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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 44. Jahrg., H. 2 (1927), pp. 311-328 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907657 . Accessed: 17/06/2014 13:25 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.72.154 on Tue, 17 Jun 2014 13:25:03 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 44. Jahrg., H. 2 (1927), pp. 311-328Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907657 .

Accessed: 17/06/2014 13:25

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926.1)

(Gesetzsamml. für Thüringen 1926 S. 322).

I. Steuerpflicht.

§ 1.

(*) Der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegen die in Thüringen be- triebenen stehenden Gewerbe.

(2) Als Gewerbe im Sinne dieses Gesetzes gilt jede fortgesetzt auf Gewinn- erzielung gerichtete selbständige Tätigkeit, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Die Annahme eines Gewerbebetriebes wird weder durch eine zeitweilige Unterbrechung der Tätigkeit, noch durch die nur einmalige Ausübung der Tätigkeit ausgeschlossen, wenn anzunehmen ist, dass die Tätigkeit bei sich bietender Gelegenheit wiederholt wird.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt auch die entsprechende Tätigkeit von Vereinen, eingetragenen Genossenschaften, Körperschaften sowie von Konsumanstalten gewerblicher Unternehmungen im Nebenbetriebe, selbst wenn sie satzungsgemäss und tatsächlich auf einen fest umgrenzten Personenkreis beschränkt und nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist2).

(4) Als Gewerbe gilt nicht die gemeinsame Benutzung oder Verwertung von Betriebseinrichtungen oder -gegenständen für Zwecke der Landwirtschaft, Forst- wirtschaft oder Gärtnerei durch Vereine, Genossenschaften und private Körper- schaften (Dreschgenossenschaften, Tierzuchtgenossenschaften), soweit diese Be- nutzung oder Verwertung sich auf den Kreis der Mitglieder beschränkt.

§2. Der Gewerbesteuer unterliegen nicht a) die Land- und Forstwirtschaft, die Viehzucht, der Obst-, Wein- und

Gartenbau, die Jagd und Fischerei. Die Befreiung erstreckt sich nicht auf die zu den in Abs. 1 erwähnten Erwerbs-

zweigen gehörigen Nebenbetriebe gewerblicher Art. Als Nebenbetrieb gewerblicher Art gilt nicht die landwirtschaftliche Brennerei;

b) die Ausübung eines amtlichen Berufs, einer künstlerischen, wissenschaft- lichen, unterrichtenden, erziehenden oder sonstigen freien Berufstätigkeit, soweit hiermit nicht ein mit besonderen Einrichtungen oder Anlagen verbundener Ge- schäftsbetrieb verknüpft ist. Zu den freien Berufen gehören auch Zahntechniker im Sinne des § 123 der Reichsversicherungsordnung;

c) Provisionsreisende, die nachweisbar zum Organismus des Geschäfts gehören, und Hebammen.

§3. Gewerbliche Unternehmungen, die ausserhalb Thüringens ihren Sitz haben,

aber in Thüringen eine Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten (§ 10 des Landessteuergesetzes vom 30. März 1920, R.G.B1. S. 402),

*) Auf Grund des Art. III Ziff. 2 des Gesetzes über die Gewerbesteuer vom 17. Juli 1926 vom Thüringischen Finanzministerium am 23. Juli 1926 bekannt gemacht.

a) Entwurf zum Abänd.-Ges. vom 17. Juli 1926: Als Gewerbe im Sinn dieses Gesetzes gilt auch der Geschäftsbetrieb von Vereinen, eingetragenen Genossenschaften und privaten Körper- schaften, die lediglich die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Mitglieder bezwecken.

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312 Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 1926.

sind für diese Betriebsstätte der Gewerbesteuer in Thüringen unterworfen. Die Inhaber solcher Unternehmungen sind verpflichtet, auf Verlangen des Rentamts einen in Thüringen wohnhaften Vertreter zu bestellen.

§4.

i1) Von der Gewerbesteuer sind befreit: 1. das Reich, soweit eine Besteuerung nach Reichsrecht unzulässig ist; 2. das Land Thüringen und die thüringischen Gemeinden und Gemeinde-

verbände, soweit ihre Betriebe und Verwaltungen der Körperschaftssteuer nicht unterliegen;

3. die Reichsbank; 4. inländische Personenvereinigungen, Stiftungen und juristische Personen für

Unternehmungen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung aus- schliesslich Unterrichts-, Wohn- und Siedlungs-, mildtätigen oder gemeinnützigen Zwecken dienen und ohne die Absicht der Erzielung eines Gewinnes betrieben werden, z. B. Büchereien, Lesehallen, Volks bäder, Volksküchen;

5. Versicherungs vereine auf Gegenseitigkeit; 6. Kirchen, Kirchgemeinden, Kirchlehen und Pfarrlehen sowie die ihnen nach

Art. 137 Abs. 7 der Reichsverfassung gleichgestellten Vereinigungen. (2) Den eigenen Unternehmungen der in Abs. 1 erwähnten Körperschaften

stehen die ausschliesslich für deren Rechnung betriebenen Unternehmungen gleich.

§5. Steuerpflichtig für das Gewerbe ist derjenige, auf dessen Rechnung das

Gewerbe betrieben wird (Unternehmer).

§6. Gewerbe, die von mehreren Personen gemeinschaftlich betrieben werden, sind

so zu veranlagen, als wenn sie nur von einer Person betrieben würden.

§7. Mehrere gleichartige Gewerbebetriebe desselben Unternehmers gelten als ein

steuerpflichtiger Gewerbebetrieb und werden einheitlich veranlagt.

II. Massstab der Besteuerung.

§ 8. Die Gewerbesteuer wird bemessen 1. nach dem Kapital des Gewerbes (Kapitalabgabe), 2. nach dem Ertrage des Gewerbes (Ertragsabgabe), 3. nach einem festen Einheitssatz für jeden Gewerbebetrieb (Einheitsabgabe). Die Kapitalabgabe, die Ertragsabgabe und die Einheitsabgabe ergeben

zusammen die Gewerbesteuer. Bei den in § 4 Abs. 1 Ziff. 1 u. 2 bezeichneten Körperschaften beschränkt

sich die Steuerpflicht auf die Ertragsabgabe.

§9- (*) Das Gewerbekapital umfasst sämtliche dem Gewerbebetrieb gewidmeten

Gegenstände mit Ausnahme der von der Grundsteuer betroffenen Bestandteile einschliesslich solcher Gegenstände, die dem Betrieb dienen, aber nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen. Von den Aktivwerten des Gewerbekapitals dürfen die mit dem Gewerbebetrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden mit Ausnahme solcher Schulden abgezogen werden, die zur Gründung oder Erwerbung des Unternehmens oder eines Teilbetriebes oder zu einer den

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 1926. 3J3

Betrieb in seiner Grundlage ändernden Erweiterung des Unternehmens aufge- nommen worden sind.

(2) Dem Gewerbekapital sind unbeschadet des Abs. 1 die nach den Vor- schriften des Reichsbewertungsgesetzes vom 10. August 1925 (R.G.B1. S. 214) für daß Betriebsvermögen festgestellten Einheitswerte zugrunde zu legen. Der Wert des Gewerbekapitals, das nicht in Ausführung des Reichsbewertungsgesetzes bewertet wird, wird nach den Bestimmungen des Reichsbewertungsgesetzes für die Gewerbesteuer besonders festgestellt.

§ 10.

(x) Der Gewerbeertrag bestimmt sich nach den jeweilig geltenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, soweit sich aus Abs. 2-4 nicht Abweichendes ergibt.

(2) Zu den abzugsfähigen Betriebsausgaben gehören nicht: a) die Zinsen für das Gewerbekapital, auch wenn es einem Dritten gehört,

und für Schulden, die von dem Werte des Gewerbekapitals nicht abgezogen werden dürfen (§ 9 Abs. 1 Satz 2);

b) die ̂ Bezüge der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft, der Kom- manditgesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Aktien für die ihrer Gesellschaft geleisteten Arbeiten und Dienste;

c) die von den Körperschaften entrichtete Körperschaftssteuer sowie die den Vorstandsmitgliedern, geschäftsführenden und sonstigen Beamten, Angestellten und Arbeitern ohne Erfüllung eines Rechtsanspruchs gewährten Anteile am Jahresgewinn, ferner die den zur Ueberwachung der Geschäftsführung verfassungs- mässig bestellten Personen (Mitglieder des Aufsichtsrats, des Grubenvorstandes, des Gewerkschaftsrates, des Verwaltungsrates) gewährten Vergütungen jeder Art.

