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Sind die Pläne der EU-Kommission zur Besteuerung von ... · Zudem ist eine CO2-Komponen-te...

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ifo Schnelldienst 10/2011 – 64. Jahrgang 3 Entwurf für EU-Energie- steuerrichtlinie lässt viele Fragen offen Verkehr ist ein wesentlicher Mitverursa- cher klimaschädlicher Emissionen. Gleich- zeitig steigen die Verkehrsleistungen in un- serer globalisierten Welt weiter deutlich an. Aus diesem Grund ist völlig klar, dass der Verkehrsbereich einen substanziel- len Beitrag zur CO2-Reduktion leisten muss. Die Entwicklung und Markteinfüh- rung neuer, umweltverträglicherer Tech- nologien wie die Elektromobilität, die ver- stärkte Nutzung erneuerbarer Energien sowie die schadstoffbezogene Optimie- rung konventioneller Antriebstechnologien sind deshalb zentrale Aufgaben, denen sich die Bundesregierung stellt. Auch steuerpolitische Maßnahmen kön- nen das Ziel einer klimafreundlichen Po- litik unterstützen. Die EU-Kommission hat in diesem Zusammenhang den Ent- wurf einer Energiesteuerrichtlinie vorge- legt. Dieser sieht eine grundlegende Re- form der Energiebesteuerung vor, um verstärkte Anreize zugunsten der Umwelt zu setzen. So soll die Besteuerung künftig nicht mehr nach der Menge, sondern nach dem Energiegehalt der Energieerzeugnisse er- folgen. Zudem ist eine CO2-Komponen- te vorgesehen, die auf alle Bereiche An- wendung findet, die nicht vom Emissions- handel erfasst sind. Bisher erlaubte Steu- erbegünstigungen oder Ausnahmetatbe- stände sollen sich künftig nur noch auf die Energieverbrauchskomponente, nicht aber auf die CO2-Komponente beziehen. Die neuen Regelungen sollen nach den Vorstellungen der EU-Kommission bis zum 1. Januar 2023 verbindlich umge- setzt werden. Hierbei ist vorgesehen, dass die Mindeststeuersätze automatisch alle drei Jahre angepasst werden. Aus verkehrs- und umweltpolitischer Sicht sind Schritte zu einer weiteren Har- monisierung der EU-Energiebesteuerung zunächst einmal zu begrüßen. Das gilt besonders, wenn sie auf einer realisti- scheren Mindestbesteuerung basieren, da so auch der verkehrs- und umweltpo- litisch unsinnige Tanktourismus verhin- dert wird. Gerade grenznahe Räume könnten von solchen Ansätzen beson- ders profitieren. Dennoch gibt es gute Gründe dafür, dem Vorschlag der EU-Kommission zum jet- zigen Zeitpunkt und in der aktuellen Form mit erheblicher Skepsis zu begegnen. Im Wesentlichen sind hierfür drei Aspekte zu benennen: 1. Der Zeitpunkt, zu dem EU-Kommissar Semeta seinen Vorschlag vorgelegt hat, ist zumindest verwunderlich. Die Europäische Union arbeitet zurzeit an einer gemeinsamen Kraftstoffstrate- gie, die im kommenden Frühjahr vor- gelegt werden soll. Darin werden – wie in der deutschen Mobilitäts- und Kraft- stoffstrategie der Bundesregierung – alle Fragen um zukünftige Kraftstoffe, Antriebssysteme und der damit ver- bundenen Infrastrukturen intensiv be- handelt. Diese Strategie geht deutlich über einen ausschließlich steuerpoli- tischen Ansatz hinaus, der nur ein Teil der Problemlösung sein kann. Zum jet- zigen Zeitpunkt wirkt die Vorlage ei- ner Energiebesteuerung daher allzu voreilig, da sie stark auf ein isoliertes Feld konzentriert ist und nicht einge- bettet ist in ein Gesamtkonzept. 2. Der Vorschlag stellt einen grundlegen- den Systemwandel in der Energiebe- steuerung dar. Die Anpassungsschwie- von Treibstoffen ein Beitrag zur besseren Abstimmung der Klima- und der Steuerpolitik? Sind die Pläne der EU-Kommission zur Besteuerung Die EU-Kommission hat einen Entwurf einer Energiesteuerrichtlinie vorgelegt, der eine grundle- gende Reform der Energiebesteuerung vorsieht, um Anreize für eine Reduzierung des Treibstoff- verbrauchs zu setzen. Die Bemessungsgrundlagen für die Treibstoffbesteuerung sollen sich am CO2-Ausstoß und am Energiegehalt orientieren, die unterschiedliche Besteuerung der verschie- denen Treibstoffarten soll beseitigt werden. Ist dies ein tragfähiges Konzept? Peter Ramsauer* BMVBS/Fotograf: Frank Ossenbrink. * Dr. Peter Ramsauer, MdB, ist Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
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i fo Schne l ld ienst 10/2011 – 64. Jahrgang

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Entwurf für EU-Energie-steuerrichtlinie lässt viele Fragen offen

Verkehr ist ein wesentlicher Mitverursa-cher klimaschädlicher Emissionen. Gleich-zeitig steigen die Verkehrsleistungen in un-serer globalisierten Welt weiter deutlichan. Aus diesem Grund ist völlig klar, dassder Verkehrsbereich einen substanziel-len Beitrag zur CO2-Reduktion leistenmuss. Die Entwicklung und Markteinfüh-rung neuer, umweltverträglicherer Tech-nologien wie die Elektromobilität, die ver-stärkte Nutzung erneuerbarer Energiensowie die schadstoffbezogene Optimie-rung konventioneller Antriebstechnologiensind deshalb zentrale Aufgaben, denensich die Bundesregierung stellt.

Auch steuerpolitische Maßnahmen kön-nen das Ziel einer klimafreundlichen Po-litik unterstützen. Die EU-Kommissionhat in diesem Zusammenhang den Ent-wurf einer Energiesteuerrichtlinie vorge-legt. Dieser sieht eine grundlegende Re-form der Energiebesteuerung vor, umverstärkte Anreize zugunsten der Umweltzu setzen.

So soll die Besteuerung künftig nicht mehrnach der Menge, sondern nach demEnergiegehalt der Energieerzeugnisse er-folgen. Zudem ist eine CO2-Komponen-te vorgesehen, die auf alle Bereiche An-wendung findet, die nicht vom Emissions-handel erfasst sind. Bisher erlaubte Steu-erbegünstigungen oder Ausnahmetatbe-stände sollen sich künftig nur noch auf die Energieverbrauchskomponente, nichtaber auf die CO2-Komponente beziehen.Die neuen Regelungen sollen nach denVorstellungen der EU-Kommission biszum 1. Januar 2023 verbindlich umge-

setzt werden. Hierbei ist vorgesehen, dassdie Mindeststeuersätze automatisch alledrei Jahre angepasst werden.

Aus verkehrs- und umweltpolitischerSicht sind Schritte zu einer weiteren Har-monisierung der EU-Energiebesteuerungzunächst einmal zu begrüßen. Das giltbesonders, wenn sie auf einer realisti-scheren Mindestbesteuerung basieren,da so auch der verkehrs- und umweltpo-litisch unsinnige Tanktourismus verhin-dert wird. Gerade grenznahe Räumekönnten von solchen Ansätzen beson-ders profitieren.

Dennoch gibt es gute Gründe dafür, demVorschlag der EU-Kommission zum jet-zigen Zeitpunkt und in der aktuellen Formmit erheblicher Skepsis zu begegnen. ImWesentlichen sind hierfür drei Aspekte zubenennen:

1. Der Zeitpunkt, zu dem EU-KommissarSemeta seinen Vorschlag vorgelegthat, ist zumindest verwunderlich. DieEuropäische Union arbeitet zurzeit aneiner gemeinsamen Kraftstoffstrate-gie, die im kommenden Frühjahr vor-gelegt werden soll. Darin werden – wiein der deutschen Mobilitäts- und Kraft-stoffstrategie der Bundesregierung –alle Fragen um zukünftige Kraftstoffe,Antriebssysteme und der damit ver-bundenen Infrastrukturen intensiv be-handelt. Diese Strategie geht deutlichüber einen ausschließlich steuerpoli-tischen Ansatz hinaus, der nur ein Teilder Problemlösung sein kann. Zum jet-zigen Zeitpunkt wirkt die Vorlage ei-ner Energiebesteuerung daher allzuvoreilig, da sie stark auf ein isoliertesFeld konzentriert ist und nicht einge-bettet ist in ein Gesamtkonzept.

2. Der Vorschlag stellt einen grundlegen-den Systemwandel in der Energiebe-steuerung dar. Die Anpassungsschwie-

von Treibstoffen ein Beitrag zur besseren Abstimmungder Klima- und der Steuerpolitik?

Sind die Pläne der EU-Kommission zur Besteuerung

Die EU-Kommission hat einen Entwurf einer Energiesteuerrichtlinie vorgelegt, der eine grundle-

gende Reform der Energiebesteuerung vorsieht, um Anreize für eine Reduzierung des Treibstoff-

verbrauchs zu setzen. Die Bemessungsgrundlagen für die Treibstoffbesteuerung sollen sich am

CO2-Ausstoß und am Energiegehalt orientieren, die unterschiedliche Besteuerung der verschie-

denen Treibstoffarten soll beseitigt werden. Ist dies ein tragfähiges Konzept?

