsprozesses notwendigen Marterialverbrauchs und der an den Staatshaushalt zu entrichtenden finanziellen Leistungen.

103 Vgl. Quaisser, W. (\988): Die Wirtschaftsentwicklung Polens 1987 unter besonderer Berucksichti­gung der Preisreform, inflationarer Prozesse und der Situation auf dem Konsumgiiterrnarkt, S. 32f.

29

Page 42: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

eines Marktgleichgewichts bei der Preisbildung sHirker berticksichtigt werden soUte. Die regulierten Preise galten vor aUem fUr Betriebe mit einer MonopolsteUung auf dem Markt und wurden, abgesehen von einem erweiterten Spielraum der Betriebe bei der Preisfestlegung, nach den gleichen Prinzipien wie die amtlichen Preise erstellt. Die amtlichen und regulierten Preise waren als H6chstpreise festgelegt. 104 Die frei zwi­schen den Vertragspartnern ausgehandelten Vertragspreise galten schlieBlich fUr aUe Gi.iter, die nicht unter die ersten beiden Kategorien fielen. Als Besonderheit enthielten die Bestimmungen die Pflicht des Verkaufers, auf Verlangen des Kaufers eine Kosten­kalkulation vorzulegen.

Die am 1. Februar 1982 durchgesetzten drastischen PreiserhOhungen fanden vor dem Hintergrund weiterhin bestehender Gtiterrationierung105 statt106, was wiederum die Strategie der parallelen Anwendung staatlicher Eingriffe und marktwirtschaftlicher Liberalisierung verdeutlicht, wobei auch die Festlegung der Preissteigerungen ein administrativer Vorgang war. Zur Vermeidung von HartefaUen wurden Kompensa­tionszahlungen gewiihrt, die tiberwiegend sozial motiviert, jedoch teilweise auch nach Leistungsgruppen und Berufen gestaffelt waren. Mit der EinfUhrung eines einheitli­chen Wechselkurses im Jahr 1982 sollte erreicht werden, daB die Weltmarktpreise als Richtschnur fUr das inHindische Preissystem dienten. Durch mehrfache Abwertungen -der offizielle Wechselkurs stieg von 80 ZlotyIUS-$ im Jahr 1982 auf 502,5 ZlotyIUS-$ im Jahr 1988 - vergr6Berte sich aber die Kluft zwischen Weltmarkt- und Inlandsprei­sen, weil die Preisanpassungen zu langsam vorgenommen wurden.107 Die daraus resul­tierenden Knappheiten wurden als Rechtfertigung fi.ir die Beibehaltung des ursprting­lichen Systems der zentralen Rationierung und Preisanpassung herangezogen, dessen ausfUhrende Organe das AuBenhandelsministerium sowie die wieder eingefUhrten Branchenministerien waren. Der Exportanreiz fUr die Unternehmen blieb somit gering. Zudem war der Inflationsdruck weiterhin betrachtlich und praktisch die gesamte Pro­duktion konnte auf dem Inlandsmarkt abgesetzt werden.

104 Vgl. Pysz, P. (1985b): Die Preisreform 1982 und die Perspektiven fur das G1eichgewicht auf dem po1nischen Konsumgiitermarkt, S. 316f.

105 Diese stiitzte sich auf ein allgemeines Bezugsscheinsystem, das unter anderem einige Grundnah­rungsmittel umfaBte. Vgl. Pysz, P. (1984b): Die Preisreform 1982 auf dem Konsumgiitermarkt in Polen, S. 23.

106 Gleichzeitig wurden Ausgleichszahlungen fur die Preissteigerungen fur Grundnahrungsmittel und Energietrager eingefuhrt. Vgl. Lippe, P. v. d. (1985): Die Wirtschaftspolitik der Regierung laruzelski 1982-1984, in: Bingen, D. (Hrsg.): Polen 1980-1984. Dauerkrise oder Stabilisierung, S. 271.

107 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 63.

30

Page 43: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Verschiedene Studien deuten darauf hin, daB bis 1988 der Arbeitskdiftemangel von den Untemehmen als bedeutendste Beschrankung fiir ihr Wachstum angesehen wurde. 108 Der Arbeitskraftemangel als typisches Phtinomen in Zentralplanwirtschaften wurde im Falle Polens noch durch ein zu Beginn der Krise in Polen eingefiihrtes System der Friihverrentung verschtirft, welches aus der irrigen Erwartung einer durch die Wirtschaftsreformen drohenden Arbeitslosigkeit heraus ins Leben gerufen worden war. 109

Ein wichtiger Aspekt im Reformprogramm der Regierung war das Zuriickdrangen der zentral gesteuerten Inputallokation, was eine gr6Bere Selbstandigkeit der Untemehmen gewahrleisten sollte. Die zentral gesteuerte Inputallokation wurde dernnach von 70 % im Jahr 1982 auf 10 % im Jahr 1989 reduziert. llo Eine entgegengesetzte Wirkung hatten allerdings die ebenfalls 1982 eingefiihrten "Betriebsprogramme" und "Regie­rungskontrakte", die neue Formen der zentralen Steuerung der Wirtschaftstatigkeit und der Inputallokation darstellten. Dies fiihrte dazu, daB die Regierung 1986 immer noch an rund 80 % der Verkaufe von Produktionsglitem beteiligt war.

Trotz heftiger Einwande seitens des Konsultativen Wirtschaftsrats der Regierung und des Sozio-6konornischen Rats des Sejm wurde der institutionelle Rahmen fiir Investiti­onsentscheidungen nicht verandert. lll Dies hatte zur Folge, daB kapitalintensive Inve­stitionsprojekte ihren vorrangigen Status im zentralen Plan behielten und darnit die Investitionspolitik der 1970er Jahre im wesentlichen fortgefiihrt wurde. 112

Die im Mtirz 1981 von polnischer Seite vorgebrachte Forderung nach einer Umstruktu­rierung der Auslandsschuld fiihrte zu einem starken Verlust an Kreditwlirdigkeit auf den intemationalen Kapitalmtirkten, der durch die Einfiihrung des Kriegsrechts noch verschtirft wurde. ll3 Deshalb wurden im Zeitraum 1981 bis 1987 auch nicht in nen­nenswertem Urnfang neue Auslandskredite von Banken oder Regierungen vergeben, so

108 Vgl. Ostrowski, M. (1991): Economic development and the economic reform in Poland, in: Kemme, D. M. (Hrsg.): Economic reform in Poland: The aftermath of martial law 1981-1988, S. 41.

109 Vgl. FaUenbuchl, Z. M. (1991): The 1986-1990 five year plan: Strategy and reform dependency, in: Kemme, D. M. (Hrsg.): Economic reform in Poland: The aftermath of martial law 1981-1988, S. 20.

110 Vgl. Lipton, D.; Sachs, 1. (1990): Creating a market economy in Eastern Europe: The case of Poland, S. 107.

III Vgl. Kaminski, B. (1991): Economic reform and directive capacity of the Polish state in the 1980s, S.60f.

112 Beispielsweise sah die Planung fUr den Bau eines Stahlwerks in Katowice den Transport des dort erzeugten Stahls zur Weiterverarbeitung an andere Stahlwerke vor, obwohl dafUr 60 % des urspriing­lichen Energieaufwands notwendig waren.

113 Vgl. Slay, B. (1991): A comparison of Polish and Hungarian foreign trade reforms, S. 184.

31

Page 44: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

daB rund 60 % der polnischen Westimporte tiber die Exporteinnahmen finanziert werden muBten, obwohl in der ersten Halfte der 1980er Jahre die Irnporte aus Hart­wahrungslandern jahrlich urn bis zu 40 % zurtickgegangen waren. Die Verschuldung gegentiber der Sowjetunion stieg in der ersten Halfte der 1980er Jahre stark an und betrug 1986 tiber 6 Mrd. Transferrubel. 114 AusgelOst wurde dieser Schuldenanstieg durch das hohe AuBenhandelsdefizit gegentiber der Sowjetunion, das diese als Kompensation fUr die stark geschrumpften westlichen Importe, wohl zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage in Polen, zulieB.

Die mangelnde Durchsetzung der in den Gesetzen festgeschriebenen Reformvorhaben verdeutlichte die Zerrissenheit der polnischen Ftihrung zwischen Erweiterung des Handlungsspielraumes der Wirtschaftseinheiten einerseits und Erhaltung der eigenen Machtposition andererseits. 115 Nicht zuletzt deshalb konnte das Ziel der "ersten Etappe" der Wirtschaftsreform, tiber eine Politik der Verknappung der verftigbaren liquiden Mittel gegentiber den Betrieben ein Gleichgewicht auf den Konsum- und Investitionsgtitermarkten zu erreichen, nicht wie geplant bis 1984 erreicht werden. I 16

2.2.3 Die "zweite Etappe" der Wirtschaftsreform in Polen

Die Diskussionen tiber eine "zweite Etappe" der Wirtschaftsreformen begannen 1984, nach der im Reformprogramm vorgesehenen Dbergangsfrist von zwei bis drei Jahren, als die yom Bevollmachtigten der Regierung fUr die Wirtschaftsreform und yom Kon­sultativen Wirtschaftsrat veroffentlichten Berichte zur Wirtschaftsreform erschienen. 117

Aufgrund des Grades ihrer Abhangigkeit von der Regierung unterschieden sich die beiden Berichte: Wahrend der Bericht des Regierungsbevollmachtigten die Reform als annahernd erfolgreich abgeschlossen bezeichnete, fUhrte der Bericht des starker unab­hangigen Wirtschaftsrates das ab 1983 wieder einsetzende Wirtschaftswachstum vor­nehmlich auf die ProzeBpolitik zurtick und sprach sich fUr eine neue Auflage der Wirt­schaftsreform aus.

114 Vgl. Pysz, P.; Quaisser, W. (1988): Polens Wirtschaft zwischen Krise und Reform, S. 53. 115 Trotz Verhangung des Kriegsrechts blieb die Gewerkschaft Solidarnosc im Untergrund aktiv und es

fanden Massendemonstrationen statt. Deshalb richtete sich die Wirtschaftspolitik der Regierung vor­nehmlich auf die gesellschaftliche Stabilisierung. Vgl. Pysz, P.; Scharff, R. (1988): Polnische Volks­wirtschaft in den 80er Jahren - Reformen und wirtschaftliche Ergebnisse, in: Schliiter, R. (Hrsg.): Wirtschaftsreformen im Ostblock in den 1980er Jahren, S. 95.

116 V gl. Pysz, P. (1985a): Konzeption, Bilanz und Perspektiven der polnischen Wirtschaftsreform 1982-1985, S. 24.

117 Vgl. Pysz, P.; Quaisser, W. (1988): Polens Wirtschaft zwischen Krise und Reform, S. 56.

32

Page 45: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Als die Regierung Ende 1985 elf Zusatze zur wirtschaftlichen Reformgesetzgebung von 1982 mit der Begriindung einbringen woHte, sie seien zur Erftillung des Ftinfjah­resplans 1986-1990 notwendig, regte sich Widerstand im Sejm. 1l8 Einige der Zusatze wurden daraufhin in abgewandelter Form angenommen, andere wurden abgewiesen. Es handelte sich hierbei wiederum urn die Kontroverse, ob eher unabhangige Marktmechanismen oder strikte administrative Kontrollen als wirtschaftspolitische Instrumente eingesetzt werden sollten. Auch wenn sich die Partei auf dem Zehnten Parteitag im Juli 1986 in den "The sen zur Zweiten Stufe der Wirtschaftsreform" offi­ziell auf eine marktwirtschaftliche Strategie einigte, blieb die Spaltung bis Ende der 1980er Jahre bestehen.

Am 2. Oktober 1987 wurde das Programm zur Durchftihrung der Zweiten Stufe der Wirtschaftsreform von der Regierung dem Wirtschaftsreformkomitee zur Beurteilung vorgelegt. 119 Das Programm war Ergebnis einer breiten Diskussion der Thesen inner­halb und auBerhalb der Partei 120 und enthielt einen Zeitplan fUr die innerhalb der fol­genden zwei Jahre einzuleitenden Reformen. 1m Unterschied zum Reformprogramm von 1981 sah das Programm die Reorganisation des zentralen Wirtschaftsapparats als ersten Reformschritt vor, die im vorherigen Programm den letzten Schritt im Reform­prozeB dargestellt hatte. Die Reform des institutionellen Aufbaus wurde somit als not­wendige Bedingung ftir den Erfolg des Reformprozesses gesehen und nicht als dessen Ergebnis. Als wichtige personelle Veranderung wurde Zdislaw Sadowski, ein aner­kannter parteiloser Okonom, zum Chef der Planungskommission, die ein Zentrum der Reformgegner war, berufen. 121 Thm unterstand auBerdem die Reformkommission, die das "Realisierungsprogramm fUr die zweite Reformetappe" vorbereitete.

Ein wesentlicher Bestandteil des Reformprogramms waren die geplanten Preiserho­hungen fUr Nahrungsmittel, Energie im Bereich der Raushalte, Mieten, Alkohol und Tabak.122 Die Arbeiterschaft sollte durch Kompensationszahlungen fUr die Preiser­hohungen, wenn auch nicht in voller Rohe, entschadigt werden. Die Regierung er­hoffte damit einerseits, die Zustimmung zu den anderen geplanten MaBnahmen zu erhalten, andererseits sollten durch die Preiserhohungen die Verzerrungen in den Relativpreisen und damit in der Allokation abgebaut sowie die Budgetsituation durch

118 Vgl. Fallenbuchl, Z. M. (1991): The 1986-1990 five year plan: Strategy and reform dependency, S. 18f.

119 Vgl. Ostrowski, M. (1991): Economic development and the economic reform in Poland, S. 44ff. 120 Vgl. Gabrisch, H. (1988): Die "zweite Etappe der Wirtschaftsreform" in Polen: Ausgangslage,

Programm, Diskussion und MaBnahmen 1987, S. 13-19. 121 Vgl. Pysz, P.; Quaisser, W. (1988): Polens Wirtschaft zwischen Krise und Reform, S. 57. 122 Vgl. Milanovic, B. (1992): Poland's quest for economic stabilisation, 1988-91, S. 512f.

33

Page 46: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

steigende Einnahmen und sinkende Subventionen verbessert werden. Erstmals in der Geschichte der sozialistischen Lander wurde am 29. November 1987 tiber das Re­formprogramrn in einem Referendum abgestimrnt. Das Ergebnis des Referendums bedeutete, trotz einer Mehrheit der abgegebenen Stimrnen, aufgrund der geringen Wahlbeteiligung von 67 % eine Ablehnung des Programrns.123 Die daraus resultierende Schwachung der Regierungsposition fUhrte dazu, daB die am 1. Februar 1988 einge­fUhrten Preiserhahungen fUr Verbrauchsgtiter nur 40 % statt der ursprtinglich vorgese­henen 110 % betrugen.

1m Mai 1988 gewahrte der Sejm der Regierung ein Paket spezieUer Rechte zur Durch­setzung der Wirtschaftsreform. 124 In der Folge wurde die direkte KontroUe der Lahne durch die Ministerien abgeschafft, und die BetriebsfUhrung konnte nun direkt mit den Arbeitern verhandeln. 125 Da die Betriebsleitungen jedoch nach wie vor weder Ameize noch Maglichkeiten hatten, dem Arbeitnehmerdruck nach Lohnerhahungen entgegen­zuwirken, fUhrte die Reform zu einer starkeren Macht der Arbeitnehmer tiber die Be­triebsleitung. Begtinstigt durch diese neue Regelung und mit Hilfe einer Reihe von Streiks konnte die Arbeiterschaft massive Kompensationsforderungen durchsetzen, weshalb eine der Zielsetzung des Programrns entgegengesetzte Entwicklung einsetzte und die Lahne im Verlauf des lahres 1988 deutlich starker als die Preise stiegen. 126

Hemrnend auf die Durchsetzung der im Reformprogramrn angestrebten Veranderungen wirkte sich der Fi.infjahresplan 1986-1990 aus, der im Dezember 1986 verabschiedet worden war. Die dort getroffenen Vorgaben standen nicht im Einklang mit den Ziel­setzungen der ,,zweiten Etappe", es fand aUerdings auch keine nachtragliche Anderung statt. 1m Investitionsplan war ein Zuwachs der Investitionen im Bereich der materieUen Produktion von 67 % im 1 ahr 1985 auf 72 % im 1 ahr 1990 vorgesehen. 127 Der Anteil der Industrie an den gesamten Investitionen soUte dabei im selben Zeitraum von 30 %

auf 38 % zunehmen. Die Farderung des Strukturwandels durch Investitionen war be­grenzt, da 72 % der im zentralen Plan vorgesehenen Investitionsmittel in bereits beste-

123 Vgl. Pysz, P.; Quaisser, W. (1988): Polens Wirtschaft zwischen Krise und Reform, S. 60. 124 Vgl. Kaminski, B. (1991): Economic reform and directive capacity of the Polish state in the 1980s, S.57.

125 Vgl. Johnson, S. (1991): Did socialism fail in Poland?, in: Comparative Economic Studies, Bd. 33, Nr. 3, S. 135.

126 Wiihrend die Einzelhandelspreise im Dezember 1988 gegeniiber dem Vorjahresmonat urn 73 % er­bOht hatten, lag der Lohnanstieg im selben Zeitraum bei 156 %. Vgl. Milanovic, B. (1992): Poland's quest for economic stabilisation, 1988-91, S. 513.

127 Dies fiihrte zu einer anhaltenden Finanzmittelknappheit im Gesundheits- und Bildungswesen sowie in anderen Dienstleistungsbereichen. Vgl. Fallenbuchl, Z. M. (1991): The 1986-1990 five year plan: Strategy and reform dependency, S. 22f.

34

Page 47: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

hende Projekte flossen.1 28 Diese zeichneten sich durch ihre hohe Kapital-, Rohstoff­und MaterialintensiUit aus.

Als wesentliches Merkmal im gescheiterten polnischen ReformprozeB zeichnete sich die Widerstandsfiihigkeit der sozialistischen Institutionen gegeniiber Reformbestrebun­gen ab. 129 Darin kommen zwei grundlegende Widerspriiche in der von der polnischen Regierung seit 1982 verfolgten wirtschaftlichen und politischen Strategie zum Aus­druck. Einerseits ging die anfiingliche Toleranz politischer Opposition mit der Weige­rung einher, die notwendigen politischen Reformen einzuleiten. Denn diese hatten der Opposition eine tragende Beteiligung am politischen Leben ermoglicht. Andererseits auBerte sich der Widerspruch in dem Versuch, marktwirtschaftliche Reformen in einem nicht marktwirtschaftlichen Umfeld einzuflihren.

2.3 Vergleich der Ausgangslage in Spanien und Polen

Ein Vergleich der wirtschaftlichen Entwicklung in Spanien unter Franco und in Polen in den 1980er Jahren zeigt deutlich den Unterschied in den wirtschaftlichen Problem­lagen beider Lander und damit in den bestehenden Reformerfordemissen. In Spanien flihrten im wesentlichen eine fehlerhafte Wirtschaftspolitik, die nicht ausreichend auf die 1973 einsetzende, intemationale Wirtschaftskrise reagierte sowie das Versaurnnis, notwendige institutionelle Reformen einzuleiten, zu Verzerrungen in der Wirtschafts­struktur und zu einer verscharften Krisensituation Mitte der 1970er Jahre. Diese Ent­wicklung war jedoch begleitet von einer Periode rasanten wirtschaftlichen Wachstums im AnschluB an die im Stabilisierungsplan enthaltene Reform, die unter anderem einen urnfassenden Wandel in der Beschaftigtenstruktur und eine bffnung der spanischen Wirtschaft nach auBen nach sich zog. In Polen gelang es hingegen zu keinem Zeit­punkt, die bestehenden Mangel des Wirtschaftssystems, die mitverantwortlich flir die Ende der 1970er Jahre aufgetretene Krise waren, mit Hilfe der eingeleiteten Reformen zu iiberwinden.

Ein Unterschied zwischen beiden Reformen bestand hinsichtlich des Impulses zur Veranderung. Wahrend sich dieser in Spanien iiberwiegend aus dem bestehenden Regime heraus entwickelte, war es in Polen die in Opposition zum Regime stehende Solidamosc, die den ProzeB der Reformdiskussion in Gang setzte. Entscheidender war

128 Dabei waren 30 % der gesamten Investitionen fUr Projekte vorgesehen, die bereits in den 1970er lahren begonnen worden waren.

129 Vgl. Kaminski, B. (1991): Economic reform and directive capacity of the Polish state in the 1980s, S.50f.

35

Page 48: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

jedoch, inwieweit sich die Anderungen in der Zielsetzung im weiteren Verlauf verfe­stigten und damit Teil des Systems wurden. In Spanien war die Anderung in der wirt­schaftspolitischen Zielsetzung verbunden mit weitreichenden personellen Veranderun­gen bei den Entscheidungstragern der Wirtschaftspolitik. Diese neuen Eliten bestimm­ten bis zum Ende des Regimes den wirtschaftspolitischen Kurs und trugen groBen Anteil an den eingetretenen Veranderungen. 130 In Polen fand mit der Einflihrung des Kriegsrechts im Dezember 1981 und dem Verbot der Solidamosc zwar keine grund­satzliche 'Anderung der wirtschaftspolitischen Zielsetzung statt, ein urnfassender Wechsel in den wirtschaftspolitischen Entscheidungsinstanzen blieb dadurch jedoch aus. 1m Reformprogramm der polnischen Regierung von 1981 lag die Bestimmung und Ausarbeitung der wirtschaftspolitischen Zielsetzungen nach wie vor bei den leitenden Organen der PV AP. 131 1m Verlauf der Reformdiskussion war diese Regelung kritisiert und als Lasung eine Reform des polnischen Parlaments vorgeschlagen worden. 1m Rahmen der Reform war die Einrichtung einer zweiten Kammer vorgesehen, we1che sich ausschlieBlich mit wirtschaftlichen und sozialen Fragen befassen und deren Mit­glieder von den selbstverwalteten Einheiten bestimmt werden sollten. Da eine so1che Reform die flihrende Rolle der Partei eingeschrankt hatte, wurde der Vorschlag nicht beriicksichtigt. Den Reformprojekten in Polen kann nicht unterstellt werden, daB sie reine Lippenbekenntnisse der Regierung waren, die allein dem Zweck dienten, nach auBen hin staatliche Reformwilligkeit zu demonstrieren. Denn eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage lag auch im Interesse der Entscheidungstrager auf Regierungs­seite. Die mit der Reform angestrebte, steigende Unabhangigkeit der Unternehmen von den zentralen Planungsinstanzen stand jedoch in Konflikt mit dem obersten Ziel der Regierung, welches die Wiederherstellung der im Rahmen der Krise und Reformdis­kussion geschwachten politischen Machtposition der PV AP urnfaBte. 132 Der beste­hende Konflikt zwischen Liberalisierung der Wirtschaft und Erhaltung der politischen Macht kann aber auch im FaIle Spaniens als Grund flir die zumindest partiell fehlge­lei tete Entwicklung aufgeflihrt werden.

Erhebliche Unterschiede zwischen Spanien und Polen existierten auBerdem hinsicht­lich der auBeren Einfliissen auf die Wirtschaft und die Wirtschaftspolitik. Neben der engen Zusammenarbeit mit dem IWF und der OEEC bei der Formulierung des Stabili­sierungsplans spielte im weiteren Verlauf die auBenwirtschaftliche Offnung eine we-

1)0 Vgl. Cazorla, J. (1993): The theory and reality of the authoritarian regime, thirty years later, S. 74 131 Vgl. J6zefiak, C. (1987): The structural changes in the power centre, and economic reform in Poland, S.6f.

IJ2 Ihr Scheitem verdeutlicht auch die Entwicklung in der Zahl der Parteimitglieder, die von tiber 3 Mio. 1980 auf 2 Mio. 1985 zuriickging. V gl. Batt, J (1991): East Central Europe from reform to transfor­mation, S. I3f.

36

Page 49: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

sentliche Rolle fUr die Modemisierung der spanischen Wirtschaft. Sie ging einher mit einem Wachstum der spanischen Exporte und Importe bis Mitte der 1970er Jahre, das deutlich tiber dem Wachstum des Welthandels lag. 133 Demgegentiber trat in Polen im AnschluB an die Verhangung des Kriegsrechts bis Mitte der 1980er Jahre eine Abkehr vom westlichen Ausland ein. 134 Infolgedessen war sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen im Zeitraum 1980 bis 1989 ein drastischer Rtickgang zu verzeichnen. Dabei sanken - gemessen in jeweiligen Preisen in US-$ - die Importe bis 1989 auf 53 % und die Exporte auf 77 % ihres Niveaus von 1980.135

Dartiber hinaus scheint, neben den oben angesprochenen Ursachen, auch die man­gelnde Leistungsfiihigkeit des sozialistischen Wirtschaftssystems eine Rolle gespielt zu haben. Der wichtigste Unterschied - bei einem Vergleich Spaniens in der Phase der Autarkiepolitik bis Ende der 1950er Jahre und dem polnischen System, die sich beide durch einen umfassenden staatlichen Dirigismus auszeichneten - existierte beztiglich der Eigentumsform. Denn in Spanien blieb das Privateigentum an den Produktions­mitteln weitgehend erhalten, wahrend sich in Polen beinahe der gesamte gewerbliche und Dienstleistungssektor in Staatseigentum befand. Obwohl die vielfaltigen Mangel bei der Durchsetzung der polnischen Reformen die Beurteilung erschweren, erscheint es fraglich, ob die konsequente Umsetzung der vorgesehenen MaBnahmen einen durchgreifenden Erfolg gebracht hatte. Die in Polen durchgefUhrten Reformen stellten einen Versuch dar, marktwirtschaftliche Anreize fUr die staatlichen Unternehmen zu schaffen. Die Orientierung an wirtschaftlicher Effizienz sollte dabei unter anderem durch das umstrittene Instrument der Selbstverwaltung der staatlichen Betriebel36 und eine Verringerung der Zahl der Branchenministerien gewahrleistet werden, urn damit das tiberkommene System der btirokratischen Koordination aufzu16sen. Die neuen Ministerien, aber auch die Betriebsleitungen strebten jedoch weiterhin enge gegensei­tige Verbindungen an und trugen auf diese Weise zur Wiederherstellung der Branchen­struktur der Ministerien bei. 137 Aus den Erfahrungen mit den beiden gescheiterten

133 Vgl. Alonso, J. A. (1993): El sector exterior, S. 406f. 134 Als Folge der Verhangung des Kriegsrechts erlieBen die USA und die westeuropaischen Staaten wirt­

schaftliche Sanktionen, die bis Ende der 1980er Jahre weitgehend aufrechterhalten wurden. Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 82.

135 Vgl. United Nations (Hrsg.) (1995): 1993 international trade statistics yearbook, Volume 1. Trade by country, S. 757.

136 Vgl. KapiteI2.2.2, S. 26 137 Die Grenzen einer Reform des staatlichen Sektors in sozialistischen Wirtschaftssystemen begriindet

Kornai mit der bestehenden Tendenz zur Reproduktion der biirokratischen Koordinationsmechanismen. Vgl. Kornai, J. (1995): Highways and byways. Studies on reform and post-communist transition, S.46f.

37

Page 50: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Reformprojekten in Polen wurde deutlich, daB fUr die polnische Wirtschaft eine Trans­formation als Schritt zur erfolgreichen Weiterentwicklung notwendig war.

2.4 Der Ansatz zur Untersuchung wirtschaftIicher Umgestaltungsprojekte

Die Betrachtung der Reformen und Reformversuche in Spanien und in Polen litBt auf einen bedeutenden EinfluB politischer Faktoren schlieBen. In autoriUiren Regimes wie dem franquistischen Spanien lliBt sich eine ausgepragte Interdependenz zwischen wirt­schaftlicher und politi scher Situation feststellen. 138 So fUhrten die ersten Anzeichen der einsetzenden Wirtschaftskrise Anfang der 1970er Jahre nicht nur zu einer Bedrohung des Regimes sondern auch dazu, daB eine Anpassung an die geanderten Bedingungen, die mit Einschnitten verbunden gewesen ware, unterblieb und statt dessen eine kom­pensatorische Wirtschaftspolitik betrieben wurde. Die Gegebenheiten im sozialisti­schen Polen in den 1980er Jahre waren tihnlich, da trotz der Bestrebungen, ein totali­tares Regime nach dem Zweiten Weltkrieg zu errichten, ein gewisses MaB an Plura­lismus erhalten blieb. Der 1980 einsetzende Dialog mit oppositionellen Kraften, der zur Zulassung der Gewerkschaftsbewegung Solidarnos6 fUhrte, kam mit Verhangung des Kriegsrechts Ende 1981 zum Erliegen, ab Mitte der 1980er Jahre fand jedoch wie­derum eine innenpolitische Entspannung statt. Es kann daher auch in Polen eher von einem autoritaren Regime gesprochen werden. 139

Ausgangspunkt einer langen Reihe von Untersuchungen tiber eine Verbindung zwi­schen wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratie stellt eine von Lipset Ende der 1950er Jahre im Social Science Research Council durchgefUhrte Studie dar, in der ein statistischer Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratie nachgewiesen wurde. 140 Obwohl in dieser Untersuchung ausdrticklich nur eine Korre­lation festgestellt wurde, gingen nachfolgende Studien von einer ursachlichen Bezie­hung aus und formulierten die Hypothese, daB ein bestimmtes Niveau an wirtschaft­licher Entwicklung eine notwendige Bedingung fiir eine erfolgreiche Demokratisierung sei.141 Der wesentliche Kritikpunkt an der modernisierungstheoretischen Forschungs­rich tung bezieht sich auf den ihr innewohnenden Deterrninismus, der historische

138 Eine Untersuchung von Regierungen in 23 Uindern in Ost- und Siidostasien, in Lateinamerika und in Afrika kam zu dem Ergebnis, daB sich autoriHire Regimes im Durchschnitt sHirker anfallig gegeniiber Legitimitiitskrisen aufgrund wirtschaftlicher Krisensituationen zeigten als demokratische Systeme. Vgl. Haggard, S.; Evans, P. B. (Hrsg.) (1992): The politics of economic adjustment, S. 330.

139 Vgl. Linz, J. J.; Stepan, A. (1996): Problems of democratic transition and consolidation, S. 255f. 140 Lipset, S. M. (1959): Some social requisites of democracy: Economic development and political

legitimacy, in: The American Political Science Review, Bd. 53, S. 69-105. 141 Vgl. Rustow, D. A. (1970): Transitions to democracy, S. 34lf.

38

Page 51: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Phanomene und Verhaltensweisen vo11sUindig auBer acht Hi.Bt. In neueren Beitragen ist dann auch eine abgeschwachte Argumentation festzustellen, und es werden weitere Faktoren, unter anderem historische Sondersituationen, als erklarende Variablen

herangezogen. 142 Umstritten ist innerhalb der Modernisierungsforschung nach wie vor, wie die Wirkungsrichtung verlauft, also ob wirtschaftliche Entwicklung ursachlich flir Demokratie ist oder umgekehrt.

1m Unterschied zur Modernisierungsforschung verzichtet die akteursorientierte Transi­

tionsforschung darauf, Voraussetzungen flir Demokratisierungsprozesse zu ermit­teln. 143 Ihr Ziel ist es vielmehr, anhand der Untersuchung verschiedener Prozesse typi­sche Verhaltens- und Ablaufmuster abzuleiten. Die akteursorientierte Transitions­forschung ist damit in ihrer Grundausrichtung deskriptiv, und sie bezieht sich beinahe ausschlieBlich auf interne Faktoren zur Erklarung von Demokratisierungsprozessen.

Die in der Transitionsforschung nach wie vor bestehende Dichotomie zwischen mo­

dernisierungstheoretischen und akteurstheoretischen Erklarungsansatzen144 soIl in der vorliegenden Arbeit nicht beibehalten werden. Vielmehr wird grundsatzlich davon ausgegangen, daB ein wechselseitiger EinfluB zwischen strukturellen Faktoren und den Verhaltensweisen der Akteure besteht. Allerdings wird der Schwerpunkt in den einzel­nen Phasen der Veranderung unterschiedlich gesetzt werden. 1m ProzeB der wirt­schaftlichen Umgestaltung lassen sich drei Phasen unterscheiden:

1. In der Phase der Diskussion von Reform- bzw. Transformationsprojekten ist von Bedeutung, welche Akteure an der Diskussion beteiligt sind und in welchem Rah­men die Verhandlungen ablaufen.

2. In der Phase der Verabschiedung der Programme werden der Umfang und der Zeit­plan der vorgesehenen MaBnahmen festgeschrieben.

142 Vgl. Lipset, S. M.; Seong, K.-R.; Torres, J. C. (1993): A comparative analysis of the social requi­sites of democracy, S. 164f, 168ff. Neben wirtschaftlichen Faktoren wie dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf werden noch kulturelle Faktoren als erkHirende Variablen fUr Demokratisierung aufgefUhrt. Diese haben jedoch eher den Charakter einer Sammelvariable zur Abdeckung der durch das Grund­modell nicht erkHirten Abweichungen.

143 Vgl. Bos, E. (1994): Die Rolle von Eliten und kollektiven Akteuren in Transitionsprozessen, S. 82. 144 Nach Merkel tendieren die systemtheoretischen und strukturalistischen Analysen aufgrund ihrer

Makroorientierung dazu, "zu viel" erkJaren zu wollen, die akteursorientierten Ansatze aufgrund ihrer Mikroorientierung hingegen "zu wenig". So besteht in der Modernisierungstheorie trotz statistisch robuster Ergebnisse weiterhin die Dunkelheit der black box beziiglich des Zusammenhangs zwischen soziookonomischen Gegebenheiten und demokratischen Systemen. Vgl. Merkel, W. (1994): Struktur oder Akteur, System oder Handlung: Gibt es einen Konigsweg in der sozialwissenschaftlichen Trans­formationsforschung?, S. 321f.

39

Page 52: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

3. Die Phase der Durchsetzung der Programme erstreckt sich tiber einen Hingeren Zeit­raum. Sie umfaBt sowohl die Anderung bestehender Regelungen als auch deren

Durchsetzung und gilt dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn sich die Wir­kungsweise der Wirtschaft gemaB den Zielen verandert hat.

Die hier getroffene Einteilung bedeutet jedoch nicht, daB sich der Gesamtverlauf von Reform- und Transformationsprogrammen streng nach diesem Muster richtet. Es kann

zu zeitlichen Uberschneidungen verschiedener Phasen oder Zll erneuten Verhandlun­gen und Programmverabschiedungen kommen.

Ftir die Phasen der Diskussion und der Verabschiedung von Reform- bzw. Transfor­mationsprogrammen liegt der Schwerpunkt der Untersuchung auf den Entscheidungs­

tragern. In der Betrachtung und Einschatzung des Erfolgs bei der Durchsetzung von Reform- und Transformationsprogrammen wird groBeres Gewicht auf strukturelle Faktoren gelegt werden. Wie oben bereits angesprochen, ist hier mit Widerstanden seitens der von den Veranderungen negativ betroffenen Unternehmen oder Wirt­schaftssubjekten zu rechnen. Wahrend die Akteure weiterhin eine entscheidende Rolle fUr die Kontinuitat der Bestrebungen spie1en werden, ist zu erwarten, daB das AusmaB der Widerstande oder Barrieren durch strukturelle Faktoren bestimmt ist.

AuslOser und gemeinsamer Ausgangspunkt fUr jegliche Art von grundlegenden Veran­derungen, wie sie Reformen und vor all em Transformationen darstellen, ist eine Kri­sensituation. Es kann sich dabei sowohl urn politische als auch urn wirtschaftliche Krisen- oder Umbruchsituationen handeln. Leszek Ba1cerowicz stellt ein einfaches Zwei-Phasen-Modell fUr die Politik im direkten AnschluB an einen epochalen politi­schen Umschwung auf. 145 In dies em Modell existiert eine hohe Bereitschaft, direkt nach einem derartigen Umschwung radikale wirtschaftliche MaBnahmen hinzunehmen. Der Grund wird in den noch im FluB befindlichen politischen Strukturen bei gleichzei­tiger Diskreditierung der traditionellen politischen Eliten gesehen, was dazu fUhrt, daB

sowohl die Bevolkerung als auch die politischen Ftihrungskrafte starker im Sinne des Allgemeinwohls denken und handeln. Diese erste Phase nennt Ba1cerowicz die Periode der "auBergewohnlichen Politik". Diese wird vergleichsweise rasch von der Rtickkehr

zur "normalen Politik" abgelOst, was sich aus der beginnenden Konkurrenz der Par­teien und Interessengruppen ergibt. Die Parteien sind auf der Suche nach einem politi­

schen Programm und Profil, die wichtigen Themen werden zunehmend politisiert.

Deswegen ist es entscheidend, noch wahrend der Phase der "auBergewohnlichen Poli-

145 V gl. Ba1cerowicz, L. (1995): Socialism, capitalism, transformation, S. 160ff.

40

Page 53: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tik" ein moglichst umfassendes Programm festzulegen, da spater mit wachsenden Widerstanden zu rechnen ist.

In einem von John Keeler speziell fUr Reformen in etablierten Demokratien aufge­stellten Modell wird die These vertreten, daB der Umfang der Reformmoglichkeiten durch das AusmaB der Krise und die GroBe des politischen Mandats bestimmt wird. Dieses "window for reform" bestimmt wiederum die Tragweite der legislativen Veran­derungen. Je nachdem, welches Element tiberwiegt, wird von mandatsgesteuerten oder krisengesteuerten Regierungen gesprochen.146 Das Erreichen eines Konsenses, sowohl zwischen Politikern als auch auf gesellschaftlicher Ebene, kann eine Alternative zu einem umfangreichen Mandat darstellen. 147 Das Erreichen eines Konsenses hat den Vorteil, daB durch die breite Zustimmung die Kontinuitat der beschlossenen Vereinba­rungen wahrscheinlicher wird. Es soll an dieser Stelle nochmals hervorgehoben wer­den, daB sich die Uberlegungen auf den Fall der in Umbruchphasen verhandelten Pro­jekte bezieht. Damit soll nicht die Konsenslosung als allgemein zu praferierende Poli­tik propagiert werden, denn sie besitzt auch Schwachpunkte. Zum einen ist zu erwar­ten, daB in kleineren Gruppen Entscheidungen schneller getroffen werden. Zum ande­ren beinhaltet ein Konsens immer auch einen KompromiB, der in der Regel zu weniger klar formulierten Programmen ftihrt. 1m Kontext des Umbruchs oder der Krise ist jedoch, wie oben angefUhrt, eine erhohte Konsensbereitschaft der Akteure und damit sowohl eine schnelle Einigung als auch ein in geringerem MaBe durch Partikularinter­essen verzerrtes Programm zu erwarten.

Ein Grundkonsens bezieht sich tiblicherweise auf grundsatzliche und langerfristige Probleme, wobei ein wesentliches Element die UngewiBheit der an der Entscheidung Beteiligten tiber ihre zukiinftige Position ist. 148 Bereiche, in denen ein Grundkonsens geschlossen werden kann, sind neben der Festlegung grundlegender politi scher Regeln und Institutionen auch gesellschaftliche Entscheidungssysteme und wirtschaftliche Grundregeln im Bereich der Allokation.

Ftir die Erreichung eines Konsenses und fUr die Durchsetzung von MaBnahmen ist die Legitimation der Entscheidungstrager von Bedeutung. Einerseits stattet sie die Ent­scheidungstrager mit dem notwendigen MaB an Machtbefugnis fUr die Durchsetzung von in vielen Fallen mit Einschnitten verbundenen MaBnahmen aus, andererseits legt

146 Vgl. Keeler, J. T. S. (1993): Opening the window for reform. Mandates, crises, and extraordinary policy-making, S. 436f.

147 Vgl. Maravall, J. M. (1994): Economias y regfmenes politicos (Centro de Estudios Avanzados en Ciencias Sociales del Insituto Juan March, EstudiolWorking Paper 1994/59), S. 41.

148 Vgl. Frey, B.; Kirchgassner, G. (1994): Demokratische Wirtschaftspolitik, S. 340.

41

Page 54: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

sie die Position der an den Reformentscheidungen Beteiligten bei den Verhandlungen fest. Es ist dabei zu vermuten, daB die im Rahmen freier, demokratischer Wahlen her­gestellte Legitimation eine Konsensfindung, die fiir das Erreichen einer Ubereinkunft notwendig ist, sHirker fOrdert als andere Formen der Legitimation. 149 Denn neben der durch allgemeine Wahlen geschaffenen breiten Legitimationsbasis wird eine quantifizierte Rangfolge festgelegt, ausgedriickt in den Anteilen an den abgegebenen Stimmen, die die Starke der Verhandlungsposition der am Konsens beteiligten Krafte widerspiegelt. Von Bedeutung ist dies unter dem Aspekt der Anerkennung der Verhandlungspartner als gleichberechtigte Krafte, die auch dadurch gefOrdert wird, daB die Beteiligten ihre Legitimation aus derselben Quelle beziehen.

Eine Moglichkeit fiir die Festschreibung eines Konsenses stellt die SchlieBung von Pakten dar. Ein Pakt laBt sich als explizite Ubereinkunft zwischen einer ausgewahlten Gruppe von Akteuren beschreiben, welche bestehende Regeln, gestiitzt auf gegensei­tige Garantien beztiglich der grundlegenden Interessen, neu definieren wollen. ISO

Neben der Legitimation der Verhandlungspartner ist die Vereinbarkeit der Zielvor­stellungen entscheidend fiir das Erreichen eines Konsenses. Es sind verschiedene Szenarien denkbar:

1. Die wirtschaftliche Reform oder Transformation ist gemeinsames oberstes Ziel aller oder zumindest der Mehrheit der an der Verhandlung Beteiligten. Damit ist zu er­warten, daB ein Konsens problemlos erreicht wird.

2. Es existiert Ubereinstimmung hinsichtlich des obersten Ziels, welches jedoch nicht die wirtschaftliche Reform oder Transformation ist. Das Erreichen des Konsenses kann dann entweder tiber eine Einbindung der wirtschaftlichen Reform oder Trans­formation in einen die obersten Zie1e umfassenden Gesamtkonsens erfolgen oder tiber eine durch Tauschgeschafte hinsichtlich von Zielen hoherer Prioritat herbei­gefiihrte Ubereinkunft.

149 Nach Luhmann fiihrt die Konkurrenz urn den Zugang zu Entscheidungskompetenzen zu einer Anglei­chung der Strategien und Programmangebote. Dariiber hinaus ermoglicht es das Verfahren der politi­schen Wahl, gesellschaftliche Konflikte - und wirtschaftliche Krisen konnen als gesellschaftlicher Kon­flikt angesehen werden - in das politische System hineinzuleiten und auf diese Weise zu IOsen. Vgl. Luhmann, N. (1989): Legitimation durch Verfahren, S. 16lff.

150 Fur den Fall des Systems politischer Machtausiibung findet sich diese Definition von Pakten bei O'Donnell, G.; Schmitter, P.C. (1986): Tentative conclusions about uncertain democracies, S. 37.

42

Page 55: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

3. Es existiert keine Ubereinstimmung hinsichtlich des obersten Ziels. Hier ist zu ver­muten, daB ein Konsens nur schwer zu erreichen sein wird, es sei denn tiber um­fangreiche wechselseitige Tauschgeschafte.

Die beiden letztgenannten Szenarien erfordern ein breites Spektrum an zu verhandeln­den Themen, welches Tauschgeschafte moglich macht. Ein parallel ablaufender politi­scher TransformationsprozeB kann solch ein breites Spektrum an zu verhandelnden Themenbereichen liefern und die Konsenserreichung fOrdern. Wird ein Konsens er­reicht, so ist zu erwarten, daB die Umsetzung der Vereinbarungen wenig problematisch sein wird, da sie von einer groBen Mehrheit getragen werden. Allerdings ist die Kon­senslOsung in der Regel zeitaufwendiger als eine alleinige Entscheidung und es ist zudem schwieriger, eine Ubereinstimmung in allen Bereichen der wirtschaftlichen Umgestaltung zu erreichen. Werden Teilbereiche aus der Vereinbarung ausgeklammert oder ziehen sich die Verhandlungen tiber die Phase der "auBergewohnlichen Politik" hinweg, so sind groBere Schwierigkeiten zu erwarten.

Der Erfolg von Reformen und Transformationen spiegelt sich in Verlinderungen der Funktionsweise der Wirtschaft wider. Neben der Ausgestaltung der Programme ist dabei entscheidend, wie die Voraussetzungen in den jeweiligen Volkswirtschaften waren. So ist zu erwarten, daB eine ausgepragte Rtickstandigkeit oder urnfangreiche strukturelle Verzerrungen der Wirtschaft zu groBeren Widerstlinden bei der Umsetzung fUhren werden und damit den Erfolg der Programme geflihrden. Andererseits ist bei einem bestehenden Aufholpotential der Wirtschaft mit geringeren Widerstanden und Problemen bei der Durchsetzung zu rechnen. Beispielsweise ist bei einem hohen Be­stand an Humankapital mit einem starkeren Wachstumspotential der Wirtschaft und damit einer schnelleren Anpassung an den steigenden Wettbewerb zu rechnen.

Die bisherigen Betrachtungen beschrankten sich auf interne Faktoren zur Bestimmung des Erfolgs oder Scheiterns von Reform- und Transformationsprozessen. Denn fUr den Ablauf der Entscheidung und die Durchsetzung von wirtschaftlichen Reform- und Transformationsprogrammen kommt der Zusammensetzung der an der Programmver­abschiedung Beteiligten und der davon bestimmten Programrninhalte eine herausra­gende Rolle zu, ebenso wie der Wirtschaftsstruktur und dem Urnfang der bestehenden Verzerrungen fUr mogliche Schwierigkeiten bei der Programmumsetzung. Diese inter­nen Faktoren, Akteure und Strukturen stehen jedoch in Verbindung mit und werden beeinfluBt vom Ausland.

Ftir die Gruppe der Akteure bzw. Entscheidungstrliger - dies sind in der Regel Par­teien, einzelne Politiker oder Interessengruppen - ist zu erwarten, daB sie mit auslandi-

43

Page 56: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

schen Organisationen in Verbindung stehen und von diesen beeinfluBt werden. Aus­Hindische Organisationen konnen Parteien, Interessengruppen und inter- oder supra­nationale Organisationen sein, beispielsweise der IWF, die Weltbank oder die OEeD als intemationale Organisationen und die EO als supranationale Organisation. Wie eingangs angesprochen, war diesbeztiglich die Ausgangslage in Spanien und Polen sehr unterschiedlich.

1m Unterschied dazu findet der EinfluB auf die wirtschaftlichen Strukturen tiber den Kontakt mit anderen Volkswirtschaften statt, also im wesentlichen tiber den AuBen­handel und tiber wechselseitige Investitionen. Wahrend Spanien seit dem Stabilisie­rungsplan von 1959 und im Zuge der Phase hohen wirtschaftlichen Wachstums immer starker wirtschaftlich mit den westlichen Industrielandem verflochten war, befand sich Polen fest im wirtschaftlichen Verbund im ROW mit den anderen Ostblockstaaten. Der AuBenhandel mit dem Westen unterlag der strikten administrativen Kontrolle und war in seinem Umfang viel geringer als der Spaniens. Allein die hohe Verschuldung ge­gentiber dem Westen schuf eine weitere Verbindung mit dem westlichen Ausland.

44

Page 57: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

3 Der ProzeE des Zustandekommens wirt­schaftlicher Reform- und Transformations­programme in Spanien und Polen

1m folgenden Abschnitt wird zuerst untersucht, wie sich im Rahmen der politischen Offnung die Zusammensetzung der fUr die Programmverabschiedung verantwortlichen Akteure gestaltete bzw. veranderte. Denn es ist, wie erwahnt, davon auszugehen, daB fUr die Ausarbeitung und Verabschiedung von wirtschaftlichen Umgestaltungspro­grammen die Akteure als Entscheidungstrager eine wichtige Rolle spielen. 1m An­schluB daran wird der ProzeB der Programmerstellung und -verabschiedung untersucht. Dies geschieht u.a. im Hinblick darauf, in we1chem Umfang Ubereinstimmung zwi­schen den Akteuren bestand oder hergestellt werden konnte.

3.1 Der DemokratisierungsprozeB und wirtschaftliche Reformen in Spanien nach dem Tode Francos

3.1.1 Der DemokratisierungsprozeB und sein EinfluB auf die Konsensfindung

Der erste Schritt zu wirtschaftlichen Reformen nach dem Tode Francos im November 1975 wurde in Spanien mit der Verabschiedung der Monc1oapakte1 von 1977 voll­zogen. Die Monc1oapakte setzen sich aus zwei Teilen zusammen, einer Ubereinkunft zur wirtschaftlichen Stabilisierung und Reform und einer Ubereinkunft tiber ein ge­setzliches und politisches Handlungsprogramm. Ein wesentliches Merkmal dieser zwischen Politikern geschlossenen Vereinbarung ist der breite Grundkonsens. Am 25.

I Die Moncloapakte sind eine Ubereinkunft zwischen den wichtigsten spanischen Parteien tiber wirt­schaftliche und politische Reformen, die am 25. Oktober 1977 nach mehrtagigen Verhandlungen im spanischen Regierungssitz "Palacio de la Moncloa" getroffen wurde, woher sich auch die Bezeichnung "Moncloapakte" ableitet.

Page 58: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Oktober 1977 unterzeichneten Vertreter der Union des demokratischen Zentrums (UCD), der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE), der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE), der Franco-Nachfolgepartei Alianza Popular (AP), der baski­schen und katalanischen Sozialisten sowie der Sozialistischen Volkspartei das Doku­ment.2 Die weitgehende Ubereinstimmung wird auBerdem deutlich anhand der iiber­waltigenden Mehrheit bei der Verabschiedung im spanischen Parlament. Am 27. Ok­tober 1977 wurden die Monc1oapakte im spanischen KongreB mit nur einer Gegen­stimme verabschiedet und am 11. November im Senat mit drei Gegenstimmen.3 1m folgenden soIl untersucht werden, inwieweit die Demokratisierung der Konsenser­reichung zu- bzw. abtrliglich war und ob der Konsens eine notwendige Voraussetzung fUr die Verabschiedung des Reformprogramms darstellte.

Nach Francos Tod trat Juan Carlos, wie bereits im Juli 1969 festgelegt, als spanischer Konig dessen Nachfolge an. Als ersten Rcgierungschef ernannte er den von Franco Ende 1973 als Premierminister eingesetzten4 , regimetreuen Carlos Arias Navarro. Die Regierung Navarro, die sich wachsendem Druck zur politischen und wirtschaftlichen Reform ausgesetzt sah, hielt an der unter Franco verfolgten Politik fest. 5 Da somit keine entscheidenden Reformen in die Wege geleitet wurden, muBte Navarro bereits im Juli 1976 von seinem Amt zuriicktreten.6 Der wachsende offentliche Druck auf die Regierung, politische Reformen voranzutreiben, manifestierte sich in einer massiven Anstieg der Streiktlitigkeit, die zunehmend politisch motiviert war.? Die schwierige Aufgabe fUr Juan Carlos bestand demnach darin, einen Nachfolger zu finden, der einerseits den politischen ReformprozeB entschiedener vorantreiben und andererseits von den Vertretern des alten Regimes akzeptiert wiirde. Fiir die Wahl des Nachfolgers war, wie unter Franco iiblich, vorgesehen, dem Konig eine Liste dreier Kandidaten vorzulegen, aus der er den Premierminister auswahlte. Der ProzeB der Vorauswahl fand im fiinfzehn Personen umfassenden Rat des Konigreiches statt, des sen Mitglieder

2 Eine Ausnahme bildet hierbei die Alianza Popular, die zwar die Ubereinkunft zur wirtschaftlichen Stabilisierung und Reform, jedoch nicht die politische Ubereinkunft unterzeichnete. Vgl. Rubio Lara, J. (1992): Algunos textos significativos de la transici6n y consolidaci6n de la democracia espanola, in: Cotarelo, R. (Hrsg.): Transici6n politica y consolidaci6n democnitica. Espana (1975-1986), S. 473.

3 Vgl. Fuentes Quintana, E. (1990): De los Pactos de la Monc1oa a la Constituci6n, S. 32. 4 Der urspriinglich von Franco vorgesehene Kandidat fur das Amt des Premierministers, Carrero

Blanco, wurde 1973 Opfer eines Attentats der ETA. S Vgl. Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish economy 1940-93, S. 168ff. 6 In einem Interview mit Newsweek im Juni 1976 nannte Juan Carlos den Premierminister Navarro "ein

vollkommenes Desaster". 7 Gegeniiber 1975 hatte sich 1976 die Zahl der Konflikte verdoppeJt, die Zahl der streikenden Arbeiter

rnehr als versechsfacht und die Zahl der ausgefallenen Arbeitsstunden mehr als verzehnfacht. Vgl. Nohlen, D.; Huneeus, C. (1984): Elitenwettbewerb in der Spiitphase des Franco-Regimes, S. 359.

46

Page 59: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tiberwiegend eine FortfUhrung des alten Systems befUrworteten. Laut Colomer verteil­ten sich die Positionen der Ratsmitglieder wie folgt: 8 Ftinf Mitglieder befUrworteten eine bffnung des Systems, acht Mitglieder streb ten seine FortfUhrung und zwei ultra­rechte Mitglieder die Rtickkehr zu einem repressiveren System an. Aus dies em Grund hatte der yom Konig und in der Presse bevorzugte, bekanntermaBen reformfreundliche Kandidat Areilza keine Erfolgsaussichten, weshalb der Parlaments- und Ratsvorsit­zende Fernandez-Miranda dem Konig Adolfo Suarez als Wunschkandidat vorschlug. Dieser hatte in der Vergangenheit eine fUhrende Rolle in der Nationalen Bewegung gespielt und galt bis dahin weder als erklartermaBen reformfreundlich, noch als Ver­treter der SystemfortfUhrung.9 Eine vorlaufige Liste von 32 Kandidaten wurde durch Konsens der Ratsmitglieder auf 19 reduziert. Diese wurden yom Ratsvorsitzenden in drei ideologische "Familien" aufgeteilt - "Katholiken", "Technokraten" und "Falan­gisten" -, wobei diese Einteilung jedoch keiner politischen Ausrichtung entsprach, sondern eher durch einen gemeinsamen geschichtlichen Hintergrund oder personliche Verbindungen der Kandidaten bedingt war. Aus den 19 aufgestellten Kandidaten wurde getrennt fUr jeden Kandidaten nach dem einfachen Mehrheitsprinzip abge­stimmt und diejenigen mit Stimmenmehrheit in die nachste Abstimmungsrunde tiber­nommen. Nachdem nur noch 6 Kandidaten verblieben waren, sollten die Mitglieder diesmal eine Dreiergruppe wahlen, die je ein Mitglied aus einer "Familie" enthielt, was eine Neuerung darstellte. Durch dieses spezielle Verfahren erhohten sich die Chancen fUr Suarez, der der Familie der "Falangisten" zugeordnet wurde und bis zuletzt nicht als favorisierter Kandidat galt, deutlich. Nachdem der zweite Kandidat in der Familie der "Falangisten" weder beim regimetreuen noch beim reformfreundlichen Fltigel der Ratsmitglieder eine Mehrheit auf sich vereinigen konnte, wurde Suarez in die Liste der drei Kandidaten gewlihlt, die Juan Carlos prasentiert wurde. Am darauffolgenden Tag ernannte der Konig Suarez zum Premier der Regierung.

1m Unterschied zu den von der Regierung Navarro vorgeschlagenen Reformpllinen, sahen die Reformplane von Suarez keine Uberarbeitung der bestehenden Verfassung durch das bestehende Parlament vor, sondern betonten explizit, daB diese durch ein frei gewahltes Parlament neu ausgearbeitet werden sollte.1O Am 8. September 1976 und damit zwei Tage vor der offentlichen Bekanntgabe, daB dem Nationalratll ein Gesetz­entwurf zur politischen Reform zur Erorterung im Parlament tibermittelt werden sollte,

B Vgl. Colomer, J. (1995): Game theory and the transition to democracy. The Spanish model, S. 40-48. 9 Vgl. Nohlen, D.; Huneeus, C. (1984): Elitenwettbewerb in der Spiitphase des Franco-Regimes, S. 349. 10 Vgl. Agiiero, F. (1995): Militares, civiles y democracia, S. 136f. II Dem Nationalrat war im Zuge der Verfassungsiinderung von 1967 eine Funktion als zweite Kammer eingeriiumt worden.

47

Page 60: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

berief Suarez ein Treffen mit den Spitzen der spanischen Streitkrafte ein. Bei dieser Zusammenkunft legte er die Griinde und Ziele seines politischen Reforrnprojektes dar, welches auf unerwartet positive Resonanz stieB. Am 8. Oktober 1976 wurde der

Gesetzentwurf im Nationalrat debattiert und mit 80 la-Stimmen, bei 6 Enthaltungen und 13 Gegenstimmen, angenommen. 12 Urn zu verhindern, daB der Entwurf vor der

Weiterleitung zur Beratung im Parlament der Komrnission, einem Bollwerk der ultra­rechten Francoanhiinger, vorgelegt werden muBte, wurde das Verfahren vom Parla­

mentsprasidenten als "dringlich" eingestuft. In der Diskussion im Parlament vom 16. bis 18. November 1976 wurde eine Vielfalt von Anderungsvorschlagen vorgebracht. 13

Diese reichten von der Forderung nach Beibehaltung des "organischen" Vertre­tungsprinzipsl4 bis zum Vorschlag, nur eine Kammer einzurichten, wobei jedoch die Reform des Wahlrechts das wesentliche Thema blieb. Denn mit der Verabschiedung

des politis chen Reforrngesetzes, die eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordnetenstim­men erforderte, beschloB das Parlament seine Auflosung. Von den 531 Abgeordneten konnten jedoch nur ungefahr 250 dem reforrnwilligen Flugel zugerechnet werden. 15

Weshalb es dennoch gelang, in der Abstimmung eine Mehrheit von 420 Stimmen zu erreichen, lag u.a. an einer Fehleinschatzung der Parteimitglieder der Alianza Popular (AP) uber ihre Wahlchancen bei demokratischen Wahlen. Die AP war im Oktober 1976 als in der Tradition des Franquismus stehendes Parteienbundnis entstanden, des­sen Spitzenpolitiker uberwiegend ehemalige wichtige Mitglieder der Franco-Regierung waren. 16 1m Unterschied zu der im Gesetzesvorschlag enthaltenen Regelung, die ein mehrheitliches System fUr die Wahl zum Senat und ein proportionales System fUr die Wahl zUIp KongreB vorsah, forderte die AP die EinfUhrung eines Mehrheitssystems fUr beide Kammern. Mit dies em Vorschlag wurde die Herausbildung eines Zweiparteien-

12 In den Beratungen wurde unter anderem vorgebracht, daB der Gesetzentwurf einen wichtigen Schritt im ProzeB der Institutionalisierung eines Systems darstelle, an dessen Spitze klar die Monarchie stehe und Demokratie weniger ein System als vielmehr eine Methode darstelle. Vgl. Soto Carmona, A. (1994): De las Cortes organicas a las Cortes democniticas, in: Redero San Roman, M. (Hrsg.): La transici6n a la democracia en Espana, S. 115ff.

13 Vgl. Soto Carmona, A. (1994): De las Cortes organicas a las Cortes democraticas, S. 118f. 14 Francos Idee eines "organischen" Staates sah eine Beteiligung der verschiedenen Gruppen des

"Movimiento" - auch "Familien" genannt - in den Cortes vor, die als Standeparlament 1942 eingefiihrt wurden. Von den beinahe 600 Mitgliedem (procuradores) der Cortes, wurden urspriinglich 400 desi­gniert oder sie gehorten den Cortes aufgrund von Geburtsrechten an, wobei 50 Mitglieder direkt von Franco emannt wurden. Seit 1967 konnten 100 Abgeordnete - 2 Mitglieder des "Movimiento" je Pro­vinz - gewahlt werden. 150 Abgeordnete kamen als Vertreter der Syndikate in die Cortes, die restlichen Abgeordneten setzten sich aus Vertretem der Gemeinden, Berufskammem, Akademien u.a. zusammen. Vgl. Bemecker, W. (l990a): Cortes, in: ders. et al. (Hrsg.): Spanien-Lexikon, S. 124.

15 Vgl. Colomer, J. (1995): Game theory and the transition to democracy. The Spanish model, S. 59ff. 16 Vgl. Bemecker, W. (1990b): Partido Popular, in: ders. et al. (Hrsg.): Spanien-Lexikon, S. 325.

48

Page 61: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

systems in Spanien angestrebt. Diesem Vorschlag wurde in dieser Form nicht entspro­chen, Suarez und die AP einigten sich jedoch darauf, das proportionale System mit Korrekturmechanismen auszustatten, die den beiden sUirksten Parteien hahere Anteile der Abgeordnetensitze sicherte. 17

Mit dem Gesetz zur politischen Reform vom 18. November 1976, welches die Erset­zung des alten Parlarnents durch ein in freien Wahlen bestimmtes vorsah, wurde die Grundlage zur Abhaltung freier Parlamentswahlen geschaffen. 18 Ein anschlieBend im Dezember 1976 abgehaltenes, landesweites Referendum tiber das Gesetz zur politi­schen Reform brachte eine Zustimmung von 94 % der abgegebenen Stimmen. 19 Dieses Ergebnis machte deutlich, wie ausgepragt der Wunsch nach Demokratie in der spani­schen BevOlkerung war. Aus den ersten demokratischen Parlamentswahlen vom Juni 1977 ging die UCD mit 47,1 % der Sitze als starkste Partei im KongreB hervor, gefolgt vom PSOE mit 33,7 %, dem PCE mit 5,7 % und der AP mit 4,6 %.20 Dieses Ergebnis veranschaulichte die deutliche Mehrheit in Spanien fUr die gemaBigten Parteien?l Eine Untersuchung tiber das Wahlverhalten leitender Manager in spanischen Unternehmen zeigte, daB auch sie mit tiber 60 % zu den gemaBigten Parteien tendierten, was auf eine positive Einstellung der spanischen Wirtschaftseliten gegentiber Reformen hinwies.22

Trotz des Wahlsiegs der UCD verfehlte sie mit dem erreichten Ergebnis eine absolute Mehrheit und war dernnach nicht in der Lage, durch ein umfangreiches politisches Mandat Reformen im Alleingang durchzusetzen. Ebensowenig konnte die gesarntwirt­schafliche Situation in Spanien als ausgepragte Krise bezeichnet werden, wenn auch einzelne Sektoren starker von der Krise betroffen waren. Das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts lag 1977 bei 3,4 %, die Arbeitslosenquote bei 5,3 % und die

17 Colomer spricht dariiber hinaus von direktem Druck, der auf einzelne reformunwillige Abgeordnete ausgeiibt wurde, indem die Enthiillung bestimmter lukrativer Absprachen, die viele Abgeordnete ge­troffen hatten, angedroht wurde.