(3) Die in § 11 Ziff. 4 des Körperschaftssteuergesetzes in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes vorgesehene Einschränkung der sachlichen Steuerpflicht gilt nicht für die Gewerbesteuerpflicht der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Zu ihren abzugsfähigen Betriebsausgaben gehört nicht der ihren Mitgliedern oder Nichtmitgliedern gewährte Kundengewinn.

(4) Bei physischen Personen und den in Abs. 2 Buchstabe b bezeichneten Gesellschaften wird ein Betrag von 1500 RM. von dem ermittelten Ertrag in Abzug gebracht.

(5) Soweit von den Reichssteuerbehörden für die Zwecke der Reichsein- kommen- und Reichskörperschaftssteuer die gewerblichen Erträge festgestellt sind,8ind diese, vorbehaltlich etwaiger Abänderung nach Abs. 1 -4 der Besteuerung für die Gewerbesteuer zugrunde zu legen. Insoweit findet eine besondere Veran- lagung durch Landessteuerbehörden nicht statt.

§ 11.

Befinden sich Betriebsstätten eines gewerblichen Unternehmens sowohl innerhalb wie ausserhalb Thüringens, so sind nur die auf die thüringischen Betriebs - statten entfallenden Teile des Ertrags und des Kapitals der Besteuerung unter- worfen und wird die Einheitsabgabe (§ 8 Ziff. 3) nur in dem Verhältnis erhoben, in dem Thüringen an dem Ertrag beteiligt ist.

§ 12.

(x) Bleibt der steuerbare Gesamtertrag bei natürlichen Personen und den in § 10 Abs. 2 Buchstabe b bezeichneten Gesellschaften unter 8000 RM., so wird er nur mit 75 v. H., bleibt er unter 4000 RM., so wird er nur mit 50 v. H. der Besteuerung unterworfen.

(2) Bleibt der steuerbare Gesamtwert des Kapitals unter 20 000 RM., so 781

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314 Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 1926.

wird er mit 75 v. H., bleibt er unter 10 000 RM., so wird er mit 50 v. H., bleibt er unter 3000 RM., so wird er gar nicht der Besteuerung unterworfen.

(3) Bleibt nach § 10 Abs. 4 der Ertrag und nach § 12 Abs. 2 der Kapitalwert steuerfrei1), so wird auch die Einheitsabgabe nach § 8 Abs. 1 Ziff. 3 nicht erhoben.

III. Steuersatz.

§ 13. Die Ertragsabgabe wird nach Hundertteilen des steuerbaren Ertrags, die

Kapitalabgabe wird nach Tausendteilen des steuerbaren Kapitals erhoben. Durch das jeweilige Abgabengesetz oder durch besonderes Gesetz wird

bestimmt, wieviel Hundert- und Tausendteile als Jahresabgaben für das Land Thüringen erhoben werden und in welchem Verhältnis beide Abgaben zueinander stehen.

Die Einheitsabgabe (§ 8 Ziff. 3) beträgt jährlich 8 RM.

§ 14. Das Finanzministerium ist ermächtigt, Bestimmungen zu treffen, nach denen

bei Berechnung der Gewerbesteuer der steuerbare Ertrag, das steuerbare Kapital und die Steuerbeträge selbst abzurunden sind.

IV. Veranlagung.

§ 15.

(x) Dem Finanzministerium steht die obere Leitung der Veranlagung zu. (2) Gewinnt das Finanzministerium die Ueberzeugung, dass die Nïchtbeobach-

tung oder unrichtige Anwendung von gesetzlichen Vorschriften in erheblichem Umfange zu unrichtigen Veranlagungen geführt hat oder dass die Veranlagung in einem Bezirk ungleichmässig mit der in anderen Bezirken ausgeführt worden ist, so ist es befugt, die zu beanstandenden Veranlagungen allgemein aufzuheben und neue Veranlagungen anzuordnen.

§ 16. Bei der Veranlagung finden die Bestimmungen der §§ 64-78 der Reichs -

abgabenordnung entsprechende Anwendung.

V. Ort der Veranlagung.

§ 17.

(x) Die Veranlagung erfolgt in dem Rentamtsbezirk, in dem das Gewerbe betrieben wird.

(2) Erstreckt sich der Gewerbebetrieb auf die Bezirke mehrerer Rentämter, so ist das Rentamt zuständig, in dessen Bezirk die Geschäfts-(Betriebs-)Leitung des Unternehmens ihren Sitz hat.

(3) Das gilt auch, wenn mehrere Gewerbe von demselben Unternehmer betrieben werden.

(4) Im Zweifelsfalle wird das zuständige Rentamt durch das Finanzministerium bestimmt.

§ 18.

(x) Das Finanzministerium kann die Veranlagung für einzelne Rentamts- bezirke den Rentämtern anderer Bezirke übertragen.

(2) Es kann ferner bestimmen, dass für die Veranlagung gewisser Arten von Gewerbebetrieben ein einziges Rentamt oder einzelne Rentämter zuständig sind, auch wenn die Gewerbe in anderen Rentamtsbezirken betrieben werden.

*) Entwurf: Bleibt nach Abs. 2 der Kapitalwert steuerfrei. 782

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 1926. gjg

VI. Vorbereitung der Veranlagung.

§ 19.

Die Landes- und Gemeindebehörden haben nach näherer Bestimmung des Finanzministeriums bei Beschaffung der Veranlagungsunterlagen mitzuwirken.

§ 20.

H Wer den Betrieb eines stehenden Gewerbes im Sinne dieses Gesetzes anfängt oder aufgibt, hat dem Gemeindevorstand des Ortes, in dem das Gewerbe betrieben wird, Anzeige zu machen.

(2) Der Verpflichtung zur Anmeldung des Gewerbes wird durch die nach § 14 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vorgeschriebene Anzeige gentigt.

(3) Die Gemeinde- (Gutsbezirks-) Vorstände sind verpflichtet, alle im Laufe eines Monats eingehenden An- und Abmeldungen dem zuständigen Rentamt innerhalb der ersten 10 Tage des folgenden Monats mitzuteilen.

(4) Die Steuerpflichtigen müssen dem Gemeinde-(Gutsbezirks-)Vorstande binnen bestimmter Frist schriftlich oder mündlich über ihre Gewerbebetriebe Auskünfte erteilen.

VII. Steuererklärung.

§21. (x) Jeder Gewerbetreibende hat auf Aufforderung des Rentamts binnen

einer von diesem zu bestimmenden Frist eine schriftliche Steuererklärung abzu- geben.

(2) Steuerpflichtigen, welche die zur Abgabe der Steuererklärung gestellte Frist nicht einhalten oder eine Steuererklärung überhaupt nicht abgeben, kann das Rentamt einen Zuschlag bis zu 10 v. H. der endgültig festgesetzten Steuer zugunsten des Landes auferlegen. Von der Auferlegung ist abzusehen, wenn die Versäumnis genügend entschuldigt wird.

§22.

(x) In der Steuererklärung hat der Steuerpflichtige die nach näherer Be- stimmung des Finanzministeriums zur Veranlagung der Gewerbesteuer erforder- lichen Angaben zu machen. Die Erklärungen sind nach einem vorgeschriebenen Vordruck abzugeben.

(2) Die Steuererklärung hat die Versicherung zu enthalten, dass der Steuer- pflichtige die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht habe.

§ 23.

(*) Den Steuererklärungen der Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften und aller sonstigen zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten gewerblichen Unter- nehmungen sind die Geschäftsberichte, Jahresabschlüsse (Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen), sowie auf Verlangen die darauf bezüglichen Beschlüsse der Generalversammlungen beizufügen.

(2) Im übrigen haben Steuerpflichtige, die Handelsbücher im Sinne des Handelsgesetzbuchs führen, auf Verlangen eine Abschrift ihrer unverkürzten Bilanzen mit Erläuterungen einzureichen. § 174 der Reichsabgabenordnung findet entsprechende Anwendung.

