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STARS Journal 03 2007 [Ulrich Berding, Juliane Pegels, Bettina Perenthaler und Klaus Selle]

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Ausgabe 03 Oktober 2007 [ STARS ] Stadträume in Spannungsfeldern Plätze, Parks und Promenaden im Spannun öffentlicher und privater Aktivitäten Stadträume in Spannungsfeldern Plätze, Parks und Promenaden im Schnittbereich öffentlicher und privater Aktivitäten Alltäglich und facettenreich Blickten wir im letzten Journal zurück auf die New Yorker  privately owned public spaces (  pops), so können wir nun von Stadträumen in Leipzig, Hannover und Aachen berichten. Denn anders als in New York City, wo strikte Regeln die Ent stehung der  pops koordinieren, bieten unsere städtischen Wirklichkeiten ein viel bunteres Bild. Die ersten Schritte unseres Forschungs vorhaben sahen vor, in Aachen, Hannover und Leipzig Stadträume auszuspüren, zu erfassen und zu beschreiben, die sich im Schnittbereich öffentlicher und privater Aktivitäten benden. Wa s als tastende Suche begann, entpuppte sich bald als einfaches Spiel. Die unterschiedlichen Suchstrategien waren gleichermaßen erfolg reich: Einmal die „hybride Brille“ aufgesetzt, hatten wir in den drei Städten schnell jeweils über 40 Freiräume gefunden, deren Analyse interessante Erkenntnisse verspricht. Waren wir zunächst davon ausgegangen, dass die pri vate Einussnahme auf öffentlich zugängliche Räume eher die Ausnahme darstellt, so wurde bald klar: Es gibt eine Vielzahl und Vielfalt von Stadträumen, deren Entwicklung, Bau oder Pege nicht allein auf kommunale Aktivitäten zurückgeht. Die überraschend große Präsenz die ser Räume schafft neue Herausforderungen. Zum einen stellen die vielen unterschiedlichen Stadträume einen umfangreichen Fundus dar, dessen Systematisierung nicht ausbleiben darf. Zum anderen aber müssen wir aus der großen Zahl von Räumen etwa 20 auswählen, die in der Fallstudienarbeit des Projektes eingehend untersucht werden. In diesem Kontext schien zunächst die Beschränkung auf alltägliche, nicht funktionsspezialisierte Freiräume wie Plätze, Parks und Promenaden ausreichend. Angesichts der Vielfalt und Vielzahl sind aber weitere Kriterien von Nöten. Eines ergibt sich sicher aus der Frage, welche Räume die span nendsten Erkenntnisse bezüglich der Koopera tion kommunaler und privater Akteure verspre chen. Welche weiteren Kriterien sinnvoll sind, wird nun zu diskutieren sein. Unsere Fokussierung auf 20 Fallstudien räume impliziert keineswegs, dass wir die große Zahl der von uns als hybrid identizierten Stadträume nicht betrachten. Ganz im Gegen teil: Die Vielfalt der gesammelten Beispiele in den drei Städten stellt eine beachtliche Ressour ce dar. Sie zeigt nicht nur, wie verbreitet und fa cettenreich hybride Verhältnisse sind, sondern auch, wie unterschiedlich die Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Akteuren gestaltet sind – unsere nächsten Arbeitsschritte konzentrieren sich daher u. a. auf folgende Fragen: Welche Ursachen und Wirkungszu sammenhänge prägen die unterschiedlichen Ausprä gungen der Kooperationen? In welchen „Lebensphasen“, mit welcher Dauer und aus welchen Beweggründen kooperieren die unter schiedlichen Interessensgruppen? Diese Ausgabe des Journals gibt zunächst Einblick in die Fülle des vor Ort gesammelten Materials und die „Buntheit“ unserer städ tischen Wirklichkeiten. Was wir aus der Analy se dieser Freiraumwir klichkeiten lernen, gibt es in den nächsten Monaten zu diskutieren. Ulrich Berding, Do Hyung Kim, Wiebke Kolb- müller, Juliane Pegels, Bettina Perenthaler und Klaus Selle
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Ausgabe 03 Oktober 2007

