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SICHERER BETRIEB VON KERNKRAFlERKEN - grs.de · Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) mbH...

Date post: 21-Sep-2019
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. Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) mbH GRS-Bericht SICHERER BETRIEB VON KERNKRAFlERKEN 4. GRS-Fachgespräch . Köln, 30.-31. Oktober 1980 GRS-20 (März 1981)
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.Gesellschaft für

Reaktorsicherheit (GRS) mbH

GRS-Bericht

SICHERER BETRIEBVON KERNKRAFlERKEN

4. GRS-Fachgespräch .Köln, 30.-31. Oktober 1980

GRS-20 (März 1981)

.Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) mbH

GRS-Bericht

SICHERER BETRIEBVON KERNKRAFTERKEN

4. GRS-FachgesprächKöln, 30.-31. Oktober 1980

GRS-20 (März 1981)

Glockengasse 2.5000 Köln 1 . Telefon (0221) 2068-1 . Telex 8881807 grs d

Herausgeber: Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) mbH, KölnRedaktion: W, Schulz, GRS, Köln

Diese Beiträge wurden gleichzeitig in der Zeitschrift "Technische Mitteilungen" Heft 1-2 1981im Vulkan-Verlag Dr, W. Classen Nachf, GmbH & Co, KG, Postfach 103962,4300 Essen 1, veröffentlicht,

Inhaltsverzeichnis

Seite

Begrüßung (A. Birkhofer) . , . . . . . . . . . , . . , . . . . . . . . . , .

Zielvorstellungen und Aufgabenbewältigung der behördlichenAufsicht über die in Betrieb befindlichen KernkraftwerkeVortrag J. K. Pfaffelhuber und R. D. Wendling . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . .. 2

Einführung in das Fachgespräch (0. Kellermann) . . , 8

Strahlenbelastung in deutschen Kernkraftwerken -Entwicklung und EinflußgrößenVortrag W. Müller. . , . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . .. 9

Diskussion zum Vortrag W, Müller. , . . . . . . , . . . . , . . . . . , . . . . . , . . .. 16

Strahlenschutz im Kernkraftwerk Biblis -Maßnahmen zur Dosismin imierungVortrag R. Ambras und H.J. Schroeder , . . . . . . 17

Diskussion zum Vortrag R, Ambras und H,J. Schroeder . , , , 26

Stand und Verbesserungsmöglichkeiten der Rückhaltungluftgetragener radioaktiver StoffeVortrag J.G. Wilhelm . , . , . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . , . , , . .. 26

Diskussion zum Vorúag J,G. Wilhelm . . . . , . . . . . . . , . . . . . . . . . , . . . .. 33

Human Factors in Nuclear Power Plant OperationsVortrag A.D. Swain . , . . , . . . . . . . . , , . . . . , . . , , . . . . . . . . , . , . . , ,. 35

Diskussion zum Vortrag A.D. Swain . . . . , , , . . . . . . . . , . . . . . , . , . . , .. 41

Auswertung von Betriebserfahrungen durch die GRSVortrag E. Lindauer und P, Kafka. , . . . . . . , . . , . . . . . . , . , . . , . . . . , ,. 42

Diskussion zum Vortrag E. Lindauer und P, Kafka. . . . . , . , , , . . . . . , . . .. 46

Anforderungen an die Qualitätssicherung im BetriebVortrag H. Schulz und K. Wagner. . . . . , . . . . , . , , . . . . . . . . . , . . , . , ., 47

Diskussion zum Vortrag H, Schulz und K, Wagner. . . . . . . . . . . , . , , , . , .. 50

Nachrüstmaßnahmen bei Kernkraftwérken -Erfahrungen am Kernkraftwerk ObrigheimVortrag H. Schenk. . . , . . . . . , . . . . . . , . . . . . . . , . . . . , . , , . , . . . . .. 51

Diskussion zum Vortrag H. Schenk. . . . . . . , , . , . . , , , , , , . , . , . , , , . ., 55

Neue Überwachungssysteme in KernkraftwerkenVortrag D. Wach, . . , . . . . . . . . . . . . . , . . . , . . . , . . , , . . . . . , , , . . ., 55

Diskussion zum Vortrag D. Wach. , . . ., , . .. . , . . , . . , , . , . ,. , .. 65

Zusammenfassung der Ergebnisse (R. Antonil, . . . , . . . , . . . . . , , . , . . , " 66

Teilnehmerverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . , , . . , , . . . , , . . . , . . , , . , . .. 67

Verteiler . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , , , . . . . . . , . . . , .. 81

Sicherer Betriebvon Kernkraftwerken

BegrüßungVon A. Birkhofer 1 )

In dem knappen Jahr, das seit dem letzten Fachgespräch inMünchen vergangen ist, konnte man die erhebliche Ausstrah-lung der Ereignisse von Harrisburg auf die Kerntechnik fest-stellen, Überall hatte sich nach dem Störfall eine gewisse

Unsicherheit gegenüber Kernkraftwerken ausgebreitet, Des-halb standen intensive Auswertwngen des Störfallablaufs,Übertragung der Untersuchungsergebnisse unter Einbezie-

hung der Erkenntnisse des Kemeny- und des Rogovin-Re-ports auf die Verhältnisse der einzelnen Länder sowie Planungbzw. Durchführung beschlossener Maßnahmen im Mittel-punkt der Aktivitäten der Länder.

Sofortmaßnahmen waren bei in Betrieb befindlichen deut-schen Kernkraftwerken aufgrund der Ereignisse in Harrisburgnicht erforderlich, Doch führten die Überlegungen wiederverstärkt zur Diskussion über Vorkehrungen und Maßnahmen,die langfristig zu einer Verbesserung der Reaktorsicherheitund damit zu einer weiteren Verminderung des verbleibenden,bereits sehr geringen Risikos führen könnten.

Eine weitere Reduktion des Risikos kann entweder durchMaßnahmen zur Störfallverhinderung oder durch Maßnah-men zur Schadenseindämmung erreicht werden. Meiner Mei-nung nach müssen nach wie vor Maßnahmen zur Störfall-verhinderung als vorrangig angesehen werden, währendMaßnahmen zur Schadenseindämmung erst sekundär in Be-tracht zu ziehen sind, Dies hat sich bisher bewährt, Nicht

zuletzt die deutsche Risikostudie, aber auch die Ereignisse

von Harrisburg haben gezeigt, daß Störungen aus dem Nor-mal betrieb sich unter sehr ungünstigen Umständen bis hin zuStörfällen ausweiten können, Es muß deshalb diesen betriebs-nahen Störungen verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet wer-den. Sicherlich sind Maßnahmen zur Störfallverhinderungfür den Außenstehenden schwer durchschaubar und beurteil-bar, da man sich sehr detailliert mit der jeweiligen System-technik auseinandersetzen muß, Daher scheinen einfacheMaßnahmen zur Schadenseindämmung oft einsichtig, vorallem, wenn sie auf passiven Elementen aufgebaut sind und

eine sogenannte "einhüllende" Sicherheitsfunktion ausüben.

1) Professor Dr. phi!. A. Birkhofer ist Geschäftsführer der Gesellschaftfür Reaktorsicherheit (GRS) mbH

Es wird nicht nur für ganz bestimmte Störfallabläufe, son-dern für ein weites Störfallspektrum ein hinreichender

Schutz gegen die Freisetzung radioaktiver Spaltproduktegeboten.

Ein typisches Beispiel dafür ist der Sicherheitsbehälter, deraus dem Primärsystem freigesetzte Aktivität bei Unfällenungeachtet des genauen Störfallablaufs zurückhält. DieFunktionsweise des Sicherheitsbehälters kann auch derbreiten Öffentlichkeit verhältnismäßig leicht erklärt werden.

Der Auslegung des Sicherheitsbehälters werden Belastungenzugrunde gelegt, die über den Auslegungsstörfall "Kühlmittel-verlust" mit bekannten Rechenverfahren ermittelt werden.

Die Situation wird jedoch wesentlich komplizierter, wenn

extrem anomale Anlagenzustände betrachtet werden, wiezum Beispiel der Verlauf und die Auswirkungen von postu-lierten Kernschmelzunfällen. Solche extrem seltenen Ereig-nisse sind der analytischen Behandlung schwer zugänglich, daausgereifte Modelle fehlen und man kaum auf geeigneteExperimente oder ähnliche Verläufe zurückgreifen kann.Scheinbar einfache Maßnahmen zur Schadenseindämmungkönnen sich unter wahren Unfallbedingungen dabei als un-wirksam erweisen, da auftretende Probleme nicht genügend

beachtet worden sind.

Auch die im Oktober 1980 von der internationalen Atom-energie-Organisation abgehaltene Sicherheitskonferenz inStockholm hat diese Vorgehensweise im Grundsatz bestätigt.Auf dieser Tagung wurde dem Problem Mensch - Maschinegroße Aufmerksamkeit gewidmet. Es zeigten sich doch erheb-liche Auffassungsunterschiede zwischen dem amerikanischenund, ich möchte fast sagen, dem europäischen Vorgehen, wassich auch durch die unterschiedliche Technik erklären läßt.So habe ich den Eindruck, daß man bei den Amerikanerndaran denkt, diese Aufgabe hauptsächlich dadurch zu lösen,indem man durch geeignete Ausbildungsprogramme beson-ders zuverlässige Operateure heranbilden wilL. Wenngleich wirebenfalls als wichtiges Element für einen sicheren Betrieb vonKernkraftwerken die Heranbildung eines hochqualifiziertenSchichtpersonals sehen, sind wir der Meinung, daß auch dieTechnik dem Menschen entgegenkommen muß. So haben

wir im Grundsatz eine Technik aufzubauen, die auch Fehlerdes Operateurs zuläßt. Die unterschiedliche Wartengestaltung

typischer Anlagen in den USA und in der BundesrepublikDeutschland rechtfertigt unser Vorgehen volL. So hat dasSchichtpersonal bei uns durch Informationskonzentration

und die Verwendung von Blindschaltbildern einen verhältnis-mäßig guten Überblick über den Gesamtzustand der Anlage

auch bei Störungen.

Meiner Meinung nach müssen wir diesen Weg weiter konse-quent beschreiten, was auch eine laufende Überprüfung desnotwendigen Automatisierungsgrades einschließt. Dazu ge-hört meiner Ansicht nach neben einer systematischen Aus-

bildung des Personals einschi ießlich Simulatortraining aucheine Verbesserung der i nformationsdarstellung und Aufbe-reitung auf der Warte unter der Zuhilfenahme modernerKommunikationsmittel, wie beispielsweise Diagnosesysteme.

Vielleicht sollte man auch in unsere Nachbarländer schauen,Deutschland war ein Land, das nicht zuletzt im Wechselspielmit seinen Nachbarländern unter Aufnahme wesentlicher Im-pulse vieles und schönes in Kultur und Technik geleistet hat.Ich glaube, es ist auch in der Kerntechnik von Zeit zu Zeitangemessen, über unsere eigenen Zäune zu schauen, und unsumzusehen, wie beispielsweise Frankreich mit seinen Sicher-heitsaufgaben zu Rande kommt,

Lassen Sie mich nach diesen allgemeinen Bemerkungen nunkurz zu unserem eigentlichen Thema kommen,

Der sichere Betrieb von Kernkraftwerken ist eine grundle-gende Voraussetzung, um die in den letzten Jahren kontro-vers geführten öffentlichen Diskussionen über die Nutzung

der Kernenergie zu objektivieren, Ich bin davon überzeugt,

daß der Weg zur öffentlichen Akzeptanz der Kernenergieüber einen weitgehend problemfreien Betrieb unserer Kern-kraftwerke führt.

Die deutschen Kernkraftwerke lagen 1979 mit einer Arbeits-ausnutzung von etwa 70 % im oberen Drittel der Weltstatistik.Dies ist ein wichtiger Hinweis darauf, den eingeschlagenen

Weg bei Errichtung und Betrieb der Anlagen fortzusetzen,

In diesem Zusammenhang möchte ich eine Aussage der beivielen so sehr umstrittenen Enquete-Kommission des Deut-schen Bundestages "Zukünftige Kernenergie-Politik", weilich eine Reihe von Mitgliedern hier sehe, zitieren, die auchfestgestellt hat, daß der bisherige Stand der Reaktorsicherheitdie Nutzung von Leichtwasserreaktoren vertretbar erscheinenläßt.

Das vorliegende Heft enthält außer den Referaten des Fach-

gespräches 1980 den Festvortrag von Herrn Min.-Dirig,Pfaffelhuber vom BM I, Er wird aus der Sicht der Behörde

über die schwierigen Probleme und deren Lösungsmöglich-keiten bei den in Betrieb befindlichen deutschen Kernkraft-

werken berichten, Sein Thema lautet: "Zielvorstellungen undAufgabenbewältigung der behördlichen Aufsicht über die inBetrieb befindlichen Kernkraftwerke".

Zielvorstellungen und Aufgabenbewältigung der behördlichenAufsicht über die in Betrieb befindlichen KernkrafterkeVon J. K. Pfaffelhuber und R. D. Wendling1)

Kurzfassung

Es wird ein Überblick gegeben über die Zielvorstellungen, dieRechtsgrundlagen, die Organisation und das Funktionieren

der staatlichen Aufsicht über die in der Bundesrepublik

Deutschland in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke. Einigeaktuelle I nteressenschwerpunkte des Bundesministers desInnern werden vorgestellt, und ein Ausblick auf wichtigeVorhaben wird gegeben.

Abstract

A survey is given about the aims, the legal basis, the organ i-

zation, and the performance of the governmental supervision

of operating power plants in the Federal Republic of Ger-

many. Some points of current interest to the Federal Ministerof the Interior are discussed, and an outline on importantprojects is given.

Einleitung

Gerne komme ich der Aufforderung nach, das Grundsatz-referat zu halten auf einer Tagung, die dem sicheren Betriebvon Kernkraftwerken gewidmet ist, und gerne ergreife ich dieGelegenheit, in einigen Schwerpunkten die Vorstellungen desBundesministers des Innern über den sicheren Betrieb vonKernkraftwerken und die entsprechende staatliche Aufsichteiner größeren Fach-Öffentlichkeit vorzutragen.

Die Kernenergiedebatte wird in unserem Land mit unvermin-derter Heftigkeit geführt; auch die Nachwirkungen von Harris-burg sind noch allenthalben zu spüren.

1) Ministerialdirigent J, K. Pfaffelhuber und Oberregierungsrat Dr.R. D, Wendling, Bundesministerium des Innern, Sonii

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In der Debatte ist nach wie vor festzuhalten, daß die Diskus-

sion komplizierter technischer Zusammenhänge und Einzel-heiten hohe Anforderungen an das Verständnis des Bürgers

stellt; seine Bereitschaft, die Nutzung der Kernenergie zuakzeptieren, wird mitbestimmt durch das Vertrauen, das erder staatlichen Aufsicht über die Kernkraftwerke entgegenzu-bringen vermag, Nur wenn es gelingt, das Wirken der Behör-den überzeugend zu gestalten und für die Öffentlichkeit er-kennbar zu machen, wie die Sicherheit der Kernkraftwerkedurch die staatliche Aufsicht überwacht und gewährleistet

wird, nur dann kann die Öffentl ichkeit Vertrauen zu dieserTechnologie fassen.

Mit der Erteilung der Genehmigung zum Betrieb eines Kern-kraftwerkes hört die staatliche Überwachung der Anlagekeineswegs auf. Sie wird während des Betriebs ebenso lücken-los überwacht wie während der verschiedenen Phasen desGenehmigungsverfahrens und der Errichtung des Kernkraft-werkes. Wir werden uns hier in erster Linie mit der staat-lichen Aufsicht über die in Betrieb befindlichen Kernkraft-

werke beschäftigen.

Nicht zuletzt der lückenlosen und strengen staatlichen Auf-

sicht, aber auch den ständigen Bemühungen der Betreiber istes zu verdanken, daß die Kernkraftwerke in der Bundesrepu-

blik Deutschland sicher betrieben werden. Das Ziel der staat-lichen Aufsicht, der Schutz der Menschen und der Umgebungvor den Gefahren, die mit dem Betrieb von Kernkraftwerkenverbunden sind, wurde erreicht. Dies gilt sowohl für dieSicherheit des Normalbetriebs als auch für die Beherrschung

von gelegentlich auftretenden Störungen, In keinem Fall kames zu ernsthaften Personenschäden durch Radioaktivität.Selbst bei dem Störfall am 18. Juni 1978 im KernkraftwerkBrunsbüttel, der in Umweltschützerkreisen als schwerer Unfall

bezeichnet wurde, waren die Auswirkungen auf das Personalder Anlage und die Umgebung vernachlässigbar.

Zum Vergleich seien hier die Zahlen aus dem Steinkohleberg-bau in der Bundesrepublik Deutschland herangezogen, Dort

waren in den letzten 35 Jahren 3,5 Millionen Arbeitsunfällezu verzeichnen, es gab 16000 Tote und 135000 anderweitigGeschädigte (Staublunge).

Lassen sie mich in diesem Zusammenhang ein Wort sagen zueiner Besonderheit, die ich seit langem mit Mißbehagen beob-achte. Es ist dies das Auseinanderklaffen der Sicherheitsbe-

mühungen der Behörden und ihrer Sachverständigen und derBetreiber der Kernkraftwerke auf der einen Seite und derBerichterstattung in den Medien auf der anderen Seite. Esscheint so, als würde sich das Schüren von Angst vor einerunverstandenen und als bedrohlich empfundenen Technologiebesser verkaufen als das sachliche Berichterstatten über er-folgreiche Bemühungen auf dem Gebiet der Reaktorsicher-heit.

Auch durch Äußerungen von kirchlicher Seite in jüngster Zeitwerden die Probleme einer Lösung nicht gerade näherge-bracht. So zum Beispiel, wenn seine Eminenz Joseph KardinalHöffner in seinem Eröffnungsvortrag 1980 auf der Vollver-sammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda sagt, esgenüge nicht, die Gefahren der Kernenergie auf ein Minimumzu beschränken, sie müßten vollkommen ausgeschlossen sein,

Die Forderung nach Nullrisiko ist jedoch eine utopische For-derung, Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu zutreffendin seinem "Kalkar"-Beschluß vom 8. August 1978 ausgeführt:

"Vom Gesetzgeber im Hinblick auf seine Schutzpflicht eineRegelung zu fordern, die mit absoluter Sicherheit Grund-

rechtsgefährdungen ausschließt, die aus der Zulassung tech-nischer Anlagen und ihrem Betrieb möglicherweise entstehenkönnen, hieße die Grenzen menschlichen Erkenntnisvermö-gens verkennen und würde weithin jede staatliche Zulassungder Nutzung von Technik verbannen."

An dieser Stelle sei ein häufig in der Öffentlichkeit anzutref-fendes Mißverständnis bezüglich der Rolle der Aufsichtsbe-hörden richtiggestellt, Es ist ganz klar nicht Sache der Auf-sichtsbehörden zu entscheiden, ob wir Kernenergie brauchen

oder wollen. Diese Entscheidung obliegt bekanntlich dem

Gesetzgeber, und er hat seine Entscheidung getroffen.Wenn man keine Kernenergie will, so muß man den Gesetz-geber veranlassen, das Atomgesetz umzugestalten und einenanderen Gesetzeswillen zu äußern, als er es bisher getan hat.Die Aufgabe der Aufsichtsbehörden ist es, auf der Grundlagedes Atomgesetzes und seines eindeutigen Schutzcharaktersvorrangig die Schutzinteressen der Bevölkerung gegenüber denGefahren der Kernenergie zu wahren. Diesem Prinzip desabsoluten Vorranges der Sicherheit vor allen anderen Belan-gen fühlt sich der Bundesminister des Innern im Rahmenseiner Gesetz- und Zweckmäßigkeitsaufsicht unumstößlichverpfl ichtet.

In meinem Beitrag werde ich zunächst auf die Zielvorstellun-gen der staatlichen Aufsicht über die in Betrieb befindlichen

Kernkraftwerke eingehen und werde dann etwas sagen überdie Rechtsgrundlagen, die Organisation und das Funktionie-

ren der staatlichen Aufsicht. Diese beiden Abschnitte werdenaber kurzgehalten zugunsten des nächsten Abschnittes, indem aktuelle i nteressenschwerpunkte des Bundesministersdes Innern angesprochen werden. Zum Abschluß meines Bei-trages werde ich dann einen Ausblick auf wichtige Vorhabendes Bundesministers des Innern auf dem Gebiet der Aufsichtüber den Betrieb von Kernkraftwerken geben,

Zielvorstellungen der behördlichen Aufsicht

Das oberste Ziel der staatlichen Aufsicht über den Betriebvon Kernkraftwerken ist der Schutz der Bevölkerung und der

in der Anlage Beschäftigten vor den Gefahren, die mit demBetrieb eines Kernkraftwerkes verbunden sind. Die Verant-wortung für den sicheren Betrieb eines Kernkraftwerkesträgt der Betreiber der Anlage, während die aufsichtsführendeBehörde die Verantwortung dafür trägt, daß der Betreiberseinen Sicherheitspflichten nachkommt,

Die Bedeutung der staatlichen Aufsicht ergibt sich auch ausden beiden grundlegenden Beschlüssen des Bundesverfassungs-

gerichtes zum deutschen Atomrecht vom 8. August 1978(Kalkar) und vom 20. Dezember 1979 (Mülheim-Kärlich).Zwar hat sich das Gericht nicht direkt mit Fragen der Auf-sicht über den Betrieb von Kernkraftwerken auseinanderge-

setzt. Eine Analyse der genannten Beschlüsse führt jedoch

dazu, daß das Bundesverfassungsgericht im Sinne einer "best-möglichen Verwirklichung des Grundrechtsschutzes" dasatomrechtliche Instrumentarium in seiner Gesamtheit wertet.Damit geht es auch von der Notwendigkeit einer besonders

effektiven und intensiven Aufsicht aus, die noch gesteigertwird durch die im Hinblick auf die Weiterentwicklung der

Technik offene Fassung des Atomgesetzes.

Das Gebot intensiver staatlicher Aufsicht über in Betrieb be-findliche Kernkraftwerke folgt aus der vom Bundesverfas-

sungsgericht hervorgehobenen besonderen Pflicht des Staateszum Schutz des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Arti-kel 2 Abs. 2 Grundgesetz) gegen die Gefahren der Kernener-

gie, die der Staat mit der grundsätzlichen Zulassung der

Kernenergienutzung im allgemeinen und der Genehmigungeinzelner Anlagen im besonderen übernommen hat,

Grundlegendes Schutzziel bei der friedlichen Nutzung derKernenergie ist es, jede unnötige Strahlenexposition zu ver-meiden und jede unvermeidbare Strahlenexposition unter-halb der genehmigten Höchstwerte so gering wie möglich zuhalten. Grenze nach unten ist der Grundsatz der Verhältnis-mäßigkeit zwischen Mittel und Zweck.Was Kernkraftwerke anbetrifft, so unterscheiden wir bezüg-lich der Schutzziele drei Anlagenzustände:

den bestimmungsgemäßen Betrieb einschließlich besonde-rer Vorkommnisse, die eine Fortsetzung des Betriebes ge-statten,den Störfall, bei dem der Betrieb der Anlage aus sicher-

heitstechnischen Gründen unterbrochen werden muß, undden Unfall als ein Ereignis, dessen Eintreten im Bereich

des Restrisikos liegt.Schutzziel für den bestimmungsgemäßen Betrieb ist es, denBeitrag der Kernkraftwerke zur Strahlenexposition der Ge-

samtbevölkerung von derzeit weniger als 1 mrem pro Jahrauch bei einer weiteren Zunahme der Zahl der Kernkraftwer-ke nicht wesentlich ansteigen zu lassen.

Schutzziel bei Störfällen ist es, erhöhte Strahlenexpositionenso zu begrenzen, daß das Risiko von Einzelpersonen nicht

über das Berufsrisiko beruflich strahlenexponierter Personenangehoben und das Gesamtrisiko der Bevölkerung nichtsignifikant erhöht wird.Schutzziel für Unfälle ist es, auch für diese extrem unwahr-scheinlichen Notfälle, die im Rahmen der technischen Vor-kehrungen derzeit nicht expressis verbis berücksichtigt wer-den, durch aktive Notfallschutzmaßnahmen so gering wiemöglich zu halten. Darüber hinaus gibt es aktuelle Überle-gungen zur weiteren Reduktion des Restrisikos, zum Beispieldurch die unterirdische Bauweise von Kernkraftwerken oderdurch den Bau spezieller Fundamente und Sicherheitsbehäl-ter, die einer Kernschmelze standhalten.Zur Erreichung dieser Schutzziele ist ein enges Zusammen-wirken zwischen der Aufsichts- und der Genehmigungsseite

der Behörden erforderlich. Das läßt sich besonders an derNachrüstung älterer Kernkraftwerke zeigen, Hier wird dieNotwendigkeit für eine Nachrüstung zunächst von der Auf-

sichtsbehörde festgestellt, In der Genehmigung der Nach-

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rüstmaßnahmen muß dann der von der Aufsicht gewollteZweck der Maßnahme sichergestellt werden, Umgekehrt isteine gewisse Mitwirkung der für die Aufsicht zuständigen

Stellen bei Genehmigungen wünschenswert, um das in derGenehmigung Gewollte früh zu erkennen und entsprechendzu verwirklichen.

Rechtsgrundlagen, Organisation und Funktionieren der be-

hördlichen Aufsicht

Die Rechtsgrundlagen für die behördliche Aufsicht über diein Betrieb befindlichen Kernkraftwerke finden sich im Atom-gesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen,insbesondere der Strahlenschutzverordnung. Die Befugnisse

und Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden sind in § 19 AtGfestgelegt, der in Einzelheiten auf § 139 GewO verweist. DerWortlaut des § 19 des Atomgesetzes unterscheidet sich zu-nächst nicht allzusehr von dem Wortlaut vergleichbarer Be-

stimmungen aus anderen Bereichen des Gewerberechts, Erläßt aber im Zusammenhang mit dem vorrangigen Schutz-zweck des § 1 Nr, 2 AtG genügend .Spielraum für eine erheb-liche Intensivierung, die der Aufsicht im Bereich kerntech-nischer Anlagen eine andere Qualität geben als der herkömm-lichen Gewerbeaufsicht.

Die behördliche Aufsicht über die Kernkraftwerke wirddurch die Länder im Auftrage des Bundes ausgeführt (Art. 87cGG in Verbindung mit § 24 Atomgesetz). Das bedeutet,daß die Aufsicht vor Ort von den zustänqigen Landesbehör-

den in Zusammenarbeit mit ihren Gutachtern durchgeführtwird. Die Länder ihrerseits unterliegen der Gesetz- undZweckmäßigkeitsaufsicht des Bundes. Nach Art, 85 GG unter-stehen die Landesbehörden den Weisungen des Bundes, Der

Bund kann allgemeine Verwahungsvorschriften für die Län-der erlassen sowie Berichte und Vorlage der Akten verlangen.

Durch diese föderalistische Struktur ist ein günstiges Zusam-menwirken einer wirksamen Aufsicht über die Anlage durcheine räumlich nahe gelegene Behörde und eine zentrale Ko-ordination der Länderbehörden durch das Bundesministeriumdes Innern gegeben.

Aufsicht der LänderDie behördliche Aufsicht über die in Betrieb befindlichen

Kernkraftwerke wird in engem Zusammenwirken zwischenden für die Aufsicht und den für die Genehmigung zuständi-

gen Stellen der Länderbehörden durchgeführt. Die für densicheren Betrieb eines Kernkraftwerkes nötigen Anforderun-gen werden von der Genehmigungsseite mit den Errichtungs-genehmigungen und schließlich mit der Betriebsgenehmigungfestgelegt. Die Einhaltung der entsprechenden Auflagen wirdvon der aufsichtsführenden Stelle während der Errichtung derAnlage überwacht, Damit ist sichergestellt, daß bei Inbetrieb-nahme der Anlage die nach dem Stand von Wissenschaft undTechnik erforderlichen Vorsorge gegen Schäden durch denBetrieb der Anlage getroffen ist.Die Aufsicht über die in Betrieb befindlichen Kernkraftwerkeerstreckt sich in ihrer beobachtenden Komponente insbeson-dere auf:

die Kontrolle auf Einhaltung des Inhaltes der Genehmi-

gungsbescheide und eventueller nachträglicher Auflagen,auf Einhaltung der atomrechtlichen Vorschriften und dersicherheitstechnischen Regeln und Richtlinien, wie BMI-Sicherheitskriterien, RSK-Leitlinien und BM I-Richtrinien;die Überprüfung der Kernkraftwerke auf unzulässige Ab-

weichungen nach dem Stand von Wissenschaft und Tech-nik, insbesondere ob eventuelle Nachrüstungen erforder-i ich sind oder ob gar der Tatbestand einer erheblichenGefährdung Einzelner oder der Allgemeinheit nach § 17Abs. 5 AtG mit der Folge des Widerrufs der Genehmigunggegeben ist;

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die Überwachung der wiederkehrenden Prüfungen und derMaßnahmen zur Qualitätssicherung an den sicherheitstech-nisch wichtigen Systemen und Komponenten des Kern-kraftwerks;die Kontrolle der radioaktiven Abgaben;den Strahlenschutz des Personals;die Kontrolle der Fachkunde der für den Betrieb der An-

lage verantwortlichen Personen;die Erfassung und Auswertung besonderer Vorkommnisseund die Umsetzung der Ergebnisse;die Erarbeitung von Anregungen für weiterführende For-schungen auf dem Gebiet der Reaktorsicherheit,

Die Aufsicht der Landesbehörden wird sowohl vor Ort durch

regelmäßige und außergewöhnliche Besuche in der Anlag!! alsauch in der Behörde selbst durchgeführt, Erkennt die Auf-sichtsbehörde Schwachstellen in einem Kernkraftwerk, so

macht sie dem Betreiber deren Behebung zur Auflage, DerBetreiber arbeitet Lösungsvorschläge aus und legt sie der Be-hörde zur Genehmigung vor. In der Regel müssen die Vor-schläge des Betreibers von einem Gutachter geprüft werden.Sind alle Auflagen der Behörde und alle Forderungen des

Gutachters erfüllt, kann die Behörde ihre Zustimmung ertei-len.