Peter Ramsauer*

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* Dr. Peter Ramsauer, MdB, ist Bundesminister fürVerkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Zur Diskussion gestellt

rigkeiten und -kosten auf Seiten der Unternehmen und Ver-braucher dürfen dabei jedoch nicht einfach übergangenwerden. Schon deshalb sollten wir uns bei der Diskussionüber eine Neuausrichtung der Energiebesteuerung inEuropa die notwendige Zeit nehmen und die Vorschlägegezielt auf ihre tatsächlichen Auswirkungen in den einzel-nen Ländern hin überprüfen. Wenn wir etwa das derzeiti-ge Besteuerungsprinzip betrachten, sticht heraus, dassVielfahrer über den Verbrauch höher besteuert werden. Dashat sich bisher durchaus umweltpolitisch ausgezahlt. Vonsteuerlichen Anreizen gingen erhebliche Innovationen z.B.in der Motorentechnik aus, die zu einer deutlichen Minde-rung der Fahrzeugemissionen beigetragen haben.Ich plädiere sehr dafür, nicht nur umweltpolitische Pers -pektiven einzunehmen, sondern auch ökonomische undsoziale Folgen zu berücksichtigen. Eine Realisierung deraktuell vorliegenden Vorschläge dürfte erhebliche wirt-schaftliche Auswirkungen auf verschiedene Industriezwei-ge wie z.B. die Energiewirtschaft oder die Automobilin-dustrie haben und könnte deren Position im globalen Wett-bewerb empfindlich schwächen. Grundlegende Änderun-gen wären vor diesem Hintergrund nur zu rechtfertigen,wenn ihnen nachgewiesenermaßen ein erheblicher um-weltpolitischer Nutzen gegenüberstünde.

3. Eine Reihe von Fragen bleibt ungeklärt. Diese müssenaber grundsätzlich – auch im Hinblick auf die spezifi-sche Situation in Deutschland diskutiert werden:So führt die geplante Ausrichtung der Besteuerung amEnergiegehalt dazu, dass sowohl der EU-Mindeststeu-ersatz als auch der nationale Energiesteuersatz für Die-selkraftstoff um ca. 15% über dem Steuersatz von Ben-zin liegen muss. Trotz einer deutlichen Überschreitung dervon der EU geplanten Mindeststeuersätze durch die der-zeit geltenden Steuersätze in Deutschland wäre daher ei-ne Anpassung der nationalen Dieselkraftstoffbesteuerungzwingend erforderlich. Da eine Absenkung des Steuer-satzes für Benzin haushaltspolitisch nicht darstellbar seindürfte, bedeutet dies, dass der Steuersatz für Dieselkraft-stoff um 60% von jetzt 0,47 Euro/Liter auf 0,75 Euro/Li-ter angehoben werden müsste. Gleichzeitig soll die bis-lang bestehende, aber in Deutschland nicht genutzteMöglichkeit einer Differenzierung der steuerlichen Behand-lung von gewerblich und privat genutztem Dieselkraftstoffnach den Vorstellungen der EU-Kommission entfallen.Sowohl Unternehmen als auch Verbraucher, die Diesel-Pkw nutzen, würden so massiv belastet.Die Neuregelungen hätten auch für die Automobilindus-trie weitreichende Folgen. In Deutschland hat sich der An-teil der Diesel-Pkw an den Neuzulassungen in den ver-gangenen Jahren mehr als verdoppelt und beläuft sichaktuell auf rund 40%. Kostenvorteile, die sich aus derhöheren Energieeffizienz von Dieselfahrzeugen und dengeringeren Steuersätzen ergeben, spielen dabei zweifel-los eine wesentliche Rolle. Fallen diese Vorteile weg, dürf-te Nachfrage nach Diesel-Pkw und -nutzfahrzeugen dras-

tisch zurückgehen. Investitionen der Automobilindustriein die technische Optimierung von Dieselfahrzeugen, dieim Vertrauen auf Fortbestand der geltenden Steuersys-tematik getätigt wurden, würden entwertet und die Wett-bewerbsposition europäischer Automobilhersteller aufden globalen Märkten würde geschwächt. Auch durcheine Absenkung der höheren Kfz-Besteuerung für Diesel-fahrzeuge wäre dieser Effekt nicht zu kompensieren.Es ist im Einzelnen auch noch nicht klar nachgewiesen,dass die stärkere Besteuerung von Diesel tatsächlich zurUmsetzung der umweltpolitischen Ziele der EU-Kommis-sion beiträgt. Bei durchschnittlichem Fahrzeugeinsatz undvergleichbaren Fahrzeugen weist der Dieselmotor im Hin-blick auf Energieeffizienz und CO2-Ausstoß durchaus er-hebliche Vorteile gegenüber dem Ottomotor auf. Da die geplanten Mindeststeuersätze schon jetzt deut-lich überschritten werden, hätte die CO2-Komponente inDeutschland zudem nur deklaratorischen Charakter unddamit auch nur eine geringe umweltpolitische Wirkung,der jedoch ein erheblicher bürokratischer Mehraufwandgegenüber stünde. Zu prüfen wäre auch die Zielstellungder EU-Kommission, allein die CO2-Emissionen zu redu-zieren. Ein konsistentes Konzept müsste auch andereUmweltbelastungen wie z.B. aus Feinstaub oder Stick-oxiden berücksichtigen.

Insgesamt kann das isolierte Konzept einer Energiesteuer-richtlinie also kaum überzeugen. Der grundsätzliche Weg,steuerpolitische Instrumente EU-weit für Umwelt- und Kli-mapolitik einzusetzen, sollte aber weiterverfolgt werden. AufGrundlage der Kraftstoffstrategie erwarte ich hier durchauszielführende Vorschläge, die Umweltschutz, Wirtschaft undsoziale Leistungsfähigkeit gleichermaßen berücksichtigenund die sich nicht nur auf einen steuerpolitischen Ansatz be-schränken.

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Zur Diskussion gestellt

Die Pläne der EU-Kommission zur Be-steuerung von Treibstoffen gehen in dierichtige Richtung, aber nicht weit genug

Steuer- und Abgabensysteme für Kraftfahrzeuge sind in denEU-Staaten »gewachsene«, komplexe Gebilde, die sichdurch ein hohes Maß an willkürlichen Festlegungen, Aus-nahmen und Regelungen auszeichnen, die aus Fiskalinte-ressen und dem Interesse an der Finanzierung des Straßen-netzes entstanden sind und auf die, im Laufe der Zeit, im-mer mehr Lenkungsfunktionen für Resourcenverbrauch,Emissionen und Innovationen aufgepfropft wurden. Jüngs-tes Beispiel ist die von der deutschen Bundeskanzlerin mitdem Bericht zur Nationalen Plattform für Elektromobilität am16. Mai 2011 angekündigte Kfz-Steuerbefreiung für Elektro-autos. Komplizierter und willkürlicher werden die Regulie-rungen zusätzlich auch aufgrund der unterschiedlichen Nut-zung von Fahrzeugen für Firmenzwecke und Privatzwecke(Dienstwagenregelungen). Seit einigen Jahren ist die EUbestrebt, etwas mehr Systematik und Vereinheitlichung indie Systeme zu bringen. Hauptstoßrichtung war die Umstel-lung der Besteuerungsgrundlage auf den CO2-Ausstoß. AnTransparenz haben die Steuerregelungen in der EU dadurchkaum gewonnen. Die Lenkungsfunktion bei der Reduzie-rung des CO2-Ausstoßes, wie etwa bei der langdiskutiertendeutschen Kfz-Steuer, bleibt »überschaubar«. Wieso etwadie Besteuerung stehender Fahrzeuge die CO2-Emissio-nen verringern soll, bleibt unklar. Für den Vielfahrer konver-giert die deutsche Kfz-Steuer pro Kilometer gegen null, fürden Wenigfahrer bleibt sie hoch. Also werden Anreize so ge-setzt, dass der Wenigfahrer eher das mit mehr Ressour-cenaufwand erstellte CO2-sparende Fahrzeug nutzt und derDienstwagen des Vielfahrers eher größer ausfällt.

In einem neuerlichen Ansatz hat die EU-Kommission ver-sucht, mit der Änderung der »Richtlinie 2003/96/EG zurRestrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschrif-ten zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektri-schem Strom« eine stärkere gemeinschaftliche Ausrich-tung und Systematik zu finden. Der Vorschlag der EU-Kom-mission vom 13. April 2011 war noch nicht auf dem Tisch,gab es bereits in Deutschland einen Aufschrei von CDU-,FDP- und SPD-Politikern, den Gewerkschaften, den Au-tofahrerverbänden und der Automobilindustrie. »Wir wen-den uns ausdrücklich gegen Maßnahmen, die zu einer Ver-teuerung von Dieselkraftstoff in Deutschland führen wür-den«, kommentierte noch vor der offiziellen Verkündigungder EU-Vorschläge der stellvertretende Regierungsspre-cher Steegmans die Pläne. Durch eine amateurhafte Kom-munikation der Brüsseler Eurokraten war der Vorschlagzeitgleich mit seiner Vorstellung gescheitert. So kurze Ver-fallsdaten haben Vorschläge selten. War der AufschreiDeutschlands gerechtfertigt?