18 Vgl. Colomer, J. M. (1995): Game theory and the transition to democracy. The Spanish model, S.59f.

19 Vgl. Maravall, J. M. (1985): The socialist alternative: The policies and electorate of the PSOE, S. 137. Die Wahlbeteiligung lag landesweit bei annahernd 80 %, wobei sie vor allem im Baskenland aufgrund der Ablehnung der Zentralregierung deutlich niedriger war. Vgl. Coverdale, 1. F. (1985): Regional nationalism and the elections in the Basque country, S. 233.

20 Vgl. Gunther, R.; Sani, G.; Shabad, G. (1988): Spain after Franco. The making of a competitive party system, S. 38.

21 Der Anteil der fUr die UCD und PSOE abgegebenen Stimmen betrug 65 %. Vgl. Maravall, J. M. (1997): Regimes, politics and markets, S. 81.

22 Von 228 befragten Managern hatten 59 % die UCD, lediglich 3 % die PSOE und annahernd 20 % die AP gewahlt. Vgl. Martinez, R. E. (1993b): The business sector and political change in Spain: Aper­tura, reforma, and democratic consolidation, S. 123.

49

Page 62: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Leistungsbilanz war - nach starken Defiziten seit 1973 - erstmals annahemd ausgegli­

chen. Lediglich der Anstieg der Lebenshaltungskosten war mit 25 % auBergewohnlich hoch?3 Die Hinarbeitung auf einen Konsens kann demnach als Versuch angesehen werden, das fehlende urnfangreiche Mandat als Voraussetzung fUr die Durchsetzung urnfassender Reformen durch eine Ubereinkunft zu ersetzen?4

Eine weitere Erklarung fUr die Bereitschaft der UCD als Regierungspartei und der anderen politischen Parteien, eine Ubereinkunft tiber wirtschaftliche Reformen zu

schlieBen, HiBt sich im politischen Bereich finden. Unter den politischen Parteien be­stand Ubereinstimmung dartiber, daB die Konsolidierung der Demokratie das vorran­gige Ziel darstellte, dem aIle anderen Ziele untergeordnet waren?5 Die Hinarbeitung auf eine von allen bedeutenden politischen Kraften getragene, demokratische Verfas­sung sollte den Grundstein hierzu legen. Die Bestrebungen waren somit vomehmlich darauf gerichtet, einen friedlichen Ubergang vom autoritaren franquistischen System zur Demokratie zu gewahrleisten. Der PSOE als starkste Partei der Opposition war der

Uberzeugung, daB die Uberwindung der wirtschaftlichen Krise eine grundlegende Voraussetzung ftir die Konsolidierung der Demokratie darstellte.26 Auch die Spitze der kommunistischen Partei sttitzte ihre Kooperation in wirtschaftlichen Fragen auf politi­sche Zielsetzungen. In den Resolutionen zum 9. ParteikongreB rechtfertigte die Partei­fUhrung des PCE ihre Vorgehensweise und vertrat die Meinung, daB ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit den ProzeB derfriedlichen Demokratisierung gefOrdert habe?7

Neben dieser gemeinsamen vorrangigen Zielsetzung gab es jedoch auch Einfltisse, die aus dem DemokratisierungsprozeB resultierten und eine Konsensfindung erleichterten. In Spanien fUhrte die Vorbereitung auf die ersten demokratischen Parlamentswahlen zu einer merklichen Annaherung in den Wahlprogrammen der Parteien von im Vorfeld stark unterschiedlichen Positionen. So enthielten die Resolutionen des 27. Parteikon­gresses des PSOE, der im Dezember 1976 abgehalten wurde, noch sehr ausgepragt sozialistische Ztige. In den Prinzipien der Partei ist unter Punkt 2 folgendes festgelegt:

"Der P.S.O.E. definiert sich als sozialistisch, da sein Programnl und seine Handlungen auf die Uberwindung der kapitalistischen Produktionsweise ausge-

23 Vgl. Banco Bilbao Vizcaya (1994): Informe econ6mico 1993, S. 215, 222, 234. 24 Vgl. Maravall, J. M. (1994): Economias y regimenes polfticos, S. 41. 25 Vgl. Fuentes Quintana, E. (l993b): Wirtschaftspolitik im Ubergang, in:Bernecker, W. L.; Collado

Seidel, C. (Hrsg.): Spanien nach Franco. Der Ubergang von der Diktatur zur Demokratie 1975-1982, S.30.

26 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y polfticos, S. 2. 27 Vgl. Partido Comunista de Espana (1978): 9° Congreso del Partido Comunista de Espana. 19/23

Abril 1978. Resoluciones, S. 7f.

50

Page 63: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

richtet sind und die Ergreifung der politis chen Macht und die Verstaatlichung der Produktionsmittel, der Verteilungs- und Tauschmittel durch die Arbeiter­klasse angestrebt wird. Wir verstehen den Sozialismus als Ziel und als ProzeB, der zu diesem Ziel hinftihrt, und unsere Ideologie HiBt uns jeglichen Weg einer Anpassung an den Kapitalismus oder seiner schlichten Reform ablehnen. ,,28

Weniger als ein Jahr vor Verabschiedung der Monc1oapakte hatte die Partei somit Prinzipien festgelegt, die einer Zustimmung zu dem spater vereinbarten Reformpro­gramm klar entgegenstanden. 1m Wahlkampf zu den Parlamentswahlen trat diese stark ideologisch gepragte Ausrichtung des PSOE jedoch nicht in den Vordergrund.29 Viel­mehr konzentrierte sich die Kampagne auf die Person ihres charismatischen Kandida­ten Felipe Gonzalez und zielte mit unkontroversen Themen wie der geplanten Ausar­beitung einer neuen Verfassung, Vorschlagen zur Verbesserung der Lebenssituation der Btirger und der Aussicht auf Spaniens Integration in Europa auf das gemaBigte Zentrum der Wahlerschaft. Untersttitzung erhielt der PSOE dabei von der Sozialisti­schen Internationale, insbesondere von der bundesdeutschen SPD.

Ein auBerst schwieriger Schritt war die Legalisierung der kommunistischen Partei Spaniens. Nachdem Suarez gegentiber der spanischen Militiirftihrung, die eine Legali­sierung der Kommunistischen Partei strikt ablehnte, noch am 8. September 1976 ge­auBert hatte, daB "unter Berticksichtigung der Statu ten des PCE, seine Legalisierung nicht moglich ist,,30, ftihrte er insgeheim Verhandlungen mit dem Ftihrer der kommuni­stischen Partei Carrillo, urn ihn zu einer Anerkennung der Monarchie und weiteren Zugestandnissen zu bewegen. Es war darum kein Zufall, daB die Legalisierung am Ostersamstag, den 9. April 1977, bekanntgegeben wurde, da der GroBteil der Militiirs und der Minister zu diesem Zeitpunkt in Urlaub war und erst tiber die Medien von die­sem Schritt informiert wurde.31 Die Ausrichtung der kommunistischen Partei unter der Ftihrung von Santiago Carillo war an einem moderaten Eurokommunismus orientiert, mit dem Ziel der Errichtung einer stabilen Demokratie und der Zusicherung, frei von sowjetischem EinfluB zu bleiben.32

28 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1976): Resoluciones del XXVII Congreso del PSOE, S. 2. 29 Vgl. Gunther, R.; Sani, G.; Shabad, G. (1988): Spain after Franco. The making of a competitive

party system, S. 75. 30 Zit. nach: Gunther, R.; Sani, G.; Shabad, G. (1988): Spain after Franco. The making of a competitive

party system, S. 69. 31 Vgl. Colomer, 1. M. (1995): Game theory and the transition to democracy. The Spanish model, S. 73. 32 Vgl. Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish economy 1940-93, S. 176.

51

Page 64: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Die Annaherung in den Positionen der Parteien durfte das Zustandekommen eines Konsenses im Bereich der wirtschaftlichen Reformen gefOrdert haben. Durch die Le­galisierung der Oppositionsparteien und deren Beteiligung an den Parlamentswahlen war sichergestellt, daB ein moglichst groBer Teil der neuen Eliten, ausgestattet mit der durch die Wahlen geschaffenen Legitimation, als Verhandlungspartner an den Gespra­chen zum Reformprogramm teilnehmen konnte.33 Dariiber hinaus spiel ten die Erfah­rungen aus der Zeit der Zweiten Republik34, als der Dissens unter den regierenden Parteien mit zur Destabilisierung des Systems beitrug, eine wichtige Rolle fUr die herr­schende Einsicht, daB ein Konsens eine wichtige Voraussetzung fUr die Schaffung einer stabilen Demokratie war.35

Obwohl Spanien als Paradebeispiel einer mittels Ubereinkunft zwischen den Eliten beschlossenen Demokratisierung, einer sogenannten ,,reformaJruptura pactada,,36, be­schrieben wird,37 ging eine Gefahr fUr den DemokratisierungsprozeB von den Militars aus, einem Teil der alten Eliten, der nicht an der Ubereinkunft beteiligt und bis zur Verabschiedung der Verfassung praktisch unverandert in seiner Struktur und Machtbe­fugnis war.38 Diese Bedrohung fUr den ProzeB der friedlichen Demokratisierung mani­festierte sich beispielsweise in der "Operacion Galaxia,,39 vom November 1978, kurz vor Verabschiedung der Verfassung im Dezember.40 Eine besondere Rolle in der Ein­dammung dieser Gefahr fiel dem spanischen Konig Juan Carlos zu, der zunehmend als Bindeglied zwischen Regierung, den Militars und der Gesellschaft fungierte. Fur die Anhlinger des alten Regimes stellte seine Einbindung in den politischen Verande-

33 Es zeigte sich somit auch im Faile Spaniens, daB die demokratische Wahl dazu beitrug, gesellschaft­liche Konflikte in das politische System hineinzuleiten, urn sie auf dem Weg der zwischenparteilichen Verhandlung zu IOsen. Vgl. dazu Luhmann, N. (1983): Legitimation durch Verfahren, S. 163f.

34 Die Zweite Republik in Spanien dauerte von Friihjahr 1931 bis zum Ausbruch des spanischen Bur­gerkriegs im Sommer 1936. Die groBe Zerstrittenheit unter den Linksparteien wurde dabei in hohem MaBe fur das Scheitern der Zweiten Republik verantwortlich gemacht.

35 Vgl. Fuentes Quintana, E. (I 984b): Los Pactos de la Moncloa y la democracia espanola. XX Con­greso Latinoamericano de industriales agrupados en la AlULA, S. 6.

36 Sie bezeichnet die Reform (reforma) durch Verhandlungen mit Vertretern und auf der verfassungs­rechtlichen Grundlage des alten Systems, die inhaltlich zum Bruch (ruptura) mit dem alten System fiihrten.

37 Vgl. Puhle, H.-J. (1994): Transitions, Demokratisierung und Transformationsprozesse in Siideuropa, S.I77f.

38 Vgl. AgUero, F. (1995): Militares, civiles y democracia, S. 22f. 39 Am 16. November 1978 wird in Madrid ein geplanter MiliUirputsch aufgedeckt und die verantwort­

lichen MiliHirangehorigen werden verhaftet. 40 Vgl. Maravall, J. M. (1995): La politica de las reformas econ6micas: La experiencia del sur de Eu­

ropa, in: Bresser Pereira, L. C.; Maravall, J. M.; Przeworski, A.: Las reformas econ6micas en las nuevas democracias. Un enfoque socialdem6crata, S. I 12f.

52

Page 65: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

rungsprozeB eine Garantie fiir ein bestimmtes MaB an Kontinuitat dar.41 Auf seiten der linken Oppositionsparteien herrschte in der Zeit direkt nach Francos Tod groBes MiB­

trauen gegentiber dem spanischen Konig, dessen Legitimation weniger aus seiner Rolle als Kronprinz sondem vielmehr aus der Emennung als Nachfolger durch Franco

stammte. Erst durch seine Untersttitzung des Demokratisierungsprozesses anderte sich die Einstellung der Oppositionsparteien. In den Verhandlungen zur Verfassung Anfang Mai 1978 erklarte der kommunistische Parteifiihrer Santiago Carrillo, daB Juan Carlos

"eine entscheidende Rolle als Bindeglied zwischen dem Staatsapparat und den grund­legend en Erwartungen der zivilen Gesellschaft" eingenommen habe, und erlauterte anschlieBend im Hinblick auf den Standpunkt der spanischen Kommunisten zur Frage, ob eine Republik oder eine reprasentative Monarchie als Staatsform in der Verfassung

festgeschrieben werden sollte: "Solange die Monarchie die Verfassung und die Souve­ranitat des Volke~ anerkennt, respektieren wir [die Kommunisten] die Monarchie".42

3.1.2 Die Verhandlungen zu den Moncloapakten

Dennoch scheinen die Annaherung in den Positionen der Parteien und die Existenz des gemeinsamen Ziels, die Konsolidierung der Demokratie, al1ein nicht ausreichend fiir das Zustandekommen des Konsenses tiber wirtschaftliche Reformen gewesen zu sein. In einer programmatischen Erklarung der Regierung Suarez yom 11. Juli 1977 wurden ihre wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Ziele formuliert. 43 Diese umfassten die konsensuelle Ausarbeitung einer demokratischen Verfassung, die politische An­gleichung an die Lander des Westens und den Beginn der Verhandlungen tiber den Beitritt Spaniens zu den Europaischen Gemeinschaften. AuBerdem wurde allgemein die Bereitschaft erklart, die Mitarbeit aller politischen Parteien und sozialen Gruppen an einem drastischen Programm zur Beseitigung der grundlegenden wirtschaftlichen Ungleichgewichte zu erreichen. Am ausgepragtesten war der Widerstand gegen den von der Regierung verabschiedeten wirtschaftlichen Dringlichkeitsplan auf Seiten des

PSOE als starkster oppositioneller Kraft.44 Noch am 7. August 1977 erklarte Felipe

41 Podol ny, J. (1993): The role of Juan Carlos I in the consolidation of the parliamentary monarchy, in: Gunther, R. (Hrsg.): Politics, society, and democracy. The case of Spain, S. 104f. Hier wird die be­sondere Rolle des spanischen Konigs anhand der Mischung aus einer aus dem alten Regime stammen­den Legitimation und der durch den Einsatz fUr die Demokratie erwachsenen Legitimation beschrieben.

42 Diario de Sesiones, Nr. 59, 5. Mai 1978, zit. nach: Podolny, J. (1993): The role of Juan Carlos I in the consolidation of the parliamentary monarchy, S. 102.

43 Vgl. Trullen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n polftica espanola. La polftica econ6mica de los Acuerdos de la Moncloa, S. 161.

44 Der PSOE kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Haltung des PCE, der bereit gewesen sei, "eine vorherige und nur dem Anschein nach ausgehandelte Anerkennung" des Programms der Regie-

53

Page 66: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Gonzalez in einer Stellungnahme zu dem am 23. Juli 1977 von der Regierung verab­

schiedeten Programm der UCD, daB die dort vorgesehenen MaBnahmen unvollstandig und unzureichend sowie ohne die Mitarbeit der von der Krise am sUirksten betroffenen

sozialen Bereiche festgelegt worden seien.45 Nur zwei Tage spater, am 9. August 1977, tauchte in einer Debatte zu dringenden MaBnahmen der Steuerreform der von den "Katalanischen Sozialisten,,46 und den Abgeordneten des PSOE gemachte Vorschlag

auf, einen VerhandlungsprozeB zu einer Ubereinkunft einzuleiten, die unter Mitarbeit der Oppositionsparteien einen Ausweg aus der Krise ermoglichen sollte.47

Die Position der Regierung in den dann tatsachlich stattfindenden Verhandlungen war in dem unter der Leitung von Enrique Fuentes Quintana - Professor fUr Volkswirt­

schaftslehre und zu dieser Zeit Wirtschaftsminister - erarbeiteten "Programa de Sane­amiento y Reforma Econ6mica" (PSRE) enthalten. Es wurde Ende September 1977 den politis chen Parteien zuganglich gemacht und stellte den Ausgangspunkt fUr die am 8. Oktober beginnenden Verhandlungen im Monc1oapalast dar.48 Der PSOE auBerte nachtraglich in einer Parteiveroffentlichung, daB seine Zielsetzung fUr die Verhand­

lungen "die Demontage des Franquismus, einen Ausgleich fUr die aus den Reformen erwachsenden Kosten auf Seiten der Arbeiterschaft und die Sicherstellung einer Reihe politischer, wirtschaftlicher und institutioneller Zugestandnisse,,49 vorgesehen hatte.

Bereits nach dem ersten Verhandlungstag wurde am 9. Oktober eine Ubereinkunft tiber vorlaufige Kriterien des Reformprogramms erzielt.50 Darin war die Obergrenze fUr das Lohnwachstum von 22 % enthalten, die restlichen Bereiche der Stabilisierungspolitik wurden nur in allgemeiner Form abgehandelt. AuBerdem einigten sich die Regierung und die politischen Parteien darauf anzuerkennen, daB die Uberwindung der Krise durch die folgenden grundlegenden Veranderungen im Wirtschaftssystem erleichtert wtirde. Die bereits eingeleitete Steuerreform, die Kontrolle der Staatsausgaben, eine

rung hinzunehmen. V gl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6mi­cos y poifticos, S. 3.

45 V gl. La Vanguardia vom 07.08. I 977, zit. nach: Velarde Fuertes, J. (1989): EI Pacto de la MoncJoa: Analisis del acuerdo econ6mico-social que hizo posible la Constituci6n de 1978, in: Informacion Comercial Espanola, Dic. 89 - Enero 1990, S. lIS.

46 Socialistes de Catalunya 47 Vgl. TruIIen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n poiftica espanola. La

poiftica econ6mica de los Acuerdos de la MoncJoa, S. I 86ff. 48 Vgl. Fuentes Quintana, E. (l984b): Los Pact os de la MoncJoa y la democracia espanola. XX Con­

greso Latinoamericano de industriales agrupados an la AlULA, S. 10. 49 Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y poifticos, S. 3. 50 V gl. Presidencia del Gobiemo (1977): Los Pactos de la MoncJoa, Colecci6n Informe num. 17, 1977,

abgedruckt in: Rubio Lara, 1. (1992): Algunos textos significativos de la transici6n y consolidaci6n de la democracia espanola, in: Cotarelo, R. (Hrsg.): Transici6n poiftica y consolidaci6n democratica, S.473f.

54

Page 67: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

sUirkere Beteiligung der Gesellschaft an der Ausgestaltung der Sozialversicherung, ein Bildungsprogramm, das die schulische Ausbildung fUr alle sicherstellen sollte, die Umgestaltung der Arbeitsbeziehungen, die Reform des Finanzsystems, die Modernisie­rung der Landwirtschaft und ein Statut fUr 6ffentliche Unternehmen. Damit wurden vor den Detailverhandlungen der Rahmen und die Ziele der Verhandlungen festgelegt und die Beteiligten auf die Erreichung dieser Ziele, wenn auch in nicht konkretisierter Form, verpflichtet. Die im AnschluB daran gefUhrten Verhandlungen des Reformpro­gramms verteilten sich auf verschiedene Unterkommissionen.51

Ausgehend von den VorschHigen der Regierung im PSRE solI im folgenden fUr einige Bereiche untersucht werden, we1che A.nderungen sich im Verhandlungsablauf ergaben. Nicht betrachtet werden hierbei die VorschHige zu den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei, da dieser Sektor zum einen nicht sehr stark von der herrschenden Krise be­troffen war und zum anderen gesamtwirtschaftlich weiter an Bedeutung verlor.52

Der erste Abschnitt des PSRE enthielt eine Analyse der herrschenden Wirtschaftskrise und nannte die Inflation, die Arbeitslosigkeit und das auBenwirtschaftliche Defizit als wesentliche Ungleichgewichte in der spanischen Wirtschaft.53 Ein erkHirender Ab­schnitt zu den grundlegenden Problemen tauchte auch in der zweiten Uberarbeitung des Textes und im endgiiltigen Text der Monc!oapakte auf, jedoch in deutlich gekiirz­ter Form.54 1m Rahmen der Diskussion der zweiten Uberarbeitung wurde eine Text­passage eingefUgt, die eine L6sung der wirtschaftlichen Probleme in "einem Klima der verniinftigen Zusammenarbeit, das zur Konsolidierung der Demokratie beitragt,,55, vor­sah und damit explizit auf die Bedeutung der wirtschaftlichen Stabilisierungs- und Reformpolitik fUr die Demokratisierung hinwies.

Der zweite Abschnitt des PSRE befaBte sich mit den wirtschaftspolitischen Zielen der Regierung. Neben der Bekampfung der Inflation, des auBenwirtschaftlichen Defizits

51 Vgl. Tamames, R. (1990): Estructura econ6mica de Espana, S. 796. 52 Der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt lag 1977 bei 9,3 %, die Beschaftigung in

diesem Sektor machte hingegen noch 19,4 % der Gesamtbeschaftigung aus. Bis 1993 waren die jewei­ligen Anteile auf 4,5 % bzw. 9,5 % gesunken. Vgl. Banco Bilbao Vizcaya (1994): Informe econ6mico 1993, S. 217, 219.

53 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 5-13. 54 Weder in der ersten Fassung des Textes zu den Moncloapakten, noch in der ersten Uberarbeitung war

diese Passage enthalten. V gl. Acuerdos de la Moncloa (02): 1. Fassung des Textes der Pactos de la Moncloa; Acuerdos de la Moncloa (03): Oberarbeitung der I. Fassung des Textes der Pactos de la Moncloa.

55 Vgl. Handschriftliche Einfiigung von Prof. Lluch, in: Acuerdos de la Moncloa (04): 2. Fassung des Textes der Pactos de la Moncloa, S. 1. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, Colecci6n Informe mim. 17, 1977, S. 475.

55

Page 68: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

und der Arbeitslosigkeit wurde dabei auch die gleichgewichtige Verteilung der durch die Krise und die Sanierung entstehenden Kosten genannt.56 Die gleichgewichtige Verteilung zwischen Empfangem hOherer und niedriger Einkommen soUte einerseits durch die Einflihrung progressiver Steuem erreicht werden, spezieU durch eine grund­legende Transformation des Systems der direkten Besteuerung mittels Einflihrung einer einheitlichen Steuer auf das Einkommen und einer personlichen Steuer auf das Reinvermogen. Andererseits soUte durch eine Reform des Finanzsystems und der Handelspolitik der Monopolgrad und Privilegien abgebaut werden, die oftmals Grundlage von ausgepragten Ungleichheiten in den Einkommen seien. Zur gleichge­wichtigen Verteilung der Kosten zwischen staatlichem und privatem Sektor und groBen sowie kleinen und mittleren Untemehmen waren die Vorschlage aUgemein gehalten, indem nur von einem angemessenen "Biindel an Politiken" die Rede war. Der Ab­schnitt des PSRE tiber die Ziele der Wirtschaftspolitik war im endgtiltigen Vereinba­rungstext der Monc1oapakte nicht mehr vorhanden. Er machte jedoch die Position der Regierung zu den Fragen der Reform deutlich und diente damit als Ansatzpunkt flir die anstehenden Verhandlungen. Wie oben gezeigt, war beispielsweise die gleichgewich­tige Verteilung der durch die Reform verursachten Kosten auch ein wesentliches Anliegen des PSOE.57

1m Rahmen der Stabilisierungspolitik wurden die Budgetpolitik des Staates und der Sozialversicherung, die Geld-, Preis-, und Einkommenspolitik sowie die Beschafti­gungspolitik als Themenbereiche behandelt, wobei sich wichtige Anderungen bei der Budget-, der Geld- und der Einkommenspolitik ergaben. Zum Abbau des Budgetde­fizits war im PSRE sowohl eine Beschrankung des Staatsausgabenwachstums auf das nominale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts als auch eine Beschrankung der Neu­verschuldung vorgesehen, die zu Marktbedingungen erfolgen soUte.58 Gleichzeitig war eine Steigerung der staatlichen Einnahmen urn annahernd ein Drittel geplant, wobei insgesamt eine "leichte Reduzierung des staatlichen Budgetdefizits" angestrebt wurde. Das Budget der Sozialversicherung soUte hingegen 1978 ausgeglichen sein, mit einer Beschrankung des Beitragswachstums auf 18 %. Zur weiteren Finanzierung des Budgets der Sozialversicherung waren Transferzahlungen des Staates in Hohe von 100 Mrd. Pta vorgesehen. Die wichtigsten Anderungsvorschlage des PSOE zur Budget­politik betrafen die Einflihrung eines progressiven Beitragssystems der Sozialversiche-

56 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Economica, S. 22f. 57 Vgl. S. 54.

58 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Economica, S. 34-39.

56

Page 69: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

rung und eine starkere Angleichung zwischen den Renten.59 Beide Vorschlage wurden, neben den im PSRE gemachten, in das endgiiltige Dokument aufgenommen.60 Im Rahmen der Geldpolitik schlug das PSRE eine schrittweise Reduzierung des Geld­mengenwachstums auf eine jahrliche Rate von 17 % bis Ende 1978 und ein "leicht hoheres" Wachstum der Bankkredite an den privaten Sektor VOr.61 Mit diesen MaB­nahmen soUte die Inflation eingedammt werden, ohne starke Einschrankungen bei der Finanzierung privater Investitionen. Die wichtigsten Anderungen der geldpolitischen Strategie lieBen sich wiederum auf die Initiative der Sozialisten zuruckftihren, die sich gegen ein Punktziel fUr die Beschrankung des Geldmengenwachstums als Instrument zur Inflationsbekampfung aussprachen.62 Die grundlegende BefUrchtung war, daB eine Politik, die sich allein auf die Restriktion der Geldmenge sttitzte, implizit eine Kredit­beschrankung fUr den Privatsektor bedeute, was nach Meinung des PSOE zu unvorher­sehbaren Konsequenzen und hohen sozialen Kosten fUhren konnte.63 In den Monc1oa­pakten war daraufhin festgelegt, daB Ubergangsregelungen eingefUhrt werden soUten, die eine Gleichverteilung der durch das Programm entstandenen Kosten im Bereich der Kreditvergabe der Privatbanken an groBe, rnittlere und kleine Unternehmen sicher­steUte.64 GroBeres Gewicht im Vergleich zum PSRE wurde auf die Kontrolle gelegt, indem die Bildung einer Sektion der parlamentarischen Wirtschaftskomrnission zur Kontrolle der Geldpolitik sowie der offentlichen und privaten Finanzinstitutionen vor­geschlagen wurde.65 In der Einkommenspolitik sprach das PSRE eine Empfehlung fUr die Unternehmen und Gewerkschaften aus.66 Danach sollten die 1978 auszuhan­delnden Lohnsteigerungen 20 %, fUr den Offentlichen Sektor 22 % nicht tibersteigen. Unternehmen, die sich durch gewerkschaftliche Forderungen gezwungen sahen, dar­tiber hinausgehende LohnerhOhungen zu gewahren, sollten berechtigt sein, bis zu 5 %

ihrer Belegschaft abzubauen. Aufgrund der Anderungsvorschlage des PSOE wurde eine einheitliche Obergrenze von 22 % fUr Lohnsteigerungen im Vereinbarungsdo­kument festgeschrieben, wobei darin auch altersbezogene und durch BefOrderungen

59 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y politicos, S.IO.

60 Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 475f. 61 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 47ff. 62 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y politicos,

S.IO. 63 V gl. Trullen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n politica espanola. La

politica econ6mica de los Acuerdos de la Moncloa, S. 225f. 64 Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 476. 65 Auch diese Anderung ging auf den Vorschlag der Sozialisten zuriick. Vgl. Partido Socialista Obrero

Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y politicos, S. 10. 66 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 43.

57

Page 70: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

bedingte Steigerungen enthalten waren.67 Weiterhin wurde eine Ausstiegsklausel auf­genommen, die ftir den Fall einer Preissteigerung von tiber 11,5 % bis Mitte 197868 zur Aufhebung der bindenden Empfehlung fiihrte. Die Berechtigung der Untemehmen zum Abbau der Belegschaft bei tiberhOhten Lohnforderungen wurde in den Vereinbarungs­text tibemommen und damit zu einem Druckmittel gegentiber den Gewerkschaften zur Einhaltung der Empfehlung. Obwohl es dem PSOE gelang, im Stabilisierungspro­grarnm eine Reihe von Anderungen einzufUhren, konnte sich die Regierung insgesamt mit ihrer restriktiven Politik durchsetzen.

Die folgenden Abschnitte beschiiftigten sich mit den Vorschliigen zur Reform des Wirtschaftssystems. Auffallend bei der Betrachtung der Vorschliige zur Reform des Steuersystems ist die Nennung konkreter Ziele im PSRE, die im endgtiltigen Text der Monc1oapakte nicht mehr auftauchten. Beispielsweise soUte die Steuerreform von Regierungsseite vor Ablauf des Jahres 1977 ausgearbeitet sein und die Ausweitung des offentlichen Sektors auf ungefiihr 30 % des Bruttoinlandsprodukts bis 1983 ermogli­chen, wobei der Staat eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Sozialversicherung spielen soUte.69 Der Vorschlag des PSOE zur Reform des Steuersystems sah u.a. eine sofortige Revision der bestehenden Regelungen zur Steuerbefreiung und -vergiinstigung vor, die einer parlamentarischen Kommission vorzulegen war, sowie eine fUr die Regierung verbindliche Frist fUr die DurchfUhrung der Steuerreform.70

Wiihrend im endgtiltigen Text keine Frist fUr die Umsetzung der Steuerreform ent­halten war, fand der Vorschlag zur Einrichtung einer parlamentarischen Komrnission Eingang unter der Rubrik "Optimierung der KontroUe der offentlichen Ausgaben".71

Die Reform der Sozialversicherung war im PSRE als weitere MaBnahme zur Verringe­rung der durch die Krise entstehenden Kosten fUr wirtschaftlich schlechter gestellte Gruppen vorgesehen.72 Als Handlungsfelder wurden einerseits die Finanzierung der Sozialversicherung und andererseits der Umfang und die Aufteilung der Ausgaben genannt, wobei hier der zeitliche Horizont weiter gefaBt war. Der Anteil des Staates an der Finanzierung der Sozialversicherung soUte bis 1983 auf 20 % steigen und damit

67 V gl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y poifticos, S. 12, Presidencia del Gobiemo (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 476f.

68 Ausgenonunen davon waren Erhohungen der Energiepreise und der Preise fUr Agrargiiter aufgrund von Sondersituationen.

69 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 56f. 70 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y poifticos,

S. 13. 71 Vgl. Presidencia del Gobiemo (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 477f. 72 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 57f.

58

Page 71: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

ein ahnliches Niveau wie in den anderen europaischen Landern erreichen. Vor dem 30.

Juni 1978 sollten Kontrollmechanismen eingeflihrt werden, unter Beteiligung der "verschiedenen gesellschaftlichen Krafte,,73. Die Bestimmungen zur Reform der Sozi­

alversicherung in den Moncloapakten umfaBten die im PSRE enthaltenen MaBnahmen, waren aber mit Abschnitten speziell zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversiche­rung umfangreicher.74 Dariiber hinaus unterstellten sie das Budget, die Ausgaben und

die Leitung der Sozialversicherung der Kontrolle durch das Parlament. Wie bereits in den Festlegungen zur Stabilisierungspolitik gezeigt, war auf Vorschlag des PSOE flir

die Sozialversicherung die Einflihrung eines nach Kriterien der ProgressiviUit und Umverteilung ausgelegten Beitragssystems vorgesehen.75

1m Abschnitt uber Beschaftigungspolitik und Arbeitsbeziehungen des PSRE wurde auf

die Besonderheiten des spanischen Arbeitsmarktes eingegangen.76 Als Ursachen fur die geringen Almlichkeiten mit den Arbeitsmarkten der westlichen Nachbarlander wurden unter anderem das Streikverbot und die gleichzeitig bestehenden gravierenden Beschrankungen bei Kundigungen genannt. Eine wesentliche Verbesserung der Be­schaftigungssituation musse notwendigerweise mit einer Uberarbeitung der institutio­nellen Normen einhergehen, die flir die Erstarrung der Arbeitsbeziehungen verant­wortlich seien. Dennoch wurde eine radikale und grundlegende Anderung dieser Normen wr starken Verunsicherung all derjenigen sozialen Gruppen flihren, die am Wirtschaftsleben beteiligt sind. Deshalb schlug die Regierung vor, die Kundigungs­freiheit vortibergehend auf die Arbeitsvertrage w beschranken, die nach der Verab­schiedung des Reformprogramms abgeschlossen wurden. Ais Anreiz flir die Unter­nehmen zur Schaffung neuer ArbeitspHitze sollte der Staat wahrend der ersten zwOlf Monate die Halfte der Sozialversicherungsbeitrage bei neu geschaffenen Arbeits­platzen ubernehmen. AuBerdem sollte die Annahme eines Arbeitnehmerstatuts, die Regelung der Gewerkschaftsaktivitaten im Betrieb und die Regelung des Streikrechts jeweils vor dem 31. Dezember 1977 stattfinden. In den Moncloapakten war dariiber hinaus noch die M6glichkeit der zeitlich befristeten Beschaftigung von Berufsanfan­gem festgelegt, die ebenfalls eine Halbierung der Sozialversicherungsbeitrage be­

inhaltete.77 Mit dieser MaBnahme sollte speziell die Beschaftigung Jugendlicher gef6r­dert werden. Die Regelungen wr Beschaftigungspolitik sind im Vergleich zu anderen

73 Ebenda: S. 60. 74 Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la MoncJoa, S. 48lf. 75 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Aniilisis de los acuerdos econ6micos y politicos,

S.IO. 76 Vgl. Acuerdos de la MoncJoa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 73ff. 77 Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la MoncJoa, S. 477.

59

Page 72: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Bereichen sehr knapp gehalten, da eine genauere Ausarbeitung in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und den Arbeitgeberorganisationen erfolgen sollte.

Das PSRE enthielt einen gesonderten Abschnitt zur Bildungspolitik, die - neben der Steuerreform und der Reform der Sozialversicherung - durch eine Verbesserung der offentlichen Grundversorgung zu einem Anstieg der Realeinkommen der unteren Ein­kommensschichten beitragen sollte.78 Als wichtigstes Ziel wurde die Bereitstellung der Grundschulbildung fUr alle formuliert, das durch die Schaffung von 400 000 Grund­schulpHitzen im Jahr 1978 und einer ahnlichen Anzahl im folgenden Jahr vorange­trieben werden sollte. 1m Vorschulbereich war die Schaffung von 400 000 Platzen fUr die Jahre 1978/79 vorgesehen, und 200000 PHitze sollten im Bereich der allgemeinen Hochschulbildung geschaffen werden. Zur Finanzierung dieser V orhaben sah das Programm die Emission staatlicher Sonderschuldverschreibungen zu Markt­bedingungen vor. In ihrem Alternativvorschlag zur Bildungspolitik kritisierte der PSOE unter anderem die fehlenden Angaben iiber die mit der Schaffung neuer Schul­platze verbundenen Kosten und dariiber, ob es sich dabei urn staatliche oder nicht­staatliche Platze handeln sollte.79 1m Text zu den Monc1oapakten tauchten die Zahlen iiber die zu schaffenden Platze in unveranderter Form auf, bezogen sich jedoch nur auf ein Jahr gemaB der Giiltigkeitsdauer der Ubereinkunft.80 Allerdings wurde hier, wie im Alternativvorschlag des PSOE gefordert, explizit Bezug auf staatliche Schulplatze genommen sowie ein konkreter Geldbetrag von 40 Mrd. Pta genannt. AuBerdem wurde als Prinzip die Demokratisierung des Bildungssystems81 festgeschrieben und die Aus­arbeitung eines Statuts fiir die Bildungszentren und den Lehrkorper festgelegt, was ebenso auf einen Vorschlag des PSOE zur Bildungspolitik zuriickging.82 Als weiteres vorrangiges Ziel wurde die qualitative Verbesserung der Lehre und die Angleichung der technischen Ausstattung offentlicher und privater Schulen genannt.

Das PSRE sah im Bereich der Verbesserung der geldpolitischen Instrumente, zusam­men mit dem bestehenden System der LiquidiUitssteuerung, die Schaffung eines Marktes fUr Schatzanweisungen vor dem 31. Dezember 1978 vor. 83 1m Rahmen der

78 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 6Iff. 79 Die PSOE forderte die ausschlieBliche Einrichtung staatlicher SchulpHitze V gl. Acuerdos de la

Moncloa (06): Sechste Unterkommission Wirtschaft (Bildung): Ensenanza. Alternativa PSOE, S. If. 80 Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 478f. 81 Hierunter war im wesentlichen die Beteiligung der Eltern- und Lehrerschaft bei der Kontrolle der

Schulzentren zu verstehen. 82 V gl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): AmUisis de los acuerdos econ6micos y politicos,

S.16. 83 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 7 If.

60

Page 73: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Reform des Finanzsystems wurde die vollstandige Liberalisierung der Zinssatze vor dem 30. Juni 1979 vorgeschlagen sowie eine Anpassung der Renditesatze von Anlei­

hen an die Marktsatze und eine Revision der Zinssatze fUr offentliche Kredite und der Zinssatze fUr Spezialkredite von Banken und Sparkassen vor dem 31. Dezember 1979. Dartiber hinaus war noch vor Ende 1977 die Einfiihrung eines Systems der Einlagen­

sicherung fUr alle Einlagen bis zu einer bestimmten Hohe vorgesehen. SchlieBlich sollten die Bildung neuer Banken erleichtert und alle Restriktionen beziiglich der Er­

offnung neuer Zweigstellen abgeschafft werden. Weiterhin sah die Regierung eine Uberarbeitung der Bestimmungen zur Bankendisziplin und zu den Sanktionsinstru­menten, eben so der Bankenaufsicht und der Normen fUr die Kreditvergabe an groBe sowie kleine und mittlere Untemehmen vor dem 31. Dezember 1977 vor. Zusatzliche

Reformen des Finanzsystems sollten noch vor Ende 1978 von der Regierung festgelegt werden. Der Vorschlag des PSOE sah im Zusammenhang mit der Uberarbeitung der Regelungen zur Bankenaufsicht einen zusatzlichen Passus vor, der scharfere Aus­schluBkriterien fUr eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat von Banken festlegte. 84 Dartiber hinaus wurde eine Beschrankung der Kreditvergabe an die Untemehmen gefordert, die mit Aufsichtsratmitgliedem in Verbindung standen. Dieser Passus und die im PSRE enthaltenen Vorschlage zur Neuregelung der Bankendisziplin und der Normen fUr die Kreditvergabe wurden, abgesehen von geringfUgigen Fristanderungen, in den endgiil­tigen Text Ubemommen.85 Nicht iibemommen wurden die geplante EinfUhrung des Systems der Einlagensicherung, die Erleichterung des Markteintritts fUr Banken sowie die Freiheit bei der Einrichtung von Zweigstellen. Die iibrigen Vorschlage waren ohne Angabe von Fristen im Vereinbarungstext enthalten.

Ein weiterer wichtiger Bereich der Verhandlungen war die Industriepolitik, da die spanische Industrie nach Einsetzen der Olkrise 1973 zunehmend in die Krise geraten war.86 In einem Abschnitt des PSRE zur Industriepolitik schlug die Regierung als

MaBnahme fUr die Erweiterung des marktwirtschaftlichen Systems den drastischen Abbau von Monopolpraktiken VOr. 87 Die AusfUhrungen zu diesem Bereich blieben dabei auBerst vage. Der Abbau sollte "auf Vorschlag von Institutionen", "unter Beteili-

84 V gl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y poifticos, S. 21. Der gemeinsam von PSOE, PCE und den Katalanischen Sozialisten gemachte Vorschlag, daB die Gewerkschaften im Direktorium der spanischen Zentralbank vertreten sein sollten, wurde hingegen nicht in die Moncloapakte iibernommen. Vgl. Acuerdos de la Moncloa (05): Zweite Unterkommission Wirtschaft (Steuern und Finanzen): Propuesta de los partidos PSOE, PCE Y PSC sobre 6rganos de direcci6n del Banco de Espana, propuesta del Gobierno, S. I.

85 Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 482f. 86 Vgl. KapiteI2.1, S. 18. 87 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 80ff.

61

Page 74: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

gung verschiedener sozialer Krafte", und "unter Verwendung der dafUr erforderlichen Marktliberalisierungsinstrumente" erfolgen. Die im Rahmen der Industriepolitik ge­plante Investitionstatigkeit sollte auf die Stimulierung von Investitionen in arbeitsinten­sive Bereiche gerichtet sein, urn damit das Beschliftigungsniveau zu sichem. Ein weite­res Ziel der Industriepolitik im PSRE war die massive Steigerung der Industrieexporte, urn einen ahnlichen Prozentsatz an der inlandischen Produktion zu erreichen wie die anderen europaischen Lander. Mittelfristig lehnte die Regierung eine allgemeine und biirokratische Kontrolle der Industriegiiterpreise ab, da sie dies en Weg fiir unvereinbar hielt mit einer Strategie der Reallokation der Ressourcen hin zum Export und den produktivsten Sektoren. Allerdings sei die alarrnierende technologische Abhlingigkeit Spaniens yom Ausland offensichtlich, was eine Korrektur dieses Ungleichgewichts mit "adaquaten Mitteln" unausweichlich mache. Zu diesem Zweck wollte die Regierung den Stand der inlandischen Technologie durch die Unterstiitzung der Forschung der Untemehmen und einer Orientierung der Forschung auf die "Felder des unmittelbaren Interesses" fUr den Sektor Industrie verbessem.88 Die Ausarbeitung eines Plans zur Ordnung der Industrie89 , der die notwendige Umgestaltung der Produktionssektoren nach den aufgefUhrten Kriterien beinhaltete, war vor dem 31. Dezember 1978 vorge­sehen. Auch der Vorschlag des PSOE zur Industriepolitik beinhaltete eine Forderung der exportorientierten Sektoren und die Abschaffung der bestehenden Wettbewerbs­hemmnisse, urn die Produktivitat und Wettbewerbsfahigkeit der spanischen Industrie­untemehmen zu steigem.90 In der Frage der Untemehmensstruktur sprach sich der Vorschlag einerseits fUr eine Konzentration und Verstaatlichung von Untemehmen, beispielsweise in der integrierten Eisenhtittenindustrie und der pharmazeutischen Indu­strie aus, urn die intemationale Wettbewerbsfahigkeit zu erhohen, rliumte jedoch auch ein, daB groBe Untemehmen nicht zwangslaufig wettbewerbsfahiger seien, und for­derte deshalb andererseits eine verstarkte Forderung kleiner und mittlerer Untemehmen durch offentliche Kredite. 91 Die Sozialisten konnten sich mit ihren Vorschlagen zur Industriepolitik nicht durchsetzen und es wurde auch keine Einigung in dieser Frage erzielt, weshalb die Monc!oapakte keinen Abschnitt zur Industriepolitik enthielten. Nach Angaben von Fuentes Quintana lag es am geringen zeitlichen Horizont des Pro­gramms, daB erste Schritte auf dem Weg zur Umstrukturierung in der Industrie nicht vereinbart werden konnten. Das Ausklammem der Industriepolitik in den Monc!oa­pakten schien jedoch nicht unbeabsichtigt zustandegekommen zu sein. Es war vielmehr

88 VgI. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 84. 89 Plan de Ordenaci6n Industrial 90 VgI. Acuerdos de la Moncloa (07): Siebte Unterkommission Wirtschaft (Offentliche Untemehmen,

Industrie und Energie): Directrices de polftica industrial (socialistas), S. 1 f. 91 VgI. ebenda, S. 2f.

62

Page 75: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Ausdruck einer Verlagerung des Schwerpunkts in der Industriepolitik auf Regierungs­seite. Diese sttitzte sich versUirkt auf das wirtschaftliche Reforrn- und Stabilisierungs­

prograrnrn und die darin enthaltenen Liberalisierungsschritte als Mittel, effiziente Sektoren und Untemehmen in der Industrie herauszufiltem.92

Als einen grundlegenden Aspekt der Industriepolitik nannte das PSRE die Unterord­nung der Energiepolitik unter die vorrangigen Ziele der Wirtschaftspolitik, insbeson­

dere im Hinblick auf die Zahlungsbilanz.93 Die bestehende Struktur des Energie­konsums durfe nicht weiter die zukiinftige Entwicklung des Landes durch eine Bela­

stung der Zahlungsbilanz behindem, was bei einer Aufrechterhaltung der aktuellen IntensiUit des Energiekonsums in Verbindung mit dem absehbaren Anstieg der Roh­stoffpreise unweigerlich der Fall ware. Urn eine soIehe Entwicklung zu vermeiden, schlug die Regierung vor, einen Gesamtplan zu formulieren, der integriert die Pro­bleme und U:isungen fUr dies en Sektor behandelt und Kriterien fUr das offentliche Vorgehen in den nachsten Jahren vorgab. Zu diesem Zweck sollte ein Nationaler Ener­gieplan vor dem 31. Dezember 1977 ausgearbeitet werden. In den Monc1oapakten wurden fUr das besonders groBe AusmaB der Energiekrise in Spanien drei Faktoren angefUhrt:94 erstens der exzessive Energiekonsum im Verhaltnis zum Bruttosozial­produkt und die wenig spars arne Verwendung von Primarenergie; zweitens die ausge­pragte Knappheit an inlandischen Energieressourcen, die ursachlich fUr die hohe Energieabhangigkeit vom Ausland sei; drittens das groBe Gewicht der Energieimporte in der Zahlungsbilanz. Ohne Anderungen wurde die Unterordnung der Energiepolitik unter die Ziele der Wirtschaftspolitik und die Verabschiedung eines Nationalen Ener­gieplans vor Ablauf der Jahresfrist aus dem PSRE ubemornrnen. Dieser Plan sollte sich durch eine koharente Energiesparpolitik auszeichnen, die sich im wesentlichen auf eine realistische Preispolitik sttitzte und eine fortgefUhrte Niedrighaltung der Energiepreise sowohl im Verhaltnis zum Weltmarktpreis als auch im Verhaltnis zu den ubrigen Giitem und Dienstleistungen unterband. In zweiter Linie sollten Mittel zur Energie­einsparung, gegebenenfalls auch die Beschrankung des Energiekonsums eingefUhrt

werden. Die Vereinbarungen zur Energiepolitik umfassten daruber hinaus eine Politik der Diversifizierung sowohl der Energietrager als auch der Herkunftslander, eine Poli­tik der beschleunigten Entwicklung der eigenen Energieressourcen, innerhalb der

Kriterien der wirtschaftlichen und sozialen ZweckmaBigkeit einer inlandischen OlfOr­derung, Produktion von Nuklearenergie, Energiegewinnung aus Wasser oder Kohle­

energie. AuBerdem wurde eine Politik der Forderung von Forschung und Entwicklung

92 Vgl. Trullen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n polftica espanola, S. 245. 93 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (a\): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 83f. 94 Vgl. Presidencia del Gobiemo (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 485f.

63

Page 76: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

im Bereich der altemativen Energiequellen vereinbart, mit besonderem Schwerpunkt auf der Solarenergie, die eine Entwicklung der entsprechenden Technologie anregen sollte. Das wesentliche Anliegen des PSOE, die baldige Ausarbeitung eines nationalen Energieplans, deckte sich mit dem der Regierung. Auf seinen Vorschlag hin gingen auBerdem die im Eigentum der Banco de Espana befindlichen Aktienanteile an Elektri­zitiitsuntemehmen an das INI, urn diesem einen starkeren EinfluB auf die Elektrizitiits­wirtschaft zu verschaffen.95

Wahrend sich im PSRE in der Frage der offentlichen Untemehmen lediglich der Hin­weis auf die Ausarbeitung eines Statuts fand96, konnte sich der PSOE mit seinen Vor­schHigen tiber die Kontrolle der offentlichen Untemehmen durch eine parlamentarische Kommission, die gewerkschaftliche Mitbestimmung und das Verbot der gleichzeitigen Betatigung in der staatlichen Verwaltung und in bffentlichen Unternehmen durch­setzen.97

Die Ubereinkunft tiber ein gesetzgeberisches und politisches Handlungsprogramm98

war Gegenstand der Verhandlungen und nicht im PSRE enthalten. Sie stellt damit die wesentliche Erweiterung im Spektrum der verhandelten Themenbereiche dar. 1m ein­leitenden Abschnitt des Vereinbarungstextes wurde als kurzfristiges Ziel der Politik "die Anpassung des bestehenden Rechtssystems an die Anforderungen der neuen demokratischen Realitat,,99 genannt. Die vereinbarten Anderungen betrafen unter ande­rem die Festlegung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, das Recht auf Bildung einer politis chen Vereinigung, eine Beschrankung des Wirkungsbereichs der Militar­justiz sowie die bffentliche Sicherheit. Nach Angaben des PSOE lag das Hauptanliegen der Regierung in der Verabschiedung eines neuen Antiterrorismusgesetzes, welches die Einrichtung einer Antiterroreinheit urnfassen sollte; die restlichen Gesetzentwtirfe seien erst im Verlauf der Gesprache prasentiert worden und hatten im wesentlichen, in einigen Fallen sogar wortlich, mit den Vorschlagen des PSOE tibereingestimmt. lOO 1m abschlieBenden Dokument war kein spezielles Antiterrorismusgesetz, gegen das sich

95 Vgl. Acuerdos de la Moncloa (08): Siebte Unterkommission Wirtschaft (Offentliche Unternehmen, Industrie und Energie): Ernpresa publica, politica industrial y politica energetica, S. 4.

% Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Prograrna de Saneamiento y Reforma Econ6mica, S. 84. 97 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): Amilisis de los acuerdos econ6micos y politicos,

S. 26, Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, Colecci6n Inforrne nurn. 17, 1977, S.486f.

98 Acuerdo sobre el Prograrna de Actuaci6n lurfdica y Polftica 99 Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 487. 100 Vgl. Partido Socialista Obrero Espanol (1977): An:ilisis de los acuerdos econ6micos y politicos, S.30f.

64

Page 77: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

die Sozialisten ausgesprochen hatten, enthalten.101 Allerdings war die Einrichtung einer Spezialeinheit der Polizei vorgesehen, die unter Kontrolle der Gerichte stehen sollte. Die Ubereinkunft tiber ein gesetzliches und politisches Handlungsprograrnrn kam damit in weiten Teilen dem Anliegen des PSOE - der Demontage der franquisti­schen Institutionen - im politischen Bereich entgegen. Sie stellte eine Verpflichtung der Regierung zur Weiterftihrung der Demokratisierung dar und bildete ein Gegen­gewicht zu den von den Oppositionsparteien gemachten Zugestandnissen in der Frage der wirtschaftlichen Stabilisierung und Reform. Die dadurch erreichte Ausweitung der zu verhandelnden Themen erleichterte somit die Konsensfindung.

Zusammenfassend WBt sich zum VerhandlungsprozeB der Monc1oapakte feststellen, daB die ursprtinglich im PSRE vorgesehene wirtschaftliche Reformstrategie in drei Richtungen modifiziert wurde. Erstens wurde die Rolle des Parlaments als Instanz zur Formulierung und zur Kontrolle der Wirtschaftspolitik der Regierung gestarkt. Das schlug sich in seiner Beteiligung am ProzeB der Diskussion und Anwendung einer bedeutenden Anzahl von Gesetzen, MaBnahmen und Regulierungen in Institutionen wie der Banco de Espana, dem Rechnungshof und in offentlichen Untemehmen nieder. Dies betraf die Steuergesetze, aber auch die Gestaltung der Sozialversicherung. AuBer­dem wurde es als notwendig erachtet, seitens des Parlaments sowohl die Geldpolitik als auch die offentlichen und privaten Finanzinstitute zu kontrollieren. Zweitens wurde eine Reform des institutionellen Gertists der wirtschaftlichen Entscheidungen verein­bart mit einem Abbau der bestehenden Institutionen des Regimes und der Starkung der Position gesellschaftlicher Gruppen, beispielsweise mit der Anerkennung der Rolle der Gewerkschaften in Bereichen wie der Preispolitik, der Landwirtschaftsplanung, den Verwaltungsbehorden der Sozialversicherung, der Regierungsorgane der offentlichen Untemehmen und dem PreisausschuB. 102 Drittens wurdeein bedeutendes Paket politi­scher Reformen einbezogen, die als Bezugsrahmen die Ausarbeitung einer demokra­tischen Verfassung hatten. !O3

Es gab auch auBere Einfltisse, die ftir die erreichte Ubereinkunft von Bedeutung waren. So lassen sich unter den in den Verhandlungen zu den Monc1oapakten vorgenom­menen Veranderungen einige Pas sagen finden, die - in manchen Fallen sogar wortlich - aus dem im Juli 1977 in Italien verabschiedeten wirtschaftlichen Reformprograrnrn104

101 Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pact os de la Monc\oa, S. 490f. 102 Vgl. Trullen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n polftica espanola, S.249.

10) Vgl. Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Monc\oa, S. 487. 104 Accordo Programmatico fra i partiti dell'arco costituzionale

65

Page 78: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

fibernommen waren. 105 Eine von der OECD in Auf trag gegebene und im Sommer 1977 erschienene Studie zu moglichen Strategien fUr eine Wachstums- und Vollbeschafti­gungspolitik sprach sich ebenso fUr eine Konsensli:isung aus. Sie hob hervor, daB ein Konsens zwischen Regierung und den ffir die Preis- und Einkommensentwicklung bestimmenden Stellen fiber wirksame MaBnahmen zur Inflationsbekampfung die Rfickkehr zu Vollbeschaftigung in der bestehenden Situation fordere.'06

Der GroBteil der wahrend der Verhandlungen eingefUhrten Veranderungen im PSRE war auf die Initiative der Sozialisten zurUckzufUhren. Wenig in Erscheinung trat der PCE, der zwar als Partei nach dem Ergebnis der Parlamentswahlen deutlich weniger Gewicht als die beiden groBen Parteien UCD und PSOE besaB, jedoch durch seine Verbindung zur groBten spanischen Gewerkschaft Comisiones Obreras (CC.OO.) eine wichtige Rolle fUr die Akzeptanz des Programms innehatte. Die untergeordnete Rolle des PCE im VerhandlungsprozeB laBt sich durch seine im Vergleich zum PSOE st1i.r­kere Ubereinstimmung mit dem Regierungsprogramm erklaren. Bereits am 15. Oktober erklarte die Ffihrung der CC.OO. offentlich ihre Unterstiltzung der Monc1oapakte.'07 Die Position der Alianza Popular im VerhandlungsprozeB zu den Monc1oapakten war demgegenfiber auBerst schwach und spiegelte das in den Parlamentswahlen festgelegte Krafteverhaltnis wider. Denn sie reprasentierte eine politische Kraft, deren Zielset­zung, die Reform innerhalb des alten Systems, durch die Ergebnisse der Wahlen vom 15. Juni 1977 eine klare Absage erteilt wurde.

Der Wirkungsbereich des zwischen politischen Parteien geschlossenen Konsenses wurde durch die enge Verbindung des PSOE zur Gewerkschaft Uni6n General de Trabajadores (UGT) und des PCE zur Gewerkschaft CC.OO., welches die beiden groBten spanischen Gewerkschaften waren, erweitert. Auf Seiten der Gewerkschaften bestanden drei Handlungsalternativen. Sie konnten sich fUr die Mitarbeit an der Ein­ffihrung einer neoliberalen wirtschaftspolitischen Losung entschlieBen, die jedoch in klarem Gegensatz zu ihrer eigenen Position gestanden hatte, oder eine Politik des grundlegenden Konsenses unterstiltzen, die eine gleichgewichtige Verteilung der durch die Reform verursachten Kosten bringen wfirde, oder freie, dezentrale Verhandlungen

105 Vgl. Trullen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n polftica espanola, S. 39ff, S. 223f.

106 Vgl. McCracken, P. et al. (1977): Towards full employment and price stability, S. 183. 107 Vgl. Trullen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n polftica espanola, S.216f.

66

Page 79: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

anstreben, die korporative Praktiken ermoglicht hatte. lOS Angesichts der geringen Erfolgsaussichten der dritten Alternative - ein Vertretungsorgan der Arbeitgeberseite

entstand erst spater - entschieden sich die Gewerkschaften kiar fUr die zweite Alter­native. 109

3.2 Der politische und wirtschaftliche Umbruch in Polen

1m Verlauf des Jahres 1988 setzte sich in Polen auf seiten der politischen Fuhrung der PV AP die Uberzeugung immer starker durch, daB ein Ausweg aus der politischen und

wirtschaftlichen Krise ohne Verhandlungen mit den oppositionellen Kraften der Gesellschaft nicht moglich seL llO AuslOser fUr diesen Gesinnungswechsel waren das verlorene Referendum zu den wirtschaftlichen und politischen Reformen im November 198i 11, eine als Reaktion auf die von der Regierung durchgefUhrten PreiserhOhungen

einsetzende Streikwelle im April und Mai 1988, der in der geringen Wahlbeteiligung

bei den Kommunalwahlen im Juni 1988 sich auBernden Unmut und eine zweite Streikwelle im August.

3.2.1 Von den Verhandlungen am "Runden Tisch" zum Regierungswechsel

Am 27. August 1988 erging durch Innenminister Kiszczak die formale Aufforderung an alle "an der Weiterentwickiung Pol ens Interessierten" zur Teilnahme an Gesprachen mit der polnischen Regierung. 112 Die in einer Fernsehansprache ubermittelte Aufforde­rung formulierte keine Vorbedingungen im Hinblick auf die Thematik oder die Teil­nehmer. Die Motivation der Regierung zur Einleitung dieser Gesprache grtindete sich auf die Hoffnung, durch einen Dialog mit der zu der Zeit noch illegalen Opposition das Verhaltnis zum west lichen Ausland zu verbessern und damit den Zugang zu westlicher Finanzhilfe, mit der die Regierung Rakowski die wirtschaftlichen Reformen finanzie­ren wollte, zu gewahrleisten. ll3 Dartiber hinaus hatte sich das auBenpolitische Klima

108 Vgl. Martinez-Alier, 1.; Roca lusmet. l. (1988): Economfa polftica del corporativismo en el estado espanol: Del franquismo al posfranquismo, in: Revista Espanola de Investigaciones Sociologicas, Nr. 41, S. 37.

109 Unter den Gewerkschaftsmitgliedem war die Haltung gegeniiber der in den Moncloapakten aufer­legten Lohnzuriickhaltung gespalten - in einer Urnfrage sprachen sich jeweils annahemd die Halfte der Befragten fUr bzw. gegen eine Einhaltung der festgesetzen Grenzen im Lohnwachstum aus. Vgl. Fishman, R. M. (1990): Working-class organization and the return to democracy in Spain, S. 219ff.

110 Vgl. Bingen, D. (l990a): Reformpolitik in Polen, in: Politische Studien, S. 305f. III Vgl. KapiteI2.2, S. 34. 112 Vgl. Polnische Agentur Interpress (Hrsg.) (1989): Polen gestem - heute - morgen, S. 8. 113 Vgl. Kundigraber, C. (1991): Der Weg Polens zum Systemwandel, S. 39. In einer spieltheoretischen

Untersuchung kommt losep Colomer zu dem Ergebnis, daB aufgrund der im Vergleich zu 1981 veran-

67

Page 80: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

im Vergleich zu 1982 stark gewandelt, vor allem die Position der Sowjetunion betref­fend. Bei seinem Polenbesuch im Juli 1988 hatte der sowjetische Prasident Michail Gorbatschow die Eigenverantwortung der polnischen Fiihrung fiir das weitere Vor­gehen betont. Ein Festhalten am Alleinherrschaftsanspruch der PV AP konnte damit nicht langer mit dem Hinweis auf drohende Sanktionen seitens der Sowjetunion ge­rechtfertigt werden, wodurch der Druck auf die Parteifiihrung wuchs, eine Einigung mit der Opposition zu erreichen. Die Motivation der Fiihrung von Solidarnosc zur Teilnahme an den Gesprachen am "Runden Tisch" griindete sich auf die Bestrebung, die Wiederzulassung der Organisation iiber den KompromiB zu erreichen.

Von seiten der radikaleren Mitglieder der Solidaritat gab es Widerstand gegen den von Wal~sa eingeschlagenen KompromiBkurs. Sie riefen nach dem AbschluB der Vereinba­rungen zu einem Boykott der Parlamentswahlen auf und stellten Wal~sas Rolle als Gewerkschaftsfiihrer in Frage. 114 Wal~sa selbst machte seine Distanz gegeniiber den Vereinbarungen am "Runden Tisch" deutlich, indem er sie als "den schrecklichen Preis, den wir bezahlen miissen, urn unsere Gewerkschaft zuriickzuerhalten" bezeich­nete. Auch in Reihen der PVAP-Mitglieder regte sich Widerstand, die Jaruzelski und Rakowski beschuldigten, einen "Ausverkauf des Sozialismus" zu betreiben. 115 In beiden Fallen blieb der Widerstand jedoch ohne wesentliche Folgen.

Der wichtigste Gegenstand in den Verhandlungen am "Runden Tisch" war die Frage, in welcher Form und in welchem Umfang zukiinftig oppositionelle Gruppen im polni­schen Parlament vertreten sein sollten. Der Vorschlag der Regierungsseite sah vor, der Solidarnosc einen Anteil von zwischen 30 % und 40 % der Parlamentssitze einzurau­men. 1l6 Die Vertreter der Solidarnosclehnten diesen Vorschlag ab, denn er hatte keine Demokratisierung bedeutet, und bestanden auf der Vergabe eines Anteils der Parla­mentssitze iiber freie Wahlen. Eine bloBe Zuteilung der Sitze hatte der Opposition eine ahnliche Rolle wie den Koalitionspartnem in der Regierung zugewiesen. Es wurde schlieBlich vereinbart, daB 35 % der Sitze durch freie Wahlen vergeben werden soll-

derten Praferenzordnung der Regierung, d.h. anstatt Kontinuitat des Regimes seine Reform als hOchste Prioritat, eine Vereinbarung erreicht werden konnte. Vgl. Colomer, J. M.; Pascual, M. (1994): The Polish games of transition, in: Communist and Post-Communist Studies, S. 278-287.

114 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 74, 193f. liS Auf der 10. ZK-Sitzung der PV AP im Dezember 1988 sowie auf einer zweiten Sitzung im Januar

1989, die zur Vorbereitung der Verhandlungen am "Runden Tisch" dienten, muBten Parteichef Jaru­zelski, Ministerprasident Rakowski, Innenminister Kiszczak und Verteidigungsminister Siwicki mit ihrem Riicktritt von den Regierungs-und Parteiamtern drohen, urn eine knappe Mehrheit von 55 % der ZK-Mitglieder fur das Programm der "sozialistischen parlamentarischen Demokratie" zu gewinnen. Vgl. Bingen, D. (J990a): Reformpolitik in Polen, in: Politische Studien, S. 307.

