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Sterin-Glukoside: Eine gruppe pflanzlicher wirkstoffe mit biphasischer dosiswirkungskurve

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Page 1: Sterin-Glukoside: Eine gruppe pflanzlicher wirkstoffe mit biphasischer dosiswirkungskurve

In stitut fiir Allgemeine Boranik der Universita t H ambur g

Sterin-Glukoside: Eine Gruppe pflanzlicher Wirkstoffemit biphasischer Dosiswirkungskurve')

Steryl-Glucosides: A Group of Substances in Plants with Hormone-likeActivity and Biphasic Dose Response Curve

A RN O TIETZ, Y ASUO K IMURA2) und SAB URO T AMuRA2)

Mit 6 Abbildungen

Eingegangen am 8. Mai 1976 . Angen ommen am 6. August 1976

Summary

Earlier investigati ons had demonstra ted that steryl-glucosides may stimula te growth inthe Avena coleopt ile bioassay (KIMURA et aI., 1975). As it was now possible to obtain syn­thetic substances in lar ger amo unt s, th e effects of sirosteryl-, campesteryl- , stigmasreryl- andcho lesrery l-glucosides we re tested over a wide range of concentrations on th e grow th ofAvena-coleopt iles, on the germinat ion of cress seeds (Lepidium sativum L.) and on theH t-efflux of protoplast suspensi ons prepared from leaves of Vicia faba L.

Avena-assay : concentratio ns from 0.4 to 200 ppm of steryl-glucoside were tested, insome cases wit h the addition of 1 ppm IA A. Fig. 2 show s tha t the dose response curveswere mostly biphasic and that the 4 substances tested yielded similar results . Ad di tion ofIAA did not markedly change the shape of the curves in relation to the behavior of thecont rol. To exp lai n such dose respon se curves it is necessary to postu late a mult isite systemat the site of action, which might be the outer cell membrane.

Germination : the percentage of germination was not markedly affected by sceryl-glucosi­des applied in the same concentrations as in the Avena-assay . However the lengths ofshoots and roots of 3 days old cress seedlings revealed dose response curves similar to tho seobtained in the Avena coleopti le test (Fig. 4).

Proto plasts: if th e mode of action of stery l-glucosides is similar to that of IA A, it mustbe possible to demonstrat e a Ht-efflux at the cell membrane . The ref ore steryl-glucosides(40 ppm) were applied to a protoplast suspension containing 0.35 M Dvmannitol and pHchanges were recorded continuously. The results show that already 1.5 hours after applica­tion a mar ked drop in pH was detectable, whe reas the pH of the cont rol increased slightlyover a period of approx imately 7 hours. As the solutions appear to be slightly buff ered, itmust be born in mind that Ht-efflux begins before the fir st changes can be measured. Ad ­dition of 10-4 M IAA accelerates the efflux of H ., whereas 10-4 M 2,4-di nitrophenol app­lied 1 hour prior to the application of the steryl-glucosides inhibits acidification (Fig. 6).

') Diese Arbeit wurde teilweise wahrend eines Forschungsaufenthaltes von A. TIETZ amInstitur [iir Landwirtschaftl. Chern ie, Tokyo Universitar, durchgefiihrr . Den japanischenKollegen sei hiermit fiir ihre groBziigige Unterstiitzung herzlich gedankt.

2) Dept. of. Agricult. Chemistry, The University of Tokyo, Bunkyo-ku, Tokyo, Japan.

Z. Pflanzenphysiol. Bd . 81. S. 57-67. 1977.

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58 ARNO TIETZ, YASUO K IMUR A und SAD URO TAMURA

As sterols are probabl y invo lve d in the st ructu re of biological mem brane s, it is conclu­ded that stcry l-glucos ides and IA A may act in a simila r mann er at the outer cell membra­ne, indu cin g changes in permeab ility and hydrogen-ion secreti on. It may be that ste ry l-g lu­cosides or sterols th ernselves are a kind of second ary messenger affected by hormones, forexample by IAA.

K ey words: Steryl-giucosides, dose response curve, A v ena-assay , protoplast suspensions,H ·-ef fl ux .