Bei der Beurteilung des Vorschlags kann es interessant sein,den Gesamtsteuerzusammenhang anzuschauen. Tabelle 1gibt einen ersten Eindruck von der Pkw-Besteuerung inEuropa. Wie bei anderen Produkten fällt beim Kauf von Pkwdie Mehrwertsteuer an, die zwischen 15% in Luxemburg und25% in Dänemark beträgt. In einigen Ländern addiert sichzu der Mehrwertsteuer eine Art Luxussteuer, die anfällt, wenndas Fahrzeug zugelassen wird. In Deutschland gibt es die-se Steuer nicht, in Dänemark kann diese Steuer bis zu 180%des Fahrzeugpreises betragen. Das erscheint zwar auf denersten Blick ungewöhnlich, aber zum Zwecke der staatli-chen Einnahmeerzielung ist ja manches denkbar. In Däne-mark gibt es übrigens pro 1 000 Einwohner 385 Pkw, in Finn-land 515 Pkw und in Luxemburg gar 670 Pkw.

Aus Allokationserwägungen eher von Bedeutung sind dieSteuern auf den Fahrzeugbesitz. Das Interesse ist überwie-gend fiskalisch, denn es wird das »stehende« Fahrzeug be-steuert. Hier beginnt es, willkürlich zu werden. In Deutsch-land etwa wird der stehende Diesel-Pkw höher besteuert alsder stehende Benziner. Die Regelung ist historisch »gewach-sen« und eine beliebige Festlegung, die irgendwie die ge-ringere Steuer auf Dieselkraftstoff gegenüber Ottokraftstoffausgleichen soll. Da der Diesel-Pkw höher besteuert wird,hat er für seinen Besitzer nur Sinn, wenn er viele Kilometerpro Jahr fährt. Wir haben also eine kleine Strafsteuer fürden Diesel-Pkw, die umso geringer wird, je stärker der Nut-zer Vielfahrer ist. Quasi eine Art Mengenrabatt für Vielfahrer.Für die Diesel-Zusatzsteuer gibt es keine Regel, sie wurdedurch politische Entscheidung festgelegt.

Um die Strafsteuer bei dem Diesel-Pkw zu »heilen«, wurdebei der nächsten Steuerart – der Besteuerung des Kraft-stoffs, also im Prinzip der Besteuerung der Fahrzeugbewe-gung – der Diesel-Pkw erneut willkürlich preisgünstiger an-

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Ferdinand Dudenhöffer*

* Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist Direktor des CAR-Center AutomotiveResearch an der Universität Duisburg-Essen und Inhaber des Lehrstuhlsfür Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an derUniversität Duisburg-Essen.

Zur Diskussion gestellt

gesetzt. Die Idee wurde in den Anfangsjahren der Bundes-republik aus der Überlegung abgeleitet, dass der Gütertrans-port nicht benachteiligt werden sollte, denn Nutzfahrzeugewerden fast ausnahmslos als Diesel betrieben. Mittlerweilesind in Deutschland über 40% der Neuwagen Dieselfahr-zeuge, und es gibt die Lkw-Maut. Es gilt also die Regel: Jehöher die gefahrene Kilometerzahl pro Jahr, umso geringerwird die Steuer auf den gefahrenen Diesel-Kilometer gegen-über dem Otto-Kilometer.

Diesel willkürlich bevorzugt

Tabelle 2 zeigt die große Vielfalt an Steuern auf Kraftstoffein der EU. Auch hier ist sind die unterschiedliche Steuernbzw. Preise in den einzelnen Ländern nicht á priori falsch.Probleme entstehen erst, wenn Phänomene, wie der weitverbreitete Tanktourismus auftauchen, etwa zwischen Lu-xemburg und Deutschland beim Benzinkraftstoff. Da Die-

sel- und Ottokraftstoff unterschiedlich be-steuert werden, ergeben sich klare Alloka -tionseffekte. So wundert es wenig, dass inBelgien knapp 76% der Neuwagen Diesel-fahrzeuge sind und in England knapp 45%.Dabei sind Abweichungen, wie etwa bei denNiederlanden, kein Hinweis auf fehlende Kor-relation zwischen dem Anteil der Dieselfahr-zeuge und der Steuerdifferenz zwischen Die-sel und Benzin, sondern machen eher dar -auf aufmerksam, dass es weitere, willkürli-che und komplexe Regelungen gibt. So wirdin den Niederlanden aufgrund hoher Steuer-vorteile auf Autogas ein Großteil der Fahr-

zeuge mit Ottomotoren verkauft, die eben Autogas tanken.Ähnliches gilt in Italien für Erdgas. Tabelle 2 zeigt, dass derDieselantrieb – zumindest bei Vielfahrern – in den EU-15-Ländern mit Ausnahme Englands bevorzugt wird. Den Grunddafür weiß eigentlich niemand. Es ist so.

Tabelle 2 und unsere Kraftstoffsteuern zeigen, warum inEuropa der Diesel im Pkw-Bereich deutlich beliebter ist alsetwa in USA, Japan, Südamerika oder China. Die europäi-sche Automobilindustrie wurde durch die Besteuerung in»den Diesel getrieben«. Entwicklungen wie Hybridfahrzeu-ge wurden von den deutschen Autobauern später aufge-nommen, weil man trotz aufwendiger Abgasreinigung beimDiesel, im Heimatmarkt Europa durch steuerliche Dieselvor-teile eine stabile Nachfrage nach Diesel-Pkw hatte. Die steu-erliche Bevorzugung des Diesels hat also nicht nur zu einerVerzerrung beim Steuerzahler (Vielfahrersteuerbonus) ge-führt, sondern auch zu viele Investitionen in die Dieselmo-torentwicklung gelenkt. Die internationale Wettbewerbsfä-

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Tab. 1 Steuern und Abgaben auf Pkw in der EU

Fahrzeugsteuern in der EU Beispiele

Fahrzeugkauf: MwSt. Luxemburg: 15%; Dänemark: 25% Zulassungssteuern (Registration Tax)

BRD: 0%; Dänemark: bis 180%

Fahrzeugbesitzsteuern Frankreich: null; BRD: CO2, Kraftstoff, Hubraum

Kraftstoffsteuern: Benzin/Diesel Mit Ausnahme Englands ist Benzin überall höher besteuert

Straßenbenutzung: Maut Autobahnen in einzelnen Ländern, sonst in Vorbereitung

Quelle: Zusammenstellung des Autors.

Tab. 2 Steuern auf Diesel und Benzin in EU-15

Steuer pro Liter Benzin

in Euro Steuer pro Liter Diesel in Euro

Diff. Diesel zu Benzin in %

Dieselmarktanteil Neuwagen 2010

Belgien 0,614 0,335 83,3 75,9 Finnland 0,627 0,364 72,3 41,5

Niederlande 0,714 0,421 69,6 20,0

Portugal 0,583 0,364 60,2 67,1

Griechenland 0,610 0,382 59,7 4,0

Luxemburg 0,462 0,302 53,0 75,2

Dänemark 0,571 0,386 47,9 45,6

Frankreich 0,607 0,428 41,8 70,8

Deutschland 0,655 0,470 39,4 41,9

Italien 0,564 0,423 33,3 45,8

Spanien 0,425 0,331 28,4 70,6

Schweden 0,542 0,425 27,5 50,9

Österreich 0,442 0,347 27,4 50,7

Irland 0,543 0,449 20,9 62,2

England 0,617 0,617 0,0 44,9

Quelle: Zusammenstellung des Autors.

Zur Diskussion gestellt

higkeit der europäischen Automobilindustrie wurde damit,wie das Beispiel Hybrid zeigt, eher verschlechtert.

Ein zweites Problem zeigt sich bei der Besteuerung der Kraft-stoffe in der Bemessungsgrundlage. Die Bemessungsgrund-lage ist eine Volumeneinheit. Da elektrischer Strom schlechtin Volumeneinheiten gemessen werden kann, entstehen zumBeispiel beim Übergang in die elektrischen Antriebe neueFragen. Also ist man geneigt, für Elektroautos isolierte Be-steuerungsvorschläge zu erlassen. Was bei der CO2-Emis-sion noch durch den Stromverbrauch pro Kilometer und denStrommix einigermaßen berechenbar ist, wird beim LiterStrom schon diffizil. Auch beim Übergang in die Elektromo-bilität brauchen wir vergleichbare Maßstäbe, um die frühe-ren europäischen »Diesel-Effekte« zu vermeiden.

EU-Vorschlag bringt Systematik mit richtigen Allokationseffekten

Mit Elektromobilität, Gasantrieben, Hybriden, Biokraftstof-fen wird die Steuerwillkür in der EU größer. Statt systemati-sche, nachvollziehbare Regelungen zu schaffen, die deut-lich in ihren Allokationseffekten beurteilt werden können, wer-den immer neue Brücken, Ausnahmen und Sonderrege-lungen entwickelt. Das System wird willkürlicher und immerschlechter verstehbar. Die EU-Kommission setzt genau andieser Stelle an und definiert deutlich zwei Prinzipien. Ei-nerseits das Prinzip der CO2-Emissionsbesteuerung, zumzweiten das Prinzip der Energieeffizienz. Die emittierte CO2-Einheit sollte bei unterschiedlichen Energieträgern den glei-chen Preis besitzen. Wie weit wir davon entfernt sind, ha-ben wir vor einiger Zeit gezeigt.1

Zum Zweiten gilt: Wer effizient mit Energie umgehen will,muss den Energieinhalt in unterschiedlichen Energieträgergleich besteuern. Effizienter Energieumgang setzt an der ge-nutzten Energie an und nicht am Energieträger. Damit ver-meidet der Vorschlag der EU-Kommission die Entwicklungzu Fehlallokationen und schlägt stimmige Lenkungswirkun-gen über die verschiedenen Energieträger vor. Das gleicheWertgrenzprodukt einer Energieeinheit bei unterschiedlichenEnergieträgern ist das Ziel. Der Aufschrei der Deutschen istdamit wenig verständlich. Verständlich ist, dass man seineDieselstärken »schützen« will. Verständlich ist, dass man dieDieselfahrzeuge im Fahrzeugbestand nicht durch neue Re-gelungen entwerten will. Verständlich ist also eine Über-gangsperiode – und genau die wurde von der EU-Kommis-sion sehr langfristig, zum Teil bis zum Jahr 2023 ins Spielgebracht. Die Anpassung an die neue Systematik könntedamit ökonomisch verträglich erfolgen. Getätigte Investitio-nen hätten eine Art zeitlichen Bestandsschutz.