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32 g Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926.

VIII. Prüfung der Veranlagungsunterlagen durch das Rentamt.

§24.

(x) Das Rentamt hat die Steuererklärungen nebst den Unterlagen zu prüfen und über die gewerblichen Verhältnisse der Steuerpflichtigen möglichst genaue Nachrichten einzuziehen, sowie überhaupt die Merkmale zu sammeln, die ein Urteil über die Besteuerungsgrundlagen zu begründen vermögen.

(2) Es ist insbesondere befugt: 1. Steuerpflichtige, die eine Steuererklärung nicht abgegeben haben, zur

Steuererklärung aufzufordern; 2. Steuerpflichtige, die eine unvollständige Steuererklärung abgegeben

haben, zur Ergänzung anzuhalten; 3. von den Steuerpflichtigen auf bestimmte Fragen schriftliche oder münd-

liche Auskunft über ihre gewerblichen Verhältnisse zu verlangen; 4. Betriebsräume der Steuerpflichtigen zu besichtigen und die Vorlegung von

Büchern und Geschäftspapieren zu verlangen; 5. Auskunftspersonen und Sachverständige zu vernehmen. (3) Das Rentamt kann hierbei die Mitwirkung der Gemeinde-( Gutsbezirks-)

Vorstände und der Verwaltungsbehörden in Anspruch nehmen.

§25. Das Finanzministerium ist befugt, mit Rücksicht auf die Verwertung von

Reichssteuerveranlagungen für die Gewerbesteuer Bestimmungen über eine Ein- schränkung der aus den § § 21 - 24 für Steuerpflichtige und Behörden sich ergebenden Pflichten zu erlassen.

IX. Veranlagung. § 26.

(x) Die Veranlagung zur Gewerbesteuer erfolgt durch das Rentamt oder die gemäss § 51 des Gew. St. G. mit der Veranlagung sonst betraute Behörde ohne Mit- wirkung von Steuerausschüssen.

(2) Die näheren Bestimmungen über die Bildung der Steuerausschüsse und ihr Verfahren werden durch besonderes Gesetz getroffen.

§ 27. Nach Feststellung der Veranlagungsgrundlagen berechnet das Rentamt

für jeden Steuerpflichtigen die Steuer und trägt sie in die Gewerbesteuerliste ein.

§ 28.

(*) Das Ergebnis der Veranlagung (Ertragsabgabe, Kapitalabgabe, Einheits- abgabe) ist dem Steuerpflichtigen von der Steuerbehörde mittels verschlossener Zuschrift bekanntzumachen (Gewerbesteuerbescheid).

(2) Dabei ist der Steuerpflichtige darauf hinzuweisen, welches Rechtsmittel zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde es einzulegen ist.

(3) Das Finanzministerium kann statt der Zustellung nach Abs. 1 eine ein- fachere Form der Bekanntgabe zulassen oder anordnen.

X. Rechtsmittel.

§ 29.

(x) Gegen den Gewerbesteuer bescheid ist innerhalb eines Monats von der Bekanntgabe ab der Einspruch zulässig; über den Einspruch entscheidet die Steuerbehörde (§ 26 Abs. 1).

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 19215. 317

(a) Gegen die Einspruchsentscheidung ist innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe die Berufung zulässig ; über die Berufung entscheidet der Beruf unga- ausschuss.

(3) Gegen die Entscheidung des Berufungsausschusses ist innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe die Rechtsbeschwerde (Revision) an das Ober- verwaltungsgericht zulässig; die Rechtsbeschwerde steht auch dem Vorsitzenden des Berufungsausschusses und der Steuerbehörde (§ 26 Abs. 1) zu.

§ 30.

Soweit bei der Veranlagung der Gewerbesteuer von den Reichssteuerbehörden festzusetzende Beträge und Werte zugrunde gelegt sind, können Rechtsmittel, die die Veranlagung der Gewerbesteuer betreffen, nicht darauf gestützt werden, dass die Erträge und Werte von den Reichssteuerbehörden unrichtig festgesetzt seien.

§ 31. Die näheren Bestimmungen über die Bildung von Berufungsausschüssen und

ihr Verfahren werden durch besonderes Gesetz getroffen.

§ 32.

Im übrigen finden die Vorschriften der § § 217-284 der Reichsabgabenordnung sinngemäss Anwendung.

XL Veranlagungszeitraum.

§ 33.

Die Veranlagung zur Gewerbesteuer erfolgt einheitlich für ihre in § 8 bezeich- neten Teile jeweils für ein Steuer jähr vom 1. April bis 31. März auf Grund der- jenigen Gewerbekapitalien und Gewerbeerträge, die für das mit dem Steuerjahr gleichlautende Kalenderjahr oder, bei Gewerbeerträgen, für ein in diesem Kalender- jahr endendes, vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr der Veranlagung zur Reichseinkommen- (Körperschafts) -Steuer und Reichs vermögensteuer unter- liegen.

§ 34. Bei Entstehen oder Wegfall der Steuerpflicht innerhalb des Veranlagungs-

zeitraums erfolgt nur eine anteilige Besteuerung mit Wirkung vom Beginn des auf die Aenderung folgenden Monats.

§ 35.

(x) Werden die Reichssteuerveranlagungen, die der Gewerbesteuer zugrunde liegen, geändert, so ist auf Antrag, der binnen 2 Monaten nach endgültiger Aende- rung der Reichssteuerveranlagung zu stellen ist, die Gewerbesteuerveranlagung entsprechend zu ändern.

(2) Die Aenderung kann auch von Amts wegen erfolgen.

XII. Stundung, Niederschlagung, Erlas s.

§ 36.

(*) Steuern können gestundet werden, wenn ihre Einziehung mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet ist.

(2) Steuern können niedergeschlagen werden, wenn feststeht, dass die Bei- treibung keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Erhebung oder Beitreibung ausser Verhältnis zu dem Betrage stehen.

(3) Steuern können für einzelne Fälle ganz oder teilweise erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage der Sache unbillig wäre; auch kann in solchen Fällen die Erstattung oder Alirechnung bereits entrichteter Steuern verfügt

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318 Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926.

werden. Für Fälle bestimmter Art können mit Zustimmung des Staatsministeriums aus Billigkeitsgründen allgemein Befreiungen oder Ermässigungen von Steuern vorgesehen sowie die Erstattung oder Anrechnung bereits entrichteter Steuern verfügt werden.

(4) Zuständig ist das Finanzministerium.

XIII. Erhebung.

§37. Die Ge wer bes teuer ist mit je einem Viertel ihres Jahresbetrags am 10. Mai,

10. August, 10. November und 10. Februar fällig.

§ 38. Solange der Steuerbescheid noch nicht zugestellt ist, hat der Steuerpflichtige

Vorauszahlungen in Höhe von je einem Viertel der zuletzt festgestellten Steuer- schuld zu entrichten.

§ 39. Uebersteigt die endgültige Gewerbesteuer die gemäss § 38 zu entrichtenden

Vorauszahlungsbeträge voraussichtlich um mehr als den fünften Teil, mindestens aber um 100 RM. vierteljährlich, so können die Vorauszahlungen entsprechend der zu erwartenden Gewerbesteuer anderweit festgesetzt werden.

§ 40.

Macht ein Steuerpflichtiger glaubhaft, dass die von ihm zu entrichtende endgültige Gewerbesteuer hinter den Vorauszahlungsbeträgen voraussichtlich um mehr als den fünften Teil, mindestens aber um 100 RM. vierteljährlich, zurück- bleiben werde, so ist ihm auf Antrag der wahrscheinliche Unterschiedsbetrag zu stunden.

§41. Ist die Steuerpflicht neubegründet worden, so sind die bis zum Empfang

des ersten Steuerbescheids zu entrichtenden Vorauszahlungen nach der Steuer festzusetzen, die mutmasslich endgültig zu entrichten sein wird.

§ 42.

Ueber die nach § 38 zu entrichtenden Vorauszahlungen bedarf es keines besonderen Bescheids.