Den Berichten der Länderbehörden entnehme ich, daß dieBetreiber bei diesem Verfahren durchaus kooperationsbereitsind. Ich werte dies unter anderem als einen Erfolg der Be-

mühungen des Bundesministers des Innern, den Betreibernimmer wieder vor Augen zu führen, daß nur eine sichere An-lage auch eine wirtschaftiche Anlage sein kann.

Aufsicht des BundesDer Bundesminister des Innern als der für die Bundesaufsichtüber das Handeln der Länder federführend zuständige Bundes-minister sieht seine Aufgabe darin, dafür Sorge zu tragen, daßdas den staatlichen Aufsichtsbehörden zur Verfügung stehen-de Instrumentarium nach einheitlichen Maßstäben so wir-kungsvoll eingesetzt wird, daß der Schutz der Bevölkerungund der in der Anlage Beschäftigten vor den Gefahren der

Kernenergie unter allen Umständen sichergestellt ist.

Zur Wahrnehmung der Gesetz- und Zweckmäßigkeitsaufsichtüber das Handel n der Länder bed ient sich der BM i folgendenInstrumentariums:

Er läßt sich über die Betriebserfahrungen regelmäßig be-

richten.

Er schaltet sich in bedeutsame Phasen der Aufsichtsver-

fahren ein, gegebenenfalls macht er Zustimmungsvorbe-halte. Er läßt sich hierbei von RSK und SSK beraten.

Er erläßt Richtlinien und Einzelweisungen.

Durch die Einrichtung einer zentralen StörfallsteIle bei derG RS hat der BM i für die Weitergabe deutscher und auslän-discher Betriebserfahrungen an die betroffene Fachwelt

und für deren Berücksichtigung in den Aufsichts- und Ge-

nehmigungsverfahren gesorgt.

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern läuft hin-sichtlich der atomrechtlichen Aufsicht praktisch reibungslos.Die Arbeit der atomrechtlichen Behörden der Länder wirdunter Vorsitz des Bundes im Länderausschuß für Atomkern-energie koordiniert, Ein eigener Arbeitskreis sorgt für einen

Erfahrungsaustausch der für die Aufsicht zuständigen Behör-

den.

Beispiele für ein koordiniertes Vorgehen in übergreifenden

Fragen waren zum Beispiel der Austausch von Rohrleitungenaus dem Werkstoff WB 35 und die Nachrüstung der Schnell-abschaltbehälter in den Kernkraftwerken Philippsburg, Isar,Brunsbüttel und Würgassen,

Bei bundesweiten Vorhaben, wie zum Beispiel der Einfüh-rung eines Systems zur Fernüberwachung von Kernkraftwer-ken, wirkt der Bund harmonisierend. Er hat hierzu nach ge-meinsamer Verabschiedung im' Länderausschuß für Atom-kernenergie die entsprechenden Rahmenrichtl inien erlassen.

Bei besonders bedeutenden Ereignissen in einem Kernkraft-werk behält sich der BM i das letzte Wort vor. So hatte er sichzum Beispiel anläßlich des Störfalls im Kernkraftwerk Bruns-büttel die Prüfung der sicherheitstechnischen und organisato-

rischen Verbesserungen von der Wiederinbetriebnahme vor-behalten. Er hat seine Zustimmung erst geben können, als

nach eingehenden Beratungen in RSK und SSK alle Sicher-heitsbedenken ausgeräumt und alle Auflagen erfüllt waren,Das OVG Lüneburg hat dann die Wiederinbetriebnahme ausanderen, nämlich verfahrensrechtlichen Gründen, gestoppt,für die die zuständige Landesbehörde in Schleswig-Holstein

verantwortlich zeichnet.

Der BM I ist sich bewußt, daß verfahrensbedingte lange Still-standszeiten von Anlagen wirtschaftliche Härten für den Be-

treiber bedeuten können. Er sieht aber keinen Anlaß, vonseiner Forderung ,nach kompromißlosem Vorrang für dieSicherheit abzugehen. Nicht an dieser Maxime orientierteEntscheidungen der Behörden würden im übrigen einerverwaltungsgerichtlichen Überprüfung sicherlich nicht stand-halten.

Aktuelle Schwerpunkte aus der Sicht des BMI

Im folgenden möchte ich auf einige aktuellere Punkte ein-gehen, die derzeit beim Bundesminister des Innern und sei-nen Beratergremien unter dem Gesichtspunkt der Aufsichtim Vordergrund des Interesses stehen.

Konsequenzen aus dem Störfall in HarrisburgDa ist zunächst derStörfall von Harrisburg und die daraus zu

ziehenden Konsequenzen. Wie kein anderer hat dieser Stör-fall das Interesse der Fachwelt und der Öffentlichkeit erregt.Sofort nachdem die technischen Einzelheiten des Störfallesin Harrisburg hinreichend bekannt waren, wurden die in denUSA gewonnenen Erkenntnisse auf ihre Übertragbarkeit aufdeutsche Verhältnisse geprüft.

Der BMI hat die Reaktor-Sicherheitskommission vielfach mitder Beratung der Konsequenzen aus Harrisburg befaßt. AufWeisung des BMI haben die Landesbehörden und ihre Gut-achter eine unverzügliche Überprüfung der in ihre Zustän-digkeit fanenden Kernkraftwerke vorgenommen, Dabeizeigte sich, daß aufgrund der Unterschiede zwischen den

deutschen und den amerikanischen Verhältnissen zwar keinetechnischen Sofortmaßnahmen erforderlich waren, in derFolge weiterer Untersuchungen stellten sich aber einige tech-nische Verbesserungen an älteren Anlagen als durchauszweckmäßig heraus,

Ähnlich steht es mit der Organisation der staatlichen Aufsichtin der Bundesrepublik Deutschland. Die insbesondere von derKemeny-Kommission geäußerte Kritik an den amerikanischenBehörden hat keinen Anlaß gegeben, die Organisation derdeutschen staatlichen Aufsicht grundsätzlich zu ändern. DieAnalyse hat gezeigt, daß im Lichte der dort erhobenen Kri-tik unsere Aufgabenverteilung und Sachverständigenstruktur

und das mehrfach gestaffelte System der Qualitätssicherungund -erhaltung eindeutige Vorteile aufweisen.

Gleichwohl hat Harrisburg und davor Brunsbüttel erneuteImpulse zu einer weiteren Intensivierung der Aufsicht gege-

ben. Der Bundesminister des Innern hat daraus die Konse-

quenzen gezogen. Er hat die für Reaktorsicherheit undStrahlenschutz zuständige Abteilung umorganisiert undpersonell verstärkt. Ich halte es für dringend erforderlich, daßnun auch auf seiten der Länder eine I ntensivierung der Auf-

sicht insbesondere durch eine Aufstockung des Personalbe-

standes erfolgt. Technische Maßnahmen zur Verstärkung der.staatlichen Aufsicht scheinen hier weniger erfolgversprechend.

Fernüberwachung kerntechnischer AnlagenSchon vor dem Störfall in Harrisburg gab es in der Bundes-republik Deutschland das Konzept, die betreibereigene Um-

gebungsüberwachung eines Kernkraftwerkes zu ergänzendurch eine unabhängige behördliche Überwachung der Radio-aktivitätsemissionen und -immissionen, Die Überlegungenwurden im Lichte der Erfahrungen in Harrisburg weitergeführt,und in der Folge hat der Deutsche Bundestag in seiner Sit-zung am 29. November 1979 die bundesweite Einführungvon Fernüberwachungssystemen für kerntechnische Anlagenin der Bundesrepublik Deutschland empfohlen.

Um eine möglichst einheitliche Vorgehensweise bei derEinführung der Fernüberwachungssysteme sicherzustellen,hat der Bundesminister des Innern im Rahmen seiner Zweck-mäßigkeitsaufsicht zur Konkretisierung dieser Entschließung

eine Rahmenempfehlung erarbeitet, die unter seinem Vorsitzim Länderausschuß für Atomkernenergie am 11. September1980 verabschiedet wurde. Die Rahmenempfehlung schafftdie Grundlage für ein bundeseinheitliches Vorgehen, und dieerzielte Einigung ist der Ausdruck der gemeinsamen Anstren-gungen von Bund und Ländern, im Sinne eines optimalenSchutzes von Bevölkerung und Umwelt jede Möglichkeit aus-zuschöpfen, die zu einer weiteren Verbesserung der Aufsicht

über den Betrieb der Kernkraftwerke führt. Unter dem Kern-reaktor-Fernüberwachungssystem ist die automatische Er-

fassung von bestimmten Daten aus den Kernkraftwerken undderen Umgebung sowie deren Weiterleitung an die atom-rechtliche Aufsichtsbehörde zu verstehen. In dieser Rahmen-empfehlung sind die wesentlichen Grundzüge und Aufgabender Fernüberwachung von Kernkraftwerken auf der Basis derRechtsvorschriften des Atomgesetzes und der Strahlenschutz-verordnung dargestellt.

Die Aufgaben der Fernüberwachung sind durch vier Schwer-punkte gekennzeichnet:

Überwachung der Ableitung und Freisetzung radioaktiverStoffe (Emissionsüberwachung) ,Überwachung der Aktivitätskonzentration und Ortsdosis-leistung in der Umgebung (Immissionsüberwachung) sowiein Strahlenschutzbereichen,Erfassung der für die Ausbreitung und Ablagerung radio-

aktiver Stoffe bedeutsamen meteorologischen Einfluß-größen (Meteorologie),Überwachung solcher Betriebsparameter, die für die Emis-sionsüberwachung bedeutsam sind.

Um bei der Umsetzung der Rahmenempfehlung in ein tech-nisches Konzept eine möglichst einheitliche Vorgehensweise

zu erreichen, hat der Bundesminister des Innern die Projekt-trägerschaft für die Einführung der Fernüberwachungssystemean die Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IABG) inOttobrunn vergeben.

Bei der Fernüberwachung erfaßte Daten stehen auch für dengrenzübergreifenden i nformationsaustausch über grenznaheKernkraftwerke zur Verfügung. Obwohl Reaktorunfälle mitsehr großflächigen Auswirkungen nach aller praktischen Er-fahrung ausgeschlossen werden können, ist der NotfallschutzBestandteil der Sicherheitsvorsorge und auch für grenznaheausländische Kernkraftwerke vorzusehen. Die entsprechen-den Fragen werden in gemeinsamen Kommissionen mit unse-ren Nachbarländern erörtert.

Zum Beispiel wurde als Ergebnis der Zusammenarbeit mitFrankreich in der Deutsch-Französischen Kommission fürFragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen eineVereinbarung getroffen, die sicherstellt, daß die PräfekturColmar das Regi.rungspräsidium Freiburg sofort über alle

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besonderen Vorkommnisse im Kernkraftwerk Fessenheiminformiert. Damit ist gewährleistet, daß die auf deutscherSeite vorgesehenen Notfallschutzmaßnahmen bei Bedarfunverzüglich eingeleitet werden können.

Darüber hinaus steht im Moment eine völkerrechtliche Ver-einbarung über den grenzüberschreitenden Informations-austausch zwischen Frankreich und der BundesrepublikDeutschland kurz vor der Unterzeichnung. Die Vereinbarung

sieht die gegenseitige Information bei Vorkommnissen undUnfällen in Kernkraftwerken vor, die radiologische Auswir-kungen auf das Nachbarland haben können.

Zentrale Erfassung und Auswertung von Betriebs-erfahrungenDie Berücksichtigung von Betriebserfahrungen ist ein wichti-ges Mittel bei der Erhöhung der betrieblichen Sicherheit. DerBundesminister des Innern mißt daher der zentralen Erfas-sung und Auswertung von Betriebserfahrungen eine großeBedeutung bei, Dementsprechend hat er bereits 1975 einezentrale StörfallsteIle bei der G RS eingerichtet und die G RSbeauftragt, die besonderen Vorkommnisse zentral zu erfassen,auszuwerten und die Ergebnisse bei Bedarf an Behörden,Gutachter und Betreiber weiterzuleiten. Weiterhin gehört eszu den Aufgaben der "StörfallsteIle" , ausländische Betriebs-erfahrungen auszuwerten und entsprechend zu verbreiten.Auf diese Weise trägt der Bundesminister des Innern dafürSorge, daß alle kompetenten Stellen in der Bundesrepublik

Deutschland diese für die Sicherheit der Kernkraftwerke

wichtigen Informationen erhalten. Bezüglich der Einzelheitenüber die Arbeit der StörfallsteIle verweise ich auf den Beitragvon Dr, Lindauer.

Der internationale Informationsaustausch über Betriebser-fahrungen erfolgt sowohl bilateral über Abkommen der Bun-desrepublik als auch multilateral in internationalen Organisa-

tionen. Das bedeutendste internationale Informationssystem

über Störfälle ist das "Incident Reporting System", das imRahmen der OECD eingerichtet wurde und dem die einzel-nen Länder Vorkommnisse nach festgelegten Kriterien mei-den, Ein ähnliches System ist bei der IAEA in Planung. Aufbilateraler Basis erhält der Bundesminister des Innern dieInformationen über Störfälle aus den USA, Frankreich, Groß-britannien, Schweden und Finnland,

Es ist interessant zu beobachten, daß die N RC in den USAerst nach Harrisburg ein eigenes "office" für die Analyse undAuswertung der meldepflichtigen Ereignisse eingerichtet hat.Die Amerikaner haben die große Bedeutung einer solchenStelle bei der Umsetzung von Betriebserfahrungen erkannt

und eine Endstärke von 40 Mann für diese Gruppe vorgese-hen.

In diesem Zusammenhang wird derzeit in den USA ein Ge-danke erwogen, der meines Erachtens auch bei uns einigerÜberlegungen wert ist:

In den USA wie in der Bundesrepublik Deutschland werdenden Behörden bisher besondere Vorkommnisse nur dann ge-meldet, wenn sie meldepflichtig sind. Nun gibt es aber inKernkraftwerken eine Vielzahl von Zwischenfällen, die zwarkeine unmittelbare sicherheitstechnische Relevanz haben,

denen aber ein gemeinsames Muster zugrunde liegt, Eine zen-trale Auswertung dieser rein betrieblichen Daten könntewertvolle Hinweise auf gemeinsame Versagensmechanismen

geben, Gefordert wird in den USA daher eine Erfassung und

Auswertung auch dieser Daten.

In der Bundesrepublik Deutschland stehen derzeit der unbe-schränkten Weitergabe und der zentralen Auswertung vonrein betrieblichen - also nicht meldepflichtigen - Daten

Überlegungen des Gewerberechts entgegen. Ich könnte miraber vorstellen, daß die zentrale Auswertung von Betriebs-erfahrungen im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung

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zwischen Herstellern, Betreibern, Sachverständigen und Be-hörden möglich wäre, und ich bin überzeugt, daß die Betrei-ber selbst großen Nutzen aus einem solchen System ziehenkönnten.

Zentrale Überprüfung der wiederkehrenden Prüfun-genEin weiterer wichtiger Punkt bei der Erhöhung der betrieb-lichen Sicherheit sind die wiederkehrenden Prüfungen, die ichauch gerne "Störfallerkennung im Vorfeld" nenne.

Anläßlich der Überprüfung eines Kernkraftwerkes haben dieBehörden feststellen müssen, daß die von der RSK und denGutachtern für notwendig erachteten bzw, von den Behördenangeordneten Prüfungen teilweise nicht oder nicht in ausrei-chender Weise ausgeführt worden sind.

Daraufhin hat der BMI gemeinsam mitder GRS ein Programmzur Abhilfe erarbeitet. Bis Ende 1981 wird jedes Kernkraft-werk auf folgende Fragen überprüft werden:

Sind die wiederkehrenden Prüfungen zeitlich richtig undsachlich korrekt ausgeführt worden?Welches sind die Ergebnisse der wiederkehrenden Prüfun-gen?

Die Ergebnisse dieser Aktion werden zusammenfassend dar-gestellt und den Anlageninhabern zur Verfügung gestellt,

Die Rolle des Menschen im KernkraftwerkDer "Faktor Mensch" spielt bei Planung, Errichtung und Be-trieb von Kernkraftwerken als Risikofaktor und zugleich alsSchutzbarriere eine Schlüsselrolle. Er kann Planungsfehler

oder Mängel in der Ausführung der Anlagentechnik bei Bauund Inbetriebnahme verursachen oder verhindern; Störungenoder Störfälle kann er auslösen oder erkennen und beherr-

schen. Als Kontroll- und Korrekturinstanz ist der Mensch

trotz der automatischen Sicherheitseinrichtungen unersetz-

lich. Brunsbüttel, Harrisburg und die deutsche Risikostudiehaben uns diesen Sachverhalt nur allzu deutlich vor Augengeführt,

Es ist daher eine selbstverständliche Forderung, daß die erst-mals bei der Betriebsgenehmigung nachgewiesene Qualifika-tion des gesamten Betriebspersonals in der Folgezeit auf demnach dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technikerforderlichen Stand gehalten wird,

Die erforderliche Fachkunde der für den Betrieb der Anlageverantwortlichen Personen und die notwendigen Kenntnisse

der beim Betrieb sonst tätigen Mitarbeiter sind aber nur dieeine Seite der Angelegenheit, Auf der anderen Seite steht dieBedienungs- und Wartungsfreundlichkeit der Anlage. Sie mußso gestaltet sein, daß dem Bedienungspersonal eine rasche

Erkennung des Anlagenzustandes und eine angemessene Re-aktion bei Störungen erleichtert wird, Hier sind interessanteEntwicklungen im Gange, wie zum Beispiel die Einrichtungder neuen Reaktorschutztafel -im Kernkraftwerk Brunsbütteloder die stärkere Computerunterstützung des Bedienungs-

personals,

Der Bundesminister des i nnern sieht eine Hauptaufgabe derAufsicht über die Fachkunde des Betriebspersonals von Kern-kraftwerken darin, die zur Zeit praktizierten Aus- und Wei-

terbildungsmaßnahmen noch wirksamer als bisher an denSchwerpunktanforderungen der jeweiligen Tätigkeiten auszu-richten. Besonders wichtig wird hierbei die Erhaltung und derNachweis der Fähigkeit sein, auch bei schwierigen Anlagen-zuständen die geeigneten Gegenmaßnahmen festlegen unddurchführen zu können. Die Fähigkeiten zur Fehlersuche undselbst zur Korrektur vorgekommener Fehlhandlungen sollenverstärkt vermittelt werden. Unter allen Umständen steht dieden Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls entsprechende

situationsgerechte Beurteilung und Bewertung des Anlagen-zustandes im Vordergrund.

Hier hat sich besonders der Einsatz von Simulatoren in Essen

bewährt, Der Bundesminister des Innern begrüßt es, daß diedortigen Einrichtungen rege in Anspruch genommen werden.Allerdings wird zu prüfen sein, ob die AufgabensteIlung der

beiden Simulatoren noch ausreichend ist: Sie ist allzu stark aufden Normalbetrieb abgestellt und Probleme der Beherrschungvon Stör- und Unfällen sind nicht oder nicht ausreichend

integriert. Der Bundesminister des Innern würde es begrüßen,die Simulatoren den modernen Bedürfnissen anzupassen,Außerdem wäre es wünschenswert, einen weiteren DWR-Simulator größerer Art mit einer verbesserten Schaltwarte zubeschaffen.

Die zunehmende Bedeutung, die 'einer intensiven Aufsichtüber die Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen beim Betriebs-personal zukommt, erfordert meines Erachtens dringendeine personelle Verstärkung der zuständ igen Länderbehörden,Der Bundesminister des Innern hat bereits ein eigenes Referatfür die Bundesaufsicht über die Fachkunde des Personals inKernkraftwerken eingerichtet. Das Schwergewicht der Arbei-ten des Bundesministers des Innern liegt hierbei auf einerÜberprüfung, Harmonisierung und - soweit nach dem je-weiligen Stand von Wissenschaft und Technik erforderlich -Neubestimmung der Anforderungen an Aus- und Weiterbil-dungsmaßnahmen für das Betriebspersonal in Kernkraftwer-ken. Hierbei werden neuere Entwicklungen im Ausland eben-so in die Überlegungen einbezogen wie Betriebserfahrungen

aus Kernkraftwerken in der Bundesrepublik Deutschland,naturgemäß insbesondere Erkenntnisse aus sicherheitstech-nisch bedeutsamen Ereignissen.

Zusammenfassung und Ausblick

Zusam m enfassung

Ich möchte noch einmal die wichtigsten Punkte meines Bei-trages zusammenfassen.

Das übergeordnete Ziel der behördlichen Aufsicht über diein Betrieb befindlichen Kernkraftwerke ist der Schutz derBevölkerung und der in den Anlagen Beschäftigten vorden Gefahren der Kernenergie, Konkret heißt das, jedeunnötige Strahlenexposition zu vermeiden und jede unver-meidbare Strahlenexposition unterhalb der genehmigten

Höchstwerte so gering wie möglich zu halten. Dieses Zielwurde in der Bundesrepublik Deutschland uneingeschränkterreicht.

Wir hatten gesehen, daß die föderalistische Struktur derbehördlichen Aufsicht über die in Betrieb befindlichen

Kernkraftwerke mit der Gesetz- und Zweckmäßigkeits-aufsicht des Bundes über das Handeln der Länder einegünstige Organisationsform ist. Auch die Ereignisse inHarrisburg haben keine Hinweise auf grundsätzlicheSchwächen dieser Organisationsform gegeben.

Die behördliche Aufsicht wird streng durchgeführt. BeiStörfällen oder beim Erkennen von Schwachstellen wird,wenn nötig, drastisch durchgegriffen. Die Sicherheit hatabsoluten Vorrang vor wirtschaftlichen Erwägungen, Bei-

spiele sind die Kernkraftwerke Brunsbüttel, Isar, Philipps-, burg und Würgassen, bei denen fällige Reparaturen und

Nachrüstungen große Kosten und lange Stillstandszeitenverursachen.

Die behördliche Aufsicht erfüllt ihre Aufgaben gut. Die Er-eignisse von Brunsbüttel und Harrisburg haben aber ge-zeigt, daß eine weitere Verstärkung der staatlichen Auf-sichtskapazitäten, insbesondere bei den Ländern, erforder-lich ist.

Mit Verabschiedung einer Rahmenempfehlung zur Fern-überwachung kerntechnischer Anlagen im Länderausschußfür Atomkernenergie wurde der Weg gebahnt zu einer wei-teren Verbesserung der routinemäßigen Überwachung derKernkraftwerke.

Die zentrale Erfassung und Auswertung von Betriebser-fahrungen wird von einer zentralen StörfallsteIle bei derG RS wahrgenommen, Die dieser Stelle zur Verfügungstehenden Daten sind bisher auf die meldepflichtigen be-sonderen Vorkommnisse beschränkt. In Anbetracht dessicherheitstechnischen Gewinns einer zentralen Auswer-tung auch rein betrieblicher Daten, müssen Wege für eine

solche Auswertung gefunden werden,

Wegen der großen sicherheitstechnischen Bedeutung derwiederkehrenden Prüfungen hatder BMI die zentrale Über-prüfung dieser Prüfungen auf sachlich und zeitlich richti-ge Durchführung in die Wege geleitet.

Die Ereignisse in Harrisburg und Brunsbüttel und Teiler-gebnisse der deutschen Risikostudie haben bestätigt, daßder "Faktor Mensch" beim Betrieb eines Kernkraftwerkeseine Schlüsselrolle spielt. Dementsprechend wird der Bun-desminister des Innern den Aus- und Weiterbildungsmaß-nahmen des Personals in Kernkraftwerken erhöhte Auf-,merksaiikeit widmen.

AusblickGanz zum Schluß möchte ich noch kurz auf einige wichtigeVorhaben des Bundesministers des Innern zu sprechen kom-men.

Kostennovelle

Die intensive staatliche Aufsicht über in Betrieb befindliche

Kernkraftwerke hat erhebliche Kosten, vor allem auch Perso-nalkosten, zur Folge. Mit der Novellierung des § 21 des Atom-gesetzes durch die im August 1980 in Kraft getretene Ko-stennovelle wurde die Voraussetzung dafür geschaffen, daß

die Kosten im Rahmen des verfassungsrechtlich Vertretbarenentsprechend dem Verursacherprinzip auf die Betreiber abge-wälzt werden. Dazu gehören nicht zuletzt auch die Kostenfür die oben genannten Maßnahmen, die Fernüberwachungund die Wiederholungsprüfung. Die derzeit in der Abstim-mung mit den Bundesländern befindliche Kostenverordnungzum Atomgesetz sieht entsprechende Regelungen für Gebüh-ren und Auslagen bei Maßnahmen der Aufsicht vor.

BußgeldvorschriftenIm Bundesministerium des Innern wird derzeit die Notwen-digkeit von Bußgeldvorschriften erwogen, die den Belangen

der Betriebssicherheit dort mehr Nachdruck verleihen könn-ten, wo es beim Anlagenbetrieb erfahrungsgemäß besonders

erforderlich ist, Das 18. Strafrechtsänderungsgesetz, durch

das der wesentliche Regelungsgehalt der Strafvorschriftendes AtG mit Wirkung vom 1. Juli 1980 ins Strafgesetzbuchüberführt wurde, hat erneut ins Bewußtsein gehoben, daß

Straftaten gegen die Umwelt und die technische Sicherheitkeinesfalls Kavaliersdelikte darstellen, sondern kriminellesUnrecht.

Der Androhung und Anwendung von Geldbußen kommt fürdie Sicherheit des Betriebes kerntechnischer Einrichtungen

vor allem die präventive Funktion zu, Unregelmäßigkeiten

schon "im Vorfeld" zu begegnen.

Neue Verordnungen

Der Bundesminister des Innern bereitet derzeit einige wichti-ge atomrechtliche Verordnungen vor, die für die Aufsichtüber die in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke von Bedeu-tung sind, Es sind dies:

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die Meldepflicht-Va,

die Fachkunde-Va,

die Sachverständigen-Va.

Nachrüstung

Im Rahmen der Novellierung des AtG soll überlegt werden,

ob die Betreiber verpflichtet werden sollen, ihre Anlagen

in bestimmten Zeitabständen kostenpflichtig auf ihren

Einführung in das FachgesprächVon O. Kellermann1)

Das diesjährige Fachgespräch hat den Betrieb von Kernkraft-werken zum Thema, Nachdem wir im Verlauf des Jahres1980 bereits Seminare zu Forschungsaktivitäten, zur Aus-bildung von Kernkraftwerkspersonal, zur Anwendung vonKTA-Regeln und zu den Ergebnissen der deutschen Risiko-studie durchgeführt haben, soll nun auf diesem traditionellenFachgespräch der G RS vornehmlich über Fragen der Aufsichtund Fragen der Betriebssicherheit gesprochen werden,

Der Stand der Kernenergietechnik stellt sich in der Bundes-republik wie folgt dar:

Sieht man von dem seit längerem andauernden Stillstand desKernkraftwerkes Brunsbüttel ab, so befinden sich 14 Kern-

kraftwerke in Betrieb, vier dieser Anlagen sind Versuchs kraft-werke mit weniger als 50 MW elektrischer Leistung, also sindetwa zehn große Kernkraftwerke in Betrieb.Drei Anlagen sind inzwischen wieder außer Betrieb genommenworden, der Prototypreaktor in Niederaichbach, eine nicht

mehr verfolgte Baulinie, der Siedewasserreaktor in Gund-remmingen wegen zu umfangreicher Änderungsarbeiten nachdem Störfall im Jahr 1978 und der Siedewasserreaktor mit

fossiler Nachüberhitzung in Lingen wegen der vom Betreiberals zu umfangreich angesehenen Nachbesserungsarbeiten, dieim Zusammenhang mit dem Dampfumformerersatz durchzu-führen gewesen wären. Bei den Anlagen Gundremmingen iund Lingen sind zwei Komplexe maßgeblich gewesen für dieEntscheidung der Energieversorgungsunternehmen zur Still-legung: der Umfang der Nachrüstmaßnahmen, neudeutschbackfitting, und die Genehmigungsunsicherheit, die in unse-rem Lande zugenommen hat, wie das Beispiel Brunsbüttelzeigt,

Zur Zeit werden zehn Kernkraftwerke errichtet, wovon sichfünf Anlagen in einem fortgeschrittenen Bauzustand befinden.

1) Dipl.-Ing. Otto Kellermann ist Geschäftsführer der Gesellschaftfür Reaktorsicherheit (G RS) mbH.

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Sicherheitsstand im Vergleich zum Stand von Wissenschaftund Technik überprüfen zu lassen,

ob Teilnachrüstungen in der Form wesentlicher Änderun-gen im Sinne des § 7 Abs, 1 AtG erleichtert werden kön-nen, soweit hierdurch die Eigeninitiative der Betreibergefördert werden kann, In der Vergangenheit scheint dasstrenge Instrument der wesentlichen Änderung diese Initi-ative eher gehemmt zu haben,wie die Eingriffschwelle für nachträgliche Auflagen der

Behörden präzisiert werden kann.

Für die nahe Zukunft ist ein weiterer Zubau von zehn Anla-gen geplant.

Dieses Zahlenverhältnis von zehn betriebenen zu zehn in Baubefindlichen Anlagen bewirkt, daß sich die Arbeitsschwer-

punkte der Gutachterorganisation verschoben haben. DieAufgaben, die mit der Überwachung der Anlage zusammen-hängen, haben stark zugenommen,

Die Erfahrungen, die weltweit beim Betrieb der Kernkraft-werke gewonnen wurden (etwa 2000 Betriebsjahre weltweit,davon 120 in der Bundesrepublik Deutschland), haben einendeutlichen Einfluß auf die sicherheitstechnische Auslegung

genommen. Wir sind nicht mehr ausschließlich auf theore-tische Sicherheitsanalysen und Experimente angewiesen,sondern können den Erfahrungsrückfluß zur Schwachstellen-beseitigung bei Altanlagen und bei neuen Projekten nutzen,Wenn die Betriebserfahrungen genutzt werden sollen, müssensie zwischen Betreibern, Herstellern, Aufsichtsbehörden undGutachtern offen ausgetauscht werden.