[STARS]Stadträume in Spannungsfeldern

Plätze, Parks und Promenaden im Spannunöffentlicher und privater Aktivitäten

Stadträume in Spannungsfeldern

Plätze, Parks und Promenaden im Schnittbereichöffentlicher und privater Aktivitäten

Alltäglich und facettenreichBlickten wir im letzten Journal zurück auf dieNew Yorker privately owned public spaces ( pops),so können wir nun von Stadträumen in Leipzig,Hannover und Aachen berichten. Denn andersals in New York City, wo strikte Regeln die Ent stehung der  pops koordinieren, bieten unserestädtischen Wirklichkeiten ein viel bunteresBild.

Die ersten Schritte unseres Forschungs

vorhaben sahen vor, in Aachen, Hannover undLeipzig Stadträume auszuspüren, zu erfassenund zu beschreiben, die sich im Schnittbereichöffentlicher und privater Aktivitäten benden.Was als tastende Suche begann, entpuppte sichbald als einfaches Spiel. Die unterschiedlichenSuchstrategien waren gleichermaßen erfolg reich: Einmal die „hybride Brille“ aufgesetzt,hatten wir in den drei Städten schnell jeweilsüber 40 Freiräume gefunden, deren Analyseinteressante Erkenntnisse verspricht. Warenwir zunächst davon ausgegangen, dass die pri

vate Einussnahme auf öffentlich zugänglicheRäume eher die Ausnahme darstellt, so wurdebald klar: Es gibt eine Vielzahl und Vielfalt vonStadträumen, deren Entwicklung, Bau oderPege nicht allein auf kommunale Aktivitätenzurückgeht.

Die überraschend große Präsenz die ser Räume schafft neue Herausforderungen.Zum einen stellen die vielen unterschiedlichenStadträume einen umfangreichen Fundus dar,dessen Systematisierung nicht ausbleiben darf.Zum anderen aber müssen wir aus der großenZahl von Räumen etwa 20 auswählen, die inder Fallstudienarbeit des Projektes eingehenduntersucht werden. In diesem Kontext schienzunächst die Beschränkung auf alltägliche,

nicht funktionsspezialisierte Freiräume wiePlätze, Parks und Promenaden ausreichend.Angesichts der Vielfalt und Vielzahl sind aberweitere Kriterien von Nöten. Eines ergibt sichsicher aus der Frage, welche Räume die span nendsten Erkenntnisse bezüglich der Koopera tion kommunaler und privater Akteure verspre chen. Welche weiteren Kriterien sinnvoll sind,wird nun zu diskutieren sein.

Unsere Fokussierung auf 20 Fallstudien räume impliziert keineswegs, dass wir diegroße Zahl der von uns als hybrid identiziertenStadträume nicht betrachten. Ganz im Gegen teil: Die Vielfalt der gesammelten Beispiele inden drei Städten stellt eine beachtliche Ressour ce dar. Sie zeigt nicht nur, wie verbreitet und fa cettenreich hybride Verhältnisse sind, sondernauch, wie unterschiedlich die Kooperationenzwischen privaten und öffentlichen Akteurengestaltet sind – unsere nächsten Arbeitsschrittekonzentrieren sich daher u. a. auf folgende

Fragen: Welche Ursachen und Wirkungszu -sammenhänge prägen die unterschiedlichenAusprägungen der Kooperationen? In welchen„Lebensphasen“, mit welcher Dauer und auswelchen Beweggründen kooperieren die unter schiedlichen Interessensgruppen?

Diese Ausgabe des Journals gibt zunächstEinblick in die Fülle des vor Ort gesammeltenMaterials und die „Buntheit“ unserer städ tischen Wirklichkeiten. Was wir aus der Analy se dieser Freiraumwirklichkeiten lernen, gibt esin den nächsten Monaten zu diskutieren.