116 Vgl. Taras, R. (1995): Consolidating democracy in Poland, S. 134ff.

68

Page 81: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

ten.l17 Wahrend die Einrichtung des Senats als zweiter Kammer, die im wesentlichen Kontrollfunktionen austiben und deren Mitglieder durch freie und allgemeine Wahl

ermittelt werden sollte, wenig umstritten war, blieben die Fronten in der Frage ver­hartet, mit welcher Stimmenmehrheit das Parlament ein vom Senat zurtickgewiesenes

Gesetzesprojekt verabschieden konne.118 Da 35 % der ParI aments sitze durch freie Wahl bestimmt werden sollten, war diese Frage von einiger Bedeutung. Der Vorschlag

der Regierungsseite sah eine Dreifiinftelmehrheit vor, die Solidarnosc bestand auf einer Zweidrittelmehrheit. Denn bei Gewinn aller durch freie Wahl vergebenen Sitze

durch Kandidaten der Solidarnosc ware der Regierung und ihren Koalitionspartnern damit die Moglichkeit genommen worden, vom Senat zurtickgewiesene Gesetzes­projekte doch noch im Parlament zu verabschieden. Die Vertreter der Solidarnosc setzten sich schlieBlich mit ihrem Vorschlag durch.119

Der umstrittenste Teil des Abkommens war der Teil, der sich mit den wirtschaftlichen Reformen befaBte. Entgegen den Erwartungen war dies jedoch nicht auf einen Konflikt

zwischen den Vertretern der Regierung und der Solidarnosc zurtickzuftihren, sondern auf die ablehnende Haltung der offiziellen Gewerkschaft OPZZI20.121 Diese auBerte sich am deutlichsten in der Frage der Lohnindexierung, die einen Inflationsausgleich durch LohnerhOhungen, allerdings nicht in vollem Umfang herstellen sollte. Der Vor­schlag der Regierungsseite sah eine Quote von 70 %, die Solidarnosc eine Quote von 85 % vor, wobei rasch eine Einigung auf 80 % erfolgte. Die OPZZ hielt bis zum AbschluB der Verhandlungen an ihrer Forderung eines vollstandigen Ausgleichs fest und legle bei der Unterzeichnung des Protokolls am 5. April 1989 in dieser Frage ihr Veto ein. Das sechs Kapitel umfassende KompromiBpapier der Arbeitsgruppe Wirt­schaft enthielt eher eine Liste von Zielbeschreibungen als konkrete wirtschaftspoli­tische MaBnahmen. 122 Zwar war darin der Ausgleich des Anstiegs der Lebenshaltungs­kosten zu 80 % tiber Lohnzuschlage zu Beginn jedes Quartals festgeschrieben, die von der Solidarnosc geforderte Bildung einer gemischten Komrnission zur Kontrolle der Reformumsetzung wurde jedoch nicht in das KompromiBpapier aufgenommen. In

117 Vgl. Polnische Agentur Interpress (1989): Polen gestern - heute - morgen, S. 15. 118 Vgl. o. V. (1989b): Endspurt an Polens "rundem Tisch", in: NZZ yom 04.04.1989, o. Seite. 119 Vgl. o. V. (1989a): Der Anfang auf dem Weg zur parlamentarischen Demokratie, in: FAZ Yom

11.04.1989, o. Seite. 120 Og6lnopolskie Pororzumienie Zwiqzk6w Zawodowych 121 Vgl. Bachmann, K. (1989): In den schweren Wehen des dialektischen Pluralismus, in: Die Presse

yom 15.116. April 1989, o. Seite. 122 Vgl. o. V. (l989c): Die polnischen Kommunisten machen ihren Frieden mit der Opposition, in: FAZ yom 06.04.1989, sowie Bingen, D. (l990b): Vorgeschichte und Phasen des Systemwechsels in Polen 1989,S.32f.

69

Page 82: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

bestimmten Punkten waren die Vereinbarungen sogar widerspruchlich. 123 So wurde zwar die weitgehende EinfUhrung marktwirtschaftlicher Mechanismen als Ziel formu­liert, was unweigerlich eine Rezession zur Folge gehabt hiitte, gleichzeitig jedoch ge­

fordert, ein mit dem IWF und anderen Finanzinstitutionen abgestimmtes Programm umzusetzen, welches die Realeinkommensverluste der BevOlkerung nicht nur kompen­

sieren, sondern sogar ein jahrliches Wachstum von 2 % gewahrleisten soUte. In bezug auf die Selbstverwaltung zeigte sich, daB auch auf seiten der Solidarnosc-Vertreter die

Untersttitzung eines "dritten Wegs", d.h. einer Reform des sozialistischen Wirtschafts­systems, tiberwog. 124 Denn trotz der tiberwiegenden Ablehnung des Konzepts der Selbstverwaltung in der okonomischen Theorie und den schlechten Erfahrungen mit diesem Konzept in Jugoslawien in den 1980er Jahren, wurde im AbschluBdokument nicht nur die Selbstverwaltung in staatlichen Betrieben hervorgehoben, sondern es war

sogar ihre Ausweitung auf private Unternehmen mit mehr als 100 Beschaftigten vorge­sehen. Die Plane fUr eine konkrete Wirtschaftsreform wurden bis zur Neubildung einer Regierung im Herbst 1989 aufgeschoben.125

Mit den Verhandlungen tiber die Anderung des Wahlsystems fiel der Gruppe "Politi­sche Reformen" das Kernsttick der Verhandlungen am "Runden Tisch" zu. Als SofortmaBnahmen wurden u.a. die Legalisierung der Solidarnosc und die Anerkennung des Rechts der Opposition auf legale Betatigung beschlossen.126 Die Wahl zu Sejm und neu geschaffenem Senat wurde fUr Juni 1989 angesetzt. Ftir die Sejmwahlen war ein­malig festgelegt, daB 65 % der Sitze fUr das Regierungsbtindnis aus PVAP, Vereinigter Bauernpartei 127 (ZSL) und Demokratischer Partei 128 (SD) von vornherein reserviert

waren und lediglich die tibrigen 35 % der Sitze durch freie Wahl zu besetzen waren. 129

Die nachsten Parlamentswahlen sollten hingegen vollstandig frei ablaufen.

Dieses Ergebnis der Verhandlungen am "Runden Tisch" war nicht zuletzt auf die Fehleinschatzung der eigentlichen Starke der Verhandlungspartner zuruckzufUhren. Wahrend die Vertreter der PV AP ihre Position tiberschiitzten, beurteilten die Vertreter

123 Vgl. Ziemer, K. (1989): Auf dem Weg zum Systemwandel in Polen (II), S. 964. 124 Vgl. Winiecki, 1. (1992b): Privatization in Poland, S. 52. 125 Vgl. Mickiewicz, T. (1990): Politische Rahmenbedingungen fUr die Wirtschaftsreform in Polen, S.321.

126 Neben der Solidamosc wurde auch die Solidamosc der Privatbauem und der Unabhtingige Studen­tenverband legalisiert. Vgl. o. V. (1989a): Der Anfang auf dem Weg zur pariamentarischen Demo­kratie, in: FAZ yom 11.04. I 989, o. Seite.

127 Zjednoczone Stronnictwo Ludowe 128 Stronnictwo Demokratyczne 129 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 73.

70

Page 83: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

der Solidarnosc den Umfang der offentlichen Untersttitzung, der sich in den sich anschlieBenden, eingeschrankt freien Wahlen manifestierte, zu gering. 130

Die Juniwahlen brachten einen iiberwaltigenden Erfolg fUr Solidarnosc. In den Parla­mentswahlen gewannen die Kandidaten des Biirgerkomitees, des politischen Fltigels der Solidarnosc, aIle 161 frei wiihlbaren Sitze, wahrend einige Kandidaten der PV AP, darunter auch Jaruzelski und Rakowski, nicht gentigend Stimmen flir eine giiltige Wahl erhielten. In den voIlstandig freien Wahlen zum Senat erlangte das Btirgerkomitee 99 von 100 Sitzen. l3l Das polnische Wahlvolk sprach damit sehr deutlich sein MiBtrauen gegeniiber der Regierung aus. Trotz des iiberwaltigenden Erfolgs der Solidarnosc war ihre Position im Parlament zu schwach flir eine Regierungsbildung, jedoch konnte sich auch die PVAP mit ihrer Regierungsbildung durch den von Jaruzelski designierten Premierminister Kiszczak nicht durchsetzen, da die Blockparteien ihre Zustimmung verweigerten. Diese Pattsituation wurde von Walttsa und seinen Beratem aufgelOst, indem sie in geheime Verhandlungen - auch hinter dem Riicken der parlamentarischen Delegation des Btirgerkomitees - mit der Bauempartei und der demokratischen Partei traten. Die beiden ehemaligen Koalitionspartner der PV AP willigten ein, einer vom Biirgerkomitee geleiteten Koalitionsregierung beizutreten, da sie erheblichen politi­schen Schaden von einer weiteren Allianz mit der PV AP beflirchteten. Durch die Zu­sicherung, das Verteidigungs- und Innenministerium in den minden der PV AP zu belassen, sicherte sich Walttsa das Einverstandnis des sowjetischen Botschafters und Jaruzelskis flir seine Plane zur AblOsung der Regienmg. Diese wurden den Parlamen­tariem von Btirgerkomitee und PVAP dann als Fait accompli prasentiert, was zu hefti­gem Widerspruch auf beiden Seiten flihrte, jedoch nicht mehr zu andem war. Eine Gruppe von drei Kandidaten des Btirgerkomitees wurde Jaruzelski zur Auswahl eines Premierministers vorgeschlagen, aus der er mit Tadeusz Mazowiecki den am stiirksten gemaBigten auswiihlte. Bier besteht eine deutliche ParaIlele zum Demokratisierungs­prozeB in Spanien, als Konig Juan Carlos mit Adolfo Suarez den am stiirksten ge­maBigten aus drei Kandidaten auswahlte, wobei diese jedoch aIle Vertreter des ehe­maligen Systems waren.

130 Aleksander Kwasniewski, der als Vorsitzender die Regierungsseite am Gewerkschaftstisch vertrat, bestatigte in einem Interview im Sommer 1990 diese Einschatzung: "DaB sich die Partei stark fiihlte, offnete erst den Weg zum Runden Tisch und zu den freien Wahlen. Es ist paradox: In der Fehlein­schatzung lag Polens Chance", zit. nach: Kundigraber, C. (1991): Der Weg Polens zum System­wandel, S. XXIV.

13I Vgl. Bingen, D. (1990b): Vorgeschichte und Phasen des Systemwandels in Polen 1989, S. 38; Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 74.

71

Page 84: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Am 24. August 1989 wurde Mazowiecki mit uberwaltigender Mehrheit zum Minister­prasidenten gewahlt.132 Das von ihm bis zum 12. September gebildete Koalitionskabi­

nett urnfasste Minister aus dem Burgerkomitee, der ZSL, der SD und der PV AP und hob sich durch seine Ausgewogenheit hinsichtlich der politischen Krafteverteilung

hervor. Die vier von den Mitgliedem der PV AP besetzten Ministerien waren das Innen-, das Verteidigungs-, das AuBenhandels- sowie das Transport- und Kommunika­

tionsministerium. Das Parlament bestatigte die Regierung mit 402 Stimmen ohne Gegenstimme bei 13 Enthaltungen.

3.2.2 Das wirtschaftliche Stabilisierungs- und Transformationsprograrnm

Uber die Frage der Ausgestaltung der wirtschaftlichen Reformen herrschte innerhalb der Fiihrung von Solidamosc keine Einigkeit. Es gab einerseits die BefUrworter eines

"liberalen" Ansatzes, die sich fUr eine moglichst rasche, auf Marktmechanismen gegriindete Transformation aussprachen, andererseits die Anhanger eines sogenannten "dritten Weges" fUr den Ubergang von der Zentralplan- zur Marktwirtschaft, die ein graduelles Vorgehen mit starkerem Eingreifen des Staates befUrworteten. 133 Fur die Untersuchung des Zustandekommens der endgultigen Regelungen sind insbesondere zwei Dokumente von Bedeutung. Ein von Wirtschaftsexperten erarbeiteter Vor­schlag134 und das anschlieBend von der Regierung tiffentlich vorgestellte Wirtschafts­programm135 • Da dieses in vielen Punkten noch keine konkreten Angaben uber die zu treffenden MaBnahmen enthielt, wird auBerdem betrachtet, we1che endgultigen Beschliisse bis zum Anlaufen des Stabilisierungsprograrnms - der sogenannten "Schocktherapie" - im Januar 1990 getroffen wurden. 1m Unterschied zu Spanien wurde das polnische Programm nicht im Zuge eines ausgehandelten Allparteien­konsenses, sondem einseitig von der Regierung, hier vor allem vom marktwirtschaft­lich orientierten Flugel der Solidamosc ausgearbeitet. 136

132 Fiir ihn stimmte dabei auch eine Mehrheit der PV AP-Abgeordneten. Vgl. Bingen, D. (1990b): Vor­geschichte und Phasen des Systemwechsels in Polen 1989, S. 4 If.

133 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 89f. 134 Abgedruckt in: Beksiak, J. et al. (1991): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, in: Centre for Research into Communist Economies (Hrsg.): The Polish transformation: programme and progress, S. 19-59.

135 Eine deutsche Obersetzung des Programms findet sich in: o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, in: Bak, H.; Pysz, P.; Scharff, R. (Hrsg.): Das BaIcerowicz-Pro­gramm. Konzept, Realisierungsschritte, Zwischenergebnisse, S. 9-29.

136 Auch wenn einzelne Ministerposten als ZugesUindnis an Mitglieder der PV AP vergeben worden waren, so spieite die PV AP dennoch keine Rolle bei der Ausarbeitung des Wirtschaftsprogramms und es kann auch nicht von einer Allparteienregierung gesprochen werden. Bingen spricht von einer Zeit

72

Page 85: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Am 1. September 1989 beauftragte der Fraktionsflihrer des Btirgerkomitees (OKP)

Geremek offiziell eine Expertengruppe unter Leitung von Janusz Beksiak, das Konzept eines Programms flir die wirtschaftliche Stabilisierung und - in Verbindung damit - den

Systemwechsel in Richtung einer Marktwirtschaft auszuarbeiten. 137 Die Experten­gruppe, der sHindig auch Berater aus den USA, unter anderen Jeffrey Sachs und David

Lipton138, angeh6rten, verfaBte bis Ende September einen Bericht. 139 Er enthielt neben VorschHigen zu den beiden Teilprogrammen auch Vorschlage zu ihrem zeitlichen Ab­

lauf und ihrer Koordination. Dieser Bericht diente als Grundlage flir das spater von der Regierung Mazowiecki beschlossene Wirtschaftsprogramm, welches nicht in allen Punkten mit dem Entwurf tibereinstimmte.

Der Vorschlag der Expertengruppe zur Stabilisierung sah eine Laufzeit des Programms von 26 Monaten vor, wobei sich die MaBnahmen in flinf Bl6cke aufteilten. 14o Das Wirtschaftsprogramm der Regierung unterschied demgegentiber zwei Phasen der Stabilisierungspolitik. In der ersten Phase, die nicht langer als bis Anfang 1990 dauern sollte, war vorgesehen, ein weiteres Wachstum der Inflationsrate zu verhindern oder dieses sogar zu verringern, das Budgetdefizit unter das Niveau von Oktober 1989 zu senken und die Flucht aus dem Zloty einzudammen. 141 Daran sollte sich die Phase grundsatzlicher Systemanderungen anschlieBen, mit der Einflihrung eines Btindels radikaler antiinflationarer MaBnahmen zur Stabilisierung und der gleichzeitigen Umsetzung der bis Anfang 1990 vorbereiteten, fundamentalen Systemanderungen. Die Regierung hob dabei besonders hervor, daB eine erfolgreiche Umsetzung des Stabili­sierungsprogramms eine unerlaBliche Voraussetzung flir das Gelingen der System­veranderungen darstellte.

Der erste Block des Vorschlags der Expertengruppe zur Stabilisierung beschliftigte sich mit der Preisreform und sprach sich flir eine Abschaffung aller Preiskontrollen aus. Ausnahmen waren flir inlandische Energie- und Brennstoffpreise vorgesehen, die

des Zerfalls und Neuaufbaus von Parteien, in der es keine nennenswerte Opposition gab. Vgl. Bingen, D. (I 990a): Reformpolitik in Polen, S. 313f.

137 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 21. 138 Sie sprachen sich klar fUr eine "Schocktherapie" aus, unter anderem aufgrund der schlechten Erfah­

rungen osteuropaischer Staaten mit schrittweisen Reformen und der besseren Miiglichkeiten einer schwachen Regierung, die sich einer tiefen wirtschaftlichen Krise gegeniibersieht, Reformen zu Beginn ihrer Amtszeit durchzufUhren. Vgl. Lipton, D.; Sachs, J. (1990): Creating a market economy in Eastern Europe: The case of Poland, S. 99f.

139 Vgl. Beksiak, J.; Winiecki, J. (1990): A comparative analysis of our programme and the Polish government programme, S. 9.

140 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 25f. 141 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 10f.

73

Page 86: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

bis Ablauf des Programms auf 75 % des Weltmarktpreises festgesetzt werden sollten, sowie fUr die Absatzpreise der lebensmittelverarbeitenden Industrie, bei der Preisstei­gerungen bzw. -senkungen an gleichgerichtete prozentuale Preisveranderungen der agrarischen Inputpreise gekoppelt waren. Da liberwiegend mit Preissteigerungen zu rechnen war, sollte mit der zweiten Regelung verhindert werden, daB der monopoli­sierte lebensmittelverarbeitende Sektor aufgrund seiner Quasi-Monopsonstellung Gewinne aus der Preisliberalisierung ohne Beteiligung der stark dezentralisierten Landwirtschaft erwirtschaftete. 142 Die Regelungen des Wirtschaftsprogramms zur Preisliberalisierung waren im Vergleich weniger detailliert. Es sah in der Vorberei­tungsphase vor, den Anwendungsbereich arntlicher Preise und anderer administrativer Preiskontrollen zu verringem. 143 1m AnschluB daran plante die Regierung, alle admini­strativen Preiskontrollen abzuschaffen, mit Ausnahme der Bereiche, die unter die Antimonopolgesetzgebung .. fielen. Der V orschlag der Expertengruppe zur Preiskon­trolle in der lebensmittelverarbeitenden Industrie wurde jedoch nicht in das Wirt­schaftsprogramm der Regierung libemommen. Es urnfaBte lediglich eine Kontrolle der Energiepreise, die nach einer einmaligen, drastischen Erhtihung zum Programmstart fUr mindestens 6 Monate fixiert wurden. 144

Der zweite Block beschaftigte sich mit dem Abbau des Budgetdefizits und der Vor­schlag der Expertengruppe sah unter anderem die Abschaffung von Exportsubven­tionen, von Subventionen fUr Lebensmittel sowie der Beihilfen fUr den Betrieb und die Instandhaltung des tiffentlichen Wohnungswesens VOr. 145 Dartiber hinaus sollte eine Reduzierung der Schuldenlast gegentiber ausHindischen Geschaftsbanken durch Ver­handlungen und eine radikale Beschrankung der Subventionen fUr zentralstaatliche und Untemehmensinvestitionen vorgenommen werden. Das Wirtschaftsprogramm der Regierung machte in diesem Zusammenhang urnfangreichere V orgaben. Es plante fUr die Vorbereitungsphase, einzelne zentrale Investitionsvorhaben, vor allem im Brenn­stoff- und Energiebereich zurlickzuziehen, mit dem Verkauf staatlichen Eigentums in tiffentlichen Auktionen zu beginnen und die Dotationen fUr Steinkohle durch eine Systemanderung einzuschranken. 146 Dartiber hinaus war die Anhebung der Umsatz­steuer fUr einzelne Konsumgtiter, die Verschtirfung der Steuerdisziplin gegentiber

142 Vgl. Beksiak, J.; Winiecki, J. (1990): A comparative analysis of our programme and the Polish government programme, S. 11.

143 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 14f. 144 Der Preis fUr Kohle wurde auf das Fiinf- bis Siebenfache erhoht, die Preise fUr Strom und Gas auf das Vier- bis Fiinffache. Vgl. Milanovic, B. (1992): Poland's quest for economic stabilisation, 1988-91: Interaction of political economy and economics, S. 522.

145 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 26f. 146 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 12f.

74

Page 87: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Unternehmen mit Steuerrtickstanden und die EinsteUung der Ausgleichszahlungen an regionale Budgets flir Preissteigerungen vorgesehen. In Ubereinstimmung mit dem

Vorschlag der Expertengruppe soUten zudem die Subventionen flir Lebensmittel ge­

ldirzt werden. In der zweiten Phase ab 1990 sollten dann Steuererleichterungen147 radi­kal begrenzt und die Dotationen flir Energieinvestitionen und flir Steinkohle abge­schafft werden. 148 SchlieBlich soUte in dieser Phase die Finanzierung des Budgetde­

fizits, die zuvor aus unverzinsten Krediten der polnischen Nationalbank erfolgen konnte, auf Staatsanleihen und zu Marktbedingungen aufgenommene Kredite von

Geschaftsbanken beschrankt werden.

1m dritten Block des Konzepts der Expertengruppe wurde der flir Anfang 1990 vorge­sehene, vorlaufige Umbau des Steuersystems behandelt. 149 Dieser umfaBte eine ein­heitliche Einkommensteuer auf Wirtschaftseinheiten, eine Einkommensteuer auf die personlichen Einkommen der BevOlkerung auBerhalb der Landwirtschaft und eine

Verbrauchsteuer, die das bisherige System ersetzen soUten. Zu einem nicht prazisierten spateren Zeitpunkt war die Einflihrung eines endgtiltigen Steuersystems geplant. Das Wirtschaftsprogramm der Regierung sah hingegen die Einflihrung des reformierten Steuersystems bereits flir 1991 vor. 150 Als Hauptbestandteile nannte es eine flir aUe Wirtschaftseinheiten einheitliche Einkommensteuer flir juristische Personen, eine Mehrwertsteuer, die die bisherige Umsatzsteuer ersetzen soUte, sowie eine personliche Einkommensteuer, deren Bemessungsgrundlage praktisch aUe von Einzelpersonen erzielten Einkommen sein sollten. Ftir die Ubergangszeit im Jahr 1990 schlug das Wirtschaftsprogramm die Begrenzung der Zahl der Umsatzsteuersatze, eine Auswei­tung des Kreises der Einkommensausgleichsteuerpflichtigen in Verbindung mit einer leichten Progression der Tarife vor. Dartiber hinaus sollten die gewahrten Vergtinsti­gungen sowie die Ausnahmen von der Ausgleichsteuer radikal reduziert und die Agrar­steuersatze angepaBt werden.

Der vierte Block des Konzepts beschaftigte sich mit der Rolle des Bankensystems in der Stabilisierung und sah die Einflihrung positiver realer Zinssatze sowie die Be­

schrankung der Vorzugskredite im Bereich Landwirtschaft und Wohnungsbau und im Bereich der zentralen Investitionen vor. AuBerdem sollten nicht abgesicherte Kredite

zurtickgezogen werden. Mit der Abschaffung der gesamten Vorzugskredite ging das

Wirtschaftsprogramm tiber den Vorschlag der Expertengruppe hinaus. 151 Die geplante

147 Die Vergiinstigungen aus dem Export sollten dabei vollstandig abgeschafft werden. 148 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 14f. 149 V gl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 27. 150 V gl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 20. 151 Vgl. ebenda, S. 15.

75

Page 88: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Einftihrung positiver Realzinsen wurde in das Programm tibernommen, die MaBnah­men beztiglich nicht abgesicherter Kredite tauchten dort jedoch nicht explizit auf, es erfolgte lediglich der allgemeine Hinweis auf "Methoden zur Verscharfung der Oeld­und Kreditpolitik,,152.

Der ftinfte Block des Konzepts behandelte auBenwirtschaftliche Aspekte der Stabilisie­rung. 153 Darin waren die sofortige Einftihrung der vollstandigen Konvertibilitat des Zloty, Vereinbarungen mit den Partnerlandern im ROW zur Umstellung der Verrech­nung auf konvertible Wahrungen, der Abbau der Schuldenlast gegentiber westlichen und tistlichen Landern sowie der AbschluB von Verhandlungen mit dem IWF und der Weltbank tiber Kredite zur Untersttitzung des wirtschaftlichen Programms der Regie­rung vorgesehen. Wahrend die tibrigen V orschlage der Expertengruppe ohne Anderung in das Wirtschaftsprogramm der Regierung aufgenommen wurden,154 bestand ein wesentlicher Unterschied hinsichtlich der geplanten Konvertibilitat des Zloty.155 Die Regierung sah ftir Anfang 1990 die Herstellung der Inlanderkonvertibilitat und erst nach einer erfolgreichen Stabilisierung der Wirtschaft die vollstlindige Konvertibilitat des Zloty vor.

In der Frage des Systemwechsels bestand angesichts des offensichtlichen Versagens der zentralen Planwirtschaft Ubereinstimmung in der Expertengruppe, daB das Ziel die Entwicklung einer Marktwirtschaft westlichen Typs sein sollte. 156 Einem alternativen "dritten Weg" wurden hingegen keinerlei Erfolgsaussichten zugesprochen. Dieselbe Auffassung wurde an erster Stelle des Wirtschaftsprogramms der Regierung vertreten: "Polens Wirtschaft bedarf grundsatzlicher Systemanderungen. Deren Ziel ist der Auf­bau eines marktwirtschaftlichen Systems, ahnlich jenem, wie es in den hochent­wickelten Landern existiert. ,.157 Die Vorschlage der Expertengruppe zum wirtschaft­lichen Transformationsprogramm unterschieden drei grundlegende Elemente: die Liberalisierung der Wirtschaftstlitigkeit durch eine strikte Beschrankung des staatlichen

152 ebenda, S. 15. 153 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes,

S. 28f.; Beksiak, 1.; Winiecki, J. (1990): A comparative analysis of our programme and the Polish government programme, S. II.

154 1m Wirtschaftsprogramm der Regierung fielen sie jedoch nicht unter den Abschnitt zur Stabilisie-rung, sondern waren Teil eines eigenen Abschnitts zur Unterstiitzung durch das Ausland.

ISS Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 19. 156 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 37. 157 o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 9.

76

Page 89: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Einflusses, die Schaffung marktwirtschaftlicher lnstitutionen und die Transformation der Eigentumsrechte durch Privatisierung. 158

Als MaBnahmen zur Liberalisierung wurde einerseits die Freigabe der marktbestim­menden GraBen vorgeschlagen - darunter fielen Preise, Zinssatze und Wechselkurse -andererseits die Abschaffung und Uberarbeitung von Regeln, die die Wirtschaftstatig­keit einschranken - beispielsweise beim Verkauf von Land. 159 AuBerdem sollte tiber­gangsweise, bis die Privatisierung Erfolge zeigte, eine Verordnung erlassen werden, die die Unabhangigkeit der Direktoren staatlicher Unternehmen von der Verwaltung sicherstellte. Als weitere LiberalisierungsmaBnahme war die Zerschlagung monopol­artiger Unternehmenszusammenschliisse vorgesehen. Als ein Ziel der Liberalisie­rungspolitik formulierte der Vorschlag der Expertengruppe die schrittweise Veriinge­rung des staatlichen Budgets. Die von der Expertengruppe vorgeschlagenen MaBnah­men fanden sich auch im Wirtschaftsprogramm der Regierung wieder. Noch fUr 1989 war die Vorlage eines Projekts zur Novellierung der Gesetze tiber Staatsunternehmen und tiber die Se1bstverwaltung staat1icher Unternehmen vorgesehen, die deren Selb­standigkeitsbereich erweitern sollten. 160 Bis spatestens Anfang 1990 sollten die soge­nannten PreishOchstgrenzen aufgehoben sowie die Bewirtschaftung von Waren und der obligatorische Zwischenhande1 innerhalb des Handels mit Versorgungsgtitern abge­schafft werden. Explizit wies das Programm in diesem Zusammenhang darauf hin, daB "die selbstherrliche EinfUhrung einer Reglementierung durch Lieferanten [ ... ] als ein VerstoB gegen die Antimonopolvorschriften betrachtet,,161 wtirde.

1m Abschnitt zur Errichtung marktwirtschaftlicher lnstitutionen nannte das Programm der Expertengruppe drei Bereiche: den Finanzmarkt, die Einrichtung einer Kartell­beharde und den Arbeitsmarkt. 162 Als grundlegendes Element in der Transformation des Bankensystems sollte die Funktion der Polnischen Nationalbank auf die einer Zentralbank beschrankt werden. 1m Zuge des sen wurde die Formulierung ihrer Auf­gaben, die Geld- und Wahrungspolitik, und die Schaffung geeigneter Instrumente zur Beeinflussung der Kreditpolitik der Geschaftsbanken - Mindestreserve- und Diskont­satze sowie Offenmarktoperationen - vorgeschlagen. Gleichzeitig sollte der Markt­zutritt fUr neue Geschaftsbanken, darunter auch Zweigstellen auslandischer Banken, erleichtert werden, urn die Finanzierungsmaglichkeiten vor allem kleiner Privatunter-

158 V gl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S.37ff.

159 Vgl. ebenda, S. 39f. 160 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 18f. 161 ebenda, S. 18. 162 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 40f.

77

Page 90: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

nehmen zu verbessem. Der Vorschlag, einen Geld- und Kapitalmarkt zu errichten, wurde im Wirtschaftsprogramm der Regierung mit der Grtindung einer Wertpapier­borse bis spatestens 1990 weiter konkretisiert. 163 In diesem Zusammenhang sollten auBerdem die Konkursvorschriften dahingehend geandert werden, daB ,jedem Glaubi­ger, dessen Forderungen nicht fristgerecht abgegolten wurden, das Recht zuerkannt wird, einen Konkursantrag zu stellen,.164. Die VorschIage zur Transformation wurden

von der Regierung im wesentlichen tibemommen, wobei die AusfUhrungen zu den geplanten Instrumenten der polnischen N ationalbank wegfielen.

1m Hinblick auf die Einrichtung einer Kartellbehorde verwies die Expertengruppe auf die bereits bestehenden Studien zu den Aufgaben dieser Institution, machte jedoch deutlich, daB diese Behorde unabhangig von der Regierung sein mtisse,165 was in das Wirtschaftsprogramm tibemommen wurde, indem das Antimonopolorgan aus der Struktur des Finanzministeriums ausgegliedert und auBerdem mit nicht naher erlau­terten, "erweiterten Befugnissen" ausgestattet werden solIte. 166

Wesentliche Abweichungen zwischen dem Vorschlag der Expertengruppe und dem Wirtschaftsprogramm der Regierung gab es in der Frage des Arbeitsmarktes. Die Expertengruppe sprach sich fUr die Abschaffung aller Lohnkontrollen auBerhalb des staatlichen Sektors aus, da ihre Beibehaltung den Faktor Arbeit ktinstlich verteuere und damit seine effiziente Allokation unterbinde. 167 1m Juli 1989 war das System der Lohnindexierung von der scheidenden Regierung Rakowski eingefUhrt worden, wel­ches auf die Vereinbarungen am "Runden Tisch" zurtickging und eine Strafsteuer auf "exzessive" LohnerhOhungen der Staatsuntemehmen beinhaltete. 168 Die Regierung hielt jedoch an der Indexierung der Lohne fest, was im wesentlichen auf die Unsicher­heit dartiber zurtickzufUhren war, ob die Geldpolitik als alleiniges Instrument zur Kontrolle des Lohnwachstums ausreichte. 169 In ihrem Wirtschaftsprogramm ktindigte sie eine Novellierung des Gesetzes tiber die Lohnindexierung an, die insoweit eine Verscharfung bedeutete, als ein indexierter Anstieg der Lohne nur denjenigen Unter­nehmen ermoglicht wurde, in denen nicht bereits zuvor ein Lohnzuschlag ausgezahlt

163 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 2lf. 164 ebenda, S. 22. 165 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 4lf. 166 Vgl. o.y. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 19. 167 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 42f. 168 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy, S. 92, Poznanski, K. Z. (1996): Poland's protracted tran-

sition. Institutional change and economic growth 1970-1994, S. 176. 169 Vgl. Gomulka, S. (1992): Polish economic reform, 1990-91: principles, policies and outcomes, in:

Cambridge Journal of Economics, S. 366.

78

Page 91: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

wurde. 170 Bis zur Umsetzung des verscharften Systems wurde auBerdem auf Druck der

weniger liberalen Solidarnos6-Mitglieder der Geltungsbereich der Lohnindexierung auf

private Betriebe ausgedehnt.l7l Wahrend die Beflirchtung liberzogener Lohnsteige­

rungen in Staatsbetrieben aufgrund fehlender Eigentiimerkontrolle, was tiber eine

erhOhte Konkursgefahr den Staatshaushalt zusatzlich belastet hatte, berechtigt er­

schien, traf dies auf private Betriebe nicht zu.

Einen Schwerpunkt im Vorschlag der Expertengruppe stellte das Privatisierungspro­

gramm als grundlegendes Element fiir den Erfolg der Wirtschaftstransformation dar.172

Sie schlug vor, daB in einem ersten Schritt 20 % der Anteile staatlicher Unternehmen

mit mehr als 250 Mitarbeitern173 in das Eigentum der Beschaftigten libergehen sollten

bei gleichzeitiger Umwandlung der Unternehmen in Aktiengesellschaften. Das Stimm­

recht sollte bis zum Ubergang der restlichen 80 % der Anteile aus dem Staatseigentum

allein bei den ausgegebenen 20 % der Aktien liegen. Es wurde eingeraumt, daB diese

Vorgehensweise nicht ideal sei, jedoch zwei wichtige Kriterien, die breite Streuung

des Eigentums und die rasche Erzielung erster Fortschritte im PrivatisierungsprozeB,

erflille. 1m Vergleich dazu machte das Wirtschaftsprogramm der Regierung deutlich

weniger konkrete Angaben. 174 Es legte lediglich fest, daB die Umgestaltung der

Eigentumsverhaltnisse nach den vom Parlament gebilligten Grundsatzen erfolgen

sollte, wobei als Grundregel der Offentliche Verkauf gelten sollte. AuBerdem war vor­

gesehen, L6sungen zu schaffen, die den Erwerb von Aktien durch Mitarbeiter und, bei

der Privatisierung groBer Untemehmen, den Erwerb einer geringen Zahl von Aktien

durch Blirger erleichtern sollten. Bis Anfang 1990 waren in der Frage der Privatisie­

rung noch keine konkreten Regelungen getroffen worden.

Besonderes Gewicht legte das Wirtschaftsprogramm auf die Unterstlitzung des Umge­

staltungsprozesses durch das Ausland, der ein eigener Abschnitt gewidmet war. 175 Flir

die Durchfiihrung der Stabilisierungs- und der systemverandernden MaBnahmen sol1-

ten unter anderem ein Stand-by Kredit des IWF fUr ein mit ihm abgestimmtes Anpas­

sungsprogramm, ein Strukturanpassungskredit der Weltbank, Stabilisierungsanleihen

170 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 12. 171 Vgl. Beksiak, J.; Winiecki, J. (1990): A comparative analysis of our programme and the Polish government programme, S. 10f.

172 Vgl. Beksiak, J. et al. (1990): Outline of a programme for stabilisation and systemic changes, S. 43-51.

173 Davon ausgenommen sollten lediglich Staatsunternehmen sein, die von Bedeutung fUr die gesamte Bevolkerung waren - beispielsweise die Post - und einige Riistungsbetriebe.

174 Vgl. o.V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 16f. 175 Vgl. ebenda, S. 24-27.

79

Page 92: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

der hochentwickelten Lander zur Sicherung der angestrebten Wahrungskonvertibilitat sowie ein Schuldenaufschub und -erlaB mit westlichen Glaubigerregierungen und -banken vereinbart werden. Dariiber hinaus war als untersttitzendes Element eine Senkung der Barrieren im Handel und Kapitalverkehr mit den EG vorgesehen.

Mitte Oktober 1989, kurz nach dem Amtsantritt von Mazowiecki, wurde das Wirt­schaftsprogramm der Regierung dem Senat vorgelegt. In den polnischen Medien wurde es ausfUhrlich besprochen. 176 Wie die Betrachtung des Wirtschaftsprogramms gezeigt hat, waren die darin enthaltenen Regelungen eher allgemein gehalten. Eine genauere Ausarbeitung der Teilprogramme erfolgte spater. 177 Das konkretisierte Stabilisierungs­programm wurde in enger Zusammenarbeit mit Experten des lWF und nach des sen Standardstabilisierungsansatz, namlich gesttitzt auf geldpolitische und fiskalische Beschrankungen, ausgearbeitet und am 22. Dezember von der Regierung tibernom­men. 178 Die Zielsetzung des Ansatzes lag schwerpunktmaBig, wie es fUr die Formu­lierung von lWF-Programmen typisch war,179 auf der Herstellung des auBenwirt­schaftlichen Gleichgewichts. Neben der Eindammung der Nachfrage sah das Stabili­sierungsprogramm die Eindammung der Inflation durch zwei nominale ,,Anker", einen fixen Wechselkurs gegentiber dem US-$ und strikte Lohnkontrollen, VOr. 180 In der Liberalisierung des AuBenhandels war der Wechsel von quantitativen Handelsbe­schrankungen auf Zolle ab 1990 geplant, die den Vorgaben des harmonisierten Zoll­systems des GATT entsprechen sollten. 181 Das mit dem Regierungsprogramm verbun­dene Paket von Wirtschaftsgesetzen wurde am 27.128. Dezember 1989 mit groBer Mehrheit vom Parlament verabschiedet. 182

Die Diskrepanz zwischen den prazisen Angaben zur Stabilisierungspolitik, die im wesentlichen in Zusammenarbeit mit dem lWF entwickelt wurden, und den pauschal gehaltenen Vorgaben im Bereich des Programms zur Umstrukturierung sind dabei auf-

176 Vgl. Mickiewicz, T. (1990): Politische Rahmenbedingungen fUr die Wirtschaftsreform in Polen, S.333.

177 V gl. Dabrowski, M. (1992): Interventionist pressures on a policy maker during the transition to eco­nomic freedom (personal experience); S. 71, Fn. 2.

178 Vgl. Rosati, D. K. (1992): The stabilization program and institutional reform in Poland, in: Siebert, H.: The transformation of socialist economies, S. 250.

179 V gl. International Monetary Fund (1987): Theoretical aspects of the design of fund-supported adjustment programs, S. 2. Diese Ausrichtung wurde u.a. mit den gesetzlichen Grundlagen des Fonds begriindet.

180 Vgl. Winiecki, J. (l992a): The Polish transition programme: Underpinnings, results, interpretations, S.81!'

181 Vgl. Rosati, D. K. (1991): Sequencing the reforms in Poland, S. 213. 182 Vgl. Bingen, D. (l990b): Vorgeschichte und Phasen des Systemwechsels in Polen 1989, S. 48.

80

Page 93: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

fiillig. Die Strategie des wirtschaftlichen Programms der Regierung sah zuerst die Losung makrookonomischer Probleme vor - beispielsweise des Budgetdefizits, der Inflation, der Wahrungsreserven und der Auslandsverschuldung - und im AnschluB daran die Losung des grundlegenderen und zeitaufwendigeren183 Problems der mikro­okonomischen Effizienz.184

Die institutionellen Aspekte des Wirtschaftsprogramms der Regierung wurden in einem Memorandum zur Entwicklungspolitik festgelegt, welches in Abstimmung mit der Weltbank im Rahmen der Verhandlungen tiber strukturelle Anpassungskredite ausgearbeitet worden war. 185 Die polnische Regierung gab im Juli 1990 ihre offizielle Zustimmung zu dies em Programm. Das Regierungsprogramm zur Privatisierung wurde schlieBlich im November 1990 vorgestellt.

3.3 Die Hinarbeitung auf die Programmverabschiedung im Vergleich

Werden die beiden Prozesse - der Weg zur Verabschiedung der Monc1oapakte in Spanien und zur Einftihrung des Stabilisierungsprogramms in Polen - verglichen, sind einige Unterschiede festzustellen. In Spanien wurde der wichtigste Schritt auf dem Weg zur Demokratisierung mit der Abhaltung allgemeiner und freier Wahlen vor der Verhandlung des wirtschaftlichen Reformprogramms vollzogen. Der Wendepunkt in der politis chen Transformation wurde durch das Gesetz zur politischen Reform von 1976 erreicht. Nach den Wahlen war der Weg einer tiber einen Allparteienkonsens geschlossenen Vereinbarung zur wirtschaftlichen Reform vor allem deshalb notwendig geworden, weil die Regierungspartei UCD keine absolute Mehrheit erringen konnte und durch den Konsens zugleich die politische Stabilitat auf dem Weg zu einer demo­kratischen Verfassung Ende 1978 gewahrleistet werden sollte. Zum Zeitpunkt der Ver­einbarungen am "Runden Tisch" in Polen war demgegentiber der Schritt zur Etablie­rung einer Demokratie der wichtigste Gegenstand der Verhandlungen zwischen Regie­rung und auBerparlamentarischer Opposition. Der "Runde Tisch" ist insofern eher vergleichbar mit dem Gesetz zur politischen Reform von 1976 in Spanien, wenn auch dieses durch Vereinbarung innerhalb des alten Establishments zustandegekommen ist. In beiden Fallen ermoglichte eine Fehleinschatzung der alten Eliten die Absprachen. So ging sowohl die Ftihrungsspitze der PV AP in den Verhandlungen am "Runden

183 Eine Ausnahme hiervon bilden die Preisfreigaben, die rasch durchgefiihrt werden kiinnen. 184 Vgl. Gomulka, S. (1992): Polish economic reform, 1990-91: principles, policies and outcomes, S.358.

185 Vgl. Dabrowski, M. (1992): Interventionist pressures on a policy maker during the transition to economic freedom (personal experience); S. 71, Fn. 2.

81

Page 94: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Tisch" davon aus, daB die bestehende Regierung noch zumindest bis zu den flir 1993 vereinbarten freien Wahlen erhalten bliebe. 186 In Spanien wurde die Fehleinschatzung auf Seiten der AP dadurch deutlich, daB sie auf der Festlegung eines Wahlmodus bestand, der die beiden Parteien mit dem hOchsten Stimmenanteil bei der Sitzvertei­lung im Parlament tiberreprasentierte. Das heiBt, sie ging davon aus, nach der Wahl als stlirkste oder zweitstlirkste Kraft dazustehen. 187

Anders als in Spanien, wo das wirtschaftliche Reformprogramm selbst Inhalt der Konsensentscheidung war, wurden in Polen im Rahmen der Verhandlungen am "Runden Tisch" keine entscheidenden Schritte in dieser Richtung erzielt und das Pro­gramm zur Stabilisierung und Umstrukturierung der Wirtschaft erst spater von der neuen Mehrparteienregierung ausgearbeitet. Flir den unterschiedlichen Ablauf lassen sich folgende Grtinde nennen. Von herausragender Bedeutung war dabei, daB in Polen zum Zeitpunkt der Verhandlungen am "Runden Tisch" die Delegitimation der alten Eliten und die Legitimation der neuen Elite noch nicht stattgefunden hatte. Dieser ent­scheidende Schritt wurde erst durch Abhaltung der Wahlen vollzogen. Obwohl durch die Besonderheiten der Parlamentswahlen in Polen, mit einer gesicherten Mehrheit von 65 % der Sitze flir die Regierungsparteien, die Position des Btirgerkomitees, gemessen an den Mehrheitsverhaltnissen, schwacher als die der UCD in Spailien war,188 so war seine faktische Durchsetzungsfahigkeit dennoch stlirker einzuschatzen. Denn die PV AP als stlirkste oppositionelle Kraft befand sich zu dieser Zeit bereits im ProzeB des Niedergangs. 189 AuBerdem war das AusmaB der wirtschaftlichen Krise zum Zeitpunkt der Programmerstellung und -verabschiedung in Polen viel groBer als in Spanien, was einen starkeren Handlungsbedarf auf seiten der politischen Akteure impliziert. Die Regierung war damit im Vergleich zu Spanien sowohl mit einem stlirkeren Mandat ausgestattet als auch mit einer groBeren Krise konfrontiert, welches die Durchsetzung von Reformen erleichtert haben dlirfte. 190 Die Ausarbeitung eines Programms, das die

186 Vgl. Taras, R. (1995): Consolidating democracy in Poland, S. 133 sowie Ziemer, K. (1998): Die Konsolidierung der polnischen Demokratie in den neunziger Jahren, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, S.30.

187 Vgl. KapiteI3.1.1, S. 48. 188 Mit einem Stimmenanteil von 34 % hatte die UCD in den Parlamentswahlen von 1977 einen Anteil

von 47 % der Sitze erhalten. Vgl. Penniman, H. R.; Mujal-Leon, E. M. (Hrsg.) (1985): Spain at the polls, 1977, 1979, and 1982, S. 323.

189 Auf ihrem 11. Parteitag Ende Januar 1990 beschloB die PVAP ihre Selbstauflosung. Aus ihr gingen die "Sozialdemokratie der Republik Polen" mit dem spateren Prasidenten Aleksander Kwasniewski als Vorsitzendem und als kleinere Gruppierung die "Polnische Sozialdemokratische Union" hervor. Vgl. Bingen, D. (1990a): Reformpolitik in Polen, in: Politische Studien, S. 312f.

190 Vgl. Keeler, J. T. S. (1993): Opening the window for reform, S. 436f.

82

Page 95: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

schockartige Transformation191 der polnischen Wirtschaft in ein marktwirtschaftliches System zum Ziel hatte, ist ebenfalls auf das AusmaB der Krise zuruckzufiihren, aber dartiber hinaus auf die in Polen gemachten Erfahrungen mit fehlgeschlagenen Reform­versuchen sowie auf den auch in anderen RGW-Landem offenkundig werdenden Zusammenbruch des sozialistischen Wirtschaftssystems.

Trotz des unterschiedlichen Verlaufs, hatte die Demokratisierung in beiden Fallen einen bedeutenden EinfluB auf die Art, wie die wirtschaftlichen Umgestaltungspro­gramme zustandekamen. In Spanien fiihrte sie zur Einbindung der neuen politischen Krafte in den VerhandlungsprozeB, was erst auf dem Wege ihrer Legalisierung sowie der anschlieBenden Parlamentswahlen moglich geworden war und zu einer breiten Zustimmung zu den beschlossenen MaBnahmen beitrug. Weiterhin hat sich gezeigt, daB es dort im Zuge des Parteienwettbewerbs zu einer deutlichen Annaherung der von den Parteien vertretenen Positionen kam, die das Erreichen eines Konsenses erleich­terte. Auch in Polen konnte ein Konsens zwischen den Parteien dartiber hergestellt werden, daB die Transformation des sozialistischen Wirtschaftssystems eine Notwen­digkeit darstellte. l92 Der Konsens reichte sogar bis hin zu konkreteren Zielen der Transformation wie der Stabilisierung, der Liberalisierung der Preise und des Au Ben­handels und der Schaffung eines Privatsektors, weshalb die Kommunisten das all­gemein gehaltene "Balcerowicz-Programm" bei seiner Vorstellung auch begruBten. Unstimrnigkeiten traten hinsichtlich der Reformgeschwindigkeit, der Strategie und der Sozialpolitik auf.

Sowohl in Spanien als auch in Polen kamen SOInit wirtschaftliche Umgestaltungs­programme zustande, die in ihrer Gesamtheit, wenn auch nicht in allen Punkten detail­liert ausgearbeitet, geeignet schienen, eine erfolgreiche Reform bzw. Transformation in die Wege zu leiten. Ob und inwieweit sich dieser Erfolg einstellte, vor allem im Hinblick auf die langerfristigen Elemente mikrookonomischer Liberalisierung und institutioneller Umgestaltung,193 solI im nachsten Kapitel untersucht werden.

191 Die mit dem Programm zur Inflationsbekampfung einhergehende Notwendigkeit einer drastischen Senkung der Rea1l6hne erforderte eine starke Regierung. Vgl. Gomulka, S. (1992): Polish economic reform, 1990-91: principles, policies and outcomes, S. 357.

192 Vgl. Maravall, 1. M. (1997): Regimes, politics, and markets. Democratization and economic change in Southern and Eastern Europe, S. 104f.

193 Vgl. Kapitel1.2, S. 4.

83

Page 96: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

4 Die Durchsetzung der wirtschaftlichen Umgestaltungsprogramme in Spanien und Polen

4.1 Die Durchsetzung wirtschaftlicher Reformen in Spanien

Fur Spanien lassen sieh im Hinbliek auf die Umsetzung von Reformen anhand der regierenden Parteien zwei Phasen unterseheiden. Die erste Phase umfaBt die Regie­rungszeit der UCD von Mitte 1976 bis Ende 1982 - hier insbesondere die Zeit naeh Verabsehiedung der Monc1oapakte im Herbst 1977 -, die zweite Phase die Regierungs­zeit des PSOE ab Ende 1982 bis 1996. Es wird untersueht, inwieweit sieh die Reform­bestrebungen dieser beiden Regierungen an dem in den Monc1oapakten vereinbarten Kurs orientierten und we1che Untersehiede oder Gemeinsamkeiten in den Reformpoli­tiken bestanden.

4.1.1 Reformbestrebungen unter einer Regierung mit schwachem Mandat

Die ursprtinglieh von der Regierung anvisierte Geltungsdauer des in den Monc1oa­pakten enthaltenen wirtsehaftliehen Reformprogramms belief sieh auf zwei Jahre, also bis Ende 1979.1 Ende 1978 stand eine VerUingerung des Konsenses zur Debatte, ein erneuter KompromiB kam jedoeh nieht zustande.2 Die anfangliehen Erfolge in der wirtsehaftliehen Stabilisierung hatten einerseits dazu geftihrt, daB die anstehenden Reformen von der Regierung nieht konsequent weitergeftihrt wurden. Neben einem leiehten Ruekgang der Inflationsrate war vor aHem der Weehsel von einem Leistungs­bilanzdefizit zu einem -ubersehuB als positive Entwieklung gewertet worden. Anderer-

I Vgl. Acuerdos de la Moncloa (01): Programa de Saneamiento y Reforrna Econ6mica. S. 13f. 2 Vgl. Fuentes Quintana, E. (1984b): Los Pactos de la Moncloa y la democracia espanola. XX Con­

greso Latinoamericano de industriales agrupados en la AlULA. S. 15f.

Page 97: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

seits war die Regierung darauf bedacht, durch vorgezogene Parlamentswahlen politisch Kapital aus diesen Erfolgen zu schlagen, was die Untersttitzung der linken Parteien zu einem weiterftihrenden Pakt unterband und die Gewerkschaften dazu veranlaBte, ihre Einwilligung in einen neuen KompromiB zu verweigem. Die raschen Fortschritte in der durch den Konsens ermoglichten Reform- und Stabilisierungspolitik verhinderten somit paradoxerweise ihre FortfUhrung. In den vorgezogenen Parlamentswahlen von 1979 gelang es der UCD mit 48 % der Sitze jedoch wiederum nicht, eine absolute Mehrheit zu erringen. 3 Einen hemrnenden EinfluB auf die Handlungsfahigkeit der Regierung hatte auch die zunehmende Aufsplitterung innerhalb der UCD.4 Dies auBerte sich in offentlichen Auseinandersetzungen zwischen den unter dem Dach der UCD vereinten Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen und ftihrte schlieBlich zum Riicktritt von Suarez im Januar 1981.

Ais einer der ersten Reformschritte nach AbschluB der Monc1oapakte wurde Ende 1977 mit der Verabschiedung des Gesetzes tiber dringliche MaBnahmen der Steuer­reform5 der Umbau des Steuersystems begonnen.6 In dies em Punkt gingen die Reform­bestrebungen tiber das von der OECD empfohlene Vorgehen hinaus, das zwar mittel­fristig eine Reform des Steuersystems vorsah, jedoch eine striktere Anwendung der bestehenden Gesetze als ausreichend betrachtete.7

Das spanische Steuersystem vor 1977 war durch eine geringe Steuerbelastung, ein relativ starkeres Gewicht der Besteuerung der Ausgaben gegentiber den direkten Be­lastungen, eine geringere Besteuerung der Vermogenseinkomrnen im Vergleich zu den Einkomrnen aus unselbstandiger Arbeit und durch geringere Steuem auf Gewinne und Eigentum von Kapital gegentiber der Erbschaftsteuer bestimrnt.8 AuBerdem war die indirekte Besteuerung sehr umfangreich und unsystematisch. Sie sttitzte sich im we­sentlichen auf eine Allphasenumsatzsteuer und einige Sonderverbrauchsteuem. Die direkten Steuem wurden von den Ertragsteuem dominiert, und es existierte keine echte Einkomrnensteuer. 1m Laufe der Zeit hatten die Ausnahmen und Vergiinstigungen bei bestimrnten Steuem zugenommen. Da zudem die Steuerbehorden schlecht gefUhrt wurden, mit Spezialisten fUr jede Belastungsart bei einer gieichzeitig geringen Steuer-

3 Vgl. Penniman, H. R.; Mujal-Le6n, E. M. (Hrsg.) (1985): Spain at the polls 1977, 1979 and 1982, Appendix B, S. 328.

4 Vgl. Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish economy 1940-93, S. 208f. 5 Ley de Medidas Urgentes de Reforma Fiscal 6 Vgl. Trullen i Thomas, 1. (1993): Fundamentos econ6micos de la transici6n politica espanola, S. 168. 7 Vgl. OECD (Hrsg.) (1977): Economic studies, luni 1977, S. 37. 8 Vgl. Comin, F. (I 993b): Reforma tributaria y polftica fiscal, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.):

Espana, economfa, S. 1083ff.

86

Page 98: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

priifungskapaziUit und wenig Information tiber die Steuerbemessungsgrundlagen, wurde in hohem Umfang Steuerausweichung betrieben, vor allem in den am wenigsten regressiven Bereichen des Steuersystems.

Bereits seit 1973 lag ein ausgearbeitetes Konzept des Instituto de Estudios Fiscales vor, das, zusammen mit einer weiteren Studie desselben Instituts von 1976, in fast alle Parteiprogrammen fUr die Wahl von 1977 einbezogen war. Eine Veroffentlichung des Instituts zur DurchfUhrung der Steuerreform fUhrte als Ziel der Steuerreform die Anna­herung des spanischen an die Steuersysteme der anderen westeuropaischen Staaten auf, mit den drei wichtigsten Steuerarten: Besteuerung des Einkommens nattirlicher Perso­nen, Besteuerung des Einkommens von Gesellschaften und Besteuerung des Mehr­werts. Das Gesetz tiber dringliche MaBnahmen der Steuerreform legte eine Sonder­steuer auf das Vermogen nattirlicher Personen, Regelungen zur Aufhebung des Bank­geheimnisses fUr steuerliche Zwecke und den Straftatbestand der Steuerhinterziehung fest. 9 Mit der Ley 6111978 vom 27. Dezember wurde die Korperschaftsteuer einge­fUhrt, die eine proportion ale Besteuerung der Gewinne einfUhrte. 10 Langfristig fUhrte diese Steuerpolitik dazu, daB sich einige groBe Untemehmen und wohlhabende Spanier von der UCD abwendeten. ll Diese hatten haufig Nutzen aus den Schwachen des vor­herigen Steuersystems gezogen und unter Franco die Steuerhinterziehung zu einem "Nationalsport" gemacht.

Nach ersten MaBnahmen zur Reform des Steuersystems kam es jedoch zur sogenann­ten "steuerlichen Gegenreform".12 Einige Fehler und Verzogerungen bei der DurchfUh­rung der Steuerreform verhinderten, daB der regressive Charakter des alten Steuer­systems schnell tiberwunden werden konnte. Durch die bis 1985 bestehende Moglich­keit, Steuerguthaben bei Vermogensteuem mit anderen Steuerschulden zu verrech­nen,13 wurde die Progressivitat der Einkommensteuer nattirlicher Personen unter-

9 Vgl. Baratech Sales, F. (1986): La reforma fiscal, in: Abella, R. et al. (Hrsg.): Espana diez an os despues de Franco (1975-1985), S. 144.

JO Vgl. Tamames, R. (1993): Estructura econ6mica de Espana, S. 693. II Vgl. Gunther, R.; Sani, G.; Shabad, G. (1988): Spain after Franco. The making of a competitive

party system, S. 125. 12 Vgl. Tamames, R. (1993): Estructura econ6mica de Espana, S. 798. 13 In der Begriindung zur Ley 14/85 vom 29. Mai 1985 tiber Finanzaktiva wird erHiutert, daB im vorhe­rigen System die Moglichkeit bestand, durch DekIarierung von Wertminderungen und Verlusten beim Vermogen die Steuerguthaben zu rnaximieren, wahrend im umgekehrten Fall von Wertsteigerungen und Gewinnen die DekIarierung unterbleiben konnte. Dies verstoBe gegen den Grundsatz der Gleich­heit und der Allgemeinheit, der fur das Steuersystem gel ten solie. V gl. Ley 29 mayo 1985, num. 14/85 (lefatura del Estado). Activos financieros. Regimen fiscal de varios, S. 2205.

87

Page 99: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

laufen.14 Der Wertverfall bei den Verm6gen seit 1978, der sich im 1979 einsetzenden Riickgang der Einnahmen aus der Erbschaft- und Verm6gensteuer niederschlug (siehe TabeUe 4.1), und das daraus entstandene Steuerguthaben trugen somit zur Vermin­derung der Steuerbelastung der verm6genden Schichten bei.

Tabelle 4.1: Steuereinnahmen Spaoiens aus der Einkommen-, Korperschaft-, Erbschaft- und Vermogensteuer von 1978 bis 1983 {in Pta von 1978; 1978 = 100)

Jahr Einkommensteuer K6rperschaftsteuer Erbschaft- und Verm6gensteuer

1978 100,0 100,0 100,0

1979 105,2 98,2 114,8

1980 117,8 107,7 111,4

1981 123,9 105,5 98,4

1982 121,0 102,4 99,9

1983 131,8 118,2 102,5

QueUe: Baratech Sales, F. (1986): La reforma fiscal, S. 145f.

Die fehlenden Kapazitaten zur Steuererhebung flihrten dazu, daB zwar die Einkommen der abhangig Beschaftigten von der Steuer erfaBt wurden, eine ahnlich flachen­deckende Erfassung jedoch nicht flir die Einkommen Selbstandiger und die Verm6-genseinkommen erfolgte, wodurch die abhangig Beschaftigten weiterhin einen iiber­proportionalen Anteil an den direkten Steuem leisteten. So lag 1983 der geschatzte Umfang der hinterzogenen Steuem im Bereich der Lohneinkommen bei gut einem Drittel der Steuereinnahmen, im Bereich der iibrigen Einkommen jedoch bei rund drei Viertel. 15 Ein anderer Schwachpunkt in der progressiven Einkommensteuer waren Spriinge in den Grenzsteuersatzen, die durch den in den Monc1oapakten ausgehan­delten KompromiB verursacht waren. Die auf Drangen der linken Parteien eingeflihrte Progressivitat muBte durch einen von den rechten Parteien geforderten maximalen Durchschnittssteuersatz erganzt werden. Urn der umfangreichen Steuerausweichung entgegenzuwirken, wurden ab 1977 fiir die Einkommensteuer Listen mit den indivi­duell deklarierten zu versteuemden Einkommen verOffentlicht. 16 Diese Praxis wurde 1981 mit dem Hinweis darauf eingestellt, daB die Listen als Anhaltspunkt flir Terro­risten dienen k6nnten. Wie Tabelle 4.1 zeigt, war von 1981 bis 1982 ein Riickgang in

14 Vgl. Comfn. F. (I 993b): Reforma tributaria y polftica fiscal, S. 1088f. 15 Vgl. ebenda. S. 1087. 16 Vgl. Tamames. R. (1993): Estructura econ6mica de Espana, S. 691.

88

I

Page 100: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

den Einnahmen aus der Einkommensteuer zu verzeichnen. Die geringe Zunahme der Einnahmen ails der K6rperschaftsteuer bis 1982 erkHirt sich aus dem erst dann erfo1g­ten Absch11lB der Ausfiihrungsverordnungen zum Gesetz von Dezember 1978.17

Die Einfiihrung der Mehrwertsteuer, die ebenfalls bereits in den Vereinbarungen zur Steuerreform der Monc1oapakte festgelegt war'8 und gleichzeitig eine Voraussetzung fiir Spaniens Beitritt zu den EG darstellte, wurde unter der UCD-Regierung nicht in Angriff genommen. Der Dachverband der spanischen Arbeitgeberorganisationen (CEOE) sprach sich in einem 1981 verOffentlichten Bericht zur Ha1tung der spani­schen Arbeitgeber gegeniiber dem Beitritt Spaniens in die EG gegen eine rasche An­passung des Steuersystems aus, unter anderem wegen des hohen Aufwands bei der Umstellung der Verrechnungssysteme, insbesondere fiir kleine und mittlere Unter­nehmen.'9 Als weiteres Argument gegen eine rasche Anpassung wurde angefiihrt:

,,Es ist weithin bekannt, daB bei groBen Unterschieden zwischen Steuerstruk­turen zweier Lander, selbst zwischen Landem, die ahnliche wirtschaftliche und gesetzliche Bedingungen aufweisen, diese auf tief verwurzelte Traditionen und Empfindungen der Biirger zuriickzufiihren sind. ,,20

Dariiber hinaus verwies der Dachverband auf die lange Anpassungsdauer von fiinfzehn Jahren fiir die Einfiihrung der Mehrwertsteuer in den Mitgliedsstaaten der EG. Hier wurde jedoch Bezug genommen auf ein Steuersystem, welches vomehmlich durch den Dirigismus des Francoregimes gepragt war. Die Versaurnnisse der UCD-Regierung in der Umsetzung der Steuerreform hatten zur Folge, daB die Staatsverschuldung von 1,6 % des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 1979 auf 6 % im Jahr 1982 anstieg?'

17 Der Gesetzgeber rechtfertigte die Verzogerung mit dem groBen Umfang von iiber 400 Artikeln sowie damit, daB es sich urn das erste entsprechende Regelwerk seit Anfang des lahrhunderts gehandelt habe. Vgl. Baratech Sales, F. (1986): La reforma fiscal, S. 14.

18 Unter Abschnitt ILB) zur Steuerreform ist beziiglich der Mehrwertsteuer, die "mit dem Ziel einer Anpassung des spanischen Steuersystems an die geltenden [Steuersysteme] in den Liindern, die Teil der Europaischen Gemeinschaften sind" eingefiihrt wird, festgelegt, daB ihre Einfiihrung "abhangig von einer dafiir giinstigen wirtschaftlichen Situation ist, die gewahrleistet, daB sich keine empfindlichen Preissteigerungen ergeben". Zit. nach: Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Monc\oa, S.478.

19 V gl. Confederaci6n Espanola de Organizaciones Empresariales (1981): Spain's entry into the Common Market. The position of Spanish employers, S. 51f.

20 Confederaci6n Espanola de Organizaciones Empresariales (1981): Spain's entry into the Common Market. The position of Spanish employers, S. 52.