Diese Offenheit ist schon jetzt weitgehend verwirklicht, Siespiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Autorendieses Fachgesprächs wider. Die Offenheit war nicht vonAnfang an vorhanden und sie wurde durch Überreaktionender zu I nformierenden gestört. Wir dürfen heute von offenerund vertrauensvoller Zusammenarbeit der Beteiligten spre-chen, Das Ziel eines sicheren Betriebs wird von allen ange-strebt. Viele und wesentliche Maßnahmen zur Verbesserungsind von der I ndustrie, von Betreibern und Herstellern auseigenem Antrieb, ohne Druck von außen realisiert worden,Werden in diesen Aufsätzen erkannte Mängel und wünschens-werte Verbesserungen aufgezeigt, so wollen diese nicht alsVorwurf verstanden werden, sondern als Beitrag zur Dis-kussion in weiteren gemeinsamen Gesprächen.

Strahlenbelastung in deutschen KernkrafterkenEntwicklung und EinflußgrößenVon w. Müller1)

Kurzfassung

Die Individual- und Kollektivdosen in deutschen Kernkraft-werken haben seit Beginn der kommerziellen Kernenergie-nutzung eine nachhaltige Senkung erfahren. Der Beitrag dis-kutiert die Einflußfaktoren, die zu dieser Entwicklung geführthaben und zeigt Bereiche auf, in denen in Zukunft noch Ver-besserungen möglich sind. Dabei wird auch auf die Wechsel-

wirkung der Strahlenschutzpraxis mit den einschlägigenRechtsvorschriften eingegangen. Als der unmittelbare An-satzpunkt für weitere Verbesserungsmöglichkeiten wird all-gemein die Erfassung tätigkeitsbezogener Dosen angesehen.

Daher wird abschließend an einigen Beispielen dargestellt,wie sich die Auswertung solcher Erfahrungen in der Praxisniedergeschlagen hat.

Abstract

The individual and collective doses in German nuclear powerstations have decreased remarkably since the beginning of thecommercial nuclear power production. The paper discussesthe influencing factors, that have caused this developmentand points out areas where improvements are possible in thefuture. Moreover, the interaction between radiation protectionpractice and the relevant legal regulations is considered,

Usually the recording of job related doses is regarded as themost direct access to possible improvements. Concluding, itis therefore demonstrated by some examples how the evalua-tion of such information has taken effect in practice.

Einleitung

Der Betrieb von Kernkraftwerken führt zwangsläufig zuStrahlenexpositionen - sowohl außerhalb wie innerhalb derAnlagen, In der Vergangenheit richtete sich das öffentlicheInteresse in diesem Zusammenhang zunächst überwiegend aufdie Strahlenexposition der Bevölkerung, was verständlich undnaheliegend sein mag, Nun hat allerdings in den letzten Jah-ren auch der Strahlenschutz des in den Kernkraftwerkentätigen Personals zunehmende Aufmerksamkeit in der Öffent-lichkeit gefunden, Dies drückt sich einmal aus in der wach-senden Zahl von Publikationen auf diesem Gebiet. Zumanderen machen mehrere Fachtagungen der letzten Jahre,die sich ausschließlich diesem Thema widmeten, das gestei-gerte Interesse deutlich.

Woran liegt es nun, daß der Strahlenschutz der Arbeitskräfteso interessant geworden ist? Eine der Ursachen war sicherlichein in dieser Höhe nicht immer erwarteter Anstieg der beiInstandhaltungsarbeiten aufgenommenen Kollektivdosen.Dies führte zu einer Zeit, da die Zahl der Kernkraftwerke

noch stetig wuchs, zu Befürchtungen hinsichtlich des Perso-nalbedarfs und des Beitrages zur genetisch signifikantenDosis der Bevölkerung.

Ein anderer Auslöser waren die jüngsten ICRP-Empfehlungen(1), die im Jahre 1977 veröffentlicht wurden. Die dort fest-gelegten Grenzwerte basieren auf der Beobachtung, daß ein

Ganzkörperdosisgrenzwert von 5 rem/a für beruflich strahlen-exponierte Personen Schutzmaßnahmen nach sich zieht, dieeine mittere Ganzkörperdosis von 0,5 rem/a bewirken. Das

mit diesem Mittelwert verbundene gesundheitliche Risikoist dem in anderen risikoarmen Berufszweigen vergleichbar.

Wird der Mittelwert von 0,5 rem/a von größeren Personen-

gruppen systematisch überschritten, würde dies dem Schutz-ziel der ICRP widersprechen. Nun haben verschiedene Unter-suchungen gezeigt, daß der Mittelwert der Ganzkörperdosis

in Kernkraftwerken im allgemeinen über 0,5 rem/a lag. Bei-spielsweise kommt eine Analyse der N RC (2) zu einer mitt-leren Ganzkörperdosis dieses Personenkreises von 0,69 bis0,94 rem/a zwischen 1973 und 1978.

Diese Überlegungen und das daraus erwachsene gesteigerteInteresse führten in der Bundesrepublik Deutschland -wie auch in anderen Ländern - zu der Einsicht, daß einesystematischere Erfassung und eingehendere Auswertungder Strahlenbelastung in Kernkraftwerken erforderlich ist.Die GRS widmet sich seit einigen Jahren dieser Aufgabe. Imfolgenden sollen einige anlagenübergreifende Ergebnisse die-

ser Arbeiten dargestellt werden.

Individualdosen

Die Untersuchung über die Strahlenbelastung des amerika-nischen Kernkraftwerkspersonals wurde bereits erwähnt. Wiesieht es nun mit der Strahlenbelastung in deutschen Anlagenaus? Die erste Frage, die sich hier stellt, lautet:

Wie hoch ist die mittlere Personendosis des Personals?Bild 1 gibt hierüber Auskunft. Dargestellt ist die mittlerejährl iche Ganzkörperdosis aller deutschen Leichtwasserreak-toren in Abhängigkeit vom Betriebsalter der Anlagen. Dar-über hinaus wurde noch einmal unterschieden zwischenDruck- und Siedewasserreaktor. Gleichgültig welchen Reak-tortyp oder ob man alle Anlagen betrachtet, die Tendenzerscheint recht einheitlich:

Je älterdieAnlagen, um so höher die Dosis. Einzelne Unregel-mäßigkeiten ändern an diesem grundsätzlichen Trend rechtwenig. Bis zum dritten Betriebsjahr wird der ICRP-Mittelwertvon 0,5 rem/a noch unterschritten. Danach steigen die Mittel-werte bis über 1 rem/a nach neun und mehr Betriebsjahren.

Was sind die Ursachen für diesen Verlauf?

1-213

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3 8 9 105

1) Dipl.-Phys, Wolfgang Müller, Gesellschaft für Reaktorsicherheit Bild 1: Mittlere jährliche Ganzkörperdosen in deutschen Leichtwas-(GRS) mbH. serreakturen in Abhängigkeit vom BetriebsalterBetriebsalter (a)

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Tafel 1: Mittlere Personendosen in deutschen Kernkraftwerken in den Jahren 1970 bis 1979 On rem/al,

Anlage 1, Betriebs- 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979jahr

Kahl (VAK) 1962 0,87 0,71 2,62 1,71 1,70 1,42 0,63 0,68 0,50 0,47

Gundremmingen (KRB) 1967 0,86 1,08 0,97 1,50 1,45 1,47 1,25 1,16 0,68 0,51

Ungen (KWL) 1969 0,42 1,02 1,48 0,89 0,91 1,39 0,69 - - -Würgassen (KWW) 1972 - - 0,38 0,11 0,29 0,17 0,35 0,39 0,44 0,94

Brunsbüttel (KKB) 1977 - - - - - - - 0,20 0,22 0,34Isar (KKI) 1979 - - - - - - - - - 0,15

SWR 0,59 1,01 0,85 0,69 0,67 0,82 0,71 0,50 0,37 0,49

Obrigheim (KWO) 1969 0,92 1,43 1,47 1,20 1,10 1,27 1,16 1,04 1,23 0,95Stade (KKS) 1972 - - 0,19 0,45 0,53 0,62 0,75 0,61 0,51 0,70Biblis (KWB) 1975/77 - - - - - 0,07 0,23 0,16 0,39 0,25Neckarwestheim (GKN) 1977 - - - - - - - 0,18 0,23 0,17Unterwese~ (KKU) 1979 - - - - - - - - - ":0,1

DWR 0,92 1,43 0,87 0,72 0,81 0,67 0,55 0,37 0,50 0,38

alle 0,71 1,21 0,86 0,70 0,71 0,76 0,62 0,44 0,44 0,44

Zunächst denkt man an eine entsprechende Steigerung desStrahlenpegels in den Anlagen oder an einen wachsendenI nstandhaltungsaufwand mit zunehmendem Betriebsalter.Wenn auch beide Effekte beobachtet werden, können sie -wie wir später sehen werden - dennoch nicht die Entwick-lung der Personendosis vollständig erklären, Dazu ist eineanlagenbezogene Analyse unumgänglich, Tafel 1 enthältdie mittleren jährlichen Ganzkörperdosen der einzelnendeutschen Leichtwasserreaktoren seit 1970. Wie man sieht,ergeben sich beträchtliche Unterschiede zwischen verschiede-

nen Anlagen, Allgemein läßt sich dreierlei feststellen:

1. Mit wachsendem Anlagenalter ist ein Anstieg der mitt-leren jährlichen Personendosen in den ersten Jahren zubeobachten. Danach treten Schwankungen auf, die zwarauch noch zu einzelnen Spitzenwerten führen können.Über mehrere Jahre gesehen, stellt sich jedoch eine Stabi-lisierung ein.

Es wäre denkbar, diese allgemeine Tendenz auf den Einflußdes Grenzwertes für die Ganzkörperdosis zurückzuführen.

Der Unterschied in den Niveaus, bei denen die Personendosensich stabilisieren, legt jedoch die Vermutung nahe, daß auchanlagenspezifische Einflüsse wirksam sind, In der Tat kannman bei eingehender Analyse feststellen, daß sowohl die gene-relle Tendenz als auch die Unterschiede zwischen den Anla-gen stark mit der Ortsdosisleistung an den Komponenten dernuklearen Kühl kreisläufe korrespondieren. Arbeiten an die-sen Anlagenteilen tragen im allgemeinen auch maßgeblich zurgesamten Strahlenexposition des Personals bei. GesteigerterInstandhaltungsaufwand in diesen Bereichen erklärt schließ-lich auch die Unregelmäßigkeiten in der Dosisentwicklung

der einzelnen Anlagen. Treten in einem Jahr größere Inspek-

tions-, Reparatur- oder Änderungsarbeiten an Primärkompo-nenten auf, so wirkt sich das zwangsläufig auf die Dosis des

Personals aus. Der eingangs erwähnte Dosisgrenzwert hat hierlediglich dämpfende Funktion.

Diese Feststellung erklärt jedoch noch nicht die mangelndeÜbereinstimmung zwischen dem Dosisverlauf der einzelnenAnlagen und dem in Bild 1 dargestellten Trend aller Anlagen.Hierzu muß man wiederum auf die anlagenspezifische Ana-lyse zurückgreifen, Dabei ergibt sich die zweite allgemeine

Feststellung:

2. Die mittleren jährlichen Personendosen in älteren Anla-

gen liegen im allgemeinen höher als die jüngerer Anlagen.

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Eine wesentliche Ursache hierfür ist die Tatsache, daß dieOrtsdosisleistung in älteren Anlagen im allgemeinen höherliegt. Erst im Verlauf der letzten 10 Jahre hat man die Mög-lichkeiten zur Reduzierung der Strahlenbelastung erkannt,

die unter anderem in der Konditionierung des Primarkühl-

mittels liegen. Der Einfluß der strikten Kontrolle chemischerZusätze sowie der Temperatur auf das Ablagerungsverhalten,insbesondere von radioaktiven Korrisionsproduktèn, ließ sichso zur nachhaltigen Senkung der Ortsdosisleistung nutzen.

Zurück zu Bild 1. Wie man sieht, nimmt die Zahl der berück-sichtigten Anlagen (in Klammern angegeben) mit zunehmen-dem Betriebsalter ab, Das bewirkt einen stärkeren Einflußälterer Anlagen auf die mittleren jährlichen Dosen bei höhe-ren Betriebsjahren. Dadurch steigt die mittlere Dosis selbstda, wo in den einzelnen Anlagen ein"e Stabilisierung beobach-tet wird.

Nun läßt sich allerdings in den letzten Jahren eine dritte Fest-stellung treffen:

3. Bei älteren Anlagen ist in den letzten Jahren eine Reduzie-rung der mittleren Personendosen abzulesen, Das N(veau

der Dosen in diesen Anlagen nähert sich dem neuerer An-lagen,

Um das zu verdeutlichen, wurde die mittlere Ganzkörperdo-sis aller Anlagen für das Jahr 1979 im Bild 1 eingezeichnet,Man erkennt, daß dieser Wert am unteren Ende des Bereichs

der mittleren jährlichen Ganzkörpersosis, liegt. Berücksich-

tigt man, daß das mittlere Alter der betrachteten Anlagen bei

etwa 6,7 /a liegt, so läßt dies auf zusätzliche Anstrengungenin den letzten Jahren schließen. Um das noch etwas deut-licher zu machen, sind in Bild 2 die mittleren jährlichenGanzkörperdosen über den Kalenderjahren aufgetragen.Überraschenderweise ergibt sich hier gerade die umgekehrteTendenz zu Bild 1: eine fast stetige Verringerung der mittle-ren Dosen.

Woran liegt es, daß die mittleren Personendosen sinken?Neben der bereits erwähnten Kühlmittelkonditionierung er-scheinen hier zwei weitere Ursachen maßgeblich. Einmal hatsich die Erfahrungsauswertung natürlich nicht auf die Kühl-mittelchemie beschränkt. Die konsequente Trennung starkstrahlender Komponenten war beispielsweise eine weitereFolge dieser Auswertung. Verkürzte Arbeitszeiten in Berei-chen hoher Ortsdosisleistungen durch verbesserte Auslegungund technische Hilfsmittel spielten ebenfalls eine nicht uner-

hebliche Rolle, Die Liste der technischen Verbesserungsmaß-nahmen soll hier nicht fortgesetzt werden. Fest steht, daßalle derartigen Anstrengungen zur Reduzierung der Strahlen-belastung beigetragen haben.

Neben dem technischen Aspekt dürfte allerdings auch nochein anderer für die positive Entwicklung der letzten Jahre vonBedeutung sein, Wie allgemein bekannt, trat im Jahre 1977die 2. Strahlenschutzverordnung in Kraft. Gegenüber der 1.

Strahlenschutzverordnung wurden darin einige Verschärfun-gen im Hinblick auf den Strahlenschutz der beruflich strahlen-exponierten Personen festgeschrieben, Es sei hier nur an dieVerschärfung der Dosisgrenzwerte (§ 49), die reduziertenAuslegungsrichtwerte für Dauereinrichtungen (§ 54) oder an

die Verbesserung der Überwachung von Fremdpersonal

(§ 20 a) erinnert. Die Diskussion über diese Festlegungenhat natürlich weit vor den Jahren 1977 eingesetzt. Und es

ist unzweifelhaft, daß diese Diskussion und mehr noch dasInkrafttreten der neuen Strahlenschutzverordnung die Her-

steller und Betreiber zu verstärkten Anforderungen herausge-fordert hat.

Da eingangs die jüngsten ICRP-Empfehlungen angesprochenwurden, soli 'hier kurz auch noch auf die Frage eingegangenwerden:

Wie verhalten sich die mittleren Personendosen im internatio-nalen Vergleich?

Die Gegenüberstellung für die mittleren Personendosen zeigtBild 3. Hierfür wurden Daten verwendet, die die OECD imRahmen einer gemeinsamen Umfrage mit der IAEA gesam-melt und ausgewertet hat (3). Der Verlauf entspricht sehrdeutlich der Feststellung Nr. 1 (s.o.), das heißt, nach einemAnstieg in den ersten Jahren folgt eine Stabilisierung auf einannähernd konstantes Niveau. Der Einfluß der Altanlagenkommt - wie man sieht - hier weniger zur Geltung. Um derUrsache hierfür näherzukommen, ist in Bild 4 der Verlaufder mittleren Personendosen im letzten Jahrzehnt aufgetra-gen, Man sieht, daß international annähernd konstant einWert von 0,6 rem/a auftritt. Dagegen liegt die mittlere jähr-liche Personendosis aller deutschen Anlagen bis 1976 überdiesem Wert. Das heißt, im internationalen Vergleich schnei-den die älteren deutschen Kernkraftwerke etwas ungünstigerab. Erst mit der Inbetriebnahme der jüngeren Anlagen tritteine Reduktion der Personendosen ein. Und erst zu diesemZeitpunkt wird der internationale Stand erreicht und sogarunterschritten. Verantwortlich für diese Entwicklung ist ne-ben dem unterschiedlichen technischen Vorsorgeaufwandgerade bei jüngeren Anlagen auch die Zahl der im Kontroll-bereich eingesetzten Personen. Bei steigenden Anlagengrößenergibt sich ein steigender Arbeitsaufwand, der jedoch infolgegeringerer Ortsdosisleistung zu niedrigeren Personendosen

führt.

Kollektivdosen

Neben der individuellen Belastung des Personals spielt beider Beurteilung des Strahlenschutzes in Kernkraftwerken

der Begriff der Kollektivdosis die zweite wichtige ,Rolle. Er

hat sich eingebürgert für die Summe der individuellen Strah-lenexpositionen in einem bestimmten Zeitraum oder für einebestimmte Arbeit. Die Aufmerksamkeit soll zunächst derKollektivdosis pro Jahr und Anlage - kurz: der Jahreskollek.tivdosis - gelten. Danach folgen einige Bemerkungen zurKollektivdosis bei verschiedenen Arbeiten.

Wie hoch sind die Jahreskollektivdo.sen?

Ähnlich wie bei den Individualdosen gibt Bild 5 einen Über-blick über die Entwicklung der Jahreskollektivdosen mit demBetriebsalter. Dargestellt sind die mittleren Jahreskollektiv-

dosen getrennt für Druck- und Siedewasserreaktoren sowiefür alle Anlagen gemeinsam. Eine Tendenz aus diesem Ver-lauf abzuleiten, erscheint auf den ersten Blick schwierig. Läßt

141

1.2

1.0

0'8

14)

0.6

(9) £91 (110'4

0.2

1970 71 72 73 74 75 76 77 78 79

3ild 2: Mittlere jährliche Ganzkörperdosen in deutschen Leichtwas-serreaktoren zwischen 1970 und 1979

Kalenderjahr

~ 1.0J!

1.2

~ë- 08'0

~¡;

t 0.6

~~

~ 0'4

0.2(10)

-OECD-BRD

3 5 6 8 9 10

BetrÎebsalter (al

Bild 3: Mittlere jährliche Ganzkörperdosen der Leichtwasserreaktorenin der OECD und in der Bundesrepublik Deutschland in Ab-hängigkeit vom Betriebsalter

1969 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79Kalenderjahr

Bild 4: Mittlere jährliche Ganzkörperdosen der Leichtwasserreak-toren in der OECD und in der Bundesrepublik Deutschlandzwischen 1969 und 1979

11

800KKS79

700

600

500

400

300

200___ DWR-SWR

100

4 10

Beriebsalter (a)

5 6 7 8

Bild 5: Mittlere Jahreskollektivdosen in deutschen Leichtwasserreak-

toren in Abhängigkeit vom Betriebsalter

man jedoch einmal die extremen Unregelmäßigkeiten außer

acht, ergeben sich Ähnlichke.iten mit dem Verlauf der Indivi-dualdosen. Allerdings scheint noch nicht ganz entschieden,

ob ein weiterer Anstieg oder eine Stabilisierung als Tendenzüberwiegt.

Um den Ursachen des Verlaufs auf die Spur zu kommen,stellt sich die Frage:

Welche Einflußfaktoren bestimmen den Verlauf der Jahres-kollektivdosen ?

Wegen der Ähnlichkeit mit den Individualdosen liegt es nahezu überprüfen, ob die frei für die I ndividualdosen getroffenenFeststellungen auch für die Kollektivdosen zutreffen, Kannman also sagen:

1. Mit wachsendem Anlagenalter ist ein Anstieg der Jahres-kollektivdosen in den ersten Jahren zu beobachten, Da-nach treten Schwankungen auf, die zwar auch noch zueinzelnen Spitzenwerten führen können. Über mehrereJahre gesehen stellt sich jedoch eine Stabilisierung ein,

Auch hierfür ist wieder die anlagenspezifische Analyse erfor-derlich. Einzelheiten hierzu können der Tafel 2 entnommen

werden. Es soli hier lediglich an zwei Beispielen die obigeAussage überprüft werden. Bild 6 zeigt den Verlauf der Jah-reskollektivdosis für die Anlagen Obrigheim (KWO) undStade (KKS). Die Tendenz entspricht exakt der Feststellungbei den Individualdosen. Allerdings schlagen Einzelereignisse

bei der Kollektivdosis noch schärfer durch als bei der i ndivi-dualdosis. So wurden im dritten und vierten Betriebsjahr(1971/72) bei KWO umfangreiche Dampferzeugerreparaturendurchgeführt, die die Kollektivdosis hochschnellen ließen. Im

zweiten Betriebsjahr von KKS (1973) waren umfangreicheRevisionsarbeiten sowie verschiedene Reparaturen die Ur-sache einer erhöhten Jahreskollektivdosis. Die sogenannte

Schemelaktion (4), der Austausch des Kernschemels imReaktordruckbehälter, ist als die spektakulärste Arbeit indiesem Zusammenhang bekannt. Im achten Betriebsjahr dergleichen Anlage (1979) führten wiederum außergewöhnlich

umfangreiche Revisionsarbeiten sowie Ertüchtigungsmaß-nahmen (Backfitting) zur Steigerung der Jahreskollektivdosis.

Generell läßt sich feststellen, daß auch bei den Kollektiv-dosen der Verlauf stark mit der Ortsdosisleistung korrespon-

diert. Die Überlagerung mit dosisintensiven Einzelereignissen

läßt diesen Zusammenhang jedoch nicht immer so deutlichsichtbar werden wie in den zwei dargestellten Beispielen.Wegen der geringen Zahl der in Betrieb befindlichen Anlagenwirkt sich das bei der Mittelung über alle Anlagen aus, wie in

Bild 5 zu sehen ist. Um diese Effekte noch ein wenig zu er-läutern, sind daher an einigen auffallenden Spitzenwerten

die zugehörigen Einzelereignisse angedeutet, Neben den be-reits oben beschriebenen handelt es sich dabei um folgendeVorfälle:

KWL 72: Reparatur der Dampfumformer,KWL 75: Reparatur der Dampfumformer und umfangreiche

Revision,KKB 79: Reparatur und Backfitting nach dem Störfall am

18.6.1978,KWW 79: Prüfung und Reparatur der Frischdampf-, Speise-

wasser- und Treibwasserleitungen sowie des Reak-

tordruckbehälters.

Die zweite Hypothese, die es zu überprüfen gilt, lautet:2, Die mittleren Jahreskollektivdosen in älteren Anlagen

liegen im allgemeinen höher als die jüngerer Anlagen.

Auch diese Aussage läßt sich aus der Analyse der anlagenspe-zifischen Daten bestätigen. Als Beispiel soli ein Vergleich der

Tafel 2: Jahreskollektivdosen in deutschen Kernkraftwerken in den Jahren 1970 bis 1979 (in rem/aL.

Anlage 1. Betriebs- 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979jahr

Kahl (VAK) 1962 84 68 393 188 274 274 120 149 104 103

Gundremmingen (KRB) 1967 317 382 444 661 665 659 865 1390 555 229

Lingen (KWL) 1969 308 625 733 283 433 1025 262 - - -Würgassen (KWW) 1972 - - 503 96 499 221 387 449 435 1810

Brunsbüttel (KKB) 1977 - - - - - - - 470 585 834

Isar (KKI) 1979 - - - - - - - - - 217

SWR (Mittelwert) 236 358 518 307 468 545 409 615 395 639

Obrigheim (KWO) 1969 672 1339 1244 665 592 681 783 698 788 537

Stade (KKS) 1972 - - 139 404 298 388 416 411 335 721

Biblis A+B (KWB) 1975/77 - - - - - 31 379 305 841 448

Neckarwestheim (GKN) 1977 - - - - - - - 174 203 203

Unterweser (KKU) 1979 - - - - - - - - - 47

DWR (Mittelwert) 672 1339 692 535 445 367 526 318 433 326

alle (Mittelwert) 345 604 576 383 460 468 459 449 416 468

12

beiden bereits erwähnten Druckwasserreaktoren dienen, Diemittere Jahreskollektivdosis über die ersten acht Betriebs-

jahre betrug für KWO 773 manrem, für KKS 389 manrem,Läßt man die jeweils zwei Betriebsjahre mit außergewöhn-lich hoher Kollektivdosis wegfallen, ergibt sich das gleiche

Bild: KWO 601 manrem, KKS 331 manrem. Die Ursachenhierfür sind im wesentlichen die gleichen wie bei den Indi-vidualdosen.

Die Auswirkungen dieses Sachverhaltes sind ebenfalls diegleichen. Der im Bild 5 beobachtete Anstieg der mittlerenJahreskollektivdosis vor allem bei Druckwasserreaktoren zuspäteren Betriebsjahren hin geht wiederum auf den verstärk-ten Einfluß der älteren Anlagen zurück. So liegt zum Beispiel

für Druckwasserreaktoren die mittlere Jahreskollektivdosis inden letzten Jahren zwischen 300 und 450 manrem.

Es bleibt die dritte Aussage zu überprüfen:3. Bei älteren Anlagen ist in den letzten Jahren eine Redu-

zierung der Jahreskollektivdosis abzulesen. Das Niveau

der Kollektivdosen in diesen Anlagen nähert sich demneuerer Anlagen,

Wie die anlagenspezifische Analyse zeigt, ist diese Hypothesenicht zutreffend. Die technischen und organisatorischen Ver-

besserungen, die zur Reduzierung der mittleren Personendo-

sen geführt haben, konnten den Dosisaufwand für bestimmtei nstandhaltungsarbeiten zwar vermindern. Da gleichzeitigaber der Umfang der Backfittingmaßnahmen sowie der fürerforderlich gehaltene Inspektionen zunahm, wurden dieerzielten Verringerungen der Kollektivdosen dadurch kom-pensiert.

Um diese Ergebnisse wieder in einem etwas größeren Rahmenzu sehen, gilt es, die Frage zu beantworten:

Wie verhalten sich die Jahreskollektivdosen im internationa-len Vergleich?

Wie man im Bild 7 erkennt, ist der Verlauf der von der OECD/IAEA ermittelten Kollektivdosen etwas glatter als der fürdeutsche Anlagen, Insgesamt stimmen jedoch die Mittelwerteder deutschen Reaktoren mit den internationalen Vergleichs-daten in den ersten Betriebsjahren gut überein. Die Abwei-

chungen bei höherem Betriebsalter entsprechen dem bei denIndividualdosen beobachteten Effekt und gehen auf die glei-che Ursache zurück.

Dabei sollte man sich jedoch vergegenwärtigen, daß die Mittel-wertbildung über die verschiedensten Anlagenkonzepte be-

sonders günstige Lösungen verdeckt. Eine bloße Übereinstim-mung mit dem Mittelwert sollte daher nicht schon als eineselbstverständliche Bestätigung des Strahlenschutzkonzeptesmißverstanden werden. So haben zum Beispiel schwedischeAnlagen aufgrund intensivster Vorplanung schon vor Baube-ginn bislang durchgehend extrem niedrige Kollektiv- undi ndividualdosen erzielt (5). Zukünftige Planungen sollten sichdiese Erfahrungen zu eigen machen.

Tätigkeitsbezogene Dosen

Wie wir gesehen haben, bietet die Betrachtung von Jahres-kollektiv- oder Individualdosen die Möglichkeit, allgemeine

Tendenzen und grundsätzliche Einflußfaktoren zu identifi-zieren. Für konkrete Verbesserungen im Detail ist die Unter-suchung der mit einzelnen Tätigkeiten verbundenen Strahlen-expositionen jedoch hilfreicher. Die Erfassung dieser tätig-keitsbezogenen Dosen wird daher in den letzten Jahren mitzunehmender Intensität betrieben. Aus diesem Grunde sollenhier einige Bemerkungen dazu erfolgen.

Vorab sei jedoch auf eine grundsätzliche Schwierigkeit hinge-wiesen. Da die derzeitige Erfassung freiwillig nach betreiber-eigenen Kriterien erfolgt, ist das Ergebnis, eine Vielfalt von

Zahlenwerten, die jedoch zwei entscheidende Nachteile auf-

1400 iKWO

1200

1000

800

600

400

200 L-2 4 6 8 10

Betriebsalter (a)

KKST

700

1 600l 500

~ 400J;'" 300~

l 200

100

Ii I i i2 4 6 8 10

Betriebsalter (a)

Bild 6: Jahreskollektivdosen in den Kernkraftwerken Obrigheim undStade

weisen, Zum einen stehen die meisten Daten nicht zur Ver-fügung, da sie nicht veröffentlicht werden und nicht zugäng-lich sind. Zum anderen unterscheidet sich Art, Umfang undOetaillierungsgrad der Erfassung zum Teil so' erheblich,daß ein Vergleich der wenigen bekannten Daten erschwert,wenn nicht unmöglich wird. Die nachfolgend diskutiertenDaten sind daher eine etwas willkürliche Auswahl von Arbei-ten, für die vergleichbare Dosisangaben von mehreren Anla-gen vorlagen.