Ulrich Berding, Do Hyung Kim, Wiebke Kolb-müller, Juliane Pegels, Bettina Perenthaler undKlaus Selle

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Die Vielfalt der hybriden Räume„Stadträume im Schnittbereich öffentlicher und privater Aktivitäten“ lautet der Titel unseres For-schungsprojektes und beschreibt zugleich den Untersuchungsgegenstand von STARS. Was auf denersten Blick die Erforschung besonderer, seltener Räume vermuten lässt, richtet den Blick in Wirk-lichkeit auf ein großes Spektrum alltäglicher, in unseren Städten überall zu ndender Freiräume.

War vor Jahren die Diskussion um öffentlichzugängliche Räume vom „Entweder oder Den ken“ geprägt, von der Annahme, dass Stadträu me entweder der privaten und der öffentlichenSphäre zuzuordnen sind, so hat der genaueBlick auf die Realitäten unserer Städte diesesBild verändert. Es sind zahlreiche öffentlich zu gängliche Räume zu nden, die nicht allein dieAktivitäten einer Kommune zurückgehen. Da

bei handelt es sich nicht um die in diesem Kon text schnell assoziierten Shopping Malls. Viel mehr entpuppen sich alltägliche Räume, dieschon immer das Bild der europäischen Stadtprägten, bei genauerem Hinsehen als Produkteeiner Kooperation zwischen privaten und kom munalen Akteuren. So stießen wir bei erstenRecherchen in Aachen auf öffentlich zugäng liche Räume, die in privatem Eigentum sind,durch private Aktivitäten gepegt und Instandgehalten werden oder deren Bau durch nicht kommunale Gelder ermöglicht wurde. Wahr

genommen werden sie auf den ersten Blick als„ganz normale“ öffentliche Räume.

Polaritätsprol: Recht, Raum, RegulierungIn der Auseinandersetzung mit öffentlichenRäumen war schon früh deutlich geworden,dass nicht allein von „öffentlichen“ Räumengesprochen werden kann (Berding et al. 2003).Um deutlich zu machen, was gemeint ist, musszumindest von „öffentlich zugänglichen“ Räu men die Rede sein. Aber um die Charakteristikaeines jeden Raumes ausreichend zu beschrei ben, bedarf es jeweils eines Polaritätsprols.Dieses gibt Auskunft zu vier Dimensioneneines Raumes: zu Recht, Raum, Regulierungund zum Sozialcharakter. Auf der „rechtlichen

Ebene“ werden Angaben zu Eigentums undNutzungsrechten gemacht; die „Raum Dimen sion“ gibt Auskunft darüber, wer den Raum inwelcher Weise produziert hat, unterhält, pegtund weiterentwickelt; in der Dimension „Regu lierung“ wird festgehalten, wer welche Regelnund Hinweise für die Nutzung des Raumes de niert; und in den Angaben zum Sozialcharak ters eines Raumes wird präzisiert, von wem der

Raum zu nutzen ist. Im Kontext unseres der zeitigen Forschungsprojektes bedarf die vierteDimension, die des Sozialcharakters, keinerdifferenzierten Betrachtung. Da der Fokus un seres STARS Projektes auf solchen Freiräumenliegt, die jederzeit uneingeschränkt zugänglichsind, bleiben damit drei zu differenzierende Di mensionen.

Abb. 1:„Ganz normaler“ Platz

Bücherplatz, Aachen

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Ausgabe Oktober 2007

Editorial 01

Die Vielfalt der hybriden Räume 02

Einblick in Hannoveraner Hybride 06

Fundstücke 12

Impressum/Kontakt 12

03

Auf der Suche nach öffentlich zugänglichenRäumen, deren Eigentumsrechte, deren Pro duktion und Instandhaltung oder auch Regu lierung durch private Akteure (mit)bestimmtwird, also auf der Suche nach Räumen, die sichfür die Fallstudien unseres Forschungsprojek