Gesamtsystem ist gefragt

Die Pläne der EU-Kommission zeigen in die richtige Richtung,bleiben allerdings eine Partiallösung und damit ein Fragment.Neben dem CO2-Ausstoß und dem Energieinhalt bleibt die Fra-ge, welche Kosten oder Preise bei der Straßennutzung anfal-len. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, Straßennutzungan unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten un-terschiedlich zu bepreisen. Datentransfer zu Flatrates und Na-vigation erlauben das moderne Mautsystem. Nach der LKW-Maut bewegen wir uns nicht nur in Deutschland langsam aufdas Thema Roadpricing. Die Gefahr, in eine Art Mittelalter zu-rückzufallen, mit unterschiedlichen Mautstationen und Aufkle-bern an Landesgrenzen, ist nicht von der Hand zu weisen. Be-trachtet man etwa die Debatte in Bayern, geht es mehr dar -um, »Ausländer« – sprich Österreicher – zu berappen, als eindurchgängiges Gesamtsystem aufzubauen. Das Gesamtsys-tem kann nur von der EU kommen und dann auf Staatenebe-ne in Preisen und Steuern modifiziert werden. Der Lenkungs-gedanke bei der Straßennutzung fehlt im EU-Vorschlag.

Partiallösungen erschweren ein Gesamtsystem und geheneher in Reparaturlösungen. Diese Reparaturlösungen habenin der Regel dann permanenten Charakter. Das Bild von derDauerbaustelle Kfz-Steuer- und Lenkungssystem drängt sichauf. Und genau an diesem Bild scheint die EU-Kommissiongrandios zu scheitern. Weder die Industrie noch die Verbrau-cher oder die Verkehrspolitiker in den EU-Staaten mögenunkalkulierbare Dauerbaustellen. Das ist der Kern des Kom-munikationsproblems von Brüssel. Man assoziiert mit Brüs-sel die Bananenverordnung, aber nicht das große Ganze.

Was aus Brüssel daher wirklich fehlt, ist ein durchdachtes Ge-samtsystem – und nicht nur eine Steuerlösung für Energie.CO2-Steuer, Energiesteuern- und Nutzungsgebühren müs-sen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Wa-rum etwa im Brüsseler Vorschlag Energie im Haushalt und beiHeizungen unterschiedlich Energie im Verkehr besteuert wer-den soll, erschließt sich schwer. Es bleibt also auch bei demBrüsseler Vorschlag jede Menge Willkür und Beliebigkeit. Ei-ne stärkere Nutzungskomponente (Maut) könnte ermöglichen,dass die Straßennutzung hoch besteuert wird und die Ener-gie im Verkehr genauso hoch besteuert wird wie im Heizungs-betrieb. Auch daran scheitert der Brüsseler Vorschlag.

Die Aufgabe der EU-Kommission sollte es sein, Vorschlägefür ein Gesamtverkehrssystem vorzustellen, das von denMitgliedstaaten dann gemäß ihren Fiskalbedürfnissen ange-passt werden kann. Die Preisstruktur aus CO2, Energie undNutzung ist ein zentraler Punkt. Vielleicht hat dies den Auf-schrei der Deutschen verursacht. Es gibt immer wieder Vor-schläge aus der EU – es fehlen aber der Blick und das Kon-zept für das Ganze. Es bleibt die Angst vor einer NeverEnd ing Regulation Story.

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1 Vgl. Dudenhöffer, F. und M. Krüger (2008), »Kohlendioxid: zu viele unter-schiedliche Preise für den Autofahrer«, ifo Schnelldienst 61(10), 17–18.

Zur Diskussion gestellt

Pläne der EU-Kommission zur Besteue-rung von Treibstoffen: Richtige Weichen stellungen für die Klima- und Steuerpolitik?

Motivation der EU-Kommission

Die EU-Kommission sieht sich in einer besonderen Verant-wortung bei der Energie- und Klimapolitik, so dass dieseThemen im Mittelpunkt des neuen Weißbuchs für die ge-meinsame Verkehrspolitik bis 2020 stehen. Bis 2050 sollen60% an CO2 im Verkehr eingespart werden, obwohl manweiter mit einem kräftigen Wachstum der Verkehrsleistun-gen in der EU rechnet. Ein Element der Strategie zur Errei-chung solch ambitionierter Ziele ist die Vereinbarung einergemeinsamen Preispolitik. So sollen Gebühren eine wesent-lich stärkere Rolle bei der Verkehrsfinanzierung übernehmenund dazu beitragen, die externen Kosten des Verkehrs zuinternalisieren. Die Besteuerung des Treibstoffverbrauchssoll gemeinsam mit dem Zertifikatehandel verstärkte Anrei-ze zur Verbrauchsreduzierung vermitteln. Im Sinne dieserGesamtstrategie strebt die Kommission an, die Bemes-sungsgrundlagen für die Treibstoffbesteuerung am CO2-Aus-stoß und am Energiegehalt zu orientieren und die historischbedingte Heterogenität bei der Besteuerung verschiedenerTreibstoffarten zu beseitigen.

Bestehende Situation

Die bestehende EU-Richtlinie 2003/96/EGbezieht die Mindeststeuersätze auf das

Volumen der Treibstoffe gemäß Tabelle 1, wobei in der rech-ten Spalte die Steuern auf den Energieverbrauch (Giga-Joule,GJ) bezogen sind, um den Ansatzpunkt der Steuerreformhervorzuheben.

Aus der Tabelle 1 kann man die Information entnehmen, dassdie steuerliche Bevorzugung von Diesel (und auch von fos-sil erzeugtem Gas) gegenüber dem Benzin keine energie-oder umweltbezogene Begründung hat. In den meisten Län-dern sind diese Differenzen entstanden, weil das Straßen-gütertransportgewerbe, weitere spezielle Gewerbe und vorallem die Landwirtschaft1 unterstützt werden sollten.

In den Mitgliedsländern sind die Spreizungen der Mindest-besteuerung zwischen Benzin und Diesel teilweise noch kräf-tig erhöht worden, so in Deutschland mit 64 Cent/Liter Ben-zin gegenüber 47 Cent/Liter Diesel. Da der Dieseltreibstofffür Lkw und Pkw an den Tankstellen zu den gleichen Bedin-gungen zu beziehen ist, wirkt sich die dem Gewerbe zuge-dachte Spreizung zugunsten des Dieseltreibstoffs auch aufden konsumtiven Sektor aus, so dass Diesel-Pkw aus steu-erlichen Gründen für die Käufer besonders attraktiv werden.Im ersten Quartal 2011 wurden in Deutschland 45,6% Die-sel-Pkw zugelassen; nimmt man nur die Pkw von deutschenHerstellern, so beträgt der Anteil sogar 51,1%. Dies entsprichteiner Verdreifachung des Dieselanteils neu zugelassener Pkwin Deutschland innerhalb von zehn Jahren.

Wurde in der Vergangenheit die steuerliche Bevorzugungdes Dieselantriebs neben der Unterstützung des Gewer-bes und der Landwirtschaft auch mit Energieeinsparungund Klimaschonung begründet, so hat die neuere Ent-wicklung in der Pkw-Antriebstechnik diese Argumentati-on ad absurdum geführt. Dieselantriebe finden sich im-mer mehr in Fahrzeugen der Premium-Klasse, mit ho-hem Gewicht, hoher Motorleistung und relativ hohemKraftstoffverbrauch. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieHerstellerangaben zu den genormten Kraftstoffverbräu-chen kräftig nach oben von den tatsächlichen Verbräu-chen abweichen – teilweise um mehr als 25%. Daher istes angezeigt, die steuerliche Bevorzugung von Dieselan-trieben (und auch Gasantrieben) aus Energie- oder Um-weltgründen zu hinterfragen.

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Werner Rothengatter*

* Prof. Dr. Werner Rothengatter lehrt am Karlsruher Ins ti-tut für Technologie (KIT), Institut für Wirtschaftspolitik undWirtschaftsforschung an der Universität Karlsruhe.

1 Für Letztere gelten nochmals reduzierte Mindeststeu-ersätze für Diesel in Höhe von 210 Euro/1 000 l.

Tab. 1 Mindeststeuersätze gemäß EU-Richtlinie 2003/96/EG

Zurzeit geltende Mindeststeuersätze

Äquivalent in Euro/GJ

Benzin (Euro/1 000 l) 359 11,4 Diesel (Euro/1 000 l) 330 9,3 Kerosina) (Euro/1 000 l) 330 9,4 LPG Autogas (Euro/1 000 kg) 125 5,0 Natural Gas (Euro/GJ) 2,6 a) Der internationale Flugverkehr ist von der Kerosinsteuer befreit.