Wiederkehrende Prüfungen von Dampferzeuger-heizrohren (DWR)Das allgemein am meisten angewandte Verfahren hierfür istdie Wirbelstromprüfung. In der Bundesrepublik Deutschlandwird in der Regel jährlich ein Dampferzeuger je Anlage ge-

800

700

~~ 600

~

~ 500

i~ 400

~:a 300

lE 200

100

---DWR---SWR J OECD

-alleLWRBRD

2 4 5 6 7 10

Betriebsalter (al

Bild 7: Mittlere Jahreskollektivdosen der Leichtwasserreaktoren inder OECD und in der Bundesrepublik Deutschland

13

prüft. Die hierzu erforderlichen Einrichtungen sind weit-

gehend automatisiert. In früheren Jahren standen derartigeEinrichtungen nicht immer zur Verfügung, was sich in derKollektivdosis für diese Arbeiten niederschlug. Im KWO bei-spielsweise führte die Dampferzeuger-Wirbelstromprüfung

in den ersten Jahren zu Strahlenbelastungen zwischen 30 und40 manrem. Durch die Entwicklung automatisierter Verfah-ren sowie durch systematisches Training des Personals wurdedieser Wert auf 15 bis 20 manrem, also etwa die Hälte redu-ziert:

Für neuere Anlagen standen weitere Möglichkeiten zur Dosis-reduktion zur Verfügung. Neben der bereits erwähnten Ver-

ringerung der Ortsdosisleistung waren konstruktive Verbesse-rungen beim Zugang und Einstieg in die Primärkammern derDampferzeuger wesentliche Faktoren. Der Erfolg: Die Dampf-erzeuger-Wirbelstrom prüfung führte in neueren Anlagen nur,

noch etwa 5 bis 10 manrem.

Zum Vergleich: Die Umfrage der OECD/IAEA ergab einenallerdings nicht unbedingt repräsentativen Mittelwert von19 manrem je Prüfung,

Revision der Umwälzpumpen (SWR)Das zweite Beispiel beschäftigt sich mit der Dosisentwicklungbei der Revision der Umwälzpumpen von Siedewasserreakto-ren. In der ältesten betroffenen Anlage, in KRB, ergibt sichdabei folgendes Bild (Tafel 3):

Die Revision der Gleitringdichtungen der Umwälzpumpenerforderte relativ konstant etwa 5 manrem/Pumpe. Hinzukamen jedoch verstärkt in den späteren Betriebsjahren weitereArbeiten an den Umwälzpumpen, die die Kollektivdosis jePumpe um bis zu 100 % gegenüber den hier aufgeführtenWerten steigerten. Bei den insgesamt drei Umwälzpumpenführte das zu Dosisbeiträgen bis über 30 manrem im Jahr. ImKernkraftwerk Würgassen (KWU), das wie KRB mit externenUmwälzpumpen ausgestattet ist, wurden zwischen 1976 und1979 für die Revision einer Pumpe einschließlich kleinererReparaturen im Mittel etwa 4 manrem gemessen. Das bedeu-

tet bei einer jährlichen Revision beider Pumpen einen Beitragzur Jahreskollektivdosis von 8 man rem im MitteL.

Im noch jüngeren Kernkraftwerk Brunsbüttel wurden schließ-lich für die Revision und Reparatur von nunmehr internen,im Reaktordruckbehälter integrierten Umwälzpumpen nochetwa 2 manrem je Pumpe aufgewendet. Darin enthalten istunter anderem die mehrmalige Reparatur der Pumpenabdeck-ringe, deren Verriegelung an mehreren Pumpen defekt war. Dawegen der Defekte alle 8 Pumpen intensiv inspiziert wurden,kam es zu einer mittleren Strahlenbelastung von 17 manrem/ain den ersten drei Betriebsjahren. Aufgrund der nunmehrvorgenommenen Verbesserungsmaßnahmen ist eine Reduk-tion der Dosis je Pumpe in Zukunft zu erwarten. Geht man

Tafel 3: Kollektivdosen bei der Revision der Gleitringdichtungen derUmwälzpumpen bzw, der Steuerantriebe im KernkraftwerkGu ndrem mi ngen

Jahr Kollektivdosis Kollektivdosisje Pumpe je Antrieb

1970 6,5 0,51971 5,0 0,51972 3,6 1,3

1973 5,1 1,3

1974 5,5 1,5

1975 5,5 1,81976 5,7 1,5

1977 0,8

14

dann davon aus, daß im allgemeinen nur die Hälfte der Pum-pen jährlich inspiziert wird, liegt der Beitrag zur Jahreskollek-tivdosis unter dem für KWW ermittelten Wert.

Revision der Hauptkühlmittelpumpen (DWR)Die Revision der Hauptkühlmittelpumpen in Druckwasser-reaktoren stellt ein Beispiel für eine weniger einheitliche

Dosisentwicklung als in den beiden vorangegangenen Fällen

dar. In der ältesten Anlage in Obrigheim erforderten Inspek-tion und Dichtungswechsel im zweiten Betriebsjahr 5,5 man-rem je Pumpe, Im zehnten Betriebsjahr wurden hierfür noch1,5 manrem aufgewendet. Der Dosisaufwand für diese Ar-beiten konnte bis auf 0,8 manrem je Pumpe in der neuenAnlage Neckarwestheim (G KN) gesenkt werden.

Daneben kam es allerdings aufgrund von Schwierigkeitenmit einer geänderten Pumpenkonstruktion zu erheblichenDosisbeiträgen durch Reparaturen. Insbesondere in der alserste hiervon betroffenen Anlage, in Biblis A (KWG A),führten Reparaturmaßnahmen an allen vier Pumpen 1976und 1978 zu jeweils mehr als 200 manrem. Dabei trat eingewisser Rückkopplungseffekt dadurch auf, daß durch dieDefekte Material in den Primärkreis gelangte, das eine ver-stärkte Bildung und Ablagerung von aktivierten Korrosions~produkten bewirkte. Hierdurch erhöhte sich die 9rtsdosis-leistung am Primärkreis und damit auch an den betroffenenPumpen.

Als Folge dieser Schwierigkeiten wurde zum einen der Um-fang der wiederkehrenden Revisionsarbeiten erheblich ausge-weitet. Zum anderen wurden auch bei den übrigen AnlagenÄnderungen und intensive Inspektionen vorgenommen, dieerhöhte Kollektivdosen nach sich zogen.

Revision der Steuerantriebe (SWR)Revisionsarbeiten an Steuerstabantrieben gehören zu denRoutinearbeiten, die anfänglich wesentlich zur Jahreskollek-

tivdosis beitrugen. In Gundremmingen beispielsweise wurdenseit 1970 im Mittel etwa 14 Antriebe inspiziert, Die hie'rbeiaufgenommene Kollektivdosis lag bei 1,2 manrem/Antrieb(Tafel 3).

Technische Verbesserungen sowie eine Senkung der Orts-dosisleistung im Arbeitsbereich führte in KWW zu einer Re-duktion auf etwa 0,4 manrem/Antrieb, Da es sich hier umRoutinearbeiten handelt, spielt die Übung des Einsatzperso~

nals eine wesentliche Rolle. Bei gleichbleibender Arbeitstech-nik und konstantem Strahlenfeld kann durch wachsendeRoutine die Dosis weiter gesenkt werden. So wurden 1976in KWW noch 0,5 manrem/Antrieb, 1979 hingegen nur noch0,35 manrem/ Antrieb aufgewandt.

Da für neuere Anlagen noch eine weitere Reduktion erwar-tet werden kann, hat der Beitrag dieser Arbeiten zur Jahres-kollektivdosis erheblich an Bedeutung verloren.

Mögliche Verbesserungen

Die Beschreibung des Istzustandes soll an dieser Stelle abge-schlossen werden mit der Frage:

Wo sind noch Verbesserungen möglich?

Die Betrachtung der Individualdosen ergab, daß die Grund-voraussetzung der ICRP - 0,5 rem/a im Mittel - für dasKernkraftwerkspersonal insgesamt eingehalten wird, Gleich-zeitig wurde jedoch deutlich, daß für bestimmte Gruppendieses Ziel noch nicht erreicht ist. Beispielsweise beträgt die

mittlere Dosis des Eigenpersonals aller Anlagen in den Jahren1977 bis 1979 0,64 rem/a, in einzelnen Anlagen sogar mehr

als 1 rem/a, Hier erscheinen Verbesserungen möglich undsinnvolL.

Die Kollektivdosen entsprechen - wie wir gesehen haben -dem internationalen Niveau. Untersucht man allerdings diemaßgeblichen Beiträge zur Jahreskollektivdosis, ergeben sichzwei Schwerpunkte mit steigender Tendenz: Ertüchtigungs-maßnahmen (Backfitting) und wiederkehrende Prüfungen.Gegen beides läßt sich schwerlich etwas einwenden, solangeder Aufwand an Strahlenexposition des Personals in einemangemessenen Verhältnis zum angestrebten Nutzen steht.Der Umfang gerade derartiger Arbeiten an stark strahlendenKomponenten ist jedoch in den letzten Jahren in einemMaße gestiegen, daß es wünschenswert erscheint, daß in Zu-kunft das zu erreichende Schutzziel klarer definiert und nochsorgfältiger als bisher gegenüber dem Dosisaufwand abge-wogen sind,

Bei den tätigkeitsbezogenen Dosen zeigt sich, daß der Erfah-rungsrückfluß eine wesentliche Quelle technischer Verbesse-

rungen und damit der Dosisreduktion sein kann. Grundlage

hierfür ist eine intensive Kommunikation zwischen allen

Beteiligten. Das betrifft sowohl die Erfassung der wesent-lichen Ursachen der Strahlenexposition als auch Erfahrungenmit möglicherwiese dosissparendenTechniken. Die derzeitigenSchwierigkeiten bei der Auswertung tätigkeitsbezogenerDosen wurden bereits erwähnt. Zur Verbesserung der Situa-tion sollten hier folgende Ziele angestrebt werden:

Die Erfassung der tätigkeitsbezogenen Dosen sollte systema-tisch erfolgen, das heißt in allen Anlagen, in allen Betriebs-

jahren und für alle dosisintensiven Arbeiten. Die Erfassung

der Arbeiten sollte so detailliert sein, daß ein Vergleich

zwischen den Arbeiten und den entsprechenden Dosen sinn-voll möglich ist. Die Grenze der zu erfassenden Dosisbeiträgesollte bei abnehmenden Kollektivdosen in neueren Anlagenentsprechend kleiner angesetzt werden. Die gesammelten

Daten sollten - ähnlich denen für die Strahlenexposition der

Bevölkerung - soweit wie möglich zugänglich gemacht wer-den. Möglichkeiten für diese Verbesserungen bieten sich ins-besondere im Rahmen der Erstellung von Regeln und Richt-linien, wie sie derzeit im Gange ist.

Von den möglichen Ansatzpunkten technischer Verbesserun-gen soll hier nur auf eine eingegangen werden, der zuvor

schon mehrmals erwähnt wurde: die Ortsdosisleistung amArbeitsplatz bzw. an den betroffenen Komponenten. Ent-sprechend den Einflußfaktoren für diese Größe sind hierunter anderem folgende Verbesserungen denkbar:

Materialauswahl

Die Minimierung des Kobaltgehaltes der verwendeten Werk-stoffe, die entscheidende Quelle der Ortsdosisleistung, wurdeschon in der Vergangenheit beachtet. In Einzelfällen kamenjedoch trotzdem Materialien zum Einsatz (zum Beispiel Stel-lit, antimongestützte Kohlelager in verschiedenen Pumpen),deren Bestandteile durch Korrosion, Abrieb u, ä. zu erhöhtenOrtsdosisleistungen beitragen. Die Verwendung dieser Materi-alien ist heute nicht mehr unbedingt zwingend, da Ersatz zurVerfügung steht, Sie sollten daher nicht nur in Zukunft ver-mieden, sondern, soweit sinnvoll, auch in den im Betrieb be-findlichen Anlagen ersetzt werden,

Transportverhalten

Um die Wirksamkeit verschiedener Verbesserungen beurteilenzu können, ist es erforderlich, das Verhalten der dosislei-stungsbestimmenden Nuklide im Primärkreis zu kennen, Hierwurden in den letzten Jahren vor allem im Ausland Fort-schritte erzielt. Da die Ergebnisse jedoch im allgemeinenanlagenspezifischer Natur waren, wurden in den letztenJahren vergleichbare Untersuchungen für deutsche Verhält-nisse initiiert. Diese Untersuchungen sollten mit dem Ziel der

modellhaften Beschreibung des Transport- und Ablagerungs-

verhaltens intensiviert werden.

Reinigung

Um radioaktive Stoffe aus den Kreisläufen zu entziehen,bieten sich derzeit im wesentlichen zwei Möglichkeiten an.Soweit es sich um Aktivität handelt, die vom Kühlmittel mit-geführt wird, kann sie über die Kühlmittelreinigung weitge-

hend entfernt werden. Verbesserungen an dieser Stelle sindderzeit in erster Linie im Hinblick auf Laständerungen wün-schenswert (5, 6, 7). Fest haftende Aktivität läßt sich hin-gegen nur durch Dekontaminationsmaßnahmen entfernen.Hier wurden in letzter Zeit insbesondere die Möglichkeiten

der regelmäßigen sogenannten weichen Dekontaminationverbessert. Da solche Verfahren auch auf dem deutschenMarkt derzeit zur Verfügung stehen (8), sollte ihre Anwen-dung verstärkt ins Auge gefaßt werden.

Zusammenfassung

Die Entwicklung der Strahlenbelastung in den Kernkraft-werken der Bundesrepublik Deutschland wurde untersucht.Dabei konnten folgende Feststellungen getroffen werden:

Sowohl die Individual- als auch die Kollektivdosen in deneinzelnen Anlagen haben sich nach einem anfänglichenAnstieg im allgemeinen stabilisiert,Sowohl die Individual- als auch die Kollektivdosen wurdenzu neueren Anlagen hin nachhaltig gesenkt.Das gesundheitliche Risiko beruflich strahlenexponierterPersonen in deutschen Kernkraftwerken entspricht globalgesehen dem anderer risikoarmer Berufszweige.Im internationalen Vergleich kann der erreichte Stand alsbefriedigend angesehen werden.

Ursachen für diese Entwicklung waren der Erfahrungsrückflußaus im BJtrieb befindlichen Anlagen sowie der zunehmendeVorsorgeaufwand bei neueren Anlagen.

Weitere Verbesserungen sind möglich sowohl im technischen,wie im organisatorischen Bereich. Ziel dieser Maßnahmensollte eine weitere Optimierung des Strahlenschutzes in derAnlage sein.

Schrifttum(1) ICRP; Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommis-

sion, ICRP-Heft 26, Gustav Fischer Verlag, 1978(2) Brooks, B. G,: Occupational Radiation Exposures at NRC-Licen-

sed Facilities. JAEA International Symposium on OccupationalRadiation Exposure in Nuclear Fuel Cycle Facilities, Los Angeles,Juni 1979

(3) Jlari, O. und L. F. Franzen: Occupational Exposure Trends inNuclear Power Plants with LWRs in NEA Member Countries,SFRP-Tagung über die bei der Auslegung und beim Betrieb ge-troffenen Vorkehrungen lur Senkung der Strahenbelastung inKernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren , Dezember 1979

(4) Rübenberg, P.: Strahlenschutzverfahren im Kernkraftwerk Stade.Bericht der 10, Jahrestagung des Fachverbandes für Strahlen-schutz e. V,, FS-76-13-T, Gießen, Juni 1976, S. 205

(5) Ekbert, J. und R.Jvars: Factors of Importance to the OccupationalExposure LeveL. SFRP-Tagung über die bei der Auslegung undbeim Betrieb getroffenen Vorkehrungen zur Senkung der Strah-lenbelastung in Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren,Paris, Dezember 1979

(6) Keneshea, F. J., et al.: Evaluation of Operational Techniquesthat can Reduce Radiation Fields in LWRs during Maintenance,EPRI NP-322, 1979

(7) Eickelpasch, N.: Untersuchungen zur Reduzierung der Strahlen-belastung des in Kernkraftwerken eingesetzten Personals, Disser-tation, Karlsruhe, 1978

(8) Riess, R. und H. 0, Bertholdt: Chemical Decontamination of KWUReactor Installations, ANS Conference on Oecontamination andOecommissioning of Nuclear Facilities, Sun Valley, September1979

15

Diskussion

G, Dreyer (Interatom):Liegen Erfahrungen über Strahlenexpositionen im Auslandvor?

W. Müller (GRS):

In meinem Vortragsmanuskript habe ich noch ein paar mehrDaten ausgeführt, unter anderem auch einen Vergleich der inder Bundesrepublik gemessenen Individual- und Kollektiv-Dosen, mit den im Rahmen einer OECD/IAEA-Untersuchunggemessenen oder ausgewerteten Daten. Die mittlere, jährlicheGanzkörper-Dosis ist in Bild 4 aufgetragen für die OECD undfür die Bundesrepublik.

Während in der OECD-Auswertung der Wert relativ konstantbei 0,6 rem pro Person und Jahr liegt, ist in der Bundesrepu-blik die Entwicklung von einem anfänglich recht hohen Wert- der über dem internationalen Durchschnitt lag - abwärtsgegangen in Richtung auf geringere, mittlere Ganzkörper-Dosen. Und in den letzten drei Jahren ist - zum Vergleich -das Ergebnis 0,44 rem pro Person und Jahr gegenüber den

etwa 0,6 rem der im gesamten Bereich der OECD ausgewerte-ten Daten.

Das gleiche für Kollektiv-Dosen sieht so aus (Bild 7): Nacheinem anfänglichen Anstieg mit dem Betriebsalter ist dieTendenz eher sinkend, aber insgesamt nicht sehr einheitlich.Der Unterschied zwischen bundesdeutschen und den OECD-Daten ist im Grunde genommen nicht gravierend. Wenn mandie Streubreite der Daten betrachtet, kann man sagen, daßdie _ Ergebnisse international und in der BundesrepublikDeutschland im wesentlichen die gleichen sind.

R. Ettemeyer (Kernkraftwerk Gundremmingen):

Bisher haben die Betreiber von Kernkraftwerken in eigener,freier Verantwortung die dargestellte Reduktion der Strah-lendosen bewirkt - gemäß den Auflagen der SSV. Deshalbkann ich Ihren Vorschlag,1. Grenzen für Dosen festzulegen und

2. Zwang zur Veröffentlichung einzuführen,nicht verstehen.

W. Müller (GRS):

Ich glaube, ich habe recht deutlich gesagt, daß das Bemühender Betreiber durchaus vorhanden war, unterstützt sicherlichdurch einzelne Verordnungen, Richtlinien und ähnliche Vor-schriften. Die Forderung, die sich bezog auf die tätigkeitsbe-zogenen Dosen, richtete sich schlichtweg darauf, Daten zubekommen, die für eine Auswertung in einer sinnvollen Formvorliegen. Die bisherige Erfassung, die durchaus bei einzelnenBetreibern sehr intensiv vorgenommen wurde, allerdingsnicht einheitlich, hat zur Folge gehabt, daß die Ergebnisse

zwar innerhalb der Anlagen im großen und ganzen vergleich-bar waren. Herr Ambros wird im nachfolgenden Beitrag dafürein gutes Beispiel bringen. Aber wenn man zwei verschiedeneAnlagen miteinander vergleichen wollte, in denen eine gleich-artige Arbeit durchgeführt wurde, dann war eben die Vergleich-barkeit nicht mehr sichergestellt. Dazu kommt, daß jeder Be-treiber natürlich nicht bis zur kleinsten Dosis eine Dosisver-

folgung bei einzelnen Arbeiten vornimmt, was dazu führt, daßeinzelne bei höheren Grenzen abschneiden und andere beiniedrigeren Werten. Auch hier wäre es natürlich wünschens-

wert, daß bei vergleichbaren Anlagen etwa gleiche Maßstäbeangelegt werden.

Wie wir gesehen haben, sind die Kollektiv-Dosen für einzelneArbeiten auch sehr nachhaltig gesenkt worden in den letztenJahren, so daß, erst recht, wenn ich die Ergebnisse älterer

16

Anlagen mit denen jüngerer Anlagen vergleichen will, ich dieGrenze eigentlich nicht gleichhoch ansetzen kann, weil sonstArbeiten, die in jüngeren Anlagen nur noch relativ wenigDosis hervorrufen, unter dieser Grenze liegen und dann garnicht mehr zum Vergleich zur Verfügung stehen. Deshalb derVorschlag.

A. Hoegl (Siemens, Erlangen):

In Ihrem Vortrag war manchmal von Personendosen, manch-mal von Ganzkörperdosen die Rede. Die gezeigten Wertelagen zum Teil über denen der Überwachungsschwellen,Meine Fragen:

1. Sind die angegebenen Ganzkörperdosen mit den gemesse-nen Personendosen gleichzusetzen?

2. Wenn nein, wie wurden die Ganzkörperdosen ermittelt?Aus welchen Maßgrößen und mit welchem Rechengangwurden sie berechnet?

W. Müller (GRS):

Ich muß vielleicht um Entschuldigung bitten, für die etwaslaxe Handhabung der Begriffe "Personendosis" und "Ganz-körperdosis".

Der Hauptbeitrag zur Äquivalentdosis einer Einzelperson inKernkraftwerken stammt im allgemeinen von der Ganzkör-perdosis. Die Werte, die hier berichtet wurden, waren dieamtlichen Meßwerte aufgrund der überwiegend durch Film-plaketten festgestellten Personendosen.

Th, Herzog (KKI, Ohu):Können Sie angeben, welchen Beitrag zur Kollektiv-Dosis dieAusführung von Backfitting-Maßnahmen liefert? Nun werdenzwar solche Arbeiten nicht jährlich durchgeführt, aber viel-leicht ergibt sich eine vernünftige Angabe, wenn man die ent-sprechenden Dosen über mehrere Jahre verschmilzt.

W. Müller (GRS):

Ich kann bestenfalls mit einem willkürlichen Beispiel voneiner älteren Anlage dienen, Im allgemeinen läßt sich nicht soeindeutig trennen, was für Backfitting-Maßnahmen aufge-

wandt worden ist. Aber um das Beispiel zu nennen: In einerälteren Anlage hat vor ein paar Jahren der Aufwand für Back-fitting-Maßnahmen zwischen 10 und 20 % betragen, währender heute bei 30 bis 50 % liegt, je nachdem wie intensiv Back-fitting-Maßnahmen gefordert werden oder wie umfangreich

sich die Umbauarbeiten gestalten,

Steiger (KFK):

Wurde bei der Ermittlung der Jahresdosiswerte der einzelnenKKW nur das Betreiberpersonal berücksichtigt? Das zeitweiseeingesetzte Fremdpersonal - an manchen Anlagen in erheb-lichem Umfang - könnte die in den Bildern gezeigten Kurven-verläufe deutlich beeinflussen.

Gibt es auch Statistiken über Fremdpersonal?

W. Müller (GRS):

Die hier vorgetragenen Werte bezogen sich generell auf dieDosen des Gesamt-Personals, das heißt sowohl Eigen- als auchFremdpersonal. Ich habe nur in einem Fall als Beispiel dieDosis für das Eigenpersonal in den letzten drei Jahren ge-nannt, die für die deutschen Leichtwasserreaktoren bei etwa0,6 rem pro Person und Jahr lag.

Statistiken über Fremdpersonal liegen nur anlagenbezogen

vor.

Strahlenschutz im Kernkrfterk BiblisMaßnahmen zur DosisminimierungVon R. Ambros und H. J. Schroeder1)

Kurzfassung

Allgemeine Maßnahmen zur Minimierung der Dosis werdenaufgeführt. An Hand von Beispielen werden spezielle Maß-nahmen erläutert und durch entsprechende Fotos verdeut-licht. Am Beispiel der Reparatur der Hauptkühlmittelpumpenin Biblis wird gezeigt, wie hoch der Aufwand getrieben wer-den muß, um Großreparaturen bei hohen Dosisleistungen(50 R/h) mit minimalen Individual- und Kollektivdosendurchzuführen.

Abstract

Common methods to minimize personel doses are discussed,Special efforts are explained by examples and fotos, The repa-ration of the main cooling pumps, this means working athigh dose rates (50 R/hl. gives a good example to minimizeindividual and collective doses and is specially discussed here,

Einleitung

Grundlage für den Strahlenschutz im Kernkraftwerk ist dieStrahlenschutzverordnung (1) vom 13. 10. 1976, hier insbe-sondere der § 28 mit dem Grundsatz "so niedrig wie mög-lich",

Selbstverständlich wird dieser Paragraph im Sinne des ALARA-Prinzips in aller Konsequenz sowohl in bezug auf die Indivi-dual-Dosis als auch in bezug auf die Kollektiv-Dosis in deut-schen Kernkraftwerken angewandt.

Dies möge ein Vergleich der in Biblis gewonnenen Dosisdatenmit Daten zeigen, die von Ilary und Franzen (2) aus einerinternationalen Befragung ermittelt wurden.Im Kernkraftwerk Biblis sind zwei Blöcke (Block A, B) mitDruckwasserreaktoren der 1300-MW-Klasse (elektrische Lei-stung) (Bauart KWU) installiert. Block A ging 1975, Block B1977 kommerziell in Betrieb, das heißt, Block A weist fünfBetriebsjahre, Block B drei Betriebsjahre auf.

Bild 1 zeigt, daß Biblis A mit mittleren, erzeugungsspezifi-

schen Jahresdosen von

o 37 :! 0,37 manrem, 0,34 MWa

022:! 0,19 manrem, 0,17 MWa

und B mit

gut mit Kraftwerken in anderen Ländern, die nach 1973 inBetrieb gingen, vergleichbar ist.

Im Jahre 1976 und 1978 traten in Block A, verursacht durchSchäden an den Hauptkühlmittelpumpen, höhere Werte von

058 manrem, MWa0,74 manrem

MWa

auf, da zwangsläufig bei den Reparaturen hohe Dosen an-fielen (1976: 204 rem Stabdosis, 1978: 269 rem Stabdosis)

und die Anlage auf Grund längerer Stillstände wenig Stromproduzierte,

und

1) Dr. R, Ambras und Dr, H, J, Schroeder, RWE AG, Biblis

remMW

*' .AgeschlZI i. ,~ç~." )l)¡'.."'.. JI......Â..~'"f"'" \j

0- - "' vor 1970-- 1970 - 1973

...... nach 1973li ~*' Biblls Block A 1975 ~ 1980Mo ..... Biblis Block B 1977' - 1980

--9 10 8etriebsJohr~

Bild 1: Erzeugungsspezifische Kollektivdosis DWR als Funktion derBetriebsjahre

Allgemeine Maßnahmen zur Dosisminimierung

Aus den bekannten Grundthemen, die in jeder Strahlen-schutzbelehrung genannt werden, ergeben sich zwangsweise

die Faktoren, die zur Dosisminimierung beitragen,

1. Zeit begrenzen zum Beispiel durchÜberwachung des Strahlenschutzes,Einsatzplanung des Personals,detaill ierte Arbeitsablaufpläne,Schulung des Personals,spezielles Training des Personals an Modellen,Erfahrung des Personals,Einsatz von speziellen Hilfswerkzeugen.

2. Abstand halten zum Beispiel durchÜberwachung des Strahlenschutzes,Einsatz von verlängerten Werkzeugen,Einsatz von halbautomatischen bzw. automatischenWerkzeugen und Prüfeinrichtungen.

3, Abschirmung beachten zum Beispiel durchEinsatz verschiedener Abschirmmaterialien wie Wasser,

Beton, Eisen, Blei;Einsatz dieser Materialien- in Spezialgeometrien für spezielle Einsätze,- in Form von Säcken, Matten, Steinen, Mauern, SteIl-

wänden.

26 Pers. Eigenpersono50 - 70 Pers FremdpersOOI

Bild 2: Revisionsor.ganisation der Abteilung Strahlenschutz

17

Bild 3: Alte (oben) und neue (unten) Ausführung der Isolierung ander Hauptkühlmittelpumpe und der Loopleitung

Bild 4: Gerüste im Schweißnahtbereich der Dampferzeuger

18

4. Vermeiden von Kontamination zum Beispiel durchÜberwachung des Strahlenschutzes,Maßnahmen zur Vermeidung der Kontaminationsver-schleppung durch- Schuhzonen,- Dekontamination (wie konventionelle Reinigung),Schutzbekleidung wie- Overalls, Einmal-Overalls aus Papier, aus Plastik;

- Vollschutzanzüge,

- Handschuhe aus Stoff, Plastik, Gummi.

5. Vermeiden von Inkorporation zum Beispiel durchÜberwachung des Strahlenschutzes,Arbeitsze i tbegrenzu ng,Atemschutz mit Hilfe von- Voll masken mit Aerosol- und Jod-Filter,- Preßluftatmer,

- Vollschutz,

Kontam i nationsbeseitigu ng.

Zusätzlich zu diesen Faktoren bleiben beispielhaft zu nennen:

6. Reduzierung der Dosisleistungen zum Beispiel durchAusbau entsprechender Anlagentei le,

- mechanische Dekontamination mit allen Varianten,- chemische Dekontamination mit allen Varianten.

7. Erfassung der Personendosen durchsofort ablesbare Dosimeter,amtliche Auswertung,Niedrighaltung der Individualdosis,Verarbeitung mit Prozeßrechner.

8. Auftragsbezogene Dosiserfassung

zur Erkennung von Schwachstellen

- im Planungszustand der Anlage,

- bei der Ausführung der Tätigkeit,

Niedrighaltung der Kollektivdosis,Verarbeitung mit Prozeßrechner.

9. Chemische Fahrweise der Anlage

pH-Wert,- Entgasung,- Reinigung des Primärkühlmittels durch Ionentauscher.

Zum effektiven Einsatz all dieser Hilfsmittel gehören selbst-verständlich funktionierende Organisationsstrukturen, diedurchaus von EVU zu EVU verschieden sein können. Hierbeispielt das Können einzelner gegenüber der Kooperation allernur eine untergeordnete Rolle, Das reibungslose Zusammen-spiel aller Beteiligten läßt sich jedoch nicht ausschließlich

durch Schulung vermitteln, sondern muß aus dem Verständ-nis um die Probleme des anderen und viel Erfahrung erwach-sen.Maßgebend zur Erzielung eines optimalen Ergebnisses ist dieErfahrung eines jeden einzelnen im Umgang mit Radioakti-vität und die Einsicht zur notwendigen Kooperation vonGruppen und Abteilungen.