21 Vgl. Fuentes Quintana, E. (1993b): Wirtschaftspolitik im Dbergang, S. 37.

89

Page 101: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Die Ursachen fUr die Krise im Energiesektor lieBen sich auf die unter Franco ergrif­fenen MaBnahmen bei Eintreten der Olkrise von 1973 zuriickfiihren. Als erste Reak­tion hierauf erfolgte in Spanien eine Kompensationspolitik, deren Prinzip die Ab­schwachung des Anstiegs im Energiepreisniveau war, was einer Subvention des Energiekonsums entsprach.22 Als Begriindung fUr diese von der in anderen westeuro­paischen Landem abweichenden Politik fUhrten die verantwortlichen Wirtschafts­politiker in Spanien an, daB von einer zeitlich begrenzten Olkrise auszugehen sei, die keine strukturellen Anpassungen erfordere.23 Der Preis fUr HeizOl in Spanien stieg von 1973 bis 1979 auf annahemd das Dreifache, bei einer Versechsfachung des RohOl­preises im selben Zeitraum. Als Folge dieser Kompensationspolitik stieg der ErdOl­verbrauch, nach einem anfanglichen Riickgang als Reaktion auf die Krise, mit zuneh­menden Wachstumsraten. Die Industriepolitik in dieser Zeit berticksichtigte die beste­hende Energiekrise nicht und unterstiitzte sogar die Entwicklung von Sektoren mit sehr hohen Energiekoeffizienten, wie der Petrochemie und der Aluminiumindustrie.24 Der erste Nationale Energieplan von lanuar 1975 ging von einer unbegriindet optimi­stischen Entwicklung des Weltmarktes fUr Energiegiiter und der spanischen Wirtschaft aus. Von einer urnfassenden Energiepolitik kann erst mit der Verabschiedung des zweiten Nationalen Energieplans (PEN-78) im luli 1979 die Rede sein. Dennoch war auch er durch eine deutliche Uberschatzung der zugrundegelegten Nachfrageentwick­lung nach Energie gekennzeichnet, was den Aufbau von Uberkapazitaten vor aHem im Bereich der Elektrizitatsversorgung f6rderte. 25 Da der Plan vorsah, neuerlich auftre­tende Preissteigerungen direkt an den inlandischen Markt weiterzugeben, kam es im Rahmen der zweiten Olkrise zu deutlichen Preissteigerungen fUr Treibstoffe und infol­gedessen in den lahren 1981 bis 1983 erstmals seit Ausbruch der ersten Olkrise zu einem Riickgang im inlandischen Verbrauch.

Sehr deutlich wird die fehlende Bereitschaft des Staates, die Krise in der spanischen Industrie tiber eine Umstrukturierung zu 16sen, am Beispiel des Instituto Nacional de Industria (INI). Der Schwerpunkt des INI lag in reifen und in nachfrageschwachen Sektoren, wie der Eisenhtittenindustrie und dem Schiffbau, die zusammen mit dem Maschinenbau, der Papier-, Nahrungsmittel- und Textilindustrie, in denen das INI

22 V gl. Fuentes Quintana, E. (1993a): Tres decenios largos de la econornfa espanola en perspectiva, S.38f.

23 Vgl. Sudria, C. (1991): Un factor determinante: la energfa, S. 348ff. 24 Wahrend der ErdOlverbrauch in der EG der IO von 1973 bis 1980 urn 13 % zuriickging, stieg er irn

selben Zeitraurn in Spanien urn 32 %. Vgl. Sudria, C. (1991): Un factor determinante: la energfa, S.350.

25 Vgl. Sudria, C. (1991): Un factor determinante: la energfa, S. 351.

90

Page 102: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

auch Beteiligungen hatte, besonders schwer von der Krise betroffen waren?6 1977 verzeichnete das INI im zweiten Jahr in Folge zunehmende Verluste, die sich vor

Subventionen auf zusammen 22,8 Mrd. Pta bezifferten. Mit Subventionen in Hohe von 11 Mrd. Pta wurde knapp die Halfte der Verluste abgedeckt.27 In zehn von achtzehn

Bereichen, in denen das Institut intervenierte, war der Saldo negativ, wobei der Kohle­bergbau, die Eisenhiittenindustrie und der Schiffbau 80 % der Verluste auf sich ver­

einten.

Neben seiner Kompensationsfunktion iibemahm das INI auch die Funktion als Auf­fangbecken iiber eine Verstaatlichung oder den Erwerb der Aktienmehrheit von mit

Verlust arbeitenden Industrieuntemehmen.28 1m Zeitraum 1976 bis 1983 traf dies auf 23 Untemehmen zu. Es handelte sich dabei urn groBe Unternehmen, die allesamt aus Krisensektoren stammten. Auf diese Weise kam das INI den beiden wichtigsten priva­ten Gesellschaften in der Eisenhiittenindustrie, AHM und AHV, zu Hilfe. 1m Fall von AHM wurde das INI von der Regierung "aus Griinden des offentlichen und sozialen Interesses" gezwungen, das gesamte Kapital der Gesellschaft zu iibernehmen, urn ihr Uberleben zu sichern. Die Ubernahme war im Dringlichkeitsplan zur Unterstiitzung des Eisenhiittensektors und in der Ley 6011978 yom 23. Dezember 1978 festgelegt. Die Beteiligung an AHV fand 1981 im Rahmen der Gesetzesverordnung iiber MaBnahmen zur Umstrukturierung der Eisenhiittenindustrie statt, die zudem eine Biirgschaft des INI in Hohe von 80 Mrd. Pta fUr Schulden der privaten Eisenhiittenindustrie vorschrieb. Auch in der verarbeitenden und der Ausriistungsindustrie kam es in sechs Fallen zu Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen des INI, die auf Wei sung des Ministerrats vorgenommen wurden und allesamt Untemehmen betrafen, die massive Verluste

erwirtschafteten.29 Urn die "Sozialisierung der Verluste" durch den Ubergang von privaten Krisenunternehmen in die offentliche Hand zu vermeiden, eine iibliche Praxis unter Franco, sollte sich die Umstrukturierungspolitik in dieser Phase auf offentliche Kredite stiitzen. 30 DaB es dennoch zur Verstaatlichung verlustreicher Untemehmen kam, die oftmals im Vorfeld offentliche Kredite in Anspruch genommen hatten, war ein Indiz fUr die Schwache der UCD-Regierung in der Industriepolitik. Diese Schwa­

che au Berte sich somit in einem Bereich, in dem in den Moncloapakten keine Uber­einkunft erzielt werden konnte. 31 Der Umstand, daB es sich bei den verstaatlichten

26 Vgl. Martin Acefia, P.; Comfn, F. (1991): IN!. 50 afios de industrializaci6n, S. 471. 27 Vgl. ebenda, S. 521. 28 Vgl. ebenda, S. 507f. 29 Vgl. ebenda, S. 509. 30 Vgl. Navarro, M. (1990): Polftica de reconversi6n: balance critico, S. 53. JI Vgl. KapiteI3.1.2, S. 62.

91

Page 103: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Untemehmen ausschlieBlich urn mittlere und groBe Untemehmen handelte, zeigt deren gri:iBeres Potential in der Austibung politischen Drucks.

Die Krise im Finanzsystem war eng verbunden mit der Krise in der Industrie. Die administrativ festgesetzten nominal en Zinssatze bedeuteten wahrend der Krise nega­tive reale Zinssatze. Dadurch hatten viele Untemehmen tiber eine Kreditaufnahme die Verluste ausgeglichen, die sich unter anderem aus den rapide steigenden Lohnen ergaben.32 Die teilweise Aufhebung der administrativ festgesetzten Zinssatze begann 1977 mit der Freigabe der Zinssatze auf Einlagen mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr und fand ihre Fortsetzung 1981, als die Zinssatze auf Guthaben mit einer Laufzeit von mindestens sechs Monaten freigegeben wurden. 33 Neben der Regulierung der Zinssatze auf Guthaben war beinahe die Halfte der Verbindlichkeiten fur die Banken nicht frei verfUgbar. Diese muBten zur ErfUllung von Reservevorschriften und fUr Investitionen in von staatlicher Seite bestirnmte Projekte zu unter dem Marktzins­satz liegenden Konditionen bereitgestellt werden.

Die Bankenkrise begann im Dezember 1977 mit der Banco de Navarro und fand ihren Hohepunkt mit der Banca Catalana im Oktober 1982 und der Verstaatlichung von Rumasa, einem weitverzweigten Untemehmenskonglomerat, im Jahr 1983.34 Die Bankenkrise war die bis dahin fUr ein einzelnes Land weitreichendste, sowohl im Hinblick auf die betroffenen Einlagen als auch die verursachten Kosten, und sie stellte zudem den Fall der urnfangreichsten Subvention des Bankensektors durch den Staat dar. Es gab im wesentlichen zwei Griinde fUr die Schwierigkeiten der Banken. Einer­seits hatten Investitionen in hoch spekulative Bereiche zu Verlusten gefUhrt, ande­rerseits existierte eine Risikobtindelung tiber die Konzentration der Geschaftstatigkeit in Industriebereichen, die stark von der Krise betroffen waren. Als weitere wichtige Ursache fUr die Bankenkrise ist fehlendes Expertenwissen zu nennen, was auch da­durch verdeutlicht wird, daB vor allem neu gegriindete Banken in Schwierigkeiten gerieten. 35 Einen besonderen Fall stellten die Banken der Rumasa-Gruppe dar. Sie betrieben massive GeldschOpfung, indem ein Unternehmen der Gruppe eine Einlage

32 Vgl. Torrero Manas, A. (1990): El sector financiero: cambios y tendencias, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Economfa espanola de la transici6n y la democracia, S. 345f.

33 V gl. Lopez-Claros, A. (1988): The search for efficiency in the adjustment process. Spain in the 1980s, S. 20f.

34 Vgl. Martinez de Pablos, F. J. (1991): La banca, de los setenta al mercado unico, in: Etxezarreta, M. (Hrsg.): La reestructuraci6n del capitalismo en Espana, 1970-1990, S. 357f.

35 Wird von Neugriindungen durch bereits bestehende Banken abgesehen, so waren bis auf vier Banken aile neu gegriindeten Banken auf Hi1fe angewiesen. Vgl. Cuervo, A. (1989): La crisis bancaria espanola de los anos setenta, in: Velarde, J.; Garcia Delgado, J. L.; Pedreno, A. (Hrsg.): El sistema financiero de la economfa espanola, S. 45.

92

Page 104: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

bei Bank A der Gruppe Uitigte, die in groBerem Umfang Kredit an das Untemehmen B der Gruppe vergab, welches einen Teil dieses Kredits seinerseits als Einlage bei Bank C der Gruppe deponierte. Dureh Wiederholung dieses Vorgangs konnte die Gruppe in groBem Umfang Mittel zur Finanzierung generieren. Als Reaktion auf die sieh ab­zeiehnende Krise wurde dureh den Decreto 3.048177 yom 1l. November 1977 ein Garantiefonds fUr Einlagen eingeriehtet.36 Naeh einer Erweiterung der Handlungsspiel­raume und Einlagenlimits nahm der Fonds 1980 seine Tatigkeit aue7 Diese Auswei­tung fUhrte dazu, daB der Fonds nur in zwei Fallen aussehlieBlich die Einlagen si­eherte, in den restliehen 27 Fallen sicherte er, unter anderem tiber Beteiligungen, den Fortbestand der Banken.

Der ZusammenschluB der Arbeitgeber in der CEOE erfolgte rechtlieh-formal zum glei­chen Zeitpunkt wie die Zulassung der Gewerkschaften dureh das Gesetz38 yom 1. April 1977.39 Nachdem die Gewerkschaft CC.OO. anfanglich ihre Zusammenarbeit mit der CEOE verweigert hatte, wurde 1979 eine Vereinbarung mit der Gewerksehaft UGT erreicht, die die gegenseitige Anerkennung beinhaltete und den Weg zur Verabschie­dung des Arbeitnehmerstatuts durch das Parlament sowie zur Unterzeichnung des Rahmenvertrags40 zwischen UGT und Arbeitgebem Anfang 1980 ebnete. Mit maxi­malen Lohnsteigerungsraten zwischen 13 % und 16 % fielen die im Rahmenvertrag fUr 1981 vereinbarten Grenzen jedoeh zu hoch aus fUr die angestrebte weitere Senkung der Inflationsrate.41 Deshalb rief der spanische Ministerprasident Sotelo im Marz 1981 zu einem Treffen aller politis chen Parteien, des Arbeitgeberverbands und der Gewerk­schaften zur Ausarbeitung eines neuen wirtschafts- und sozialpolitischen Plans auf. Mit der Nationalen Ubereinkunft zur Besehaftigung42 yom 9. Juni 1981 gelang es erstmals seit den Monc1oapakten eine Ubereinkunft zwischen Regierung, anderen politisehen Parteien, den Gewerkschaften und den Arbeitgebem tiber die grundle-

36 Vgl. Cuervo, A. (1989): La crisis bancaria espanola de los anos setenta, S. 47. 37 Durch die Decreto-Ley 411980 und den Decreto 56711980 erfolgte unter anderem eine Erweiterung

der Garantiesumrne von 500 000 Pta auf 750 000 Pta. AuBerdem legten die beiden Verordnungen fest, daB zur Finanzierung des Fonds von den Banken ein Tausendstel der Einlagen zum JahresabschluB sowie derselbe Betrag von der spanischen Zentralbank bereitgestellt werden mtissen. V gl. Cuervo, A. (1988): La crisis bancaria en Espana 1977-1985. Causas, sistemas de tratamiento y coste, S. 106f.

38 Ley 1911977 tiber die Ordnung des Rechts auf Bildung einer gewerkschaftlichen Vereinigung (Re­gulaci6n del Derecho de Asociaci6n Sindical)

39 Vgl. Mella Marquez, M. (1989): Los grupos de presi6n en la transici6n poiftica, in: Tezanos, J. F.; Cotareio, R.; Bias, A. de (Hrsg.): La transici6n democratic a espanola, S. 150ff.

40 Acuerdo Marco Interconfederal 41 Vgl. Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish economy 1940-93, S. 244. 42 Acuerdo Nacional de Empleo

93

Page 105: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

genden Probleme der Wirtschaft und die Mittel zu ihrer Bekampfung zu erreichen.43

Auch wenn der PSOE und der PCE ihre Mitarbeit verweigerten und damit nicht direkt an den Verhandlungen beteiligt waren, so signalisierte die Zustimmung der Gewerk­schaften UGT und CC.OO. implizit auch deren Billigung der Ubereinkunft. Neben der Bereitschaft zur Hinnahme realer LohneinbuBen in den Lohnverhandlungen fUr 1982 wurde in der Ubereinkunft auch eine weitere Fiexibilisierung der Beschaftigungs­verhaltnisse durch neue Moglichkeiten fUr den AbschluB von Zeitvertragen und Teil­zeitvertragen vereinbart. ledoch wurden im Bereich der Fiexibilisierung keine ent­scheidenden Fortschritte erzielt.44 Das Zustandekommen der Ubereinkunft war unter anderem durch den fehlgeschlagenen Militarputsch im Februar 1981 erleichtert worden. Sie sollte als stabilisierendes Element im demokratischen Konsolidierungs­prozeB dienen.45

Von seiten der CEOE gab es in der Kritik an der Wirtschaftspolitik der Regierung eine Reihe von Themen, die regelmaBig Gegenstand von VerOffentlichungen und lnter­ventionen waren.46 So richteten sich die AuBerungen zumeist vehement gegen eine Fiskalpolitik, die "die private Ersparnis und die privaten Investitionen bestraft und aus­schlieBlich das stetige Wachstum der offentlichen Ausgaben fOrdert"47, einen "exzessi­yen, ungerechtfertigten und unhaltbaren Anstieg der laufenden offentlichen Ausgaben, die unproduktiv sind", das Wachs tum der Kosten der Sozialversicherung, "die zu 76 %

von den Unternehmen zu tragen sind und eine untragbare Steuer auf Arbeit und ein enormes Hindernis fUr die Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmen darstellen" und ahnliches. Die von der CEOE vorgeschlagene wirtschaftspolitische Alternative zur Uisung der Probleme, die laut ihrem Prasidenten durch "eine verfehlte Wirtschafts­politik und eine iibertriebene Behinderung durch die Regierung und die politis chen Krafte" bedingt waren, stiitzte sich im wesentlichen auf MaBnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft und auf steuerliche Anreize, die einen protektionistischen Charakter hatten. Die CEOE bestand auf der Durchsetzung der MaBnahmen, selbst wenn diese, wie in ihrer wirtschaftspolitischen Alternative eingeraumt, unter Umstanden an den

43 Vgl. Linde, L. M. (1990): La profundacion de la crisis economica: 1979-1982, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Economfa espanola de la transicion y la democracia 1973-1986, S. 50f.

44 Vgl. Segura, J. (1990): Del primer Gobierno socialista a la integracion en la CEE: 1983-1985, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Economfa espanola de la transicion y la democracia 1973-1986, S. 70f.

45 Vgl. Martinez-Alier, J.; Roca Jusmet, J. (1988): Economfa politica del corporativismo en el estado espano!, S. 46.

46 Vgl. Mella Marquez, M. (1992): Los grupos de interes en la consolidacion democratica, in: Cotarelo, R. (Hrsg.): Transicion politica y consolidacion democratica. Espana (1975-1986), S. 34lf.

47 Dieses und die folgenden Zitate stammen aus CEDE (Hrsg.) (1981): Discurso del presidente a la asamblea electoral, S. 15f. zit. nach: Mella Marquez, M. (1989): Los grupos de presion en la tran­sicion politica, S. 155

94

Page 106: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

"Patemalismus des vorherigen Regimes" erinnerten. Seit Anfang 1980 griff die CEOE direkt in das politische Geschehen ein, indem sie die Bildung einer breiteren Rechtspartei unter dem Dach der AP fOrderte. 48 Diese erfolgte unter Einbeziehung konservativer Teile der UCD und trug damit zur Beschleunigung des Zerfalls der UCD bei. Dieser Schritt wurde nicht zuletzt wegen der BefUrchtung eines sozialistischen Wahl sieges bei den kommenden Parlamentswahlen untemommen.

4.1.2 Die DurchsetzuDg wirtschaftlicher ReformeD uDter der PSOE-RegieruDg

In den allgemeinen Parlamentswahlen von Oktober 1982 erreichte der PSOE mit 58 %

der Sitze eine deutliche absolute Mehrheit und steHte mit Felipe Gonzalez den Premierminister.49 1m Unterschied zur UCD, die zu den ersten freien ParI aments­wahlen von 1977 noch als Regierungsbtindnis aus Mitte-Rechts-Parteien angetreten war und sich erst Ende Dezember 1977 zu einer auch im weiteren Verlauf heterogenen Partei zusammenschloB,50 stand mit dem PSOE eine vergleichsweise homogene Partei an der Regierung. Nach Aufbrechen des Konsenses 1978 lag damit erstmals wieder die Voraussetzung fUr eine konsequente DurchfUhrung von Reformen vor. Die neue Regie­rung sah sich einer Reihe nicht abgeschlossener Reformprojekte der Vorgangerre­gierung gegentiber.51 Dies betraf zum einen die Umstrukturierung der Energiewirt­schaft und der Industrie. Wiihrend der bestehende Energieplan durch Zugrundelegung eines tiberhOhten zuktinftigen Wachstums der Energienachfrage Anreize zur Schaffung von Uberkapazitaten in der Elektrizitatsversorgung setzte, hatte die Umsetzung der Ende 1981 festgelegten Umstrukturierungsplane fUr die Industrie noch nicht begonnen. 1m Bereich der 1977 beschlossenen Steuerreform waren die Bestrebungen zur EinfUh­rung der Einkommensteuer 1981/82 zum Erliegen gekommen und die Reform der indi­rekten Steuem noch nicht in Angriff genommen worden. Des weiteren war die 1977 begonnene Liberalisierung des spanischen Finanzsystems nicht wesentlich voran­geschritten, gleiches galt fUr die im Verlauf der Bankenkrise notwendig gewordene Sanierung des privaten Bankwesens und schlieBlich stand die institutioneHe Reform des Arbeitsmarktes weitgehend noch aus.

48 Vgl. Mella Marquez, M. (1992): Los grupos de interes en la consolidaci6n democratica, S. 340f. 49 Vgl. Penniman, H. R.; Mujal-Le6n, E. M. (Hrsg.) (1985): Spain at the polls 1977, 1979 and 1982,

Appendix C, S. 334. 50 Vgl. Gunther, R.; Sani, G.; Shabad, G. (1988): Spain after Franco. The making of a competitive

party system, S. 127f. 51 Vgl. Segura, 1. (1990): Del primer Gobierno socialista a la integraci6n en la CEE: 1983-1985, S. 60f.

95

Page 107: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Die Bedeutung des in den Monc1oapakten erreichten Konsenses fUr die Kontinuitat wirtschaftlicher Reforrnbestrebungen in Spanien wird erst bei mittelfristiger Betrach­tung ersichtlich. Denn nach dem Regierungswechsel 1982 stellte die PSOE-Regierung ein neues Reforrnprogramm vor. Zwischen diesem unter Miguel Boyer als Wirt­schaftsminister ausgearbeiteten Programm und dem der Monc1oapakte bestand eine auffallende Almlichkeit. Fuentes Quintana, unter dessen Leitung das PSRE ausge­arbeitet worden war, welches als Diskussionsgrundlage fUr die Monc1oapakte diente, erklarte dazu: "Die Ahnlichkeit - fast konnte man von Ubereinstimmung sprechen -zwischen dem wirtschaftspolitischen Konzept der sozialistischen Regierung und dem der Pactos de la Moncloa von 1977 ist dabei bemerkenswert.,,52 Neben stabilisierungs­politischen MaBnahmen sah das Reformprogramm des PSOE im wesentlichen drei ReforrnmaBnahmen vor:53

1. Den Abbau des Offentlichen Defizits, welches vornehmlich durch das Defizit der Sozialversicherung, die umfangreichen Subventionen an staatliche Untemehmen und die hohe Arbeitslosigkeit bedingt war.

2. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und der Finanzmarkte.

3. Die Umstrukturierung der industriellen Krisensektoren.

Ais erster Punkt im zweiten Teil tiber strukturelle und institutionelle Reformen des insgesamt dreiteiligen Programms war eine Neuformulierung des Nationalen Energie­plans54 aufgefUhrt. 55 Der modifizierte Plan konstatierte bestehende Uberkapazitaten und sah eine Verlangsamung im Wachstum der Investitionen im Energiesektor vor, da ,,keine wirtschaftliche Begriindung fUr die Aufrechterhaltung des Umfangs der Investi­tionstatigkeit in einem Sektor existiert, der einen groBen Teil der finanziellen Ressour­cen, unter Beriicksichtigung der enorrnen Knappheit dieser Ressourcen, an sich bindet, wenn keine zu erwartende Nachfrage nach den Produkten dieses Sektors besteht,,56. Die Investitionen im Bereich Elektrizitatsversorgung wurden von 976 Mio. Pta fUr den Zeitraum 1981 bis 1983 im vorherigen Energieplan auf 498 Mio. Pta fUr 1984 bis 1986 gesenkt. Der Nationale Energieplan vom Juli 1979 wurde 1983 aktualisiert. Die aktua­lisierte Version wurde 1984 vom Parlament verabschiedet, und beinhaltete sowohl

52 Vgl. Fuentes Quintana, E. (1993b): Wirtschaftspolitik im Ubergang, S. 40f. 53 Vgl. Fuentes Quintana, E. (1984b): Los Pactos de la Moncloa y la democracia espanola. XX Con­

greso Latinoamericano de industriales agrupados en la AlULA, S. 20f. 54 Plan Energetico Nacional 55 Vgl. Espana. Ministerio de Economfa y Hacienda (1984): Programa Econ6mico a Medio Plaza

1984/87. II Reformas estructurales e institucionales, S. 11. 56 V gl. ebenda, S. 11.

96

Page 108: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

nachfrage- als auch angebotspolitische MaBnahmen.57 Dabei sollte die Nachfrage nach 01 tiber Preiserhohungen und Steuervergiinstigungen fUr Projekte zur Olsubstitution sowie vorgeschriebene Programme zur Energieeinsparung in der Industrie eingedammt werden. 1m Zeitraum von 1980 bis 1986 fanden mehrfach PreiserhOhungen fUr Energie statt, und die Differenz zum EG-Durchschnitt konnte deutlich verringert werden. Auf der Angebotsseite sah der Nationale Energieplan den Abbau der Abhangigkeit von auslandischer Energie durch den Ausbau inlandischer Kapazitaten, vomehmlich fUr Wasserkraft, Kohle und Kemkraft vor. Die inlandische Deckung des Energiebedarfs stieg von 34 % im Jahr 1982 auf 42 % im Jahr 1986. Die Umstrukturierung der 01-industrie wurde 1983 begonnen, sie beinhaltete Kostensenkungen und Investitionen in die Distributionswege, und war 1987 mit der Schaffung von Repsol abgeschlossen.58

Nach dem Erfolg des PSOE in den Parlamentswahlen yom Oktober 1982 wurde Carlos So1chaga zum neuen Industrieminister emannt. Er gab eine Anderung und Beschleuni­gung der Industriepolitik bekannt59 und nannte dazu folgende MaBnahmen:

• die Ausarbeitung eines WeiBbuchs (Libro Blanco) zur Umstrukturierung vor Ende Januar 1983

• die Verabschiedung der Real Decreto Ley zur industriellen Umstrukturierung vor 31. Marz 1983

• die Ausarbeitung eines neuen Plans fUr die Elektroindustrie (Plan Electr6nico) im 1. Halbjahr 1983.

Das WeiBbuch zur Umstrukturierung wurde jedoch nicht vor Juni fertiggestellt, bei­nahe gleichzeitig mit der einseitigen, gegen den Widerstand der Oppositionsparteien durchgesetzten Verabschiedung des Real Decreto 1853/1983 yom 6. Juli tiber Investi­tionen in der Eisenhtittenindustrie durch die Regierung. Der Verabschiedung waren mehrere Monate erfolgloser Bestrebungen, eine Ubereinkunft auszuhandeln, voran­gegangen.

57 Vgl. Lopez-Claros, A. (1988): The search for efficiency in the adjustment process. Spain in the 1980s, S. 19.

58 Vgl. Salmon, K. O. (1991): The modem Spanish economy. Transformation and integration into Europe, S. 93.

59 Vgl. Cambia 16, Nr. 582 vom 24.01.1983, zit. nach Navarro, M. (1990): Polftica de reconversion: balance critico, S. 115.

97

Page 109: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Mit der Veroffentlichung eines WeiBbuchs zur Umstrukturierung im Jahr 1983 und der Verabschiedung eines Gesetzes zur Umstrukturierung und Reindustrialisierung Mitte 1984 erhielt die industrielle Umstrukturierung einen Schub. Das Gesetz sah eine Redu­zierung der Beschaftigung urn 67 000 ArbeitspHitze in Krisenbereichen der Industrie vor, was einem Anteil von 26 % in den betroffenen Sektoren oder ungefahr 2,5 % der Industriebeschaftigung entsprach.60 Ende 1986 waren annahemd 77 % der angestreb­ten Arbeitsplatzstreichungen erreicht worden, mit einem Schwerpunkt in den Sektoren Schiffbau, Stahl und Textil. Gleichzeitig wurden finanzielle und steuerliche Anreize flir die Ansiedelung von Untemehmen in sogenannten wirtschaftlichen Dringlichkeits­zonen gewahrt. Dazu zahlten die Regionen Asturien, Barcelona, Baskenland, Cadiz, Galizien und Madrid. Das Gewicht in der Industriepolitik verlagerte sich somit von der sektoralen Forderung sHi.rker auf die regionale Forderung. AuBerdem wurde flir Arbei­ter tiber 55 Jahre ein Frtihverrentungsschema ausgearbeitet, und die tibrigen Beschaf­tigten erhielten bei Verlust ihres Arbeitsplatzes Entschadigungszahlungen und Ar­beitslosenuntersttitzung flir einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten. Es bestand zudem die Moglichkeit, die Entschadigungszahlungen an einen Fonds zur ArbeitsfOrderung abzutreten, der seine Mittel zur Umschulung und zur Verrnittlung neuer Arbeitsplatze benutzte, wovon 35 % der Betroffenen Gebrauch machten.

Artikel 6.1 des Umstrukturierungsgesetzes sah folgendes vor: "Der Real Decreto zur Umstrukturierung wird eine Kontroll- und Ablaufkomrnission etablieren, in der die Vertreter der staatlichen Verwaltung, der betroffenen autonomen Regionen und der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen vertreten sein werden, falls sie ihre Zustimmung zum Plan gegeben haben und deren Zusammensetzung reprasentativ sein wird. ,,61 Die Plane bezogen sich jeweils auf einzelne Sektoren, tiber die getrennt abge­stimmt werden muBte. Durch diese Klausel wollte die PSOE-Regierung sicherstellen, daB sich die Komrnission nur aus solchen Vertretem zusammensetzte, die die Uberein­kunft unterzeichnet hatten. Diese Klausel war klar gegen die Gewerkschaften gerichtet. Da die CC.OO. sich gegen die Umstrukturierungsplane ausgesprochen hatten - ausge­nommen in den Sektoren Textil, Dtingemittel und Eisenhtittenindustrie -, blieben sie in der Mehrzahl der Sektoren aus der Komrnission ausgeschlossen. Bier zeigt sich deut­lich der Unterschied zwischen der mandatsschwachen Regierung der UCD und des PSOE als Regierung mit absoluter Mehrheit, die aufgrund ihrer starken Position bereit und in der Lage war, das von ihr angestrebte Programm im Zweifelsfall auch im Alleingang durchzusetzen. 1m Rahmen der industrlellen Umstrukturierung machte die

60 V gl. Lopez-Claros, A. (1988): The search for efficiency in the adjustment process. Spain in the 1980s,S.18.

61 Vgl. Navarro, M. (1990): Polftica de reconversion: balance crltico, S. 13lf.

98

Page 110: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

PSOE-Regierung mehrfach deutlich, beispielsweise bei der Umstrukturierung des Stahlwerks Altos Homos de Mediternineo, daB sie sich tiber bestehende Widerstande hinwegsetzen wtirde.62

Einen entscheidenden Schritt zur Bewaltigung der Bankenkrise machte die Regierung Gonzalez mit der im Februar 1983 angektindigten und im Juni 1983 vollzogenen Ver­staatlichung63 der Rumasa-Gruppe, die sich bis dahin der Zusammenarbeit mit der Bankenaufsicht widersetzt und immer groBere Verluste angehauft hatte.64 Die durch die Bankenkrise verursachten Kosten beliefen sich bis 1985 auf annlihemd 2 Billionen Pta65 , wovon allein der Fall Rumasa mehr als ein Viertel auf sich vereinte.66 Das spanische Bankensystem war Ende der 1980er Jahre durch seine geringe Effizienz aufgrund der hohen Zinsspannen67 gekennzeichnet, die ihre Ursache unter anderem in bestehenden Kartellpraktiken hatten.68 Die hohen Zinsspannen waren teilweise verzerrt durch hohe, vorgeschriebene Liquiditats-, Solvenz- und Investitionsraten, waren jedoch auch verursacht durch die aus der Uberbeschliftigung und zu hohen Filialdichte resul­tierenden hohen Kosten im Bankwesen. Allgemein waren die Banken in Spanien Ende der 1980er Jahre von auslandischer Konkurrenz abgeschottet und auf den spanischen Markt konzentriert. Wegen der im intemationalen Vergleich geringen GroBe der spani­schen Banken wurde von staatlicher Seite ein KonzentrationsprozeB im Bankensektor beftirwortet, der die intemationale Konkurrenzflihigkeit verbessem sollte. Bei den privaten Banken kam es zu zwei wesentlichen Fusionen: 1988 fusionierten Banco Bilbao und Banco Vizcaya und 1991 Banco Central und Banco Hispano Americano. In der Gruppe der Sparkassen fand 1990 die Fusion von la Caixa de Pensiones und la Caixa de Barcelona statt. In der Gruppe der im Eigentum der Offentlichen Hand be­findlichen Finanzinstitutionen kam es 1991 zur Grtindung von Argentaria, einer Hol­dinggesellschaft, die aIle Offentlichen Finanzinstitutionen unter ihrem Dach vereinte. In zwei nachfolgenden Runden von Aktienverkliufen wurde der Anteil des Staates an der Holding auf 50 % gesenkt.

62 Vgl. Lang, W. (1991): Die wirtschaftliche Entwicklung Spaniens seit dem Dbergang zur Demokratie: Von der Depression zur iikonomischen Revitalisierung, S. 213f.

63 Die entsprechende Real Decreto Ley (Kiinigliche Verordnung) wurde im Marz 1983 im Eilverfahren verabschiedet, das endgiiltige Gesetz Ende J uni 1983.

64 Vgl. Cuervo, A. (1988): La crisis bancaria en Espana, S. 118f. 65 in Preisen von 1985 66 Vgl. Torrero Manas, A. (1990): El sector financiero: cambios y tendencias, S. 358. 67 Zinsspannen ergeben sich aus der Differenz zwischen Soll- und Habenzins. 68 Vgl. European Commission (1995): The economic and financial situation in Spain, S. 218f.

99

Page 111: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Nach 1991 war dann auch eine Verringerung sowoh1 in den Zinsspannen als auch in den Lohnkosten zu beobachten. Durch die Einflihrung von hochverzinslichen Konten, sogenannten Supercuentas, im Jahr 1990 kam es zu versUirktem Wettbewerb zwischen den spanischen Banken, und ihre Zinsausgaben stiegen in der Folge.69 Die Zinsspan­nen bei den Geschaftsbanken gingen von 4 % im Jahr 1991 auf 3 % im Jahr 1993 zuriick, und die Lohnkosten sanken im gleichen Zeitraum von 1,8 % der Bilanzsumme auf 1,5 %. Steigender Wettbewerbsdruck ging zudem von inHindischen Finanzinsti­tutionen aus dem Nichtbankenbereich aus, vor allem durch die Entstehung eines Marktes flir staatliche Schuldtitel, die eine Alternative zu Bankverbindlichkeiten darstellten.

Die Verfligbarkeit der Mittel wurde durch eine Senkung des Mindestreservesatzes bei der spanischen Zentralbank erweitert. Dieser wurde von 17 % vor 1990 schrittweise auf 2 % im September 1993 gesenkt. Gleichzeitig wurden die Investitionskoeffizienten verringert, deren Mittel seit 1987 iiberwiegend in staatliche Schuldverschreibungen geflossen waren und die Ende 1992 ganzlich abgeschafft wurden. Anfang 1989 wurde ein Zeitplan flir die schrittweise Reduzierung der Investitionskoeffizienten ausge­arbeitet.70 Bis Mfu"z 1989 machte der Investitionskoeffizient 11 % der Passiva der Banken aus, wovon 10 % in Schatzwechseln zu halten waren, die eine geringere Ver­zinsung als der Marktzins aufwiesen. Die Reduzierung des Koeffizienten flihrte zu einer Umschichtung in der Finanzierung der Staats schuld, weg von Schatzwechseln71 ,

hin zu Schatzbriefen und Schatzanweisungen, die zu Marktpreisen und ohne steuer­liche Anreize ausgegeben wurden. Die vollstandige Offnung des spanischen Marktes flir auslandische Banken fand erst mit der Verabschiedung der zweiten Bankrichtlinie im April 1994, und damit beinahe eineinhalb Jahre spater als in den EG-Ubergangs­fristen vorgesehen, statt.

Am 9. Oktober 1984 verabschiedeten die Regierung, die spanischen Arbeitgeber­verbande CEOE und CEPYME72 und die Gewerkschaft UGT eine wirtschaftliche und soziale Ubereinkunft, die einen KompromiB aller Beteiligten in den Bereichen des Steuersystems, der Beschaftigung und beruflichen Ausbildung, der Sozialversicherung

69 Vgl. Ontiveros, E.; Valero, F. J. (1993): El sistema financiero: Instituciones y funcionamiento, in: Garda Delgado, J. L. (Hrsg.): Espafia, economfa, S. 492.

70 Vgl. Mafias Ant6n, L. A. (1992): El sector financiero espafiol ante su integraci6n en el Mercado Unico, in: Vifials, J. (Hrsg.): La economfa espafiola ante el Mercado Unico europeo. Las cJaves del proceso de integraci6n, S. 489.

71 Pagan~s de Tesoro 72 Confederaci6n Espafiola de Pequefia y Mediana Empresa (Verband der Kleinen und Mittleren Unter­

nehmen)

100

Page 112: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

und des Arbeitsrechts umfaBte.73 AuBerdem enthielt sie die Verpflichtung der betei­ligten Arbeitgeberverbande und der Gewerkschaft, an Tarifabschliissen fUr die Jahre 1985 und 1986 mitzuarbeiten. Die Regierung erklarte im Rahmen der Vereinbarung ihre Bereitschaft, das spanische Arbeitsrecht an die gtiltigen EG-Bestimmungen anzu­passen.74 Dartiber hinaus wurde fUr die Tarifabschliisse 1985 eine Bandbreite fUr LohnerhOhungen von 5,5 bis 7,5 % festgelegt.75

Ein wichtiger Punkt der Vereinbarung zwischen den drei Gruppen war die gemeinsam erklarte Auffassung, daB das yom Parlament verabschiedete Gesetz yom August 1984, das die Moglichkeit des Abschlusses von Zeit- und Teilzeitvertragen sowie spezielle Zeitarbeitsvertrage fUr Jugendliche vorsah, eine positive Neuerung fUr die Schaffung von Arbeitsplatzen darstellte.76 Die Arbeitgeber- und die Gewerkschaftsseite ver­pflichteten sich, die notwendigen Bedingungen fUr die Anwendung dieser Vertrag~ in den Betrieben zu schaffen. Diese Bestimmung durfte wesentlich dazu beigetragen haben, daB sich Zeit- und Teilzeitvertrage seit Mitte der 1980er Jahre verstarkt durch­setzen konnten.77

Die Leistungen der Arbeitslosenuntersttitzung in Spanien waren im westeuropaischen Vergleich bezuglich des Umfangs, vor allem aber bezuglich der Dauer der Unter­sttitzungszahlungen sehr weitreichend.78 Die Hohe des gezahlten Betrags war dabei unabhangig von der Bedurftigkeit des Arbeitslosen. Ein Bundel von 1982 verabschie­deten MaBnahmen gestaltete den Zugang, die Leistungsdauer und den Leistungs­umfang restriktiver. Der Mindestbeitragszeitraum fUr die Inanspruchnahme der Lei­stungen der Arbeitslosenversicherung verdoppelte sich von 6 auf 12 Monate. Durch den Anstieg des Anteils der Arbeitslosenuntersttitzung beziehenden Arbeitslosen von 32,4 % im Jahr 1985 auf 68,7 % im Jahr 1993 wurde das System in der Folgezeit dennoch stark belastet.79

7J Vgl. Presidencia del Gobierno. Servicio Central de Publicaciones (1984): Acuerdo Econ6mico y Social (AES), S. lOf.

74 Vgl. ebenda, S. 20-23. 75 Mit einem TarifabschluB fur 1985, der Lohnerhiihungen von 7,4 % brachte, lagen die Tarifparteien

innerhalb der Bandbreite. 76 Presidencia del Gobierno. Servicio Central de Publicaciones (1984): Acuerdo Econ6mico y Social

(AES), S. 18f. 77 Vgl. limeno, 1.; Toharia, L. (1994): Unemployment and labour market flexibility: Spain, S. 18f. 78 Vgl. European Commission (1995): The economic and financial situation in Spain, S. 47. 79 Die Arbeits1osenquote war von 20,8 % im lahr 1985 auf 15,7 % in den lahren 199011991 gesunken,

stieg im AnschluB daran jedoch sprunghaft erneut auf 20,8 % 1993 an. Vgl. Banco Bilbao Vizcaya (1994): Informeecon6mico 1993, S. 217.

101

Page 113: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

1m Dezember 1993 wurde ein Paket von MaBnahmen zur Reform des Arbeitsmarktes von der Regierung beschlossen, das nach Beratungen im Mai 1994 vom Parlament ver­abschiedet wurde.80 Dieses Paket enthielt drei Gesetze, von denen das wichtigste das Gesetz zur Reform des Arbeitnehmerstatuts war. Es lockerte die Bestimmungen tiber Arbeitszeiten, Entlassungsvoraussetzungen, geographische und funktionale Mobilitat und Lohnvereinbarungen. Die beiden anderen Gesetze regelten die Einrichtung priva­ter Arbeitsvermittlungen und dringliche MaBnahmen zur ArbeitsfOrderung. Vom zweiten Quartal 1994 bis zum dritten Quartal 1995 ging die Arbeitslosenquote zum ersten Mal seit 1991 wieder zurilck. 81 Ein bedeutender Anteil des Zuwachses an Ar­beitsplatzen konnte auf die Arbeitsmarktreformen von 1994 zurilckgefilhrt werden. Ungefahr ein Drittel der seit Mitte 1994 geschlossenen Arbeitsvertrage war mit Hilfe finanzieller Anreize zur Arbeitsplatzschaffung zustandegekommen, von den en die Mehrzahl Teilzeitbeschaftigungsverhaltnisse waren. Ein weiteres Drittel der geschaf­fenen Arbeitsplatze basierte auf Zeitvertragen. Eine rasche Zunahme an Zeitvertragen war, nach deren Einfilhrung im Rahmen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ubereinkunft82 von 1984, bereits in der zweiten Halfte der 1980er Jahre zu beob­achten. 83 Vom zweiten Quartal1987 bis zum zweiten Quartal1991 stieg der Anteil der Beschliftigten mit Zeitvertragen von 15 % auf 32 %. Besonders stark vertreten waren Zeitvertrage in den Sektoren Landwirtschaft und Fischerei sowie in der Bauwirtschaft. AuBerdem war festzustellen, daB der Anteil in kleinen und neugegrtindeten Unter­nehmen hoher als in groBen Untemehmen lag.

80 Vgl. European Commission (1995): The economic and financial situation in Spain, S. 59ff. 81 Vgl. OECD (Hrsg.) (I 996a): OECD economic surveys. Spain 1996, S. 9f. 82 Acuerdo Econ6mico y Social 83 Vgl. Jimeno, J.; Toharia, L. (1994): Unemployment and labour market flexibility: Spain, S. 18f.

102

Page 114: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

4.2 Die Umsetzung des Transformationsprogramms in Polen

Wahrend sich in Spanien nach Ab16sung der schwachen UCD-Regierung in den Par­lamentswahlen von 1982 eine lange Phase der Kontinuitat unter der sozialistischen Regierung Gonzalez anschloB, war die politische Situation im demokratischen Polen von ausgepragten Schwankungen gekennzeichnet. Angesichts von neun Regierungen in der Zeit von 1989 bis 1997 soll einleitend ein kurzer AbriB der politischen Entwick­lung in Polen gegeben werden.

4.2.1 Die schrittweise Konsolidierung der Demokratie in Polen

Nach dem Amtsantritt der Regierung Mazowiecki im Herbst 1989 und der Auflosung der PVAP Anfang 1990 lieB der auBere Druck auf den politischen Arm der Soli­darnosc, in dem sehr unterschiedliche Gruppierungen vereinigt waren, nach,84 was zu zunehmenden Spannungen innerhalb des Blindnisses fiihrte. Durch den Rlicktritt des bis 1995 gewahlten Prasidenten Jaruzelski im Herbst 1990 wurden Ende des Jahres die ersten freien Prasidentschaftswahlen in Polen abgehalten. Mit Lech Walc.sa und Tadeusz Mazowiecki als Hauptkontrahenten traten zwei Kandidaten aus dem Lager der Solidarnosc gegeneinander an, wobei Wal~sa eine "Beschleunigung" des Transfonna­tionsprozesses zusammen mit eher populistischen MaBnahmen85 forderte, wahrend Mazowiecki im wesentlichen die Kontinuitat und Stabilitat des eingeschlagenen Trans­formationskurses propagierte. 86 Nachdem Mazowiecki, der bereits im ersten Wahlgang sowohl Wal~sa als auch dem liberraschend erfolgreichen AuBenseiterkandidaten Tyminski unterlegen war, seinen Rlicktritt eingereicht hatte, trat Jan Bielecki von Januar bis November 1991 seine Nachfolge an. Die anschlieBende Stichwahl gewann Wal~sa mit annahernd drei Viertel der Stimmen. Trotz der fonnalen Starkung der Solidarnosc-Position durch den Gewinn der Prasidentschaftswahlen sah sich die Re­gierung Bielecki zunehmenden Schwierigkeiten bei der Fortfiihrung des Transforma­tionsprogramms gegenliber. Dies lag einerseits an dem seit Mitte 1990 wieder aufle­benden Protest der polnischen Arbeiterschaft, andererseits an der starken Opposition im Parlament gegen die Privatisierungsplane der Regierung.87

84 Vgl. Ziemer, K. (1998): Die Konsolidierung der polnischen Demokratie in den neunziger Jahren, S.30.

85 Er versprach beispielsweise, jedem Biirger einen Betrag von 100 Mio. Zloty als "Kompensation fur die Jahre der Entbehrung" unter dem kommunistischen Regime auszuzahlen.

86 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 123f. 87 Wiihrend im ersten Halbjahr 1990 lediglich 87 Streiks mit 24500 Streikenden zu verzeichnen waren,

stiegen diese Zahlen im zweiten Halbjahr auf 163 Streiks, bzw. 134500 Streikende. Es handelte sich dabei iiberwiegend urn spontane, nicht von der Gewerkschaftsfiihrung genehmigte Streiks in der Eisen-

lO3

Page 115: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Nach den ersten freien Parlamentswahlen im Oktober 1991 wurde Jan Olszewski von Wal~sa zum Ministerprasidenten emannt. 1m Unterschied zur vorherigen Regierung, die vom Liberal-Demokratischen KongreB, einer eng an die britischen Konservativen angelehnten Partei, untersttitzt wurde, fand die Regierung Olszewski ihre wichtigsten BefUrworter in den Reihen der Bauemparteien88 sowie der Zentrumsallianz, einer zunehmend nationalistischen Vereinigung.89 Dies schlug sich in der von der Regierung verfolgten wirtschaftspolitischen Zielsetzung nieder, die eine Abkehr von der liberal en und gleichzeitig restriktiven Politik der beiden Vorgangerregierungen bedeutete.9o 1m AnschluB an einen Skandal im Zusammenhang mit der Vertiffentlichung geheimer Polizeiakten tiber Kollaborateure der PV AP stimmte das Parlament der Forderung des Prasidenten nach Abltisung der Regierung im Juni 1992 zu. Nachdem es dem von Wal~sa bestimmten Nachfolger Waldemar Pawlak, einem Mitglied der Bauempartei (PSL), nicht gelungen war, eine Regierung zu bilden, wurde Hanna Suchocka einen Monat spater als Premierrninisterin vom Parlament bestatigt. Die neue Regierung brachte, mit einer VerIangerung der IWF-Hilfen und der Verabschiedung einer Reihe wichtiger Gesetze zur Massenprivatisierung und Umstrukturierung der Schulden, emeut Stabilitat in die Transformationsbestrebungen. Als die Regierung Suchocka im Mai 1993 ein MiBtrauensvotum verIor, ltiste Wal~sa das Parlament auf und setzte Neuwahlen an. Aus den Parlamentswahlen vom September 1993 ging das postkommu­nistische Btindnis der Demokratischen Linken (SLD) mit 37 % der Sitze als starkste politische Gruppierung hervor.91 Nachdem bei den Parlamentswahlen von 1993 erst­mals ein Mindestanteil an den Stimmen - 5 % fUr Parteien, 8 % fUr Wahlkoalitionen -ftir den Einzug ins Parlament festgelegt worden war, blieben 35 % der gtiltigen Stim­men bei der Sitzverteilung unberucksichtigt. Diese Neuerung war entscheidend fUr das schlechte Abschneiden der Mitte-Rechts-Parteien, zu denen die dem Solidarnosc-Lager angehtirenden Parteien zu zahlen waren, die stark zersplittert zur Wahl angetreten waren und deshalb haufig an dieser Htirde scheiterten.

Damit war in Polen die Situation eingetreten, daB eine linke Regierung unter einem dem Mitte-rechts-Lager zugehtirigen Prasidenten agieren muBte. Die SLD bildete eine Koalitionsregierung mit der PSL, die mit Waldemar Pawlak den Prernierrninister stellte

hiittenindustrie und im Bereich offentliche Versorgung. Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation S. 126f.

BB Dies waren neben der Bauempartei (PSL), dem ehemaligen Koalitionsparter der PV AP, die Bauem-aIlianz (PL) und die Bauempartei "Solidamosc" (PSL "S").

B9 Vgl. Taras, R. (1995): Consolidating democracy in Poland, S. 183f. 90 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 130f. 91 Vgl. Ziemer, K. (1998): Die Konsolidierung der polnischen Demokratie in den neunziger Jahren,

S.3lff.

104

Page 116: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

und bis Februar 1995 im Amt blieb. Sie fUhrte den ProzeB der Wirtschaftsreformen, entgegen starker BefUrchtungen aus den Reihen der Solidarnosc, im wesentlichen fort,

allerdings wurden in bestimmten Bereichen wie der Massenprivatisierung keinerlei Fortschritte erzielt.92 Aufgrund von Streitigkeiten innerhalb der Koalition tiber perso­

nelle Umbesetzungsfragen auBerte der Prasident im Februar 1995 Zweifel an der Re­gierungsfahigkeit und drohte emeut mit der Auflosung des Parlaments. Daraufhin ent­

schied sich die Koalition fUr die Bildung einer neuen Regierung unter Leitung von J6zef Oleksy.93 Bei den Prasidentschaftswahlen von 1995 siegte der Kandidat des

postkommunistischen Btindnis der demokratischen Linken, Aleksander Kwasniewski,

in der Stichwahl knapp vor Lech W al~sa.

Wahrend seiner Prasidentschaft hatte W al~sa zunehmend in die Entscheidungen des Parlaments eingegriffen. Neben seiner Rolle bei der Absetzung der Ministerprasi­denten Olszewski 1992 und Pawlak 1995 weigerte sich der Prasident insbesondere seit den Wahlen von 1993, yom Parlament verabschiedete Gesetze zu unterzeichnen.94

Unter dem neuen Prasidenten lieB das Spannungsverhaltnis zwischen Prasident und Parlament nacho Kurz vor seinem Ausscheiden hatte W al~sa entscheidenden Anteil bei der Erhebung von Spionagevorwtirfen gegen Premierminister Oleksy genommen, die Anfang 1996 zu dessen Rticktritt fUhrten.95 Sein Nachfolger war der formal parteilose Wlodzimierz Cimoszewicz, der jedoch dem Lager der SLD zugerechnet werden konnte.96 Mitte des Jahres 1996 begannen sich drei aus dem Solidarnosc-Lager stam­mende Oppositionsparteien herauszubilden.97 Die Bewegung fUr den Wiederaufbau Polens als wirtschaftspolitisch eher egalitar-populistische Vereinigung, die liberale

Freiheitsunion mit Balcerowicz als Vorsitzendem und die "Wahlaktion Solidamosc" als Btindnis aus 20 kleineren Rechts- und Mitte-Rechtsgruppierungen. Aus den ParI a­mentswahlen yom September 1997 ging schlieBlich die "Wahlaktion Solidarnosc" mit 44 % der Sitze als starkste Gruppierung hervor und stellte mit Jerzy Buzek den Pre­mierminister, was einer Umkehrung der nach den Parlamentswahlen von 1993 einge­tretenen Situation entsprach.

92 Vgl. Tworzecki, H. (1996): Parties and politics in post-1989 Poland, S. 64f. 93 Die SLD hatte sich geweigert, Wal~sas Wunschkandidaten, den spiiteren Priisidenten AIeksander

Kwasniewski, fur das Amt des Premierministers zu nominieren. 94 V gl. The Economist Intelligence Unit (1997): Country profile. Poland, S. 6f. 95 Vgl. Tworzecki, H. (1996): Parties and politics in post-1989 Poland, S. 67f. % Vgl. The Economist Intelligence Unit (1997): Country profile. Poland, S. 9. 97 Vgl. luchler, 1. (1998): Machtwechsel in Polen. Die Pariamentswahlen und ihre Folgen, S. 148f.

105

Page 117: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

4.2.2 Die Umsetzung der Ma6nahmen zur wirtschaftlichen Transformation

Schon in der Phase der Vorbereitung des wirtschaftlichen Transformationsprograrnms

von September bis Ende 1989 wurden erste MaBnahmen ergriffen.98 Die Kontrolle tiber das staatliche Budget wurde durch massive Investitionsldirzungen und - nach der Freigabe der Lebensmittelpreise im August 1989 - durch die Beseitigung der verblie­benen Lebensmittelsubventionen, die 1988 noch 5 % des BIP ausgemacht hatten, im

Oktober wiederhergestellt. Ebenfalls im Oktober 1989 wurden verschiedene Import­und Agrarsubventionen abgeschafft. Das System der Lohnindexierung, das in den Ver­

einbarungen am "Runden Tisch" festgelegt worden war, wurde insofern verscharrt, als LohnerhOhungen nach dem Index nicht mehr zusatzlich zu bereits anderweitig ge­wahrten Lohnerhohungen erfolgen konnten. Dies hatte zur Folge, daB die Reallohne in den wichtigsten Industriesektoren von August bis November 1989 urn 37 % zurUck­gingen. Dariiber hinaus verstarkte die polnische Zentralbank ihre Bemtihungen zur Eindarnmung des Kreditwachstums, die zu einem Rtickgang der Geldmenge M2 von

27 % im letzten Quartal1989 fUhrten.

Am 1. Januar 1990 wurde das "Stabilisierungs- und Reformprograrnm" der Regierung offiziell eingeleitet. Das Stabilisierungsprograrnm stiitzte sich auf zwei "nominale Anker", die Herstellung von Inlanderkonvertibilitat99 und die strikte Kontrolle der Nominallohne. 1oo Die Schaffung der Inlanderkonvertibilitat ging einher mit einem drastischen Anstieg des Wechselkurses gegentiber dem US-$ von 5400 Zl./US-$ am 22. Dezember auf 6 500 Zl./US-$ am 28. Dezember und schlieBlich auf 9 500 Zl./US-$ am 1. Januar, was einer Zunahme von mehr als 75 % innerhalb von zehn Tagen ent­sprach. Dadurch sollte ein Ausgleich zwischen Devisenangebot und -nachfrage erreicht werden, urn die Abschaffung der administrativen Beschrankungen und eine Verein­heitlichung des segmentierten Devisenmarkts zu ermoglichen. 101 Neben der Sttitzung

98 Vgl. Lipton, D.; Sachs, J. (1990): Creating a market economy in Eastern Europe: The case of Poland, S. II If.

99 Dies bedeutete freien Urntausch des polnischen Zloty zurn offiziellen Kurs fUr Warentransaktionen, jedoch nicht fUr Kapitaltransaktionen, die weiterhin unter der Kontrolle der polnischen Zentralbank blieben. Diese Regelungen waren beschrankt auf inIandische Wirtschaftssubjekte. Vgl. Beksiak, J.; Winiecki, J. (1991): A comparative analysis of our programme and the Polish Government pro­gramme, S. II. Mit der Verabschiedung eines neuen Devisengesetzes im Dezernber 1994 wurde die volle Konvertibilitat des Zloty hergestellt, und im Juni 1995 iibernahm Polen die Verpflichtungen aus Artikel VIII der IWF-Vereinbarung. Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (Hrsg.) (1996): Transition report 1996, S. 166.

100 Vgl. Rosati, D. K. (1991): Sequencing the reforms in Poland, S. 21 If. 101 Der Wechselkurs blieb bis Mai 1991 auf den US-$ fixiert. Anschliel3end erfolgte eine Abwertung auf

II 100 ZlotyfUS-$ und gleichzeitig die Umstellung auf einen Wahrungskorb aus US-$, DM, Briti-

106

Page 118: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

des Zloty durch die Zinspolitik der polnischen Zentralbank wurde ein von ausHindi­schen Banken bereitgestellter Fonds in Hohe von 1 Mrd. US-$ flir Interventionen eingerichtet, der jedoch in der Folgezeit nicht in Anspruch genommen werden muBte. 102 In der Lohnpolitik war als Obergrenze fur das Wachs tum der Lohnsumme ein Koeffizient von 0,3 der Inflationsrate flir lanuar festgelegt worden. I03 Fur Marz bis April wurde der Wert auf 0,2 gesenkt und danach bis luni 1990 auf 0,6 angehoben. Bei Uberschreiten der Obergrenze urn weniger als 2 % wurde eine Strafsteuer auf die Uberschreitung der Lohnnorrn von 200 % erhoben, bei einer starkeren Uberschreitung belief sich die Strafsteuer auf 500 %. 1m ersten Halbjahr 1990 lagen die Lohnerho­hungen allesamt unterhalb des festgelegten Limits lO4 , bis Ende des lahres zahlten jedoch bereits mehr als 1 000 polnische Staatsunternehmen Strafsteuern. I05 Die Preis­politik hatte uber den Abbau der uberschussigen Geldbestande eine wichtige Funktion in der Stabilisierungspolitik. Neben verordneten Preiserhohungen flir Energie l06 zwi­schen 400 % und 600 % fand eine urnfassende Preisliberalisierung statt. Der Anteil der kontrollierten Preise sank von 50 % im lahr 1989 auf 10 % Ende lanuar 1990. Aus der strikten Kontrolle der Lohne zusammen mit dem Preisanstieg resultierte ein weiterer drastischer Ruckgang der Reallohne. I07 Allein im lanuar 1990 gingen diese, bei einer Inflationsrate von 78 %, urn uber 30 % zurUck. Da in einer Marktwirtschaft ein sin­kendes Reallohnniveau ublicherweise ein Sinken des Lebensstandards der Beschaf­tigten impliziert, sind Einschnitte in diesem Bereich allgemein schwer durchsetzbar. In Polen war dieser RuckschluB jedoch insofern irreflihrend, als das vor 1990 bestehende Reallohnniveau nur begrenzt aussagekraftig flir den Lebensstandard war. lOB Denn die mangelnde Verfugbarkeit vieler Produkte zu den offiziellen, unterhalb des Marktprei­ses festgesetzten Preisen deutete auf eine starke Uberzeichnung des Reallohnniveaus

schen Pfund, FF und SF. Vgl. Jasmski, L. (1994): The Polish exchange rate policy and economic system transformation, S. 55f.

102 Vgl. Coricelli, F.; Rezende Rocha, R. de (1991): A comparative analysis of the Polish and Yugoslav programmes of 1990, S. 219, 22lf.

103 Vgl. Rosati, D. K. (1991): Sequencing the reforms in Poland, S. 212. 104 Vgl. Poznanski, K. Z. (1996): Poland's protracted transition. Institutional change and economic growth 1970-1994, S. 309, Fn. 3.

105 Vgl. Sachs, J. (1993): Poland's jump to the market economy, S. 80f. 106 Ende 1989 lag der Kohlepreis in Polen bei 10 % des Weltmarktpreises. Vgl. Gomulka, S. (1992): Polish economic reform, 1990-91, S. 359.

107 Der Riickgang belief sich Ende des Jahres nach einer leichten Erholung immer noch auf 24,4 %. Vgl. Poznanski, K. Z. (1996): Poland's protracted transition. Institutional change and economic growth 1970-1994, S. 176.

108 Vgl. Lipton, D.; Sachs, J. (1990): Creating a market economy in Eastern Europe: The case of Poland, S. 79.

107

Page 119: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

als MaB flir den Lebensstandard hin. I09 Als Folge der restriktiven MaBnahmen sank die monatliche Inflationsrate in Polen von 78 % im Januar auf 3,5 % im Juni 1990. llo

Durch die starke Abwertung und den Rtickgang der inlandischen Nachfrage erzielte Polen auBerdem einen HandelsbilanztiberschuB von 3,8 Mrd. US_$.lll

Der eingeschlagene restriktive Kurs in der Stabilisierungspolitik wurde, nach den raschen Stabilisierungserfolgen im ersten Halbjahr, im Sommer 1990 gelockert. ll2 Die

polnische Zentralbank senkte ihre Refinanzierungszinssatze auf 34 % p.a., was gleich­zeitig einen Wechsel von der monatlichen auf die jahrliche Festlegung der Zinssatze bedeutete. Dadurch lagen die Refinanzierungszinsen unter der bestehenden Inflations­rate, flir die jedoch ein weiterer Rtickgang in der naheren Zukunft erwartet wurde. Auch die Fiskalpolitik gestaltete sich weniger restriktiv, indem auf Antrag der Auf­

schub von Steuerzahlungen ermtiglicht sowie die Bestimmungen zur Lohnindexierung und damit zur Anwendung der Strafsteuer gelockert wurden. ll3 Daraufhin stiegen die Realltihne von Juni bis Dezember urn 36 %, und die Industrieproduktion nahm von August bis Dezember urn 20 % ZU. 114

Durch die schnellen Erfolge in der Stabilisierungspolitik wuchs der Widerstand gegen deren konsequente Fortflihrung. Der Druck auf die Regierung zur Lockerung des restriktiven Kurses wuchs auBerdem durch die mit der Umsetzung des Stabilisierungs­programms einsetzende Anpassungsrezession. Dies machte sich vor aHem durch einen Rtickgang der Industrieproduktion urn rund 25 % und einen Anstieg der Arbeitslosig­keit auf annahernd 1,2 Mio. Personenil5 bis Ende 1990 bemerkbar. 116 Angesichts des sofortigen Einbruchs der Industrieproduktion von 32 % im Januar 1990 erscheint es zunachst tiberraschend, daB sich die Regierung nicht frtiher Widerstand von seiten der Unternehmen gegentibersah. 117 Entgegen den Erwartungen erwirtschafteten die Unter-

109 In ihrem Wirtschaftsprogramm von Oktober 1989 sprach die Regierung deshalb auch von einer zu erwartenden "Reduzierung des statistischen Reallohn-Index". o. V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. IS.

110 Vgl. Coricelli, F.; Rezende Rocha, R. de (1991): A comparative analysis of the Polish and Yugoslav programmes of 1990, S. 189.

III Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 93. 112 Vgl. Winiecki, J. (l992a): The Polish transition programme: Underpinnings, results, interpretations,

in: Soviet Studies, Bd. 44, Nr. 5, S. 817ff. 113 V gl. Winiecki, J. (1991): The Polish transition programme at mid-1991: Stabilisation under threat, S.5.

114 Vgl. Slay, B. (1994): The Polish economy. Crisis, reform, and transformation, S. 94. 115 Dies entsprach eine Arbeitslosenrate von 6,3 %. Vgl. IMF (1996): Poland - Statistical tables, S. 10. 116 Vgl. Milanovic, B. (1992): Poland's quest for economic stabilisation, 1988-91, S. 525. 117 V gl. Winiecki, J. (l992a): The Polish transition programme: Underpinnings, results, interpretations, S.814ff.