Quelle: Richtlinie 2003/96/EG.

Zur Diskussion gestellt

Kommissionsvorschlag zur Energiebesteuerung

Der Entwurf der Kommission zur Revision der Energiebe-steuerung vom April 2011 bezieht sich auf die drei großenBereiche der Elektro-, Heiz- und Antriebsenergie, wobei hiernur Letztere behandelt wird und auch die Ausnahmeberei-che (etwa Treibstoffverbrauch außerhalb öffentlicher Stra-ßen) unkommentiert bleiben sollen. Die alleinige Bemes-sungsgrundlage soll einheitlich auf der CO2-Emission unddem Energiegehalt basieren. Die Eckdaten der neuen Treib-stoffbesteuerung sind:

• einheitliche Karbonbesteuerung, zunächst in Höhe von20 Euro/t CO2 (Startwert 2013);

• Einheitliche Besteuerung des Energiegehalts in Höhe von9,6 Euro/GJ (ab 2018).

Daraus folgen die Steuerhöhen mit ihren vorgesehenen An-passungsschritten, die in Tabelle 2 ausgewiesen sind.

Die Mitgliedsländer können weiterhin oberhalb dieser Min-destsätze besteuern, sollen nach dem Richtlinienentwurfaber dabei die prozentualen Abstände der Mindestbesteue-rung beibehalten. Die EU-Kommission sieht einen längerenZeitraum für die Realisierung ihrer Steuerpläne vor. Ab 2018sollen die neuen Steuersätze gelten, aber die Mitgliedslän-der sollen noch bis zum Jahre 2023 Zeit für die Umsetzungbekommen.

In Deutschland würde sich die Steuer je Liter Dieseltreib-stoff nach der Umstellung in einer Größenordnung von74 Cent je Liter bewegen, falls es bei 64 Cent je Liter Ben-zin bleiben sollte. Dies würde eine Erhöhung der Dieselbe-steuerung um 27 Cent oder 57% bedeuten. Auf der ande-ren Seite ist zu berücksichtigen, dass die Kfz-Steuer für Die-sel- und Benzin getriebene Pkw unterschiedlich hoch ist.Ein Teil der Kfz-Steuer ist hubraumbezogen und wird beiBenzin-Pkw mit 2,00 Euro je 100 ccm Hubraum berech-net, während der hubraumbezogene Betrag für Diesel-Pkwbei 9,50 Euro je 100 ccm liegt. Der zweite Teil der Kfz-Steu-er richtet sich – für beide Antriebsarten gleich – nach denCO2-Emissionen der Fahrzeuge. Dies bedeutet, dass einekonsequente Harmonisierung der steuerlichen Bemes-sungsgrundlagen mit einschließen müsste, dass in Deutsch-

land die Kfz-Steuer für Diesel-Pkw gesenkt wird. Bei ei-nem Fahrzeug mit 2 000 ccm Hubraum würde sich einejährliche Kfz-Steuereinsparung von 150 Euro errechnen. Beigleichbleibenden Fahrleistungen und Fahrzeugmix würdesich dennoch die durchschnittliche Steuerbelastung für Die-sel-Pkw erhöhen. Denn rechnet man eine durchschnittlichejährliche Fahrleistung von 15 000 km bei einem Verbrauchvon 6 l/100 km, so wären zusätzlich rund 245 Euro pro Jahrund Pkw an zusätzlichen Dieselsteuern zu zahlen, so dassdie Mehrbelastung pro Jahr netto ca. 95 Euro beträgt.

Der Kostenvorteil des geringeren Kraftstoffverbrauchs beiDieselmotoren würde sich nach der steuerlichen Korrek-tur auf Basis des Energiegehalts auf eine Größenordnungvon 10 bis 15% reduzieren. Bleibt die Preisspanne zwi-schen Diesel- und Benzinmotoren erhalten, so wird dieBeschaffung von Dieselfahrzeugen nur noch bei hoher Ki-lometerleistung wirtschaftlich. Ein VW Golf TDI Blue Mo-tion kostet derzeit 2 500 Euro mehr als ein VW Golf TSIBlue Motion, bei gleicher Motorleistung und Ausstattungund einem um 1,4 l/100 km geringeren Normverbrauchfür die Diesel-Variante. Dann würde es bei einer Jahres-kilometerleistung von 15 000 km nicht mehr möglich sein,die Mehrkosten der Dieselvariante durch die Verbrauchs-einsparung wieder herein zu gefahren. An dieser Stellemuss der Impact-Analyse der Kommission (2011) deut-lich widersprochen werden, die nur marginale Auswir-kungen auf den europäischen Pkw-Markt voraussagt undvon einem weiter steigenden Absatz an Diesel-Pkw im An-schluss an die Steuerreform ausgeht. Dies gilt nur für Län-der mit relativ geringer Steuerdifferenz zwischen Dieselund Benzin, wie etwa Großbritannien.

Auch der Straßengüterverkehr wird wahrscheinlich stärkerbetroffen, als die sehr makroskopisch angelegte Impact-Analyse der Kommission abschätzt. Eine Dieselsteuer -erhöhung um 27 Cent/Liter bewirkt bei Transportkostenje Lkwkm in einer Größenordnung von 1,40 Euro (ein-schließlich Straßenbenutzungsgebühren) eine Erhöhungum 9 Cent je Lkwkm (plus 6,5%) (abgeschätzt nach ei-nem Szenario von IWW/ und NESTEAR 2009). Der Effektwäre demnach weit höher als derjenige aus der geplantenInternalisierung externer Kosten, der sich nach dem Kon-zept der Kommission in einer Größenordnung von maxi-

mal 5 Cent je Lkwkm (plus 3,5%) bewegendürfte. Da in diesem Internalisierungskon-zept die Klimakosten ausgeklammert sind(enthalten sind nur externe Kosten desLärms, der Abgase und des Staus, bewer-tet nach Durchschnittssätzen des sog.Handbook 2008), würde die neue Energie-und Karbonbesteuerung bereits bei einemniedrigen Karbonsteuersatz von 20 Euro jet CO2 einen starken zusätzlichen Internali-sierungsbeitrag leisten.

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Tab. 2 Geplante Mindeststeuersätze für Antriebstriebstoffe

Objekt 01.01. 2013

01.01. 2015

01.01. 2018

Benzin (Euro/1 000 l) 359 359 359 Diesel (Euro/1 000 l) 330 382 412 Kerosin (Euro/1 000 l) 330 370 386 LPG Autogas (Euro 1 000 kg) 125 311 501 Natural Gas (EuroGJ) 2,6 6,6 10,8

Quelle: Revisionsentwurf für Richtlinie 2003/96/EG.

Zur Diskussion gestellt

Reaktionen von Wirtschaft und Politik

Es ist bekannt, dass die deutsche Politik auf Drängen derAutomobilindustrie einen enormen Druck auf die Kommis-sion ausgeübt hat, ihre Steuerpläne in der Schublade zu las-sen. Als die Kommission hart blieb und die Katze aus demSack ließ, wurde das bekannte Argument der Regelungs-wut Brüsseler Bürokraten bemüht, um die deutsche Auto-fahrernation gegen Kommissionsplan zu mobilisieren. Dennaus den obigen Zahlenvergleichen ist sofort erkennbar, dasses für den Durchschnittskäufer nur noch schwache ratio-nale Argumente für die Beschaffung eines Diesel-Pkw gibt,wenn die Pläne der Kommission konsequent in nationalePolitik umgesetzt würden. Für die deutsche Automobilindus-trie geht es dabei primär um den lukrativen Markt für Mehr-ausstattungen bei Pkw, sekundär um die Behauptung einestechnologischen Vorsprungs gegenüber der ausländischenKonkurrenz, die weniger intensiv auf die Dieselantriebsent-wicklung gesetzt hat – nicht zuletzt, weil ihre Heimat- oderHauptabsatzländer dem Dieselantrieb keine steuerlichenVorzüge gewähren. Technologische Konkurrenzfähigkeit lässtsich auch auf dem Gebiet der Hybridantriebe demonstrie-ren und in Mehrerlöse umsetzen. Insofern kann man dieReaktion des Verbands der Automobilindustrie auf das neueWeißbuch und die Steuerpläne der Kommission, höhereSteuersätze beim Dieselkraftstoff und eine Verschärfung derFirmenwagensteuer behinderten Innovationen und gefähr-deten die Beschäftigung, in die Rubrik der Lobby-Worthül-sen einordnen.

Dennoch werden die Lobby-Argumente Wirkung auf die Po-litik machen, denn traditionell gehört die Verkehrsbesteue-rung zu den besonders sensiblen politischen Themen, beidenen man die Stimmungslage der vermuteten Wählermehr-heit nicht verfehlen möchte. Daher wird die deutsche Poli-tik, nachdem sie die Veröffentlichung der Brüsseler Plänenicht verhindern konnte, wahrscheinlich in die Abwehrhal-tung gehen und den weiteren Fortgang im EU-Finanzminis-terrat blockieren. Denn nach wie vor gilt in Steuerfragendas Prinzip der Einstimmigkeit, und da es gleichfalls kriti-sche Stimmen aus den Niederlanden, Großbritannien, Frank-reich und Irland gibt, hofft die deutsche Politik, nicht alleinauf der Barrikade zu stehen.