Die Festsetzungen nach §§39-41 erfolgen durch die Steuerbehörde ohne die Mitwirkung von Ausschüssen. Die Steuerbehörde erteilt über sie einen schriftlichen Bescheid. Auf die Anfechtung des Bsscheids finden die §§ 29-32 sinngemäss mit folgender Massgabe Anwendung:

1. Im Beruf ungs verfahren entscheidet der Vorsitzende des Berufungsaus- schusses ohne Mitwirkung der Beisitzer.

2. Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Be- schwerdeführer der Gewerbesteuer nicht unterliege.

§ 43.

Binnen Monatsfrist nach Zustellung des Gewerbesteuerbescheids sind die Vorauszahlungen mit der endgültigen Steuer auszugleichen. Die Unterschieds- beträge sind nach dem Stundungszinssatz und nur insoweit zu verzinsen, als Erhöhungen oder Minderungen der Vorauszahlungen nach §§ 39, 40 sich als un- berechtigt erwiesen haben und Beträge über 100 RM. in Frage stehen.

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 1920. gjQ

XIV. Nachsteuer.

§44. Steuerpflichtige, die entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes bei der Ver.-

anlagung übergangen oder steuerfrei geblieben sind, ohne dass eine strafbare Hinterziehung stattgefunden hat, sind zur Entrichtung des dem Lande, der Ge- meinde oder dem Gemeindeverbande entgangenen Betrages verpflichtet. Die Verpflichtung erstreckt sich auf die 4 Steuerjahre zurück, die dem Steuerjahre vorausgegangen sind, in dem die Verkürzung festgestellt worden ist.

XV. Gemeindezuschläge. §45.

Die Gewerbesteuer aus einem Gewerbebetrieb, der sich über mehrere thü- ringische Gemeinden erstreckt, ist auf die Gemeinden in dem gleichen Verhältnis zu zerlegen, nach dem sie gemäss den Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes an dem gewerblichen Einkommen beteiligt sind.

§ 46.

Von den auf die Gemeinden entfallenden Steuergrundbeträgen dürfen die Gemeinden und Kreise Gewerbesteuern, die für alle Betriebe gleichmässig zu bemessen sind, erheben, und zwar:

a) die Stadtkreise bis zu 100 v. H., b) die kreiszugehörigen Gemeinden bis zu 75 v. H. ihrer Steuergrundbeträge, c) die Landkreise bis zu 25 v. H. der Steuergrundbeträge ihrer zugehörigen Gemeinden und bis zu 100 v. H. der Gewerbesteuerbeträge bei Gewerben, die

ausserhalb eines Gemeindebezirks in Thüringen betrieben werden. Macht ein Kreis von seinem Zuschlagsrecht keinen oder nur teilweisen

Gebrauch, so geht, falls das Ministerium für Inneres und Wirtschaft, Abt. Inneres, zustimmt, insoweit die Zuschlagsberechtigung auf die Gemeinde über.

Erhöhungen über die in Abs. 1 bezeichneten Sätze hinaus dürfen nur nach Gehör der amtlichen Berufsvertretungen des Gewerbes beschlossen werden und bedürfen der Genehmigung der Ministerien der Finanzen und für Inneres und Wirtschaft, Abt. Inneres.

Des Erlasses eines Orts-(Kreis-)gesetzes bedarf es für die Festsetzungen nach Abs. 1 u. 2 nicht, es genügt der Beschluss des Gemeinde-( Stadt-, Kreis- )rats.

XVI. Strafbestimmungen.

§47.

(x) Die Hinterziehung der für das Land, die Gemeinde und den Gemeinde- verband zu erhebenden Gewerbesteuer wird mit einer Geldstrafe bis zum zwanzig- fachen Betrage der hinterzogenen Steuer bestraft. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnisstrafe bis zu 2 Jahren erkannt werden. Unberührt bleibt die Verpflichtung zur Nachzahlung der hinterzogenen Steuer.

(2) Die Vorschriften der §§ 355-442 der Reichsabgabenordnung finden sinngemäss Anwendung. An Stelle des Finanzamts tritt das Rentamt, an Stelle des Landesfinanzamts das Finanzministerium.

(3) Die wegen Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz erkannten Geldstrafen fliessen, soweit sie sich auf die Gewerbesteuer des Landes beziehen, in die Landes- kasse, soweit sie die Zuschläge der Gemeinden oder Gemeinde ver bände betreffen, in die Kassen der Gemeinden oder Gemeindeverbände.

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320 Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 1926.

XVII. Kosten.

§ 48. Die Vorschriften der §§ 285-297 der Reichsabgabenordnung finden ent-

sprechende Anwendung.

XVTII. Uebergangs- und Schlussbestimmungen. §49.

( Uebergangsbestimmung. ) § 50.

(*) Unberührt bleiben die besonderen Abgaben und Steuern vom Bergbau und von Eisenbahnen.

(2) (Ueberholt.) § öl.

(*) Das Finanzministerium wird ermächtigt, bis zur Durchführung der Or- ganisation der thüringischen Finanzbehörden die zur Verwaltung der Gewerbe- steuer erforderlichen Massnahmen zu treffen und abweichende Bestimmungen zu erlassen.

(2) Insbesondere kann es die Verwaltung der Gewerbesteuer den Reichsfinanz- behörden, Gemeinden, Gemeindeverbänden oder anderen Behörden übertragen. Es kann weiter anordnen, dass bis zur ersten Veranlagung auf Grund dieses Gesetzes die landesrechtlich oder ortsgesetzlich eingeführten Gewerbesteuern vorläufig forterhoben und auf die nach diesem Gesetz an das Land und gegebenenfalls an Gemeinden oder Gemeindeverbände zu entrichtende Steuer verrechnet werden.

§52. (x) Das Finanzministerium kann im Einvernehmen mit dem Ministerium

des Innern anordnen, dass für bestimmte Arten von Fällen die Festsetzung der Steuer zu unterbleiben hat, wenn der zu erhebende Betrag zu den Kosten der Festsetzung und Erhebung ausser Verhältnis stehen würde oder erhebliche Billig- keitsgründe für die Steuerbefreiung sprechen.

(2) Die Anordnung kann auch dahin gehen, dass nur die Festsetzung der Staatssteuer unterbleibt und es den Gemeinden (Gemeindeverbänden) überlassen bleibt, Zuschläge zu erheben. Im letzteren Falle liegt die Ausfertigung und Zu- stellung der Steuerbescheide den Gemeinden (Gemeinde verbänden) ob. Diese Steuerbescheide stehen bezüglich der Rechtsmittel den staatlichen Steuer- bescheiden gleich.

§53. Für die Vertretung, Vollmacht und Haftung bei Erfüllung der nach diesem

Gesetze den Steuerpflichtigen obliegenden Verpflichtungen finden die Vorschriften der §§ 83-100 der Reichsabgabenordnung entsprechende Anwendung.

§ 54. Das Finanzministerium und das Ministerium des Innern können die ihnen

in diesem Gesetz übertragenen Befugnisse anderen Behörden übertragen.

§55. Mit der Ausführung wird das Finanzministerium beauftragt, das, soweit die

Zuschlagsberechtigung der Gemeinden und Kreise in Frage kommt, im Ein- vernehmen mit dem Ministerium des Innern zu handeln hat.

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926. 32 1

Begründung zum Gesetzentwurf vom 20. April 1926 1). A. Im allgemeinen.