tes eignen, sind wir in Aachen, Hannover undLeipzig auf viele verschiedene Beispiele gesto ßen. Groß ist aber nicht nur die Zahl von Räu men, die öffentlich zugänglich sind und gleich zeitig durch private Aktivitäten gekennzeichnetsind. Vielschichtig ist auch die Art und Weise,wie private Akteure Einuss auf öffentlich zu gängliche Räume nehmen. In einem erstenVersuch, diese Vielfalt zu systematisieren undabzubilden, erweist sich wieder das Gerüst derPolaritätsprols als hilfreich. Es hilft zu diffe renzieren, in welcher Dimension, also auf wel che Art und Weise „private“ Akteure Einussauf den öffentlich zugänglichen Raum neh men.Hierbei umfasst der Begriff des „Privaten“ einegroße Vielfalt von Akteuren. Dazu zählen nichtnur Einzelpersonen, Unternehmen, Stiftun gen und die Religionsgemeinschaften, sondernauch Gesellschaften, in denen die Kommu ne ein gewisses Mitspracherecht hat: von derWohnbaugesellschaft bis zum Versorgungs betrieb. Ebenfalls zu den nicht kommunalenAkteuren zählen wir Vertreter des Bundes, derLänder und der Landkreise – also alle, die in

der baulich räumlichen Entwicklung der Kom mune keine unmittelbaren Entscheidungs kompetenzen haben. Wenn wir von „Privaten“sprechen, meinen wir alles in allem sämtliche„nicht kommunalen“ Akteure.

Dimension: RechtEine Ebene, auf der private Akteure Einussauf öffentlich zugängliche Räume haben, istdie rechtliche, meist eigentumsrechtliche. Vie le Stadträume sind öffentlich zugänglich, aberbenden sich eigentumsrechtlich im Besitz

einer privaten Person oder Institution. So fan den wir in unserer Recherche vor Ort öffentlichzugängliche Räume, die sich uneingeschränktund komplett in privatem Eigentum benden(z. B. Leipziger Volkszeitung, Leipzig; Domhof,Aachen; Habitat, Hannover), Räume in priva tem Eigentum, das aber beispielsweise durchGeh , Fahr und Leitungsrechte eingeschränktist (z. B. Bücherplatz, Aachen; Schwarze Gär ten, Hannover) oder auch öffentlich zugäng liche Räume, von denen sich nur Teilbereicheoder einzelne Parzellen in privatem Eigentumbenden (z. B. Dresdner Bank, Leipzig; Be meroder Rathausplatz, Hannover).

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Dimension: RaumEine andere Ebene, auf der öffentlich zugäng liche Räume durch private Einussnahmegeprägt sein können, ist die raumbezogeneDimension. Hier nehmen private Akteure Ein uss bei der Planung und Entwicklung, bei derProduktion und dem Bau oder der Instandhal tung und Pege. So sind zum Beispiel öffent lich zugängliche Räume zu nden, in derenPlanung und Entwicklung private Personen

oder Institutionen involviert waren. Da sichunser Forschungsprojekt aber auf vorhandene,bereits in Nutzung bendliche Räume bezieht,lassen wir noch in Realisierung bendlicheProjekte außen vor. Dennoch schließt unserForschungsinteresse natürlich kooperative Ele mente im Planungsprozess mit ein. Da der Pro zess von der Planung bis zur Instandhaltungunterschiedliche Phasen umfasst, liegt eine dif ferenzierte Betrachtung nahe:

Planung und Entwurf 

Relativ verbreitetet – teilweise sogar per Ge setz eingefordert – ist die Beteiligung unddas Engagement unterschiedlicher, privaterAkteure in der Planung und im Entwurf von Stadträumen. So sind auch öffentlichzugängliche Freiräume zu nden, in derenEntwurfs und Planungsphase nicht alleinkommunale Akteure involviert waren (z. B.Nord/LB, Hannover).

Herstellung und ProduktionAuf unserer Suche fanden wir öffentlich zu gängliche Räume, die komplett in privaterHand sind, also auf privatem Grundstück lie gen und entsprechend aus den privaten Mittelndes Eigentümers hergestellt wurden. Daneben

gibt es auch Beispiele, deren Bau durch Spen den ermöglicht wurde – entweder durch großeeinzelne Summen (z. B. Fritz von Harck Anla ge, Leipzig) oder einer Vielzahl kleinerer Beträ ge (z. B. Park Industriestraße, Leipzig).