Zielführender Beitrag zur Klima- und Steuerpolitik?

Wenngleich man die politischen Chancen des Kommissi-onsvorstoßes nicht übertrieben optimistisch sehen darf, sobleibt die Frage, ob er im Sinne der langfristigen Klima- undSteuerpolitik zielführend ist. Die Europäische Union hat sichin der Klimapolitik ehrgeizige Ziele gesetzt. Auch auf der Sei-te der Umsetzung hat man mit dem Emissionshandelssys-tem (ETS) ab 2005 ein Instrument geschaffen, das aus öko-

nomischer Sicht gut geeignet ist, Anreize für die Reduzie-rung von CO2-Emissionen zu setzen. Allerdings hat das ETSeine Reihe von Unzulänglichkeiten, die ungleiche Belastun-gen und Ausweichmöglichkeiten bewirken (»carbon leaka-ges«). Weiterhin gilt die Verpflichtung zum Erwerb von Emis-sionsrechten nur für einen Teil der Wirtschaft (große Ener-gieerzeuger, Teile der produzierenden Wirtschaft). Haushal-te, Kleingewerbe und die Landwirtschaft sind nicht betrof-fen, wie auch der überwiegende Teil des Verkehrssektors.Nur der Luftverkehr wird vom nächsten Jahr an einbezogen,wobei allerdings nur 15% der Emissionsrechte vom Jahr2013 an ersteigert werden müssen. Weiter sorgten die groß-zügige Verteilung der Emissionsrechte an die einbezoge-nen Wirtschaftssektoren, die späte Einführung der generel-len Versteigerung von Emissions-Zertifikaten ab dem Jahre2013 und die Gewährung von Aufrechnungen für Beteili-gung an klimarelevanten Investitionen außerhalb der EUdafür, dass niedrige CO2-Preise an der Börse entstanden(aktuell: 18 Euro je Tonne CO2) und die Auswirkung auf dieEmissionsbilanz innerhalb der EU begrenzt blieb. Vor die-sem Hintergrund ist klar, dass das ETS auf absehbare Zeitdurch eine Energie- und Karbonsteuer ergänzt werden muss,wenn preisliche Anreize mit Breitenwirkung zur Erreichungder Reduktionsziele beitragen sollen.

Der Kommissionsvorschlag schafft Transparenz der Steu-ergestaltung in Form der einheitlichen Bemessungsgrund-lage und harmonisiert den bunten Flickenteppich unter-schiedlicher nationaler Besteuerungen, die nach der beste-henden Richtlinie 2003/96/EG möglich sind, weil diese aucheine volumenbezogene Besteuerung zulässt. Mehr Trans-parenz, mehr Harmonisierung und richtig gesetzte Anreizefür Energieeinsparung und CO2-Reduktion sprechen für diegeplante Reform. Sie kann Fehlanreize aus einer falsch ge-setzten Besteuerung in der Vergangenheit beseitigen undden Wettbewerb in der Automobilindustrie auf eine steuer-neutrale Plattform stellen.

Allerdings entsteht das steuerpolitische Problem, dass Wirt-schaftszweige, die dem Emissionshandel unterliegen, dop-pelt belastet werden könnten. Hier sieht der Entwurf zurRichtlinienrevision vor, solche Wirtschaftszweige von der Kar-bonbesteuerung zu befreien. Die CO2-Preise werden beimETS vom Markt bestimmt, während die Karbonsteuer festvorgegeben ist. Somit sind weiterhin Verzerrungen program-miert, es sei denn, dass die Karbonsteuern periodisch nach-gestellt und an den CO2-Börsenpreis angepasst werden.Dies ist im Kommissionsentwurf vorgesehen, aber in Anbe-tracht der Inflexibilität von Steuern und der weiter gültigenAbstimmungsregeln in der EU wenig praktikabel. Auch istunklar, wie die Verrechnungen von erworbenen Emissions-rechten in praxi umgesetzt werden sollen, so dass an die-ser Stelle die Vermutung von mehr Brüsseler Bürokratie nichtvon der Hand zu weisen ist. Auf der Seite des Verkehrs wä-re der gesamte Sektor der E-Mobilität betroffen, also etwa

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Zur Diskussion gestellt

der Schienenverkehr oder das Elektro-Auto, das mit politi-schem Anschub bis zum Ende dieses Jahrzehnts auf we-nigstens eine Million Fahrzeuge hoch gedrückt werden soll.Nach der Kommissionslogik würden keine Karbonsteuernfür die E-Mobilität anfallen. Die Konkurrenz zu den konven-tionellen Antrieben wäre aber nur solange fair, wie sich Kar-bonsteuer und CO2-Börsenpreis auf dem gleichen Niveaubewegen.

Die Mitgliedsländer haben die Möglichkeit, die Steuerdiffe-renz zwischen Diesel und Benzin zu vermindern, indem sieihre Treibstoffsteuersätze in Richtung auf die Mindestsätzeder EU-Richtlinie bewegen. Mit einer solchen Maßnahmekönnte die Bundesrepublik Deutschland ihre auf Dieselan-triebe spezialisierte Wirtschaft weiter stützen, da sich dieSteuerdifferenz von 27 Cent (falls die Benzinsteuer bei 64 Cent/Liter bleibt) auf minimal 5 Cent/Liter herunterfah-ren ließe. Auch in anderen Hochsteuerländern könnte einähnlicher Druck von Seiten des Gewerbes entstehen undeinen Trend zur Treibstoffsteuersenkung auslösen. Damitwürde ein erwünschter Effekt für die Treibstoffsteuerharmo-nisierung in der EU eintreten. Auf der anderen Seite würdeaber die Treibstoffbesteuerung einen Teil ihrer Finanzierungs-funktion für die Verkehrsinfrastruktur verlieren. Die entste-hende Lücke könnte durch eine verstärkte Gebührenfinan-zierung für die Verkehrsinfrastruktur geschlossen werden,eine Idee, die bereits dem Weißbuch der EU-Kommissionvon 2001 zugrunde lag und die im neuen Weißbuch bekräf-tigt wird. Wenn die Energie- und Karbonsteuern harmoni-siert und auf plausible Bemessungsgrundlagen gestellt wer-den sollen, so führt langfristig kein Weg daran vorbei, Mau-ten für die Straßen einzuführen und den Marktanteil an derFinanzierung des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen. Am En-de dieses Weges steht eine klare Trennung zwischen denFunktionen der Abgaben: Zertifikatehandel und Karbon-steuer dienen der Klimavorsorge, Energiebesteuerung demAnreiz zum sparsamen Ressourcenverbrauch und Infra-struktur-Benutzungsgebühren der Finanzierung der We-genetze.

Die Revisionsvorschläge der Kommission zur Energie-besteuerung gehen also sowohl klima- wie auch steuer-politisch in die richtige Richtung, verlangen aber substan-zielle Nachjustierungen, um kontraproduktive Effekte zuvermeiden. Zum Beispiel geben die Vorstellungen derKommission zur Vermeidung von Doppelbesteuerungendem Vorwurf der Bürokratisierung einige Nahrung. Den-noch wäre die Bundesregierung gut beraten, ihre starreBlockadehaltung aufzugeben, bei der Behebung derSchwachstellen mitzuwirken und angemessene Über-gangsfristen für die Wirtschaft zu sichern. Dies würde derAutomobilindustrie erlauben, auf die richtigen technolo-gischen Pferde zu setzen und ihren technologischen Vor-sprung auch ohne künstliche Steuerpräferenzen zu be-haupten.

Literatur

European Commission (2011a), Proposal for a Council Directive AmendingDirective 2003/)6/EC Restructuring the Community Framework for the Taxation of Energy Products and Electricity, COM (1011) 169/3, Brüssel.EU Commission Staff Working Paper (2011), »Impact Assessment. Accom-panying Document to the Proposal for a Council Directive«, SEC (2011) 409,Vol. 1, Vol. 2, Summary.Freshfield Bruckhaus Deringer (2011), European Commission Proposes aNew CO2 Tax and an Amended Energy Tax, www.freshfields.com.Handbook on Estimation of External Costs in the Transport Sector (2008), CE Delft et al., on behalf of the European Commission.IWW und NESTEAR (2009), Internalisation of External Costs of Transport: Impacts on Rail, Study on behalf of CER, Brüssel.

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Zur Diskussion gestellt

Neuer Anlauf: CO2-/Energiesteuervorschlag der EU

Wir leben in spannenden Zeiten: Die Frequenz der Großkri-sen steigt. Für das hier Thematisierte gehören zum Hinter-grund zwei Krisen.

Erstens der Kollaps des globalen Finanzsystems: Seitdemleben wir unter dem Damoklesschwert der aus diesem An-lass, zu deren Rettung, geschaffenen Solidarhaftung für dieFinanzindustrie, deren Seriosität nicht in hinreichendem Ma-ße über jegliche Zweifel so erhaben ist. Also benötigen dieStaaten Geld, deutlich über das hinaus, was die Banken undandere Finanzmarktjongleure an Wiedergutmachung zu leis-ten in der Lage sind.