Die Gewerbesteuer ist für Thüringen durch Gesetz vom 29. Juli 1921 (Gesetz- sammlung S. 207) einheitlich geregelt. Dieses Gesetz hat durch Gesetze vom 21. März 1922 (Gesetzsamml. S. 93), 4. Mai 1923 ( Gesetzsamml. S. 303), 27. August 1923 (Gesetzsamml. S. 629) und 2. Oktober 1923 (Gesetzsamml. S. 695) einige Aende- rungen erfahren. Den Besteuerungsmassstab bildete nach dem Gewerbesteuergesetz der gewerbliche Ertrag des dem Steuerjahr unmittelbar vorhergehenden Kalender- oder Wirtschaftsjahres und das Gewerbekapital eines zurückliegenden Stichtages. Die Durchführung des Gesetzes ist vom 1. April 1924 an nicht mehr möglich ge- wesen. Ebenso wie sich das Reich genötigt sah, infolge der das Kalenderjahr 1923 beherrschenden Geldentwertung von einer nachträglichen Veranlagung der Ein- kommensteuer für das Kalenderjahr 1923 Abstand zu nehmen, war es auch nicht möglich, wie in der Begründung zur Landtagsvorlage Nr. 60 vom 3. April 1924 dargelegt ist, die Erträge des Kalenderjahres oder Wirtschaftsjahres 1923 der Gewerbesteuer 1924 zugrunde zu legen. Vielmehr musste man sich darauf be- schränken, für das Steuerjahr 1924 Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer zu erheben und die endgültige Gewerbesteuer für 1924 späterer gesetzlicher Regelung vorzubehalten. Dies ist geschehen durch die Steuernotgesetze vom 27. März 1924 und 21. Juli 1924 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. April 1925 (Gesetz- sammlung 1925 S. 85). Aber auch bei Beginn des Steuerjahres 1925 waren die Verhältnisse noch nicht so geklärt, dass die in Aussicht gestellte Regelung hätte getroffen werden können. Mit Rücksicht auf den engen Zusammenhang zwischen der Landesgewerbesteuer und der damals im Gang befindlichen Reichssteuerreform musste deren Abschluss erst abgewartet werden und war es notwendig, den Grund- satz, dass vorläufig Vorauszahlungen erhoben werden und die endgültige Regelung der Gewerbesteuer vorbehalten wird, durch Notgesetz vom 28. April 1925 ( Gesetz- sammlung S. 121) auf das Steuerjahr 1925 und durch Notgesetz vom 15. April 1926 auf das Steuerjahr 1926 auszudehnen. Der vorliegende Entwurf enthält die Be- stimmungen über die endgültige Gewerbesteuer für Staat und Kommunen für die Zeit vom 1 . April 1924 an. Das Gesetz schliesst sich in seinen Grundgedanken an die im August 1925 zustande gekommene Neuregelung des Reichssteuerwesens eng an. Für das Jahr 1924 lässt er die Gewerbesteuerschuld durch die erfolgten Vorauszahlungen grundsätzlich abgegolten sein. Für die Rechnungsjahre 1925 folgende erfolgt eine besondere Veranlagung und eine Ausgleichung der endgültigen Steuerschuld mit den Vorauszahlungen. Bei diesen Veranlagungen werden die Ergebnisse der Veranlagungen des Reichs, und zwar nicht nur nach dem Reichs- bewertungsgesetz, sondern auch zur Einkommen- und Körperschaftssteuer in weitestem Umfange zugrunde gelegt. Das entspricht einem Wunsche der Steuer- pflichtigen, die es mit Recht nicht verstehen können, wenn Erträge eines gleichen Zeitraumes und Werte desselben Stichtages verschieden veranlagt werden. Nicht minder waren massgebend die mit der Regelung verbundenen Ersparnisse an Zeit und Kosten, die besonders in der gegenwärtigen Zeit äusserster finanzieller Be- drängnis aller öffentlichen Körperschaften dringend zu erstreben sind. Die Neu- ordnung des Reichssteuerwesens ist in einem wesentlichen Punkt noch nicht zum Abschluss gekommen. Es steht noch die Regelung des Zuschlagsrechts von Staat und Gemeinden zur Einkommen- und Körperschaftssteuer und in Ver- bindung damit die Stellungnahme zu einigen offenen Fragen aus. Beispielsweise wird die wichtige Frage zu behandeln sein, ob der Grundsatz des geltenden Ein- kommensteuergesetzes beibehalten werden soll, dass nachträglich nach Abschluss des Kalender- oder Wirtschaftsjahres, dessen Ergebnisse besteuert werden sollen, oder ob nach den Ergebnissen eines zurückliegenden Zeitraumes für die Zukunft veranlagt werden soll. Ferner, ob die Veranlagung der Erträge nach einem 3jährigen

x) III. Landtag von Thüringen 1927/26 I. Abt.: Vorlagen, Anträge, grosse Anfragen, Nr. 395. Behufs Erleichterung sind die Zahlen des Entwurfs durch die des Gesetzes ersetzt.

Finanzarchiv. XLIV. Jahrg. 789 ¿l

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322 Thüringisches Gewerbesteuergesetz» Fassung vom 28. Juli 1926.

Durchschnitt erfolgen soll. Derartige Aenderungen müssten auch die Gewerbe- steuer wesentlich beeinflussen und umgestalten. Es ist deshalb davon abgesehen , schon in diesem Zeitpunkt ein für eine längere Dauer berechnetes Gesetz vorzulegen , vielmehr hat man sich mit einer Novelle begnügt und deshalb auch vermieden, zu allen Fragen eingehend im Sinne einer Neuregelung Stellung zu nehmen. Der Entwurf hält die zurzeit geltenden Bestimmungen aufrecht und bringt nur in- soweit Aenderungen, als diese dringend geboten erschienen.

Folgende allgemeine Gesichtspunkte seien vor der Einzelbegründung hervor- gehoben:

1. Der Kreis der steuerpflichtigen Personen hat sich gegenüber dem Gewerbe- steuergesetz vom 29. Juli 1921 in verschiedener Weise geändert:

a) Schon durch Notgesetz vom 28. April 1925 waren die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, der Jagd und Fischerei, der Viehzucht, des Wein-, Obst- und Gartenbaues, mit Ausnahme der Kunst- und Handelsgärtnereien, von den Voraus- zahlungen auf die Gewerbesteuer vom 1. April 1925 an befreit. Die nähere Be- gründung hierfür ist in der Landtagsvorlage Nr. 256 vom 1. Mai 1925 gegeben1). Sie trifft auch jetzt noch zu. Der Gesetzentwurf behält deshalb die Befreiung dieser Betriebe bei und geht über das Notgesetz vom 28. April 1925 noch insofern hinaus, als er mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten einer genauen Unterscheidung zwischen Gärtnereien im allgemeinen und Kunst- und Handelsgärtnereien im besonderen auch die letzteren gewerbesteuerfrei lässt (§ 2a). Die Steuerfreiheit besteht jedoch nur insoweit, als diese die eigene Gewinnung gärtnerischer Erzeugnisse und den Absatz der selbstgewonnenen Erzeugnisse in rohem Zustande oder nach einer Verarbeitung zum Gegenstand haben, die im Bereich des Gartenbaus liegt. Sie unterliegen der Steuerpflicht ebenso wie die übrigen steuerpflichtigen Betriebe, insoweit ein gewerbsmässiger Zukauf fremder Erzeugnisse des Gartenbaus zum Zwecke des weiteren Vertriebs in rohem Zustande oder nach einer Verarbeitung stattfindet. (Bezüglich der landwirtschaftlichen Nebenbetriebe vgl. Einzel- begründung.)

b) Der Entwurf bringt eine weitere Einschränkung der Steuerpflicht, indem er abweichend von § 1 Abs. 2 Ziff. 3 u. 4 des (bisherigen) Gesetzes die sogenannten freien Berufe steuerfrei lässt, soweit nicht mit der Berufstätigkeit ein mit besonderen Einrichtungen oder Anlagen verbundener Geschäftsbetrieb verknüpft ist. Diese Regelung entspricht der Verordnung vom 11. März 1924 über die Heranziehung der freien Berufe zur Gewerbesteuer (Amtsblatt 1924 S. 108). Wenn schon für die damalige Freistellung der freien Berufe von der Gewerbesteuer die grosse Notlage, in der sich seinerzeit die freien Berufe befanden, vor allem massgebend war, so erscheint es doch bedenklich, den Rechtszustand des Gewerbesteuer- gesetzes vom 29. Juli 1921 wieder einzuführen. In den überwiegenden Teilen Deutschlands werden die freien Berufe zur Gewerbesteuer nicht herangezogen. Die Besteuerung steht auch in einem gewissen Widerspruch zu der allgemeinen Verkehrsanschauung, welche die wissenschaftliche, künstlerische, erziehende Berufstätigkeit nicht als Gewerbe betrachtet. Ueberdies unterscheiden sich die sogenannten freien Berufe von den reinen Gewerbebetrieben in mancherlei die Erwerbsmöglichkeiten wesentlich beeinflussenden Hinsichten. Sie sind in der Regel einem Ehrengericht unterworfen, es ist ihnen untersagt, Reklame zu machen, sie sind vielfach an bestimmte Taxen oder Gebührenordnungen gebunden. Somit ergeben sich gegenüber den Gewerbebetrieben so erhebliche Unterschiede, dass eine verschiedene Behandlung bezüglich der Gewerbesteuer grundsätzlich geboten erschien (vgl. im übrigen Einzelbegründung).