Pege und InstandhaltungDiejenigen öffentlich zugänglichen Räume,die in privatem Eigentum sind, mit privatenMitteln hergestellt wurden, werden in vielenFällen auch von diesen privaten Akteuren ge pegt und Instand gehalten. Es gibt aber auchandere Konstellationen, in denen die Pegeund dauerhafte Instandhaltung eines Raumesvon Privaten übernommen wird, die nichtzwangsläug Eigentümer der Fläche sind odernicht vom Eigentümer für diese Dienstleistungbeauftragt worden sind. So fanden wir zumBeispiel öffentlich zugängliche Räume, die vonSport oder auch Bürgervereinen gepegt wer -den (z. B. Skaterpark 5_1, Leipzig), die von uni versitären Instituten Instand gehalten werden(z. B. Duft und Tastgarten, Leipzig) oder auchvon engagierten Anwohnern oder angrenzen den Einzelhändlern. Andersherum entdecktenwir auch private Räume, die öffentlich zugäng lich sind und durch die Kommune gepegtwerden (z. B. Schlüsseloch, Leipzig). Informel le Arbeitsteilungen nden sich im Umfeld derRWTH Aachen; hier werden einzelne kommu nale Freiräume von der Hochschule gepegt

und im Gegenzug einzelne Hochschularealevon der Stadt. Ausschlaggebend für die Koope ration sind praktische Erwägungen.

Dimension: RegulierungAnalog zur Instandhaltung werden öffentlichzugängliche Räume in privatem Eigentumauch oftmals von diesen privaten Akteuren re guliert. Das heißt, dass die Eigentümer Regelnaufstellen und geltend machen. So fanden wirzum Beispiel Schilder, die das Rollerskaten ver bieten oder Hinweise, die Parkplätze bestimm

Abb. 3:

„Dank an die Spender“ imPark Industriestraße,

Leipzig-Plagwitz

Abb. 2:Ein Bereich im Raumgefüge

Dresdner Bank,Leipzig-Zentrum

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ten Fahrzeugen vorbehalten (z. B. Milchstraße,Aachen; Multikauf, Leipzig; Ernst August Platz,Hannover). Entsprechend der Befugnis, Regelnfür einen Raum aufzustellen, obliegt zum Teilauch die Kontrolle der Einhaltung den Privaten.Sie dürfen auf Fehlverhalten hinweisen und ge

gebenenfalls für Beendigung sorgen (z. B. Leip ziger Volkszeitung und Ritterpassage, Leipzig).In manchen Kommunen hingegen – zum Bei spiel Hannover – gilt der Grundsatz, dass dieöffentlichen Ordnungskräfte für den gesamtenöffentlich nutzbaren Raum zuständig sind, alsoauch für die Räume, die sich in privatem Eigen tum benden.

Dimension: SozialcharakterWie anfangs erläutert, muss bei der Untersu chung öffentlicher Räume auch die vierte Di mension des Polaritätsprols, also der Sozial charakter eines Raumes betrachtet werden. Inunserem Forschungskontext sind hier jedochwenig Varianten zu nden. Die Grundvoraus setzung dafür, dass wir einen Raum näher un tersuchen ist, dass er öffentlich zugänglich ist.Wie eingeschränkt diese öffentliche Zugäng lichkeit sein darf, ist zu diskutieren. Bei denbisher untersuchten Räumen gibt es einigeBeispiele, die jenseits „normaler“ Öffnungs zeiten nicht zugänglich sind. So dürfen zumBeispiel in Leipzig Innenhöfe nachts, also nachGeschäftsschluss oder nach dem Schließen der

Gastronomie bis zum nächsten Morgen durchTore abgeschlossen werden (z. B. StädtischesKaufhaus oder Barthels Hof, Leipzig). Nicht inunsere Untersuchung eingeschlossen habenwir allerdings Räume, die nur für ausgewählteNutzer oder gegen eine Eintrittsgebühr zugäng lich sind (z. B. Anwohnergarten Josephstraße,Leipzig oder Barbarossapark Aachen).