Einleitung

Sterine sind in hoh eren Pflanzen weit verbreitet, wobei die Konzentration vonSitosterin, Stigmasterin ode r Campesterin wohl in der Regel groger ist als die desCholestcrins, das in Pflanz en offenbar meist nur in kleineren Mengen vorkommt,Der Nachweis von Sterin-Glukosiden in pflanzlichen Gew eben ist schon vor tinge­rer Zeit gefiihrr worden (GRUNWALD, 1975). Ober die Bedeutung dieser Verbindun­gen im Stoffwechsel her rscht e friiher eine gewisse Un sicherheit. Man nahm zunachstan, die Substanzen waren hauptsachlich Produkte des Sekundar stoffwechsels oderAb fallstoffe, bis sich herausstellte, dag Steroide offenbar am Aufbau der Membra­nen beteiligr sind und teilweise sogar Hormoncharakter haben .

In der Zwischenzeit sind eine Anzahl Tei lprozesse pflanzl icher Entwicklung ent­deckt worden, an denen Steroide in irgend einer Weise beteili gt sind, wie z. B. Kei­mun g, Bliitenbildung oder Lan genwachstum. Besond ers erwahnt werden sollen hierdie Arbeiten von VENDRIG, der zunachst glaubte, aus Coleus-Pflanzen Steroide mitWuchsstoffcharakter isoliert zu haben (VENDRIG, 1967), diese Ergebnisse sparer je­doch wieder in Zw eifel zog (VENDRIG, 1971). Interessant sind auch Resultate vonKOMOTO et al. (1972), die aus Zwergerbsen H emmstoffe mit Steroidnatur isolierenkonnren sowie Untersuchun gen von GUHA und SEN (1973) tiber eine Anti-G ibberel­linwirkung der Cu curbitacine, die auch Steroide sind.

Ausgangspunkt unserer eigenen Versuche war die neutrale Phase von Extraktenaus Erdnulisprossen (Ara chis hy p ogaea L.), (fie nach Fraktionierung auf K ieselgel­Saulen in bestimmten Elua ten Substanzen enthielt, die im Biotest Auxin-Aktiviratzeigten (KIMURA et aI., 1975). Die chemische Id entifizierung der Verbindungen er­gab, daf es sich urn die /3-D-Glukoside der Sterine Sitosterin, Stigmasterin undCampesterin handelt (KIMURA et aI., 1975). Weiterftihrende Untersuchungen zurbiologischen Wirkung der genannt en Substanzen ergaben jetzt neue Aspekte, tiberdie hier berichtet werden solI.

Material und Methode

T estsubstanzen

Zur An wend ung kame n synthetisch hergestellr e Glukoside von Sirosterin , Sti grnasterin ,Cam pesterin und Choleste rin (Abb . 1). D ie Methodik der Synthese und Reinheitsprii fun g,sowie die Dbereinstimmung mit den na tiirlich vo rkommende n Verbindungen wurde bereitsfr iiher beschrieben (K IMURA et al., 1975). Fiir die Biotests wurden die Sub stanzen in Aceton

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Sterin-Glukoside als pflanzliche Wirkstoffe 59

gelost, die entsprechenden Mengen in kleine, mit Filtrierpapier ausgelegte Petrischalen einpi­pettiert, das Losungsmittel verdampft und schlicfilich der Riicksrand in 2,5 ml dest, H 20

(Kresse-Test) bzw. 2,5 ml 2 % Saccharose-Losung (Avena-Test) gelost oder suspendiert.Teilweise erfolgte ein Zusatz von 1 ppm Indol-J-Essigsaure (IES).

Fig. 1: Formulas of the steryl-glucosides tested.R 1 : Stigmasterol, R2 : Sitosterol, R3 : Campesterol, R1 :

Cholesterol.