*) Sie lautet: „Eine wesentliche Abweichung von den bisherigen Vorschriften bringt der § 3. Er befreit die landwirtschaftlichen und ähnlichen Betriebe von den Vorauszahlungen in der Erwä- gung, dass eine Befreiung dieser Betriebe von der endgültigen Gewerbesteuer für die Zukunft geboten ist. Die Massnahme steht im Einklang mit der Stellung der weitaus meisten deutschen Länder zu dieser Frage und entspricht auch dem § 4 des Reichsbewertungsgesetzes in der Fassung der iteichs- ratsbeschlüsse. Zum Ausgleich wird die Bestimmung des § 5 Abs. 2 des Grundsteuergesetzes in der Fassung des Art. 1 des Notgesetzes vom 2. Dezember 1924, wonach die Betriebsmittel der landwirt- schaftlichen usw. Betriebe bei der Grundsteuer nicht zu berücksichtigen waren, aufgehoben und damit auch das landwirtschaftliche usw. Betriebsvermögen der Grundsteuer unterworfen."

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926. 323

c) Die Vorschrift, dass zu dem Kreis der steuerfreien Personen auch die Kirchen, Kirchgemeinden, Kirchlehen und Pfarrlehen, sowie die ihnen nach Art. 137 Abs. 7 der Reichsverfassung gleichgestellten Vereinigungen treten (Art. I Ziff. 3 Buchstabe c), hat nur eine formelle Bedeutung, da diese Rechtssubjekte einen Gewerbebetrieb tatsächlich nicht ausgeübt haben. Die Aufnahme einer besonderen Befreiungsvorschrift erschien jedoch mit Rücksicht auf Art. 173 der Reichsverfassung notwendig. Die Kirchen usw. wurden in Thüringen bei Inkrafttreten der Reichs- verfassung nicht zur Gewerbesteuer herangezogen und können deshalb bis zu einer Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche nicht neu besteuert werden.

2. a) Eine Erweiterung der Steuerpflicht sieht der Entwurf insofern vor, als die Vereine, eingetragenen Genossenschaften und privaten Körperschaften unbeschränkt, also auch dann der Gewerbesteuer unterworfen werden, wenn der Geschäftsbetrieb lediglich die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Mitglieder bezweckt. Die Vorschrift entspricht einem Beschluss des Landtags. Sie gilt u. a. auch für die landwirtschaftlichen Genossenschaften. Soweit sich deren Tätigkeit auf die gemeinsame Verwertung und Benutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen und -gegenstände beschränkt, liegt ein Gewerbe nicht vor. Das ist im Gesetz besonders klargestellt ( § 1 Abs. 4).

b) Nach § 3 des Gewerbesteuergesetzes vom 29. Juli 1921 waren das Reich, das Land Thüringen, die thüringischen Gebiete, die thüringischen Gemeinden und Gemeindeverbände schlechthin von der Gewerbesteuer befreit. Der Entwurf schränkt diese Befreiung dahin ein, dass das Reich insoweit befreit ist, als nach Reichsrecht eine Besteuerung unzulässig ist und das Land Thüringen, die thü- ringischen Gemeinden und Gemeindeverbände insoweit befreit sind, als ihre Be- triebe und Verwaltungen der Körperschaftssteuer nicht unterliegen (cf. Körper- schaftssteuergesetz § 2 Abs. 1 Ziff. 3 u. § 7).

3. Bei der Wahl des Besteuerungsmassstabes ist der Entwurf wieder zurück- gekommen auf den gewerblichen Ertrag und den Wert des gewerblichen Kapitals. Daneben hat er als weiteren Massstab entsprechend der für die Vorauszahlungen 1924 und 1925 getroffenen Regelung einen festen Einheitsbetrag für jeden Betrieb vorgesehen. Die Verwendung der Lohnsumme als Besteuerungsmerkmal erschien in verschiedener Richtung bedenklich.

B. Im besonderen.

Zu § 1 Abs. 3.

Wegen der Erweiterung der Steuerpflicht bezüglich der Genossenschaften zu vergleichen allgemeine Begründung unter 2a.

Zu § 2a. Hinsichtlich der Freilassung der Land- und Forstwirtschaft und der ihr

gleichstehenden Erwerbszweige von der Gewerbesteuer wird auf die allgemeine Begründung unter la verwiesen. Die Freistellung erstreckt sich nicht auf die zu den erwähnten Erwerbszweigen gehörigen Nebenbetriebe gewerblicher Art. Eine Ausnahme von dem letztgenannten Grundsatz ist nach der historischen Ent- wicklung der Dinge wiederum bezüglich der landwirtschaftlichen Brennereien gemacht, die also gewerbesteuerfrei sind. Als Nebenbetriebe gewerblicher Art kommen im Bereiche der Landwirtschaft in Betracht Zuckerfabriken, Stärke- und Konservenfabriken u. dgl. m. Im Bereich des Gartenbaues gehören hierher bei- spielsweise die Ausführung von Dekorationsarbeiten, namentlich die Pflege und Instandhaltung von Gärten, die Unterhaltung selbständiger Verkaufsläden (Blumen- und Bindereigeschäfte) ausserhalb des eigentlichen Gartenbaubetriebs.

Zu § 2b. Der Unterschied zwischen den freien Berufen und den Gewerbebetrieben

besteht in der Hauptsache darin, dass die Angehörigen der freien Berufe sich bei 791

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324 Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 19£6.

ihrer Tätigkeit der Mittel der Kunst und Wissenschaft bedienen. Ausschlaggebend ist dieser Gesichtspunkt allerdings nicht in jedem Falle, da diese Mittel auch gewerblicher Tätigkeit dienen können, zumal jetzt, wo die moderne Entwicklung überall und immer mehr die Anwendung der Ergebnisse der Geisteswissenschaften und der Künste auf das praktische Leben sucht. Entscheidend ist vor allem dio soziale Anschauung, die eine Tätigkeit, die sich künstlerischer und wissenschaft- licher Mittel bedient, teils aus geschichtlichen Gründen und teils um ihres aus- geprägt individuellen Charakters willen aus den sonstigen Erwerbstätigkeiten heraushebt, solange nicht bei der Verwendung dieser Mittel die praktisch- technische oder kaufmännische Ausnutzung überwiegt. Unbestritten gehören zu den freien Berufen die nicht im Beamten- oder Angestellten Verhältnis befindlichen Vertreter der vier Fakultäten, also freie Geistliche, Aerzte, Rechtsanwälte, Lehrer und Gelehrte, wobei die Rechtsprechung den Rechtsanwälten u. a. auch die Patent- anwälte und den Aerzten die approbierten Tier- und Zahnärzte gleichgestellt hat. Durch Sondervorschrift sind den Zahnärzten die Zahntechniker im Sinne des § 123 der Reichsversicherungsordnung nach preussischem Vorgang gleichgestellt. Aber auch die Schriftsteller, Dichter und Künstler (Maler, Bildhauer, Architekten, Musiker, Sänger, Schauspieler) gelten als Angehörige freier Berufe, selbst wenn sie keine akademische Vorbildung haben, sofern es sich nur tatsächlich um wirklich künstlerische Betätigung handelt. Ein Musiker, der im wesentlichen bei Tanz- vergnügungen aufspielt, ist natürlich kein Künstler. Dagegen üben beispielsweise keinen freien Beruf, sondern ein Gewerbe aus Rechtskonsulenten, auch wenn sie juristische Bildung haben, Heilkünstler und Dentisten mangels der Wissenschaft- lichkeit ihres Berufs, sowie Apotheker, Bücherrevisoren, selbst bei akademischer •Vorbildung, Inhaber technischer Büros und von Laboratorien, die Gutachten zur gewerblichen Verwertung infolge von Aufträgen von Gewerbetreibenden liefern, weil die praktisch-technische Anwendung der wissenschaftlichen Vorbildung im «Vordergrund steht. Der gewerbliche Charakter überwiegt auch dann, wenn der Angehörige des freien Berufs einen mit besonderen Einrichtungen und Anlagen verbundenen Geschäftsbetrieb ausübt. Der Begriff der besonderen Einrichtungen oder Anlagen ist jedoch nicht schon dann gegeben, wenn beispielsweise der Arzt, insbesondere der Spezialist, einige Krankenbetten zur Verfügung hat oder sich besonderer Untersuchungs- und Heilapparate, wie für Röntgendurchleuchtung, Höhensonne, medikomechanischer Apparate u. dgl. bedient. Ein gewisses Mass von Einrichtungsgegenständen ist beim Arzt stets erforderlich. Der notwendige Umfang richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles; insoweit kann von besonderen Anstalten und Unternehmungen nicht gesprochen werden. Beispiels- weise kann es für den Spezialisten durchaus notwendig sein, insbesondere dann, wenn er seine Privatkranken nicht in die öffentlichen Krankenhäuser legen kann, eine Anzahl von Krankenbetten zur Verfügung zu haben, damit er nach Operationen die Kranken ständig beobachten und behandeln kann. Insoweit stellt sich das Vorhalten gewisser Einrichtungen als Ausfluss der ärztlichen Tätigkeit dar. Die eigene Tätigkeit der Berufsinhaber steht auch hier in ihrer Bedeutung für den erzielten oder erzielbaren Ertrag stets im Vordergrund. Anders sind die Ver- hältnisse dann zu beurteilen, wenn die vorhandenen Einrichtungen über das übliche Mass hinausgehen oder erhebliche Kapitalien in ihnen investiert sind (z. B. in Sanatorien, Privatheilanstalten u. dgl.). In diesen Fällen sind neben der eigenen ärztlichen Tätigkeit der Berufsinhaber die besonderen Einrichtungen und die in ihnen arbeitenden Kapitalien berufen, mehr oder weniger an der Ertragserzielung sich zu beteiligen; welche Erträge sich tatsächlich ergeben, spielt dabei keine Rolle. In solchen Fällen erfolgt eine Gewerbebesteuerung, sie bezieht sich dann, wie aus dem Wort „insoweit" hervorgeht, auf den Teil des Ertrags, der nicht auf die eigene Tätigkeit des Betriebsinhabers entfällt.