108

Page 120: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

nehmen im ersten Halbjahr aber hohe Gewinne und sahen sich deshalb nicht gezwun­gen, Anpassungen vorzunehmen. In dies em Zeitraum waren dernnach auch keine

Unternehmenszusammenbrtiche zu verzeichnen. Diese Verzogerung erkHirte sich zum einen aus dem Riickgriff auf den Bestand billiger Inputgiiter, die in der Zeit vor 1990

von den Unternehmen gehortet worden waren, wodurch sich die Gewinnspanne ange­sichts der gestiegenen Absatzpreise sehr stark erhOhte. Zum anderen konnten die

Unternehmen Liquiditatsengpasse durch den Abbau der unter dem alten System ange­sammelten Devisenbestande vortibergehend vermeiden. 1m ersten Halbjahr 1990 verringerten sich diese Bestande um drei Viertel.

Nach einem erneuten Anstieg der Inflationsrate im September 1990 wurden die Re­finanzierungszinssatze im Oktober auf 43 % und erneut im November auf 55 % er­hoht. ll8 ledoch war erst mit dem Regierungswechsel Anfang 1991 eine umfassende Riickkehr zur im ersten Halbjahr des Vorjahres betriebenen, restriktiven Politik ver­bunden, da ein erneuter Anstieg des Budgetdefizits befiirchtet wurde. 119 Die strikte Kontrolle der Lohne durch Strafsteuern wurde in der Folgezeit beibehalten, jedoch sowohl hinsichtlich des Geltungsbereichs als auch der Kriterien geandert. 120 Anfang

1991 wurden private Unternehmen durch ein neues Gesetz von der Strafsteuer ausge­nommen, was unter anderem einen Anreiz zur beschleunigten Privatisierung setzte,121 da das Privatisierungsgesetz yom 13. luli 1990 den Arbeitnehmerraten und den Be­triebsleitungen eine zentrale Rolle bei der Einleitung der Privatisierung einraumte. 122

AuBerdem fielen durch eine Verordnung des Finanzministeriums einzelne Lohn­bestandteile nicht mehr in die Bemessungsgrundlage. 1m Herbst 1992 wurde die Inde­xierung aufgehoben und durch eine vierteljahrlich yom Ministerrat festgelegte Lohn­norm ersetzt.

Neben der oben dargestellten Preisliberalisierung wurden weitreichende Verande­rungen im AuBenhandel vorgenommen. Zum lanuar 1990 wurden die meisten nicht­tarifaren Handelsbeschrankungen abgeschafft und Mitte des lahres wurden die Zolle

118 Vgl. Winiecki, J. (1991): The Polish transition programme at mid-1991: Stabilisation under threat, S.5.

119 Vgl. Vgl. Poznanski, K. Z. (1996): Poland's protracted transition. Institutional change and economic growth 1970-1994, S. 178.

120 Vgl. Schwartz, G. (1994): Public finances, S. 21. 121 Vgl. Frydman, R et al. (1993): The privatization process in Central Europe, S. 204f. 122 Danach konnte die Privatisierung Staatsunternehmen grundsatzlich entweder auf gemeinsamen An­

trag der Unternehmensfiihrung und des Selbstverwa1tungsrats oder auf Antrag des zustandigen Minis­ters, der jedoch der gemeinsamen Zustimmung durch Unternehmensfiihrung und Selbstverwaltungsrat bedurfte, eingeleitet werden. Vgl. Winiecki, J. (l992b): Privatization in Poland, S. 56.

109

Page 121: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

auf 4 500 Importgtiter ausgesetzt. 123 Dadurch verringerte sich der durchschnittliche

Zollsatz von 18,3 % im lanuar 1989 auf 5,5 %. Die Reduzierung der Zollsatze sollte

dabei zum einen sicherstellen, daB die Weltmarktpreise starker als Richtschnur fiir die

inlandische Preisfindung fungieren konnten, zum anderen sollte sie als Mittel zur

Bekampfung der Inflation dienen. Mitte 1991 wurde die Aussetzung wieder riickgangig

gemacht, urn sowohl zusatzliche Budgetmittel zu erhalten als auch das Handelsbilanz­

defizit zu verringern. Der durchschnittliche ungewichtete Zollsatz nach dem Status der

Meistbegtinstigung stieg daraufhin auf 18,4 % an. Eine weitere Zunahme der Protek­

tion erfolgte Ende 1992 mit der Einfiihrung eines allgemeinen Importzuschlags in

Hohe von 6 %.

Das aus der Zeit vor 1989 stammende Steuersystem erwies sich als nicht kompatibel

mit der jungen Marktwirtschaft in Polen. Es wurde deshalb ein modernes Steuersystem

in Stufen eingefiihrt, mit der Reform der Korperschaftsteuern 1989, der Einkommen­

steuer 1992 und der indirekten Steuern Mitte 1993. 124 Mit dem Oesetz tiber die Ein­

kommen juristischer Personen vom 31.01.1989 wurde ein einheitlicher Steuersatz von

40 % fiir polnische Unternehmen eingefiihrt. 125 Nach der Erhebung einer Steuer in

Hohe von 2 % zur Finanzierung der neu eingerichteten Arbeits10senversicherung

wurde in einem nachsten Schritt 1992 eine personenbezogene Einkommensteuer mit einem Orenzsteuerhochstsatz von ebenfalls 40 % eingefiihrt. 126 Da in der Zeit vor 1989

die meisten Btirger nicht direkt durch Steuern belastet waren, kam es im Zuge der

Einfiihrung zu einer breiten offentlichen Diskussion von Steuerangelegenheiten, die

jedoch die Umsetzung der Reform nicht behinderte.

1m luli 1993 wurde die bisher bestehende Umsatzsteuer durch eine Mehrwertsteuer

von 22 % ersetzt, wobei neben Printerzeugnissen, Exporten und Medikamenten auch

agrarische Inputs von der Steuer ausgenommen waren. 127 1m Verg1eich zu Spanien, wo

die Einfiihrung der Mehrwertsteuer erst gegen den Widerstand der spanischen Produ­

zenten im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zu den EO zum Beginn des lahres 1986

durchgesetzt werden konnte,128 gestaltete sich dieser Schritt wesentlich unproblema-

123 Vgl. Mylonas, P. (1994): Integration into the World Economy, S. 69, Anhang Tabelle A 16, S. 105. 124 Vgl. Gros, D.; Steinherr, A. (1995): Winds of change. Economic transition in Central and Eastern Europe, S. 307.

125 Vgl. Kaligin, T. (1992): Optimale Strukturierung von geschaftiichen Aktivitaten in Osteuropa, S. 69. !26 Vgl. Schwartz, G. (1994): Public finances, S. 7f. !27 V gl. ebenda, S. 19. 128 Vgl. KapiteI4.3.1, S. 123.

110

Page 122: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tischer. 129 Der Unterschied dtirfte zum einen darauf zuruckzufUhren sein, daB in Polen mit der EinfUhrung der Mehrwertsteuer kein protektionistisches Instrument im AuBen­handel, wie es die "Kompensationssteuer fUr interne Belastungen" (IeGI) in Spanien darstellte,130 ersetzt wurde. Zum anderen dtirfte sich die Notwendigkeit, ein grundle­

gend neues Steuersystem aufzubauen, generell hemmend auf die Formulierung von WidersUinden ausgewirkt haben.

Der Druck auf die Regierung, den konsequenten Liberalisierungskurs durch staatliche Eingriffe abzumildern, war besonders stark in der Verwaltung zu sptiren, da personelle Umbesetzungen nur langsam voranschritten. 131 In den Abteilungen herrschten deshalb vielfach noch die aus der zentralen Planung stammenden Verhaltensweisen vor. Dies wurde bei den tiber ein Jahr dauernden Verhandlungen urn die Abschaffung der auBer­budgetiiren Fonds deutlich, als die Mehrzahl der Regierungsabteilungen heftigen Widerstand gegen die EinfUhrung der notwendigen Gesetze leisteten. 132 Almliche Widerstande ergaben sich auch im Zusammenhang mit der Steuerreform, indem ein­zelne Ministerien auf die Aufrechterhaltung bisheriger Steuerprivilegien drangten. 133

Als eine wesentliche Ursache fUr die WidersUinde auf seiten der Verwaltung kann die Beibehaltung der aus dem sozialistischen System stammenden Struktur der Branchen­ministerien unter der Regierung Mazowiecki gesehen werden.

Das Bankgesetz und das Gesetz tiber die polnische Zentralbank wurden 1989 verab­schiedet. Sie fUhrten ein zweistufiges Bankensystem in Polen ein,134 mit der Polni­schen Nationalbank (PNB) als unabhangige Zentralbank. 135 In einem ersten Schritt wurden neun im Staatseigentum befindliche Geschaftsbanken gegrundet, die das

129 Es fand allerdings auch in Polen eine leichte Verzogerung gegeniiber der im Wirtschaftsprogramm der Regierung anvisierten Frist von Anfang 1991 stat!. Vgl. o. V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 20.

IlOVgl. Kapitel2.1.2, S. 18. III Vgl. Dabrowski, M. (1992): Interventionist pressure on a policy maker during the transition to eco­

nomic freedom (personal experience), in: Communist Economies and Economic Transformation, Bd. 4, Nr. I, S. 60f.

132 Die betroffenen Minister versuchten den jeweiligen, ihnen unterstellten Fonds mit dem Argument zu rechtfertigen, daB er ftir die ErfUllung ihrer Aufgaben und wichtiger sozialer Interessen unabdingbar sei.

133 V gl. Dabrowski, M. (1992): Interventionist pressure on a policy maker during the transition to eco­nomic freedom (personal experience), S. 61.

134 Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (1996): Transition report 1996, S. 166. 135 Die wichtigsten Aufgaben der PNB erstreckten sich auf die DurchfUhrung der Geld- und Wahrungs­

politik, die Kontrolle des polnischen Bankensysterns, die Lizenzvergabe fUr Banken und die Ausgabe von Berechtigungsscheinen fUr Devisentransaktionen. Vgl. Pawlowicz, L. (1995): Transformation of the banking system in Poland, S. 138f.

111

Page 123: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Einlagen- und Kreditgeschaft von der PNB ubemahmen. Von 1989 bis 1991 wurden auBerdem die Niederlassungen und regionalen Zweigstellen der polnischen Zentral­bank in selbstandige Geschaftsbanken umgewandelt. Durch die im Bankgesetz festge­legten, wenig strengen Kriterien flir die Zulassung von Banken136 hatte sich ihre Zahl bis Mitte 1994 stark erhaht. 137 Die Zahl der Geschaftsbanken betrug 1736, darunter waren 1650 Genossenschaftsbanken sowie 22 Vertretungen auslandischer Banken.

Obwohl die Banken nicht in ihrer Geschaftsmtigkeit beschrankt waren, zogen sie es bis 1992 vor, Kredite an die groBen Staatsbetriebe zu vergeben anstatt an private Firmen oder Haushalte, wobei sie nicht in der Lage waren, saumige Schuldner zu einer Um­strukturierung zu zwingen.138 Denn die starke uberkommene Verflechtung zwischen den in Geschaftsbanken umgewandelten Banken und den Untemehmen tiber Kredite machte vielfach die weitere Existenz der Bank abhangig von der des Untemehmens. Nach Angaben der polnischen Zentralbank vervierfachte sich der Anteil der als "nicht riickzahlbar" und "zweifelhaft" eingestuften Kredite von 1991 bis 1993 auf 35 %,

wobei Schatzungen des IWF diesen Anteil ftir 1992 auf bis zu 60 % bezifferten. Die unprofitablen Staatsbetriebe konnten somit auf dies em Wege die Wirksarnkeit der "harten" Budgets umgehen. 1m Marz 1993 wurde deshalb das Gesetz zur finanziellen Umstrukturierung von Untemehmen und Banken verabschiedet, das die Rekapitali­sierung der Banken, die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios sowie die Lasung des Problems notleidender Kredite von Staatsuntemehmen zum Ziel hatte. 139 Nach diesem Pro gramm, welches durch einen Anpassungskredit der Weltbank unterstUtzt wurde, sollten die Banken die notleidenden Kredite gesondert ausweisen und entsprechende Rucklagen140 bilden. Die Ausfalle konnten durch vom Staat finanzierte Anleihen mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgedeckt werden. 141 Ausgehend davon wurde der Reka­pitalisierungsbedarf ermittelt, der sicherstellen sollte, daB die Banken eine Eigenkapi­talquote von 12 % erreichten. Die Banken waren angehalten, bis Friihjahr 1994 die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios durch Verhandlungen mit den betroffenen

136 Die Voraussetzungen sahen u.a. fiir inlandische Banken ein Grundkapital von 2 Mio. US-$, fiir auslandische von 6 Mio.US-$ vor, eine der PNB vorzulegende Liste der Griindungsmitglieder und Satzung, die Existenz einer angemessenen Geschaftsstelle und die Leitung durch angemessen ausgebil­detes, nicht vorbestraftes Personal. Nach 1991 wurden diese Bestimmungen aufgrund der Notiage vie­ler Privat- und Genossenschaftsbanken verscharft.

137 Vgl. Pawlowicz, L. (1995): Transformation of the banking system in Poland, S. 139. 138 Vgl. Slay, B. (1996): Polish banks on the road to recovery, in: Post-Soviet Geography and Eco­

nomics, Bd. 37, Nr. 8, S. 511, 515. 139 Vgl. Chopra, A. (1994): Monetary policy and financial sector reform, in: Ebrill, L. P. et al.: Poland. The path to a market economy, S. 36

140 In H6he von 100 % fiir Ausfallkredite und in H6he von 50 % fur zweifelhafte Kredite. 141 Vgl. Slay, B. (1996): Polish banks on the road to recovery, 515.

112

Page 124: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Unternehmen abzuschlieBen. Die mehrheitlich in staatlichem Eigentum befindlichen Banken konnten dabei ihre Kreditportfolios durch Umschuldungen, partielle Schulden­erlasse und Umwandlung notleidender Kredite in Unternehmensanteile142 umstruktu­rieren. 143 Falls diese Banken keine Einigung erzielen konnten und fUr die tibrigen Banken bestand die Moglichkeit, tiber den offentlichen Verkauf der Forderungen eine Umstrukturierung vorzunehmen. Die 1994 einsetzende Stabilisierung des Umfangs notleidender Kredite war im wesentlichen auf die Umstrukturierung der Schulden bei den mehrheitlich in Staatseigentum befindlichen Banken zurUckzufUhren. Wahrend sich deren finanzielle Situation in den Jahren 1993/94 stark verbesserte, fand bei den tibrigen Banken, vor allem bei den Genossenschaftsbanken, eine weitere Verschlech­terung statt.

Da die Eigentumsordnung im sozialistischen Polen mitverantwortlich war fUr das Scheitern der Reformversuche in den 1980er Jahren,144 stellte die Privatisierung staat­lichen Eigentums und speziell der staatlichen Unternehmen ein zentrales Element in der Transformation des Wirtschaftssystems dar. Einerseits war angesichts der fehlen­den Erfahrung mit marktwirtschaftlichen Gegebenheiten zu erwarten, daB sich die Privatisierung in einem ehemals sozialistischen Wirtschaftssystem im Vergleich zu unterentwickelten Landern, in denen trotz staatlichen Dirigismus Markte existieren, schwieriger gestalten wtirde. 145 Andererseits spricht der im Rahmen der Demokrati­sierung vollzogene Wandel in den politischen Eliten und damit auch bei den verant­wortlichen wirtschaftspolitischen Akteuren fUr eine bessere Durchsetzungsfahigkeit von Privatisierungsprogrammen in ehemals sozialistischen Wirtschaftssystemen. Denn die neuen Eliten besitzen in der Regel keine Privilegien, die durch einen Kontroll­verlust tiber die zu privatisierenden Untemehmen verloren gehen, und werden deshalb an einem raschen Ubergang zur Marktwirtschaft starker interessiert sein als die Eliten in Entwicklungslandem. Widerstande sind jedoch von seiten der am starks ten negativ Betroffenen zu erwarten. 1m Fall der Privatisierung polnischer Staatsunternehmen -dies gilt allgemein fUr Staatsunternehmen in sozialistischen Wirtschaftssystemen, die sich durch einen zu hohen Beschaftigungsstand sowie tiberwiegend unzureichendes Management auszeichneten - setzte sich diese Gruppe aus den Beschaftigten und den U h 1 . l~ nterne mens eltungen zusammen.

142 Debt equity swaps 143 Vgl. Pawlowicz, L. (1995): Transformation of the banking system in Poland, S. 143, 149. 144 Vgl. KapiteI2.3, S. 37. 145 Vgl. Winiecki, 1. (1992b): Privatization in Poland, S. 48f. 146 Vgl. Frydman, R.; Rapaczynski, A. (1997): Corporate governance and the political effects of privati­

sation, S. 265f.

113

Page 125: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

In Polen lassen sich grundsatzlich zwei Bereiche der Privatisierung unterscheiden, auf die in den folgenden Abschnitten genauer eingegangen wird: einerseits die ,,kleine

Privatisierung", ftir die in Polen, im Unterschied zu den meisten anderen Landern, kein eigenstandiges Programm erstellt wurde,147 andererseits die durch das Gesetz tiber

staatliche Unternehmen aus dem Jahr 1981 und das Privatisierungsgesetz yom Juli

1990 geregelte Privatisierung. 148 Einen Sonderfall stellte die sogenannte "Nomen­klatur"-Privatisierung dar, im Rahmen derer es bereits vor dem Regierungswechsel im

Herbst 1989 zum Ubergang von staatlichem in privates Eigentum gekommen war.149

Dieses Verfahren urnfaBte eine, wenn auch nicht strikt ungesetzliche, so doch ein­deutig durch den MiBbrauch politischer Macht herbeigefiihrte Eigentumsumwandlung durch die Mitglieder der kommunistischen Elite. Ublicherweise wurden dabei staat­

liche Unternehmen auf Grundlage des Gesetzes tiber staatliche Unternehmen von 1981 und durch manipulierte Offentliche Verkaufe weit unter ihrem Marktwert in private Gesellschaften umgewandelt, in denen Mitglieder der Nomenklatur und deren Ange­horige einen GroBteil der Anteile hielten. Der tiberwiegende Teil dieser Transaktionen fand vor 1990 statt, es existieren jedoch keine verlaBlichen Zahlen tiber den Urnfang der "Nomenklatur"-Privatisierung.

1m BeschluB des Sejm tiber die Hauptrichtungen der Privatisierung im Jahre 1990 wurde zur ,,kleinen Privatisierung" folgendes festgelegt: "Unter der .kleinen Privati­sierung' wird der ProzeB der Griindung von neuen und der Entwicklung von beste­henden privaten Unternehmen infolge des Verkaufs, der Vermietung oder Verpachtung des Vermogens von staatlichen, kommunalen oder genossenschaftlichen Rechts­subjekten an private Unternehmen ohne direkte Beteiligung der Organe der Regie­rungsverwaltung verstanden.,,150 Die tiberwiegende Mehrheit der kleinen Unternehmen

in staatlichem Eigentum befand sich in den Sektoren Einzelhandel, Gastronornie sowie sonstige Dienstleistungen. 151 Diese stellten einen Bereich dar, in dem bereits in den 1980er Jahren vermehrt privates Eigentum ermoglicht worden war; so befanden sich beispielsweise Mitte 1990 bereits 8,5 % der Geschafte des gesamten polnischen

Einzelhandelsnetzes in privatem Eigentum. 152 Mit einem 1990 eingefiihrten Zusatz zum polnischen Mietrecht, der den Immobilieneigenttimern die Moglichkeit einraumte, frei tiber ihr Eigentum zu verftigen, wurde ein groBer Fortschritt in der "kleinen Priva-

147 Vgl. Earle, J. S. et al. (Hrsg.) (1994): Small privatization, S. 176. 148 Vgl. Mohlek, P. (1997): Die Privatisierung von Staatsunternehmen in Polen, S. 52. 149 Vgl. Frydman, R et al. (1993): The privatization process in Central Europe, S. 183. 150 Monitor Polski, Nr. 43, Pos. 333, zit. nach: Mohlek, P. (1997): Die Privatisierung von Staatsunter­

nehmen in Polen, S. 53. 151 Vgl. Earle, J. S. et al. (Hrsg.) (1994): Small privatization, S. 1 82f. 152 Vgl. Plowiec, U. (1992): Poland: The adjustment programme, S. 305.

114

Page 126: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tisierung" erzielt. 153 Obwohl die Gesetzesanderung sich nicht explizit auf die Privati­sierung bezog,154 ermoglichte sie die Auflosung zeitlich unbefristeter Mietverhaltnisse innerhalb von drei Monaten, was zu einem massiven Anstieg der Mieten und der Immobilienpreise fUhrte. Dadurch wurden ineffiziente Staatsuntemehmen und Koope­rativen durch Verkauf oder Neuvermietung der gewerblichen Immobilien in groBer Zahl aus dem Markt gedrangt. Die Zahl der vom Staat unterhaltenen Einzelhandels­geschafte ging von 178 000 im Jahr 1989 auf 33000 im Jahr 1992 zurUck. 155 Der sprunghafte Anstieg der privaten Einzelhandelsgeschafte von 72 000 auf 717 000 im selben Zeitraum - darunter fielen auch NeugrUndungen - uberzeichnet jedoch das Gewicht des Privateigentums, da die privaten NeugrUndungen zumeist kleine Ge­schafte urnfaBte. 156 Dennoch zeigte sich, daB die Privatisierung kleinerer Untemehmen rasch und ohne groBere Widerstande vorangetrieben werden konnte.

In ihrem Wirtschaftsprogramm von Oktober 1989 hatte die Regierung Mazowiecki ihr Bestreben erklart,innerhalb von zwei bis drei Jahren ein marktwirtschaftliches System auf Grundlage privaten Eigentums einzufUhren. 157 Die Weltbank hatte auf einer schnellen gesetzlichen Regelung zur Privatisierung als Voraussetzung fUr die Gewah­rung eines Strukturanpassungskredits bestanden. 158 1m Gegensatz zur Privatisierung in Ostdeutschland, wo mit der Treuhandanstalt eine unabhangige, untemehmensahnliche Institution fUr die DurchfUhrung verantwortlich war, wurde in Polen mit dem Privati­sierungsministerium ein Regierungsorgan geschaffen, welches der parlamentarischen Kontrolle unterlag. 159 Mit ausschlaggebend fUr diese Entscheidung waren die Erfah­rungen mit der "Nomenklatur"-Privatisierung. 160 Denn es bestand die BefUrchtung, daB eine formal unabhangige Organisation dennoch unter starken Druck der aus dem alten System fortbestehenden Verwaltung geraten konnte.

15) Vgl. Earle, 1. S. et al. (Hrsg.) (1994): Small privatization, S. 201ff. 154 Es handelte sich urn einen Verweis auf die entsprechenden Regelungen im Biirgerlichen Gesetzbuch, die eine Kiindigungsfrist jeglicher unbefristeter Mietverhaltnisse binnen drei Monaten vorsahen.

155 Vgl. Earle, 1. S. et al. (Hrsg.) (1994): Small privatization, S. 182f. 156 Darunter wurden auch Kioske, Stande und andere kleine Verkaufsstellen gezahlt. Vgl. ebenda, S. 182f.

157 Vgl. o. V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 16. 158 Vgl. Poznanski, K. Z. (1996): Poland's protracted transition. Institutional change and economic

growth 1970-1994, S. 216; 311, Fn. 7. 159 V gl. Laier, R. (1996): Privatisierung in der Transformationsstrategie: Lehren aus der Privatisie­rungspolitik in Polen und Ostdeutschland fiir andere Reformiander, S. Illf.

160 Vgl. Frydman, Ret al. (1993): The privatization process in Central Europe, S. 183.

115

Page 127: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

1m Marz 1990 wurde ein Gesetzesvorschlag zur Privatisierung von Staatsunternehmen yom Ministerrat bestatigt und an den Sejm weitergeleitet, wo in den folgenden drei

Monaten in Higlichen Sitzungen eines Sonderkomitees die Gesetzesvorlage diskutiert wurde. 161 Die Hauptgegner des Regierungsvorschlags - jedoch nicht der Privatisierung

an sich - waren Parlamentarier, die die Selbstverwaltung befUrworteten. Sie brachten gleichzeitig einen eigenen Vorschlag zur Privatisierung ein, wobei die wesentlichen

Unterschiede zwischen beiden Programmen sich auf den Urnfang der gesetzlichen Bestimmungen, den institutioneHen Rahmen - hier vor aHem den Grad der politischen

Kontrolle -, den geplanten Ablauf sowie das Gewicht der vorgesehenen Anteile fUr Beschaftigte bezogen. 162 Der Sejm beschloB, den Regierungsvorschlag als Diskussi­onsgrundlage heranzuziehen, in der endgtiltigen Version fanden sich jedoch Elemente aus beiden Vorschlagen. Die Verabschiedung des Gesetzes tiber die Privatisierung von Staatsunternehmen bedeutete zwar insgesamt einen klaren Erfolg der politischen Krafte, die einen raschen Ubergang zur Marktwirtschaft befUrworteten, es enthielt jedoch Bestimmungen, die rasche Fortschritte im PrivatisierungsprozeB erschwerten,163

da sie in der Regel die Einleitung der Privatisierung fUr jedes einzelne Unternehmen von der Zustimmung der Arbeitnehmerrate abhangig machten. Das Gesetz von Juli 1990 sah fUr die Privatisierung von Staatsunternehmen verschiedene Moglichkeiten vor. Diese urnfaBten die Privatisierung durch Auflosung, die Kapitalprivatisierung sowie die Massenprivatisierung. Der so gefaBte Privatisierungsbegriff beschrankte sich nicht auf den Ubergang von Eigentumsrechten, sondern orientierte sich an der privat­wirtschaftlichen Nutzung der Produktionskapazitaten. 164 Er ging damit tiber den reinen Verkauf staatlichen Eigentums hinaus und unterschied sich, wie auch die allgemeine Festlegung der Privatisierung, von dem in westlichen Landern tiblichen Privatisie­

rungsbegriff. 165

In der Kapitalprivatisierung ging die Initiative tiblicherweise yom Staatsunternehmen,

d.h. der Betriebsleitung und dem Arbeitnehmerrat aus, in Ausnahmefallen konnte sie auch einseitig durch den Premierrninister erfolgen. 166 Die Kapitalprivatisierung lief in

161 Vgl. Gomulka, S.; Jasmski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods, and results, S. 223.

162 Vgl. Gomulka, S.; Jasmski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods, and results, S. 244, Fn. 7.

163 Vgl. Winiecki, J. (l992b): Privatization in Poland, S. 56f. 164 Vgl. Mohlek, P. (1997): Die Privatisierung von Staatsuntemehmen in Polen, S. 89. 165 Vgl. Winiecki, J. (1992b): Privatization in Poland, S. 45f. 166 Bis 1993 traten einseitige Verfugungen durch den Premierminister nur in den F1il1en auf, in denen es urn die Aufnahme von Untemehmen in das Programm der Massenprivatisierung ging. Vgl. Gomulka, S.; Jasiilski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods, and results, S. 227; 244, Fn. 16.

116

Page 128: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

zwei Schritten abo Der erste Schritt umfaBte die Umwandlung der Untemehmen in Kapitalgesellschaften und der zweite Schritt den Verkauf der Anteile an private Inve­storen. 167 Urn Vorbehalten von seiten des Arbeitnehmerrats entgegenzuwirken, wurde ein Vorkaufsrecht ftir die Beschaftigten in Aussicht gestellt und fiir in Gesellschaften umgewandelte Untemehmen, die sich noch mehrheitlich in staatlichem Eigentum befanden, eine Verringerung der Strafsteuer urn 20 % vereinbart. 168 1m Gesetz war jedoch nicht festgelegt, welches Organ fiir die Verwaltung des Gesellschaftsverm6gens verantwortlich sein und in welcher Form der Verkauf der Anteile an private Investoren erfolgen sollte. Die Zahl der Untemehmen, bei denen die Kapitalprivatisierung einge­leitet wurde, wuchs bis Ende 1992 auf 301 Untemehmenl69 , jedoch war lediglich - wie in Tabelle 4.2 dargestellt - bei 51 Untemehmen die Privatisierung abgeschlossen. Bis Ende 1994 erh6hte sich die Zahl der zu privatisierenden Untemehmen geringfiigig auf 367, allerdings lag mit 132 privatisierten Untemehmen deren Anteil hOher.

Ftir die Aufl6sungsprivatisierung waren zwei M6glichkeiten vorgesehen. Einerseits konnte die Privatisierung nach Artikel 19 des Gesetzes tiber die Staatsuntemehmen von 1981 170 tiber ein Konkursverfahren eingeleitet werden. Die zunehmenden Schwierig­keiten der Staatsuntemehmen lassen sich in Tabelle 4.2 am rapiden Anstieg der FaIle, in denen eine Aufl6sungsprivatisierung nach Artikel 19 eingeleitet wurde, ablesen. Die geringe Zahl der Untemehmen, bei denen die Privatisierung abgeschlossen werden konnte, verdeutlicht die Schwierigkeiten beim Verkauf der in vielen Fallen veralteten Anlagen. 171 Andererseits bestand nach Artikel 37 des Privatisierungsgesetzes von Juli 1990 die M6glichkeit, daB das Grtindungsorgan172 eines Staatsuntemehmens nach Zustimmung des Privatisierungsministers Verm6genswerte des Untemehmens ent­weder verkauft, in eine Gesellschaft tiberftihrt oder verpachtet. 173 1m Unterschied zur Aufl6sungsprivatisierung muBte dabei keine wirtschaftliche Notlage des Untemehmens

167 Vgl. Kirchner, C. (1992): Privatization plans of Central and East European states, in: Journal of Illstitutional and Theoretical Economics, S. I If.

16< V gl. Frydman, R et al. (1993): The privatization process in Central Europe, S. 204f. 169 Vgl. International Monetary Fund (1996): Poland - Statistical tables, S. 5. Fur die nachfolgenden 1ahre lagen keine getrennten Zahlen uber die Unternehmen vor, bei denen die Kapitalprivatisierung eingeleitet wurde.

170 In den 1ahren 1989 und 1990 hatte es Anderungen der Ausfuhrungsrechtsverordnung zum Gesetz der Staatsunternehmen gegeben, wobei insbesondere die Entscheidung uber die Auflosung eines Staats­unternehmens an den Ministerrat uberging. Vgl. Mohlek, P. (1997): Die Privatisierung von Staats­unternehmen in Polen, S. 172.

171 Vgl. Gomulka, S.; Jasmski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods, and results, S. 231.

172 Das Grundungsorgan war in der Regel das zusHindige Ministerium. 173 Vgl. Gomulka, S.; Jasmski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods, and results, S. 229.

117

Page 129: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

bestehen. Diese Form der Privatisierung wurde von den Beschaftigten praferiert, da sie auch hier bevorzugten Zugang zu den Vermogenswerten hatten. Wie TabeUe 4.2 zeigt, lag die Quote der abgeschlossenen Privatisierungen deutlich hOher.

Tabelle 4.2: Zahl der privatisierten Staatsunternehmen in Polen zum Jabresende(1)

Jahr Gesamt Kapitalpriva- Massenpri- Auflosungsprivatisierung tisierung(2) vatisierung Art. 19 Art. 37

1990 6 (117) 6 (58) 0 0 (18) 0 (31)

1991 228 (1297) 27 (308) 0 19 (540) 182 (449)

1992 612 (2056) 51 (480) 0 86 (857) 475 (719)

1993 989 (2635) 96 (636) 0 186 (1082) 707 (917)

1994 1440 (3132) 132 (845) 0 303 (1245) 945 (1042)

1995 2020 (3582) 159 (1075) 321 396 (1358) 1054 (1149)

1996 2618 (3953) 183 (1229) 512 564 (1405) 1244 (1319)

1997 2967 (4178) 227 (1269) 512 675 (1420) 1423 (1489)

(I) Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die Zahl der zur Privatisierung vorge­sehenen Unternehmen; (2) Hier beinhalten die Zahlen in Klammern auch soIehe Unter­nehmen, die zur Massenprivatisierung vorgesehen waren sowie Unternehmen, die im Rahmen des Gesetzes zur finanzieUen Umstrukturierung Schulden in Unternehmens­anteile umgewandelt hatten

QueUe: OECD (Hrsg.) (1998): OECD economic surveys 1997-1998. Poland, S.49; eigene Berechnungen.

Weitaus groBere Widerstande waren dagegen bei der Privatisierung der staatlichen GroBunternehmen, der sogenannten Massenprivatisierung, zu erwarten, hier vor aHem bei den Industrieunternehmen, die im Zuge der Liberalisierung zunehmend unter

Druck gerieten. In einer Untersuchung der relativen internationalen Wettbewerbs­vorteile polnischer Industrieunternehmen fUr die Jahre 1987/88 wurde ermittelt, daB 24 % der gewerblichen Produktion einen negativen Mehrwert erbrachte, d.h. die

Kosten lagen tiber den Absatzpreisen, 65 % einen relativen Wettbewerbsnachteil und nur 11 % einen relativen Wettbewerbsvorteil aufwiesen.174 In der Frage der Massen­

privatisierung waren die Positionen gespalten. Der 1989 von Krzysztof Lis l75 ausge-

174 Die Berechnung erfolgte anhand einer Umbewertung zu Weltmarktpreisen. Vgl. Estrin, S.; Richet, X. (1993): Industrial restructuring and microeconomic adjustment in Poland, S. 191.

175 Als Generalbevollmachtigter der Regierung, der mit den Fragen der Eigentumsumwandlung betraut war, wurde Krzysztof Lis im Oktober 1989 vom Finanzministerium beauftragt, die gesetzlichen

118

Page 130: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

arbeitete Vorschlag zur Massenprivatisierung orientierte sich an den Privatisierungs­programmen westlichen Typs, mit der VerauBerung der Staatsunternehmen im Rahmen von Versteigerungen und dem offentlichen Verkauf der Anteile.176 Zur Untersttitzung

des Privatisierungsprozesses sah der Vorschlag die Grtindung einer WertpapierbOrse

und die Entwicklung des Kapitalmarktes vor, er wurde aber im Dezember 1989 auf­grund befiirchteter Widerstande von seiten der Gewerkschaften und Betriebsrate von

der Regierung abgelehnt. Ein Kritikpunkt an dem Konzept war die mangelnde Aussicht auf eine schnelle Privatisierung der groBen Masse der betroffenen Unternehmen. Der alternative Vorschlag zur Massenprivatisierung sah die kostenlose Verteilung von

Anteilen an die polnischen Btirger vor. 177 Er war bereits 1988 formuliert l78 und von der Regierung Mazowiecki aufgrund der Befiirchtung, daB seine Umsetzung angesichts der Macht der Gewerkschaften zu einer Umverteilung der Anteile zu den Arbeiter­selbstverwaltungen fiihren wtirde, abgelehnt worden. Die weitere Ausarbeitung des alternativen Vorschlags wurde Mitte 1991 unter der Regierung Bielecki vorangetrie­

ben. Auch diese Regierung stand dem Modell der Selbstverwaltung ablehnend gegen­tiber, das als ebenso ineffizient wie die zentrale Planung angesehen wurde. Sie rech­nete jedoch damit, daB die kostenlos verteilten Anteile von den Beschaftigten binnen kurzer Frist weiterverauBert wtirden.

Das "Gesetz tiber die nationalen Investitionsfonds und tiber ihre Privatisierung" wurde, nachdem die Regierung Bielecki im Herbst 1991 mit einem ersten Entwurf im ParI a­ment gescheitert war, im April 1993 von der Regierung Suchocka durchgesetzt und stellte die Grundlage fiir die Massenprivatisierung der groBen Staatsunternehmen dar. 179 Nach diesem Gesetz lag die Verantwortung zur Bestimmung der Unternehmen, die in Gesellschaften umgewandelt werden sollten, beim Ministerrat. Dem Direktor und dem Betriebsrat eines betroffenen Untemehmens wurde die Moglichkeit einge­

raumt, innerhalb einer Frist von 45 Tagen einen "begrtindeten Einwand" vorzubringen.

Grundlagen zur Privatisierung auszuarbeiten. Vgl. Gomulka, S.; Jasinski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods, and results, S. 222.

176 Vgl. Gomulka, S.; Jasmski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods, and results, S. 224.

177 V gl. Poznanski, K. Z. (1996): Poland's protracted transition. Institutional change and economic growth 1970-1994, S. 217f.

178 Das Konzept wurde von Privatisierungsminister Lewandowski miterarbeitet und veriiffentlicht in: Lewandowski, J.; Szomburg, J. (1989): Property reform as a basis for social and economic reform, in: Communist Economies, Bd. 1, S. 257-268.

179 V gl. Fiszer, J. (1994): Polen: Gesetz tiber die nationalen Investitionsfonds und tiber ihre Privatisie­rung, in: WirtschaJt und Recht in Osteuropa, S. I 74f.

119

Page 131: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Das eigens fUr die Umsetzung und Kontrolle des Privatisierungsprozesses geschaffene Privatisierungsministerium war sich der mangelnden Mittel und der fehlenden Erfah­rung mit Finanzinvestitionen in der polnischen BevOlkerung bewuBt und begann die Privatisierung groBer Staatsuntemehmen in kleinem Rahmen. 18o In einer Art Pilot­projekt wurden fUnf groBe, hoch profitable Staatsuntemehmen privatisiert und der Verkauf der Untemehmensanteile stark publik gemacht. Dennoch dauerte es annahemd zwei Monate, bis rund 70 % der Anteilel81 an die breite Offentlichkeit verkauft werden konnten.

Bis Juni 1996 waren von 8835 Untemehmen, die sich Mitte 1990 in Staatseigentum befunden hatten, 2624 liquidiert oder durch Verkauf von Anteilen privatisiert, 248 verkauft und 1049 in Aktiengesellschaften umgewandelt worden. 182 Von den 1049 Untemehmen wurden 512 in das Programm der "Nationalen Investitionsfonds" (NIF) aufgenommen. Die NIF waren in Ubereinstimmung mit dem "Gesetz tiber die Natio­nalen Investitionsfonds und ihre Privatisierung" yom 30. April 1993 mit dem Ziel eingerichtet worden, den zogerlichen PrivatisierungsprozeB zu beschleunigen.183 Der mangelnde Fortschritt bei der Privatisierung der Staatsbetriebe durch das Programm der NIF war auch durch die Verkntipfung des Programms mit dem Aufbau eines privaten Pensionsfonds bedingt, tiber den jahrelang keine Einigung erzielt werden konnte. 184 Das Privatisierungsministerium ktindigte 1996 sogar an, daB es so lange keine weiteren Privatisierungen geben werde, bis die Frage des Pensionsfonds geklart sei.

Mitverantwortlich fUr die Verzogerungen in der Massenprivatisierung war die in den GroBuntemehmen bestehende Machtstruktur sowie die veranderte Haltung der Ge­werkschaften als einem Element in dieser StruktUr. 185 Gegrtindet auf das "Gesetz tiber die Selbstverwaltung der Belegschaft des Staatsuntemehmens" und das "Gesetz tiber die staatlichen Untemehmen" von 1981 verteilte sich die Entscheidungskompetenz auf die UntemehmensfUhrung, den Arbeitnehmerrat und die Gewerkschaften, wobei letzte­ren keine formale Entscheidungsbefugnis im Gesetz eingeraumt worden war und ihre Bedeutung erst in der Zeit nach 1989 wesentlich wurde. Die in den Gesetzen einge­raumte Entscheidungsautonomie der Staatsuntemehmen ging einher mit dem Recht der

180 Vgl. Rosati, D. K. (1992): The stabilisation program and institutional reform in Poland, S. 265. 181 Der Gesamtwert der Anteile belief sich auf annahemd 35 Mio. US-$. 182 Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (1996): Transition report 1996, S. 165. 183 Vgl. Lawniczak, R. (\996): A Polish experiment in corporate governance of the National Investment Funds (NIF's), S. 2f.

184 Vgl. Kapoor, M. (1997): Slow death, in: Business Central Europe, Nr. 40, April, S. 11. 185 Vgl. Dqbrowski, J. M. (1995): State-owned enterprises under pressure, S. 65-68.

120

Page 132: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Arbeitnehmerrate, unter anderem den Direktor des Untemehmens zu berufen bzw. abzuberufen, die lahresbilanz und die Gewinnverwendung zu bestatigen sowie die allgemeine Entwicklungsrichtung der Untemehmen zu bestimmen. Da der Grad der gewerkschaftlichen Organisation mit zunehmender UntemehmensgroBe hoher lag, war der EinfluB der Gewerkschaften in den staatlichen GroBuntemehmen am starksten. 186

Bis Mitte 1991 wirkte sich das Zusammenspiel der Solidarnosc, die den eingeschla­genen Transformationskurs im wesentlichen untersttitzte, und den Uberwiegend ihr nahestehenden Arbeiterraten positiv auf die Ab16sung der aus der Zeit vor dem Um­bruch stammenden Untemehmensdirektoren aus. In den lahren 1990/91 wurden so rund die Halfte der Direktoren abberufen und durch Nachfolger, die zumeist jUnger und besser ausgebildet waren, ersetzt.

Ab Mitte 1991 war eine Veranderung in der Haltung der Gewerkschaften zu verzeich­nen. Diese war zum einen auf die aktivere Rolle der ehemaligen kommunistischen Einheitsgewerkschaft OPZZ und anderer, zumeist lokaler Gewerkschaften zuruck­zuftihren, die durch massive Forderungen und Opposition zum Transformationskurs der Regierung Zulauf gewannen. Zum anderen anderte auch die Solidamosc ihre Haltung, indem sie ihre Reformorientierung zunehmend zugunsten der Forderung nach einer weniger einschneidenden Politik aufgab. Diese umfaBte neben dem Ruf nach einem Schutz der Sozialleistungen, nach einer weniger restriktiven Geld- und Steuer­politik sowie nach Abschaffung der Strafsteuer auf Lohnerhohungen auch die Forde­rung einer Verlangsamung des Privatisierungsprozesses. Zum Richtungswechsel in der Solidamosc trug die starke Abwanderung von Mitarbeitem und Beratem in politische Parteien und Amter bei.

Die wachsende Bedeutung der Gewerkschaften in der Frage der Privatisierung wird auch an dem von der Regierung Suchocka untemommenen Versuch deutlich, den PrivatisierungsprozeB voranzubringen. Nachdem im Parlament kein tragbarer Konsens in der Frage der Privatisierung zustandekam, schlug sie einen "Untemehmenspakt" vor, der zusammen mit den Gewerkschaften ausgearbeitet werden sollte. 187 Die not­wendige gesellschaftliche Untersttitzung sollte durch Zugestlindnisse an die Beschlif­tigten, u.a. die kostenlose Zuteilung von 20 % der Anteile und die Garantie einer dauerhaften Beteiligung im Aufsichtsrat gewonnen werden. Nachdem die Gewerk­schaftsftihrungen dem Pakt zugestimmt hatten, wurde er im Verlauf des lahres 1993 im polnischen Parlament debattiert. Danach verpflichteten sich die Betriebskomitees der

186 Der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder an den Beschaftigten reichte von 40 % in kleinen Unterneh­men bis tiber 70 % in GroBunternehmen.

187 Vgl. Szomburg, J. (1995): The political constraints on Polish privatization, S. 78f.

121

Page 133: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Oewerkschaften, binnen eines halben Jahres einen Privatisierungsplan zu erstellen, andemfalls fiele die Entscheidungsgewalt in bezug auf die Privatisierung zuruck an den Staat. 1m Mai 1993 und damit noch vor einer erfolgreichen Verabschiedung des Paktes verlor die Regierung Suchocka ein MiBtrauensvotum im Parlament und muBte zurucktreten.

4.3 Der Einflu6 der EG auf den wirtschaftlichen Reformproze6 in Spanien

Wahrend in Spanien der Stabilisierungsplan von 1959 unter Mitarbeit intemationaler Organisationen zustandekam und Spanien im Zuge des sen Mitglied der OEeD, des IWF und der Weltbank wurde, scheiterten die unter Franco untemommenen Versuche in Richtung einer EO-Mitgliedschaft am bestehenden autoritaren Regime. 1970 konnte lediglich ein Praferenzabkommen mit den EO unterzeichnet werden. Noch am 6. Oktober 1975 auBerte der EO-Ministerrat in einem Kommunique zu den Menschen­rechten188 die Ansicht, daB "in der jetzigen Situation die Verhandlungen zwischen den EO und Spanien nicht wieder aufgenommen werden konnen".189 In der Zeit bis zur SteHung des Beitrittsantrags im Juli 1977 machte Spanien deutlich, daB aufgrund des begonnenen Demokratisierungsprozesses eine Wiederaufnahme der Verhandlungen nicht in einer Uberarbeitung des 1970 geschlossenen Praferenzabkommens, sondem ausschlieBlich im Rahmen eines angestrebten Beitritts Spaniens zu den EO stattfinden konne.

4.3.1 Spaniens Beitrittsbestrebungen und der Beitritt zu den EG

1m September 1977 wurde der spanische Beitrittsantrag yom Ministerrat befUrwortet und die Entscheidung an die Komrnission weitergereicht. 190 1m Unterschied zu voran­gegangenen Beitrittsablaufen folgte nicht die direkte Aufnahme der Verhandlungen, sondem die Komrnission erarbeitete ein Papier mit dem Titel "Umfassende Uberle­gungen zu den Problemen der Erweiterung", das am 20. April 1978 dem Rat vorge­steHt wurde. Es befaBte sich mit moglichen Konsequenzen der Siiderweiterung der Oemeinschaft urn die Beitrittskandidaten Oriechenland, Spanien und Portugal. In einer erganzenden Mitteilung schlug die Europaische Komrnission fUr den geplanten Beitritt

188 Die Stellungnahme war eine Reaktion auf die Hinrichtung von fiinf zum Tode verurteilten Oppositio­nellen in Spanien.

189 Vgl. Solbes Mira, P. (1990): La economia espanola ante la CEE: el proceso de negociaci6n, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Economia espanola de la transici6n y la democracia, S. 483.

190 Vgl. Solbes Mira, P. (1990): La economia espanola ante la CEE, S. 484f.

122

Page 134: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Spaniens Ubergangszeiten zwischen fiinf und zehn Jahren VOr. 191 Die Ubergangszeiten sollten flexibel gestaltet sein, "urn den in den einzelnen Sektoren unterschiedlichen Anpassungsproblemen gerecht werden zu konnen". Am 29. November 1978 wurde dem Rat ein Bericht der Komrnission vorgelegt, der aufgrund der Probleme in den Bereichen industrielle Umstrukturierung, Modernisierung der Landwirtschaft und soziale und regionale Veranderungen, die Spanien noch zu bewaltigen habe, eine Ubergangszeit von zehn Jahren fiir den Beitritt befiirwortete. Am 6. Februar 1979 begannen schlieBlich die Beitrittsverhandlungen der EO mit Portugal und Spanien.

Da der Beitritt Spaniens zu den EO die Ubernahme und Anwendung des ,,Acquis Communautaire"l92 zur Folge haben muBte, waren die Beitrittsverhandlungen nicht darauf gerichtet, eine Ubereinkunft hinsichtlich der Anwendung einzelner Regelungen zu erzielen, sondern vielmehr darauf, fiir welche Regelungen eine Ubergangszeit ver­einbart werden sollte. 193 Schwierigkeiten in der Anfangsphase der Verhandlungen waren durch die mangelnden Fortschritte in der EO-internen Reform des Agrarpreis­und des Beitragssystems bedingt. 194 1982 brachte einen Wechsel im bis dahin schlep­penden Verlauf der Beitrittsverhandlungen.195 Mit Hilfe eines zwischen dem spani­schen Ministerprasidenten Calvo Sotelo und der belgischen EO-Prasidentschaft ausge­handelten Arbeitsprogramms konnten binnen eines halben Jahres sechs Kapitel ab­geschlossen werden. 196 Ein Fortschritt im Bereich des Kapitels tiber Steuern war u.a. durch die Bereitschaft der spanischen Seite ermoglicht worden, die Einfiihrung der Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt des Beitritts zu akzeptieren, was sich in den vorange­gangenen Verhandlungen als am starksten umstrittenes Thema erwiesen hatte. 197 Zur

191 Vgl. Europaische Gemeinschaften. Kornmission (1978b): Die Dbergangszeit und die institutionellen Foigen der Erweiterung (Mitteilung der Kommission an den Rat in Erganzung zu der am 20. April 1978 vorgelegten Mitteilung), in: Bulletin der Europdischen Gemeinschaften, Beilage 2178, S. 7.

192 Der "Acquis Communautaire" bezeichnet die Gesamtheit der in der Gemeinschaft bestehenden und fUr Mitgliedslander verbindlichen gesetzlichen Regelungen und Vorschriften.

19] Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1980): La adhesion de Espana a las Comunidades Europeas: Estado actual de las negociaciones, S. 1029.

194 Die britische Regierung hatte sich geweigert, dem neuen Agrarpreissystem zuzustimmen, solange nicht das Problem des finanziellen Beitrags GroBbritanniens zum Gemeinschaftshaushalt gelost war. 1m Juni 1980 erkiarte der franzosische Prasident Giscard d'Estaing, daB Fortschritte in den Beitritts­verhandlungen erst nach Klarung der EG-internen Probleme moglich seien. Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1982): Las negociaciones para la adhesion de Espana a las Comunidades Europeas, S. 87-90.

195 Vgl. Solbes Mira, P. (1990): La economia espanola ante la CEE: el proceso de negociacion, S. 486. 196 Diese umfaBten die Bereiche Kapitalverkehr, Transport, Regionalpolitik, Niederlassungsfreiheit und Freiziigigkeit der Arbeitnehmer, Harmonisierung der Gesetzgebung sowie Fragen der Wirtschaft und der Finanzierung.

197 1m Juli 1981 hatte der franzosische Minister fUr Europaische Angelegenheiten erkiart, die Verhand­lungen zum Kapitel Zollunion so lange zu unterbrechen, bis sich Spanien zur Einfiihrung der Mehr-

123

Page 135: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Frage des Zollabbaus, die in das Kapitel tiber die Zollunion und den freien Waren­verkehr fUr Industriegtiter fiel, machte die spanische Regierung den Vorschlag, fUr den Abbau der spanischen Industriezolle eine Ubergangsfrist von 10 Iahren statt der bis dahin geforderten Frist von 5 bis 10 Iahren einzuraumen. Dies geschah mit dem Hin­weis auf die wirtschaftliche Situation Spaniens und die in der Frage der Mehrwert­steuer gemachten Zugestandnisse.

Trotz der erzielten Vereinbarungen wurde die Einhaltung des bis dahin offiziell ange­strebten Beitrittstermins Anfang 1984 im Verlauf des Iahres 1982 immer unwahr­scheinlicher. 198 Durch den Regierungswechsel in Spanien kam dann erneut Bewegung in den VerhandlungsprozeB. 199 In seiner Antrittsrede im November 1982 erkllirte der spanische Premierminister Gonzalez, die volle Mitgliedschaft in die EG bis spates tens zum Ablauf der Legislaturperiode anzustreben. Auf einem Treffen mit Bundeskanzler Kohl wurde die Untersttitzung der spanischen Kandidatur von bundesdeutscher Seite vereinbart. Dies geschah im Gegenzug zur Zusage Spaniens, im FaIle eines Scheiterns der Genfer Abrtistungsverhandlungen Raketen auf spanischem Boden zu stationieren. Auf der Zusammenkunft des Europaischen Rates Mitte 1983 machte die deutsche Seite ihre Zustimmung zur ErhOhung der EG-Beitrage von der Aufnahme Spaniens und Portugais abhangig. Mit der Annahme der deutschen Position durch den Europaischen Rat wurde die EG-Erweiterung somit zu einer notwendigen Bedingung fUr die Reform des Systems der EG-Finanzierung. Der AbschluB der Verhandlungen im Iahr 1983 scheiterte jedoch am Widerstand Frankreichs in der Frage des innergemeinschaftlichen Handels mit Agrarprodukten aus der Mittelmeerregion. Die geforderten Regelungen zum Schutz der franzosischen Landwirtschaft vor dem Wettbewerb mit spanischen Produkten wurden erst im November 1983 vereinbart. Nachdem bis Mlirz 1984 mit den Abschnitten tiber Steuern und die EURATOM zwei weitere der insgesamt 16 Kapitel zum AbschluB gekommen und die Verhandlungen in den Kapiteln tiber Zoll­union und freien Warenverkehr fUr Industriegtiter, tiber EGKS, AuBenpolitik sowie Sozialpolitik und Freiztigigkeit der Arbeitnehmer sehr weit fortgeschritten waren, hatte sich in Spanien zunehmend Kritik am Verhandlungsablauf geregt.200 Es wurde beman­gelt, daB die spanische Verhandlungsposition in den verbleibenden und fUr Spanien besonders wichtigen Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, sowie in den Abschnitten

wertsteuer zum Zeitpunkt des Beitritts entschlieBt. Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1983): Espana - CEE: Las negociaciones de adhesion a 10 largo de 1982, S. 98.

198 Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1983): Espana - CEE: Las negociaciones de adhesion a 10 largo de 1982, S. 101.

199 Vgl. Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish economy 1940-93, S. 269ff. 2()() Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1984): Las negociaciones de adhesion de Espana a las Comunidades

Europeas: Enero 1983 - marzo 1984, S. 484-488.

124

Page 136: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tiber institutionelle Fragen und das Beitragssystem, in denen bis dahin keine nennens­werten Ergebnisse erzielt werden konnten, durch die Ubereinkunft in den sHirker im Interesse der EG liegenden Kapiteln geschwacht worden sei.201

Wahrend sich Spanien von Beginn der Verhandlungen an fUr ein "globales Gleichge­wicht" der gesamten Vereinbarung einsetzte - d.h. bei der Festlegung der Obergangs­fristen sollten Vor- oder Nachteile einer Seite in einem Bereich durch Kompensationen in anderen Bereichen beriicksichtigt werden -, sprach sich der Wirtschafts- und Sozial­ausschul3 der EG Ende 1983 vor allem in wirtschaftlichen Fragen fUr eine unabhangig von gemachten Zugestandnissen festgelegte Differenzierung der Ubergangsfristen aus. Diese sollten nach dem Vorschlag des Ausschusses im industriellen Sektor kurz und im landwirtschaftlichen Sektor lang sein. Von den noch zur Verhandlung anstehenden Kapiteln konnten in verschiedenen Treffen auf Ministerebene in den Jahren 1983 und 1984 bis auf fUnf aIle abgeschlossen werden.202 Zuletzt war dabei im Dezember 1984 eine Einigung in den drei Kapiteln zu Institutionen, Zollunion und EGKS erzielt worden. In der Obereinkunft zur Zollunion wurde, unabhangig von den im Vorfeld erzielten Teilergebnissen, eine Obergangsfrist von 7 Jahren sowohl fUr den Zollabbau gegentiber der Gemeinschaft als auch die Anpassung an die gemeinsamen Aul3enzoIl­tarife vereinbart. 203 Die Frist lag sornit unterhalb der spanischen Forderung von zehn Jahren, wich jedoch starker von der urspriinglich von den EG vorgeschlagenen Frist von drei Jahren ab.204 Dartiber hinaus hatten die EG ihrerseits auf den vorgelagerten Abbau der hochsten Zolle verzichtet. In der Obereinkunft zum Kapitel EGKS wurde die DurchfUhrung der bereits im Sommer 1984 der Komrnission unterbreiteten Um­strukturierungsplane in einem Zeitraum von maximal 3 Jahren vereinbart.205 Nach Abschlul3 der Umstrukturierung sollte danach die Produktionskapazitat fUr warrn­gewalzten Stahl 18 Mio. Tonnen nicht tibersteigen. Aufgrund der wahrend der Um­strukturierung weiterlaufenden inlandischen Hilfen sollte auBerdem eine Obergrenze fUr den spanischen Export von Stahlerzeugnissen eingefUhrt werden, die jedoch das

201 Auch der fiir die Verhandlungen mit der EG verantwortliche StaatssekreUir sprach sich Ende 1983 dagegen aus, "weiterhin den AbschluB oder die Beschleunigung des Abschlusses technischer oder teil­weiser Kapitel voranzutreiben, da wir sonst Gefahr laufen, am Ende lediglich das Kapitel Landwirt­schaft offen zu haben, und unsere Verhandlungsmacht dann praktisch verschwunden ist". In El Pais Yom 11.12.1983, zit. nach: Gonzalez Sanchez, E. (1984): Las negociaciones de adhesionde Espana a las Comunidades Europeas: Enero 1983 - marzo 1984, S. 484.

202 Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1985): Las negociaciones de adhesion de Espana a las Comunidades Europeas desde abril 1984 hasta su conclusion, S. 455.

203 Vgl. ebenda, S. 457f. 204 Vgl. Arroyo Hera, F. (1991): EI reto de Europa: Espana en la CEE, S. 75. 205 Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1985): Las negociaciones de adhesion de Espana a las Comunidades

Europeas desde abril 1984 hasta su conclusion, S. 460.

125

Page 137: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Jahresmittel der EG-Importe von 1976/77 nicht unterschreiten durfte. 1m Marz 1985 konnte schlieBlich, nach zwei ausgedehnten Sitzungen, eine abschlieBende Uberein­kunft erzielt werden.206 Nachdem die erste Sitzung durch den Widerstand Frankreichs in der Frage der Fischerei gescheitert war, blieb der spanischen Seite in der notwendig

gewordenen zweiten Sitzung angesichts des Drucks zum AbschluB der Verhand­

lungen207 kein Spielraum zur Durchsetzung ihrer Forderungen.208

GroBen Riickhalt fand die Eingliederung Spaniens in die Europaischen Gemein­schaften schon vor den ersten Parlamentswahlen in der spanischen Bev6lkerung. 1m

Januar 1976 stellte das Centro de Investigaciones Sociol6gicas in einer reprasentativen Urnfrage die Frage: "Beflirworten Sie, daB Spanien dem Gemeinsamen Europaischen Markt beitritt?" Darauf antworteten 73 % der Befragten mit "Ja" und nur 4 % mit "Nein,,?09 Auch im Verlauf der Verhandlungen zum EG-Beitritt blieb, trotz der einge­tretenen Verz6gerungen, die Beflirwortung zum Beitritt ausgepragt. In einer vom

Gallup-Institut durchgefiihrten Meinungsurnfrage schatzten 60 % der im Oktober 1984 Befragten den Beitritt Spaniens zu den EG als "eine gute Sache" ein und nur 8 % als "eine schlechte Sache".210 1m April 1980 hatte der Anteil der Beflirworter in derselben Urnfrage bei 58 % gelegen.211

Die Aussicht auf einen bevorstehenden Beitritt Spaniens flihrte zu zahlreichen Stel­lungnahmen spanischer Interessenverbande.212 Der Unternehmerverband Cfrculo de Empresarios sprach sich in seiner Stellungnahme vom Oktober 1979 flir eine einheit­liche Ubergangsfrist flir die vollstandige Integration von mindestens 5 Jahren sowie eine annahernd vollstandige und sofortige Abschaffung von Importkontingenten aus.

206 Vgl. Solbes Mira, P. (1990): La economfa espanola ante la CEE: el proceso de negociacion, S. 487. 207 Noch direkt vor Beginn der Sitzungen hatte Gaston Thorn, bis Ende 1984 Prasident der EU-Kom­

mission, gegeniiber der spanischen Presse erkiart, daB "der Beitritt Spaniens im Januar 1986 technisch unmoglich ist, es sei denn, es wird an diesem Wochenende eine Ubereinkunft in der Landwirtschaft und der Fischerei erreicht". Prensa Espanola vom 27.03.1985, zit. nach: Gonzalez Sanchez, E. (1985): Las negociaciones de adhesion de Espana a las Comunidades Europeas desde abril 1984 hasta su conclusion, S. 443, Fn. 21.

208 Diese bezogen sich im wesentlichen auf die Ausweitung des Marktzugangs fur spanische Friichte und die Beitragszahlungen an den EG-Haushalt. Vgl. Solbes Mira, P. (1990): La economfa espanola ante la CEE: el proceso de negociacion, S. 487.

209 Befragt wurden 2432 Spanier ab 15 Jahren. Vgl. o. V. (1985): La opinion publica espanola ante la Comunidad Economica Europea, 1968-1985, in: Revista Espanola de Investigaciones Sociologicas, Nr. 29, S. 303.

210 Vgl. Gonzalez Sanchez, E. (1985): Las negociaciones de adhesion de Espana a las Comunidades Europeas desde abril 1984 hasta su conclusion, S. 447.

211 Mit 46 % hatte der Anteil der BefUrworter im Mai 1983 seinen tiefsten Stand erreicht. 212 Die Dokumente stammen aus der Bibliothek des Secretarfa de Estado para las Comunidades Euro­

peas und wurden nicht veroffentlicht.

126

Page 138: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Ausnahmen sollten nur in geringem Umfang und nur wahrend der Ubergangsfrist zugelassen sein.2J3 Auch fUr die EinfUhrung der Mehrwertsteuer wurde eine Uber­gangsfrist von mindestens 5 Jahren gefordert.

Der Verband der ErdOlverarbeitenden Industrie (ASERPETROL) pladierte fUr eine

Ubergangsfrist von sieben Jahren, wahrend der sowohl Importquoten als auch ein Importzoll fUr Erdolprodukte gelten solle.214 Die Anpassung des Sektors sollte in der

Form ablaufen, daB "sowohl die nationalen als auch die verschiedenen innerhalb des Sektors vertretenen Interessen geschUtzt werden,,215. FUr die Verhandlungen der Regie­

rung mit der EG-Kommission wurde eine Vorgehensweise vorgeschlagen, die sicher­

stellt, "obwohl dieses Kriterium offensichtlich nicht offentlich geauBert werden kann, daB die angestrebte Umstrukturierung die groBten Vorteile fUr Spanien, die geringsten Zugestandnisse gegenUber der Gemeinschaft und die scheinbar groBte Ubereinstim­mung mit den gemeinschaftlichen Normen und Gesetzen erbringt,,216.

Die Europaischen Gemeinschaften Ubten im Vorfeld des spanischen Beitritts groBen Druck auf Spanien aus, die Hilfeleistungen an die Stahlindustrie zu verringern. Der Prasident des europaischen Ministerrats, Leo Tindemans, wies 1982 darauf hin, daB die spanischen Plane im Stahlbereich inkonsistent mit dem Umstrukturierungs­programm der EG seien und deshalb kein Datum fUr Spaniens EG-Beitritt festgelegt werden konne.217 Es fand also bereits im Vorfeld zum Beitritt eine Beeinflussung der Reformbestrebungen in Spanien statt.

21J Vgl. Cfrculo de Empresarios (1979): La integracion de Espana en las Comunidades Europeas. Punto de vista del Cfrculo de Empresarios, S. 5.