Rr yvt:<

R2 ~

R] j0<

R4 ~Avena-Koleoptil-Test

Hafer-Karyopsen (Avena sativa L., Sorte Carstens Phoenix) wurden 2 Stunden in Was­ser vorgequollen und dann mit dem Embryo nach unten in feuchtes Sagernehl gesteckt. Dieweitere Anzucht erfolgte bei 27°C im Dunkeltherrnostaten. Nach 3 Tagen wurden beischwachem Tageslicht 3 mm unterhalb der Koleoptilenspitze 5 mm lange Segmente heraus­geschnitten und jeweils 20 Stuck fur jede Petrischale verwendet. Die Testzeit betrug 21Stunden bei 27°C im Dunkelthcrmostatcn. Dann erfolgte Langenmessung mit Hilfe einerPrismenlupe und eines Okularmikrometers.

Kresse-Test

In jeder Perrischale wurden 25 Kresse-Sarnen (Lepidium sativum L.) ausgesat und bei27°C im Dunkeln weiterkultiviert. Hierbei wurde auf die Keimprozentzahl geachtet, so­wie nach 3 Tagen die Lange von Sprof und Wurzel errnittelt.

Protoplasten

Zur Untersuchung der Wirkungsweise der Sterin-Glukoside im Vergleich zur IESwurden in Anlehnung an BAYER und SONKA (1976) aus dem Blattmesophyll von Vicia jabaProtoplasten gewonnen. Hierzu wurde eine 3 % Losung von Cellulysin (Calbiochem)bzw. Onozuka (Kinki Yakult Ltd.) unter Zusarz von 0,3 Ofo Macerozyme (Kinki Ya­kult Ltd.) in 0,35 M D-Mannit angesetzr, und die einseitig von der Epidermis befreitenBlatter (ca. 3 g) darin 3 Srunden bei 27°C inkubiert. Die resultierende Protoplastensuspen­sion wurdc schwachtourig zentrifugiert, die Protoplasten mehrmals mit Mannit-Losung ge­waschen und schliciilich nach mikroskopischer Kontrolle in 2mal 2 ml Mannit-Losung (An-

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60 ARNO TIETZ, YASUO KIMURAund SABUROTAMURA

satz und Kontrolle) aufgewirbelt. Nach Wirkstoffzusatz wurden pH-Anderungen III den 2ml Fliissigkeit mit Hilfe kleiner Elektroden kontinuierlich registriert.

Ergebnisse und Diskussion

Uber die Wirkungsweise der Sterin-Glukoside im Avenakoleoptil-Segmenttestwurde bereits an anderer Stelle kurz berichtet (KIMURA et al., 1975). Nachdemjetzt die synthetischen Verbindungen in groBerer Menge zur Verfugung standen,konnren Dosis- Wirkungskurven libel' einen weiteren Bereich und mit mehr MeB­punkten angefertigt werden. Auch wurde del' Hafer nicht mehr wie Friiher (SorteSioux Reg .) bei Rorlicht, sondern im Dunke!n angezogen und bei schwachem Tages­licht geschnitten. Es ergab sich, daB diesel' Hafer offensichtlich sehr vie! ernpfindli­cher gegenuber den Testsubstanzen reagiert.

Abb. 2. zeigt einige del' typischen Dosis- Wirkungskurven, aufgenommen mit undohne IES-Zusatz. Die Konzentrationen bewegcn sich zwischen 0,4 und 200 ppm ,wob ei sich Men gcn oberhalb 100 ppm nicht mehr klar losten und dann als Suspen­sion verw endet wurden. Sirosterin- und Campesterin-Glukosid wurden, wie auchschon friiher, als Gemisch verwendet (60 : 40) , da die Ausgan gssubstanzen flir dieSynthese der Verbindungen nicht einzeln erh altlich sind, und die Substanzen auchim natiirlichen Extrakt als Gemisch vorliegen.