Der Gesichtspunkt der Erfahrung ist gerade im praktischenStrahlenschutz ein nicht zu unterschätzender Faktor, der, ge-paart mit Verantwortungsbewußtsein und soliden Fachkennt-nissen, einen Beitrag zur Dosisminimierung liefert.

Dieser Faktor wird jedoch leider sehr häufig unterschätzt.

Spezielle Maßnahmen zur Dosisminimierung am BeispielBiblis

Zur Verdeutlichung der oben angegebenen allgemeinen Maß-

nahmen werden im folgenden einige typische Maßnahmenzur Dosisminimierung am Beispiel des Kernkraftwerkes Biblisaufgeführt.

Organisation des StrahlenschutzesDie Minimierung der Personendosis aller Beschäftigten istkeineswegs alleinige Aufgabe des betrieblichen Strahlen-schutzes, sondern diese Aufgabe kommt jedem einzelnen zu.Aufgabe des betrieblichen Strahlenschutzes ist es jedoch, dieEinhaltung aller Schutzvorschriften und Vorsorgemaßnah-men zu überwachen. Hierzu ist eine den Erfordernissen an-gepaßte Strahlenschutzorganisation notwendig, Speziell mußman die Organisation in Biblis dem Betrieb von zwei Blöckenmit getrennten Kontrollbereichen Rechnung tragen.

Die Erfahrung von nunmehr sieben Revisionen hat auch ihrenNiederschlag in der Organisation des Strahlenschutzes gefun-

den, die von Revision zu Revision immer wieder verfeinertund angepaßt werden mußte (Bild 2).

Zum Verständnis dieser Organisation einige Zahlen:Zahl der Kontrollbereichsbegehungen pro Tag:

1000 bis 1400Zahl der verschiedenen Personen, die pro Tag im Kontroll-bereich anwesend sind: 30b bis 450Zahl der gleichzeitig im Kontrollbereich anwesenden Per.sonen während des Tages: 200 bis 250;davon im Containment: 80 bis 110Zahl der Aufträge im Kontrollbereich : etwa 1000Zahl der gleichzeitig im Kontrollbereich laufenden Tätig-keiten:Überwachung durch den Strahlenschutz ständig: 35 %

zyklisch: 30 %einmalig: 15 %

keine: 20 %

Auftragsbezogene D osiserfassu ngAls wesentliche quantifizierte Erkenntnis der 1977 in Biblis,Block A, durchgeführten Studie (durch EG und BM i gefördert)"Dosisbelastung bei der Durchführung von Arbeiten im Kon-trollbereich Biblis, Block A" (3,4) sind die hohen Kollektiv-dosen für Gerüstbau und von Isolierungen anzusehen. Hierwurde während der Revision Block A 1980 damit begonnen,für die Schweißnahtprüfungen an Dampferzeugern, Looplei-

tungen und Hauptkühlmittelpumpen die herkömmliche Iso-lierung durch schnell demontierbare und montierbare Kasset-tenisolierungen zu ersetzen, Wegen der zu erwartenden hohenKollektiv- und Individualdosis (63 rem Stabdosis) konnten1980 nur ein Loop, die vier Hauptkühlmittelpumpen sowie

ein Dampferzeuger für die Umrüstung freigegeben werden.

Bild 3 zeigt die alte und neue Ausführung der Isolierung anden Hauptkühlmittelpumpen und der Loopleitung,

In Bild 4 ist die Gerüstausführung am Dampferzeuger gezeigt,während Bild 5 die neuen Arbeitsbühnen im Schweißnahtbe-reich veranschaulicht.

Dosisleistungsverhältnisse Revision Block A 1980Die Dosisleistungsverhältnisse in den oben genannten Arbeits-bereichen sind in Bild 6 nach der Druckprobe Block A ineiner Isometrie des Primärkreislaufes dargestellt.

Zwei Fakten sind besonders hervorzuheben:1, Die Dampferzeuger sind sekundärseitig gefüllt. Diese Maß-

nahme bedeutet eine Dosisleistungsreduzierung um denFaktor 5 bis 10.

2. Die Dosisleistungswerte an strömungstechnisch gleicharti-gen Stellen sind durch Schlammablagerungen ungleich-mäßig erhöht. Hierzu weitere Erläuterungen:Durch Schäden an den Hauptkühlmittelpumpen wurdenim 3. Zyklus etwa 1,2 kg stellitiertes Material als Abriebin den Primärkreislauf eingebracht (5). Aufgrund dieser

Bild 5: Arbeitsbühnen im Schweißnahtbereich der Dampferzeuger

Wasserstand -. m

OmR/h

Bild 6: Dosisleistungsmessung im Primärkreislauf - nach Druckprobe

Bild 7: Dampferzeugerkalotte mit Mannloch, abgehenden Looplei-tungen und Abschirmung der Entwässerungsleitung mit Blei-matten

19

Bild 8: Bleimattenring zur Abschirmung von Ventilen Bild 9: Einsatz verschiedener Abschirmungen wie mobile Stell wände,Betonsteine, mobile Stahlwände gefüllt mit Setzsteinen

Tatsache war für die Revision Block A 1980 mit weitererhöhten Dosisleistungen zu rechnen, obwohl durch Ver-besserung der Wasserchemie während des 4. Zyklus undeinem speziellen Abfahrprogramm versucht wurde, dieserDosisleistungserhöhung entgegenzuwir,ken. Hierdurchwurde tatsächlich im geringen Umfang eine Reduktion derDosisleistungen gegenüber der letzten Revision 1978 er-

zielt. Nach der Druckprobe bei entladenem Kern stelltensich jedoch leider die in Bild 6 gezeigten Dosisleistungs-

verhältnisse ein,

Man konnte in der gesamten Anlage an allen Komponenten,die mit Primärkühlmittel in Verbindung standen, hauptsäch-

lich an strömungsarmen oder strömungstoten Bereichen,zum Beispiel an Rohrkrümmern, auf Behälterböden, an Ent-wässerungsleitungen, Dosisleistungserhöhungen gegenüberdem Vorjahr feststellen.

In einem Sofortprogramm wurden alle Maßnahmen, die zurReduzierung der Dosisleistungen beitrugen, systematisch er-faßt, Aus diesem Programm und weiteren Erkenntnissen

Bild 10: Abschirmdeckel für den Reaktordruckbehalter seien einige Schwerpunkte genannt:Zur Reinigung der Wasseroberfläche in der geflutetenReaktorgrube wurde eine Zusatzeinrichtung zum Unter-wasserstaubsauger beschafft. Diese Anschaffung wurdenotwendig, da sich auf der Wasseroberfläche Verunreini-

gungen befanden, die Dosisleistungen von einigen hundertmR/h aufwiesen,

Dekon'tamination von losen Ablagerungen:Diese Dekontamination konnte teilweise durch Spülungerzielt werden, wobei sich häufig als nachteilig erwies,daß nicht ausreichend hohe Strömungsgeschwindig-keiten erzielt werden konnten. Dieser Nachteil kannbei einigen Behältern durch Aufgabe eines Stickstoff-polsters beseitigt werden.

An anderen Stellèn wurde mit Erfolg die Hochdruck-reinigung mit Wasserlanzen eingesetzt, Als Verbesse-

rung wird eine Schwenkbarkeit des Sprüh kopfes ange-

strebt.Im Sumpfsystem traten zum Teil folgende Problemeauf: Die Schlammablagerungen wurden in einem Raumdurch Spülen beseitigt, traten dann jedoch im nächstenRaum erneut auf oder traten an horizontal verlaufen-den Leitungen bzw. in Sammelbehältern etc. auf. DerEinsatz von Kanalmolchen wurde teilweise durch feh-

Bild 11: Transportcontainer für den innerbetrieblichen Transport von lende Putzöffnungen bzw. für diesen Zweck schlechtkontaminierten Gegenständen konstruierte Geruchsverschlüsse verhindert,

20

Arbeiten im Bereich der Dampferzeuger-Mannlöcher:Die Arbeiten zum Öffnen der Dampferzeuger-Mann-löcher an den kalten Seiten wurden durch lokal erhöhteDosisleistungen im unteren Bereich der Mannloch-deckel erschwert (D L im Kontakt etwa 20 R/h),Die Werkzeuge für das Öffnen der Dampferzeuger-Mannlöcher können weiter optimiert werden. Hierbeiwird an den Einsatz folgender Hilfsmittel gedacht:- Läppmaschinen zur Reinigung der Dichtfläche,- Reinigung der Sacklöcher mit Spezialmaschine,

- Reinigung der Bolzen mit Spezialmaschine,

- druckluftunterstützte Gehänge zum Wegschwenkender Mannlochdeckel;

- druckluftgetriebene Schlagschrauber zum Ausdrehender Stehbolzen,

- Spezialabschirmungfür Arbeiten im Bereich des Mann-

lochdeckels.

Absch irm u ngen

Wie bereits in vorangegangenen Revisionen wurden Kompo-nenten, die mit mobilen Abschirmungen versehen wurden,photographiert und katalogisiert. Eine Analyse wird nun zei-gen, für welche der Komponenten mobile Spezialabschirmun-gen oder festinstallierte Abschirmungen beschafft werdenmüssen.Bild 7 zeigt die Abschirmung der Entwässerungsleitung des

Dampferzeuger-Mannlochstutzens mit Bleimatten.

Erstmals wurden zur Abschirmung von Ventilen Bleimattenin Kragenform, die sich dachziegelartig aufeinander lagernlassen, eingesetzt.

Diese Matten haben sich trotz ihres relativ hohen Gewichtes(Transportproblem) bewährt. Die Anwendungen dieser Ab-schirmung ist in Bild 8 dargestellt.

Desgleichen haben sich wiederum mobile Spezialabschirmun-gen bewährt; zum Beispiel mobile Stellwände, Betonsteineund mobile Stahlbehälter, die mit Betonsteinen gefüllt sind(Bild 9), Abschirmdeckel für den ReaktordruckbehälterausStahl (Bild 10) sowie mit Bleigranulat gefüllte Blechbehälter

für die TH-Pumpen.

vor Dekontamination

nach Dekontamination BBild 12: Dosisleistung Hauptkühlmittelpumpe

T ra nspo rtbeh älter

Als eine Biblis-typische Maßnahme ist schließlich noch derTransportcontainer zu erwähnen. Da in Biblis zwei getrennte Bild 13: Steuerschrank und Chemikalienansetz- und Vorratsbehälter

Kontrollbereiche für beide Blöcke vorhanden sind, finden der Dekonteinrichtunghäufig innerbetriebliche Transporte mit kontaminiertem

Material zwischen den Blöcken statt.

Anstelle vieler Kleintransporte mit langwierigem Verpackenkann der Transport der Gegenstände als Sammeltransport im

Container stattfinden, wobei der Container die Verpackungdarstellt, Wegen der beschränkten Durchfahrthöhe der Mate-rialschleuse handelt es sich um einen in der Höhe reduziertenNormcontainer, der sowohl von vorn als auch von oben be-ladbar ist. Bild 11 zeigt den Container in der Materialschleuse.

Sanierung der Hauptkühlmittelpumpen Revision A 1980 alsBeispiel für die Anwendung dosismindernder Maßnahmen

Technisches KonzeptNachdem bei der Revision A 1978 erneut Schraubverbin-dungen an den Pumpen gelockert waren, wurde beschlossen,die Pumpen auf den Planungszustand Biblis Bund Folgeanla-gen zu bringen, um in Zukunft weitere umfangreiche Repa-

raturmaßnahmen zu vermeiden.

Die Maßnahmen bestanden hauptsächlich in der Reduzierungder Schraubverbindungen und einer Verbesserung der Wärme-übergänge in bestimmten Bereichen der Pumpe, Bild 14: Oekontbehälter mit Abschirmung und Hauptkühlmittelpumpe

21

Montage -flächeA bstêllplatz

f. Motor u.LagerlaterneDekont-Absetzbeh.

RDB-DeckelAbstellplatzM atra- Dreh-maschineDekont-behälter

PumpenMontagefL.

US-Schuh-zone

Werkzeug -bank

GesonderterEingangSperrberich

- Setz steine 1,50 m hoch = Metallabschirm _- Fahrbae Abschirmwand wand

Bild 15: Baustelleneinrichtung + 27 m

Bild 16: Arbeitsbereich

22

Bild 12 zeigt die Pumpen im Zustand vor der Sanierung, AusBild 12 ist der Umfang der zu verschrottenden Pumpenein-bauten (schwarz unterlegt) sowie die Dosisleistung an denEinbauten ersichtlich.

R eparatu rab laufp lan

Zur Durchführung der Reparaturen wurde ein detaillierterArbeitsablaufplan erstellt, der im Laufe der weiteren Planungimmer wieder verfeinert wurde und alle wichtigen Arbeits-schritte enthielt. Bei dieser Bearbeitung wurde das benötigtéWerkzeug und die Abschirmungen, die bereits aus vorange-gangenen Revisionen vorhanden waren, listenmäßig erfaßt.Bis auf den Ausbau der Leitapparate waren alle Arbeitsvor-gänge bereits 1976 und 1978 in Block Asowie 1979 in BlockB durchgeführt worden (5), so daß die Planung auf Erfahrungs-werten anstelle von reinen Schätzwerten aufbauen konnte,

Eine Dekontamination des Pumplaufzeuges und der Einbau-

ten war wegen der zu erwartenden Dosisleistungen von etwa50 R/h unbedingt erforderlich (6).

D ekontam ination

Die chemische Dekontamination - ein Zweistufenverfahrender KWU - hat sich im wesentlichen bewährt. Es wurden fürdie Hauptkühlmittelpumpen Dekontfaktoren von etwa 20bis 90 erreicht. Die 1976 kurzfristig gebaute Dekonteinrich-tung war jedoch als nicht optimal anzusehen. Für derartigeumfangreiche Maßnahmen wurde beschlossen, eine neue opti-mierte Dekonteinrichtung zu beschaffen (Bild 13): Steuer-schrank und Chemikalienansetz- und Vorratsbehälter derDekonteinrichtung, (Bild 14): Dekontbehälter mit Abschir-

mung und Hauptkühlmittelpumpe.Folgende Verbesserungen wurden durchgeführt:

Das Laufzeug mit einem Gewicht von 35 t kann auf demDekontbehälter abgesetzt werden.Das Laufzeug ist gegen den Dekontbehälter spritzwasser-dicht abgedichtet.Der Dekontbehälter ist allseitig mit 10 cm dicken Stahl-platten, die leicht demontierbar sind, abgeschirmt,Ventile, Probenahme, Pumpen sind leicht zugänglich undsinnvoll zusammengefaßt.Der Dekontbehälter ist auf der i nnenseite vollkommen

glatt ausgebildet und enthält leicht demontierbare Heiz-

stäbe,Die Dekontchemikalien können in Vorrats- und Ansetzbe-hälter jeweils zurückgefahren werden und brauchen nichtverworfen zu werden.In den Vorratsbehältern können die Chemikalien zur Zeit-ersparnis vorgeheizt werden.Die Dekontamination von unzugänglichen Stellen konntedurch den Einsatz von Sprühringen verbessert werden,Zur Unterstützung der chemischen Dekontaminationwurde eine mechanische Reinigung mittels Ultraschall ein-gebaut.Die gesamte Einrichtung ist zerlegbar in komplette Bau-teilgruppen.Die Dekonteinheit ist von einem zentralen Steuerschrankaus bedien- und überwachbar.

B auste Ilene in rich tu ng

Aufbauend auf den Erfahrungen wurden zwei getrennteArbeitsplätze eingerichtet, Diese Arbeitsplätze waren von denübrigen Revisionstätigkeiten weitgehend abgegrenzt undkonnten nur über separat kontrollierte Zugänge betretenwerden. Hierdurch konnte eine besonders gute Dosiskon-trolle und strahlenschutzmäßige Überwachung gewährleistetwerden:

Arbeitsplatz + 12 mAnlagenräume. Hier fanden folgendeTätigkeiten statt:

alle vorlaufenden Tätigkeiten zum Ziehen der Pump-laufzeuge,Arbeiten im Pumpengehäuse,Demontage und Ziehen der Einlaufdüse,Demontage und Ziehen der Leitapparate,Einbau in umgekehrter Reihenfolge;

Arbeitsplatz auf + 27 m (Deckelabstellplatz) :Dekontamination des Laufzeuges und verschiedenerEinzelteile,Abziehen des Laufrades,Ziehen der Welle,Demontage und Bearbeitung der Dichtungsgehäuse so-wie weiterer Bauteile,Zusammenbau der Laufzeuge,Lagerung der zu verschrottenden Pumpenteile auf +31 mauf einer geeigneten Abstellfläche,

Bild 15 zeigt die Baustelleneinrichtung auf + 27 m, Die Bilder16 und 17 geben einen Einblick auf Arbeiten in diesem Be-reich wieder.

PersonaleinsatzFür alle beteiligten RWE-Abteilungen und Fremdfirmen lagenSchichtpläne vor. Insgesamt wurden 299 Mann Personal ein-gesetzt.

Folgende Abteilungen und Fremdfirmen kamen zum Einsatz:

RWE-Abteilung

Technik Maschinen

Instandhaltung ElektrikInstandhaltung Regelung

Instandhaltung MaschinenDekontaminationChemieStrahlenschutz

Fremdfirmen

KSB, PumpenherstellerKWU, DekontverfahrenTurco ENi, Dekontapparat

Alle Probleme wurden von einem Koordinator der AbteilungInstandhaltung bearbeitet, Für den Bereich Strahlenschutz

war eine ständige Überwachung auf + 12 m und auf + 27 mvorhanden sowie gleichfalls ein Koordinator, der für die ge-samte Strahlenschutz-Planung und -Abwicklung zuständig

war, Ebenso war ein Koordinator für Chemieprobleme ein-

gesetzt,

Daß für diese Tätigkeiten qual ifiziertes Personal eingesetztwurde, ist selbstverständlich. Nach Möglichkeit wurde aucherfahrenes Personal, also "alte Hasen", zum Einsatz gebracht.

Besondere EinzeimaßnahmenIm folgenden werden weitere Einzeimaßnahmen aufgelistet,die direkt oder indirekt zur Dosisminimierung beigetragen

haben:Um unabhängig vom Rundlaufkran tätig werden zu kön-nen, wurden für alle Pumpen Konsolkräne installiert.

Dekontabwässer werden nicht über den Sumpf, sondernüber eine gesonderte Schlauch leitung direkt in die Kon-

zentratlagerbehälter eingeleitet, Da die abgelöste Aktivi-tät etwa 56 Ci betrug, wurde durch diese Maßnahme eineKontamination der Sümpfe vermieden.Die Konzentratlagerbehälter wurden mit einer Jodrück-haltevorrichtung ausgerüstet, um eine Freisetzung von Jodbeim Einleiten der Dekontabwässer zu verhindern.

Bild 17: Reparaturarbeiten an Schraubverbindungen im Gehäuse

Bild 18: Absaugvorrichtung an einem Gehäuse

Bild 19: Gehänge zum Ziehen der Leitapparate beim Einsatz zumTrockentraining

23

Bild 20: Abschirmtopf für Pumpengehäuse

Bild 22: Abschirmtopf zum Aiifsetzen auf das Pumpengehäuse

Bild 21: Abschirmscheibe zum Lösen von Schraubverbindungen

Für das Umhängen der Pumpenteile und das Abhängen imZwischenl.ager wurden Anweisungen erstellt,In die Pumpengehäuse wurden Absaugungen eingebracht,um Jod- und Aerosolfreisetzungen zu vermeiden (Bild 18).Für das Eindrehen einer Nut in die Dichtungsgehäusewurde eine Aerosolabsaugung installiert.Zum Ausbau der Leitapparathälften müssen die Leit-apparathälften nach Lösung des Halteringes zunächst ab-gesenkt und dann um 90° zur Einbauebene gekippt wer-den. In dieser Ebene muß zusätzlich beim Ziehen eineDrehung erfolgen. Hierzu muß zusätzlich ein speziellesGehänge gebaut werden. Bild 19 zeigt das Gehänge beimEinsatz während des Trainings.Von den Arbeitsplätzen wurden regelmäßig Dosisleistungs-und Kontaminationsprofile aufgenommen, Hierdurchkonnten Kontaminationen wirksam beseitigt sowie strah-lende Teile wirksam abgeschirmt werden; wo dies nichtmöglich war, konnte sich das Personal optimal auf die

Verhältnisse einstellen.

Spezialabsch irm ungen

Ein Teil der Spezialabschirmungen war schon von früheren

Reparaturphasen vorhanden:Abschirmtopf zum Einsatz in das Pumpengehäuse, Boden

und Deckel sind mit Bohrungen versehen, so daß durchdiese Bohrungen Schraubverbindungen kontrolliert undgelöst werden können (Bild 20).Abschirmplatte zum Aufsetzen auf die Pumpenwelle.Durch Bohrungen in dieser Scheibe können die Schraub-verbindungen kontrolliert und gelöst werden (Bild 21).

Zusätzlich wurden für. die Tätigkeiten während der RevisionBlock A 1980 folgende Abschirmungen gefertigt:

Lagerbehälter für Laufräder,Abschirmtopf zum Aufsetzen auf das Pumpengehäuse(Bild 22). Dieser Abschirmbehälter erfüllt mehrere Funk-tionen:

Der Abschirmbehälter besitzt eine Ausbuchtung zumZiehen der Leitapparathälfte. Die Abschirmung erfolgtdurch Fluten mit Wasser,

Abschirmaufsatz zur Abschirmung der Person, die denLeitapparat beim Ziehen führt.Arbeitsbühne beim Ziehen des Leitapparates.

Training des Personals für das Ziehen der Leitappa-rathälfte

Bild 23: Training zum Ziehen der Leitapparate, Nachbildung des Ab- Da das Ziehen der Leitapparathälften einen technisch schwie-schirmtopfes und der Arbeitsbühne rigen Prozeß darstellt und zur Vermeidung von Stoßbeschädi-

24

gungen äußerst vorsichtig durchzuführen ist, wurde einTraining unbedingt erforderlich.

Das Training des Personals war auch wegen der auftretendenDosisleistung notwendig. Der Erfolg zeigte sich später bei derAusführung der Tätigkeit durch ein ruhiges und gelassenesAuftreten des Personals. In Bild 23 wird eine Phase des Trai-

ningsprogramms gezeigt. Bild 24 zeigt eine wesentliche Phasebeim Ziehen einer Leitapparathälfte. Alle Arbeitsvorgängewurden mehrfach geübt und optimiert. Ein Abschlußtrainingfand im Beisein des Strahlenschutzes statt.

Soll-i st- Vergle ich

Nach Erfolg des Abschlußtrainings und Vorliegen der end-gültigen Arbeitsablaufpläne wurde durch den Strahlenschutzeine Bewertung der Arbeitsschritte hinsichtlich der zu erwar-tenden Kollektivdosis durchgeführt (Soll-Dosis). Zugrunde

gelegt wurde der Mannstundenaufwand der Arbeitsablauf-pläne und die Dosisleistungen nach Abschirmung und Dekon-tamination. Es wurde eine Kollektivdosis von 140 rem er-wartet. Ergeben hat sich eine Dosis von 113,5 rem. Bemer-kenswert ist, daß die Kollektivdosis beim Umbau der PumpenYD 30 und 40 aufgrund der bei den zeitlich vorgelaufenenUmbauarbeiten der Pumpen YD 10 und 20 gemachten Erfah-rungen um 12,5 rem reduziert werden konnte. Da eine Auf-gliederung der Kollektivdosen auf bestimmte Tätigkeitendadurch erschwert wurde, daß von einer Person in diesemBereich mehrere Tätigkeiten durchgeführt wurden, wurde dieKollektivdosis jeweils für einen Arbeitstag ermittelt.

Diese Soll-Vorgabe wurde während des Ablaufes der Tätig-keiten ständig mit den Ist-Werten verglichen (7). In Bild 25ist der Soll-1st-Vergleich graphisch dargestellt. Die Tätig-

keiten eines Tages (21, 03. 1980) sind exemplarisch aufge-

führt, Er zeigt, daß die Tätigkeiten planungsgemäß abliefen

und die Strahlenschutzüberwachung optimal funktionierte.

Zusammenfassu n9

Die Ausführung dieser umfangreichen Reparaturmaßnahmean den Hauptkühlmittelpumpen zeigt, daß derartige Maß-nahmen bei entsprechender Planung trotz hoher Dosis-leistungen (50 bis 70 R/h) mit niedrigen Kollektiv- und

Individualdosen durchgeführt werden können. Für die Repa-ratur der Hauptkühlmittelpumpen YD 10/20 fanden insge-samt 1600 Begehungen der kontrollierten Sperrbereichestatt; daraus ergibt sich pro Begehung eine mittlere Dosisvon 37 mrem. Bei insgesamt 299 Mann eingesetztem Perso-nal ergibt sich eine mittlere Individualdosis von 380 mrempro Person.

Dieses Ergebnis ist nur erziel bar , wenn alle Beteiligten kon-sequent für die Idee "so niedrig wie möglich" eintreten undüber ein hohes Maß an Erfahrung verfügen. Diese Aussagegilt um so mehr für routinemäßige Reparaturen, da hier nichtder Streßfaktor der hohen Dosisleistung auftritt. Um es noch-mals zu wiederholen: "Strahlenschutz geht alle an". VielErfahrung, gepaart mit guter Planung, ist der Schlüssel zum

Erfolg.

Bildnachweis: Bild 19, 23, und 24: KSB AG, Frankenthai (Pfalz)

Schrifttum(1 I Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende

Strahlen. Strahlenschutzverordnung, 13. Oktober 1976 (BGBI. iS,2905)

(21 Ilary, O. und L. F, Franzen: Entwicklung der Strahlenbelastungin Kernkraftwerken der OECD-Mitgliedsstaaten, Tagung über diebei der Auslegung und beim Betrieb getroffenen Vorkehrungenzur Senkung der Strahlenbelastung in Kernkraftwerken mitLeichtwasserreaktoren, Paris, 12, bis 14. 12, 1979

(31 Ambros, R., D. H, Kallmeyer, S, Kausch, W, Kaut und H. J,Schroeder: Dosisbelastung bei der Durchführung von Arbeitenim Kontrollbereich des Kernkraftwerkes Biblis, Block A, Reak-tortagung, Hannover, 4. 4, bis 7, 4, 1978, Herausgeber DAtF,KTG, ZAED, Januar 1978, S. 947

Bild 24: Ziehen der Leitapparathälfte beim Training

Zeit ld iIst- Wert

Tõtigkeitenam 21.03.1980

YD10

3 OetrabeLeitradhaleing-Siching u,Kegelstiftdemontieren,Abschirmzylinsetzen.

t~

Ji,,

fJ

r¡iI

~IiLI

-Ist-Kurve (Y010 -YO.401

--- Selikure(Y010-Y0401

YD20

Einlaufdüseziehen,Abschimilindersetzen,Saustutzenabdecken,1. Leitradhölftedement ieren

o 20 II 60 80 1CO 120 140 160 180- Dosis (remJ

Bild 25: Soll-1st-Vergleich

(41 Kallmeyer, D" R, Ambros, H, J. Schroeder, S, Kausch: Dosisbe-lastun9 bei der Durchführung von Arbeiten im Kontrollbereichdes Kernkraftwerkes Biblis, Block A 1977. EUR 6086 DE 1978

(51 Schroeder, H, J. und R, Ambros: Hauptkühlmittelpumpen-Re-paraturen in DWR aus Strahlenschutzsicht, Tagung über die beider Auslegung und beim Betrieb getroffenen Vorkehrungen zurSenkung der Strahlenbelastung in Kernkraftwerken mit Leicht-wasserreaktoren, Paris, 2, bis 14, 12. 1979

(61 Paffrath, G. und R, Ambros: Aktivierun9sprodukte und Dosis-leistung am Beispiel des Kernkraftwerkes Biblis, Block A, VGBKraftwerkstechnik 60 (1980), Heft 2, S, 121/4

(7) Schroeder, H, J., R, Ambros und W. Heinze: Betrachtung zu Kol-lektivdosen im Kernkraftwerk Biblis. Atomenergie und Kern-technik (1980), zur Veröffentlichung

25

Diskussion

H. D ilger (KfK):Wie führen Sie die Aktivitätsüberwachung der Atemluft durchund welche Arbeiten mußten unter Atemschutz durchge-führt werden?

R. Am bros (RWE-BV Biblis):

Beim Ziehen des Pumpenlaufzeuges wurden die radioaktivenEdelgase direkt mit Monitoren gemessen,

Jod und Aerosole wurden auf Filtern mittels Staubproben-sammlern angereichert. Die Filter wurden anschließend imLabor ausgewertet.

Die Arbeit beim Ziehen der ersten Pumpe wurde bis zumVorliegen dieser Meßergebnisse unterbrochen.

Während des weiteren Arbeitsfortschrittes wurden sowohlmehrfach Kontrollmessungen als auch gezielte Messungen beibestimmten Arbeitsschritten auf Jod und Aerosole durchge-

führt. Tätigkeiten unter Atemschutz mußten nur beim Dreheneiner Nut in das Dichtungsgehäuse der Pumpe ausgeführtwerden, und zwar mit Aerosolmasken,

Das Tragen von Atemschutzgeräten ist in Biblis abhängig vonMZK-Werten, die aus der Strahlenschutzverordnung abgelei-tet wurden.

G. Möllmann (BBR Mannheim):

Haben Sie die gleiche Anzahl an trainiertem Personal wie anReparaturpersonal, oder haben Sie Reservepersonal vorge-

sehen?

R. Ambras (RWE-BV Biblis):

Das gesamte in Biblis eingesetzte Reparaturpersonal des Pum-penherstellers war trainiert.

Damit war ausreichend Reserve vorhanden, um die Repara-tur durchführen zu können.

Stand und Verbesserungsmöglichkeiten der' Rückhaltungluftgetragener radioaktiver StoffeVon J. G. Wilhelm1)

Kurzfassung

Die Anforderungen an die Abluft- und Umluftfilter bei be-stimmungsgemäßem Betrieb und bei Störfällen werden be-schrieben, die Grenzen ihres Einsatzbereiches angegeben,

Die Ergebnisse der Überwachung von Jod-Sorptionsfilterndurch Vor-Ort- und Laborprüfungen werden wiedergegeben

und in Hinsicht auf die erreichbaren Abscheidegrade unter

besonderer Berücksichtigung der Alterung und Umgebungs-belastung diskutiert. Auf Maßnahmen zur Ertüchtigung vonFiltern wird verwiesen,

Für Unfälle mit Kernschmelzen werden erste Überlegungen

zur Druckbegrenzung im Sicherheitsbehälter durch Abblasenüber Filterstrecken wiedergegeben.