214 Vgl. ASERPETROL (1983): La adaptacion del sector petrolero espanol ante la adhesion de Espana ala CEE, S. 2f.

215 ASERPETROL (1983): La adaptacion del sector petrolero espanol ante la adhesion de Espana a la CEE, S. 7

216 Ebenda, S. 7. 217 V gl. Howell, T. R. u.a. (1988): Steel and the state. Government intervention and steel's structural

crisis, S. 383.

127

Page 139: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

4.3.2 WirtschaftIiche Reformen im Zuge des EG-Beitritts

Anhand der Bereiche AuBenhandel, Finanzsystem und industrielle Umstrukturierung wird im folgenden untersucht, wie die im Rahmen des EG-Beitritts festgelegten

Reformschritte umgesetzt wurden.

Trotz des Praferenzabkommens mit den EG von 1970 und nachfolgenden Bestre­bungen zum Zollabbau war die spanische Wirtschaft vor dem Beitritt zu den EG

weiterhin durch das hOchste Protektionsniveau innerhalb der OECD gekennzeichnet.218

Der Anteil des AuBenhandels am Bruttoinlandsprodukt betrug 15 %, was gerade einmal einem Drittel des EG-Durchschnitts entsprach. In einer Untersuchung einzelner Komponenten der Handelsschranken fUr spanische Importe machten die Zolle nur 36 % der Protektion aus, wahrend die Kompensationssteuer fUr interne Belastungen219

(ICGI), die den EinfluB der indirekten Besteuerung spanischer Produkte ausgleichen

sollte und auch nach Studien des Sekretariats des spanischen Handelsministeriums eine protektionistische Wirkung hatte,220 tiber 50 % auf sich vereinte.221 Die EinfUhrung der

Mehrwertsteuer direkt im AnschluB an Spaniens EG-Beitritt brachte die Abschaffung dieser Kompensationssteuer mit sich. Neben Zollen existierten auch nichttarifare Handelshemmnisse. Mit dem Beitritt zu den EG war neben dem Abbau der beiden Instrumente der tarifaren Protektion auch die Abschaffung von Kontingenten im Wa­renverkehr mit der Gemeinschaft verbunden.222 Ftir den freien Warenverkehr mit den EG-Mitgliedsstaaten wurden ab 1. Marz 1986, ausgehend von dem Ausgangszollsatz am 1. Januar 1985, jiihrliche Zollsenkungen zwischen 10 % und 15 % vereinbart, bis zur letzten Zollsenkung auf Null am 1. Januar 1993.223 Ftir die Zollsatze gegentiber anderen Mittelmeeranrainerstaaten, den AKP-Staaten und den Landern des Allge­meinen Praferenzsystems wurde, abgestuft nach sensiblen und nicht sensiblen Pro­dukten, ebenfalls eine Zollsenkung auf Null zum 1. Januar 1993 vereinbart, die jedoch

218 Vgl. OECD (Hrsg.) (1991): OECD economic surveys. Spain, S. 53f. 219 Impuesto de Compensacion de Gravamenes Intcriores 220 V gl. Lopez-Claros, A. (1988): The search for efficiency in the adjustment process: Spain in the

1980s, S. 28. 221 Vgl. Garda, L.; Suarez, C. (1993): Analisis de la protecion exterior de la industria espanola, in:

Moneda y Credito, Nr. 196, S. 235. 222 Artikel42 der Beitrittsakte sah grundsatzlich eine vollstiindige Abschaffung zum 1. Januar 1986 vor,

es wurden jedoch Obergangsfristen fiir eine Reihe von Ausnahmen eingeraumt. Vgl. Tamames, R. (1996): La Union Europea, S. 436f.

223 Vgl. Europaische Gemeinschaften. Der Rat (1985): Akte tiber die Bedingungen des Beitritts des Konigreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassungen der Vertrage, in: Doku­mente betreffend den Beitritt des Konigreichs Spanien und der Portugiesischen Republik zu den Euro­paischen Gemeinschaften, Band I, S. Nd 18ff.

128

Page 140: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

III den ersten Jahren langsamer erfolgte.224 Die Zollsatze gegentiber Drittlandern sollten sich im gleichen Zeitraum auf das Niveau der EG-Zollsatze verringern. MengenmaBige Ein- und Ausfuhrbeschrankungen zwischen der Gemeinschaft und Spanien wurden zum 1. Januar 1986 abgeschafft.225 Ausgenommen davon waren bis Ende 1988 Kontingente fUr Farbfemseher und bestimmte Landmaschinen sowie bis Ende 1989 Kontingente fUr einige chemische Erzeugnisse, Textilien, Nahmaschinen und Einachs-Ackerschlepper226 • Ftir die weiter bestehenden Kontingente wurde eine jahrliche Ausweitung von annahernd 20 % festgelegt. Eine Untersuchungtiber nicht­tariftire Handelshemmnisse in Spanien fUr das J ahr 1990 ergab, daB Importkontingente das wichtigste Instrument darstellten, wobei hier vor allem der Textilsektor noch ver­gleichsweise stark geschtitzt war, auch im Handel gegentiber den EG.227 Die Werte fUr die tibrigen nichttariftiren Handelshemmnisse entsprachen weitgehend den fUr andere OEeD-Lander ermittelten. Die Liberalisierung des AuBenhandels auBerte sich in einem Anstieg des AuBenhandelsanteils am Bruttoinlandsprodukt auf 29 % im Jahr 1990.228 Nach jahrlichen realen Wachstumsraten des spanischen AuBenhandels von 2,3 % im Zeitraum 1980 bis 1985, wurde im Zeitraum 1986 bis 1990 ein jahrliches Wachstum von 6,8 % verzeichnet. AuBerdem lag das Wachstum des spanischen AuBenhandels von 1978 bis 1994 deutlich tiber dem Wachstum des Welthandels.229

Mit dem Beitritt zu den EG ging ein ProzeB der Liberalisierung und Modemisierung des spanischen Finanzsystems einher. Der festgelegte Ubergangszeitraum fUr die Libe­ralisierung des Kapitalverkehrs betrug sieben Jahre und sollte zum 31. Dezember 1992 abgeschlossen sein?30 Insgesamt waren die Bemtihungen zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs erfolgreich und die MaBnahmen haufig sogar vor den festgelegten Fristen durchgeftihrt worden. Die letzten Schritte zur Abschaffung von Wahrungs­kontrollen wurden 1992 vollzogen. Der vollsUindigen Anpassung an die EG-Richt­linien stand weiterhin die Bewilligungsvorschrift fUr den Export von Banknoten und

224 Vgl. Arroyo Ilera, F. (1991): EI reto de Europa: Espana en la CEE, S. 79ff. 225 Vgl. Europaische Gemeinschaften. Der Rat (1985): Akte tiber die Bedingungen des Beitritts des

Konigreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassungen der Vertrage, S. Nd 27f. 226 Vgl. Europaische Gemeinschaften. Der Rat (1985): Dokumente betreffend den Beitritt des Konig­

reichs Spanien und der Portugiesischen Republik zu den Europaischen Gemeinschaften, Band II, Anhang III, d2; Anhang IV, d1-dlO.

227 Vgl. Garcia, L.; Suarez, C. (1993): Analisis de la proteci6n exterior de la industria espanola, in: Moneda y Credito, Nr. 196, S. 254.

228 Vgl. Alonso, 1. A. (1993): EI sector exterior, S. 406f. 229 Gemessen in konstanten Preisen fand in Spanien annahemd eine Verdreifachung des AuGenhandels

stat!, wahrend sich der Urnfang des Welthandels nur etwas mehr als verdoppelte. Vgl. Gordo, E. (1996): La apertura de los mercados intemacionales y el deficit comercial espanol, S. 99.

230 Vgl. European Commission (1995): The economic and financial situation in Spain, S. 215f.

129

Page 141: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Seheeks tiber einen Betrag von mehr als 5 Mio. Pta entgegen, falls dieser nieht tiber das Bankensystem erfolgte. Gleiehes galt fUr die im Real Deereto tiber auslandisehe Investitionen aus Landem auBerhalb der EG festgelegte Bewilligungsvorsehrift. Sie betraf von Regierungen getatigte Investitionen sowie Investitionen in den Bereichen Glticksspiel, Femsehen, Rundfunk, Lufttransport und Verteidigung. Der Umfang des Kapitalverkehrs hatte sich dureh die Liberalisierung noehmals deutlieh erhoht. Er stieg beim Kapitalimport von 5 243 Mrd. Pta im Jahr 1992 auf 10 361 Mrd. Pta im darauf­folgenden Jahr. Hier ist jedoeh zu beaehten, daB 1993 bei fallenden Zinsen in groBem Umfang mittel- und langfristige staatliehe Sehuldversehreibungen von auslandisehen Investoren naehgefragt wurden.231 Die spanisehen Kapitalexporte stiegen mit 10279 Mrd. Pta im Jahr 1993 auf mehr als das Doppelte gegentiber dem Vorjahr.

In Artikel 52 der Beitrittsakte fUr Spanien und Portugal232 und in einem Protokoll zur Umstrukturierung der spanisehen Eisen- und Stahlindustrie wurde ein Zeitraum fUr die Umstrukturierung von drei Jahren bestimmt.233 Ende 1986 waren bereits 70 % des geplanten Abbaus von 43 000 Arbeitsplatzen in der Eisen - und Stahlindustrie voll­zogen?34 AuBerdem wurden in Ubereinstimmung mit der EG-Politik weitergehende Abbauplane in der Eisen- und Stahlindustrie gefaBt.

Finanzielle Unterstiitzung bei der Umstrukturierung lieferten die Strukturfonds der EG, die sieh in fUnf Zielgruppen aufgliederten. Ziel 1 umfaBte die strukturelle Anpassung der Regionen, die einen Entwieklungsriiekstand aufwiesen, und der dafUr eingeriehtete Fonds hatte das mit Abstand groBte Volumen.235 Ftir die Forderperiode 1989 bis 1993 maehte er mit einem Betrag von tiber 44 Mrd. ECU 69 % des Gesamtvolumens der EG-Strukturfonds aus, und Spaniens Anteil an den Mitteln fUr Ziel 1 betrug 25 %. Den von den Strukturfonds fUr Ziel 1 bereitgestellten Mitteln standen in Spanien Investi­tionen des Staates in gleicher Hohe gegentiber. Die Ziele 2 bis 5 hatten die wirtschaft­liehe Umstellung von Industriegebieten mit riieklaufiger Entwieklung, die Bekampfung der Langzeitarbeitslosigkeit, die berufliehe Eingliederung von Jugendliehen sowie die

231 Die ausHindischen Nettokaufe entsprachen knapp 10 % des Bruttoinlandsprodukts und damit anna­hemd einem Drittel der Bruttokapitalimporte und -exporte im Jahr 1993. Vgl. OEeD (Hrsg.) (1996a): OEeD economic surveys. Spain 1996, S. 19f.

232 Akte tiber die Bedingungen des Beitritts des Kiinigreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassungen der Vertrage

233 Vgl. Europaische Gemeinschaften. Der Rat (1985): Protokoll Nr. 10 tiber die Umstrukturierung der spanischen Eisen- und Stahlindustrie, in: Dokumente betreffend den Beitritt des Kiinigreichs Spanien und der Portugiesischen Republik zu den Europaischen Gemeinschaften, Band III, S. PlO/dl-PlO/d9.

234 Vgl. OEeD (1988): OEeD Economic Surveys. Spain 198711988, S. 36f. m Europaische Union (1995): Die Strukturfonds 1993: Erste Bilanz der Fiirderperiode 1989-1993,

o. Seite.

130

Page 142: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Anpassung der Agrar- und Fischereistrukturen und die wirtschaftliche Diversifizierung anfiilliger Hindlicher Gebiete zum Inhalt. Der Plan fUr den Strukturfonds der EG zur Bekampfung der Langzeitarbeitslosigkeit sab fUr den Zeitraum 1994 bis 1999 die Bereitstellung von annahernd 1,5 Mrd. ECU fUr Spanien vor, denen zusatzlich 1,8 Mrd. ECU von spanischer Seite gegeniiberstehen sollten.236 Schwerpunkte inner­halb des Programms waren dabei die Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt und die Integration Langzeitarbeitsloser. Nach Regionen betrachtet, sollten 82 % der geplanten Mittel in die Regionen Madrid, Katalonien und Baskenland flieSen.

4.4 Der EinfluB von auBen auf den polnischen TransformationsprozeB

1m Verlauf der Jahre 1995 und 1996 wurde deutlich, daB die Europaische Union an Bedeutung fUr die Einbeziehung Polens und der anderen Lander Osteuropas in die Weltwirtschaft gewann und andere internationale Organisationen wie die OECD, der IWF und die EBRD im Verhaltnis dazu an EinfluS verloren.237 Es solI nun einerseits untersucht werden, in welcher Form der auslandische EinfluB auf die wirtschaftliche Transformation in Polen stattfand, und andererseits, inwieweit Unterschiede hinsicht­lich der Art der EinfluBnahme zwischen den auslandischen Akteuren bestanden.

4.4.1 Die Rolle internationaler Organisationen in der polnischen Transformation

Von Beginn des wirtschaftlichen Umbruchs in Polen an hatten internationale Organi­sationen, hier insbesondere der IWF und die Weltbank, einen bedeutenden EinfluB auf die Ausgestaltung des Transformationsablaufs. Das wirtschaftliche Stabilisierungs­programm, welches im wesentlichen mit dem Standardansatz des IWF zur Stabili­sierung iibereinstimmte, wurde unter Mithilfe von Experten des IWF erarbeitet.238 1m Marz 1990 bewilligte der IWF einen auf 13 Monate angelegten Stand-by Kredit in Hahe von 545 Mio. Sonderziehungsrechten (SZR) - das entsprach 730 Mio. US-$ - als Zahlungsbilanzhilfe, die in vier vierteljahrlichen Tranchen bis Marz 1991 bereitgestellt wurde. Die Gewahrung des Kredits war abhangig von der Zustimmung des IWF zum Stabilisierungsprogramm. Weitere finanzielle Unterstiitzung fUr das Programm wurde durch den Stabilisierungsfonds der OECD in Hahe von 1 Mrd. US-$ fUr den Ubergang

236 Vgl. European Commission (1996): EC structural funds. Spain. Community support framework 1994-99, S. 26.

237 Vgl. Jacobsen, H.-D. (1997): The European Union's eastward enlargement (European Integration online Papers, Bd. I, Nr. 14), S. I.

238 Vgl. Wilczynski, R. (1994): The role of international financial institutions in Poland's transition to a market economy, S. 37f.

131

Page 143: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

des Zloty zur InHinderkonvertibilitat gewahrt sowie durch humanitare und Lebens­mittelhilfe seitens der EG-Lander im Urnfang von zusammen 220 Mio. US$ in den

Jahren 1989 und 1990.239

Die Gewahrung der Untersttitzung war an Zusagen der polnischen Regierung zur Fort­ftihrung des eingeschlagenen Transformationskurses gebunden. Die Regierung

Bielecki formulierte ihre wirtschaftspolitischen Zielsetzungen in einem Memorandum zur wirtschaftlichen Reform und zur mittelfristigen Politik flir die Jahre 1991 bis 1993, welches an die Bereitschaftserklarung des IWF angehangt wurde?40 Die darin aufge­

flihrten Zielsetzungen der Strukturanpassungspolitik enthielten konkrete Angaben zu den geplanten Fortschritten in der Privatisierung.241 Flir 1991 wurde die Umwandlung von rund 1000 Unternehmen in Kapitalgesellschaften, die Privatisierung von 150

groBen Unternehmen sowie die Verringerung des staatlichen Unternehmenssektors um 15 % genannt und dariiber hinaus die Fertigstellung der wichtigsten Untersuchungen zur Umstrukturierung des Sektors. Flir die beiden darauffolgenden Jahre strebte das Memorandum eine Beschleunigung der Umstrukturierung sowie eine Verkleinerung des staatlichen Unternehmenssektors an. Durch Privatisierungen sollte er auf 50 %

seines Niveaus von 1990 schrumpfen. 1m Bereich der Wettbewerbspolitik waren flir 1991 im wesentlichen die Forderung des privaten GroBhandels und flir 1992/93 eine Steigerung des Wettbewerbs im Angebot agrarischer Inputs sowie der Energie- und Stahlindustrie vorgesehen. 1m Rahmen der Preisliberalisierung und der Subven­tionspolitik sollten 1991 die Freigabe der Kohlepreise und die Abschaffung der Exportgeblihr flir Kohle erfolgen sowie eine Verringerung der Subventionen im Staats­haushalt von 6 % auf 5 % des Bruttoinlandsprodukts. Flir die Jahre 1992/93 waren eine beginnende Abschaffung der W ohnungs- und Transportsubventionen, eine Ausweitung des Anteils der frei gebildeten industriellen Produzenten- und Konsu­mentenpreise und die Verringerung der staatlichen Subventionen auf ca. 3 % des Bruttoinlandsprodukts geplant.

Nachdem die im Memorandum festgelegten Ziele Mitte 1991 weit verfehlt worden waren - das Budgetdefizit betrug 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts gegenliber den

vorgesehenen 0,5 % und die jahrliche Inflationsrate lag mit 70 % doppelt so hoch wie vorgesehen - setzte der IWF die finanzielle Unterstiitzung des Stabilisierungs-

239 Vgl. Rosati, D. K. (1992): The stabilization program and institutional reform in Poland, S. 250. 240 Vgl. World Economy Research Institute (Hrsg.) (1991): Poland. International economic report

1990/91, S. 134f. 241 Vgl. Gomulka, S. (1991): Polish economic reform: principles, policies and surprises (Centre for

Economic Performance, discussion paper No. 51), London, S. 26f.

132

Page 144: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

programms aus.242 Aus demselben Grund wurde die ebenfalls mit dem IWF im April 1991 unterzeichnete Ubereinkunft tiber die sogenannte erweiterte Fondsfazilitat mit dreijiihriger Geltungsdauer ausgesetzt. Sie hatte finanzielle Mittel im Umfang von rund 2,5 Mrd. US-$ bereitgestellt, davon 765 Mio. US-$ fUr die Finanzierung eventueller PreiserhOhungen fUr Olrohstoffe. 1m Verlauf des Jahres 1992 wurden Verhandlungen tiber eine emeute Ubereinkunft mit dem IWF gefUhrt.

Gtinstig auf die EinfluBnahme der internationalen Organisationen wirkte sich die hohe Verschuldung Pol ens gegentiber dem westlichen Ausland aus. Denn die im Pariser Club der westlichen Glaubigerlander und im Londoner Club der westlichen Glaubiger­banken vereinbarten Schuldenerlasse und -umschichtungen dienten als Druck- bzw. Anreizmittel fUr die Einhaltung der formulierten Vorgaben. Nachdem eine auf ein Jahr angelegte Aufschubvereinbarung Anfang 1991 abgelaufen war, ktindigte im Marz der Pariser Club an, Pol ens Schulden gegentiber den westlichen Regierungen urn minde­stens die Balfte zu verringem.243 Das Inkrafttreten der Vereinbarung war abhangig von der Unterzeichnung der Bereitschaftserklarung durch den IWF. Am 10. Marz 1994 unterzeichnete Polen ein Abkommen mit den westlichen Glaubigerbanken, das eine Reduzierung der polnischen privaten Verschuldung von 13,2 Mrd. US-$ urn 45,2 %

zum Inhalt hatte.244 Dessen Wortlaut stand in Ubereinstimmung mit den Regeln des Ende der 1980er Jahre entwickelten Brady_Planes245 , der eine Verringerung der Schul­den- und Zinsbelastung ftir diejenigen Lander vorsah, die von IWF und Weltbank genehmigte wirtschaftliche Reformen durchfUhrten. Ziel der MaBnahmen war die Ankurbelung von Auslandsinvestitionen. Die Unterzeichnung des Abkommens errnog­lichte es Polen, in die Gruppe der Lander mit geringem Risiko aufzusteigen. Beide Abkommen waren an die polnische Verpflichtung gekntipft, den eingeschlagenen Transforrnationskurs beizubehalten.

242 Vgl. Wilczynski, R. (1994): The role of international financial institutions in Poland's transition to a market economy, S. 39f.

243 Vgl. World Economy Research Institute (Hrsg.) (1991): Poland. International economic report 1990/91, S. 136f.

244 Vgl. Bossak, J. W.; Kalicki, K. (1994): Poland's agreement with the London Club, S. 20lff. 245 Nach dem US-amerikanischen Finanzminister Nicholas Brady benannt.

133

Page 145: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

4.4.2 Die Rolle der EU in der polnischen Transformation

Die Untersuchung des Einflusses der EO bzw. EU auf den polnischen Transforma­tionsprozeB sttitzt sich zunachst auf Form und Umfang der geleisteten finanziellen

Untersttitzung und im AnschluB daran auf den VerhandlungsprozeB und seinen EinfluB auf den TransformationsprozeB.

Die EO-Kommission vertrat von Anfang an die These, daB die Demokratie in den ost­

europaischen Reformstaaten nach 1989 nur durch eine Stabilisierung ihrer Volkswirt­schaften dauerhaft gesichert werden kann?46 Vor dies em Hintergrund tibertrug der

Weltwirtschaftsgipfel (0-7) in Paris im Juli 1989 der EO-Kommission die Koordi­nierung der westlichen Hilfe fUr Osteuropa im Rahmen des PHARE247 -Programms. Auf der Basis des PHARE-Programms finanzierten die EO ein Programm zur Farde­rung kleiner und mittlerer Unternehmen in Polen.248 Es sah insbesondere die Vergabe von Darlehen und Krediten unter Beteiligung lokaler Banken als Mittler, die Schaffung

von Kreditgemeinschaften zur Streuung finanzieller Risiken und die Finanzierung von UntersttitzungsmaBnahmen fUr kleine und mittlere Unternehmen vor. Diese umfaBten Mittel zur Aus- und Weiterbildung, fUr die Einrichtung von Informationszentren, Beratungsunternehmen sowie zur Untersttitzung der Marktforschung und des Handels. Insgesamt wurden im Zeitraum 1990 bis Ende 1995 PHARE-Mittel in Hahe von 1,2 Mrd. ECU fUr Polen bereitgestellt.249 Davon wurden 24 % fUr Infrastruktur­maBnahmen in den Bereichen Energie, Verkehr und Telekommunikation, 16 % fUr MaBnahmen zur Entwicklung des Privatsektors und Untersttitzung fUr Unternehmen sowie jeweils 15 % fUr die Umstrukturierung der Landwirtschaft und fUr Bildungs­maBnahmen250 verwendet. Die Mittel fUr 1995 waren dabei Teil eines mehrjahrigen Richtprogramms fUr Polen fUr den Zeitraum 1995 bis 1999, welches die Bereitstellung weiterer Haushaltsmittel in Hahe von 841 Mio. ECU vorsah mit dem allgemeinen Ziel, die Teilnahme Polens am europaischen IntegrationsprozeB zu erleichtern.251

246 Vgl. Schmidhuber, P. M. (1991): Wirtschaftspolitische Uberlegungen der Gemeinschaft zur Re­strukturierung Osteuropas, S. 527.

247 Poland and Hungary Assistance for Restructuring the Economy 248 Vgl. Philips-Slavkoff, E.; Rottinger, M. (1991): Die Beziehungen der EG zu den osteuropaischen

Staaten, S. 544f. 249 Vgl. Europaische Kommission (1996): Phare-Programrn lahresbericht 1995, S. 44. 250 Speziell zur Forderung der polnischen Hochschulpolitik wurde das Forderprogramrn "Tempus" ein­

gerichtet, welches sich aus PHARE-Mitteln finanziert. 1m Etat fur 1996/97 waren dabei 39 % der Mittel fur den Fachbereich Untemehmensfuhrung und Betriebswirtschaft vorgesehen. Vgl. Komrnis­sion der Europaischen Gemeinschaften (I 997b): Tempus lahresbericht 1996. Phare & Tacis, S. 47.

251 Vgl. Europaische Kommission (1996): Phare-Programrn lahresbericht 1995, S. 29.

134

Page 146: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Nachdem Polen und die EG im September 1988 diplomatische Beziehungen aufge­nommen hatten, wurde ein Jahr spater ein Handels- und Kooperationsabkommen ab­geschlossen?52 Auf Grundlage der Meistbegtinstigung sollten die in der Gemeinschaft geltenden mengenmaBigen Beschrankungen fUr Einfuhren aus Polen schrittweise bis 1994 abgebaut werden. Bereits 1990 wurden in Polen Initiativen zur Anpassung der geltenden Vorschriften an die Gemeinschaftsrichtlinien ergriffen und eine Kommission zur Anpassung der polnischen Wirtschaft an die Integrationsprozesse in Westeuropa vom Ministerrat einberufen, die die Umsetzung der Initiativen koordinieren und tiber­wachen sollte.253 Nachdem der Europaischen Kommission durch den Europaischen Rat das Mandat zur Eroffnung offizieller Gesprache mit Polen erteilt worden war, began­nen diese am 22. Dezember 1990, was gleichzeitig den Beginn der formalen Assozi­ierungsverhandlungen markierte.254 Das von polnischer Seite verfaBte Memorandum zur Assoziierung sah einen in drei Ph as en unterteilten Ablauf mit einer Gesamtdauer von 8 Jahren vor, mit dem Ziel, die Voraussetzungen fUr einen Beitritt Polens als Vollmitglied zu schaffen.255 In der ersten Phase war die Schaffung einer Freihandels­zone vorgesehen, die asymmetrisch mit dem einseitigen vorgezogenen Abbau von Handelsschranken auf EG-Seite erfolgen sollte. In der zweiten Phase sollten die Wirt­schaftspolitiken Polens und der EG schrittweise angepaBt werden, und die dritte Phase hatte zum Ziel, eine Zollunion zu errichten und Polen weitgehend in den gemeinsamen Markt zu integrieren. Das von den EG Ende 1990 vorgelegte Konzept sah hingegen die Schaffung einer Freihandelszone in zwei Stufen von je fUnf Jahren vor. Obereinstim­mung bestand hinsichtlich der Asymmetrie im Abbau von Handelsschranken. Wahrend in der ersten Stufen der Warenaustausch liberalisiert werden sollte, war fUr die zweite Stufe eine Erweiterung auf den Austausch von Produktionsfaktoren vorgesehen.

1m Dezember 1991 unterzeichneten Polen und die EG das Europa-Abkommen, welches jedoch erst im Februar 1994 in Kraft trat, was auf die schleppende Ratifi­zierung in den Parlamenten der einzelnen Mitgliedslander zurtickzufUhren war. Die Zustimmung des polnischen Parlaments zum EG-Assoziierungsvertrag erfolgte dem­gegentiber bereits im Juli 1992 zusammen mit der Entscheidung, eine Kontrollkom­mission einzurichten, welche die Verwirklichung der Vertragsvereinbarungen tiber-

252 Vgl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften (l997a): Stellungnahme der Kommission zum Antrag Polens auf Beitritt zur Europaischen Union, S. 8.

253 Vgl. Bartsch, U.-P. (1990): Polen stellt sich auf den EG-Binnenmarkt ein, o.Seite. 254 Vgl. World Economy Research Institute (Hrsg.) (1991): Poland. International economic report

1990/91, S. 155. 255 V gl. ebenda, S. 16lf.

135

Page 147: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

wachte.256 Wie stark das Intersse auf polnischer Seite und auch auf Seiten der anderen Visegrad-Staaten257 an einer Beschleunigung des Integrationsprozesses war, verdeut­licht das im September 1992 gemeinsam unterbreitete Memorandum, in dem die EG­Kommission aufgefordert wurde, die Bedingungen flir die Mitgliedschaft zu prazi­sieren.258 Nachdem die Reaktionen der EG und ihrer Mitgliedstaaten auf das Memo­randum nur zurtickhaltend ausfielen, ersuchten die Visegnid-Staaten auf einem Treffen mit dem Europaischen Rat emeut urn eine Konkretisierung der EG-Position u.a. zur Frage der Mitgliedschaft und des Zeitplans flir die Erlangung der Mitgliedschaft sowie zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Integration und der finanziellen Zusammen­arbeit. Erneut vermied die Gemeinschaft eine klare Stellungnahme mit der Begrtin­dung, daB der Umfang der anstehenden internen EG-Reform noch unklar sei.

Eine Wende in der Zurtickhaltung der EU deutete sich Mitte 1993 an. Auf der Zusam­menkunft des Europaischen Rates in Kopenhagen im Juni 1993 wurde die Gewahrung einseitiger Handelszugestandnisse als ein Zeichen des guten Willens der EU beschlos­sen.259 Sie umfaBten die Abschaffung der EU-Importzolle flir eine Reihe "sensitiver" Grundstoffe und flir die meisten Industriegliter sowie die Ausweitung der Kontingente flir Industriegliter urn 30 % pro Jabr gegenliber Polen. Dies bedeutete einen unbe­schrankten Importhandel mit der EU flir Industriegliter ab Anfang 1995, mit Ausnahme der EGKS- und Textilprodukte. Auch wenn die gemachten Zugestandnisse damit nur geringfligig liber die innerhalb des Europa-Abkommens festgelegten hinausgingen, so wurde mit diesem EntschluB doch ein politisches Signal gesetzt. AuBerdem wurde auf der Zusammenkunft offiziell eine Einigung dartiber erzielt, daB ein assoziiertes Land dann den EG beitreten konnte, wenn es die folgenden V oraussetzungen erflillt:260

• "institutionelle Stabilitat als Garantie flir demokratische und rechtsstaatliche Ord­nung, flir die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten" muB verwirklicht sein;

• es muB eine funktionsfahige und innerhalb der Union wettbewerbsfahige Marktwirt­schaft bestehen;

256 Fiir die Ratifizierung des Assoziierungsvertrags hatten 70 % der Abgeordneten gestimmt. Vgl. o.V. (1992): Polens Parlament fiir die EG-Assoziierung, in: NZZ yom 8. Juli 1992.

257 Zu den Visegnid-Staaten gehoren Polen, Ungam, die Tschechische Republik und die Slowakei. 258 Vgl. Malachowski, W. (1996): Polen auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der Europaischen Union,

S.41. 259 Vgl. Mayhew, A. (1996): Going beyond the Europe Agreements: The European Union's Strategy for

Accession, S. 15f. 260 Vgl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften (l997a): Stellungnahme der Kommission zum

Antrag Polens auf Beitritt zur Europaischen Union, S. 5.

136

Page 148: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

• es muB die Fabigkeit vorhanden sein, die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Ver­pflichtungen und die Ziele der politischen sowie der Wirtschafts- und Wahrungs­union zu tibemehmen.

AuBerdem wurde in den SchluBfolgerungen von Essen des Europaischen Rats im

Dezember 1994 hervorgehoben, daB die Vorbereitung der Beitrittskandidaten auf einen EU-Beitritt nicht al1ein die Angleichung der Rechtsvorschriften beinhalte, sondem

zudem den Aufbau von Strukturen, die das Greifen der Rechtsvorschriften gewabr­

leisten.

Die Europaische Komrnission legte 1995 ein WeiBbuch zur Vorbereitung der Beitritts­kandidaten auf die Integration in den Binnenmarkt vor, in dem die zu treffenden MaB­

nahmen beztiglich der sogenannten "vier Freiheiten", dem freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital, festgelegt wurden.261 Das WeiBbuch stellte jedoch nur ein Element der von der EU verfolgten HeranfUhrungsstrategie fUr die mittel- und osteuropaischen Lander dar, die sich auf die Europa-Abkommen und den strukturierten Dialog zwischen den assoziierten Landem und der Union stiitZt.262 Die EU tiberrnittelte einen urnfangreichen Fragenkatalog an die mit der Gemeinschaft as so­ziierten Staaten tiber die Bereiche Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, der binnen drei Monaten zu beantworten war.263 Dieser Schritt wurde als Ausdruck einer von polni­scher Seite lange geforderten Konkretisierung der EU-Politik gegentiber den mittel­und osteuropaischen Reforrnstaaten gewertet.

Eine Beschleunigung der Anpassung der polnischen Rechtsvorschriften an die der EU fand im Oktober 1996 statt, indem die polnische Regierung einen MinisterausschuB fUr europaische Integration bildete, der aIle Gesetzesvorlagen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht priift. 264 In einer im Sommer 1997 von der Europaischen

Komrnission verfaBten Stellungnahme zum Beitrittsantrag Polens wurde eine ausfUhr­liche Beurteilung der politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen fUr einen EU­Beitritt vorgenommen, insbesondere des Fortschritts bei der Umsetzung der im WeiB­buch festgelegten MaBnahmen. Von den insgesamt 899 zu treffenden MaBnahmen waren Ende Juni 1997 nach Angaben der polnischen Behorden rund 45 % umge-

261 Vgl. ebenda, S. 39f. 262 Vgl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften (1995): Weissbuch. Vorbereitung der assozi­

ierten Staaten Mittel- und Osteuropas auf die Integration in den Binnenmarkt der Union, S. 2f. 263 Vgl. Guz-Vetter, M. (1996): Wie viele Olivenbaume gibt es wohl in Polen?, o.Seite. 264 Vgl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften (l997a): Stellungnahme der Kommission zum

Antrag Polens auf Beitritt zur Europaischen Union, S. 8f.

137

Page 149: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

setzt.265 Sie gliederten sich in Richtlinien und Verordnungen unterschiedlicher Dring­

lichkeitsstufen in 23 Bereichen.266 Die MaBnahmen der Stufe I mit hochster Prioritat zeichnen sich dadurch aus, daB sie den allgemeinen Rahmen fUr detailliertere Rechts­

vorschriften oder grundlegende Verfahren fUr einen bestimmten Sektor schaffen, eine V orbedingung fUr das effekti ve Funktionieren des Binnenmarktes darstellen oder eine besonders lange Vorlaufzeit benotigen?67 Werden nur die Richtlinien und Verord­

nungen der Dringlichkeitsstufe I betrachtet, so waren Mitte 1997 bereits 67 % der Richtlinien und 53 % der Verordnungen umgesetzt worden.

In der im Juli 1997 von der EU-Komrnission veroffentlichten "Agenda 2000,,268 wurde

die weitere Strategie beztiglich des Beitritts der assoziierten Lander Mittel- und Ost­europas dargelegt. Zentrales Element dieser Strategie war die weitestgehende Anpas­sung an den Acquis Communautaire vor dem Beitritt, auch wenn auf die Moglichkeit hingewiesen wurde, in Ausnahmeflillen Ubergangsfristen zu vereinbaren.269 Die Komrnission mahnte in dies em Zusammenhang an, daB trotz der im Rahmen des Bei­

tritts zur Welthandelsorganisation und zur OECD270 eingegangenen Verpflichtungen, im Verhaltnis zur EU den Regelungen aus den Europa-Abkommen Vorrang einzu­raumen sei.271 Dartiber hinaus war eine Anpassung an die in der Gemeinschaft beste­henden Regelungen im Bereich der staatlichen Hilfen und des Wettbewerbs vorge­sehen. Hier sollte die Komrnission bei der Ausarbeitung der Regelungen entweder ihre Zustimmung erteilen oder aber zumindest konsultiert werden.

Nach Auffassung der Komrnission hing der tatsachliche Zeitplan fUr den Beitritt von den Fortschritten in der Anpassung sowie in der Um- und Durchsetzung des Acquis Communautaire ab, die parallel zu den Beitrittsverhandlungen erfolgen sollten. Eine erfolgreiche Erweiterungsstrategie basiere demnach einerseits auf Verhandlungen unter der MaBgabe einer Anwendung des Acquis Communautaire zum Zeitpunkt des Bei-

265 Vgl. ebenda, S. 129ff. 266 Unterschieden wurde in drei Dringlichkeitsstufen, wobei Stufe I die hochste Dringlichkeitsstufe

darstellt. 267 Vgl. Kommission der Europaischen Gemeinschaften (1995): Weissbuch. Vorbereitung der assozi­

ierten Staaten Mittel- und Osteuropas auf die Integration in den Binnenmarkt der Union, Addendum, S. VIII.

268 Communication of the Commission (1997): Agenda 2000, Volume 1. For a stronger and wider union, DOC 97/6 Strasbourg, 15 July 1997

269 Vgl. Communication of the Commission (1997): Agenda 2000, http://europa.eu.intlcomm /dg 1 alagenda2000/enlstrong/22.htm

270 Polen wurde 1995 Mitglied der Welthandelsorganisation, nachdem es seit 1967 dem GATT angehort hatte, und trat 1996 der OECD bei.

271 Diese Ermahnung bezog sich auf Faile, in denen die Anwendung der Meistbegiinstigtenklausel im Widerspruch zu Vereinbarungen des Europa-Abkommens erfolgt war.

138

Page 150: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tritts und andererseits auf Bestrebungen, bereits im Vorfeld des Beitritts einen mog­lichst groBen Teil der Gemeinschaftsregeln umzusetzen,zn

Als wichtigstes Instrument einer Strategie der versUirkten Beitrittsbemtihungen schlug die Kommission eine "Beitrittspartnerschaft" vor, die aIle Arten der Untersttitzung flir die Durchsetzung von MaBnahmen zur Vorbereitung auf den Beitritt in den jeweiligen Beitrittslandern in einem Programm btindeln sollten.273 Die Ausarbeitung des Pro­gramms zur Ubernahme des Acquis Communautaire sollte dabei zusammen mit der Kommission flir jedes Land einzeln erfolgen. 1m Rahmen der Partnerschaft waren prazise formulierte Verpflichtungen von seiten der Beitrittskandidaten, speziell zu den Themenbereichen Demokratie, makrookonomische Stabilisierung und nukleare Sicher­heit vorgesehen, sowie ein konkreter Zeitplan flir die Anpassung an den Acquis Communautaire, mit Schwerpunkten auf den von der jeweiligen Seite als vorrangig eingestuften Bereichen. Die Untersttitzung sollte tiberwiegend aus dem PHARE-Pro­gramm erfolgen, wobei hier auch Mittel internationaler Finanzinstitutionen flir die Erarbeitung internationaler Standards und die Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen einzubeziehen waren. Es war vorgesehen, die PHARE-Mittel als An­schubfinanzierung flir Projekte mit der Europaischen Investitionsbank, der Euro­paischen Bank flir Wiederaufbau und Entwicklung und der Weltbank zu verwenden. Entsprechende Rahmenabkommen mit dies en Institutionen sollten dazu von der Kommission abgeschlossen werden. Mit 70 % sollte der tiberwiegende Teil der PHARE-Mittel in Investitionen flieBen. Auf der Tagung von Luxemburg im Dezember 1997 entschied der Europaische Rat, ab Ende Marz 1998 mit flinf mittel- und osteuro­paischen Landern274 , darunter Polen, konkret tiber den Beitritt zur EU zu ver­handeln.275

272 Vgl. Communication of the Commission (1997): Agenda 2000, http://europa.eu.intlcomm Idg I alagenda2000/enlstrongl23.htm

273 Vgl. Communication of the Commission (1997): Agenda 2000, http://europa.eu.intlcomm Idg I alagenda2000/enlstrongl23 .htm

274 Zu diesem Kreis der engeren Beitrittskandidaten gehiirten Polen, Ungarn, die Tschechische Republik, Slowenien und Estland. Die iibrigen beitrittswilligen Reformstaaten Lettland, Litauen, Slowakei, Rumanien und Bulgarien wurden jedoch ebenfalls in die Ausarbeitung des Erweiterungskonzepts und die Zuteilung der Finanzhilfen einbezogen. Die Vorgehensweise ermiiglicht es dies en Uindern dariiber hinaus, zu einem spateren Zeitpunkt jederzeit in konkrete Verhandlungen mit der EU zu treten. Vgl. o. V. (l998a): Europaische Union. Zwei GroBereignisse, S. 4.

275 Vgl. Lippert, B. (1998): Der Gipfel von Luxemburg: StartschuB fiir das Abenteuer Erweiterung, S.12.

139

Page 151: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Almlich wie in Spanien gestaltete sich die Umstrukturierung der polnischen Stahl­industrie schwierig. Die im Europa-Abkommen fUr 1997 festgelegte Reduzierung des ImportzolIsatzes von 9 % fUr Stahlprodukte aus der EU auf 3 % war im Oktober 1996 nach Verhandlungen der polnischen Regierung und der EU-Kommission urn ein Jahr verschoben worden.276 Darin verpflichtete sich die polnische Regierung, ein Konzept fUr die Umstrukturierung des Stahlsektors auszuarbeiten, welches durch Finanzhilfen der EU in Hohe von 3 bis 4 Mrd. US-$ untersttitzt werden solIte. Nachdem im Verlauf des Jahres 1997 keine Ansatze auf polnischer Seite zu erkennen waren, mahnte die EU-Kommission die Vorlage eines konkreten Konzepts an, welches prazise Angaben tiber die Reduzierung der ProduktionskapaziUlten, den Abbau von ArbeitspHitzen und die Bewaltigung der sozialen Folgen im Stahlsektor enthalten solIte. Davon wurde die Oewahrung finanzielIer Hilfen der EU abhangig gemacht. Der nach den Parlaments­wahlen von 1997 erneut als Vizepremier in der Regierung vertretene Leszek Balcero­wicz sprach sich vor dem Hintergrund eines fruhen EU-Beitritts fUr eine rasche Priva­tisierung des Kohle- und Stahlsektors aus, auch wenn im Zuge des sen einige Betriebe stillgelegt werden mtiBten.277

4.5 Die Durchsetzung der Projekte im Vergleich

In den vorangegangenen Abschnitten wurden die jeweiligen Regierungen als Akteure, die die Umsetzung wirtschaftlicher Umgestaltungsprojekte vollzogen, und die inter­nationalen Organisationen bzw. die EO als Akteure, die diesen ProzeB beeinfluBten, untersucht. Hier solI anhand des Vergleichs zwischen der Reformtatigkeit der ver­schiedenen Regierungen in Spanien und der verschiedenen Regierungen in Polen herausgestelIt werden, welche Faktoren bei der Umsetzung der wirtschaftlichen Umge­staltungsprojekte von Bedeutung waren. Analog dazu solIen dariiber hinaus die auBe­ren Einfltisse durch internationale Organisationen sowie die EO bzw. die EU vergli­chen werden.

Zunachst wird ein Vergleich zwischen den beiden Regierungen in Spanien, der UCD und dem PSOE, gezogen. Die UCD konnte in der Zeit bis Anfang 1979, untersttitzt durch den in den Monc1oapakten geschlossenen Konsens und die vereinbarten MaB­nahmen schnelle anfangliche Erfolge sowohl in der Stabilisierungspolitik als auch in

T/6 Nach einer fUr 1998 vorgesehenen Verringerung auf 3 % soli der Importzoll fUr EU-Stahlprodukte 1999 ganz wegfallen. Vgl. Vetter, R. (1997): Hangepartie in Polens Stahlindustrie, o. Seite.

277 Vgl. Baron, S.; Heckel, M. (1998): "Druck ist wiinschenswert". Der polnische Vizepremier Balcerowicz tiber den EU-Beitritt seines Landes und das deutsch-polnische Verhiiltnis, S. 38f.

140

Page 152: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

der Reform einzelner Institutionen, beispielsweise des Steuersystems erreichen.278

Diese Phase auBergewohnlicher Politik war nicht zuletzt durch den bis Ende 1978 dauemden ProzeB der Ausarbeitung einer demokratischen Verfassung bestimmt worden, der ebenfalls durch intensive Verhandlungen in einen Konsens mtindete. Die damit angestrebte Konsolidierung der Demokratie in Spanien war als gemeinsames oberstes Ziel der politis chen Krafte formuliert worden. Nach Verabschiedung der Ver­fassung im Dezember 1978 lieB die zuvor bestehende Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen den politischen Parteien stark nach, was gleichzeitig das Ende der auBer­gewohnlichen Politik in Spanien einleitete. Nachdem der Versuch gescheitert war, einen emeuten Konsens in der Wirtschaftspolitik herzustellen, und die UCD in den vorgezogenen Parlamentswahlen von 1979 wiederum keine absolute Mehrheit erringen konnte, traten im weiteren Verlauf zunehmend Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Reformen auf. Dies auBerte sich in der mangelnden Weiterftihrung der Steuerreform und im Wechsel der industriepolitischen Strategie. Wahrend in den Moncloapakten auf Drangen der Regierung aktive industriepolitische MaBnahmen mit dem Hinweis darauf ausgeklammert blieben, daB die Umstrukturierung im wesentlichen tiber eine restrik­tive Geldpolitik ablaufen solIe, griff der Staat im weiteren Verlauf in den ProzeB der Umstrukturierung ein, indem er tiber die Bestimmung der Politik des INI durch Betei­ligungen den Zusammenbruch verlustreicher Untemehmen verhinderte. Zusatzlich erschwert wurde die Umsetzung von ReformmaBnahmen dabei durch den 1979 ein­setzenden zweiten Olpreisschock, der die Krise in der spanischen Industrie weiter verscharfte.

1m Gegensatz zur UCD, die als Minderheitsregierung ein schwaches Mandat hatte, trat der PSOE Ende 1982 die Regierung mit einer absoluten Mehrheit an. Dieser Unter­schied schlug sich sowohl in der Politik der industriellen Umstrukturierung als auch in der Vorgehensweise zur Bewaltigung der Bankenkrise nieder. In beiden Fallen han­delte die neue Regierung entschiedener und setzte sich tiber bestehende Widerstande hinweg. Mit dem mittelfristigen Wirtschaftsprogramm stellte der PSOE ein Programm auf, welches sich in seiner Ausgestaltung sehr eng an die Inhalte der Moncloapakte anlehnte. 279 Ein unterstiitzendes Element stellten auBerdem die Fortschritte in den EG­Beitrittsverhandlungen dar, im Zuge derer die Regierung zur Ausarbeitung eines konkreten Plans zur industriellen Umstrukturierung verpflichtet wurde. Entschei­den den EinfluB hatten die EG dariiber hinaus bei der EinfUhrung der Mehrwertsteuer in Spanien, die bereits kurz vor Antritt der PSOE-Regierung fUr den Zeitpunkt des EG­Beitritts festgelegt worden war. Denn die damit verbundene Abschaffung des alten

278 Vgl. KapiteI4.1.1. S. 87. 279 Vgl. KapiteI4.1.2. S. 96.

141

Page 153: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Systems der "Kompensationssteuer flir interne Belastungen", die eine drastische Senkung des Protektionsniveaus mit sich brachte, traf auf starken Widerstand aller spanischen Unternehmen.

1m Unterschied zu Spanien war in Polen in der Frage der wirtschaftlichen Reform kein Konsens in den Vereinbarungen am "Runden Tisch" erreicht worden. Das Btirger­komi tee in der Regierung Mazowiecki hatte mit 35 % der Parlamentssitze auch formal kein starkes Mandat.280 Folgende Uberlegungen sprechen jedoch daflir, daB die Regie­rung dennoch durchsetzungsstark war:

l. Die PV AP befand sich Ende 1989 im ProzeB der Auflosung, die Anfang 1990 volI­zogen wurde. Dadurch existierte weder innerhalb der Regierung noch auBerhalb eine starke Opposition gegentiber radikalen marktwirtschaftlichen Reformen.

2. Die erhOhte Bereitschaft, in Krisensituationen radikale Veranderungen hinzu­nehmen, auBerte sich in Polen sehr deutlich an der Beliebtheit des Ministerprasi­denten Mazowiecki.281 Bei Meinungsumfragen in der polnischen BevOlkerung stieg der Anteil der Befragten, die dem Ministerprasidenten vertrauten von 58 % kurz nach seinem Machtantritt bis auf 91 % im Februar 1990, direkt nach Einleitung der "Schocktherapie". Die hohen Beliebtheitswerte der Regierung Mazowiecki ersetzten damit das formal schwache Mandat der Reformkrafte.

3. Die wirtschaftliche Krise in Polen im Herbst 1989 war im Vergleich zu Spanien wesentlich ausgepragter. Wahrend in den Verhandlungen am "Runden Tisch" noch die Demokratisierung im Zentrum der Verhandlungen gestanden hatte, war nun die Uberwindung der Wirtschaftskrise und der Ubergang zu einem marktwirtschaft­lichen System das oberste Ziel der Entscheidungstrager. Auch wenn kein expliziter Konsens in der Frage der wirtschaftlichen Transformation zustandekam, so bestand dennoch Ubereinstimmung hinsichtlich der allgemeinen Zielsetzung.

1m Unterschied zu Spanien, wo die Uberwindung der wirtschaftlichen Krise als wich­tiger Schritt zur Konsolidierung der Demokratie gesehen wurde, stellte sie in Polen ein eigenstandiges, zentrales Element der Politik dar. Dieser Unterschied wird unter ande­rem daran deutlich, daB in Spanien die Verabschiedung der Verfassung weitgehend flir das Ende der auBergewohnlichen Politik verantwortlich war, wahrend es in Polen tiberwiegend wirtschaftliche Beweggrtinde waren, beispielsweise die Erfolge bei der

280 Mit dem Erringen von nahezu 100 % der in freier Wahl ermittelten Sitze hatte die faktische Legiti­mation des Biirgerkomitees bzw. Delegitimation der PV AP jedoch kaum hoher ausfallen konnen.

281 Vgl. Bingen, D. (l990a): Reformpolitik in Polen, S. 316.

142

Page 154: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Eindammung der Ende 1989 vierstelligen jahrlichen Inflationsrate auf eine zweistellige im ersten Halbjahr 1990, die den Ubergang zur gewohnlichen Politik bewirkten. Dies

scheint auch durch den langen ProzeB bis zur Verabschiedung einer Verfassung in Polen bestatigt zu werden.282 Nach Annahme einer sogenannten "kleinen Verfassung"

im Oktober 1992 konnte die neue Verfassung erst im April 1997 verabschiedet werden?83

Die Tatsache, daB in beiden Landern eine kurze Phase auftrat, in der auBergewohn­

liche Politik betrieben werden konnte, spricht in beiden Fallen fUr die schnelle Durch­setzung weiter Teile der geplanten Veranderungen. 284 Eine soIehe V orgehensweise

wird dadurch erleichtert, daB bereits konkrete Festlegungen in den Programmen zu moglichst allen Bereichen enthalten sind. So konnten beispieisweise in Spanien grundlegende gesetzliche Anderungen im Steuersystem, wie die EinfUhrung der Einkommen- und der Korperschaftsteuer, rasch durchgesetzt werden. Andererseits waren vor all em in Bereichen, in denen keine konkreten Vorgaben gemacht wurden,

Schwierigkeiten bei der Durchsetzung aufgetreten. Das betraf in Spanien die industri­elle Umstrukturierung und in Polen die Privatisierung. Da es sich bei den Elementen der institutionellen Umgestaltung zumeist urn komplexere Themenbereiche handelt, ist hier die Wahrscheinlichkeit hoch, daB in den wirtschaftlichen Umgestaltungspro­grammen keine konkrete Festlegung erfolgt, was sornit ihre nachfolgende Umsetzung

erschweren durfte.

Es hat sich auBerdem anhand der Durchsetzung der Programme in Spanien und Polen gezeigt, daB die einzelnen Komponenten wirtschaftlicher Umgestaltungsprogramme, Stabilisierung, rnikrookonornische Liberalisierung und institutionelle Umgestaltung, nicht unabhangig voneinander waren. In beiden Landern trat eine Situation ein, in der sich anflingliche Erfolge in der Stabilisierungspolitik, die als notwendige Bedingung

282 Dieser Unterschied scheint, angesichts des deutlich hoheren Lebensstandards in Spanien im Vergleich zu Polen, fiir die These von Lipset zu sprechen, daB wirtschaftliches Wachstum Demokratie begiin­stigt. Er kann jedoch angesichts der ausgepragten Krisensituation in Polen und der Besonderheiten der Transformation nicht als Beleg der Lipset'schen These herangezogen werden. So klammem auch Lipset/SeongITorres ausdriicklich die Lander Mittel- und Osteuropas aus ihrer 1993 veroffentlichten Untersuchung iiber junge Demokratien aus. Vgl. Lipset, S. M.; Seong, K.-R.; Torres, J. C. (1993): A comparative analysis of the social requisites of democracy, S. 156.

283 Vgl. Ziemer, K. (1998): Die Konsolidierung der polnischen Demokratie in den neunziger Jahren, S.32.

284 In diesem Zusammenhang wird haufig vom "Rubikon" der Veranderungen gesprochen, der iiber­schritten werden miisse.

143

Page 155: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

fUr die Umsetzung der anderen MaBnahmen genannt worden war,285 hemmend auf die Reformbestrebungen in den anderen Bereichen auswirkten.

Vor dem Hintergrund der Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Komponenten wirtschaftlicher Umgestaltungsprojekte laBt sich schlieBlich ein Vergleich in der Ein­fluBnahme zwischen internationalen Organisationen und den EO ziehen. Dies wird vor allem am Beispiel Polens deutlich. Denn in Spanien hat sich wohl gezeigt, daB die EO einen starken EinfluB auf die Reformtatigkeit austibte, die internationalen Organisa­tionen waren hingegen, anders als noch beim Stabilisierungsplan von 1959, nicht direkt in die Umsetzung von MaBnahmen einbezogen. Zu Beginn des politis chen und wirtschaftlichen Umbruchs in Polen spielte der IWF eine tiberragende Rolle, sowohl bei der Ausarbeitung als auch bei der Umsetzung des stabilisierungspolitischen Teils des Transformationsprogramms, der dartiber hinaus auch Aspekte der Liberalisierung bertihrte. Die Oewahrung finanzieller Untersttitzung in Form des Stand-by Kredits war gekoppelt an die im Memorandum der Regierung gemachten Zusagen, am eingeschla­genen Kurs festzuhalten. Oleiches galt auch fUr den EinfluB der Weltbank, we1che die Oewahrung des Strukturanpassungskredits ebenso mit der ErfUllung der im Memoran­dum gemachten Zusagen verkntipfte. 1m Vergleich zum IWF legte die Weltbank groBe­res Oewicht auf strukturelle Aspekte. Beide Institutionen besaBen tiber die hohe Auslandsverschuldung Polens ein zusatzliches Druckmittel. Es hat sich gezeigt, daB der Umfang der finanziellen Untersttitzung von seiten der EO, die hauptsachlich tiber das PHARE-Programm abgewickelt wurde,286 nicht sehr groB war. Der wesentliche Unterschied gegentiber den beiden international en Organisationen bestand jedoch hinsichtlich der Ablaufe. Wahrend IWF und Weltbank nach AbschluB der Stabili­sierung und wesentlicher Teile der Liberalisierung an Bedeutung verloren, nahm der EinfluB der EO im Zuge der Bestrebungen tiber die Einleitung von Beitrittsverhand­lungen zu. 1m Zentrum dieses Prozesses stand und steht, wie auch im Falle Spaniens, die mit einem Beitritt verbundene Ubernahme des gesamten EU-Regelwerks, des Acquis Communautaire. Die im V orfeld vollzogene Anpassung an den Aquis fUhrte zu umfangreichen institutionellen Anderungen. Da es sich bei den Beitrittsverhandlungen urn einen langeren ProzeB handelt, trug er dazu bei, die Reformbestrebungen im bei­trittswilligen Polen zu stabilisieren. An Bedeutung gewann der VerhandlungsprozeB mit den EO somit dann, als die Phase der auBergewohnlichen Politik vortiber und die schwerwiegendsten Auswirkungen der Wirtschaftskrise tiberwunden waren. Mit ent­scheidend fUr den ausgepragten Wunsch der Beitrittskandidaten dtirften auch die aus

285 Vgl. o. V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien, S. 10; Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Moncloa, S. 473.

286 Vgl. KapiteI4.4.2, S. 134.

144

Page 156: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

einem Beitritt zu erwartenden Vorteile sein. Verschiedene Untersuchungen zu den Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft fUr die polnische Wirtschaft kommen zu dem Ergebnis, daB diese sich vorteilhaft auswirken wird.287 Die Anpassungserfordemisse fUr Polen sind dabei im Vergleich zu Spanien nicht allein deshalb wesentlich umfang­reicher, weil sich die Ausgangssituation der beiden Lander unterschiedlich gestaltete, sondem auch aufgrund der gestiegenen Anforderungen, die sich aus dem Acquis Communautaire ergeben?88 Wahrend zum Zeitpunkt des spanischen Beitritts am l.

Januar 1986 allgemein die Schaffung eines gemeinsamen Marktes fUr das Jabr 1992 geplant war, miissen die mittel- und osteuropaischen Beitrittslander die im Vertrag von Maastricht festgelegten Konvergenzkriterien fUr die Wirtschafts- und Wahrungsunion erfiillen.

287 So kommt eine Studie des DIW fUr die ostmitteleuropaischen Lander zu dem Ergebnis, daB der Bei­tritt zur EU zu einer Erhohung der jahrlichen Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts zwischen 0,3 und 0,7 Prozentpunkte fUhren wird. Vgl. Weise, C. et al. (1997): Ostmitteleuropa auf dem Weg in die EU - Transformation, Verflechtung, Reformbedarf, S. 177f.

288 Vgl. Hardes, H.-D.; Stupp, S. (1996): Die Integrationserfahrungen Stideuropas: Wirtschaftlicher Wegweiser fUr eine Osterweiterung der Europaischen Union?, in: Osteuropa Wirtschaft, S. 380f.

145

Page 157: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

5 Auswirkung der Reform bzw. Transforma­tion auf die Wirkungsweise der Wirtschaft

5.1 Modernisierungstendenzen in der spanischen Wirtschaft seit Ende der 1970er Jahre

1m folgenden Abschnitt solI untersucht werden, inwieweit die Reforrnbestrebungen zu einer Modemisierung der spanischen Wirtschaft beitrugen. Ein wichtiger Anhaltspunkt ist dabei die Betrachtung des spanischen AuBenhandels, der die intemationale Wett­bewerbsfahigkeit der Wirtschaft widerspiegelt. Besonderes Augenmerk solI auf die Entwicklung des spanischen AuBenhandels fUr Industriegiiter gelegt werden.

5.1.1 Die Entwicklung des spanischen Au6enhandels fiir Industriegiiter

Das am sUirksten wachsende Segment im Wachstum des Welthandels nach 1945 war der intraindustrielle Handel. 1 Dies war vor allem im Handel zwischen IndustrieHindem zu beobachten und wurde durch die versUirkte Liberalisierung des AuBenhandels sowie die infolge des Einkommenswachstums sUirkere Nachfragedifferenzierung in dies en Uindem ausge16st. Intraindustrieller Handel bezeichnet den Handel zwischen zwei Wirtschaftsraumen mit Industriegiitem der gleichen Warenkategorie. Ein Vergleich der Handelsverflechtungen fUr Industriegiiter mit anderen Landem fUr das Jahr 1983, gemessen mit dem Finger-DeRosa-Koeffizienten (FDRK) der Handelsiiberschnei­dungen als MaB fUr den Umfang intraindustriellen Handels, zeigt, daB in Spanien noch deutlich starker interindustrieller Handel vorherrschte, als in den EG-Mitgliedslan­dem?

J Vgl. Buchheim, C. (1994): Industrielle Revolutionen. Langfristige Wirtschaftsentwicklung in Grol3-britannien, Europa und in trbersee, S. 36.

2 Der Finger-DeRosa-Koeffizient der HandeIsiiberschneidungen (FDRK) berechnet sich wie folgt:

Page 158: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Tabelle 5.1: Intraindustrieller Handel Spaniens mit den Mitgliedstaaten der EG im Zeitraum 1979 bis 1994

Jahr Finger-DeRosa Veranderung ggii. Saldo der Ex - und

Koeffizient Vorjahr (%) Importe (SITC-

Gruppe 5-8, Mio. US-$)

1979 0,653 -- 934,6

1980 0,675 +3,4 695,5

1981 0,663 - 1,8 1329,6

1982 0,734 + 10,6 1 734,3

1983 0,640 - 12,7 -486,1

1984 0,638 -0,4 389,9

1985 0,662 +3,8 355,2

1986 0,695 + 5,0 -2340,8

1987 0,741 + 6,6 -6450,7

1988 0,756 + 2,0 -9180,9

1989 0,747 - 1,1 -11 831,9

1990 0,729 - 2,4 -13 697,3

1991 0,706 - 3,2 -13 720,4

1992 0,733 +3,9 -14866,3

1993 0,751 +2,4 -6845,3

1994 0,748 -0,4 -6366,0

Quelle: GECD. Department of Economics and Statistics (Hrsg.): Foreign trade by

commodities, Series C, verschiedene Jahrgange, eigene Berechnungen

iLmin(Xi'Mj)

FDRK= i(x j +M j ) ,

wobei Xj die Exporte und M j die Importe def Warengruppe i bezeichnen. Vgl. Donges, J. B.;

Schatz, K.-W. (1985): The Iberian countries facing EC-membership: Starting conditions for their industry, in: Weltwirtschaftliches Archiv, S. 764ff.

148

Page 159: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Wahrend 1983 die neun EG-Lander - auBer Griechenland - einen Koeffizientenwert von 0,985 im Handel untereinander erreichten, lag der Wert fUr den Handel Spaniens mit diesen Uindern bei 0,640 und damit noch deutlich tiber den Werten fUr den Handel mit anderen Uindern. Tabelle 5.1 zeigt die Entwicklung des Koeffizienten3 sowie die Handelsbilanz fUr Industriegiiter der Kategorie 5 bis 8 der Standard International Trade Classification (SITC) im Zeitraum von 1979 bis 1994 mit den Mitgliedsstaaten der EG. In den Jahren von 1979 bis 1985 unterlag der Koeffizient starken Schwankungen, ohne erkennbare Steigerungstendenz. Dies anderte sich bis zu einem gewissen Grade im darauffolgenden Zeitraum mit dem Beitritt Spaniens zu den EG.

Der Beitritt Spaniens zu den EG im Jahr 1986 fUhrte zu positiven Erwartungen tiber die zuktinftige wirtschaftliche Entwicklung, was zu einem Anstieg des privaten Konsums und somit auch der inlandischen Nachfrage fUhrte. 4 Dariiber hinaus wurden, vor allem in den Jahren 1985/86, umfangreiche Investitionen zur Erneuerung der Produktionsanlagen und Umstellung der ProduktionsabIaufe aufgrund der bevorste­henden Offnung des spanischen Marktes getatigt. Die Mittel fUr Investitionen flossen dabei zu einem groBen Teil in Form von auslandischem Kapital nach Spanien. Ein Schwerpunkt der Investitionstatigkeit lag auf der besseren technischen Ausstattung der Betriebe. In den Jahren 1985 bis 1988 war dann auch ein starkes Ansteigen des Koeffizienten und damit des AusmaBes intraindustriellen Handels mit den EG-Mit­gliedsIandern zu verzeichnen. Uberraschenderweise war jedoch in den Jahren 1989 bis 1991 ein Rtickgang des Koeffizienten zu beobachten. Danach scheint er sich auf einen Wert urn 0,75 zu stabilisieren, der jedoch noch deutlich unter dem Wert der anderen EG-Mitgliedsstaaten liegt.