Es fallt zunachst auf, daB die Dosis- Wirkungskurven del' Sterin-Glukoside keinecinfache Optimumkurve darstellen, sondern mehrphasisch (rneist biphasisch) sind.D as bedeutet gcgenliber einer normal konzentrationsabhangigen Proporrionalitatdas Vorhandensein von mindestens 2 Maxima. Solche biphasischen Kurven werdenin der Literatur bisher sehr sclten erwahnt. So finder SONKA (1975) z . B. bei Unter­suchungen libel' den EinfluB von Kinetin auf die Kaliumbewegungen in H elian­thus-Hypokotylen ebenfalls eine biphasische Abh angigkeit,

Di e eigenen Ku rven zeigen mit und ohne IES-Zusatz prinzipiell etw a den glei­chen Verlauf im Verhaltnis zur jeweiligen Kontrolle. Hierbei ergibt gleichz eiti geApplikat ion von IES und Sterin offenbar nul' additive Effekte. Ein Synergismusliegt, wie Friiher vermutet, wohl nicht vor. Da jedoch ohn e Indol-J-Essigsaure dieStreuung del' Werte in del' Regel groBer ist, sind hier weni ger Kurvenpunkte signi­fikant von del' Konrrolle verschieden (Signifikanz bei d :;; 3 Sd).

Eine Erklarung del' Wirkungsweise der Sterin-Glukoside auf molekularer Basissowie eine Deutung der mehrphasischen Wirkungskurven diirfte auBerst schwierigsein und weit gehend hypothetisch bleiben. Geht man da von aus, daB Sterine in denMembransystem en vorkommen (GRUNWALD, 1975) und hier off enbar eine wichtigeRolle bei del' Permeabilitar spielen (GRUNWA LD, 1971), so ware denkbar, daB dieseVerbindungen, ahnlich wie z. B. Ph ytohormone, Efflux und Influx von Ionen steu­ern . Ob man auf diese Weise die auxinahnliche Wirkung del' Sterin-Glukoside imAvena-Biotest auch mit einer Ausscheidung von H l-Ionen erklaren kann, so wiedies jetzt vie!fach fur Indol-J-Essigsaure geschieht (HAGER et al., 1971; RAYLE,1973), soli spater noch untersucht werden. Auf jeden Fall muB man jedoch anneh-

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Srerin-Glukoside als pflanzliche Wirkstoffe 61

I

III

-t---/-!'---------------------t- K

3,4

3,2

3.02,8

2,6

2,4

Zuwachsmm

4;3

4,1

3.93,7

3.5

3;3

6,6

6,4

6,2

6,0 IV5,8 K

5,6

3,7

3,5

3,3

3.1 V2,9 K

2.7

a 50 100 150 200 ppm

Fig. 2: Dose response curves of Avena coleoptiles, I Stigmasteryl-glucoside: II Sitosteryl­+ Campesteryl-glucosidc: III Cholesteryl-glucoside; IV Stigmasteryl-glucoside + 1 ppmIAA; V Sitosteryl- + Campesteryl-glucoside + 1 ppm IAA. 0 = significant differencecompared with the control (K).

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men, da~ an der Membran eine multifaktorielle Weehselwirkung der beteiligtenKomponenten am Wirkort stattfindet. Mit einer einfaehen Bindung von Wirkstoffan den Rezeptor la~t sieh eine mehrphasisehe Wirkungskurve nicht erklaren.

Urn nachzupriifen, ob aueh Sterinrnolekiile ohne Zuckeranteil biologiseh wirksamsind , wurden analoge Biotests mit reinem Stigrnasterin angesetzt. Hierbei wurdendie Konzentrationen so gewa hlt , daB die Losungen mit denen des fr illier getestetenSrigmasterin-Glukosids isomolar und damit gut vergleiehbar sind. Es zeigte sieh,dag Stigmasterin eine Dosis-Wirkungskurve hat, die im Prinzip dem Glukosid ah­nelt, nur daf] der Effekt vie! schwacher zu sein scheint . Die meisten Kurvenpunktelassen sieh dadurch niche mehr sratistisch sichern .

Zuwachsmm

2.3

2.1

1,9

1,7

K

4,3

~:~~~ K

a 50 100 150 ppm

Fig. 3 : Dose respon se curve of Stigmasterol applied to A vena coleoptiles. Upper curv e:without IAA; low er curve: + 1 ppm IAA. o = significant difference compared with thecont rol (K) .