Abstract

The operational conditions for exhaust air and recirculatingair filters of LWR power plants are describ,ed and the limita-tions for their use are indicated.

The results are given for surveillance tests of iodine sorptionfilters, consisting of in-place tests and laboratory tests, Theremoval effciencies, which are reduced by aging, are discussed .with a view to the environmental burden trom airborneradiodine,

Reference is made to measures for the improvement of filtersystems.

First considerations are given to control the pressure build upin the containment during core melt down accidents bymeans of a vented filter containment.

1) Dipl.-Chem, J. G, Wilhelm, Kernforschungszentrum KarlsruheGmbH, Laboratorium für Aerosolphysik und Filtertechnik

26

Einleitung

Radioaktive Stoffe können in Luft und Abgasen als Schweb-

stoffe in Form von Tropfen- und Feststoffaerosolen sowie alsDämpfe und Gase auftreten, Zur Reduzierung ihrer Abgabedienen Maßnahmen zur:

Verringerung der Ouellstärke am Entstehungsort (zumBeispiel durch den Einbau von Absperrarmaturen bzw.Lüftungsklappen oder Verkürzung von Schließzeiten,Durchflußbegrenzung zur Verminderung von möglichenLeckagen bei Brüchen an Rohrleitungen sowie erhöhteReinigungsraten für das Primärkühlmittel).

Verringerung der Volumenströme von Abluft und Ab-gasen (zum Beispiel durch Übergang zu höheren Umluft-anteilen für Kühlung, Trocknung und Reinigung).

Filterung oder anderweitigen Abscheidung aus Abluft,

Umluft und Abgasen.

Hauptthema dieses Beitrages ist die Abscheidung von radio-aktiven Stoffen aus Abluft und Abgasen.

Um innerhalb kerntechnischer Anlagen eine unkontrollierteAusbreitung von luftgetragener Radioaktivität einzuschrän-ken, wird in Räumen des Kontrollbereiches möglichst einegerichtete Luftströmung und Unterdruckstaffelung aufrecht-erhalten, so daß die Luft aus Bereichen mit geringem zudenen mit höherem Kontaminationspotential strömt. DieAnzahl der Luftwechsel beeinflußt bei gegebener Freisetzungunmittelbar die Aktivitätskonzentration der Raumluft, das

gleiche gilt für ihre Belastung durch Wärme und Feuchte.Hohe Luftwechselzahlen bedingen hohe Abluftvolumenströ-me. Durch Umluft-Filterung, -Kühlung und -Entfeuchtungkann die Raumluftbelastung herabgesetzt werden, ohne dieAbluftmenge zu erhöhen.

REAKTORGEBAUDE

Sicherheitsbehälter I S BIRingraum --

Be tri e b s r ä u me

3 x3 3 '! -13 x 10000 -1-ø

MASCHINEN HAUS 7xlL.0/o _~ kleir.e7 x 2000 --- Anlagen-raume

FZ= Filterzentrale für

Unterdruckhaltung SB

Ringraumabluft bei bestimmungsge-

monem Betrieb Abluft TeilbereicheHII fsanlagengebaud e

HILFSANLAGENGEBAUD E

~

Bild 1: Rückhaltung von Jod an Kernkraftwerken mit Druckwasserreaktor

Eine Unterdruckhaltung in Räumen des Kontrollbereichesist ebenfalls zum Schutz der Umgebung wegen unvermeid-licher Gebäudeleckagen unumgänglich. Die gezielte Abgabeder anfallenden Abluft über Filtersysteme und Kamin kanndie Umgebungsbelastung, verglichen mit einer ungefiltertenAbgabe über Gebäudeöffnungen und Leckagen, um eineVielzahl von Größenordnungen reduzieren.

Die genannten Gesichtspunkte und die Notwendigkeit zur

Belüftung von begehbaren Räumen bestimmen die Auslegungder Lüftungsanlagen im kerntechnischen Bereich und die aufFrischluft- und Umluftbetrieb entfallenden Anteile der ins-gesamt zu fördernden Luftmengen, Weiter spielen spezifischeAnforderungen des Filterbetriebes eine wesentliche Rolle. Sosetzen große Abluftvolumenströme große Abluftfilter voraus,die, verglichen mit Umluftfiltern, höhere Dekontaminations-faktoren gewährleisten müssen, Da die Einsatzdauer der Filterin der Regel durch die Beaufschlagung mit inaktiven Stoffenbegrenzt wird, werden die Abluftströme aus Raumbereichenmit einem Kontaminationspotential, das eine kontinuierlicheAbluftfilterung erfordert, möglichst niedrig gehalten und von

anderen getrennt.Abluft aus Räumen, in denen nennenswerte Raumluftkon-taminationen nur unter besonderen Bedingungen auftreten

können, wie zum Beispiel in Ringräumen und im Hilfsanla-gengebäude eines Druckwasserreaktors (DWRl. wird nur beiBedarf gefiltert.

Zur Rückhaltung luftgetragener radioaktiver Stoffe werdensowohl in Kernkraftwerken (KKW) als auch Wiederaufarbei-tungsanlagen (WA) Schwebstoff- und Jod-Sorptionsfilter be-nutzt, Darüber hinaus ist in KKW der Einsatz von Aktivkohle-Verzögerungsstrecken zur verzögerten und damit reduziertenAbgabe von radioaktiven Edelgasen üblich. Für WA ist eineAbscheidung des langlebigen 85Kr (Tl/2 = 10,7 a) sowie eine3 H-Abscheidung geplant.

Der größte Anteil der insgesamt allerdings sehr geringen Um-gebungsbelastung von KKW im Normalbetrieb kommt durchdie Abgabe von Radiojod zustande; Edelgase und Aerosole

Durchsatz in m3/h

spielen eine geringere Rolle. Für die Umgebungsbelastung

durch WA wären in der Reihenfolge der Bedeutung (bei unge-filterter Abgabe) zu nennen: radioaktive Aerosole, 1291,Tritium, 85Kr und 14C.

Abluft- und Umluftfilterung im Normalbetrieb am Beispieldes DWR-Lüftungskonzeptes

Die Filterstrecken bestehen aus Anordnungen von Schweb-stoff- und Jod-Sorptionsfiltern, sind häufig mit Lufterhitzernzur Absenkung der relativen Luftfeuchte und mit Tropfenab-scheidern ausgestattet. Hauptquelle für den Anfall luftge-tragener Radioaktivität sind während des Leistungsbetriebes

die Komponenten des Primärkühlmittelkreislaufes, die unterhoher Temperatur und Druck stehen. Diese befinden sich inden Anlagenräumen des Reaktorsicherheitsbehälters. DieAnlagenräume werden gegenüber den ebenfalls im Sicher-heitsbehälter befindlichen Betriebsräumen und der gesamteSicherheitsbehälter gegenüber den Ringräumen des Reaktor-gebäudes auf Unterdruck gehalten, Zur Druckstaffelung sindDifferenzdrucke von jewèils wenigen mmWs erforderlich.

Die Abluft aus den Anlagenräumen wird kontinuierlich überdie Filteranlage der Unterdruckhaltung des Sicherheitsbe-

hälters abgesaugt. Auf Unterschiede, die sich in den Lüftungs-anlagen im Laufe der Jahre ergeben haben, kann hier nichtim einzelnen eingegangen werden, jedoch sei erwähnt, daßdie Volumenströme, die über Jod-Sorptionsfilter geleitetwerden, größer wurden und bei den DWR-Anlagen ab Phi-lippsburg II zusätzlich auch eine lodfilterung der Abluftder Ringräume beim bestimmungsgemäßen Betrieb undvon Raumbereichen des Hilfsanlagengebäudes möglich ist.Ältere Anlagen sind zum Teil mit Bedarfsfilteranlagen, dieeine lodabscheidung aus der Abluft entsprechender Räumeund aus der Spülluft des Sicherheitsbehälters ermöglichen,

nachgerüstet worden. Für die Raumbereiche des Sicherheits-behälters sind bei allen Anlagen zusätzlich eine oder zwei

Umluftfilteranlagen vorhanden. Bild 1 gibt das Lüftungs-schema eines modernen, noch nicht in Betrieb genommenen

27

101,l, "- 4-101

100 102

~2-".¡

~ 10-1 103 :!.2

'" Õc:0 o 12 c:

~ 10-2Ë

" . CH31 104 ~c O,1s/5cm 0-"

98-100% r.F ~10-J 30'C 105

10-4 106

o 5,0 10.0 15,0 20,0Beltiefe Icm)

Bild 2: Abscheidung von 131J in Form von J2 und CH3J an derAktivkohle SS 207B-KJ (5-10 mesh)

K KW mit DWR wieder. Die neuen Siedewasserreaktorenzeigen ein weitgehend entsprechendes Lüftungsschema.

Der Zustand der Filterzuluft von Umluft- und Abluftfilter-anlagen entspricht den Bedingungen in der angesaugtenRaumluft und liegt beim bestimmungsgemäßen Betrieb vonLWR-KKW gewöhnlich bei Temperaturen -( 40°C und beirelativen Luftfeuchteri -( 70 %. Druckstöße bzw. extremeÄnderungen des Durchsatzes, die zu einer Gefährdung derFilter führen können, sind nicht zu erwarten. Die heute zurVerfügung stehenden Schwebstoff- und Jod-Sorptionsfilterliefern unter diesen Bedingungen hohe Abscheidegrade. Alsuntere Grenze für die Schwebstoff-Filterung kann ein Ab-

scheidegrad von 99,9 % angenommen werden, allerdings seidarauf hingewiesen, daß die quantitative Prüfung und Wieder-holungsprüfung der Schwebstoffilter im eingebauten Zustandin der Bundesrepublik Deutschland noch nicht Stand der

Technik ist und zum Teil durch andere, weniger aussagekräf-tige Prüfverfahren ersetzt wird. Da eine Reihe von quantita-tiven Vor-Ort-Prüfverfahren zur Verfügung steht (NaCI-Test,

Uranin-Test, Messung mit Partikelzähler), sollte dies ohneVerzug geändert werden. Hier sind insbesondere die Geneh-migungsbehörden und der TÜV aufgerufen.

Die Abscheideleistung der Jod-Sorptionsfilter, die mit im-prägnierter Aktivkohle als Sorbens ausgestattet sind, ist voneiner Vielzahl von Einflußgrößen abhängig. Abgesehen vomZustand der Filterzuluft sind dies insbesondere die Art derdampfförmig auftretenden Jodverbindungen, die spezifischeAbscheideleistung der eingesetzten Aktivkohlen und die Ver-weilzeit der zu reinigenden Abluft im Schüttvolumen desAktivkohlebettes.

~.8 i:-"0 103'üc:0:gc:.Ë~ 1020-"..0

DWR 3Anlagenraumablultfilter- gesamt. 1311 ...... organ. 1311

3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39Betriebszeit (Wochen)

Bild 3: Dekontaminationsfaktor für 131J als Funktion der Betriebs-zeit

28

Luftgetragenes Radiojod tritt in Kernkraftwerken in der

Hauptmenge dampfförmig auf, und zwar vorwiegend in Formvon elementarem Jod und organisch gebundenem Jod (1, 2J.Die Abscheidegrade eines Jod-Sorptionsfilters für diese lod-komponenten unterscheiden sich um Größenordnungen,Durch die Einführung von Aktivkohle-Schüttbettfiltern mithoher Bettiefe (20 bis 50 cm) und die Entwicklung verbes-

serter, spezialimprägnierter Aktivkohle (Bild 2) stehen Filter-ausführungen zur Verfügung, bei denen die Möglichkeitenvon Leckagen auf ein Minimum reduziert wurden und Ab-scheidegrade von? 99,9 % für Radiojod in organischer Formund von? 99,99 % für Radiojod in elementarer Form mitSicherheit erreicht werden.Allerdings zeigen die Aktivkohletilter im Dauerbetrieb einenAbfall der Abscheideleistung (Bild 3), vor allem gegenüber

organisch gebundenem Radiojod, der auf die während desBetriebes unvermeidbare Beladung mit gasförmigen organi-schen Verbindungen (Lösungs-, Dekontaminations-, Schmier-mitteldämpfe) und die Einwirkung von Oxidantien wie Ozon

und Stickstoffoxide zurückzuführen ist. Tafel 1 zeigt dieErgebnisse von Messungen an Aktivkohlen aus Kontrollfiltern,die parallel zu den kontinuierlich beaufschlagten lodfilternder Unterdruckhaltung des Sicherheitsbehälters beladenwurden. Tafel 2 gibt die Ergebnisse von Vor-art-Prüfungen

der Jod-Sorptionsfilter der Unterdruckhaltung des Sicher-heitsbehälters wieder,

Der Abfall der Abscheidegrade ist sowohl von der Art undKonzentration der Filterschadstoffe als auch der Betriebs-weise der Jod-Sorptionsfilter. abhängig und kann wegen derqualitativ und quantitativ stark schwankenden Zusammen-setzung der Filterschadstoffe in der zu reinigenden Luft nichtexakt vorausgesagt werden.

Aus den bisher vorliegenden Daten, die bei der Überwachungvon Jod-Sorptionsfiltern der Unterdruckhaltung des Sicher-

heitsbehälters von DWR-KKW gewonnen wurden, lassen sichfolgende Schlüsse ziehen:

Der Abscheidegrad kontinuierlich beaufschlagter Aktiv-kohlefilter gegenüber organisch gebundenem Radiojodkann innerhalb von wenigen Monaten um Größenordnun-gen sinken. Ausreichende Einsatzzeiten können nur mitgroßen Bettiefen der Aktivkohle bzw. langen Verweilzei-

ten erreicht werden,Der Abscheidegrad von Aktivkohlefiltern gegenüber Radio-jod in elementarer Form wird durch Schadstoffe in weitgeringerem, in der Regel an Tiefbettfiltern nicht meß-barem Maße, beeinträchtigt.Bei neu in Betrieb genommenen Kernkraftwerken (starkesAusdampfen von Lösungsmitteln aus Anstrichen undKunststoffen) und während der Revision (erhöhter Um-gang mit Dekontaminations- und Schmiermitteln) ist dieBelastung der Aktivkohlefilter mit Schadstoffen amstärksten.

Umfangreiche Messungen an Aktivkohlen aus Jod-Sorptions-filtern der Unterdruckhaltung zeigten, daß die in Anström-richtung ersten Aktivkohleschichten am stärksten undschnellsten durch die Einwirkung von Filterschadstoffen ge-schädigt werden und die Abscheideleistung in den folgendenSchichten wesentlich langsamer absinkt. An Gegenmaßnah-men kommt unter den Bedingungen der Abluftfilterung inKKW nur die Voradsorption der Schadstoffe in Betracht, dieam einfachsten durch Erhöhung der Bettiefe der Aktivkohleerreicht wird. Sie bietet gegenüber dem Vorschalten vonseparaten Aktivkohle-Vorfiltern mit nicht zur Radiojodab-

scheidung imprägnierter Aktivkohle zusätzlich den Vorteileiner von vornherein höheren Abscheideleistung. In neuererZeit wurden Gegenstromfilter entwickelt, die eine erneuteAusnutzung der für die Jod-Sorption nicht mehr genügendleistungsfähigen Aktivkohle zur Schadstoff-Vorabscheidungermöglichen (3).

Tafel 1: Ergebnisse von Laborprüfungen an Kontrollfiltern (repräsentativ für die Jod-Sorptionsfilterder Unterdruckhaltung)Prüfbedingungen: Verweilzeit und Bettiefe während der Prüfung entsprechend den OriginalfilternPrüfmittel: eH/31J + eH/"J

Abscheidegrad 1, Kontrollfilter 2. KontrollfilterFilter-Nr. Verweil zeit A-Kohletyp (7)) mit frischer Einsatz- Einsatz-

I

A-Kohle dauer' ) 7) (%) dauer' ) 7) (%)(s) (%) (Monate (Monate)

1 2,02) SS 207B,KI ? 99,9999 6 99,984 A-Kohle gewechselt5 - 10 mesh

1 2,02) .. .. 9 ? 99,999 12 I ? 99,999

2 2,02) .. .. 7 99,989 A-Kohle gewechselt2 2,02) .. .. 9 ? 99,999 12 ? 99,999

1 1,02) .. .. 6 ? 99,997 13 99,111 1,02) " .. 7 191,8! 10 !89,7!2 1,02) .. .. 6 198,81 A-Kohle gewechselt2 1,02) .. .. 5 99,97 11

I99,88

1 0,63) SS 207 B,KI ? 99,9999 7 98,2 A-Kohle gewechselt8 - 12 mesh

2 0,63) .. .. 7 ? 99,999 A-Kohle gewechselt

1) Stand- und Betriebszeit2) Feuchtluft, 30 oe, 98 bis 100 % relative Feuchte als Fördermedium3) Feuchtluft, 30 oe, 70 % als Fördermedium

An dieser Stelle ist zu diskutieren, welcher Mindestabscheide-grad von den dauernd beaufschlagten Jod-Sorptionsfiltern derAnlagenraum-Unterdruckhaltung gewährleistet werden solL.Der entscheidende Gesichtspunkt sollte das Ausmaß der Re-duzierung der Umgebungsbelastung sein.

Die zur Zeit gültigen Rechenmodelle für die Umgebungsbe-lastung durch Radiojod ergeben, daß die Ingestion (über denWeide-Kuh-Milch-Pfad) den weitaus größten Anteil zur Strah-lenbelastung des Menschen beiträgt und die Aufnahme überInhalation demgegenüber praktisch vernachlässigt werdenkann. Der erste Schritt im Weide-Kuh-Milch-Pfad ist die Ab-lagerung von Radiojod an Weidepflanzen, die über fall-outund wash-out erfolgen kann,

In den "Allgemeinen Berechnungsgrundlagen" (41 wird zurBerechnung der Ablagerung durch fall-out und wash-out fürorganisch gebundenes Radiojod eine um jeweils 100 niedrige-re Proportionalitätskonstante als für Radiojod in elementarerForm angegeben. Daraus folgt, daß die Strahlenbelastungüber den Ingestionspfad infolge der Abgabe von Radiojod inorganischer Form um zwei Größenordnungen kleiner ist alsbei Abgabe von elementarem Jod. Berücksichtigt man weiter,daß aus Kernkraftwerken ungefähr gleiche Anteile an elemen-tarem und organisch gebundenem Radiojod abgegegen werden(5), wird deutlich, daß hohe und für längere Betriebsperiodenschwer einzuhaltende Abscheidegrade für organisch gebunde-nes Radiojod zur Reduzierung der Umgebungsbelastung bei

Normalbetrieb nur sehr wenig beitragen, auf der anderenSeite aber relativ kurze Einsatzzeiten der Aktivkohlefilter,hohen Prüfaufwand und den Anfall großer, leicht kontami-nierter Aktivkohlemengen bedingen, Es erscheint dah,er nichtsinnvoll, für die Jod-Sorptionsfilter der Sicherheitsbehälter-

Unterdruckhaltung die gleiche Abscheideleistung für orga-nisch gebundenes Radiojod zu fordern wie für die Störfall-filter, die nur relativ kurzzeitig eingesetzt werden, für eineungleich höhere Radiojod-Konzentration vorgesehen sindund eine erhebliche Belastung auch über den Inhalationspfadausschließen müssen.

Der Verfasser schlägt vor, als Mindestabscheidegrad für dieJod-Sorptionsfilter der Unterdruckhaltung 90 % gegenüberorganisch gebundenem Jod festzulegen.

Wirksame Verbesserungen bei Rückhaltung von Radiojodwährend des bestjmmungsgemäßen Betriebes können durch

Filterung von bisher ungefilterten Abluftströmen erreichtwerden, die zu einem wesentlichen Anteil zur Abgabe vonRadiojod in elementarster Form beitragen. Hier ist bei denin Betrieb befindlichen Kernkraftwerken mit DWR vor allemdie Abluft der Digestorien (Primärkühlmittel-Probenahme

und Verarbeitung) und der Ringräume zu nennen. Zum Bei-spiel wäre während der 24 Wochen gemessenen Aktivitäts-verteilung von Radiojodkomponenten in den verschiedenenAbluftströmen eines DWR bei Leistungsbetrieb durch Fihe-rung der Digestorienabluft die Umgebungsbelastung durch

Ingestion von Radiojod um einen Faktor von etwa 2,5 redu-ziert worden; über zwei Revisionsperioden gemessen wäre

durch Filterung der Ringraumabluft ein Reduktionsfaktor

von etwa 5 zu erreichen gewesen (51.

Tafel 2: Ergebnisse von Vor-Ort-Prüfungen an Filtern der Unterdruck-haltung des Sicherheitsbehälters (alle Prüfungen nach Füllungmit frischer Aktivkohle)Prüfmittel: eH/31J + eH/27J

Filter-Nr,l ) Prüfdatum Verweilzeit Durchlässigkeit(s) (%)

1 April 78 "" 2,5 ,; 0,00041 Mai 79 "" 1,3 ,; 0,00081 Juni 80 "" 2,3 ,; 0,00062 April 78 "" 2,5 ,; 0,00072 Mai 79 "" 1,5 ,; 0,00062 Juni 80 "" 2,3 ,; 0,0006

1 November 77 "" 1,0 ,; 0,00031 Juli 79 "" 1,3 ,; 0,00081 März 80 "" 1,3 ,; 0,00071 August 80 "" 1,3 ,; 0,00052 November 77 "" 1,0 ,; 0,00032 August 78 "" 1,3 0,00142 März 80 "" 1 ,5 0,0012

1 April 79 "" 0,6 ,; 0,00281 März 80 "" 0,6 0,046 2)2 April 79 "" 0,6 ,; 0,00292 März 80 "" 0,6 ,; 0,0057

1) Zwei partielle Filterstrecken2) Leck in zulässiger Größe für Filter der Sicherheitsbehälter-Unter-

druckhaltung

29

6.107

CiFillervolumenslrom ~ 20000 J/h

Freisetzung in SB: 10% I~'31 des Kerninventares

keine Ablogerung zZI.T:O

:õ~:;'" 6.104coli.Dgigi

~ 61¿i

_ Abgabe ohne Filterung

,.---------- 2'i O.lem. Leck

61J.o 2 3

Tage nach Störfalieintritt

Bild 4: Aktivitätsfreisetzung in den Ringraum bei unterschiedlicherLeckgröße (nach (11 ))

Verbesserungen können weiter durch geeignete Filteranlagenfür die Stopfbuchsabsaugung und die Reinigung von Schiebe-gasen erzielt werden. Im Laufe der letzten Jahre sind zumBeispiel Filterstrecken für Stopfbuchsabsauganlagen durchMaßnahmen zur Herabsetzung der Luftfeuchte in der Filter-zuluft wesentlich ertüchtigt und zusätzliche Filter zur Reini-gung von Schiebegasen eingebaut worden.

Die Abgasanlagen von Kernkraftwerken werden heute aus-nahmslos mit Aktivkohleverzögerungsstrecken versehen.

Diese können zwar nur für relativ kleine Volumenströme

(üblich sind 5 bis 10m3 /h bei DWR, 30 bis 40 m3/h beiSWR) ausgelegt werden, bewirken aber eine erhebliche Sen-kung (bis herab zur Größenordnung des 85 Kr-Anteils) derabgegebenen Edelgas-Radioaktivität. Aktivkohleverzögerungs-strecken sind aufgrund der sehr hohen Verweilzeiten und derAbgastrocknung hervorragende Jod-Sorptionsfilter mitextrem hohen Abscheidegraden.

Umluft- und Ablufnilterung bei Störfällen von Kernkraft-

werken

Kleinere Störfälle, die keinen Abschluß des Sicherheitsbehäl-ters infolge des Anstieges von Druck und Temperatur zurFolge haben, führen in der Regel zu Raumluftzuständen, die

von den Umluftfiltern im Sicherheitsbehälter und den Ab-luftfiltern der kontinuierlichen Unterdruckhaltung unter Ein-haltung der geforderten Abscheidegrade beherrcht werdenkönnen. Wesentliche Schwierigkeiten könnten nur durch das

Auftreten von größeren Anteilen an Dampf in der Filterzu-

6107

Ci

6.106

Filtervolumenstram = 20000 Jih

Freisetzung in SB: 10% 1-131 des Kerninventares

Freisetzung linear ansteigend von 0

6.105/1.0.0 cm2 Leck2 250,O~ 1.0 cm Leck

50,0 cm2Leck 2!--10.0cm2rë0.1cm Leck _ Abgabe ohne Filterung

z Zf. 10 bis Freiselzungsende noch 20h.

keine Ablagerung

E~ 6.104.x'"

~ 3i 6.10~COCJ.D 2'" 6.10

- - _. Abgabe bei Umluftlillerbetrieb

6.101

o

"'..----- ---O,1cm2Leck

I

2 3 4Tage nach Störfalleintritt

6

Bild 5: Aktivitätsfreisetzung in den Ringraum bei unterschiedlicherLeckgröße

30

luft gegeben sein, die zum Versagen durch Wassereinspeiche-rung führen. Durch die Ausstattung der Filteranlagen mitTropfenabscheidern und nachgeschalteten Lufterhitzern wirdein breiter Einsatzbereich gewährleistet.

Grundsätzlich sind die Filter der Umluftanlagen im Sicher-heitsbehälter nicht für die Belastungen durch einen Kühlmit-telverluststörfall infolge des Bruches einer Hauptkühlmittel-leitung ausgelegt, ihr Versagen wird für diesen Fall unterstellt,Eine Ertüchtigung müßte insbesondere die Druckstoßempfind-lichkeit der Filterkomponenten vermindern oder den Aufbauzu hoher Differenzdrucke während der durch den Bruch be-

dingten Drucktransiente im Sicherheitsbehälter ausschließen.Durch Zusatzmaßnahmen müßte eine unzulässige Belastungdurch Wasserdampfkondensat vermindert werden. Der Ein-satz der in den Umluftfiltern verwendeten Aktivkohle- und

Schwebstoffilter ist auf maximale Temperaturen beschränkt,die unterhalb der Temperaturen liegen, die unter den zur Zeitgeltenden Annahmen für den Bruch einer Hauptkühlmittel-leitung anzunehmen sind. Sie müßten durch andere Schweb-stoffilter und Jod-Sorptionsmaterialien ersetzt werden.

Wesentliche Einflußfaktoren für die Wirkung von Umlufnil-tern auf die Reduktion radioaktiver Freisetzungen sind durch

die Leckgröße des Sicherheitsbehälters und den zeitlichenVerlauf der Spaltproduktfreisetzung gegeben (Bilder 4 und 5).

Da nach den bisherigen Erfahrungen die konkurrierenden Ab-scheidungsprozesse wash-out und plate-out im Sicherheitsbe-hälter relativ schnell verlaufen, wenn die Radioaktivität

gleichzeitig mit dem Kühlmittel freigesetzt wird, wäre dieWirkung von Umluftfiltern auf die UmgebungsbelastungbeimKühlmittelverluststörfall begrenzt. Das gleiche gilt für Spray-systeme, soweit sie nicht einen extrem hohen Durchsatz

haben,

Die Filter der Unterdruckhaltung werden bei Auslegungstör-fällen, die zum Druckaufbau im Sicherheitsbehälter und zuseinem Abschluß führen, bis zum Schließen der Schnell-schlußklappen (etwa 5 s nach Eintritt des Bruches einerHauptkühlmittelleitung) mit einem erhöhten Volumenstrombelastet, der zu ihrem Versagen führen kann. Diese Filterwerden im unmittelbaren Verlauf des Störfalles nicht benö-tigt, Sie müssen gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunktwieder instand gesetzt werden, zum Beispiel für einen Einsatzzum Spülen des Sicherheitsbehälters vor einer Intervention.Bei älteren Anlagen sollte deshalb die Möglichkeit der Repa-ratur bzw, des Austausches von Komponenten gegeben sein,bei neueren Anlagen, die mit einer Filterzentrale versehensind und bei Störfällen zur Abluftreinigung, zum Beispiel von

Raumbereichen des Hilfsanlagengebäudes, vorgesehen sind,soli eine unzulässige Drucktransiente durch Druckstoßventileverhindert werden.

Die Reduktion und kontrollierte Abgabe von Radioaktivität,die infolge von Leckagen aus dem Sicherheitsbehälter ent-weicht, wird durch die Unterdruckhaltung in den Ringräu-

men und Abgabe über den Kamin nach Filterung durch dieRingraumfilter gewährleistet. Dies sind die eigentlichen Stör-fallfilter. Da sie in der Bundesrepublik Deutschland ohneAusnahme als Tiefbettfilter ausgerüstet wurden, und eineUmgehung durch Bypass-Strecken nicht vorgesehen ist, zei-gen sie eine sehr hohe Leckdichtigkeit (Tafel 3). Bisher wur-den von Störfallfiltern zur Jodabscheidung Abscheidegrade

von 99 % für organisch gebundenes Radiojod und 99,9 % fürRadiojod in elementarer Form gefordert. Aufgrund der vor-liegenden Prüfergebnisse aus allen Störfallfiltern in deutschenKernkraftwerken und von Messungen an den zur Zeit ge-bräuchlichen Aktivkohlen kann der letzte Wert auf 99,99 %erhöht werden. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, daß

7 die Störfallfilter im Normalbetrieb, außer zu Prüfzwecken,nicht mit Abluft beaufschlagt werden und dadurch vor ihremEinsatz einer nur geringen Alterung unterworfen sind, so daßihre Abscheideleistung nur wenig abfällt (Tafel 4),

Alle Ringraumfilter in deutschen Kernkraftwerken wurdenbisher für einen Einsatz bei 98 bis 100 bzw. 95 % relativerLuftfeuchte ausgelegt, Da sie bei neueren Anlagen zusätzlichmit Tropfenabscheidern und Nacherhitzern versehen seinmüssen, ist in Hinsicht auf die sehr kritische relative Luft-feuchte eine Leistungsreserve vorhanden. Bei Einhaltung derAuslegungsleckage des Sicherheitsbehälters ist ein störfallbe-dingter Anfall an Wasserdampf im Sicherheitsbehälter nichtvon wesentlichem Einfluß auf die Funktion der Störfallfilter,zumal eine Vermischung mit der über Leckagen di:s Betonge-bäudes angesaugten Außenluft, die sich erwärmt, erfolgenkann. Unter den Bedingungen des Bruches einer Hauptkühl-

mittelleitung könnten auch Leckagen oberhalb der Ausle-gungsleckage bewältigt werden, wenn Tropfenabscheider undNacherhitzer vorhanden sind, Diese sollten an älteren Anla-gen nachgerüstet werden.