Wie in Kapitel 4.3 dargestellt, war mit dem Beitritt Spaniens zu den EG die schritt­weise Eingliederung in die bestehende Zollunion und Freihandelszone verbunden. Bis Ende 1992 war dieser ProzeB abgeschlossen und Spanien hatte seine Zollsatze gegen­tiber Mitgliedslandern abgeschafft sowie diejenigen gegentiber DrittIandern dem gemeinsamen EG-AuBenzoll angepaBt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den handelsschaffenden und den handelsumlenkenden Effekten, die mit einem Beitritt zu einer Zollunion und Freihandelszone verbunden sind.s Denn einerseits ist durch den allgemeinen Abbau von Handelsschranken ein zusatzlicher Anstieg im AuBenhandel - also die Schaffung von Handel - zu erwarten, andererseits deutet die

3 Berechnet auf zweistelliger SITC-Ebene. 4 Vgl. Myro Sanchez, R. (1993): La industria, de la autarqufa a la integraci6n en la CE, in: Garcia

Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana. economia, S. 323ff. 5 Vgl. Glismann, H. H. et al. (1992): Aul3enhandels- und Wahrungspolitik, S. 106f.

149

Page 160: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Asymmetrie in der Handelsliberalisierung auf eine Verlagerung der Handelsstrome hin. Es wird deshalb im folgenden zunachst untersucht, wie sich der intraindustrielle Handel gegeniiber den iibrigen OECD-Landem entwickelt hat. Daran schlieBt sich eine Betrachtung des spanischen Handelsvolumens von Industriegiitem mit der OECD an.

Tabelle 5.2: Intraindustrieller Handel Spaniens mit den Staaten der OECD (au6er EG) im Zeitraum 1979 bis 1994

Jahr Finger-DeRosa Veranderung ggii. Saldo der Ex- und Koeffizient Vorjahr (%) Importe (Gruppe 5-

8, Mio. US-$)

1979 0,498 -- 168,4 I I

1980 0,531 + 6,6 676,5

1981 0,503 - 5,4 335,1

1982 0,551 + 9,5 854,8

1983 0,404 - 26,6 -1296,6

1984 0,340 - 1,1 -179,1

1985 0,439 + 10,0 -574,0

1986 0,438 -0,4 -2071,0

1987 0,432 - 1,4 -3320,7

1988 0,340 - 8,1 -5303,9

1989 0,383 -3,4 -7177,2

1990 0,407 + 6,3 -8435,6

1991 0,442 + 8,6 -9019,0

1992 0,497 + 12,3 -8676,1

1993 0,530 + 6,6 -6036,0

1994 0,563 + 6,2 -5493,8

Quelle: OECD. Department of Economics and Statistics (Hrsg.): Foreign trade by commodities, Series C, verschiedene Jahrgange, eigene Berechnungen

150

Page 161: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Fur den Zeitraum von 1979 bis 1985 zeigen Tabelle 5.1 und Tabelle 5.2 jeweils gleichgerichtete Veranderungen des Koeffizienten im Handel mit den EG- und den ubrigen OECD-Staaten, wobei auch bei letzteren kein Trend in der Entwicklung des FDRK auszumachen ist. Der Vergleich zur Entwicklung des intraindustriellen Handels mit den EG zeigt jedoch zum einen das geringere Ausgangsniveau des Koeffizienten, zum anderen die ausgepragteren Schwankungen im Handel mit den restlichen OECD­Staaten. Nicht zuletzt der enorme Ruckgang des Koeffizienten urn 26,6 % im Jahr 1983, der ebenso wie im Handel mit den EG von einem Wechsel zu einem Handels­bilanzdefizit fUr Industriegiiter begleitet wird, war ausschlaggebend dafUr, daB der Wert fUr 1985 unter demjenigen fUr 1979 lag.

In den ersten Jahre nach dem Beitritt Spaniens zu den EG, die einen deutlichen An­stieg des Koeffizienten im Handel mit den anderen Mitgliedsstaaten der EG zeigten, war fUr den Industriegiiterhandel mit den restlichen Landem der OECD, wie in Ta­belle 5.2 deutlich wird, eine gegenlaufige Entwicklung zu verzeichnen. Dies mag einerseits mit dem steigenden Defizit im Industriegiiterhandel mit diesen Landem in Zusammenhang stehen, kann aber auch Ergebnis einer Handelsumlenkung infolge des EG-Beitritts sein. Erst zu Beginn der 1990er Jahre ist eine annahemd gleichgerichtete Entwicklung des Koeffizienten zu beobachten.

Fur eine Beurteilung der AuBenhandelsentwicklung mit Industriegutem ist die Be­trachtung des Verflechtungsgrades allein jedoch nicht ausreichend, da ein hoher Ver­flechtungsgrad bei geringem Umfang keine entscheidenden Impulse fUr die Wirtschaft erwarten liiBt. Deshalb soll zusatzlich die Entwicklung des Handelsvolumens, also der spanischen Ex- und Importe, fUr Industrieguter betrachtet werden. Auch hier zeigt sich fUr die Jahre von 1979 bis 1985 kein eindeutiger Trend, bei gleichzeitig sehr ausge­pragten Schwankungen. Wie Tabelle 5.3 zeigt, ist der Anteil des AuBenhandels mit den EG-Staaten am AuBenhandel mit der OECD rUcklaufig.

Deutlich zeigt sich der Anstieg im Handelsvolumen mit Industriegutem im AnschluB an den Beitritt zu den EG. Der steigende Anteil des Handelsvolumens mit den Mit­gliedsstaaten der EG ist Zeichen einer Handelsumlenkung, die jedoch vor dem Hinter­grund einer insgesamt stiirkeren Handelsintegration stattfand.

151

Page 162: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

I

Tabelle 5.3: Das Handelsvolumen Spaoiens fUr Industriegtiter (SITe 5·8) im Zeit· raum 1979 bis 1994

OEeD (inkl. EG) EG

Jahr Handelsvolumen Verand. Handelsvolumen Verand. ggii. Anteil am : in Mio. US-$ ggii.Vorjahr in Mio. US-$ Vorjahr in % Handelsvol.

in % OEeD in %

1979 18568,0 -- 13808,2 -- 74,4

1980 22368,3 20,5 16859,5 22,1 75,4

1981 20444,1 -8,6 14580,1 -13,5 71,3

1982 21 487,7 5,1 15658,9 7,4 72,9

1983 19 168,5 -10,8 13 690,8 -12,6 71,4

1984 21 768,4 13,6 15497,9 13,2 71,2

1985 23914,0 9,9 17 316,2 11,7 72,4

1986 34906,5 46,0 26429,4 52,6 75,7

1987 48966,7 40,3 38188,1 44,5 78,0

1988 62261,1 27,1 48529,0 27,1 77,9

1989 72 483,8 16,4 56575,6 16,6 78,1

1990 92691,9 27,9 73935,1 30,7 79,8

1991 99632,2 7,5 79911,6 8,1 80,2

1992 108364,7 8,8 87502,7 9,5 80,7

1993 88677,1 -18,2 70231,8 -19,7 79,2

1994 103659,4 16,9 83648,2 19,1 80,7 -- --- - - - - ----- --- -

QueUe: OEeD. Department of Economics and Statistics (Hrsg.): Foreign trade by commodities, Series e, verschiedene Jahrgange, eigene Berechnungen

Trotz des zunehmenden intraindustrieUen Handels, sowohl mit den EG-Mitgliedsstaa­

ten als auch mit den tibrigen Staaten der OEeD ist weiterhin ein deutlicher Abstand

zum Grad der intraindustriellen Handelsverflechtung der tibrigen Mitgliedsstaaten zu verzeichnen. Der Beitritt Spaniens ftihrte neben der auBenwirtschaftlichen Offnung

152

Page 163: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

tiber den Zollabbau auch zu einem sprunghaften Anstieg der Auslandsinvestitionen.6

Bereits seit 1983 war ein starker Anstieg im Verhaltnis der Ausrustungsgtiter zu den Investitionen in Spanien zu beobachten, von 22 % im Jahr 1983 auf tiber 50 % im Jahr 1991.7 Die damit verbundene Modemisierung der Produktionsanlagen fUhrte in der Folge zu einem Anstieg des FDRK. Nach diesem Schub im Handelsvolumen folgte jedoch eine deutliche Verlangsamung des Wachstums, 1993 sogar ein starker Einbruch gegentiber den Mitgliedsstaaten, die annahemd 80 % des spanischen AuBenhandels mit Industriegtitem auf sich vereinten. Eine Ursache fUr die im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten geringe intraindustrielle Verflechtung des spanischen AuBenhandels konnte in der mangelnden technologischen Dynarnik der spanischen Wirtschaft liegen. Der Anteil der Ausgaben fUr Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt in Spanien entwickelte sich von 0,4 % im Jahr 1980 auf 0,9 % im Jahr 1992 und lag damit immer noch deutlich unter den Anteilswerten fUr die Lander der OEeD, die 1992 im Durchschnitt 2,3 % des Bruttoinlandsprodukts fUr Forschung und Entwick­lung aufwendeten. 8

In einer Untersuchung von spanischen Untemehmen, die Technologie im- oder expor­tieren zeigte sich, neben einem ausgepragten Defizit in der spanischen Technologie­bilanz - der Wert der Technologieimporte tiberstieg den Wert der Technologieexporte urn mehr als das Vierfache -, daB 48 % der Technologieexporte von Firmen erwirt­schaftet wurden, die gleichzeitig 53 % der Technologieimporte auf sich vereinten.9

Dabei versammelten als wichtigste Technologieimporteure die Sektoren Fahrzeug-, Elektromaschinen-, Lebensmittel-, Textilindustrie und chemische Industrie 73 % der Technologieimporte auf sich. Auf der anderen Seite tatigten die Sektoren Dienstlei­stungen, Energie und Wasser, Elektromaschinenindustrie, Lebensmittelindustrie und Eisenhtittenindustrie 57 % der Technologieexporte.

6 Wiihrend sich die Auslandsinvestitionen in Spanien im Zeitraum 1979 bis 1985 verdreifachten, fand 1986 und 1987 jeweils eine Verdopplung statl. Vgl. Alonso, J. A. (1993): EI sector exterior, S. 446.

7 V gl. Gordo, E. (1996): La apertura de los rnercados intemacionales y el deficit comercial espanol, S.102.

8 Vgl. Instituto Nacional de Estadfstica (Hrsg.) (1995): Estadfstica sobre las actividades en investiga­cion cientffica y desarrollo tecnologico (I+D) 1993, S. 30, 34.

9 Vgl. Sanchez Munoz, M. P. (1984): La dependencia tecnologica espanola: Contratos de transferencia de tecnologfa entre Espana y el Exterior, S. 386ff.

153

Page 164: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Tabelle 5.4: Die Ausgaben fiir Forschung und Entwicklung (F&E) in Spanien im Zeitraum 1980 bis 1992

Jahr F&E-Ausgaben Index der F &E- F&E-AusgabenJ (in jeweiligen Ausg. (in konst. Pr.; Bruttoinlands-

Preisen, Mio. Ptas) 1986 = 100) produkt (in %)

1980 65090 63 0,43

1981 72 813 63 0,43

1982 96002 72 0,49

1983 107664 73 0,48

1984 126199 76 0,49

1985 155341 87 0,55

1986 197676 100 0,61

1987 230501 110 0,64

1988 287689 130 0,72

1989 339324 144 0,75

1990 425829 168 0,85

1991 479372 176 0,88

1992 539919 186 0,92 - -

* ab 1986 sind private Institutionen ohne Gewinnabsicht enthalten

Quelle: Instituto Nacional de Estadfstica (Hrsg.): Estadfstica sobre las actividades en investigaci6n cientffica y desarrollo tecnol6gico (I+D), verschiedene Jahrgange

Die Aufteilung der Unternehmen, die Forschungs- und Entwicklungsaktivitaten durch­fUhren nach UnternehmensgroBe ergab fUr das Jahr 1989 folgendes Bild. Unternehmen mit bis zu 49 Beschliftigten stellten einen Anteil von 33,6 %, Unternehmen mit 50 bis 249 Beschliftigten einen Anteil von 35 % und Unternehmen mit 250 bis 499 Beschaf­tigten einen Anteil von 13,6 % der spanischen Unternehmen, die Forschungs- und Entwicklungsaktivitaten durchfUhren. 10 Zusammen stellten kleine und mittlere Unter­nehmen somit tiber 80 % der Unternehmen mit Forschungs- und Entwicklungsaktivi-

10 Vgl. Buesa, M,; Molero, J. (1993): Patrones de innovacion y estrategias tecnologicas en las empresas espanolas, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economia, S. 789.

154

Page 165: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

taten, die in der Regel Investitionen notwendig rnachten. Es soli deshalb irn folgenden auf die Finanzierungssituation der spanischen Unternehrnen eingegangen werden.

Eine ftir den Zeitraurn von 1983 bis 1992 von der Banco de Espana durchgeftihrte

Untersuchung der Bilanzen spanischer Unternehrnen erfaBte unter anderern die Renta­bilitat, die Verzinsung der Frerndmittel und den Verschuldungsgrad nach Unterneh­rnensgroBe. ll Die Finanzierungskosten spanischer Unternehrnen standen dabei in den 1980er Jahren in urngekehrtern Verhaltnis zur UnternehrnensgroBe. 12 Durch die hohe­

ren Kapitalkosten ftir kleine Unternehrnen rnuBten sich diese bei Investitionsentschei­dungen auf Projekte mit einer hoheren Rentabilitat verlegen. Dies spiegelte sich in einer inversen Relation zwischen UnternehrnensgrOBe und Rentabilitat in Spanien wider.

Der rnangelnde Zugang zu Finanzierungsrnoglichkeiten auBerte sich auch irn Ver­schuldungsgrad kleiner und mittlerer Unternehrnen, der tiber den gesarnten betrach­

teten Zeitraurn deutlich geringer als der Verschuldungsgrad der GroBunternehrnen war. Wahrend sich bei den kleinen und mittleren Unternehrnen keine eindeutige Tendenz abzeichnete, war ein rnerklicher Rtickgang beirn Verschuldungsgrad der GroBunter­nehrnen von 56 % irn Jahr 1983 auf 47 % irn Jahr 1990 zu verzeichnen. 13 Werden innerhalb der GroBunternehrnen staatliche und private Unternehrnen unterschieden, so lag der Verschuldungsgrad bei den staatlichen Unternehrnen 1983 mit 62,3 % urn 9,5 Prozentpunkte hoher als der Verschuldungsgrad privater GroBunternehrnen. Diese Differenz verringerte sich bis 1986 auf unter 1 Prozentpunkt. Die Angleichung in den Verschuldungsgraden privater und staatlicher GroBunternhernen in der zweiten Halfte der 1980er Jahre deutet auf die Wirksamkeit der unter der PSOE-Regierung angel au­fenen Urnstrukturierungspolitik hin. Die durchgehend hOheren Finanzierungskosten ftir kleine und mittlere Unternehrnen dtirften somit einen Ausbau der Forschungs- und Entwicklungsaktivitaten und damit eine noch hohere Dynamik in dies en Unternehrnen

gehemmt haben.

Eine weitere Ursache ftir die schwache technologische Position kann in der rnangeln­den Schulbildung in Spanien gesehen werden. Obwohl die Qualifikation unter jtinge­ren Menschen in Spanien stieg, lag das Bildungsniveau der Spanier irn Alter von 25 bis

II Die Untersuchung basierte auf Fragebogen, deren Beantwortung freiwillig war. Die Zahl der antwor­tenden Unternehmen bewegte sich zwischen 3223 und 7512.

12 Vgl. Ocana, C.; Salas, V.; Valles, J. (1994): Un amilisis empfrico de la financiaci6n de la pequena y mediana empresa manufacturera espanola: 1983-1989, S. 89f.

13 Vgl. Banco de Espana (Hrsg.) (1993): Central de balances. Resultados de las empresas no finan­cieras, S. 46.

155

Page 166: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

64 Jahren Ende der 1980er Jahre deutlich unterhalb des EG-Durchschnitts. 14 Auch im Vergleich des Anteils der offentlichen Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt lag Spanien weit zurUck. Die Ausgaben pro Student betrugen weniger als die Halfte des OECD-Durchschnitts. AuBerdem war die Zahl der Studenten, die eine hohere techni­sche Ausbildung durchliefen, gering. ls Die in den 1970er Jahren durchgeftihrte Expan­sionspolitik in der Hochschulbildung hatte als wesentliches Ziel die Schaffung von Studienmoglichkeiten zu moglichst geringen Kosten. Dies ftihrte in der Folge zu einer starken Verzerrung des Bildungsangebots zugunsten der im Vergleich zur technischen Bildung gunstigeren Geistes- und Sozialwissenschaften. Ebenso liegen die Humanka­pitalinvestitionen spanischer Finnen weit unterhalb des Niveaus der groBen EG-Lan­der. 1m Industriesektor beispielsweise betrug der Anteil der Humankapitalinvestitionen an den gesamten Arbeitskosten gerade einmal 0,2 %, gegenuber mehr als 1 % in Deutschland, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Konigreich.

Mit dem Gesetz zur Allgemeinen Ordnung des Bildungssystems (LOGSE 1/1990) aus dem Jahr 1990 wurde eine allgemeine Bildungsperiode von zehn Jahren in der Primiir­und Sekundarstufe garantiert sowie MaBnahmen zur Verbesserung der Bildungsqua­litat festgeschrieben. 16 Da sich Investitionen in Humankapital erst mit einer Verzoge­rung bemerkbar machen, ist eine Annaherung an die in den Mitgliedsstaaten beste­henden Verhaltnisse zu einem spateren Zeitpunkt zu erwarten. Die mangelnde Hu­mankapitalausstattung konnte eine Erkliirnng ftir das weiterhin hohe Niveau der Arbeitslosigkeit in Spanien sein. In der Literatur wird als Grund dagegen meist die rigide Ausgestaltung der Beschaftigungsverhaltnisse angeftihrt.

5.1.2 Die Entwicklung des spanischen Arbeitsmarkts

In den Jahren 1979 bis 1985 nahm in Spanien die Arbeitslosigkeit stetig zu, was sich in einem Anstieg der Arbeitslosenquote von 8,7 % auf 20,8 % niederschlug. 17 GemaB den in der Europaischen Arbeitskrafteerhebung errnittelten Zahlen ging die Quote bis 1991 auf 15,9 % zuruck und stieg im AnschluB daran rapide auf 24,3 % im Jahr 1994. 18 Bis 1997 verringerte sie sich wiederum auf 20,9 %. Fur die Verschiirfung der Situation auf

14 Vgl. European Commission (1995): The economic and financial situation in Spain, S. 106. 151m Jahr 1983 lag ihr Anteil an den Hochschulabschlussen bei 10,5 %, 1987 bei 9,4 %. Vgl. Casa­

nueva de Luis, A. (1992): Spain, in: OECD (Hrsg.): From higher education to employment, Bd. 2, S.99ff.

16 Vgl. Alvarez, N. (1994): Die spanische Bildungsreform im Hinblick auf die Europaisierung des Bildungswesens, S. 13lf.

17 Vgl. Banco Bilbao Vizcaya (Hrsg.) (1994): 1nforme econ6mico 1993, S. 217. 18 Vgl. Toharia, L. (1998): Spanien, in: Trends, Nr. 3D, Sommer 1998, S. 39.

156

Page 167: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

dem spanischen Arbeitsmarkt in der ersten Riilfte der 1980er Jahre gab es verschiedene Ursachen: zum einen den durch die Krise und die Umstrukturierung in der spanischen Wirtschaft ausgel6sten Abbau von ArbeitspHitzen, zum anderen den deutlichen Anstieg der aktiven Bev6lkerung. Wahrend im Zeitraum 1964 bis 1978 die aktive Bev6lkerung urn 1,08 Mio. Personen auf 13,3 Mio. Personen stieg, war das Wachstum in den Jahren von 1978 bis 1992 mit 1,94 Mio. Personen annahernd doppelt so hoch. 19 Griinde fUr diese Entwicklung waren zum einen der steigende Anteil der Frauen an der aktiven Bev6lkerung und zum anderen die abnehmende Abwanderung spanischer Arbeitskrafte ins Ausland.

Tabelle 5.5: Veranderung der aktiven BevOlkerung, der Arbeitslosigkeit und der Zahl der Arbeitsplatze in Spanien im Zeitraum 1979 bis 1990 (in 1000)

1979-85 1985-90 1990-95

jahrl. gesamt Jahrl. gesamt jahrl. gesamt

Aktive Bev6lkerung 134 939 236 1414 76 402

Arbeitslose 259 1 810 - 84 - 506 229 1204

Arbeitsplatze gesamt - 124 - 871 320 1920 - 153 - 802

Landwirtschaft - 46 - 326 -77 - 464 - 66 - 346

Industrie - 59 - 411 64 382 - 99 - 522

Bauwirtschaft - 43 - 302 74 443 - 19 - 102

Dienstleistungen 24 168 395 1579 32 168

QueUe: Garcia Roa, J. (1996): Caracteristicas evolutivas y configuraci6n actual del mercado de trabajo, S. 115

Wie in Tabelle 5.5 dargestellt, fand in den Jahren von 1979 bis 1985 ein jahrlicher Abbau von 124 000 Arbeitsplatzen statt, wobei einzig der Sektor Dienstleistungen einen Zuwachs an Arbeitsplatzen verzeichnen konnte. In den Jahren 1979 bis 1985 war zudem der Anstieg der aktiven Bev6lkerung mit jahrlich 134 000 Personen gr6Ber als der Abbau der Arbeitsplatze und war demnach in h6herem MaBe am Anstieg der Arbeitslosigkeit beteiligt. Mit umgekehrten Vorzeichen fand diese Entwicklung im

19 Vgl. Myro, R. (1993): La evoluci6n de la economia espanola a traves de sus principales magnitudes agregadas, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economia, S. 1237.

157

Page 168: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

darauffolgenden Zeitraurn statt, als annahemd 2 Mio. Arbeitsplatze geschaffen wur­

den, die Arbeitslosigkeit sich jedoch nur urn 0,5 Mio. Personen verringerte, da die

aktive Bevolkerung urn beinahe 1,5 Mio. Personen zunahrn. Jedoch kann daraus nicht

gefolgert werden, das Wachsturn der aktiven BevOlkerung liefere eine hinreichende

Erklarung der hohen Arbeitslosigkeit in Spanien. Denn ebenso wie die spanische Wirt­

schaft durchlief auch der Anteil der aktiven BevOlkerung einen AufholprozeB auf die

in den anderen Mitgliedslandem bestehenden Werte. Es ist somit zu hinterfragen, wes­

halb die spanische Wirtschaft nicht in der Lage war, in ausreichendern Urnfang neue

Arbeitsplatze zu schaffen.

Ein Vergleich der Ausbildungsstruktur der Beschaftigten 1982 und 1991 zeigt, daB

1982 unter den beschaftigten Frauen 66,4 % lediglich Grundschulbildung ohne

AbschluB besaBen, und dieser Anteil ging bis 1991 auf 41,7 % zuriick?O Derngegen­

tiber lag der Anteil der Beschaftigten mit Grundschulbildung ohne AbschluB bei den

Mannem hoher. So waren 1982 noch 73,8 % der beschaftigten Manner ohne Schul­

abschluB und 1991 immer noch 51,4 %. In einer Untersuchung zur Arbeitslosigkeit fUr

die Jahre 1977, 1982 und 1986 zeigte sich, daB die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu sein, mit steigendern Bildungsstand zuriickging?l Dieses Ergebnis ist jedoch fUr die

fUnf untersuchten Bildungsgruppen nicht einheitlich, und die Vermutung, daB mit

hoherer Bildung die Wahrscheinlichkeit der Beschaftigung stieg, konnte nicht durch­

gehend bestatigt werden. Zwar gibt es einen deutlichen Unterschied mit jeweils signi­

fikanten Ergebnissen zwischen Personen ohne Schulbildung und Analphabeten auf der einen Seite und Personen mit GrundschulabschluB auf der anderen.22 Die Ergebnisse

fUr 1977 zeigen, daB die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu sein, sich bei der ersten

Gruppe erhOhte, wahrend sie bei der zweiten Gruppe zuriickging. Jedoch sind die

Werte fUr die nachsten beiden Gruppen mit hOherer Schulbildung nicht mehr signifi­

kant und betragsrnaBig geringer, und fUr die fUnfte Gruppe der Personen mit Hoch­

schulbildung fand sogar eine Umkehr des Vorzeichens statt, d.h. sie besaB eine hohere

Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu sein.

Die Ergebnisse fUr 1982 zeigten keine Richtungsanderungen in den Einfltissen, jedoch

ist die GroBe des Einflusses in allen fUnf Gruppen geringer ausgepragt. Eine wesent­

liche Veranderung in den Ergebnissen ist fUr 1986 feststellbar. Die Wahrscheinlichkeit

fUr die Gruppe der Analphabeten und der Personen ohne Schulbildung, arbeitslos zu

20 Vgl. Centro de Estudios Econ6micos Fundaci6n Tornillo (1996): El emp\eo en Espana y Europa. Un amilisis comparado por sectores, S. 311-316.

21 Vgl. Gracia-Dfez, M. (1988): Rasgos caracterfsticos del desempleo y de la participaci6n en el mer­cado de trabajo en Espana, S. 18f.

22 Vgl. ebenda, S. 42f.

158

Page 169: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

werden, war deutlich tiber den Wert von 1977 gestiegen, und die geringste Wahr­scheinlichkeit wies hier die dritte Gruppe der Personen mit AbschluB nach zehn Jahren Schulbildung auf. Die Ergebnisse fUr die beiden hOchsten Bildungsgruppen sind nicht signifikant, tragen jedoch beide ein negatives Vorzeichen. Insofem bestatigte die Un­tersuchung den Wandel im Anforderungsprofil auf dem spanischen Arbeitsmarkt hin zu einer mittleren Bildung.

Die Fortsetzung dieser Entwicklung hin zu einem hOheren Anforderungsprofil wurde in einer nach Mannem und Frauen getrennten Untersuchung fUr das Jahr 1993 besta­tigt.23 Auch hier wurde die Wahrscheinlichkeit untersucht, arbeitslos zu sein. Bei den Mannem verringerte sich diese Wahrscheinlichkeit durchgehend von 44 % fUr die Gruppe der Analphabeten oder ohne Schulbildung auf 15 % fUr die Gruppe mit der zweithOchsten Schulbildung, die eine dreijahrige Hochschulbildung durchlaufen hatten. Die Wahrscheinlichkeit fUr Frauen zeigte dieselbe Tendenz, jedoch auf einem hOheren Niveau, und wamend bei Mannem der groBte Sprung zwischen der Grund­schulbildung und der zehnjahrigen Schulbildung auftrat, befand er sich bei Frauen zwischen der Berufsausbildung nach zwolfjahrigem Schulbesuch und der dreijahrigen Hochschulbildung. Eine ErhOhung der Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu sein, war jedoch wiederum ftir beide Gruppen bei ftinfjahriger Hochschulbildung feststellbar. Es zeigte sich insgesamt die Tendenz, daB im Zeitablauf eine hohere Bildung die Chancen auf dem Arbeitsmarkt immer weiter verbessert hat, was auf eine steigende Nachfrage nach gut ausgebildeten Arbeitskraften schlieBen laBt. Allerdings blieb die Gesamtnach­frage nach Arbeit in Spanien gering.

23 Vgl. Garcia Serrano, c.; Toharia, L. (1994): Para y forrnaci6n prafesional: un amilisis de los datos de la Encuesta de Poblacion Activa, S. 6ff.

159

Page 170: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

5.2 Auswirkungen auf die Funktionsweise und Struktur der polnischen Wirtschaft

Ein wesentliches Kennzeichen der polnischen Industrie zum Zeitpunkt des wirtschaft­lichen Umbruchs war eine Verzerrung der Struktur in Richtung der Schwerindustrie sowie die Existenz weniger groBer Staatsunternehmen.24 Die durchschnittliche Be­schaftigtenzahl pro Unternehmen - ohne die Genossenschaften - lag 1989 bei 1 132 und pro Betrieb bei 378 und damit deutlich tiber den entsprechenden Zahlen in west­lichen Wirtschaften?5

5.2.1 Die EntwickIung des polnischen AuBenhandels

Bei Betrachtung des polnischen AuBenhandels ab dem lahr 1989 - wie in Spalte (1) der Tabelle 5.6 dargestellt - fallt zunachst die deutlich weniger schwankende Ent­wicklung der Export- im Vergleich zur Importseite auf. Ftir den polnischen AuBen­handel lassen sich seit 1989 unterschiedliche Einfltisse ausmachen. Zum einen war mit der Auflosung des Rats fUr Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) ein Rtickgang des Handels mit den Staaten des Warschauer Pakts verbunden. Durch die Umstellung des innerhalb des RGW geltenden Verrechnungssystems26 auf Hartwahrungen im Januar 1991 entfiel auch die Grundlage des Verbunds zentraler Planwirtschaften.27 Folglich kam es im Juni 1991 zur formellen Auflosung des RGW. Der polnische AuBenhandel innerhalb des RGW hatte jedoch bereits vorher relativ an Bedeutung verloren. Wiih­rend Polens Exporte in zentrale Planwirtschaften von 1985 bis 199028 lediglich urn 7 % zunahmen, stiegen die Exporte in Marktwirtschaften im selben Zeitraum urn 65 %.

Bei den Importen aus zentralen Planwirtschaften war ein drastischer Rtickgang urn mehr als ein Viertel zu verzeichnen. Wie Tabelle 5.6 zeigt, war im AnschluB an die Auflosung des RGW ein deutlicher Rtickgang gegentiber den ehemaligen Mitglieds­landern sowohl in den polnischen Ex- als auch den Importen bis 1993 zu verzeichnen. Es konnte vermutet werden, daB der erneute Anstieg nach 1993, welcher auch auf den gesamten Zeitraum bezogen ein Wachstum bedeutete, auf das Ende 1992 unterzeich-

24 Vgl. Sachs, J.; Lipton, D. (1995): Poland's economic reform, S. 46 If. 25 In einer Untersuchung fiir westliche Wirtschaften fiir das Jahr 1986 lag die Zahl der Beschaftigten

pro Betrieb bei 66. 26 Die Internationale Bank fur Wirtschaft und Zusammenarbeit fuhrte die Verrechnung der Handels­

bilanziiberschiisse und -defizite im Handel zwischen den einzelnen Mitgliedsliindern durch. Als Wah­rungseinheit diente der Transferrubel. Vgl. Wilczynski, J. (1974): Das sozialistische Wirtschafts­system, S. 217.

27 Vgl. Richter, S. (1994): Life without CMEA: Foreign trade in Eastern and Central Europe, S. 185f. 28 Angaben in konstanten Preisen von 1985.

160

Page 171: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

nete und im Marz 1993 in Kraft getretene Freihandelsabkommen (CEFTA) zwischen den Visegnid-Staaten zurUckging.29 Mit diesem Datum wurde der tiberwiegende Teil der Handelsschranken fUr Rohstoffe und Halbfertigwaren abgeschafft.30 Die polni­schen Exporte in diese Staaten stiegen jedoch ab 1993 sogar geringfUgig weniger stark als die Exporte in die tibrigen ehemaligen MitgliedsHtnder des RGW.

Tabelle 5.6: Polens Au6enhandel nach Uindergruppen von 1989 bis 1996 (in Mio. US-$)

AIle Lander Industrielander RGW-Liinder*

(1) (2) (3)

Jahr Exporte Importe Exporte Importe Exporte Importe

1989 13 527 11357 6437 5968 4580 3666

1990 13 624 8974 8815 5722 3230 2472

1991 14913 17084 10 918 11 738 2712 3480

1992 13 186 15204 9016 10596 2124 2533

1993 14143 18834 10 583 14293 1 755 2502

1994 17240 21569 12937 16139 2397 3032

1995 22895 29050 17150 21452 4085 4690

1996 24440 37137 17503 27166 5 141 5886 .- ---- --------

* ohneDDR QueUe: International Monetary Fund (Hrsg.): Direction of trade statistics yearbook,

verschiedene Jahrgange, eigene Berechnungen.

I

I

Mit dem wirtschaftlichen Umbruch in Polen ging - wie dargestellt - eine Liberalisie­rung des AuBenhandels einher.31 Der im Europaabkommen festgelegte einseitige ZoU­abbau auf Seiten der EU, der ab Februar 1994 wirksam wurde, spiegelt sich im

29 Vgl. Inotai, A.; Sass, M. (1994): Economic integration of the Visegrad countries, S. 16f. Siowenien trat dem Abkommen 1996 bei.

30 Diese MaBnahme stellte die erste von drei Stufen in der Schaffung einer Freihandelszone dar. Fiir 1998 war mit dem Freihandel fUr andere gewerbliche Waren die EinfUhrung der zweiten Stufe vorge­sehen. 1m Jahr 2001 sollten schlieBlich die Beschrankungen fUr sogenannte "sensible" Industriegiiter, wie Textilien, Eisen- und Stahlerzeugnisse sowie Fahrzeuge wegfallen.

31 Vgl. KapiteI4.2.2, S. Ill.

161

Page 172: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

sprunghaften Anstieg der polnischen Exporte in die EU von 12 Mrd. US-$ im Jahr

1994 auf tiber 16 Mrd. US-$ im darauffolgenden Jahr wider, was einem Anteil von

70 % an der gesamten polnischen Ausfuhr entsprach.32

Wird analog zu Spanien das AusmaB des intraindustriellen Handels Polens betraehtet,

so ist zunaehst im Untersehied zu Spanien, wo die mit dem EG-Beitritt verbundene

auBenwirtsehaftliehe Offnung zu einem Ansteigen des FDRK gefUhrt hatte, das merk­

liehe Absinken des Koeffizienten im AnsehluB an die auBenwirtsehaftliehe Liberalisie­

rung bis zum Jahr 1993 auffallend. Als m6gliehe Ursaehen fUr diese Entwicklung

k6nnen zum einen der bis 1993 zu verzeiehnende Rtickgang im Handel mit den RGW­

Staaten - wie in Tabelle 5.6 abzulesen - und zum anderen das untersehiedliche AusmaB

der vollzogenen auBenwirtsehaftliehen Offnung angefUhrt werden. Ftir einen negativen

EinfluB der Entwieklung des AuBenhandels mit den RGW-Staaten spreehen indirekt

die Ergebnisse einer Untersuehung des intraindustriellen Handels Polens mit den

damaligen zw6lf EU-Mitgliedstaaten.33 Sie kam zu dem Ergebnis, daB dieser im Zeit­

raum 1988 bis 1994 zunahm.34 Ein weiterer negativer EinfluB kann aus der sehweren

wirtschaftliehen Krise in Polen abgeleitet werden. Diese sowie die restriktive Wirt­

sehaftspolitik in der Anfangszeit der Transformation fUhrten zu einer Eindammung der

inlandisehen Naehfrage und hatten die Erwirtsehaftung von steigenden Handelsbi­

lanztibersehtissen in den Jahren 1989 und 1990 - naeh regelmaBigen Defiziten im

Verlauf der 1980er Jahre - zur Folge, wie in der letzten Spalte von Tabelle 5.7 fUr

Industriegtiter abzulesen ist.

32 Vgl. International Monetary Fund (Hrsg.) (1997): Direction of trade statistics yearbook, S. 367ff. 33 Berechnet mit dem Grubel-Lloyd-Index auf dreistelliger SITC-Ebene. Auch dieser Index kann Werte

zwischen ° und 1 annehmen, wobei groBere Werte ein hoheres AusmaB intraindustriellen Handels anzeigen.

34 Der Index stieg von 0,33 im Jahr 1988 und 0,34 im Jahr 1991 auf 0,39 im Jahr 1994. Vgl. Weise, C. et al. (1997): Ostmitte1europa auf dem Weg in die EU - Transformation, Verflechtung, Reformbedarf, S.102f.

162

Page 173: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Tabelle 5.7: Der intraindustrielle Handel Polens mit dem Ausland im Zeitraum 1989 bis 1995

Jahr Finger-DeRosa Veranderung ggii. Saldo der Ex- und Koeffizient Vorjahr (%) Importe (Gruppe 5-

8, Mio. US-$)

1989 0,746 ---- 1913,4

1990 0,606 - 18,8 3477,3

1991 0,570 - 6,0 - 130,2

1992 0,554 - 2,7 - 1 090,6

1993 0,511 -7,7 - 2 407,6

1994 0,519 +1,4 - 2 406,8

1995 0,564 + 8,8 - 3 412,6 -

QueUe: United Nations. Department for Economic and Social Information and Policy Analysis (Hrsg.): International trade statistics yearbook. Volume I, verschiedene Jahrgange, eigene Berechnungen.

Der mit der Umsetzung des Europaabkommens seit Anfang 1994 verbundene, erleich­terte Zugang zum EU-Absatzmarkt flir polnische Produkte spiegelt sich in dem merkli­chen Anstieg des Koeffizienten wider. Ein direkter Vergleich der Werte flir Spanien und Polen ist nicht moglich, da flir Polen keine nach Landern bzw. Landergruppen differenzierten Statistiken vorlagen. Aufgrund der fehlenden Untergliederung flir Polen, durch die eine Saldierung von Uberschiissen und Defiziten zwischen einzelnen Handelspartnern stattfindet, ergeben sich damit tendenzieU hOhere Koeffizientenwerte flir Polen.

5.2.2 Die Entwicklung des Privatsektors in Polen

Da in Polen der Ubergang von einer Zentralplanwirtschaft mit iiberwiegend staatlichen Unternehmen zu einem marktwirtschaftlichen System mit vornehrnlich privaten Unter­nehmen eine wesentliche Herausforderung der Transformation darsteUte, soU im fol­genden Abschnitt kurz betrachtet werden, inwieweit sich das gesamtwirtschaftliche Gewicht des Privatsektors im Verlauf des Transformationsprozesses erhohte. Sowohl

163

Page 174: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

die Anteile des Privatsektors am Bruttoinlandsproduke5 als auch an der Besch1iftigung

nahmen im Zeitraum 1990 bis 1996 urn rund 20 Prozentpunkte zu. Der Niveauunter­

schied zwischen den beiden Anteilswerten scheint in den hohen Anteilen des Privat­

sektors in den Bereichen Dienstleistungen und Landwirtschaft, die in Polen beide

arbeitsintensiv sind, begrtindet zu sein. Allerdings ist eine Verringerung dieses Unter­

schieds im Zeitablauf festzustellen.

Tabelle 5.8: Anteil des Privatsektors an der Gesamtwirtschaft in Polen (in %)

Bruttoin- Besch1iftigte Investitionen Exporte Importe landsprodukt(1)

1990 - 45,1 41,3 - -

1991 - 50,2 40,8 - -

1992 47,1 53,7 44,0 38,4 54,5

1993 52,0 56,8 42,9 44,0 59,8

1994 52,2 59,4 44,0 53,2 66,9

1995 57,9 61,9 44,2 56,8 69,7

1996 60,1 64,1 46,0 62,9 75,6

1997 - - 52,0 74,3 82,5

(1) zu Faktorkosten

Quelle: G16wny urzltd statystyczny (Hrsg.) (1997): Rocznik statystyczny 1997, S. 522,

531; ders. (1998): Biuletyn statystyczny Nr. 7 (489), S. 37; eigene Berechnungen.

Die starkere Pr1isenz des Privatsektors in weniger kapitalintensiven Wirtschaftsbe­

reichen scheint fUr den relativ geringen, in der mittleren SpaJte abgetragenen Anteil der

privaten Investitionen verantwortlich gewesen zu sein. Es ist auffallend, daB erst 1997

eine deutliche ErhOhung auf 52 % stattfand. Auch wenn eine Interpretation anhand der

aggregierten GraBen schwierig ist, so l1iBt diese Entwicklung zumindest ein anhalten-

35 Die European Bank for Reconstruction and Development hat fur die Jahre 1990 und 1991 Zahlen zum Anteil des Privatsektors am Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen aufgefiihrt. Auch das polni­sche statistische Amt fiihrt im Jahrbuch die Anteile des privaten und iiffentlichen Sektors zu Faktor­kosten am Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen auf, weshalb sich die beiden Anteile nicht zu 100 % addieren. Danach nahm der Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 30,9 % im Jahr 1990 auf 51,6 % im Jahr 1996 zu. Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (Hrsg.) (1996): Transition report 1996, S. 201; G/owny urz<ld statystyczny (Hrsg.) (1997): Rocznik statystyczny 1997, S. 522.

164

Page 175: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

des Wachstum des Privatsektors fUr den weiteren Verlauf erwarten. Die in den beiden letzten Spalten aufgefUhrten Anteile an den polnischen Ex- bzw. Importen verdeut­lichen schlieBlich den starken Impuls, den der Privatsektor fUr die Offnung der polni­schen Wirtschaft gegeben hat. Mit einem Anstieg urn 36 bzw. 28 Prozentpunkte von 1992 bis 1997 war hier das starkste Wachstum zu verzeichnen.

5.2.3 Die Entwicldung der Beschaftigungssituation in Polen

In Polen war die wirtschaftliche Transformation ab Ende 1989 mit einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit verbunden. So stieg die Arbeitslosenquote von 0,1 %

Ende 1989 auf 16,0 % Ende 1994 an.36 1m darauffolgenden Jahr war jedoch erstmals wieder ein Riickgang der Arbeitslosenquote auf 14,9 % zu verzeichnen. Bis Juli 1997 ging sie nochmals deutlich auf 11,4 % zuriick.3? Es ist nun - vor allem im Hinblick auf die in Spanien zu beobachtenden Probleme bei der Bekarnpfung der Arbeitslosigkeie8

- interessant zu untersuchen, weIche Faktoren fUr dies en vergleichsweise schnellen Trendumschwung verantwortlich sein k6nnten.

Ende Dezember 1989 wurde das Gesetz iiber die Beschaftigung verabschiedet, welches unter anderem die Ausgestaltung der Arbeitslosenunterstiitzung regelte.39 Das Gesetz schrieb weder eine Anwartschaftszeit vor - es muBten also nicht vorher Beitrage in die Versicherung einbezahlt worden sein -, noch war eine Begrenzung der Leistungsdauer vorgesehen. Nach dem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit im ersten Halbjahr 1990 auf iiber 0,5 Mio. Personen40 wurde im Sommer 1990 eine Mindestbeschaftigungs­und Beitragszeit von 180 Tagen innerhalb der letzten zw6lf Monate als Anwartschafts­bedingung eingefUhrt, wobei eine urnfangreiche Liste an Ausnahmen zugelassen wurde. Eine weitere Verschiirfung erfolgte durch das Gesetz iiber Beschiiftigung und Arbeitslosigkeit von Oktober 1991, das einerseits die bestehenden Ausnahmen beziig­lich der Anwartschaft stark einschrankte und andererseits die Leistungsdauer allgemein auf zwOlf Monate begrenzte.

36 Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (1996): Transition report 1996, S. 201; European Bank for Reconstruction and Development (1997): Transition report update. April 1997, S.SI

37 Vgl. o. V. (1997): Monthly update, in: Business Central Europe, September 1997, S. 69 381m Jahr 1994 betrug die Arbeitslosenquote in Spanien immer noch 24,1 %. Vgl. Instituto Nacional de

Estadfstica (Hrsg.) (1997): Anuario estadfstico 1996, S. 161. 39 Vgl. Soltys, S, (1995): Der polnische Arbeitsrnarkt im Umbruch, S. 98, 108f. 40 Vgl. ebenda, S. 63.

165

Page 176: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

1m Bereich der Beschaftigung war nach einem Rtickgang urn rund 1,6 Mio. Personen von 1990 bis 1993 in den darauffolgenden Jahren wiederum ein leichter Zuwachs zu verzeichnen.41 Wie Tabelle 5.9 zeigt, fand in den Jahren 1990 bis 1992 ein deutlicher Rtickgang der Beschaftigung in der Landwirtschaft statt. Dieser war beinahe aus­schlieBlich auf den durch Privatisierungen und Konkurse im offentlichen Landwirt­schaftssektor bedingten Abbau von ArbeitspHitzen zurtickzuflihren.42 Mit dem Wachs­tum der Beschaftigten in der Landwirtschaft ist jedoch ab 1993 eine flir modeme Volkswirtschaften untypische Entwicklung eingetreten. Dartiber hinaus lag die Be­schaftigung in der polnischen Landwirtschaft mit einem Anteil von 28 % an den gesamten Beschaftigten im Jahr 1996 weit tiber dem Anteil in den westlichen Indu­strielandem. In Spanien betrug er zum Vergleich im Jahr 1995 gerade einmal 8,6 %.43

Tabelle 5.9: Beschaftigte in Polen nach ausgewahlten Sektoren (in 1 000)

Sektoren 1990(1) 1991(1) 1992 1993 1994 1995 1996

Gesamt 16280 15326 14677 14330 14475 14735 15017

Landwirtschaft 4395 4194 3762 3688 3887 3836 4226

Industrie (gesamt) 3250 2745 3784 3671 3641 3757 3643

Bergbau -- -- 458 421 393 375 329

Verarb. Gewerbe -- -- 3082 2979 2971 3104 3063

E1ektrizitats-, Gas- und -- -- 244 271 276 278 251 Wasserversorgung

Handel 322 212 1806 1 872 1863 1858 1843

Finanzen, Versicherung -- -- 193 218 239 256 278

Bildung -- -- 800 813 842 852 885

(I) Die kursiv gesetzten Zahlen beziehen sich nur auf den offentlichen Sektor Quelle: Wiener Institut flir Intemationale Wirtschaftsvergleiche (Hrsg.) (1996): Coun­

tries in transition 1996, S. 135; ders. (1997): Countries in transition 1997, S.140.

41 Vgl. Wiener Institut fiir Internationale Wirtschaftsvergleiche (Hrsg.) (1996): Countries in transition 1996, S. 135f.

42 Vgl. Soltys, S, (1995): Der polnische Arbeitsmarkt im Umbruch, S. 43. 43 V gl. INE (1997): Anuario estadfstico 1996, S. 161.

166

Page 177: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Da die Struktur der polnischen Landwirtschaft nach wie vor durch ein Ubergewicht

kleiner, wenig rentabler Betriebe gekennzeichnet war, kann mit einem deutlichen

Rtickgang der Beschaftigung gerechnet werden. Wahrend im verarbeitenden Gewerbe

die Beschaftigung noch bis 1994, wenn auch mit abnehmender Tendenz rUcklaufig

war, verzeichnete die Arbeitsproduktivitat - gemessen am Output pro Beschaftigten -

ab 1992 bis zum 3. Quartal 1996 jahrliche Zuwachsraten zwischen 9,6 % und 19,2 %.44

Ftir einen Vergleich der Bildungssituation in Polen und Spanien als moglichem Erkla­

rungsfaktor fUr Unterschiede in der Beschaftigungssituation in beiden Landern werden

die Anteile verschiedener Bildungsgruppen an den Erwerbstatigen und den Arbeits­

losen in Polen betrachtet. So stellten 1993 in Polen die Personen mit Hochschul­

abschluB 10,5 % der Erwerbstatigen, aber nur 3,1 % der Arbeits1osen.45 Auch bei den

Personen mit BerufsschulabschluB nach abgeschlossenem Gymnasium lag der Anteil

an den Erwerbstatigen mit 25,5 % gegentiber 22,9 % an den Arbeitslosen hOher. Wah­

rend die jeweiligen Anteile bei den Personen mit GrundschulabschluB mit rund einem

Viertel annahernd gleich lagen, war ein groBer Unterschied bei den Personen mit ein­

fachem BerufsschulabschluB46 zu verzeichnen. Mit 32,2 % lag ihr Anteil an den

Erwerbstatigen deutlich unter dem Anteil an den Arbeitslosen von 41,3 %. In Spanien

war demgegentiber der Anteil der Hochschulabsolventen an den Beschaftigten sowoh1

1982 mit 3,5 % als auch 1991 mit 6,3 % wesentlich geringer.

Nach einer abweichenden Einteilung liegen ab 1992 Daten tiber die Zusammensetzung

der Arbeitslosen in Polen nach Bildungsstand vor, die einen groben Anhaltspunkt fUr

mogliche Tendenzen in der Beschaftigungssituation in Polen liefern konnen. Deutlich

ist in Tabelle 5.10 der sinkende Anteil Arbeitsloser mit HochschulabschluB ablesbar,

sowohl in der Phase zunehmender Arbeitslosigkeit bis 1994 als auch wahrend des

anschlieBenden Rtickgangs. Diese Entwicklung laBt somit auf eine gestiegene Nach­

frage nach Arbeitskraften mit hOherer Bildung schlieBen.

44 Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (1997): Transition report update. April 1997, S. 14.

45 Vgl. Soltys, S, (1995): Der polnische Arbeitsmarkt im Umbruch, S. 82. 46 Der einfache BerufsschulabschluB umfaBt eine dreijahrige Berufsschu1e nach der Grundschule.

167

Page 178: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Tabelle 5.10: Aufteilung der Arbeitslosen in Polen nach Bildungsstand von 1992 bis 1995 (in %)

Bildungsstand 1992 1993 1994 1995

Grundschule 23,5 25,0 22,8 23,5

Berufsausbildung (I) 70,3 69,7 72,4 71,6

Einfacher HochschulabschluB (2) 2,6 2,2 2,3 2,6

HochschulabschluB 3,6 3,1 2,6 2,4

(I) nach achtjlihriger Schulbildung; (2) nach zweijahrigem Studium

Quelle: ILO (Hrsg.) (1996): Yearbook oflabour statistics, S. 379,457, 1122

Sowohl der Anstieg des Anteils an Personen mit Grundschulbildung an den Arbeits­los en von 1992 bis 1993 als auch der Riickgang von 1993 bis 1994 in Tabelle 5.10 konnten auf die in Tabelle 5.9 dargestellten Veranderungen der Beschaftigtenzahl in der polnischen Landwirtschaft zuruckzufUhren sein. Es laBt sich insofem keine Ten­denz fUr diese Gruppe feststellen. Auch fUr die Gruppe der Arbeitslosen mit einfachem HochschulabschluB scheint die Situation im Zeitablauf annahemd unverandert geblie­ben zu sein. In der sehr weit gefaBten Kategorie der Arbeitslosen mit Berufsausbildung ist hingegen bei sinkender Arbeitslosigkeit 1995 ein leichter Riickgang des Anteils zu verzeichnen.

In Polen trat wesentlich fruher als in Spanien eine Wende auf dem Arbeitsmarkt ein, mit einem deutlichen Riickgang der Arbeitslosenquote von 1994 bis Mitte 1997, wobei bereits seit 1992 eine Verbesserung der Beschaftigungssituation bei den Personen mit HochschulabschluB feststellbar war. Demgegeniiber zeichnete sich in Spanien erst Mitte der 1980er Jahre eine signifikante Verschiebung zu einer Nachfrage nach Ar­beitskraften mit mittlerem Bildungsstand ab, die zunachst mit einem Riickgang der Arbeitslosigkeit bis 1990 einherging, die jedoch mit 16,2 % immer noch iiber dem in Polen erreichten Hochststand von 16 % im Jahr 1994 lag. Fiir diese unterschiedliche Entwicklung scheint unter anderem das im Vergleich zu Spanien hOhere Bildungs­niveau in Polen verantwortlich gewesen zu sein.

168

Page 179: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

6 Die erweiterte Betrachtung als Untersu­chungsmethode

1m zweiten Kapitel wurde die Vorgeschichte der 1977 in Spanien vereinbarten Refor­men und der 1990 begonnenen Transformation in Polen untersucht. Ftir Spanien setzt die Betrachtung Ende der 1950er Jahre ein und damit kurz vor Verabschiedung eines wichtigen Reformprograrnms, des Stabilisienmgsplans von 1959. Gleiches gilt fUr die Vorgeschichte des Systemumbruchs in Polen ab 1980. Denn bereits im Herbst 1980 begann dort die Phase der Reformdiskussion, die zu partiellen Anderungen im Re­formprogramm der Regierung beitrug. Die Betrachtung der Vorgeschichte im zweiten Kapitel diente dazu, ein Konzept fUr die Untersuchung der wirtschaftlichen Umge­staltungsprojekte auszuarbeiten. 1m vorliegenden Kapitel sollen hingegen die Erkennt­nisse aus der Betrachtung der einzelnen Uinder und Perioden einander gegentiber­gestellt werden. Damit wird unter anderem tiberprtift, inwieweit die aus der Unter­suchung in den Kapiteln 3 und 4 gewonnenen Ergebnisse mit denen aus der Vorpe­riode vereinbar sind.

In Spanien hatte 1957 ein weitreichender Wechsel in den wirtschaftspolitischen Ftih­rungspositionen stattgefunden, der sowohl eine entscheidende Rolle ftir das Zustande­kommen des 1959 verabschiedeten Stabilisierungsplans, als auch ftir die Etablierung der geanderten wirtschaftspolitischen Strategie bis zum Ende des Francoregimes spielte. DaB Anderungen in der Zusammensetzung der Akteure wichtig fUr die konse­quente Durchsetzung von Reformprojekten sind, konnte der Vergleich mit dem 1982 eingeleiteten ReformprozeB in Polen zeigen. Wahrend sich in Spanien der Impuls zur Veranderung aus der bestehenden Elite heraus entwickelte, fand er in Polen unter Beteiligung der Opposition statt. 1m AnschluB an die Vereinbarung von Danzig mit der Solidarnosc im August 1980 wurde im Rahmen der Reformdiskussion die neue wirt­schaftspolitische Strategie ausgearbeitet und im Programm der Wirtschaftsreform­komrnission festgelegt. Die Verhangung des Kriegsrechts im Dezember 1981 fUhrte jedoch zum Verbot der Solidarnosc und unterband einen umfassenden Wechsel in der

Page 180: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Zusammensetzung der Akteure, was mitverantwortlich dafUr war, daB die konsequente Umsetzung der neuen Strategie unterblieb. Die 1981 in Ansatzen geftihrten Verhand­lungen in Polen tiber einen KompromiB zur Frage der Wirtschaftsreform wei sen eine grobe Parallele zu den im Rahmen der Monc1oapakte gefUhrten Verhandlungen auf. Auch die Gewerkschaft Solidarnosc war, ahnlich wie PSOE und vor allem peE, kurz vor Einsetzen der Diskussionsphase legalisiert worden, es hatten jedoch keine direkten Verhandlungen unter den Spitzen von Regierung und Solidarnosc als auBerparlamenta­rischer Opposition stattgefunden. Eng damit verkntipft war die fehlende Beteiligung der Gewerkschaft an den Entscheidungen tiber Belange der Wirtschaftsreform. Im Unterschied dazu war es in Spanien im Rahmen der Monc1oapakte gelungen, die Rolle des Parlaments in der Gestaltung und Kontrolle der Wirtschaftspolitik zu starken. Die Berticksichtigung dieser Ergebnisse stellt somit die Bedeutung der im Rahmen der Demokratisierungsprozesse erfolgten Anderungen in den Entscheidungspositionen starker heraus.

Der Vergleich zur Vorgeschichte kann noch einen anderen Aspekt der Demokratisie­rung fUr den Erfolg wirtschaftlicher Umgestaltungsprojekte klarer hervorheben. 1m dritten Kapitel wurde bereits die Bedeutung der Demokratisierung fUr das Zustande­kommen des Konsenses zu wirtschaftlichen Reformen in Spanien und fUr die Formu­lierung des Transformationsprogramms in Polen deutlich. Im Vorfeld kam es hingegen sowohl in Spanien als auch in Polen unter den autoritaren Systemen zu Rtickschritten im ReformprozeB, die sich aus der engen Verkntipfung von wirtschaftlichem Erfolg und politischer Legitimation in dies en Systemen ergaben. Wahrend der Rtickschritt in Polen bereits kurz nach Verabschiedung und noch vor Umsetzung des Reformpro­gramms stattfand, stellte er sich in Spanien erst im Zuge der 1973 einsetzenden Olkrise ein. In beiden Fallen war er jedoch aus Grunden der Machterhaltung heraus vollzogen worden. Eine solche Entwicklung konnte demgegentiber in einem demokratischen System nicht mehr in diesem Urnfang eintreten. Das lag zum einen an der gestarkten Rolle des Pari aments in der Kontrolle der Wirtschaftspolitik, zum anderen konnte innerhalb des demokratischen Systems ein Wechsel der Regierung stattfinden, ohne das System selbst in Frage zu stellen. Dies trug dazu bei, den im Rahmen der wirt­schaftlichen Umgestaitungsprojekte eingeschlagenen Wechsel zu einer neuen wirt­schaftspolitischen Strategie zu verfestigen. Eindrucksvoll unterstrich diese These die Entwicklung in Polen nach 1989, als unter neun Regierungen von Juni 1989 bis Ende 1997 grundsatzlich am eingeschlagenen Transformationskurs festgehaiten wurde. Durch den Vergleich mit den Entwicklungen aus der Vorperiode wurde somit speziell die Bedeutung der Demokratisierung fUr die erfolgreiche Umsetzung von wirtschaft-

170

Page 181: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

lichen Umgestaltungsprogrammen nochmals klarer hervorgehoben. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieses Verfahren zuHissig ist.

Gegen eine solche Vorgehensweise konnte, in Anlehnung an die empirische For­

schung, eingewendet werden, daB sie unter Verwendung einer Teilmenge von Daten, die untereinander abhangig sind, ein Modell spezifiziert, welches an den "Datensatz" angeglichen ist. Wenn dieser Einwand auch im allgemeinen Fall berechtigt sein mag, so trifft er im vorliegenden nur am Rande zu. Denn die hier untersuchten wirtschaftli­

chen Umgestaltungsprojekte zeichneten sich gerade dadurch aus, daB sie parallel zu einem "epochalen Umschwung" einsetzten, wie in Spanien, wo die Konsensverein­barung der Moncloapakte vor dem Hintergrund der politischen Transformation zustan­dekam, oder wie in Polen sogar ein wesentlicher Bestandteil dieser Entwicklung selbst waren. Entscheidend ist in dies em Zusammenhang, daB die Untersuchung nicht erst dann einsetzt, wenn der Umschwung bereits begonnen hat. Vielmehr sind der ProzeB

dahin und seine Auswirkungen zentraler Gegenstand der Analyse.

AbschlieBend wird nochmals auf die Bedeutung einer starker historisch ausgerichteten Betrachtung der Umgestaltungsprozesse eingegangen. Im fUnften Kapitel konnte unter anderem gezeigt werden, daB Elemente aus der Vorperiode nachfolgend auch die Wir­kungsweise der Wirtschaft beeinfluBten. In Spanien deutete sich ein negativer EinfluB der unter Franco vemachHissigten und im demokratischen System erst spat umfassend reformierten Bildungspolitik auf die Beschaftigungssituation an. In Polen dtirfte dem­gegentiber gerade das breite Bildungsangebot aus dem sozialistischen System mitver­antwortlich fUr den einsetzenden Umschwung in der Beschaftigungssituation gewesen sein. Der Vergleich zwischen den Reformen von 1959 in Spanien und von 1982 in Polen zeigt jedoch dartiber hinaus Unterschiede, die sich aus den verschiedenen wirt­schaftlichen Systemen ergaben. Der wesentliche Unterschied bestand hierbei in der Eigentumsform und es deutete sich an, daB dies mitverantwortlich war fUr die unter­schiedliche Reaktion der Wirtschaften auf die Reformen. Denn wahrend in Spanien Ende der 1950er Jahre der Wechsel von der Autarkiepolitik zu einer liberaleren Wirt­

schaftspolitik insofem vergleichsweise problemlos gelang, als die Wirtschaft direkt im AnschluB an den Stabilisierungsplan von 1959 hohe Wachstumsraten verzeichnete, konnten in Polen nach der Wirtschaftsreform von 1982 bis zur Einleitung der Trans­

formation keine annahemd vergleichbaren Erfolge erzielt werden. Das Scheitem der Reformen in Polen verdeutlichte, daB die Transformation der Eigentumsordnung ein

zentrales Element in der wirtschaftlichen Transformation darstellte. Dartiber hinaus veranschaulichte es die auf seiten der neuen Eliten bestehende Dberzeugung von der

Notwendigkeit einer solchen Vorgehensweise, was dennoch nicht verhindem konnte, daB Verzogerungen in der DurchfUhrung der Privatisierung auftraten.

171

Page 182: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

AuBere Einfltisse, die sich tiberwiegend durch Verhandlungen mit den wirtschaftspoli­tischen Entscheidungstragem im weiteren Verlauf auswirkten, waren dabei ver­gleichsweise unabhangig von den Entwicklungen beider Lander im Vorfeld. Eine Ausnahme stellte die seit den 1970er Jahren angehaufte, hohe Auslandsverschuldung Polens dar, die den intemationalen Organisationen ein zusatzliches Druckmittel an die Hand gab. Es fOrderte einerseits die Einhaltung der von polnischer Seite gemachten wirtschaftspolitischen Zusagen, andererseits - als die Vorgaben verfehlt und nachfol­gend die finanzielle Untersttitzung gestrichen wurde - die Bestrebungen, erneut zu einer Ubereinkunft zu gelangen. Andere Faktoren waren demgegentiber deutlich starker verkntipft mit den Entwicklungen im Vorfeld und den tiberkommenen Struk­turen.

Es hat sich gezeigt, daB unter Einbeziehung der Entwicklung im Vorfeld wirtschaft­licher Umgestaltungsprojekte in einem Land und der Gegentiberstellung der Ablaufe in den verschiedenen Perioden die Bedeutung interner Faktoren im ProzeB der Umge­staltung klarer hervortritt. Eine solche Vorgehensweise kann insofern eine Alternative zu kontrafaktischen Uberlegungen oder zusatzlichen Vergleichen darstellen. Zwar kann damit die Wirkung bestimmter auBerer Einfltisse, beispielsweise externe Schocks wie die Olkrisen in den 1970er Jahren, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eintreten, im Unterschied zu einem direkten Vergleich zweier Lander nicht erfaBt werden, die erweiterte Betrachtung erOffnet jedoch die M6glichkeit, weiterhin bestehende Rege­lungen und Institutionen in demselben Land unter geanderten Bedingungen zu unter­such en.