Zweitens der Kollaps von »Kopenhagen« im Dezember 2009:Da ereignete sich etwas, was eine tief sitzende Kränkungder Führung der EU auslöste. Die EU wurde in den Messe-hallen von Kopenhagen mit ihrem Anspruch, von einem Fah-rersitz aus die kommende Weltgeschichte mitzugestalten,symbolisiert in ihrem Führungsanspruch im globalen Klima-schutzregime, in ein Hinterzimmer verbannt. Massiv getrof-fen steht sie vor der Alternative, entweder in ihren Positio-nen bzw. in deren Glaubwürdigkeit zuzulegen oder ihren An-spruch fahren zu lassen und lediglich zu einem Objekt derWeltgeschichte zu werden. Letzteres verbietet sich, geradefür Europa. Europa ist eben der Pionier des Wegs in die In-dustriegesellschaft des 19. Jahrhunderts, Europa ist denWeg folglich bereits weitgehend zu Ende gegangen, hat wasim eigenen Boden lag, ausgebeutet, und steht nun fast oh-ne eigene Bodenschätze da, ist weitgehend und zunehmendauf Energieträgerimporte angewiesen.

Die Führung Europas sieht die Energie-Klimapolitik alsSchlüssel für die anstehende Umgestaltung der Industrie-

gesellschaft überkommenen Typs. Die basiert auf der Phy-sik der Mechanik, einer Metallurgie nach Trial & Error sowieden fossilen Brennstoffen; sie ist also eine energiedürstigeForm des Wirtschaftens, aus erschöpflichen Beständen zu-dem. Aus deren Nutzung schöpfen die Staaten das Elementleistungslosen Einkommens zumindest teilweise ab, mittels»Royalties« auf die Förderung und mittels Steuern auf denVerbrauch der Energieträger – und teilen den Ertrag schließ-lich zwischen Produzenten- und Verbraucherstaaten in ei-ner zwar nicht explizit ausgehandelten, aber dennoch klu-gen Weise auf. Die Industriegesellschaft nach dem Musterdes 21. Jahrhunderts hingegen, in die es hineingeht, basiertauf Festkörperphysik, Silizium und auf Energieträgern ausstetig fließenden erneuerbaren Quellen. Ein entsprechendesleistungsloses »Renten«-Einkommen bietet der knappeRaum, in den die Abgase der Verbrennung fossiler Energie-träger ausgestoßen werden. Er ist die zentrale fiskalischeBasis für den Übergang in diesen Typ von Industriegesell-schaft – aber lediglich für die Zeit des Übergangs. Wennder nämlich einmal geschafft ist, ist die Abgabenbasis ge-gen null geschrumpft, da die fossilen Brennstoffe im Bodenzu bleiben haben; da ist dann kein Platz mehr für die Inan-spruchnahme des Kollektivguts »Atmosphäre«.

In ihrem ambitionierten Paket zur Klima-Energiepolitik von2008/09, welches die EU vor Kopenhagen beschlossen hatund das mit dem Auslaufen der Kyoto-Periode, ab Januar2013 also, gilt, sind die Rechte für die Emission von Treib-hausgasen bei der Erzeugung von Strom und seitens einigerIndustrien kostenpflichtig gemacht, wurde die Beendigung ei-ner bislang geübten Subventionspraxis langfristig eingeleitet.Ab 2013 generieren die Staaten daraus erhebliche Einnah-men: Ein Mittel dafür, für die Abschöpfung, ist der EU-weiteund Brüssel-unmittelbare Emissionshandel, gestaltet nachdem Downstream-Prinzip. Dieses Prinzips wegen, wegen derAnknüpfung an das europäische Pendant zur Großfeuerungs-anlagenverordnung, sind EU-weit bislang lediglich 40% sämt-licher Treibhausgasemissionen von einem klimapolitisch mo-tivierten Preisregime erfasst, in Deutschland sind es immer-hin 50%. Der Rest der EU-Emissionen, in Höhe von 60% oder3 Gt CO2eq./a, aus Millionen von Kleinquellen, steht noch zurErfassung an. Dafür bedarf es noch eines Instrumentes.

Mit 30 Euro/t gerechnet geht es um ein potentielles Abga-benaufkommen in Höhe von 90 Mrd. Euro/a. Dafür liegt einverbrauchsteuerlicher Ansatz nahe und wird auch seit zweiJahrzehnten verfolgt. Trotz vielen Frustrationen und Enttäu-schungen durch Blockaden einzelner Mitgliedstaaten will dieEU es nun erneut wagen, auch wenn dieser Ansatz weiter-hin, auch mit dem Vertrag von Lissabon, in Brüssel der Ve-to-Option von einzelnen Mitgliedstaaten unterliegt, gleich-sam einer konstitutionellen Einladung zur Destruktion sei-tens einzelner Staaten. Am 13. April 2011 hat die EU-Kom-mission ihren Entwurf, der mehrere Jahre in der Schubladegeschmort hatte, offiziell präsentiert. (COM, 2011, 169/3)

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Hans-Jochen Luhmann*

* Dr. Hans-Jochen Luhmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Wupper-tal Instituts für Klima, Umwelt Energie GmbH.

Zur Diskussion gestellt

Die gegenwärtige Besteuerung von Energieträgern ist durchZweierlei charakterisiert. (1) Basis ist allein das Volumen(Liter), im Falle des Stroms der Energiegehalt; (2) sie wirdnach Energieträgern und diversen Verwendungszweckendeutlich und in unsystematischer Weise differenziert. DieEU will in beiderlei Charakteristika einen Wandel herbeifüh-ren. Eine Differenzierung nach Verwendungszwecken, abernach zweien nunmehr, soll bestehen bleiben, die Höhe derBelastung der verschiedenen Energieträger aber soll sys-tematisiert werden, soll klaren Kriterien folgen. Die Eigen-schaft (1), die Steuerbasis, soll deutlich modifiziert werden.Der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Union von1992, im Vorfeld der Konferenz von Rio de Janeiro (UN-CED) verfolgt, wird wieder aufgegriffen: Die Besteuerungsoll in Zukunft eine doppelte Basis haben, sie soll auf zweiKomponenten aufsetzen: sowohl dem Energiegehalt einesEnergieträgers als auch den CO2-Emissionen bei seinerVerbrennung. Das Motiv für diesen Wechsel ist auch glo-bal-verhandlungstaktischer Natur und deshalb handels-rechtlich wohlkalkuliert.

In Zukunft soll (im Wesentlichen) nur noch zwischen demEinsatz im Verkehr einerseits und den restlichen (statio-nären) Verwendungen andererseits unterschieden wer-den. Innerhalb dieser beiden Gruppen gilt für die im en-geren Sinne »energetische« Komponente in der Energie-steuer, den Energiegehalt des Energieträgers (die nun voll-ständig einer Besteuerung unterliegen) ein einheitlicher(Mindest-) Steuersatz. Der soll im Verkehrsbereich, nachetlichen Zwischenschritten zum Abbau bestehender Un-systematiken, ab 2018 bei 9,6 Euro/GJ liegen, der Satzfür stationäre Verwendungen bei 0,15 Euro/GJ. Diese bei-den Sätze spiegeln den Status quo: Im Verkehrsbereichsind dies die Sätze für Diesel und Benzin, die tragendenalso in der geltenden Fassung der Energiesteuer-Richtli-nie aus dem Jahre 2003; und für stationäre Verwendun-gen ist der geringste aller Werte genommen, der für ge-werbliche Zwecke. Die doppelt so hohen Sätze für priva-te Haushalte und hoheitliche Einrichtungen z.B. werdenabgeschafft.

Die zweite Komponente in der Basis der Energiesteuer istexplizit auf CO2 bezogen und damit, chemisch gesehen, aufden unterschiedlichen Gehalt an Kohlenstoff (C) des jewei-ligen Energieträgers. Verbrennung ist Sauerstoff-(O-)Anla-gerung, und wenn eine Einheit C verbrennt, dann entstehtzwangsläufig das 3,66-fache an CO2. Auch diese zweiteKomponente ist somit energiebezogen, und das muss sieauch sein, denn andernfalls wäre die Summe beider Kom-ponenten keine Energiesteuer mehr. Was die zweite Kom-ponente anderes leistet, ist die Diskriminierung der drei klas-sischen Formen von fossilen Energieträgern – fest, flüssigund gasförmig – hinsichtlich der Klimawirkung bei ihrer Ver-brennung; der Rest ihres Energiepotentials kommt von ih-rem (komplementär) unterschiedlichen Wasserstoffgehalt(H). Entsprechend emittieren sie, bei Verbrennung, unter-schiedlich viel CO2.

Die Steuersätze der zweiten Komponente folgen den spe-zifischen CO2-Emissionen. Setzt man als Referenz den flüs-sigen langkettigen Kohlenwasserstoff Diesel mit 100 an, soliegt Kohle, am nächsten am reinen Kohlenstoff, bei einemViertel mehr (126) und Erdgas (Methan, CH4) bei rund 20%weniger (78). In diesem Verhältnis, das nicht exakt dem Ver-hältnis der C-Gehalte zwischen den drei Energieträgern ent-spricht – das ist deutlich weniger gespreizt – wird der CO2-bezogene Anteil der Energiesteuern auf die drei Energieträ-ger in Zukunft gespreizt sein.

Die duale Basierung macht es möglich, hinsichtlich einermöglichen Doppelbelastung von abgabepflichtigen Sub-jekten eine klare Grenze zu ziehen. Sie lautet: Ein Einsatzvon Energieträgern in Verwendungen, die dem Emissi-onshandel unterliegen, ist hinsichtlich der CO2-Komponen-te von der Energiebesteuerung befreit. Damit ist eine kla-re Komplementarität zwischen ETS- und Nicht-ETS-Be-reich der Volkswirtschaft geschaffen, Doppelbesteuerunggibt es nicht.