Zu § 4.

Die Aenderungen gegenüber dem bisherigen Gewerbesteuergesetz sind in der allgemeinen Begründung des näheren begründet.

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926. g25

§ 7 Abs. 1

des bisherigen Gewerbesteuergesetzes wird durch § 34 des Gesetzes, § 7 Abs. 2 des bisherigen Gewerbesteuergesetzes durch § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes ersetzt.

Zu § 8 Abs. 1

zu vergleichen die allgemeine Begründung.

Zu § 8 Abs. 3.

Das Reich, das Land Thüringen und die thüringischen Gemeinden und Kreise sind von der Wertabgabe befreit, weil diese Körperschaften auch nicht zur Reichs- vermögensteuer herangezogen werden.

Zu § 9.

Neu sind die Vorschriften über das Gewerbekapital, insbesondere auch über die Zulässigkeit des Schuldenabzugs gegenüber dem bisherigen Recht (§ 10 des Gewerbesteuergesetzes). Grundsätzlich sollen künftig bei der Besteuerung abzugs- fähig sein alle mit dem Gewerbebetrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden. Hierher gehören auch die Pfandbrief schulden der Pfandbriefanstalten, die solchen Pfandbrief schulden gleichstehenden Verbindlichkeiten der DarJehns- kassen und Kreditanstalten, sowie die Prämienreserven der Versicherungsanstalten. Ausgenommen sind nur die zur Gründung oder Erwerbung des Unternehmens oder eines Teilbetriebes oder zu einer den Betrieb in seiner Grundlage verändernden Erweiterung des Unternehmens aufgenommenen Schulden. Dagegen sind - ab- weichend von dem bisherigen Rechtsstandpunkt - insbesondere abzugsfähig die Schulden, die zur Verstärkung des Betriebskapitals oder zu sonstigen Verbesserungen aufgenommen worden sind. Zu letzterer Massnahme hat man sich in Ueberein- stimmung mit einer entsprechenden Regelung im Entwurf eines sächsischen Ge- werbesteuergesetzes aus wirtschaftlichen Gründen entschieden. Zweifellos liegt die Aufnahme solcher Schulden im öffentlichen Interesse der Aufrechterhaltung und Belebung der Wirtschaft. Besondere Vorschriften über die Bewertung des gewerblichen Kapitals kommen nicht in Betracht. Die Feststellung des gewerb- lichen Betriebsvermögens im Sinne des Reichsbewertungsgesetzes durch die Reichs- steuerbehörden ist ohne weiteres massgebend, soweit abzugsfähige Schulden nicht in Frage kommen. Sind solche Schulden vorhanden, so bilden die von den Reichs- steuerbehörden festgestellten Werte den unveränderlichen Ausgangspunkt für die Tätigkeit der Landessteuerbehörden. Sie haben zu den von den Reichssteuer- behörden festgestellten Nettowerten die mchtabzugsfähigen Schulden hinzu- zuzählen. Die Rechtsmittel können aber nicht darauf gestützt werden, dass die Nettowerte unrichtig berechnet seien (Ziff. 11 § 32).

Zu § 10. In gleicher Weise wie die Werte sollen auch die Erträge, die von den Reichs-

steuerbehörden für die Einkommensteuer oder Körperschaftssteuer festgestellt sind, ohne weiteres der Ertragsabgabe des Gewerbesteuergesetzes zugrunde gelegt werden. Freilich sind mit Rücksicht auf den Objektcharakter der Gewerbesteuer einige erhebliche Abweichungen in § 10 Abs. 2 ff. vorgesehen. Soweit die Voraus- setzungen für solche Abweichungen vorliegen, bilden die von den Reichssteuer- behörden festgestellten Erträge die unabänderlichen Ausgangspunkte für die weitere Veranlagungstätigkeit der Landessteuerbehörden. Nach § 10 Abs. 1 gelten die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes auch für die Feststellung des gewerbesteuerpflichtigen Ertrags der Körperschaften. Die bei der Körperschafts- steuer vorgesehene teilweise Erweiterung der vom Gewinn abzusetzenden Beträge

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326 Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 28. Juli 1926.

( § 14, 15 des Körperschaftsteuergesetzes) findet also für die Gewerbesteuer nicht statt, was ohnehin mit deren Objektcharakter nicht vereinbar wäre.

Aber auch sonst bedarf der nach den Vorschriften des Einkommensteuer- gesetzes festgestellte Gewinn zwecks Ermittlung des gewerbesteuerpflichtigen Ertrags in einzelnen Beziehungen noch einer Korrektur.

a) Zinsen für das gewerbliche Kapital sollen auch dann nicht abzugsfähig sein, wenn es einem Dritten, also beispielsweise einem stillen Gesellschafter, gehört. Dass Zinsen für das eigene Vermögen des Unternehmers nicht abzugsfähig sind, geht schon aus § 18 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes hervor.

b) Ferner dürfen nicht abgezogen werden Zinsen für solche Schulden, die nicht vom Wert des Gewerbekapitals nach § 9 abgezogen werden dürfen.

c) Nicht abzugsfähig sollen sein die Bezüge der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft und der in § 10 Abs. 2 Buchstabe b sonst genannten Gesell- schaften. Grundsätzlich sind diese Gesellschaften hierdurch den übrigen Ge werbe - treibenden, die schon nach den bisherigen Vorschriften den Geldwert ihrer gewerb- lichen Leistungen nicht als Betriebskosten abziehen durften, völlig gleichgestellt.

d) Die Versagung der Abzugsfähigkeit der Körperschaftsteuer entspricht den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (§ 17 Ziff. 3). Die besondere Hervorhebung der Nichtabzugsfähigkeit erschien deshalb geboten, weil das Ein- kommensteuergesetz, das nach § 10 Abs. 1 für die Ertragsermittlung massgebend ist, nur den Abzug der vom Steuerpflichtigen entrichteten „Einkommensteuer und sonstigen Personalsteuern" versagt, es aber zweifelhaft sein kann, ob die Körperschaftsteuer als Personalsteuer anzusehen ist.

e) Bei natürlichen Gewerbetreibenden ist vom ermittelten Ertrage der Betrag von 1500 RM. in Abzug zu bringen. Es soll dies ein Ausgleich sein für die eigene Tätigkeit des Unternehmers, die den Ertrag mit gebildet hat und bei der Gewerbe- steuer als einer Realsteuer grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfte. Von diesem Gesichtspunkte aus, müsste an sich dieser abzugsfähige Betrag nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles verschieden bemessen werden. Das ist aber steuertechnisch nicht durchführbar. Es ist deshalb ein massiger Einheitsbetrag für den Abzug vorgesehen. Soweit die eigene Tätigkeit des Unternehmers mit über 1500 RM. zu bewerten ist, wirkt das Versagen einer entsprechenden höheren Abzugsmöglichkeit nach Art einer Staffelung der Gewerbesteuer. Den natürlichen Personen werden gleichgestellt die in § 10 Abs. 2 Buchstabe b bezeichneten Per- sonalgesellschaften, die sich vom Gewerbebetrieb natürlicher Personen vielfach nur dem Namen nach unterscheiden.