Dieses Ergebnis steht zunachst im Widerspruch zu Resultaten von GRUNWALD(1971) , der nach Untersuchungen ilber die Membranpermeabilidit von Wurzelgewe­be den freien Sterinen die groBte Wirksamkeit zuschreibr, wah rend die Glukosidepraktisch unwirksam waren. Er arbeitet jedoch in einem ganz anderen System undfugt die Sterine in alkoholischer Losung hinzu, was die Loslichkeit der Substanzenerhoht, In den eigenen Versuchen scheint die geringe Aktivitat der freien Sterinewenigstens teilweise auf der schlechten Loslichkeit im wassrigen Testmedium zu be­ruhen.

Eine andere Frage ist, ob am Wirkort, also eventuell an der Membran, nur dasfreie Sterin wirksam werden karin, die Glukoside daher erst hydrolysiert werden

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miifsten, oder ob vielleicht nicht doch auch die zuckerhaltigen Verbindungen direktreagieren konnen. Dieses Problem kann im Augenblick nicht zufriedenstellend be­

antwortet werden.

Keimung

Der Sterin-Stoffwechsel steht mit dem Keimprozef in einem engen Zusarnmen­hang. Haufig wurde beobachtet, daf die Menge Freier Sterine wahrend der Kei­mung zunimrnt, wahrend Sterin-Glukoside offenbar im verstarkten Mage in reifen­den Samen eingelagert werden (GRUNWALD, 1975). Es schien daher interessant, par­allel zum Avena-Test im gleichen Konzentrationsbereich die Wirkung der Sterin­Glukoside auf die Keimung von Kressesamen zu untersuchen.

Hier zeigte sich, dag die Substanzen die Keimung selbst nicht signifikant beein­f[ugten, wohl aber das weitere Wachstum des Keimlings. Langenrnessungen vonSprof und Wurzel nach 3 Tagen ergaben, dag besonders die Wurzel recht emp­findlich reagiert, weil sie offenbar besseren Kontakt zu den applizierten Wirk­stoffen hat. ATALLAH et al. (1975) berichten zwar iiber einen Transport von Sito­sterin-Glukosid in Pflanzen, doch wird die Verbindung hierbei teilweise gespalren.Die Dosis-Wirkungskurven sind ebenfalls mehrphasisch und zeigen ahnliche Ten­denz wie beim Avena-Koleoptiltest (Abb. 4).

Versuche mit Protoplasten

Bereits oben wurde die Frage angeschnitten, ob die biologische Wirkungsweiseder Sterin-Glukoside, ahnlich wie es z: B. auch fiir Auxine diskutiert wird, in Per­meabilitatsveranderungen der Membran zu suchen ist, BAYER und SONKA (1976) ge­ben fiir IES an, dag sie bei Protoplasten praktisch verzogerungsfrei zu einer Aus­scheidung von Ht-Ionen in das Augenmedium fiihren kann.

Daher wurde von uns im gleichen System der Einflufs von Sterin-Glukosiden aufeine eventuelle Ansauerung der Augenlosung untersucht. Hierzu wurde der pH derProtoplastensuspension zunachst 1 Stunde stabilisierr und dann unter Umriihren dieTestsubstanz (40 ppm) hinzugefiigt. Anschlieflcnd erfolgte im Licht eine kontinuier­liche Aufzeichnung von pH-Anderungen im Vergleich zur unbehandelten Kontrol­Ie. Abb. 5 zeigt, daf der pH der Kontrolle bis zu 8 Stunden nach Versuchsbeginnleicht ansteigt. Dann setzt plotzlich eine relativ starke Ansauerung des Augenmedi­urns ein, die auf das Absterben der Protoplasten zuriickgefiihrt wird. Die Sterin­Glukoside erzeugen demgegeniiber schon etwa 2 Stunden nach Applikation einesichtbare pH-Verschiebung ins Saure. Besonders schnell scheint hierbei Choleste­rin-Glukosid zu wirken, das teilweise schon nach 1 Stunde pH-Unterschiede er­bringt. Die Zusammensetzung der Protoplasten-Suspension ist zu diesem Zeitpunktkaum verandert, wie die mikroskopische Beobachtung ergab. Ein im grogeren Urn­fang einsetzendes Platzen der Protoplasten, wie es von BAYER (1973) beim Tabakgefunden wurde, konnte nicht nachgewiesen werden. Da die Suspension offenbarein schwach gepuffertes Medium darstellt, ist es nicht ausgeschlossen, daf eine