1m FaIle Spaniens und Polens zeigte sich dabei, daB sich nicht zuletzt die zur F6rde­rung der wirtschaftlichen Entwicklung eingeftihrten Elemente aus den tiberkommenen Systemen bei der Durchsetzung der wirtschaftlichen Umgestaltungsprojekte als pro­blematisch erwiesen. In Spanien ftihrte die innerhalb der Entwicklungsplane von 1964 bis 1975 betriebene, gezielte F6rderung einzelner Industriesektoren zu Verzerrungen, die die nachfolgende Umstrukturierung stark erschwerten. Auch in Polen hatte eine F6rderung bestimmter Industriesektoren im Rahmen der Investitionsplanung statt­gefunden, wie sie ftir sozialistische Systeme typisch war. Allerdings spielte in Polen die Selbstverwaltung im Verlauf der Transformation eine bedeutendere Rolle. Ziel ihrer Einftihrung im Zuge der Wirtschaftsreform von 1982 war die Dezentralisierung der wirtschaftlichen Entscheidungskompetenzen unter Beibehaltung des staatlichen Eigentums an den Produktionsmitteln. Wie sich zeigte, konnte das System der selbst­verwalteten Betriebe sowohl aufgrund staatlicher Eingriffe als auch aufgrund der feh­lenden Umorientierung in den Betrieben in den 1980er Jahren nicht wirksam werden. Nach dem Umbruch von 1989 wurde die Selbstverwaltung jedoch zunehmend zum

172

Page 183: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Hindemis im PrivatisierungsprozeB staatlicher Industrieuntemehmen. Dazu trug einer­seits bei, daB in den Verhandlungen am "Runden Tisch" nicht nur die Beibehaltung der Selbstverwaltung, sondem sogar eine Erweiterung ihrer Kompetenzen vereinbart wor­den war.! Andererseits wuchs ihre Bedeutung durch den Wegfall der Kontrolle durch die zentralstaatlichen Organe. Erst die Wirkungsweise der Selbstverwaltung in einem marktwirtschaftlichen Umfeld - nachdem sie bei ihrem Inkrafttreten 1982 marktwirt­schaftliche Anreizmechanismen in einem planwirtschaftlichen Umfeld einfiihren sollte - lieB offensichtlich werden, daB sie kein geeignetes Mittel zur Steigerung wirtschaft­licher Effizienz war.

I Vgl. Gesell, R.; Jost, T. (1997): The Polish state enterprise system - an impediment to transfor­mation?, S. 9; Kapitel3.2.1, S. 71.

173

Page 184: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

ARCHIV VON DR. ERNEST LLUCH:

Acuerdos de la Monc1oa (01): Programa de Saneamiento y Reforma Econ6mica, fotokopiert, 101 S.

Acuerdos de la Monc1oa (02): 1. Fassung des Textes der Pactos de la Monc1oa, foto­kopiert, 40 S.

Acuerdos de la Monc1oa (03): Uberarbeitung der 1. Fassung des Textes der Pactos de la Monc1oa, fotokopiert, 40 S.

Acuerdos de la Monc1oa (04): 2. Fassung des Textes der Pactos de la Monc1oa, foto­kopiert, 40 S.

Acuerdos de la Monc1oa (05): Zweite Unterkommission Wirtschaft (Steuern und Finanzen): Propuesta de los partidos PSOE, PCE Y PSC sobre 6rganos de direcci6n del Banco de Espafia, Propuesta del Gobierno, fotokopiert, 2 S.

Acuerdos de la Monc1oa (06): Sechste Unterkommission Wirtschaft (Bildung): Ensefianza. Alternativa PSOE, Abschrift, 9 S.

Acuerdos de la Monc1oa (07): Siebte Unterkommission Wirtschaft (Offentliche Unternehmen, Industrie und Energie): Directrices de polftica industrial (socia­listas), fotokopiert, 6 S.

Acuerdos de la Monc1oa (08): Siebte Unterkommission Wirtschaft (Offentliche Un­ternehmen, Industrie und Energie): Empresa publica, polftica industrial y

polftica energetica, fotokopiert, 4 S.

175

Page 185: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

QUELLEN AUS DEM SECRETA RIA DE ESTADO PARA LAS COMUNI­DADES EUROPEAS:

ASERPETROL (1983): La adaptaci6n del sector petrolero epanol ante la adhesi6n de Espana a laCEE, o. Ort

Circulo de Empresarios (1979): La integraci6n de Espana en las Comunidades Euro­peas. Punto de vista del Circulo de Empresarios, Madrid

QUELLEN 1M INTERNET:

Communication of the Commission (1997): Agenda 2000, Volume I. For a stronger and wider union, DOC 97/6 Strasbourg, 15. Juli 1997, http://europa.eu.intlcommldg1a1agenda2000/enlstronglcontents.htm

Jacobsen, H.-D. (1997): The European Union's eastward enlargement (European

Integration online Papers, Bd. 1, Nr. 14), http://olymp.wu-wien.ac.atleiop/

176

Page 186: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

LITERA TURVERZEICHNIS

Aguero, F. (1995): Militares, civiles y democracia. La Espana posfranquista en per­

spectiva comparada, Alianza Editorial, Madrid

Aishuth, S. (1994): Die internationale Wettbewerbsfahigkeit Spaniens: die spanische

Volkswirtschaft vor der Europaischen Wirtschafts- und Wahrungsunion (Zugl.:

Hamburg, Univ. der Bundeswehr, Diss., 1993), Lang, FrankfurtIM.

Alvarez, N. (1994): Die spanische Bildungsreform im Hinblick auf die Europaisierung

des Bildungswesens (Heidelberg, Univ., Diss., 1994), Heidelberg

Anderson, C. W. (1970): The political economy of modem Spain. Policy making in an

authoritarian system, The University of Wisconsin Press, Madison

Antowska-Bartosiewicz, 1.; Malecki, W. (1991): Poland's external debt problems

(Friedrich Ebert Foundation Poland, Economic and Social Policy Series Nr. 1),

Warschau

Apolte, T.; Gradalski, F. (1992): Systemic change to a market economy: General issues

and first experiences in Poland, in: Kremer, M.; Weber, M. (Hrsg.): Transfor­

ming economic systems: The case of Poland, S. 3-22

Arroyo Hera, F. (1991): El reto de Europa: Espana en la CEE, Editorial Sfntesis,

Madrid

Bachmann, K. (1989): In den schweren Wehen des dialektischen Pluralismus. Wie alte und neue Krafte in Polen kampfen, in: Die Presse vom 15,/16. April 1989,

o. Seite

Bajo Rubio, 6.; L6pez Pueyo, C. (1996): La inversi6n extranjera directa en la industria

manufacturera espanola, 1986-1993, in: Papeles de Economfa Espanola Nr. 66, 1996, S. 176-190

Balcerowicz, L. (1995): Socialism, capitalism, transformation, Central European Uni­versity Press, Budapest

Balcerowicz, L. (1997): Common fallacies in the debate on the economic transition in

Central and Eastern Europe, in: Hare, P. G.; Davis, 1. R. (Hrsg.): Transition to a

market economy. Critical perspectives on the world economy, Bd. 1, S. 116-152

Banco Bilbao Vizcaya (1994): Informe Econ6mico 1993, o. Ort

Banco Internacional de Reconstrucci6n y Desarrollo (Hrsg.) (1962): Informe del -. El

desarrollo econ6mico de Espana, Washington, D.C.

177

Page 187: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Baratech Sales, F. (1986): La reforma fiscal, in: Abella, R. et al.: Espana diez anos

despues de Franco (1975-1985), S. 143-153

Baron, S.; Heckel, M. (1998): "Druck ist wunschenswert". Der polnische Vizepremier

Balcerowicz uber den EU-Beitritt seines Landes und das deutsch-polnische Ver­

haltnis, in: Wirtschaftswoche, Nr. 7 vom 05.02.98, S. 38-39

Bartsch, U.-P. (1990): Polen stellt sich auf den EG-Binnenmarkt ein, in: Nachrichten

for AuJ3enhandel, Nr. 180 vom 18.09.90, o. Seite

Batt, J. (1991): East Central Europe from reform to transformation, Chatham House,

New York

Beksiak, 1.; Winiecki, J. (1990): A comparative analysis of our programme and the

Polish government programme, in: The Centre for Research into Communist

Economies (Hrsg.): The Polish transformation: programme and progress,

London,S. 9-18

Beksiak, J.; Gruszecki, T.; Jedraszczyk, A.; Winiecki, J. (1990): Outline of a pro­

gramme for stabilisation and systemic changes, in: The Centre for Research into

Communist Economies (Hrsg.): The Polish transformation: programme and pro­

gress, London, S. 19-59

Bernecker, W. L. (1984a): Ein Interpretationsversuch: Der Franquismus - ein autori­

tares Modernisierungsregime? in: Waldmann, P; Bernecker, W.; L6pez-Casero,

F. (Hrsg.): Sozialer Wandel und Herrschaft im Spanien Francos, S. 395-423

Bernecker, W. L. (1984b): Spaniens Geschichte seit dem Burgerkrieg, Beck, Munchen

Bernecker, W. L. (1990a): Cortes, in: ders. et al. (Hrsg.): Spanien-Lexikon, S. 124-125

Bernecker, W. L. (1990b): Partido Popular, in: ders. et al. (Hrsg.): Spanien-Lexikon,

S.325-331

Bernecker, W. L.; Collado Seidel, C. (Hrsg.) (1993): Spanien nach Franco. Der Uber­

gang von der Diktatur zur Demokratie 1975-1982, Oldenbourg Verlag, Munchen

Bingen, D. (1990a): Reformpolitik in Polen, in: Politische Studien, 41. J g., 311,

S.304-319

Bingen, D. (1990b): Vorgeschichte und Phasen des Systemwandels in Polen 1989 (Be­

richte des Instituts fUr ostwissenschaftliche Studien 34-1990), K61n

Bos, E. (1994): Die Rolle von Eliten und kollektiven Akteuren in Transitionsprozessen,

in: Merkel, W. (Hrsg.): Systemwechsell, S. 81-109

178

Page 188: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Bossak, J. W. (1991): Adjustment, trade reform and competitiveness - The Polish ex­perience, in: Corbo, V.; Coricelli, F; Bossak, J. (Hrsg.): Reforming central and eastern European economies. Initial results and challenges, S. 207-215

Bossak, J. W.; Kalicki, K. (1994): Poland's agreement with the London Club, in:

Bossak, J. W. (Hrsg.): Poland: international economic report 1993/94, S.201-207

Buchheim, C. (1994): Industrielle Revolutionen. Langfristige Wirtschaftsentwicklung in GroBbritannien, Europa und in Ubersee, Deutscher Taschenbuch Verlag,

Munchen

Bundesstelle fUr AuBenhandelsinformation (1981): Polen. Allgemeine Wirtschafts­reform und Aussenwirtschaftsreform, KOln

Buscher, B.; Henning, R.-U.; Koenen, G.; Lesczynska, D.; Semler, C.; Vetter, R.

(Hrsg.) (1983): "Solidamosc". Die polnische Gewerkschaft "Solidaritat" in Dokumenten, Diskussionen und Beitragen 1980 bis 1982, Kaln

Cals i Guell, J. (1974): Turismo y politica turfstica en Espana, Edici6n Ariel, Barce­

lona

Casanueva de Luis, A. (1992): Spain, in: OECD (Hrsg.): From higher education to employment, Bd. 2, S. 87-126

Cazorla, J. (1993): The theory and reality of the authoritarian regime, thirty years later, in: Gunther, R. (Hrsg.): Politics, society, and democracy. The case of Spain,

S.70-87

Centro de Estudios Econ6micos Fundaci6n Tomillo (1996): El empleo en Espana y Europa. Un amilisis comparado por sectores, Fundaci6n Argentaria, Madrid

Chopra, A. (1994): Monetary policy and financial sector reform, in: Ebrill, J. P. et al.:

Poland. The path to a market economy, S. 23-42

Colomer, J. M. (1995): Game theory and the transition to democracy. The Spanish

model, Edward Elgar, Aldershot

Comin, F. (l993a): Las administraciones ptiblicas, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.):

Espana economia , S. 547-587

Comin, F. (1993b): Reforma tributaria y politica fiscal, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economia, S. 1073-1121

Confederaci6n Espanola de Organizaciones Empresariales (1981): Spain's entry into

the Common Market. The position of spanish employers, Madrid

179

Page 189: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Coricelli, F.; Rezende Rocha, R. de (1991): A comparative analysis of the Polish and

Yugoslav programmes of 1990, in: OECD (Hrsg.): The transition to a market

economy, Vol. II, S. 189-243

Coverdale, J. F. (1985): Regional nationalism and the elections in the Basque Country,

in: Penniman, H. P.; Mujal-Le6n, E. (Hrsg.): Spain at the polls 1977, 1979, and

1982, S. 226-252

Cuervo, A.. (1988): La crisis bancaria en Espana 1977-1985. Causas, sistemas de trata­

miento y coste, Editorial Ariel, Barcelona

Cuervo, A. (1989): La crisis bancaria espanola de los anos setenta, in: Velarde, J.;

Garcia Delgado, J. L.; Pedreno, A. (Hrsg.): El sistema financiero de la economfa

espanola, S. 35-58

Dabrowski, M. (1992): Interventionist pressures on a policy maker during the transition

to economic freedom (personal experience), in: Communist Economies and

Economic Transformation, Vol. 4, Nr. 1, 1992, S. 59-73

D~browski, J. M. (1995): State-owned enterprises under pressure, in: Blazyca, G.; D~browski, J. M. (Hrsg.): Monitoring economic transition. The Polish case,

S.53-74

Delhaes, K. von (1987): Anspruch und Wirklichkeit der polnischen Wirtschaftsreform.

Ordnungspolitik zwischen dem 9. und 10. Parteitag der PV AP, Dokumentation Ostmitteleuropa, 13. (37) Jahrgang, Heft 1, S. 1-71

Donges, J. B. (1976): La industrializaci6n en Espana. Polfticas, logros, perspectivas,

Oikos-Tau, Barcelona

Donges, J. B.; Schatz, K.-W. (1985): The Iberian countries facing EC membership:

Starting conditions for their industry, in: Weltwirtschaftliches Archiv. Zeitschrift

des Instituts fUr Weltwirtschaft, Kiel, 121.1985,4, S. 756-778

Earle, J. S.; Frydman, R.; Rapaczynski, A.; Turkewitz, J. (Hrsg.) (1994): Small priva­

tization. The transformation of retail trade and consumer services in the Czech

Republic, Hungary and Poland, Central European University Press, Budapest,

London, New York

Estrin, S.; Richet, X. (1993): Industrial restructuring and microeconomic adjustment in

Poland. A cross sectoral approach, in: Wagener, H.-J. (Hrsg.): The political eco­

nomy of transformation, S. 189-205

180

Page 190: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Europaische Gemeinschaften. Der Rat (1985): Dokumente betreffend den Beitritt des

Konigreichs Spanien und der Portugiesischen Republik zu den Europaischen

Gemeinschaften, 3 Bande, o. Ort

Europaische Gemeinschaften. Kommission (1978a): Stellungnahme zum Beitrittsantrag

Spaniens (von der Kommission am 29. November 1978 dem Rat vorgelegt), in:

Bulletin der Europiiischen Gemeinschajten, Beilage 9178

Europaische Gemeinschaften. Kommission (1978b): Die Ubergangszeit und die institu­

tionellen Folgen der Erweiterung (Mitteilung der Kommission an den Rat in

Erganzung zu der am 20. April 1978 vorgelegten Mitteilung), in: Bulletin der

Europiiischen Gemeinschaften, Beilage 2178

Europaische Kommission (1996): Phare-Programm Jahresbericht 1995 (Kom(96) 360

endg.), Briissel

Europaische Union (1995): Die Strukturfonds 1993: Erste Bilanz der Forderperiode

1989-1993, Briissel

European Bank for Reconstruction and Development (Hrsg.) (1996): Transition report

1996,London

European Bank for Reconstruction and Development (Hrsg.) (1997): Transition report

update, April 1997, London

European Commission (1996): EC structural funds. Spain. Community support frame­

work 1994-99, Luxemburg

European Commission. Directorate-General for Economic and Financial Affairs (1995): The economic and financial situation in Spain (European economy. Re­

ports and studies. Number 7, 1994), Luxemburg

Fallenbuchl, Z. M. (1991): The 1986-1990 five year plan: Strategy and reform depen­

dency, in: Kemme, D. M. (Hrsg.): Economic reform in Poland: The aftermath of

Martial Law 1981-1988, S. 17-37

Fishman, R. M. (1990): Working-class organization an the return to democracy in

Spain, Cornell University Press, Ithaca und London

Fiszer, J. (1994): Polen: Gesetz tiber die nationalen Investitionsfonds und tiber ihre Pri­

vatisierung, in: Wirtschajt und Recht in Osteuropa, S. 174-181

Fontana, J.; Nadal, J. (1980): Spanien 1914-1970, in: Cipolla, C. M.; Borchardt, K.

(Hrsg.): Die europaischen Volkswirtschaften im zwanzigsten Jahrhundert (Euro­

paische Wirtschaftsgeschichte; Bd. 5), S. 331-375

181

Page 191: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Fontela, E. (1994): Inter-industry distribution of productivity gains, in: Economic­Systems-Research, 6(3), 1994, S. 227-236

Frey, B.; Kirchgassner, G. (1994): Demokratische Wirtschaftspolitik, 2., vallig neu­bearb. Aufl., Vahlen, Miinchen

Frydman, R.; Rapaczynski, A. (1997): Corporate governance and the political effects of

privatization, in: Zecchini, S. (Hrsg.): Lessons from the transition: Central and Eastern Europe in the 1990s, S. 263-274

Frydman, R.; Rapaczynski, A.; Earle, J. S. et al. (1993): The privatization process in Central Europe, Central European University Press, Budapest, London, New

York

Fuentes Quintana, E. (1984a): El plan de estabilizaci6n econ6mica de 1959, veinticinco anos despues, in: Informacion Comercial Espanola, August/September, S. 25-40

Fuentes Quintana, E. (1984b): Los Pactos de la Moncloa y la democracia espanola. XX Congreso Latinoamericano de Industriales Agrupados en la AlULA (Vortrags­skript), Buenos Aires

Fuentes Quintana, E. (1990): De los Pactos de la Moncloa ala Constituci6n Uulio 1977 - diciembre 1978), in : Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Econornia espanola de la transici6n y la democracia 1973-1986, Madrid, S. 23-34

Fuentes Quintana, E. (1993a): Tres decenios largos de la econornia espanola en per­spectiva, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, econornia, S. 1-140

Fuentes Quintana, E. (l993b): Wirtschaftspolitik im Ubergang, in: Bernecker, W. L.; Seidel, C. C. (Hrsg.): Spanien nach Franco. Der Ubergang von der Diktatur zur

Demokratie 1975-1982, S. 26-43

Gabrisch, H. (1988): Die "zweite Etappe der Wirtschaftsreform" in Polen: Ausgangs­lage, Programm, Diskussion und MaBnahmen 1987 (Berichte des Bundesinstituts

flir ostwissenschaftliche und internationale Studien, 9-1988), Kaln

Gajewski, M.; Ostaszewski, J. (1981): Veranderungen im System - Veranderungen in den Methoden (Zmiany w systemie . zmiany w metodach), in: Trybuna Ludu,

Nr. 160 vom 10. Juli 1981, S. 4, als auszugsweise deutsche Dbersetzung in: Delhaes, K. von (1987): Anspruch und Wirklichkeit der polnischen Wirtschafts­

reform, S. 11-14

Garcia, L.; Suarez, C. (1993): Analisis de la protecci6n exterior de la industria

espanola, in: Moneda y Credito, 196, 1993, S. 233-267

182

Page 192: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Garcia Delgado, J. L. (1991): La industrializaci6n y el desarrollo econ6mico de Espana

durante el Franquismo, in Nadal, J.; Carreras, A.; Suria, C. (Hrsg.): La economfa

espanola en el siglo XX, S. 164-189

Garcia Delgado, J. L.; Jimenez, J.C. (1996): La economfa, in: Carr, R. (Hrsg.): La

epoca de Franco (1939-1975), (Historia de Espana Mendez Pidal, Bd. 41),

S.446-511

Garda Roa, J. (1996): Caracterfsticas evolutivas y configuraci6n actual del mere ado de

trabajo, in: Informacion Comercial Espanola, Nr. 750, S. 111-l31

Garda Serrano, C.; Toharia, L. (1994): Paro y formaci6n profesional: un analisis de los

datos de la Encuesta de Poblacion Activa (Instituto Valenciano de Investiga­

ciones Econ6micas, Working Paper EC 94-06), Valencia

Gesell, R.; Jost, T. (1997): The Polish State Enterprise System - an Impediment to

Transformation? (Frankfurter Institut fUr Transformationsstudien. Arbeits­

berichte, Nr. 12/97), Frankfurt (Oder)

Glismann, H. H.; Hom, E.-J.; Nehring, S.; Vaubel, R. (1992): AuBenhandels- und

Wiihrungspolitik (Weltwirtschaftslehre; Bd. 1), 4. Auf!. Vandenhoeck und

Ruprecht, Gottingen

Gomulka, S. (1991): Polish economic reform: principles, policies and surprises (Centre

for Economic Performance, discussion paper No. 51), London

Gomulka, S. (1992): Polish economic reform, 1990-91: principles, policies and out­

comes, in: Cambridge Journal of Economics, Bd. 16, S. 355-372

Gomulka, S.; Jasinski, P. (1994): Privatization in Poland 1989-1993: policies, methods,

and results, in: Estrin, P. (Hrsg.): Privatization in Central and Eastern Europe,

Longman, London und New York, S. 218-251

Gonzalez Sanchez, E. (1980): La adhesi6n de Espana a las Comunidades Europeas:

Estado actual de las negociaciones, in: Revista de Instituciones Europeas, Bd. 7,

Nr. 3, S. 1029-1041

Gonzalez Sanchez, E. (1983): Espana - CEE. Las negociaciones de adhesi6n a 10 largo

de 1982, in: Revista de Instituciones Europeas, Bd. 10, Nr. 1, S. 95-114

Gonzalez Sanchez, E. (1984): Las negociaciones de adhesi6n de Espana a las Comuni­

dades Europeas: Enero 1983 - marzo 1984, in: Revista de Instituciones Euro­

peas, Bd. 11, Nr. 2, S. 477-497

183

Page 193: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Gonzalez Sanchez, E. (1985): Las negociaciones de adhesi6n de Espana a las Comuni­dades Europeas desde abril 1984 hasta su conclusi6n, in: Revista de Institu­ciones Europeas, Bd. 12, Nr. 2, S. 439-464

Gordo, E. (1996): La apertura de los mercados internacionales y el deficit comercial espanol, in: Papeles de Economia Espanola Nr. 66, 1996, S. 98-106

Gracia-Dfez, M. (1988): Rasgos caracterfsticos del desempleo y de la participaci6n en el mercado de trabajo en Espana (FEDEA Documento 88-09), o. Ort

Gray, C. W.; Holle, A. (1996): Bank-led restructuring in Poland: Bankruptcy and ist alternatives (Policy Research Working Paper 1651, Policy Research Department, World Bank), Washington, D.C.

Gros, D.; Steinherr, A. (1995): Winds of change. Economic transition in Central and Eastern Europe, Longman, London

Gunther, R. (1984): Okonomische Planung in einem autoriUiren System, in: Waldmann, P.; Bernecker, W. L.; L6pez-Casero, F. (Hrsg.): Sozialer Wandel und Herrschaft im Spanien Francos, S. 305-322

Gunther, R. (1992): Spain: the very model of the modem elite settlement, in: Higley, 1.; Gunther, R. (Hrsg.): Elites and democratic consolidation in Latin America and Southern Europe, S. 38-80

Gunther, R.; Sani, G.; Shabad, G. (1988): Spain after Franco. The making of a com­petitive party system, University of California Press, Berkeley u.a.

Guz-Vetter, M. (1996): Wie viele Olivenbaume gibt es wohl in Polen? in: Das Parla­ment, Nr. 42 vom 11.10.96, o. Seite

G16wny urz'!:d statystyczny (Hrsg.) (1997): Rocznik statystyczny 1997, Warschau

G16wny urz'!:d statystyczny (Hrsg.) (1998): Biuletyn statystyczny Nr. 7 (489), War­schau

Haggard, S. M.; Evans, P. B. (Hrsg.) (1992): The politics of economic adjustment (international constraints, distributive conflicts, and the state), Princeton Univ. Press, Princeton, NJ

Hardes, H.-D.; Stupp, S. (1996): Die Integrationserfahrungen Stideuropas: Wirtschaft­licher Wegweiser fUr eine Osterweiterung der Europaischen Union?, in: Ost­

europa Wirtschaft, 41. Jg., Heft 4, S. 354-383

184

Page 194: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Holland, D. C. (1988): Workers' self-management before and after 1981, in: Marer, P.;

Siwinski, W. (Hrsg.): Creditworthiness and reform in Poland. Western and Polish perspectives, S. 133-141

Holman, O. (1995): A short history of Spanish banking (Working Papers Nr. 40, Uni­versity of Amsterdam, Department of International Relations), Amsterdam

Howell, T. R.; Noellert, W. A.; Kreier, J. G.; Wolff, A. W. (1988): Steel and the state. Government intervention and steel's structural crisis, Boulder and London

Inotai, A.; Sass, M. (1994): Economic integration of the Visegnid Countries, in: Eastern European Economics, Vol. 32, Nr. 6, November-December 1994, S.6-28

Instituto Nacional de Estadfstica (Hrsg.): Espana. Anuario estadfstico, Madrid, ver­schiedene Jahrgange

Instituto Nacional de Estadfstica (Hrsg.): Estadfstica sobre las actividades en investiga­ci6n cientffica y desarrollo tecnol6gico (I+D), verschiedene Jahrgange

International Bank for Reconstruction and Development (Hrsg.) (1996): World deve­lopment report 1996. From plan to market, Oxford University Press, New York

International Monetary Fund (1987): Theoretical aspects of the design of fund- sup­ported adjustment programs (A study by the research department of the Inter­national Monetary Fund. Occosional paper Nr. 55), Washington, D.C.

International Monetary Fund (Hrsg.) (1996): Poland - Statistical tables (IMF staff country report Nr. 96/20, March 1996), Washington, D.C.

International Monetary Fund (Hrsg.) (1997): Direction of trade statistics yearbook, Washington D.C., verschiedene Jahrgange

Ito, T. (1985): Nomenklatura in Polen. Die Kontroverse urn die Vorherrschaft der Partei (PZPR) in Staat und Gesellschaft 1980-1981, in: Bingen, D. (Hrsg.): Polen 1980-1984. Dauerkrise oder Stabilisierung? Nomos, Baden-Baden,

S.101-162

Jimeno, 1.; Toharia, L. (1994): Unemployment and labour market flexibility: Spain,

ILO, Genf

Johnson, S. (1991): Did Socialism Fail in Poland? in: Comparative Economic Studies, Vol. 33, Nr. 3, Fall 1991, S. 127-151

J6zefiak, C. (1987): The Structural Changes in the Power Centre, and Economic Re­form in Poland (WnW Forschungsberichte, Nr. 125), Wi en

185

Page 195: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Juchler, J. (1998): Machtwechsel in Polen. Die Parlamentswahlen und ihre Folgen, in: Osteuropa, 2/98, S. 148-159

Kaligin, T. (1992): Optimale Strukturierung von geschaftlichen Aktivitaten in Osteu­ropa (insb. CSFR, Ungarn und Polen), in: Wirtschaft und Recht in Osteuropa, 1. Jg., Nr. 3, S. 65-72

Kaminski, B. (1991): Economic reform and directive capacity of the Polish State in the 1980s, in: Kemme, D. M. (Hrsg.): Economic reform in Poland: The aftermath of Martial Law 1981-1988, S. 49-73

Kapoor, M. (1997): Slow death, in: Business Central Europe, Nr. 40, April, S. 11-13

Keeler, J. T. S. (1993): Opening the window for reform. Mandates, crises, and extra­ordinary policy-making, in: Comparative Political Studies, Vol. 25, Nr. 4, January 1993, S. 433-486

Kirchner, C. (1992): Privatization plans of Central and Eastern European states, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics, Bd. 148/1, S. 4-19

Kommission der Europaischen Gemeinschaften (1995): Weissbuch. Vorbereitung der assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas auf die Integration in den Binnen­markt der Union, Luxemburg

Kommission der Europaischen Gemeinschaften (1997a): Stellungnahme der Kommis­sion zum Antrag Polens auf Beitritt zur Europaischen Union, Luxemburg

Kommission der Europaischen Gemeinschaften (1997b): Tempus Jahresbericht 1996. Ph are & Tacis (Kom(97)502 endg.), Brtissel

Kornai, J. (1995): Highways and byways. Studies on reform and post-communist tran­sition, MIT Press, Cambridge und London

Kundigraber, C. (1991): Der Weg Polens zum Systemwandel. Die Rolle des Runden Tisches, Ttibingen

Krumwiede, H.-W. (1992): Revolutionstheorien, in: Nohlen, D. (Hrsg.): Pipers Wbr­terbuch zur Politik, Bd. 1, S. 873-875

Laier, R. (1996): Privatisierung in der Transformationsstrategie: Lehren aus der Privati­sierungspolitik in Polen und Ostdeutschland fUr andere Reformlander, in: Osteu­ropa Wirtschaft, 41. Jg., 2/1996, S. 106-128

186

Page 196: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Lang, W. (1991): Die wirtschaftliche Entwicklung Spaniens seit dem Ubergang zur Demokratie: Von der Depression zur okonomischen Revitalisierung, in: Bernecker, W.; Oehrlein, J. (Hrsg.): Spanien heute. Politik - Wirtschaft - Kultur, S. 189-223

Lewandowski, J.; Szomburg, J. (1989): Property reform as a basis for social and eco­nomic reform, in: Communist Economies, Bd. 1, S. 257-268

Ley 29 mayo 1985, num. 14/85 (Jefatura del Estado). Activos financieros. Regimen fiscal de varios, in: Repertorio cronol6gico de legislaci6n 1985 (Bd. I), 1. Aufl., S.2204-2208

Lieberman, S. (1982): The contemporary Spanish economy: A historical perspective, London u.a.

Lieberman, S. (1995): Growth and crisis in the Spanish economy 1940-93, Routledge, London und New York

Linde; L. M. (1990): La profundizaci6n de la crisis econ6mica: 1979-1982, in: Garda Delgado, J. L. (Hrsg.): Economia espanola de la transici6n y la democracia 1973-1986, S. 35-57

Linz, J. J.; Stepan, A. (1996): Problems of democratic transition and consolidation, Johns Hopkins University Press, Baltimore

Lippe, P. v. d. (1985): Die Wirtschaftspolitik der Regierung Jaruzelski 1982-1984, in: Bingen, D. (Hrsg.): Polen 1980-1984. Dauerkrise oder Stabilisierung? Nomos, Baden-Baden, S. 265-310

Lippert, B. (1998): Der Gipfel von Luxemburg: StartschuB fUr das Abenteuer Erwei­terung, in: Integration, 21. Jg., 1/98, S. 12-31

Lipset, S. M. (1959): Some social requisites of democracy: economic development and political legitimacy, in: The American Political Science Review, Bd. 53, S.69-105

Lipset, S. M.; Seong, K.-R.; Torres, J. C. (1993): A comparative analysis of the social requisites of democracy, in: International Social Science Journal, Nr. 136, S. 155-175

Lipton, D.; Sachs, J. (1990): Creating a market economy in Eastern Europe: The case of Poland, in: Brookings Papers on Economic Activity, Nr. 1, S. 75-148

L6pez-Claros, A. (1988): The search for efficiency in the adjustment process: Spain in the 1980s (Occasional Paper; no. 57), International Monetary Fund, Washington, D.C.

187

Page 197: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Luhmann, N. (1989): Legitimation durch Verfahren, Suhrkamp, Frankfurt a. M.

Lawniczak, R. (1996): A Polish experiment in corporate governance of the National Investment Funds (NIF's) (Poznan University of Economics. Chair of Compara­tive Economic Systems an Economic Journalism. Working Paper Nr. 6), Poznall

Malachowski, W. (1996): Polen auf dem Weg zur Mitgliedschaft in der Europaischen Union, in: Franzmeyer, F.; Weise, C. (Hrsg.): Polen und die Osterweiterung der Europaischen Union (Deutsches Institut ftir Wirtschaftsforschung. Sonderheft 158), S. 40-52

Mafias Anton, L. A. (1992): EI sector financiero espafiol ante su integracion en el Mercado Unico, in: Vifials, 1. (Hrsg.): La economia espafiola ante el Mercado Unico europeo. Las claves del proceso de integracion, Madrid, S. 463-548

Maravall, J. M. (1985). The socialist alternative: The policies and electorate of the PSOE, in: Penniman, H. R.; Mujal-Leon, E. M. (Hrsg.): Spain at the polls 1977,1979, and 1982, S. 129-159

Maravall, J. M. (1994): Economias y regimenes politicos (Centro de Estudios Avan­zados en Ciencias Sociales del Instituto Juan March, Estudio/Working Paper 1994/59, Noviembre 1994), Madrid

Maravall, 1. M. (1995): La politica de las reformas economicas: La experiencia del Sur de Europa, in: Bresser Pereira, L. c.; Maravall, J. M.; Przeworski, A.: Las reformas economic as en las nuevas democracias. Un enfoque socialdemocrata, S. 101-167

Maravall, J. M. (1997): Regimes, politics, and markets. Democratization and economic change in Southern and Eastern Europe, Oxford University Press, Oxford u.a.

Martin Acefia, P.; Comin, F. (1991): INI: 50 afios de industrializacion en Espafia, Espasa Calpe, Madrid

Martinez, R. E. (1993a): Business and democracy in Spain, Greenwood, Praeger, Westport, Conn. und London

Martinez, R. E. (1993b): The business sector and political change in Spain: Apertura, reforma, and democratic consolidation, in: Gunther, R. (Hrsg.): Politics, society, and democracy, The case of Spain, S. 113-139

Martinez-Alier, J.; Roca Jusmet, J. (1988): Economia politica del corporativismo en el estado espafiol: Del franquismo al posfranquismo, in: Revista Espanola de Inves­tigaciones Sociologicas, Nr. 41, S. 25-62

188

Page 198: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Martfnez de Pablos, F. J. (1991): La banca, de los setenta al mercado unico, in: Etxezarreta, M. (Hrsg.): La reestructuraci6n del capitalismo en Espana, 1970-1990, S. 349-369

Mayhew, A: (1996): Going beyond the Europe Agreements: The European Union's strategy for accession, in: Franzmeyer, F.; Weise, C. (Hrsg.): Polen und die Osterweiterung der Union, S. 13-37

McCracken, P. et al. (1977): Towards full employment and price stability. A report to the OECD by a group of independent experts, Paris

Mella Marquez, M. (1989): Los grupos de presi6n en la transici6n polftica, in: Tezanos, J. F.; BIas, A. de (Hrsg.): La transici6n democnltica espanola, S. 149-181

Mella Marquez, M. (1992): Los grupos de interes en la consolidaci6n democni.tica, in: Cotarelo, R. (Hrsg.): Transici6n polftica y consolidaci6n democnitica. Espana (1975-1986), S. 327-342

Merig6, E. (1982): Spain, in: Boltho, A. (Hrsg.): The European economy. Growth and crisis, S. 554-580

Merkel, W. (1994): Struktur oder Akteur, System oder Handlung: Gibt es einen Kanigsweg in der sozialwissenschaftlichen Transformationsforschung?, in: ders. (Hrsg.): Systemwechsell. Theorien, Ansatze und Konzeptionen, S. 303-331

Mickiewicz, T. (1990): Politische Rahmenbedingungen fiir die Wirtschaftsreform in Polen, in: Politische Studien, Jg. 41, Nr. 311, S. 320-333

Milanovic, B. (1992): Poland's quest for economic stabilisation, 1988-91: Interaction of political economy and economics, in: Soviet Studies, Vol. 44, Nr. 3, 1992, S.511-532

Ministerio de Comercio (Hrsg.): Balanza de pagos de Espana, verschiedene Jahrgange, Madrid

Ministerio de Economfa y Hacienda. Secretarfa General de Economfa y Planificaci6n (1984): Programa Econ6mico a Medio Plaza 1984/87. Refomas estructurales e institucionales, Madrid

Mohlek, P. (1997): Die Privatisierung von Staatsunternehmen in Polen (Zugl.: Kaln, Univ., Diss., 1996), Berlin Verlag, Berlin

Muns, J. (1984): Historia de las relaciones entre Espana y el Fondo Monetario Inter­nacional 1958-1982. Veinticinco anos de economfa espanola, Alianza Editorial, Madrid

189

Page 199: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Mylonas, P. (1994): Integration into the world economy, in: Ebrill, L. P. et al. (Hrsg.): Poland. The path to a market economy, S. 68-79

Myro, R. (1993): La evoluci6n de la economfa espanola a traves de sus principales magnitudes agregadas, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economfa, S. 1219-1252

Navarro, M. (1990): Politica de reconversi6n: balance cntico, Eudema, Madrid

Nohlen, D.; Huneeus, C. (1984). Elitenwettbewerb in der Spatphase des Franco­Regimes. Der Kampf urn die politische Reform, in: Waldmann, P.; Bernecker, W. L.; L6pez-Casero, F. (Hrsg.): Sozialer Wandel und Herrschaft im Spanien nach Franco, S. 349-369

North, D. C. (1989): Institutions and economic growth: an historical introduction, in: World Development, Bd. 17, Nr. 9, S. 1319-1332

o. V. (1985): La opini6n publica espanola ante la Comunidad Econ6mica Europea, 1968-1985, in: Revista Espanola de Investigaciones Sociol6gicas, Nr. 29, S.289-396

o. V. (1989a): Der Anfang auf dem Weg zur parlamentarischen Demokratie. Ergebnisse der Verhandlungen am ,,runden Tisch" in Warschau, in: FAZ vom 11. April 1989, o. Seite

o. V. (1989b): Endspurt an Polens ,,rundem Tisch", in: NZZ vom 04.04.1989, o. Seite

o. V. (1989c): Die polnischen Kommunisten machen ihren Frieden mit der Opposition, in: FAZ vom 06.04.1989, o. Seite

o. V. (1991): Das Wirtschaftsprogramm. Hauptgrundlagen und Richtlinien. Warschau, Oktober 1989, in: Bak, H.; Pysz, P.; Scharff, R. (Hrsg.): Das Balcerowicz­Programm. Konzept, Realisierungsschritte, Zwischenergebnisse, S. 9-29

o. V. (1992): Pol ens Parlament fUr die EG-Assoziierung, in: NZZ vom 8. Juli 1992

o. V. (1997): Monthly update, in: Business Central Europe, September 1997, S. 69

o. V. (1998a): Europaische Union. Zwei GroBereignisse, in: AussenWirtschaft, Nr. 2 vom 01.02.98, S. 4-5

o. V. (1998b): Mitglieder und Anwarter sehen in der Erweiterung der EU eine "Heraus­forderung fUr aIle", in: FAZ vom 31.03.1998, S. 1-2

O'Donnell, G.; Schmitter, P. C. (1986): Tentative conclusions about uncertain demo­cracies, in: O'Donnell, G.; Schmitter, P. C.; Whitehead, L. (Hrsg.): Transitions from authoritarian rule, Bd. 4, S. 1-78

190

Page 200: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

OECD (Hrsg.) (1977): Economic Studies, Juni 1977, Paris

OECD (Hrsg.) (1991): Historical statistics 1960-1989, Paris

OECD (Hrsg.) (1996a): OECD Economic Surveys. Spain 1996, Paris

OECD (Hrsg.) (1996b): OECD Economic Surveys 1996-1997. Poland, Paris

OECD (Hrsg.) (1998): OECD economic surveys 1997-1998. Poland, Paris

OECD. Department of Economics and Statistics (Hrsg.): Foreign trade by commodities 1990, Volume 2, Series C, Paris, verschiedene Jahrgange

Ontiveros, E.; Valero, F. J. (1993): El sistema financiero: Instituciones y funciona­miento, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economfa, S. 479-546

Ostrowski, M. (1991): Economic development and the economic reform in Poland, in:

Kemme, D. M. (Hrsg.): Economic reform in Poland: The aftermath of Martial Law 1981-1988, S. 39-48

Partido Comunista de Espana (1978): 9° Congreso del Partido Comunista de Espana. 19/23 Abril 1978. Resoluciones, o. Ort

Partido Socialista Obrero Espanol (PSOE) (1976): Resoluciones del xxvn Congreso del PSOE, o. Ort

Partido Socialista Obrero Espanol (PSOE) (1977): AmUisis de los Acuerdos Econ6mi­cos y Politicos, Madrid, November 1977

Pawlowicz, L. (1995): Transformation of the banking system in Poland, in: Blazyca, G.; Dllbrowski, J. M. (Hrsg.): Monitoring economic transition. The Polish case, S. 137-158

Payne, S.G. (1996): Gobierno y oposici6n (1939-1969), in: Carr, R. (Hrsg.): La epoca de Franco (1939-1975), (Historia de Espana Mendez Pidal, Bd. 41), S. 4-96

Penniman, H. R.; Mujal-Le6n, E. M. (Hrsg.) (1985): Spain at the polls, 1977, 1979, and 1982. A study of the national elections, Duke University Press, o. Ort

Philips-Slavkoff, E.; Rottinger, M. (1991): Die Beziehungen der EG zu den osteuro­

pais chen Staaten, in: Rottinger, M.; Weyringer, C. (Hrsg.): Handbuch der euro­paischen Integration, S. 533-551

Plowiec, U. (1992): Poland: The adjustment programme, in: Saunders, C. T. (Hrsg.):

Economics and politics of transition, S. 295-306

191

Page 201: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Podolny, J. (1993): The role of Juan Carlos I in the consolidation of the parliamentary monarchy, in: Gunther, R. (Hrsg.): Politics, society, and democracy. The case of Spain, S. 88-112

Polish Interpress Agency (Hrsg.) (1981): Government programme of overcoming the crisis and stabilizing the economy, Warschau

Polnische Agentur Interpress. Auslandspresseredaktion (Hrsg.) (1989): Polen gestern -heute - morgen, o. Ort

Polnische AuBenhandelskammer (1982): Gesetz tiber die Selbstverwaltung der Beleg­

schaft eines staatlichen Betriebes vom 25. September 1981, in: dies. (Hrsg.): Die Wirtschaftsreform in Polen. Kommentare und Dokumente, Warschau, S. 35-49

Poznanski, K. Z. (1996): Poland's protracted transition. Institutional change and eco­nomic growth 1970-1994, Cambridge University Press, Cambridge

Presidencia del Gobierno (1977): Los Pactos de la Monc1oa, Colecci6n Informe mim.

17, 1977, abgedruckt in: Rubio Lara, J. (1992): Algunos textos significativos de la transici6n y consolidaci6n de la democracia espanola, in: Cotarelo, R. (Hrsg.): Transici6n politica y consolidaci6n democnitica, S. 473-493

Presidencia del Gobierno. Servicio Central de Publicaciones (1984): Acuerdo Econ6mico y Social (AES), Madrid

Puhle, H.-J. (1994): Transitions, Demokratisierung und Transformationsprozesse in Stideuropa, in: Merkel, W. (Hrsg.): Systemwechsel 1. Theorien, Ansatze und Konzeptionen, S. 173-194

Pysz, P. (1983a): Wirtschaftsreformdiskussion in Polen 1980-1981, in: Osterreichische Osthefte, 25. Jg., Heft 3, S. 287-307

Pysz, P. (1983b): Wirtschaftsreform in Polen. Der Entwurf aus der Hochschu1e fUr Planung und Statistik 1980, Dokumentation Ostmitteleuropa, Jg. 9 (33), Heft 5/6, S. 201-341

Pysz, P. (1984a): Der Konkurs von staatlichen Unternehmen in Polen maglich, in: Ost­europa, 34. Jg., Heft 7, S. 586-589

Pysz, P. (1984b): Die Preisreform 1982 auf dem Konsumgtitermarkt in Polen (Berichte des Bundesinstituts ftir ostwissenschaftliche und internationale Studien, 12-1984), Kaln

Pysz, P. (1985a): Konzeption, Bilanz und Perspektiven der polnischen Wirtschafts­

reform 1982-1985 (Berichte des Bundesinstituts fUr ostwissenschaftliche Stu­dien, 34-1985), Kaln

192

Page 202: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Pysz, P. (1985b): Die Preisreform 1982 und die Perspektiven fUr das Gleichgewicht auf dem polnischen Konsumgiitermarkt, in: Bingen, D. (Hrsg.): Polen 1980-1984. Dauerkrise oder Stabilisierung? Nomos, Baden-Baden, S. 311-343

Pysz, P.; Quaisser, W. (1988): Polens Wirtschaft zwischen Krise und Reform, Aus

Politik und Zeitgeschichte, 38. Jg. Bd. 11112, S. 49-61

Pysz, P.; Scharff, R. (1988): Polnische Volkswirtschaft in den 80er Jahren - Reformen und wirtschaftliche Ergebnisse, in: SchlUter, R. (Hrsg.): Wirtschaftsreformen im Ostblock in den 80er Jahren, Ferdinand Schoningh, Paderborn, S. 79-106

Quaisser, W. (1988): Die Wirtschaftsentwicklung Polens 1987 unter besonderer Be­rUcksichtigung der Preisreform, inflationarer Prozesse und der Situation auf dem KonsumgUtermarkt (Arbeiten aus dem Osteuropa-Institut Mtinchen, Nr. 125), Mtinchen

Richter, S. (1994): Life without CMEA: Foreign trade in Eastern and Central Europe, in: Gacs, J.; Winckler, G. (Hrsg.): International trade and restructuring in Eastern Europe, S. 183-210

Rodriguez Lopez, J. (1989): El periodo de la transici6n politica desde la perspectiva del analisis econ6mico, in: Tezanos, J. F.; Cotarelo, R.; BIas, A. de (Hrsg.): La tran­sici6n democratic a espanola, S. 117-147

Rosati, D. K. (1991): Sequencing the reforms in Poland, in: Marer, P.; Zecchini, S. (Hrsg.): The transition to a market economy, Vol. I, S. 208-224

Rosati, D. K. (1992): The stabilization program and institutional reform in Poland, in: Siebert, H.: The transformation of socialist economies, S. 249-273

Rubio Lara, J. (1992): Algunos textos significativos de la transici6n y consolidaci6n de la democracia espanola, in: Cotarelo, R. (Hrsg.): Transici6n politica y consolida­ci6n democratica, S. 461-543

Rustow, D. A. (1970): Transitions to democracy: toward a dynamic model, in: Compa­

rative Politics, Bd. 2, Nr. 3, S. 337-363

Sachs, J. (1993): Poland's jump to the market economy, The MIT Press, Cambridge,

Ma.

Sachs, J.; Lipton, D. (1995): Poland's economic reform, in: Frieden, J. A.; Lake, D. A. (Hrsg.): International Political Economy. Perspectives on Global Power and Wealth, S. 460-474

Salmon, K. G. (1991): The modern Spanish economy. Transformation and integration into Europe, Pinter Publishers, London und New York

193

Page 203: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Schmidhuber, P. M. (1991): Wirtschaftspolitische Uberlegungen der Gemeinschaft zur Restrukturierung Osteuropas, in: Rottinger, M.; Weyringer, C. (Hrsg.): Hand­buch der europaischen Integration, S. 527-532

Schwartz, G. (1994): Public finances, in: Ebrill, L. P. et al.: Poland: the path to a mar­ket economy (International Monetary Fund, Occasional Paper 113), S. 7-22

Schwartz, P.; Gonzalez, M.-G. (1978): Una historia del Instituto Nacional de Industria (1941-1976), Editorial Tecnos, Madrid

Secretarfa General de Turismo (Hrsg.) (1993): Anuario de estadfsticas de turismo. Ano 1992, Madrid

Segura, J. (1990): Del primer Gobierno socialista a la integraci6n en la CEE: 1983-1985, in: Garcia Delgado (Hrsg.): Economfa espanola de la transici6n y la democracia 1973-1986, S. 59-77

Serrano Sanz, J. M.; Costas Comesana, A. (1990): La reforma del marco institucional, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Economfa espanola de la transici6n y la democracia 1973-1986, S. 505-525

Slay, B. (1989): Economic reform: A comparison of the Polish and Hungarian experi­ences, Indiana Univ. Diss., Bloomington, Ind.

Slay, B. (1991): A comparison of Polish and Hungarian foreign trade reforms, in: Kemme, D. M. (Hrsg.): Economic reform in Poland: The aftermath of Martial Law 1981-1988, S. 179-206

Slay, B. (1994): The Polish economy, Crisis, reform, and transformation, Princeton University Press, Princeton

Slay, B. (1996): Polish banks on the road to recovery, in: Post-Soviet Geography and Economics, Vol. 37, Nr. 8, 1996, S. 511-522

Solbes Mira, P. (1990): La economfa espanola ante la CEE: el proceso de negociaci6n, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Economfa Espanola de la transici6n y la democracia 1973-1986, Madrid, S. 481-501

Soltys, S, (1995): Der polnische Arbeitsmarkt im Umbruch, Campus, Frankfurt a.M., New York

Soto Carmona, A. (1994): De las Cortes orgamcas a las Cortes democratic as, in:

194

Redero San Roman, M. (Hrsg.): La transici6n a la democracia en Espana, S.109-133

Page 204: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Staniszkis, J. (1984): Poland's self-limiting revolution, Princeton University Press,

Princeton, NJ

Strobel, G. W. (1985): NSZZ "Solidarnosc". Beitrag zur Analyse der Organisation und

politis chen Wirkung einer sozialen Sammlungsbewegung, in: Bingen, D. (Hrsg.):

Polen 1980-1984. Dauerkrise oder Stabilisierung?, S. 47-100

Sudria, C. (1991): Un factor determinante: la energfa, in: Nadal, J.; Carreras, A.;

Sudria, C. (Hrsg.): La economfa espanola en el siglo XX. Una perspectiva his­

torica, Barcelona, S. 313-363

Szomburg, J. (1995): The political constraints on Polish privatization, in: Blazyca, G.;

D~browski, J. M. (Hrsg.): Monitoring economic transition. The Polish case,

S.75-85

Tamames, R. (1990): Los Planes de Desarrollo (1964-1975), in: Informacion Comer­

cial Espanola, S. 57-68

Tamames, R. (1993): Estructura economica de Espana, 22. Aufl., Alianza Editorial,

Madrid

Tamames, R. (1996): La Union Europea (Alianza Universidad textos; 146), 3. Aufl.,

Alianza Editorial, Madrid

Taras, R. (1995): Consolidating democracy in Poland, Westview Press, Boulder und

Oxford

The Economist Intelligence Unit (1997): Country profile. Poland 1996-97, London

Tietzel, M. (1981): Die Okonomie der Property Rights: Ein Uberblick, in: Zeitschrift

for WirtschaJtspolitik, 30. Jg., S. 207-243

Tigges, M.; Lechmann-Becker, A. (1994): Polen: Verordnung "Das Konkursrecht", in:

WirtschaJt und Recht in Osteuropa, Heft 4/1994, S. 126-135

Tobik, A. (1985): Ergebnisse der polnischen Wirtschaftsreform (dreijahrige Zwischen­

bilanz), Osteuropa Wirtschaft, 30. Jg., 3/1985, S. 218-229

Toharia, L. (1998): Spanien, in: Trends, Nr. 30, Sommer 1998, S. 35-40

Torrero Manas, A. (1990): El sector financiero: cambios y tendencias, in: Garda

Delgado, J. L. (Hrsg.): Economfa espanola de la transicion y la democracia,

S.343-360

Trullen i Thomas, J. (1993): Fundamentos econollllcos de la transicion polftica

espanola. La polftica economic a de los Acuerdos de la Monc1oa, Madrid

195

Page 205: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Tworzecki, H. (1996): Parties and politics in post-1989 Poland, Westview Press, Boulder und Oxford

United Nations. Department for Economic and Social Information and Policy Analysis (Hrsg.): International trade statistics yearbook. Volume I. Trade by country, New York, verschiedene J ahrgange

Varela, M. (1990): El Plan de Estabilizaci6n como yo 10 recuerdo, in: Infonnacion Comercial Espanola, S. 41-55

Vazquez Garcia, J. A. (1993): Regiones de tradici6n industrial en declive: la cornisa cantabrica, in: Garcia Delgado, J. L. (Hrsg.): Espana, economia, S. 961-987

Velarde Fuertes, J. (1990): El Pacto de la Moncloa: Analisis del acuerdo econ6mico­social que hizo po sible la constituci6n de 1978, in: Informacion Comercial Espanola, Dez. 1989/Jan. 1990, S. 105-117

Vetter, R. (1997): Hangepartie in Polens Stahlindustrie, in: Handelsblatt, Nr. 196 vom 13.10.97, o. Seite

Wagener, H.-J. (1994): Transformation as a political-economic process, in: ders. (Hrsg.): The political economy of transformation, Physica-Verlag, Heidelberg, S.3-22

Wagener, H.-J. (1995): Anlage oder Umwelt? Uberlegungen zur Innovationsschwache der DDR-Wirtschaft, in: INITIAL, 1/1995, S. 67-82

Wagener, H.-J. (1996): Transformation als historisches Phanomen (Frankfurter Institut fUr Transformationsstudien, Discussion Paper 7/96), Frankfurt/Oder

Weise, C. et al. (1997): Ostmitteleuropa auf dem Weg in die EU - Transformation, Ver­flechtung, Reformbedarf (Deutsches Institut fUr Wirtschaftsforschung. Beitrage zur Strukturforschung, Heft 167), Duncker und Humblot, Berlin

Wiatr, M. S. (1984): Motivationssystem in der Wirtschaftsreform in Polen (For­schungsberichte wnw, Nr. 100), Wien

Wiener Institut fUr Internationale Wirtschaftsvergleiche (Hrsg.): Countries in transition 1996, Wien, verschiedene Jahrgange

Wilczynski, J. (1974): Das sozialistische Wirtschaftssystem. Grundsatze der zentralen Planwirtschaften in der UdSSR und in Osteuropa unter dem Neuen System, K6ln

Wilczynski, R. (1994): The role of international financial instituions in Poland's transi­tion to a market economy, in: Eastern European Economics, Vol. 32, Nr. 5, September/October 1994, S. 36-50

196

Page 206: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

Wilke, R. (1982): Die Einschrankung der flihrenden Rolle der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, in: Pusylewitsch, T. (Hrsg.): Rechtliche und politische Institu­tionen der Volksrepublik Polen unter besonderer Berticksichtigung aktueller Entwicklungen, Kiel, S. 60-80

Winiecki, 1. (1991): The Polish transition programme at mid-1991: Stabilisation under

threat (Kieler Diskussionsbeitrage, 174), Kiel

Winiecki, 1. (1992a): The polish transition programme: Underpinnings, results, inter­

pretations, in: Soviet Studies, Bd. 44, Nr. 5, S. 809-835

Winiecki, 1. (1992b): Privatization in Poland. A comparative perspective (Kieler Stu­dien; 248), Tiibingen, Mohr

Winiecki, 1. (1997): The applicability of standard reform packages to Eastern Europe, in: Hare, P. G.; Davis, 1. R. (Hrsg.): Transition to the market economy. Critical perspectives on the world economy, S. 465-484

Wirtschaftsreformkomrnission (1981): Grundsatze der Wirtschaftsreform (Entwurf), als Ubersetzung in: Bundesstelle flir AuBenhandelsinformation (Hrsg.): Polen. All­gemeine Wirtschaftsreform und AuBenwirtschaftsreform, S. 1-82

World Economy Research Institute (Hrsg.) (1991): Poland. International economic re­port 1990/91, Warschau

Zelinsky, U. (1984): Spaniens wirtschaftspolitische Wende von 1959: Vorgeschichte, Deterrninanten, Durchsetzungsstrategie, in: Waldmann, P.; Bernecker, W. L.; L6pez-Casero, F. (Hrsg.): Sozialer Wandel und Herrschaft im Spanien Francos, S.279-303

Ziemer, K. (1989): Auf dem Weg zum Systemwandel in Polen. II. Yom "Runden Tisch" zur "IV. Republik"?, in: Osteuropa, 39 (1989), S. 957-980

Ziemer, K. (1998): Die Konsolidierung der polnischen Demokratie in den neunziger lahren, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 6-7/98, S. 29-38

197

Page 207: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

rj)fll.\n DeutscherUniversitatsVerlag ~ GABLER ·VIEWEG·WESTDEUTSCHER VERLAG

Aus unserem Programm

Jorg Alting Europaische Zentralbank und Mindestreservepolitik 1998. XVII, 297 Seiten, 9 Abb., 7 Tab., Broschur DM 108,-1 Os 788,-1 SFr 96,­GABLER EDITION WISSENSCHAFT ISBN 3-8244-6645-7 Jorg Alting konzipiert ein in sich geschlossenes europaisches Mindestreserve­system, das geeignet ist, die negativen Begleiterscheinungen der Mindestreserve weitgehend zu minimieren, ohne dar., ihre geldpolitischen Nutzeneffekte beein­trachtigt werden.

Hanno Beck Die Stabilitat von Integrationsgemeinschaften Oberlegungen zur Osterweiterung der Europaischen Union 1998. XVII, 299 Seiten, 51 Abb., 27 Tab., Broschur DM 108,-1 Os 788,-1 SFr 96,­DUV Wirtschaftswissenschaft ISBN 3-8244-0407-9 Der Autor erarbeitet ein Integrationskonzept, dessen primares Ziel die Stabilitat internationaler ZusammenschlOsse ist, und wendet dieses auf die Osterweiterung der Europaischen Union an.

Jocelyn Braun Large-scale Privatization via Auctions The case of land in transforming economies 1998. XV, 171 Seiten, 5 Abb., 1 Tab., Broschur DM 84,-1 Os 613,-1 SFr 76,­GABLER EDITION WISSENSCHAFT ISBN 3-8244-6777-1 On the basis of a game-theoretic framework of analysis, Jocelyn Braun shows that the mechanism of auctioning is an efficient and equitable alternative to many privatization methods that have so far been implemented with disappointing re­sults.

Manfred A. Dauses (Hrsg.) Osterweiterung der EU Rechtsangleichung und strukturpolitischer Rahmen 1998. 581 Seiten, 4 Abb., 15 Tab., Broschur DM 128,-1 Os 934,-1 SFr 114,­DUV Sozialwissenschaft ISBN 3-8244-4284-1 Die Osterweiterung der Europaischen Union steht vor der TOr. Die potentiellen Beitrittspartner Mittelosteuropas haben bereits einen gror.,en Teil der System­transformation umgesetzt. Jetzt mOssen die rechtlichen Rahmenbedingungen fOr die Einbindung in die EU geschaffen werden.

Page 208: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

~ 1.\f7 DeutscherUniversitatsVerlag ~ GABLER·VIEWEG·WESTDEUTSCHERVERLAG

Klaus Dorner u. a. (Hrsg.) Aspekte der europaischen Integration 1998. XIV, 236 Seiten, 5 Abb., 18 Tab., Broschur DM 48,-1 Os 350,-1 SFr 44,50 DUV Sozialwissenschaft ISBN 3-8244-4286-8 In diesem am Centrum fur Europaische Studien (CEUS) entstandenen Sam mel­band werden bisherige Entwicklungslinien des europaischen Integrationsprozes­ses aufgearbeitet und Zukunftsperspektiven aufgezeigt.

Arnold Holle Corporate Governance by Banks in Transition Economies The Polish Experience 1998. XVII, 274 Seiten, 26 Abb., 76 Tab., Broschur DM 98,-1 Os 715,-1 SFr 89,­GABLER EDITION WISSENSCHAFT ISBN 3-8244-6746-1 This empirical study looks in detail at the Polish Enterprise and Bank Restruc­turing Program. The Polish experience shows the necessity of completely over­hauling the bankruptcy laws and institutions at the outset of any restructuring pro­gram.

Marcus Marktanner Systemtransformation und Kluberweiterung Chancen und Risiken der Aufnahme von Reformstaaten in integrierte Wirtschaftsraume 1997. XVIII, 174 Seiten, 28 Abb., Broschur DM 89,-1 Os 650,-1 SFr 81 ,­GABLER EDITION WISSENSCHAFT ISBN 3-8244-6660-0 Marcus Marktanner analysiert zunachst die Ursachen des Scheiterns soziali­stischer Okonomien. Hieraus leitet er politische und eigentumsrechtliche Dezen­tralisierungserfordernisse fUr eine erfolgreiche Transformation abo

Stefan Merten Wirtschaftspolitische Leitbilder des Marxismus-Leninismus Konzeptionen - Defizite - Folgen 1999. XV, 305 Seiten, 2 Abb., Broschur DM 108,-1 Os 788,-1 SFr 96,­DUV Wirtschaftswissenschaft ISBN 3-8244-0446-X Es wird deutlich, daB das Scheitern des Sozialismus sowie die mit seiner realen Auspragung stets eng verbundene Diktatur notwendige Folgen der totalitaren wirtschaftspolitischen Leitbilder sind.

Page 209: Transformation der Wirtschaftsordnung in Polen und Spanien: Entwicklungsprozesse seit Mitte der siebziger Jahre

fD'l r.\n DeutscherUniversitatsVerIag ~ GABLER'VIEWEG'WESTDEUTSCHERVERLAG

Jan Myszkowski Der politische und wirtschaftliche Umbruch in Ostmitteleuropa Eine Analyse der deutschen Tagespresse 1999. XIV, 366 Seiten, 230 Abb., Broschur DM 82,-1 Os 599,-1 SFr 74,50 DUV Sozialwissenschaft ISBN 3-8244-4315-5 Der Autor analysiert das Bild des politischen und wirtschaftlichen Umbruchs in der deutschen Tagespresse des Jahres 1989 unter inhaltlichen, sprachlichen und zeitungstechnischen Kriterien.

Falk von Seck Transformation der Seeschiffahrt Privatisierung und Restrukturierung im Ostseeraum 1998. XXIV, 384 Seiten, 17 Abb., 90 Tab., Br. DM 128,-1 Os 934,-1 SFr 114,­GABLER EDITION WISSENSCHAFT ISBN 3-8244-6829-8 Der Autor zeigt, dar.. Privatisierung und Restrukturierung eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der betreffenden Reedereien im Ostseeraum und teilweise deren Bankrott nicht verhindern konnten.

Elke Siehl Privatisierung in RuBland Institutioneller Wandel in ausgewahlten Regionen 1998. XX, 402 Seiten, 11 Abb., 30 Tab., Broschur DM 128,-1 Os 934,-1 SFr 114,­GABLER EDITION WISSENSCHAFT ISBN 3-8244-6849-2 Elke Siehl analysiert die Privatisierung der staatseigenen Wirtschaft als Teil eines umfassenden gesamtgesellschaftlichen Wandels und als Produkt des Zusam­menspiels okonomischer und politischer Prozesse.

JOrgen Tiedge Systemtransformation und Wettbewerbsentwicklung 1998. XXI, 324 Seiten, 23 Abb., 9 Tab., Broschur DM 118,-1 Os 861,-1 SFr 105,­GABLER EDITION WISSENSCHAFT ISBN 3-8244-6715-1 Der Autor zeigt am Beispiel der Transformation der Interflug GmbH, dar.. die Aus­blendung sachlicher und raumlicher Wettbewerbsdeterminanten zu einer Schwa­chung des Aufbaus einer dynamischen Wettbewerbslandschaft fOhren kann.

Die Blicher erhalten Sie in Ihrer Buchhandlung! Unser Verlagsverzeichnis konnen Sie anfordern bei:

Deutscher Universitats-Verlag Postfach 30 09 44 51338 Leverkusen


Recommended