Haushaltspolitisch sieht die Situation anders aus. Die Finanz-verfassung Deutschlands spiegelt nicht die Funktionalität

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Tab. 1 Mindestsätze nach ETD-Vorschlag, April 2011, deren Bestandteile sowie Vergleich mit aktuellen Sätzen in Deutschland

Nicht-Verkehr

Aggregats-zustand

Fossiler E-Träger

Steuersatz CO2-

Komponente Energie-

komponente insgesamt Anteile am gesamten

Steuersatz in % aktueller deutscher

Steuersatz Euro/GJ Euro/GJ Euro/GJ CO2 Energie Euro/GJ Fest Steinkohle 1,9 0,15 2,05 92,7 7,3 0,33 Flüssig Heizöl 1,48 0,15 1,63 90,8 9,2 1,73 Gasförmig Erdgas 1,12 0,15 1,27 88,2 11,8 1,53 Verkehr (ab 2018) Flüssig Benzin 1,9 9,6 11,5 16,5 83,5 19,9 Flüssig Diesel/Kerosin 1,5 9,6 11,1 13,4 86,6 13,24/19,06 Gasförmig Erdgas/LPG 1,1 9,6 10,7 10,4 89,6 8,84/26,46

Quelle: Berechnungen des Autors.

Zur Diskussion gestellt

verschiedener Typen von Abgaben; dass die Einnahmen ausdem Emissions-Cap faktisch Verbrauchsteuer-Äquivalentesind, wird in der rechtlichen Steuerlehre nicht zur Kenntnisgenommen. Und die Bundesländer haben in der zweitenRunde der Föderalismusreform, in der Fragen der Finanz-verfassung verhandelt wurden, die Chance, die sich ihnenda geboten hat, nicht rechtzeitig gesehen und also ver-schenkt. Folge ist, dass die Regeln für die Verteilung desAufkommens in Art. 106 GG lediglich für die Energiesteuerklar sind, nicht aber für das Aufkommen aus Emissionsrech-ten. Insofern müsste es im Interesse der deutschen Bun-desländer liegen, dass die EU mit ihrem diesmaligen AnlaufErfolg damit hat, das abgabenpolitische Komplement zumEmissionshandel in Kraft zu setzen. Gelingt dieser Anlauf aufEU-Ebene nämlich nicht, scheitert er dadurch, dass inDeutschland das Thema erneut in einem solchen Maße po-pulistisch diskutiert wird, dass in der Folge die Bundesre-gierung sich in Brüssel nicht hinsichtlich des zu erwarten-den Einsatzes der Veto-Position einiger Mitgliedstaaten en-gagieren kann, dann wird die EU nach Ersatz suchen; nacheinem Ersatz, der funktional äquivalent ist, rechtlich aberdem Einstimmigkeitsgebot nicht unterliegt, das ist der Up-stream-Ansatz in EU ETS. Dann hätten die Bundesländerhinsichtlich ihres Anteils am finanziellen Aufkommen dasNachsehen.

Der CO2-Steuersatz ist im Richtlinien-Entwurf auf 20 Euro/tgesetzt; auf dasjenige Niveau also, auf welches sich der Bör-senpreis von CO2 eingependelt hat. Das hat er allerdingsunter dem Eindruck einer Allokation von Emissionsrechtengetan, die sich zwischenzeitlich als deutliche Überallokationherausgestellt hat. Verantwortlich dafür ist Zweierlei. (a) DieÜberallokation in der zweiten Handelsperiode (Hot Air), diequa Banking in die dritte Periode übertragbar gemacht wor-den ist. (b) Die Krise des Weltfinanzsystems mit ihren real-wirtschaftlichen Rückwirkungen hat die Nachfrage in der drit-ten Handelsperiode zurückgehen lassen und hat die Markt-situation erheblich entspannt. Mit dem Wert von 20 Euro/that sich die Kommission vorsichtig positioniert, auf den recht-lichen Ist-Stand, nicht auf dasjenige Preisniveau, welchesihren eigenen Analysen gemäß erforderlich ist, um die selbst-gesetzten Klimaziele erreichen zu können.

Der CO2-Steuersatz von 20 Euro/t ist in zweierlei Weisequalifiziert bzw. dynamisiert, durch Anpassungsverfahren.(1) ist zum Inflationsausgleich ein automatisches Verfahrenvorgesehen (Art. 1, Pkt 4, b). Maßstab soll die Verände-rung des EU-weit harmonisierten Indexes der Verbraucher-preise (ohne Energieprodukte und Nahrungsmittel) sein,die Anpassung soll alle drei Jahre stattfinden, erstmals2016, und durch schlichte Veröffentlichung in Kraft treten.(2) Die Anpassung an die Preisentwicklung unter dem ETS-Regime soll, gemäß Art. 29, alle fünf Jahre, auf Basis ei-nes Berichts der Kommission, vorgenommen werden, aberim Rahmen eines ordentlichen Verfahrens mit Einstimmig-

keitserfordernis, auf Basis eines Vorschlags, den die Kom-mission zu machen verpflichtet ist.

Für die Wirtschaftssubjekte relevant ist allein der in Summeresultierende Steuersatz auf Energieträger; das gilt zumin-dest im Bereich außerhalb des Emissionshandels. Für des-sen beispielhafte Berechnung ist die Verwendung in und au-ßerhalb des Verkehrs zu unterscheiden. Außerdem ist dar -an zu erinnern, dass die Energiesteuersätze in Deutsch-land in der Regel deutlich, insbesondere im Verkehrsbereich,oberhalb der Mindeststeuersätze liegen, abgestellt wird hierauf die Struktur, die europaweit angestrebt wird. Allein beiKohle und leichtem Heizöl liegt Deutschland im EU-weitenVergleich im unteren Drittel der Besteuerung, was also er-hebliche Potenziale birgt, zumal hier die Einsparpotenzialesehr groß sind. Dann gilt das Folgende. Im Nicht-Verkehrs-bereich liegt die Gesamtbesteuerung bei 1,3 bis 2 Euro/GJund ist zu etwa 90% vom CO2-Anteil bestimmt. Im Verkehrs-bereich kommt man auf etwa fünffach höhere Sätze (10,7bis 11,5 Euro/GJ) als im Bereich stationärer Verwendung.Sie sind, anders als dort, nur marginal CO2-bestimmt, nurzu 10 bis 16%. Im Verhältnis zum aktuell geltenden Niveauder Energieverbrauchsbesteuerung in Deutschland gilt:

Ein Anpassungsbedarf ergibt sich lediglich in zwei Feldern:(a) im stationären Bereich bei Kohle; und (b), im Verkehrs-bereich, bei Erdgas (und evtl. Flüssiggas), aber vor allembei Diesel. Denn Diesel wird mit rund 16% höher als Ben-zin zu besteuern sein – dank erfolgreicher Lobbyarbeit ausdeutschen Autohäusern jedoch erst ab 2023. Das aber hateinen anderen Grund. Die konsequente Besteuerung nachdem Energiegehalt hat zur Folge, dass das Verhältnis derMindeststeuersätze auf Benzin und Diesel naturwissen-schaftlich bestimmt ist: Der Satz für Diesel (pro Liter) liegt et-wa 8% höher als der auf Benzin. Ab 2023 sind die Mitglied-staaten verpflichtet, dieses Verhältnis auch in ihren faktischenSteuersätzen zur Geltung zu bringen. Damit hat die steuer-liche Privilegierung des Diesels zu fallen.

Die quantitative Bedeutung des CO2-Steuerelements ist, daszeigt sich nun in der Betrachtung der dualen Besteuerungs-basis deutlich, relativ gering. Sollte im VerkehrsbereichGleichheit der beiden Anteile, der reinen Energiebesteue-rung und der CO2-Besteuerung, erreicht werden, so müss-te der CO2-Steuersatz auf 100 Euro/t CO2 (Benzin) bis 170 Euro/t CO2 (Erdgas) steigen – das sind Größenordnun-gen, die in der Diskussion um den Emissionshandel bis 2050,um einen Wandel hin zu einer »Low Carbon Society«, einerpostfossilen Industriegesellschaft, kaum erwartet werden.Da wird von einem erforderlichen Niveau der CO2-Preise inder Größenordnung von kurzfristig (2020) 30 und bis 2050von 70 oder 100 Euro/t ausgegangen.

Insgesamt mag man sich fragen: Weshalb eine so kompli-zierte, zweigliedrige Metrik als Basis für eine Energiesteu-

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er? Weshalb die Differenzierung, wenn doch letztlich allesin einem resultierenden Steuersatz auf Energie auszudrü-cken ist? Der Grund ist handelspolitischer Natur. »Kopen-hagen« hat gezeigt: Europa muss vorangehen können. Umsich gegen unfaire Konkurrenz zu schützen, muss es steu-erlich an der Grenze differenzieren können. »Border Adjust-ment« lautet das Stichwort. Beim Emissionshandel ist dashandelsrechtlich unproblematisch. Bei Produktsteuern istdas nur legitim, wenn es aus Umweltgründen geschieht.Deswegen muss das CO2-Element getrennt ausgewiesenund zudem das markante Element einer Besteuerung vonEnergieträgern im EU-Raum sein.

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