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Ldnltmm28

26

24

22

I

-l----\r=-f--------------------+-K

I I

ll---t<:oT-::::--"9-----------------~cr_+-K

2 6

24

22

20

27

25

23

21

III

4f----'--------------------+-K

24

22

20

18

IVf-K

2 1

19

17

o 50 100 150 200 pp m

Fi g. 4 : Dose response cur ves fro m cress seedlings . Length of the root (I-III) and of theshoot (IV-VI) after 3 days. I+ IV St igmas teryl-glucoside; II +V Sito steryl- + Campeste­ryl-glucoside ; III +VI Choleste ryl -glucoside . o = significant difference compared with thecontrol (K).

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H+-Ionen Sekretion bereits friiher einsetzt, als am Meflgerat die ersten Unterschiedeabiesbar sind.

Ein verzogerungsfreies, steiles Absinken der pH-Kurve, wie es von BAYER undSONKA (1976) nach Applikation hoher Dosen IES (10-4 M) gefunden wurde, kann

pH

5,5

Fig. 5: pH changes in protoplast suspensionsside. -. -. - stigmasteryl-glucoside;cholesteryl-glucoside; - control.

4,5 istart

o 2 5 6 7 8 9 10 Stunden

following application of 40 ppm steryl-gluco­sitosteryl- + campesteryl-glucoside;

pH

5,5

5,0 -,

. .

4,5 rStart

o 2 6 8 9 10 Stunden

Fig. 6: pH changes in protoplast suspensions following treatment with: -. - . _ 10-4 MIAA; --- 40 ppm stigmasteryl-glucoside (7 .10-5 M) + 10-4 M IAA; ..... 40 ppmstigmasteryl-glucoside (7' 10-5 M) + 10-4 M DNP; - control.

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fiir die Sterin-Glukoside jedoch nicht angegeben werd en. Es steht auch in Frage, obdiese plotzliche Ansauerung nicht durch die Saur e-Gruppe der IES mit verursachtwird. In eigenen Versuchen konnte mit 10-4 M IES, abgesehen von dem Kurvenaus­schlag bei der Applikation, etwa 2 Stunden dan ach eine langsame Ansauerung desAuBenmed iums gegeniiber der Komrolle nachgewiesen werden, die vergleichbar istmit einer Applikation von Sterin-Glukosiden (Abb. 6). Gleichzeitige Anwendungvon IES und Sterin-Glukosid verkiirzt die Latenzzeit bis zur ersten meBbarenpH-Verschiebung. Dagegen fiihrt 10-4 M 2,4-Dinitrophenol (DN P), 1 Stunde langvor Versuch sbeginn inkubiert, zu einer verspa teten und insgesamt verringertenH +-Ionen Ausscheidung (Abb. 6). DNP hemmt die oxidative Phosphorylierung undsomit energieverbrauchende aktive Prozesse (PILET, 1957). HUMPHREYS (1975) be­richter sogar iiber einen H +-Influx in die Zellen nach DNP-Applikation. Das obigeErgebnis ware somit ein H inweis darauf, daB es sich bci der durch Sterin-Glukosideinduzierten H +-Ion en Ausscheidung zumindest partiell urn eine aktive Sekretionhandelt, die in einigen Teilcn vergleichbar ist mit der Wirkung der Indol-3-Essig­saure.

Es ist die Frage, ob die Sterin-Glukoside oder eventuell die reinen Ster ine auf­grund ihrer Wirkungsweise als echte Hormone anzu sprechen sind, oder ob sie, dasie offenbar Memb ranbausreine darstellen, eine Art Sekundarrnessenger zwischenden echten Hormonen und dem Wirkort an der Membran sind, wo sie dann Per­meabiliratsverand erun gen verursachen. H ier miissen weitere Untersuchungen zurKlarung beitragen.

Literatur

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