Die nächsten SchritteDer Blick auf die Vielzahl der in Hannover,Leipzig und Aachen gefundenen Beispiele und

auch die Aufzählung der Akteure, die sich un ter dem Sammelbegriff „privat“ summieren,machen schon die Buntheit der städtischenWirklichkeiten deutlich, die sich hinter demBegriff „hybrid“ verbergen. Diese umfassendeSammlung zu systematisieren und auszuwer ten, ist eine nächste Herausforderung.

Der oben beschriebene Ansatz die unter schiedlichen Konstellationen zu differenzieren,in denen sich private Akteure an der Produktionund Pege öffentlicher Räume beteiligen, ist einerster Versuch. Obwohl schon einige Besonder heiten und Unterschiede deutlich werden, blei ben viele Fragen offen. Erst die Untersuchungdes gesamten hybriden Raumrepertoires unddie genaue Analyse der 20 Fallstudienräume

wird weitere Untersuchungs und Differenzie -rungsnotwendigkeiten zu Tage bringen.

Zum Beispiel bleibt in dem oben erläu terten Ansatz die zeitliche Dimension koope rativer Aktivitäten unbeachtet. In diesem Zu sammenhang muss differenziert werden, auf welche Zeithorizonte sich die Vereinbarungenzwischen öffentlichen und private Akteurenbeziehen. Auch enthält dieser erste Systemati sierungsansatz keine Angaben zu den Motiven

und Hintergründen, die eine öffentlich privateKooperation initiieren. Die Beispiele zeigen,dass die Motive für ein Engagement im oderzugunsten des öffentlich zugänglichen Raumssehr vielfältig sind. Hier ergeben sich Fragenwie: Warum entstehen welche hybriden Räu me? Warum entstehen sie wo? Auch sind Aus wirkungen hybrider Verhältnisse auf die Ge staltung eines Raumes sowie seine Einbettungin den unmittelbaren Kontext und das gesamteNetzwerk öffentlich zugänglicher Räume zuthematisieren.

Auf welche Weise können also die viel schichtigen städtischen Wirklichkeiten abgebil det werden? Welche Elemente des kooperativenWirkens müssen wie erfasst werden, damit siein Bezug zueinander zu setzen sind und dazutaugen neue Ideen für den zukünftigen Um gang mit hybriden Räumen abzuleiten? Bisherist sicherlich deutlich geworden, dass sich dievielen öffentlich zugänglichen Räume durchhöchst unterschiedliche Rahmenbedingungenund Kooperationskonstellationen auszeichnen– ein reichhaltiges Repertoire an Erfahrungen.Diese zu erfassen und zu systematisieren, stellt

unseren nächsten Arbeitsschritt dar.

Abb. 4:Pege am Schlüsselloch,

Leipzig-Neustadt

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Andreas-Hermes-Platz

Einblick in Hannoveraner Hybride

Private Passage/Theaterstraße 3 (Hannover,Flur 41, 6/2)

Land: Niedersächsisches Staatstheater

Privat (Hannover Flur 41, 22/1) (Land)

„Private“ Fläche der Stadt (FB 41); Nutzungdurch Künstlerhaus, Verpachtung Außen äche an Maestro

Privat (Hannover, Flur 41, 28/1)

Privat (Hannover, Flur 41, 28/2)

Anmerkung: Für diesen Bereich gibt es keinenB-Plan! 

Theaterhof 

Materialien und Impressionen.

Mit voranschreitender Fallstudienarbeit wächstdie Fülle und Vielfalt der Materialien. Die fol genden Seiten sollen am Beispiel Hannoverseinen Einblick in die Arbeit „vor Ort“ geben.Auch wenn die Recherchen noch laufen, die

Fallstudienarbeit also noch nicht abgeschlos

sen ist, wird an Hand der Bilder und Darstel lungen die Notwendigkeit einer Systematisie rung und Strukturierung offenkundig. Damitsind die nächsten Projekt Arbeitsschritte be reits vorgezeichnet.