Die Zerfallswärme der in einem Ringraumfilter abgeschiede-nen radioaktiven Stoffe führt bei Auslegungsstörfällen zu

einer unbedeutenden Temperaturbelastung. Selbst bei einerhohen Beladung mit Spaltprodukten ist die Temperaturer-höhung durch die Zerfallswärme gering, solange ein ausrei-chender Volumenstrom durch die Filter aufrechterhaltenwird. Eine wesentliche Erweiterung des Einsatzbereiches von

Ringraumfiltern in Hinsicht auf ihren Einsatz bei Unfällen

kann bereits durch eine Luftführung erreicht werden, dieeinen kontinuierlichen Luftstrom bis zur Höhe des Nennluft-

stromes zur Abfuhr der Zerfallswärme sichert, also jeweilsbeim Erreichen des maximal zulässigen Unterdruckes imRingraum auf Umluftbetrieb umschaltet, Um einem Abfallder Abscheideleistung während des störfallbedingten Ein-satzes infolge von Desorption, Alterung oder Leckbildung be-gegnen zu können, sollten auch ältere Ringraumfilteranlagenmit zwei parallelen, einzeln und gemeinsam beaufschlagbarenFilterstrecken (2 x 100 %) ausgerüstet werden. Durch denReaktorschutz sollte bei Störfällen nur eine Filterstrecke

Tafel 3: Ergebnisse von Vor-Ort-Prüfungen an Ringraumfiltern inDruckwasserreaktorkernkraftwerken (alle Prüfungen nachFüllung mit frischer Aktivkohle)Prüfmittel: eHs'3' J + eH3 '27 J

Filter-Nr, Prüfdatum Verweilzeit Du rch lässig ke it(s) (%)

April 68 "" 1,0 .; 0,0002Oktober 70 "" 1,0 0,006 ')Januar 73 "" 1,0 0,0002März 74 "" 1,0 .; 0,0003Juli 76 "" 1,0 .; 0,0002

August 78 "" 1,0 .; 0,0004

Juni 74 "" 1,0 0,003 ')März 75 "" 1,3 .; 0,0003

Oktober 78 "" 1,4 .; 0,003 2)

I11 Dezember 75 "" 1,1 .; 0,0002I ii Juni 79 "" 1,1 .; 0,0005

iV Juli 71 "" 1,0 .; 0,0004iV September 73 "" 1,0 0,0003IV Juni 75 "" 1,0 0,002 ')iV Mai 77 "" 1,0 .; 0,0006iV April 78 "" 1,0 .; 0,0007IV Juni 78 "" 1,0 .; 0,00162)

V April 76 "" 1,0 .; 0,0003V August 78 "" 1,2 0,0005

Vi Oktober 76 "" 1,2 .; 0,007 2)Vi April 79 "" 1,2 .; 0,002 2)

1) Leck, Leckgröße bisher als zulässig angesehen2) Prüfaktivität infolge von Genehmigungsauflagen niedrig

Tafel 4: Ergebnisse von Laborprüfungen an Kontrollfitern (repräsentativ für die RingraumfilterlPrüfbedingungen: Verweilzeit und Bettiefe während der Prüfung entsprechend den Originalfiltern; Feuchtluft von 30 oe und 98 bis

100 % relativer Feuchte während 20 h Vorbefeuchtung, 1 h Beladung und 2 h SpülzeitPrüfmittel: eH/3'J + eH/27J

Abscheidegrad 1. Kontrollfilter 2, Kontrollfilter 3, KontrollfilterDWR-Nr. Verweilzeit A-Kohletyp (r¡) mit frischer Einsatz Einsatz- Einsatz-

A-Kohle dauer r¡ (%) dauer r¡ (%) dauer r¡(%)(s) (%) (Monate) (Monate) (Monate)

1 1,0 Pellets, KI ). 99,99 10 99,961 ') 21 99,983 ') 33 99,949')2mmØ1 1,0 SS 207 B,KI ). 99,999 8 ). 99,999 - - - -

5 -10 mesh

2 1,0 Pellets, KI ). 99,9999 11 ). 99,9999 22 ). 99,9999 - -1,3 - 2 mm ø

3 1,1 SS 207 B,KI 99,99992 4 ). 99,9999 13 ). 99,9999 26 ).99,9998 - 12 mesh

3 1,1 Pellets, KI ). 99,999 15 99,9946 - - - -1,3 mm ø

4 1,0 Pellets, KI 99,998 11 99,96 A-Kohle gewechselt2,0 mm ø

4 1,0 " 99,965 6 99,948 A-Kohle gewechselt4 1,0 SS 207 B,KI ). 99,999 7 99,9991 15 I 99,988 I 22 I 99,990

5 -10 mesh

5 1,0 Pellets, KI 99,993 10 99,90 A-Kohle gewechselt2,0 mm ø

5 1,0 SS 207 B,KI ). 99,9999 11 ). 99,999 24 99,9961 - -5 -10 mesh

6 1,1 SS 207 B,KI ). 99,99992) 7 ). 99,999 19 99,961 25 99,848 -12 mesh

6 1,1 " ). 99,99992) 8 ). 99,998 23 99,986 - -1) Proben aus Hauptfilter entnommen2) geprüft bei 95 % rel. Feuchte

31

T oe

Luftgetrogene Aktivität

Anteile. des Kerninventares :

Spalt jod: 20%, leich!1 Spaltprod.:10%

schwer!!. Spaltprod.. 0,1%

1200 ni/h...-.-. '-/ "-,.'

"-.-.1-'-._. _I

I 3800m3/h

-- - Ii 1-- -.---i

i----

i---- -----

i iI ;

200

150Clc::.c'0.c~ 100::15..Ql0-E 50f'

0015 20 25 d 305 10

Bild 6: Temperaturanstieg in einem Abluft-Filtersystem nach einemKernschmelzunfall in Abhängigkeit von der Betriebszeit

automatisch angefordert werden, damit für den Fall einesFilterversagens eine redundante, nicht vorbelastete Filter-strecke zur Verfügung steht.

In Hinsicht auf die Reduzierung der Umgebungsbelastung beiUnfällen mit sehr hoher Spaltproduktfreisetzung erscheintdie Ertüchtigung der Ringraumfilter sinnvoll, da:

Die Durchlässigkeit dieser Filter direkt proportional zur

Erhöhung der Umgebungsbelastung beiträgt, solange eineUnterdruckhaltung in den Ringräumen und damit eineAbgabe über den Kamin gewährleistet werden kann,

auch bei erhöhter Leckrate des Sicherheitsbehälters eineverzögerte und damit reduzierte Beaufschlagung dieser

Filter mit Radioaktivität unter einfacher zu beherrschen-

den Bedingungen erfolgt, als sie im Sicherheitsbehälterselbst vorliegen.

An dieser Stelle sei kurz der Umfang der Prüfungen und Wie-derholungsprüfungen, denen die Störfallfilter unterzogenwerden, zu erwähnen. Durch die Vor-art-Prüfungen der Jod-Sorptionsfilter nach Füllung mit Aktivkohle, die unter nor-malen Betriebsbedingungen vorgenommen wird, und durchdie in regelmäßigen Abständen wiederholten Laborprüfungender Aktivkohleproben der Störfallfilter unter simuliertenStörfallbedingungen, ist eine hohe Betriebssicherheit gewähr-leistet, Allerdings wurde durch die Einführung verbesserterAktivkohlen die Standzeit der im bestimmungsgèmäßenReaktorbetrieb nicht beaufschlagten Störfallfilter so erhöht,daß eine Vor-art-Prüfung nur nach Neufüllung mit Aktiv-kohle nicht mehr als ausreichend angesehen werden kann.

Eine häufigere Prüffrequenz sollte durch Einführung vonzwischenzeitlichen Vor-Ort-Wiederholungsprüfungen, durch-geführt mit möglichst einfachen, dem Betreiber zugänglichen

Verfahren, erreicht werden.

Abluftfilterung bei Unfällen mit Kernschmelzen

Zweifellos sollten alle Maßnahmen bei derartigen Unfällenauf die Erhaltung der Integrität des Sicherheitsbehälters und

den Einschluß der Radioaktivität gerichtet sein. Daraus folgt,daß grundsätzlich Maßnahmen zur Verhinderung eines unzu-lässigen Druckaufbaues denen vorzuziehen sind, die die Fol-gen einer notwendig werdenden Druckentlastung reduzierensollen. Der heutige Stand der Überlegungen zu Unfällen mitKernschmelzen läßt keine endgültige Aussage zu, ob ein in-folge der Metall-Wasser und Metall-Beton-Reaktion zu erwar-tender Druckaufbau im Sicherheitsbehälter nicht nur verlang-samt, sondern auch soweit begrenzt werden kann, daß eineDruckentlastung durch Abblasen unnötig wird,

Im Rahmen des Themas "Filtered Vented Containment"sind in den USA und Schweden umfangreiche Programme

32

angelaufen, bei denen unter anderem die Randbedingungenvon Kernschmelzunfällen definiert werden sollen, die derAuslegung von Abluftfiltern zur Druckbegrenzung im Con-tainment zugrunde zu legen sind.Im Kernforschungszentrum Karlsruhe werden seit längererZeit Arbeiten zur Klärung der Wechselwirkung zwischenSchmelze und Beton (6) und zum Austritts- und Abschei-dungsverhalten (7; 8) der Spaltprodukte durchgeführt,Für den zeitlichen Verlauf des Druckaufbaues im Sicherheits-behälter während und nach der Zerstörung des Druckgefäßes

durch eine Kernschmelze können zur Zeit nur Abschätzun-gen gemacht werden, die eine Reihe von experimentell nochzu verifizierender Annahmen einschließen. Nimmt man an,daß eine zur Zerstörung des Sicherheitsbehälters eines1300 MW elektrischer Leistung DWR führende Dampf-explosion und im weiteren Verlauf des Unfalles auch eineentsprechende Wasserstoff-Explosion ausgeschlossen werdenbzw, durch konstruktive Maßnahmen verhindert werdenkann, sind vor allem folgende Vorgänge, die zu einem lang-

sameren Druckaufbau führen, zu berücksichtigen:die Wärmeabgabe der obenliegenden Oxidschichten derSchmelze an das Sumpfwasser, die zur Dampfentwicklungführt,die Reaktion der Schmelze mit dem Beton, die durch Zer-setzung von Karbonaten zur Gasentwicklung und durchReaktion mit dem im Beton gebundenen Wasser zur Was-

serstoff- und Dampfentwicklung führt.

Als den Unfall einleitendes Ereignis sei der Bruch der Haupt-kühlmittelleitung und in der Folge ein nicht näher begründe-

tes (und unwahrscheinliches) Versagen der Niederdruck-Not-kühleinspeisung beim Umschalten auf Sumpfwasserbetriebangenommen. Die Zeit zwischen dem den Unfall einleitendenBruch und dem Versagen des Sicherheitsbehälters, das bei9 bar angenommen wird, kann nach den vorliegenden Ab-schätzungen zwischen etwa 4 d (bei Einbruch von Sumpf-wasser nach Zerstörung des Betons zwischen Schmelze und

Sumpf) und12 d (kein Sumpfwassereinbruch) liegen (9).

In Bild 6 werden die Temperaturanstiege in Abluftfiltern desSicherheitsbehälters bei verschiedenen Durchsätzen angege-ben, die zur Druckbegrenzung auf 6 bar bei Einsatz einesüblichen Betons bei Sumpfwassereinbruch (Fall 1, Durchsatz3800 m3/h) und bei Ausschluß von Sumpfwassereinbruch

(Fall 2, Durchsatz 1200 m3/h) zu erwarten wären (10). DerBeginn der Druckbegrenzung durch gefilterte Abgabe wäreim Fall 1 nach etwa 2 d, im Fall 2 nach etwa 6,5 d anzu-

setzen.1 n dieser Zeit ist durch Abscheidungsvorgänge wie

Sedimentation und wash-out bereits ein erheblicher Abbauder luftgetragenen Spaltprodukte im Sicherheitsbehälter er-folgt (8). Nimmt l'an trotzdem an, daß die Abluftfilter mitAnteilen des Kerninventars in Höhe von 20 % des Spalt jods,10 % der leichtflüchtigen und 0,1 % der schwerflüchtigen

Spaltprodukte beladen werden, ergeben sich maximale Tem-peraturanstiege von etwa 60°C (Fall 1) und etwa 120°C(Fall 2), Addiert man dazu eine Ausgangstemperatur derSicherheitsbehälteratmosphäre von 140°C, treten Maximal-temperaturen von etwa 200 bis 260°C auf, die mit organi-schen Sorptionsmaterialien (11) und speziellen, strahlenbe-ständigen Schwebstoffiltern, zum Beispiel aus Metallfasern,noch beherrscht werden könnten,

Ein bisher nicht abgeschätzter Einfluß ist durch den imSicherheitsbehälter entwickelten Wasserstoff gegeben, dessen

Verbrennung zu einer erheblichen Temperaturerhöhung füh-ren würde und außerdem zur Bildung von Jodwasserstoff bei-tragen kann. Die Abscheidung von Jodwasserstoff durch diebisher bekannten Jod-Sorptionsmaterialien ist nicht ausrei-chend geklärt. Sollten sich durch Wasserstoff-Deflagration

bzw, die Notwendigkeit zur Rekombination wesentlicheTemperaturerhöhungen ergeben, müßte die Abluft vor derFilterung gekühlt werden. Dafür könnte eine große Wasser-

vorlage, die allerdings ein eigenes Gebäude bedingen würde,eingesetzt werden. Da die Wasservorlage gleichzeitig durch

Kondensation und Auswaschvorgänge den Anteil an Dampfund Spaltprodukten im Abgas stark reduzieren würde, wäredie Belastung der Abluftfilter erheblich verringert, Für diesenFall könnten Abscheidegrade ? 99,9 % erwartet werden,

In einer Arbeit der Sandia National Laboratories, USA (12),werden verschiedene alternative Vorschläge zur Beherrschungdes Durckaufbaues im Containment bestehender Kernkraft-werke angegeben, die unter anderem folgende Maßnahmenzur Diskussion stellen:

Fluten des Containments mit großen Wassermengen,Druckabbau in die Atmosphäre über Filter und Kamin beiersten Anzeichen für das Auftreten einer Kernschmelze

bzw. bei Überschreiten eines Maximaldruckes.

Für die Abluftreinigung werden ausschließlich Anlagen disku-tiert, die eine große Wasservorlage vor den ebenfalls in einemBecken gekühlten Filtern einschließen (Bild 7), da als Ur-sache für den Kernschmelzunfall ein vollständiger Ausfall derFremd- und Eigenstromversorgung für 16 h angenommenwird und eine Wärmeabfuhr von den Filtern durch einenkontinuierlichen Luftstrom nicht möglich ist.

Von Interesse dürften in diesem Zusammenhang die Ergeb-nisse von Berechnungen zur Reduzierung der Unfallfolgen(Kernschmelze eines Westinghouse DWR, 4-loop-Anlage)durch entsprechende Filtersysteme sein. Es wurde ein 8 kmEvakuierungsradius sowie eine Abscheideleistung von 99,98 %für schwebstofförmige Spaltprodukte und Radiojod in ele-mentarer Form sowie von 99,95 % für organisch gebundenesJod (dieser Wert erscheint unverhältnismäßig hoch) angenom-men.

Gegenüber einem Bersten des Sicherheitsbehälters reduziertsich bei gefilterter Abgabe die Anzahl der Strahlenschädenmit früher Todesfolge um mehrere Größenordnungen auf 0,die der latenten Strahlenschäden mit späterer Todesfolge umetwas mehr als zwei Größenordnungen und die Größe desinfolge von Kontamination für mehr als zehn Jahre gesperr-ten Bereiches um ar.nähernd vier Größenordnungen. DieWirkung einer zusätzlichen, wohl als sehr problematisch an-zusehenden 98prozentigen Xenon- und 10prozentigenKryptonrückhaltung wird mit etwa 10 % Reduzierung derSchadensfälle abgeschätzt. In diese Zahlen sind selbstver-ständlich lokale Bedingungen eingegangen, sie dürften aber

trotzdem für eine erste Beurteilung von i nteresse sein.

Zu sam menfassu ng

Durch die heute zur Verfügung stehenden Schwebstoff- und

Jod-Sorptionsfilter (Aktivkohlefilter) werden hohe Abschei-degrade erreicht. I nfolge von Alterung, insbesondere durchAdsorption von Filterschadstoffen, kann die Abscheidelei-stung von Aktivkohlefiltern schnell abnehmen. Nur Aktiv-kohlefilter mit großer Bettiefe erreichen Einsatzzeiten, die inHinsicht auf Sicherheit und Prüfaufwand akzeptiert werdenkönnen,

Die zu fordernde Abscheideleistung sollte durch den Einsatz-zweck und die maximal mögliche Umgebungsbelastung be-

DiskussionM. Schneider (MdB):

Herr Wilhelm, Sie haben die Anforderungen genannt, die anFilter für den Normalbetrieb und für die Beherrschung vonStörfällen bzw, Unfällen gestellt werden müssen. Können Siesagen, inwieweit die in den Kraftwerken eingebauten Filterdiesen Anforderungen entsprechen und in welchem Maße sieinsbesondere den Bedingungen nach einem Kernschmelzun.fall gerecht werden würden?

ßLeitung mitBerstscheibe

Kamin

Kies -SandKies.Zündkerzenfür Hz Kies

Bild 7: Filterstrecke zum Druckabbati im Containment bei Unfällenmit Kernschmelzen

stimmt sein, Deshalb sollten für Filter zum Einsatz beim be-stimmungsgemäßen Betrieb und für Filter zur Begrenzung derFolgen von Stör.fällen unterschiedliche Mindest-Abscheide-grade festgelegt werden, Einfache Ertüchtigungsmaßnahmenkönnen den Einsatzbereich von Filteranlagen wesentlich er-weitern.

Erste Überlegungen zeigen die Möglichkeit auf, geeignete

Filteranlagen zur Reinigung der Abluft zu entwickeln, diegegebenenfalls zur Druckbegrenzung aus dem Sicherheits-behälter abgegeben werden muß,

Schrifttum(1) Deuber, H,; J. G. Wilhelm: Bestimmung der physikalisch-chemi-

schen Komponenten des Radioiodes in der Kaminabluft vonKernkraftwerken, KFK-Ext, 30/78-1 (1978).

(2) Deuber, H,; J. G. Wilhelm: Occurrence of Penetrating lodineSpecies in the Exhaust Air of Nuclear Power Plants, Proceedingsder 16th DOE Nuclear Air Cleaning Conference, Okt, 1980(noch nicht erschienen).

(3) Wilhelm, J. G.; M. Ohlmeyer: Reinigung schadstoffhaitiger Ab-luft mit dem MWS.Filter, KFK-2500, S, 130 (1977),

(4) Allgemeine ,Berechnungsgrundlagen für die Bestimmung derStrahlenexposition durch Emission radioaktiver Stoffe mit derAbluft (BMI, Okt, 1977).

(5) Deuber, H,; J. G. Wilhelm: Untersuchungen zur Optimierung desFilterkonzeptes von Druckwasser-Reaktoren, Jahrestagung Kern-technik 1980, ISSN 0173-0924, S, 880.

(6) Perinic, D.; et al.: Betontiegelversuche mit Thermitschmelzen,KFK-2572, Juli 1979.

(7) Albrecht, H,; et al.: Untersuchungen zur Aktivitätsfreisetzungbeim LWR-Kernschmelzen, Jahrestagung Kerntechnik 1980,Berlin, 25.-27,3.1980, S, 315.

(8) Bunz, H.; W, Schöck: The Natural Removal of Particulate Radio-activity in an LWR-Containment during Core Meltdown Acci-dents, ANS/ENS Topical Meeting, Therman Reactor Safety,Knoxville, April 7-11, 1980.

(9) berechnet durch R. Reimann, IRB/KFK mit "WECHSEL",(10) Dillmann, H.-G.; H. Pasler: Theoretical and Experimental Inve-

stigations into the Filtration of the Atmosphere within theContainments of Pressurized Water Reactors after SeriousReactor Accidents, Proceedings der 16th DOE Nuclear AirCleaning Conference, Okt. 1980 (noch nicht erschienen).

(11) Dillmann, H.-G.; H, Pasler: Störfall-Umluftfilter zur Abscheidungvon Spaltprodukten aus der Sicherheitsbehälteratmosphäre,KFK-2375, S, 121 (1976).

(12) Benjamin, A, S.; H, C, Waiiing: Development and Analysis ofVent-Filtered Containment Conceptual Designs, SAND 80-0887(1980).

J. G. Wilhem (KfK):Ich darf Ihre Frage erst einmal in Hinsicht auf die Jod-Sorp-

tionsfilter beantworten, Wir haben in der BundesrepublikDeutschland als Störfallfilter ausschließlich Tiefbettfilter,Mit diesen Filterkonstruktionen wird das zur Zeit erzielbareMaximum an Abscheideleistung und Sicherheit erreicht. Dieunmittelbare Funktion dieser Filter ist bei allen denkbarenStörfällen einschließlich der Auslegungsstörfälle gesichert,

33

Für die Anforderungen bei Unfällen mit Kernschmelze liegennur vorläufige Rechenergebnisse vor. Bei diesen Unfällen istgrundsätzlich mit einem Versagen der Jod-Sorptionsfilter zurechnen, wenn der Sicherheitsbehälter eine wesentlich überder Auslegungsleckrate liegende Leckrate in die Ringräumeaufweist und längere Zeit Druck im Sicherheitsbehälter an-steht.Bei den Schwebstoffilern sieht die Situation etwas andersaus. Die Sicherheitsmarge ist hier kleiner als bei den Jod-Sorptionsfiltern. Die Entwicklung von Schwebstoffiltern istim wesentlichen nicht auf die speziellen Anforderungen derKerntechnik gerichtet worden, sondern der Haupteinsatz derSchwebstoffilter liegt auf anderen Gebieten, wie zum Beispielder Reinraumtechnik. Man muß daher für die Schwebstoff-filter Zusatzeinrichtungen vorsehen, die sie vor unzulässigen

Bedingungen schützen, die in der zu filternden Abluft auf-treten können.

In neuester Zeit ist durch die Entwicklung von Stahlfasern

mit einem Durchmesser, der für die Abscheidung von Aeroso-len mit Partikeln im Submikron-Bereich in Frage kommt,

gegebenenfalls eine Möglichkeit gegeben, Faserpackfilter zuentwickeln, die auch den Bedingungen bei Unfällen mit Kern-schmelze widerstehen,

P. Kafka (GRS):

Herr Wilhelm, Sie schilderten uns ein mögliches Szenario bei

Kernschmelzunfällen mit dem Druckaufbau im Sicherheits-behälter aufgrund des Kontaktes Schmelze-Sumpfwasser. Sie

geben dabei an, daß nach etwa vier Tagen Überdruckversagenmöglich wäre, Die deutsche Risikostudie lieferte dafür einenWert von etwa 24 Stunden, Ich frage nun, wie kamen sie zudem deutlich gestreckten Wert von vier Tagen? Haben SieHinweise, ob sich der Kontakt Schmelze-Sumpf gegebenen-

falls ganz vermeiden läßt?

J. Wilhelm (KfK):Die genannten Daten basieren auf Untersuchungen zur Reak-tion zwischen Schmelze und Beton im Kernforschungszen-

trum Karlsruhe und zeigen diese "gestreckten" Werte. Man

kann durch Auswahl eines geeigneten Betons und natürlichdurch zusätzliche konstruktive Maßnahmen die Zeit bis zumVersagen des Sicherheitsbehälters verlängern, zum Beispieldadurch, daß ein Kontakt des Sumpfwassers mit der Schmel-

ze verhindert wird. Wir sind aufgrund der Unterlagen, die

bereits im Kernforschungszentrum Karlsruhe erarbeitet sind,der Meinung, daß die Ergebnisse der Risikostudie zu konser-vativ sind, Ich möchte in diesem Zusammenhang auf denCode WECHSE L des Instituts für Reaktorbauelemente desKernforschungszentrums Karlsruhe hinweisen. Außerdemwerden im Kernforschungszentrum Karlsruhe Arbeiten vor-bereitet, bei denen die Reaktion zwischen Schmelze undBeton in größeren Versuchen (BETA-Anlage) untersuchtwerden wird. Ein Teil des Programmes ist darauf gerichtet,diese Reaktion und die Entwicklung gasförmiger Produkteweitgehend einzuschränken.

W, Hawickhorst (KWU Erlangen):Meine Frage bezieht sich auf Ihre Ausführungen zum Kern-schmelzen. Wir wissen heute, daß die Risikostudie in mehr-facher Hinsicht zu pessimistisch vorging, 'Einmal beträgt die

Verzögerungszejt bis zum Überdruckversagen des Sicherheits-behälters nicht ein, sondern vier Tage. Zum anderen sind dieAbscheideprozesse im Sicherheitsbehälter viel effizienter, alsbisher angenommen. Kann man heute schon nachweisen, daßbei Berücksichtigung Ihrer neuen Erkenntnisse beim Über-druckversagen wegen der Begrenzung des Freisetzungsumfan-ges überhaupt keine poteniell akut schädigenden Dosen auf-

treten können, selbst wenn man die in der Risikostudie stets

34

unterstellte Evakuierung des Nahbereichs nicht mehr unter-stellt? Dies soll nicht heißen, daß man auf sinnvolle Notfall-schutzmaßnahmen verzichten sollte, aber es ist ganz gut zuwissen, daß man nicht darauf angewiesen ist.

J, G, Wilhelm (KfK):Ich kann Ihnen nur zustimmen, wenn man ein Überdruckver-sagen des Sicherheitsbehälters durch gefilterte Abgabe derSicherheitsbehälteratmosphäre über den Fortluftkamin errei-chen kann. Dazu müßte man allerdings eine Dampfexplosionmit hohem mechanischen Wirkungsgrad ausschließen könnenund hierzu ist die letzte Antwort noch nicht gegeben.

Eine solche Dampfexplosion könnte zum vorzeitigen Versa-gen des Sicherheitsbehälters führen, Außerdem müßte maneine zuverlässige Aussage zum Umfang und den Folgen einermöglichen Wasserstoff-Deflagration haben.

Versuche, die in den Sandia Laboratories in den USA durch-geführt worden sind, zeigen, daß Umsetzungen, die zu einemVersagen des Sicherheitsbehälters infolge der Dampfexplo-sion führen, relativ unwahrscheinlich sind.

D. v. Ehrenstein (Universität Bremen):

In vorausgegangenen Bemerkungen klang an, bei einem ent-sprechenden Störfall/Unfall auf die Evakuierung auch in derunmittelbaren Umgebung eines Kernkraftwerks zu verzichten,da ein frühzeitiges Versagen des Sicherheitsbehälters nicht zu

erwarten sei. Ich warne vor Verzicht auf frühzeitige Evaku-

ierung in ausreichendem Umkreis um eine Unfall-Anlage,selbst wenn man Dampfexplosionen und Wasserstoff-Defla-gration ausschließen könnte (was nicht möglich ist), denn essind dennoch Ereignisse denkbar, die zu einem frühzeitigenVersagen des Sicherheitsbehälters führen könnten.

J, G, Wilhelm (KfK):Auf den Kommentar von Herrn D. V. Ehrenstein kann keineAntwort gegeben werden, da die Ereignisse, die zum früh-zeitigen Versagen des SB führen können, nicht angegeben

wurden,

Burkard (SozMin, Baden-Württemberg, Stuttgart)

Die sehr guten Abscheidegrade und langen Standzeiten derJod-Sorptionsfilter der R i ngraumabsaugung (Störfallfilter)beruht insbesondere auf der Tatsache, daß diese Filter be-trieblich nicht eingesetzt werden, Bei betrieblich eingesetz-

ten Filtern (Unterdruckhaltung, Umluftfilter) kann der Ab-

scheidegrad infolge Schadstoffbelastung in relativ kurzerZeit erheblich verschlechtert werden. Schadstoffe wie Lö-sungsmittel etc. fallen jedoch auch innerhalb des Ringraumesan. Frage: Ist - insbesondere bei länger dauernden - Anfor-

derungsfällen nicht auch bei den Störfallfiltern ein gegebe-nenfalls erhebl icher Abfall des Abscheidegrads zu befürchten?

J. G. Wilhelm (KfK):Das ist eine absolut berechtigte Frage, Nach allen Meßergeb-nissen, die bisher vorliegen, sieht es so aus, daß wir mit einerzulässigen Betriebsdauer der Störfallfilter in der Größenord-nung Monate rechnen können. Vielleicht zwei bis drei Mona-te Dauerbetrieb. Ich halte es aber für notwendig, die Störfall-filter (Ringraumfilter) mit 2 x 100 % auszulegen, um im Ver-sagensfall, zum Beispiel durch Vergiftung oder Desorption,auf ein zweites, nicht vorbeladenes Filter umschalten zu

können, Außerdem sollten beide Filter parallel .(mit redu-ziertem Durchsatz) betrieben werden können, so daß erhöhteVerweilzeiten erreicht werden, durch die der Abscheidegrad

gegebenenfalls um Größenordnungen erhöht werden kann.Und meine persönliche Meinung ist es, daß eine entsprechen-de Auslegung mit 2 x 100 % auch in neuen Lüftungskonzep-

ten für Siedewasserreaktoren berücksichtigt werden sollte.