Zu § 12. Mit Rücksicht darauf, dass infolge Versagung der Abzugsfähigkeit von An-

lageschulden und entsprechenden Schuldzinsen bei der Gewerbesteuer der Objekt- charakter scharf hervortritt und der Umfang des gewerblichen Kapitals und die Höhe des steuerbaren Ertrags keinen Schluss auf die steuerliche Leistungsfähigkeit zulässt, hat man Bedenken tragen müssen, die Staffelung der Steuer weiter aus- zubauen als dies in § 12 des (bisherigen) Gesetzes ersichtlich ist.

Zu § 13.

Es ist noch gar nicht abzusehen, welche gewerbesteuerpflichtigen Werte und Erträge sich für die einzelnen Jahre ergeben werden. Deshalb sieht der Entwurf davon ab, nach dem Vorgang anderer Länder die Höhe des Steuersatzes in das Gesetz aufzunehmen, überlässt dessen Bestimmung vielmehr dem Etatgesetz oder einem besonderen später zu erlassenden Gesetz. Nur die Einheitsabgabe ist auf die gleiche Höhe wie die Vorauszahlungen 1924 und 1925, nämlich auf 8 RM. im Jahre festgesetzt worden ( § 13 Abs. 3).

Zu § 25 u. § 26 Abs. 1.

Die Werte und Erträge, die von den Reichssteuerbehörden nach dem Reichs - bewertungsgesetz oder für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer festgestellt

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Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926, §27

sind, bilden ohne besondere Veranlagungstätigkeit die Grundlage der Gewerbe- steuer oder den Ausgangspunkt für die Feststellungstätigkeit der Landesbehörden. Letztere haben sich dann aber darauf zu beschränken, nur diejenigen Feststellungen zu treffen, die erforderlich sind, um die nach dem Gewerbesteuergesetz vorgeschrie- benen Abweichungen der Steuerwerte und Steuererträge gegenüber den Reichs- gesetzen festzustellen oder Werte und Erträge von verschiedenen Steuergläubigern zu verteilen. Mit Rücksicht darauf ist die Möglichkeit gegeben, das Steuerermitt- lungsverfahren wesentlich einzuschränken (§ 25) und die Mitwirkung von Aus- schüssen auszuschalten (§ 26 Abs. 1).

Der § 33

entscheidet die mit dem Begriff Veranlagungszeitraum zusammenhängenden Streit- fragen in dem Sinne, dass ebenso wie bei der Reichseinkommen- und Körper- schaftsteuerveranlagung auch die Gewerbesteuerveranlagung nachträglich für die Vergangenheit erfolgt, dass Vorauszahlungen zu erheben sind und die end- gültige Steuer mit den Vorauszahlungen auszugleichen ist. Es kann zweifelhaft sein, ob nach Abschluss der Reichssteuerreform auf dem Gebiete der Einkommen- steuergesetzgebung und bei etwaigem Uebergang der Reichseinkommensteuer von einer Besteuerung der Vergangenheit zu einer Besteuerung für die Zukunft auf Grund der Ergebnisse der Vergangenheit an dem Grundsatz des § 33 wird fest- gehalten werden können.

Zu § 42.

Auf die Mitwirkung von Ausschüssen kann verzichtet werden und die Rechts- beschwerde auf die Nachprüfung der Frage der Gewerbesteuerpflicht überhaupt beschränkt werden, weil es sich hier nur um Vorauszahlungen handelt, dem Steuer- pflichtigen somit bezüglich der endgültigen Steuer alle Rechte gewahrt bleiben.

Zu § 46.

Im allgemeinen entspricht die Ausgestaltung des Zuschlagsrechts der kom- munalen Körperschaften der für die Vorauszahlungen gegenwärtig bestehenden Rechtslage (§ 7 des Steuernotgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. April 1925 ( Gesetzsamml. S. 85).

Neu ist die Vorschrift in Abs. 3, dass Erhöhungen über die Normalsätze hinaus nur nach Gehör der amtlichen Berufsvertretungen des Gewerbes (Handelskammer, Handwerkskammer) beschlossen werden dürfen. Beschlüsse ohne derartige zu- vorige Anhörung sind nichtig. Die Bestimmung entspricht einem berechtigten Wunsche der amtlichen Berufsvertretungen.

Zu Art. II1) und III.

Die neuen Vorschriften sollen erstmalig auf die Gewerbesteuer für das Rechnungsjahr 1925 Anwendung finden (Art. III Abs. 1). Die Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer 1925 und auf die Gewerbesteuer 1926 sind mit der nach diesem Gesetz endgültig zu veranlagenden und zu zahlenden Gewerbesteuer auszugleichen.

Für das Rechnungsjahr 1924 soll eine Veranlagung überhaupt nicht stattfinden. Die Gewerbesteuer 1924 soll vielmehr durch die erfolgten Vorauszahlungen im allgemeinen als abgegolten gelten (Art. II). Bestimmend hierfür ist vor allem, dass das Reich, dessen Ertragsfeststellungen das Gewerbesteuergesetz ja im all- gemeinen zugrunde legt, gleichfalls eine nachträgliche Veranlagung der Einkommen- und Körperschaftssteuer für 1924 unterlässt. Somit könnte nur eine selbständige

x) Die auf die Ablösung der Gewerbesteuer für die Zeit bis zum 31. März 1925 sich beziehenden Bestimmungen des Art. II des Gesetzes über die Gewerbesteuer vom 17. Juli 1926 wurden hier weggelassen.

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328 Thüringisches Gewerbesteuergesetz. Fassung vom 23. Juli 1926.

Veranlagung für 1924 in Frage kommen. Hiergegen aber bestehen verschiedene erhebliche Bedenken. Bezüglich der gewerblichen Erträge würde man, soweit es sich um buchführende Betriebe handelt, zu unbefriedigenden Ergebnissen kommen. Für solche Betriebe ergibt sich Gewinn oder Verlust aus einer Gegenüberstellung der Anfangsbilanz 1924 zu der Endbilanz 1924. Jedoch sind, wie in der Begründung des Steuerüberleitungsgesetzes (Reichstagsdrucksachen 1924/25 Nr. 794 S. 10 ff.) näher dargelegt ist, die Anfangsbilanzen des Jahres 1924 keine brauchbare Unter- lage zur Ermittlung des Geschäftsgewinns für dieses Jahr. Auch mit Rücksicht auf den Haushalt der Gemeinden und Kreise erschien es nicht angängig, für eine verhältnismässig weit zurückliegende Zeit eine Veranlagung der Gewerbesteuer mit unter Umständen weitreichenden Zurückzahlungsverpflichtungen vorzusehen.

Durch Ziff. 3 ist die Möglichkeit gegeben, die Gewerbesteuerzahlungen für das Jahr 1924 zu korrigieren. Es soll ausgeschlossen werden, dass ein Steuer- pflichtiger, der im Vertrauen auf die endgültige Veranlagung unterlassen hat, gegen die Anforderung von Vorauszahlungen vorstellig zu werden, dauernd dadurch geschädigt wird, dass die Vorauszahlungen als endgültige Steuerschuld bezeichnet werden.

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