Kartierungen…Die räumliche Situation, Grundstückgrenzen,Zugänge und Zuständigkeiten werden in Kar ten festgehalten. Die Beispiele auf dieser und

den folgenden Seiten zeigen, dass die Lagemanchmal schnell erfasst und dargestellt wer den kann, nicht selten aber auch etwas kompli zierter wird…

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GrenzenDie Grenze vom „pri vaten“ zum kommunalenRaum verläuft in vielenFällen quer zur Wahrneh mung der Nutzer/innen,wird im Alltag also oftkaum bemerkt. Doch häu

g geht diese „unsicht bare“ Grenze auch einhermit einem Wechsel derZuständigkeit für Reini gung und Instandhaltung– was sich im Einzelfallan unterschiedlicher Sau berkeit und Pegequalitätablesen lässt. Gelegentlichist den Eigentümern aberauch an einer klar erleb baren Grenzziehung gele gen. Offenbar sehr beliebt

sind Panzkübel, die als„mobile Hecke“ aneinan dergereiht werden…

Bemeroder Rathausplatz

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Nutzungen und RegulierungDie grundsätzliche öffentliche Zugänglichkeit der „hybriden“ Räume ist einewesentliche Voraussetzung der weiteren Auseinandersetzung im Rahmenunseres Projektes. In der Vielfalt und (durchaus wechselhaften) Intensität derNutzungen unterscheiden sich die von uns betrachteten Stadträume in keinerWeise von öffentlichen Räumen in kommunaler Hand. Welche Nutzungenhierbei möglich und erwünscht oder aber ausdrücklich nicht gewollt sind,lässt sich zumeist an der Gestaltung und Möblierung ablesen. Darüber hi naus geben aber auch Hinweisschilder Auskunft.

Wessen Nutzungs und Verwertungsinteressen wirksam werden und

welche Kompetenzen und Regulierungsbefugnisse wem zukommen, ist Ge genstand der weiteren Systematisierung und Analyse.

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GestaltungJe nach Nutzungskon text, Eigentümerstruktur,Rahmen bedingungen undVerwertungsinteressenvariieren Gestaltungsqua lität und ambitionen so wie Materialwertigkeitenhybrider Räume ganz er heblich.

Schwarze Gärten – EXPO-Gelände

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Bildnachweise:Alle Fotos: Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtent

wicklung; Kartendarstellungen S. 6, 7, 10: Bettina Kupper,Plankom; Kartengrundlagen: digitale Katasterpläne derLandeshauptstadt Hannover; Luftbild S. 10: http://maps.google.de

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Fundstücke

03 Impressum/Kontakt

Journal zum Forschungsprojekt [STARS] – Stadträume in Spannungsfeldern.Herausgegeben Oktober 2007 von:Ulrich Berding, Do Hyung Kim, Wiebke Kolbmüller, Juliane Pegels, Bettina Perenthaler, Klaus Selle

PT Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung, RWTH AachenPostfach, 52056 Aachen. T +49 241 80 983 [email protected] www.pt.rwth-aachen.de

Unser Vers darauf 

Weil nicht erlaubt vom Magistrat,

gab‘s hier nie „Stolpersteine“.Doch heute (ohne Stadt Mandat),auf eig‘nem Grundstück, ganz

privatmacht‘s jemand ganz alleine.

Warum nur ist die Stadt so stur,so unverstehbar kleinlichund duldet selber keine Spur?Für sie ist diese Anti Tourfast stolpersteinlich peinlich!

Helmut SeitzSüddeutsche Zeitung 01.09.2007 

Mit dem Projekt „Stolpersteine“ möchte der Künstler Gunter Demnig auf Menschen aufmerksammachen, die während des Nationalsozialismus deportiert oder ermordet wurden. Hierzu werdenmit Messingplatten versehene Pastersteine in den Gehweg eingelassen. Auf diesen sind derName, das Geburtsjahr, Daten und Ort der Deportation oder der Ermordung eines Menschenvermerkt. In München wurde dieses Projekt aber vom Stadtrat abgelehnt; der öffentliche Grunddarf dafür nicht genutzt werden, weil man eine Verharmlosung des Themas befürchtet. Nun hatDemnig das Projekt dennoch auch in München umgesetzt, indem er die Stolpersteine auf nicht kommunalem Grund verlegt.Weitere Informationen unter http://www.stolpersteine muenchen.de.

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