Human Factors in Nuclear Power Plant Operations 1)By A. D. Swain2)

Abstract

This report describes some of the human factors problemsin nuclear power plants and the technology that can be

employed to reduce those problems, Many of the changesto improve the human factors in existing plants are inex-pensive, and the expected gain in human reliability is sub-stantial. The human factors technology is well-establishedand there are practitioners in most countries that havenuclear power plants.

The Human Error Problem

Human factors (or Ergonomics) refers to a technology con-cerned with designing machines, operations, and workenvironments so that they match human capacities and limi-tations (Chapanis, 1965, p 8). This technology developed

during World War II because mititary systems were becom-ing so complex that people who were to operate them, main-tain them, or test them could not always perform reliably orsafely, Several studies in the 1950's and 1960's indicated thatin complex man-machine systems, human error was often theoverriding contribution to systems failures (26, 10, 11).In the Shapero study, the human errors contributed fromabout one-fiTth to over half of system failures in several largemissile systems. This study dealt only with those humanerrors that occured late in the life history of a missile. Otherstudies (18) showed that human error during the productionof weapon systems accounted for a significant percentage ofthe (relatively small number of) defective weapons deliveredto military organizations.

It is c1ear that human errorsare a problem for reliable andsafe systems. In the field of military equipment, steps weretaken to reduce this problem to a manageable leveL. Research

and engineering agencies were set up to improve the design

of equipment so that reliable human performance would beeasier to achieve. Over the years, human factors documentsand standards were developed (37), (13) and (12) to ensurethat acceptable ergonomics practices were incorporated in

the design process. The military had recognized that are limi-tations to the level of reliable performance achievable even

by highly motivated and disciplined personnel. Further im-provement had to depend largely on the better design ofequipment for human operation and maintenance.During the formative years of their technology, human fac-tors personnel learned that consistent and permanent reduc-tions in human errors could be achieved if the emphasis was

on designing work situations that were compatible with thecapabilities, limitations, andneeds of the people in thesesituations. The "work situation approach" (Swain, 1969b)recognizes that most human errors in a well-structured worksituation are "situation-caused errors". Analysis of humanerrors in industry usually uncovered one or more poorlydesigned work situations that would likely result in error, Ifone corrects those aspects of a work situation that are not inaccord with acceptable ergonomic principles, such changesto a system will result in a permanent improvement in humanreliability. If one takes opposite approach, one which empha-sizes "human-caused errors" in which the person on the jobmust use his skill to compensate for poorly designed worksituations, much smaller improvement ispossible, and much

1) This work was supported by the US Nuclear Regulatory Commis-sion, Office of Nuclear Regulatory Research, under InteragencyAgreement DOE 40-550-75, with the US Department of Energy.

2) Alan D, Swain, Sandia National Laboratories, Albuquerque,NM 87185, USA

of it may be temporary, since it depends on the variablemotivation and skill of the workers (19), Extremely high

skill levels are observable in jobs which are inherentlyprone to error, but even best jugglers drop things and the

best tight-rope walkers occasionally slip. In the work situ-ation approach, one looks for situations that have a poten-tial for error, and then changes the situation so that it ismore capable of supporting reliable human performance,

especially under stressful condltions. The most cost-effec-tive employment of this approach is in the early design stageof a system, when it is relatively easy to make changes.

Despite the proven benefits of incorporating human factorsconsiderations in all stages of design, development, and useof military and space systems, commercial industry has beenslow to use this technology. Nowhere is this reluctance toemploy a useful technology more apparent than in thenuclear power industry. Prior to the Three-Mile-Island UnitNumber Two (TMI-2)3) accident, a number of human factorsstudies revealed serious actual and potential problems forreliable and safe human operation (1, 15, 16,23,24,28,30,32, 35). Those of us in the human factors field deploredthe absence of any systematic corisideration of this techno-logy in the design and operation of nuclear power plants

(NPPs).

Since the- TM I accident, the prospects for incorporation of

human factors considerations in the nuclear power field aremuch more promising. Several of the reports of that accidentnote the need to consider human factors technology in thisfield (8, 17, 21, 27, 36). Now it seems that everyone wantsto get on board the human factors bandwagon. The mainpurpose of this paper is to provide some guidance and en-

couragement to steer this bandwagon properly. There areproven techniques to identify situations in nuclear powerplants which are likely to cause an undue number of humanerrors, and many of the problems in existing plants can becorrected with a relatively small expenditure of time andfunds.

Techniques to Identify Error-likely Situation

A work situation which is conducive to human errors isca lied an "error-likely situation", The primary techniqueto indentify and analyze such situation is know as "taskanalysis". Developed in the early 1950's (14) it is an analy-tical process for determining the specific behaviors required

of the human components in a man-machine system. Itinvolves determining the detailed performance required ofthe people and equipment, and the effects of environmentalconditions, malfunctions, under other unexpected events onboth. Within each task to be performed by people, behavioralsteps are analyzed in terms of 1. the sensory signals and

related perceptions, 2. the decisions, memory storage, andother mental processes, and 3. the required responses. Thus,

the analysis must consider those factors which shape humanperformance in a system the factors which can make per-formance adequately reliable and safe, or which can makeit unreliable and dangerous. Table 1 presents a set of thesefactors, called "performance shaping factors", which will bediscussed later.

Although task analysis requires special training, it is an easilylearned technique. The primary requirement of the analyst isthe ability to think in terms of the person performing a job, toempathize with his difficulties an successes, and to recognizethose features in the work situation that could increase the

3) A list of abbrevtations is found at the end of this paper,

35

Table 1: Performance shaping factors

External Stressors Internal

Situational CharacteristicsTask and eauipment Psychological stressors Organismic factorscharacteristics

Arch itectu ral featu res Perceptual reauirements Suddenness of onset Previous training/experience

quality of environment: motor requirements (speed, duration of stress state or current practice or skillTemperature, humidity, strength, precision) task speed personality and intelligenceand air quality, control-display relationships task load variableslighting, anticipatory reauirements high jeopardy risk motivation and attitudesnoise and vibration, interpretation threats (of failure, loss of job) knowledge of requireddegree of general c1eanliness, decision-making monotonous, degrading, performance standardswork hours/work breaks complexity (information or meaningless work physical conditionavailability/adeauacy of load) long, uneventful vigilance periods attitudes based on influence ofspecial equipment, narrowness of task conflicts of motives about job family and other outsidetools, and supplies frequency and repetitiveness performance persons or agenciesmanning parameters task criticality reinforcement absent or negative group identificationsorganizational structure long- and short-term memory sensory deprivation(e, g. authority, responsibi- calculational requirements distractions (noise, glare,lity, communications feedback (knowledge of movement, flicker, color)channels) results) inconsistent cueingactions by supervisors, continu ity (discrete vsco-workers, union repre- continuous) Physiological stressorssentatives, and regulatory team structurepersonnel man-machine interface Duration of stressrewards, recognition, factors: fatiguebenefits design of prime pain or discomfort

equipment, test hunger or thirstJob and task instructions eauipment, manufacturing temperature extremes

equipment, radiationProcedures reauired job aids, tools, g-force extremes(written or not written) fixtures atmospheric pressure extremeswritten or oral communi- oxygen insufficiencycations vibrationcautions and warnings movement constrictionwork methods lack of physical exercise

plant policies (shop practices)

likelihood of errors. People who see other peoples' errors asevidence of "not trying hard enough to do it right" do notmake good analysts.The techniques used in task analysis are straightforward-watching people perform a task, interviewing them, and per-forming the task oneself (when feasible). Task analysis maybe carried out even when a plant is in the design stage, beforethere is anything to watch or personnel to interview, In such

a case, the task analysis is done on some existing plant, andallowances are made for differences between the old and newplants, From a human factors point of view, there is no suchthing as a "new" plant. Even though the equipment may bedissimilar between two plants, there will be much more com-munality in required human performance than there are dif-ferences between them.

In addition to the task analysis done by a trained analyst,.avaluable source to identify error-likely situations is the wor-ker in the plant. The control room operator, the instrumen-tation technician, the maintenance person, and so on, haveall experienced problems and made errors. If they are notpenalized for telling the truth, these "subject-matter experts"can provide valuable information to avoid problems in futureplants or to correct problems in existing plants. In the U.S,there is a Licensee Event Reporting (LER) system for NPPswhich certain events (including related human errors) mustbe reported to the U.S. Nuclear Regulatory Commission,

Regrettably, the amount of useful information in thesereports on human error and their causes is limited, For variousreasons, plant personnel are not motivated to "tell all",A different approach is required to provide adequate informa-tion about human error problems, In other industries, e, g"the forestry industry (9) periodic collections oferror eventshave been taken with the understanding that none of thematerial will be made available to plant management or togovernment regulatory agencies. Swain (33, 34) has devel-oped and tried out such programs in American and Europeanindustries, Experience shows that people on a job recognize

36

many human performance problems that are not recognizedby their supervisor or by a company's technical personnel

charged with recognizing these problems. This should hardlybe surprising; many people know how to improve the qualityof their performance but are not provided with any motiva-tion to make this information know to management or areactively descouraged from doing so (4), A later sectiondescribes some of the NPP problems that could have beenreadily identiied by persons on the job if they had been

encouraged to report such problem areas and given appro-

priate recognition and reward.When the error-likely situations have been identified, it isuseful to quantitatively assess the risk arising from thesepotential errors. A technique called "human reliability ana-lysis", and the necessary interim data on human perfor-mance, are available for this purpose. Although a descriptionof this approach is beyond the scope of this paper, it usesconventional reliability technology, but has human perfor-mance models and tables of estimated error probabilitiesrelated to the human component in a system. The techniqueincluding the basic task analysis method and the related dataapplicable to human actions in NPPs are described in (36).

Improving the Performance Shaping Factors

Table 1 shows that there are performance shaping factors

(PSFs) which are external to people in the system, and thosewhich are internal, i.e., characteristic of the people them-selves. The third set of PSFs, the stressors, can arise whenthere is a bad mismatch between the external characteristicsof a job and the internal characteristics of the people in thejob,

The remainder of this paper provides some examples of poorhuman factors practices in NPPs, and shows how improve-ments in human reliability could be made in existing plantswith small changes in the work situation. In addition, someobservations relevant to the design of future plants are made,

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(ESF) panel in a pressurizedwater reactor

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~The material which follows is drawn in large part trom Chap-ter 3 "Performance Shaping Factors" of (36). The examples

are categorized as poor display of information, poor qualityof written instructions, and inadequate provisions for onsitepractice of unusual events.

Poor Display of Information

Poor LayoutThe most striking first impression reported by human factorsspecialists visiting a control room in an NPP is the plethoraof displays and controls and the lack of any functionallayout of the components. (In human factors terms, a func-tional layout implies a logical grouping of components, sim-plifying the task of selecting the required display or contro!.)

One of the most thorough studies of control room layout(23) i1lustrates this nonfunctional layout, and points out thatthe operators themselves have applied colored tape to the

panels to delineate functional groups. (In some plants opera-

tors have been prevented from applying such markings by

management policies that place aesthetics above the needs ofthe operators,) Another study (1) traces the path walked byan operator during an 8-hour shift, This "link analysis"shows that the layout of control rooms is neither effectivenor efficient in terms of human reliability. In some 2-reac-tor control rooms, confusion is compounded by a designwhich places the components on the panels for one reactorin a mirror image arrangement of the other reactor's panels.Mirror imaging is weil recognized as a poor design feature inthe human factors community,

Although nothing can be done about mirror imaging in exist-ing plants, it can c1early be avoided in future plants. Reportsare available which describe methods to ímprove the func-tionability of existing panels and delineate layout methodsfor plants in the design stage (24, 25).

Poor LabelingAnother factor making for poor display of information is thelabeling of controls and display which uses terms not directlyrelated to the operators' needs. In some plants these labelswere taken from construction drawing, and no apparenteffort was made to develop labels which would help theoperators understand the functions of the controls and dis-plays, For normal operating conditions, this lack of ergo-

nomics considerations is probably not too serious, but underabnormal conditions, serious errors can occur. For example,in a dynamic simulator of an NPP, the author observed a

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ski lied operator (actually, the person in charge of operatortraining) perform the emergency procedures for respondingto a largeloss-of-coolant accident. He had trouble locating

certain switches required to cope with this event and hedescribed at length the greater problems experienced bylesser ski lied operators, The difficulties prompted the authorto devise a location aid similar to the matrix used on roadmaps to locate a town, Figure 1 shows one part of an engi-neered safety features panel at one plant. Note how difficultit is even with this truncated sketch to find Switch 8923B.Now turn to figure 2 in which a location aid matrix of color-ed stripes and numbers has been used. If the written proce-dures identified Switch 8923B with the location aid L-Yellow 8, the switch could be located quickly. (The L standsfor the lower panels.)

Although the personnel at the plant where this suggestionswas first made wanted to use this location aid on the con-trol room panels, it was not implemented because of ma-

nagements objections that colored strips would ruin theaesthetic quality of the panels. This is an example in wh icha minor expenditure of time and funds would materiallyincrease human reliability in responding to abnormal situa-tions such as transients. Another example is the operators'use of locally made stick-on labels to indicate the functionof certain switches and displays more c1early than the per-manent labels. There is a c1ear need to develop labels thatare useful to the operators, and to standardize those labels,

The present inadequate labeling (at all plants the authorhas visited in the U.S, and in Europe) increases the percep-

tual and interpretational demands on the operator, withthe result that longer decision times are required and moreerrors occur. This is one area where a substantial improve-ment in human factors could be achieved in existing plantswith relatively little expense,

Inadequate Indications of Plant StatusOften the information conveyed by indicators of plantsstatus requires excessive interpretation by the operators.

The 1979 TMI accident illustrates several such problems(7). One such problem is related to the automatic c10singof the pressure-operated relief valve on the pressurizer.The problem occurred because an amber light in the con-trol room comes on when an automatic signal is se nt to asolenoid to cause it to close the valve. The light does notmonitor the c10sing of the valve, The operator is supposed

to remember that the amber light may not mean that thevalve has c10sed (20). Even if the operator had been told

that this was the ca se (he might not have beenl. under the

37

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Fig. 2: Location aids for lower safeguards (ESF) panel in a pressurized water reactor

6

stress of responding to a transient, he is likely to forgetthat the light doesn't really mean what it says. To changethis design in an existing plant may involve a significantexpense, but clearly must be done, since the present designis dangerous.

Another problem of inadequate indication of plant statusoccured at TM I there was no direct meter indication ofwater flow in the auxiliary feedwater system. "The indicatorthe operator was supposed to watch to see if these was aux-feed was apressure gauge on the discharge header. This ismisleading if the auxfeed valve is c10sed because the pressure

would be high and yet the flow is zero" (29). Again, toomuch interpretation is required for high levels of humanreliability. And again, the change may involve a significantexpense. But we cannot depend on operator training to makeup für this deficiency in display status - TMI is a lesson thatwe must heed,

For future plants, one approach to providing adequate indi-cations of plants status is to alert the operator in advance ofpossible excursions of plant functions from normal ranges.

This calls für forecasting (predicting) by displaying trends

on special readouts such as cathode ray tubes (CRTs). Thishas the advantage of flexibility by using computer programsthat can be modified relatively easily. Personnel at the Insti-tute for Reactor Safety in West Germany are working onsuch an approach, which they call the Disturbance AnalysisSystem (DAS) (2), The DAS is a program which analyzesreactor operating parameter to inform the operators of thecause and history of any event being reported by the conven-tional displays and annunciators. It is up to the operator tojudge which action is appropriate to take. Theroretically, itwould be possible for the DAS software to include programs

to provide suggestions to the operator on preventive and

remedial action totake. There is risk to this approach, withits inherent dependence on programming omnipotence, andthe Iikelihood that operators might grow too dependent onautomatic equipment.

Even without diagnostic programming, the DAS will reducethe information load on the operator, It should be especiallyvaluable in an emergency in terms of the stability of the

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operator's responses and of correct and timely diagnosis of

the unusual event. Although the DAS would require a greaternumber of sensors than in a standard NPP, the number ofoperator displays would not increase. In fact, with the DAS,the operator could center his attention on only a few dis-plays, a far cry from the present situation in which hundredsof annunciators divert the operator's attention, most of whichconvey no useful information for the problem at hand (7).In designing the displays for a system such as the DAS, it isnecessary to recognize that the operator can more readily be

overloaded with information displayed on CRTs than he iswith conventional displays in NPPs, Without a detailed taskanalysis of the demands that any proposed display systemand components would impose on an operator, the potentialbenefits of the DAS could be offset by the tendency fordesigners to display an CRTs all that is technical feasible todisplay.

Inadequate Indications of Positions of ValvesOne of the most serious error.likely situations in NPPs is thepoor labeling on manual 0. e" loèally-operated) valvesthroughout the plant and the lack of any indication of thenormal positions for these valves. The labeling of switches formotor.operated valved (MOVs) is easier to read than that formanual valves, but most plants fail to display the normaloperating positions of these MOVs, either.

In the case of manual valves, solutions are simple and inex-pensive, At one plant, the author suggested that easy-to-read

plastics signs be placed on each critical manual valve thatwould c1early indicate not only the function of the valve andthe reactor it was part of, but would also indicate the normaloperating position for that valve. Although the plant super.

intendent recognized the utility of this suggestion, he couldnot get this simple "quick fix" implemented. Within a year,

an auxiliary operator mistakenly opened a valve in the wrongreactor system 0, e., he had the correct valve but the wrongreactor) and the resulting damage cost the utility several daysof lost revenue,

There are several methods of providing readable labels formanual valves and for displaying the normal operating posi-

tions. The important point is not the use of any specific

solution but that a solution to such costly human errors

can be implemented at minor expense. In the case of theswitches for MOVs, changes to' the permanent displays canbe made at somewhat greater cast. For example, in plantswhere pairs of status lamps are used to indicate MOV status0, e., green lamp on the left indicates c10sed position and red

lamp on the right indicates open position), two possible solu-tions come to mind, One, which has been adopted in a Euro-

pean plant, is to use lamp position 0. e" left or right) to indi-cate valve status, and to use a neutral lamp (e. g., frostedwhite) for the normal operating position and a red lamp fora nonnormal position, Another solution is to retain the greenand red lamps, and place some special mark around the normalposition, e. g., a heavy black outline. This would not benearly as attention-getting as the first solution, but could beimplemented quickly and cheaply, Still another solution usedin some U, S. plants is the color coding of green for normaland red for nonnormal states, which is characteristic of mostequipment in most countries. A second coding scheme isused to indicate the actual position of the valve, e. g., a circlefor the open position and a bar for the c10sed position. Thus,

a red backlighted bar would indicate that the valve is c10sed

and that this is not normal operating position. Operators atone plant the author has visited like this system find it morenatural and useful than the conventional NPP practice ofusing red for open and green for c1osed.

The above solutions to this real problem are not exhaustive.Certainly, it should be apparent that the present color cod-ing scheme is inadequate and should be changed.

Poor Quality of Written InstructionsReference to table 1 shows that one of the external PSFs isjob and task instructions, One of the most important workmethods is the correct use of written procedures, especiallychecklists. If any routine task is performed without step-by-step reference to written procedures, errors of ommissionare very likely. Yet, investigations of written procedures (3)show that NPP personnel often do not use them when theyshould. During the WASH-140Q study (6) we còncluded thatthree primary reasons for not using written procedures are

that they are difficult to read, difficult to locate, or incon-

venient to use. We further concluded that the typical formatand writing style of NPP procedures was at about the sameincomprehensible level as that of military procedures in 1950prior to the application of ergonomics principles.

One of the major problems related to NPP witten proceduresis that the signal-to-noise ratio is very low, that is, for thenumber of words employed, the amount of useful informa-tion is low. This is because these procedures are written in anarrative style, often using stilted language, and with several

important operator actions included in one sentence or para-graph, There are different kinds of formats and writingstyles; the one we prefer is illustrated in figure 3 which showspart ot the procedures for the immediate manual actions in

response to a loss-of coolant accident (LOCA). Note thatmany of the conventional parts of narrative writing 0. e.,articles, conjunctions, prepositions, etc.) are not necessary.

Thus, the signal-to-noise ratio is materially improved, In oneexperimental study at an industrial plant (5), it was foundthat experienced technicians familiar with the usual narrativetype of format made one-third fewer errors a columnar for-mat (Iike that shown in the figure) even though it was un-

familiar to them.

Apart trom problems of format and writing style, one of themost serious problems with NPP emergency procedures isthat there are often too many instructions that are notsafety-related. Much of this safetyirrelevant information con-cerns the reduction of monetary loss in the event of a

Indication orStep Check Item Manipulated Activity Result/Feedback

1 0 Si Iniation Verify SAFETY INJECTIONACTIVATED

(Ann-7 Yellow 3)2 0 REACTOR COLLANT TRIP TURBINE TRIP

PUMP1A,lB,1C,lD 4 Switches REACTOR TRIP(U-Grey 84-87) (Ann'6 Grey 1)

3 0 GROUP A Verify Dark except:MONITOR L1GHTS (1) N2-ACC 1880(U-Blue-3) (Yellow4)

(2) RHR HX21-0807(White 3)

Fig.3: Steps from columnar style for'mat for NPP written procedures

transient. For example, at one plant, there were so manyeconomic-centered instructions in the procedure für a

La CA that it would not be possible for a control roomoperator to consistently comply with the safety-relatedinstructions on a timely basis. (This judgement was based onour observations of a highly-skilled operator simulating theuse of these procedures,)

The problems in written procedures in U. S. plants also existin European plants. On-the-spot translation to English revealthe same poor signal-to-noise ratio found in U. S. NPP in-structions, The solution for this problem is not inexpensive;

it requires a dedication to an entirely different method ofpreparing and writing written instructions.

Currently, the U. S. NRC is sponsoring several studies for theimprovement of written instructions.

Inadequate Provisions-for On-Site Practice of Unusual Events

Military experience teaches us that people have the best

chance of coping with an emergency or other unusual eventif they have practiced the responses that will be required inthese situations, Military experience also teaches us thatwithout this type of practice of the unusual, the most likely

first response is one of sheer disbelief - "It cannot be hap-pening to me." We call this the "incredulity response." Ithas been observed in many situations, not just in militaryoperations.

The implications of the above for reliable responses tounusual situations in NPPs is obvious. Unless operators havesufficient drill on responding to simulations of low-probabi-

HIGH

END OF FORMAL TRAININGASSUMING PRACTICE OF r-

1/ EMERGENCIES r--..r-..: r-___ I1'- I ~,. I -"'J

1'.. I ........ WITH PRACTICEI "'J OF SIMULATEDEMERGENCIES

EFFECTIVECOPINGWITHEMERGENCIES

NO FURTHER

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LOW

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Fig, 4: Hypothetical effects of practice and no practice on maintain-

ance of emergency skills

39

lity events, they will probably not respond appropriately

should such an event occur. Figure 4 shows what is Iikely tohappen in the absence of practice and what is Iikely to hap-pen with routine practice,How much practice should be given? Thereis no ready an-swer.

However, in commercial aviation, airline pilots must berecertified every six months, and this recertification includespractice of emergencies in dynamic flights simulators. Whetheror not NPP operators should be required to practice unusualevents in dynamic simulators of NPP control rooms is'yet tobe decided. Regardless of what schedule might be deemedadequate and economically feasible, practice in dynamic NPPsimulators can be complemented with inexpensive practiceon-site which we call the "talkthrough." In this method eachoperator (or other NPP person) is periodically asked by hissupervisor to imagine a certain unusual event, and to describein detail wh at he would do. The operator obtains the appro-priate written instructions and describes in detail each step

he would perform, pointing to controls he wòuld operate(and to what position), pointing to displays he would read

(and what he would be looking for), and describing the timerelationships involved and what would be happening to thesystems in the plant. This game of "what if?" can be verychallenging and interesting to plant personnei, and could

relieve some of the boredom and monotony that some ofthem report. In the U. S" we have recommended to theNRC that its onsite Inspection and Enforcement personnelperiodically require randomly selected plant personnel to gothrough such an operation, and that their responses be timedand evaluated for accuracy. When such a program is carriedout, the Iikelihood of the incredulity response will be greatly

reduced and the probality of timely and correct responsés

to unusual events will be greatly enhanced,

Concluding comments

The human error problem in nuclear power plants is very. real; human oversights and érrors of commission in seriousaccidents such as that at TMI-2 and Brown's Ferry, as weil asless publicized incidents described in the LERs trom U. S.nuclear plants, have demonstrated that greater attention tohuman factors is needed to correct serious ergonomics defi-ciences in extisting plants and to avoid them in the design offuture plants.

That is the "bad news," The "good news" is that there existsthe technology required to carry out these improvements,

there are qualified people available to apply the technology,and many of the changes that are required for the highestlevels of human reliability in NPP operations are relativelyinexpensive, even when making changesin present plants.One can conclude that there are problems but that theseproblems are readily solvable, The major risk to nuclearpower lies in not solving these problems.

List of abbreviations

CRTDASLERLOCAMOVNPPNRCPSFOCSiTMI-2U. S.

Cathode Ray TubeDisturbance Analysis SystemLicensee Event ReportLoss-of Coolant AccidentMotor-Operated Valve

Nuclear Power PlantNuclear Regulatory CommissionPerformance Shaping FactorOuality Circle

Safety InjectionThree Mile Island Unit Number 2United States

40

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Discussion

K. Orth, (KWU, Erlangen):

Mr. Swain, your presentation reflected a safety philosophy,which relies on the operator to a very high degree. In ourcountry the safety functions needed within 30 minutes afteran accident are initiated automatically. The operator is neededonly in the long term phase after an accident.Can you agree that questions of ergonomics and humanfactors cannot be discussed separately, but only in combi-

nation with questions of overall plant design, questions ofthe degree of contra I and automatization, and questions ofautomatic initiation of safety measures?

A. D. Swain (Sandia National Laboratories, USA):I didn't hear all of your questions, I'm sorry, but let me

answer those which I did hear. You pointed out that initiationof certain safety responses is done automatically. Weil, of

course, it is in our plants, too. But the only thing I wouldhave to point out to you is that unless your programmers of

computer systems or the designer of hardware systems areomnipotent and will never make mistakes, then you do haveto have an operator there to compensate for things which

you have not anticipated in the design of the systems. Andto the extent that you rely on automatic systems, you have to

look very carefully to see that you don't rely so much onautomatic systems, that you completely divorce the operatorfrom knowing whats going on in the system, If the operatorbecomes a mere buttom pusher, then if you do demand himto step in and intervene in some unusual situation; he will nothave a very good probability of doing so correctly. Those ofus who have been treating complex systems for many years,we like to see automation used but we say, it must be usedvery carefully so that we don't completely wash out the skillsof the operator. Otherwise, in that joke about the automaticpilot which I just told you, "You have nothing to worry

about, etc."

Wendling (BMI):Mr. Swain, you showed us a kind of sawtooth curve concern-ing the ability of the operator to cope with an emergency.

(33) Swain, A, D,: The Human Element in System Safety, 712 Sund-own Pi, SE, Albuquerque, NM 87108, May 1980,

(34) Swain, A. D,: Design Techniques for Improving Human Perform-ance in Production, 712 Sundown PI. SE, Albuquerque, NM87108, June 1980.

(35) Swain, A, D, and H, E, Guttmann: Human Reliability AnalysisApplied to Nuclear Power, Proceedings of 14th Annual Relia-bility and Maintainability Conference, Inst. of Elect, and Elec-tronic Engineers, New York, January 1975, 116-119.

(36) Swain, A, D. and H, E. Guttmann: Handbook of Human Relia-bility Analysis With Emphasis on Nuclear Power Plant Applica-tions (Draft for Public Review), NUREG/CR-1278, Office ofNuclear Regulatory Research, U, S. Nuclear Regulatory Commis-sion, Washington, DC 20555, September 1980,

(37) Van Cott, H, P. and R. G, Kincade (eds): Human EngineeringGuide to Equipment Design, (rev. ed,), Washington, DC: U, S.Goverment Printing Office, 1972,.

First question: What kind of experience is the basis of thiscurve?

Second question: Can you give numbers about the frequencyand the intensity of the practice necessary to arrive at that

curve?

A. D. Swain (Sandia National Laboratories, USA):I think you are asking two questions, one, what is the dataor information behind this curve, and secondly how frequentshould this practice be given. The curve itself is a theoreticalcurve, it makes a lot of sense, psychologically, so we know itis a valid curve. If you look for example at the training andthe practice in responding to emergencies given to aircraftpilots, you find that they are required every six months to

have a recertification examination and this means that theyhave to go back the dynamics simulator and have experience

in responding to emergencies and, of course, in the Americanand European community, this means that they have to begiven check-rides by a qual ified instructor every six months.So in the ca se of airplane pilots this practice takes place

every six months at least, and perhaps they are doing some-thing in the cockpit besides playing cards or whatever, Nowin the nuclear power plant field it was some time ago decidedin the U. S. to have each nuclear plant operator be recertifiedevery two years and this was supposed to include visits to asimulator. Now when this decision was made at that time,i said thats not enough. Fine, if you can only afford to send

an operator every two years back to the simulator, 0, k., butthis means you have to give him other kinds of practice inbetween those bi-annual visits to a simulator. This is whyI recommended to the N RC that the onsite N RC-inspector ata plant will periodically choose some operator at random,on some randomly selected shift, and give him a problem tosolve. In other words we would say to this operator, youhave just lost main feed water, and we would start the stopwatch. Weil I am going to put a little stress on these fellows,and see how weil they do, And this is what i would like tosee done. Unfortunately, that requires a little imagination,we have not done it yet in our country.

41

Auswertung von Betriebsenahrungen durch die GRSVon E. Lindauer und P. Kafka 1)

Kurzfassung

Es wird ein Überblick über die Aktivitäten der G RS zur Aus-

wertung von Betriebserfahrungen gegeben. Dabei wird unter-schieden zwischen

Arbeiten zur Unterstützung des BM i bei der Aufsicht. Zieldieser Arbeiten ist es, sicherheitsrelevante Betriebserfah-rungen aus Kernkraftwerken der Bundesrepublik und des

Auslandes zentral zu erfassen, den beteiligten Stellen ver-fügbar zu machen und Empfehlungen für Verbesserungenbei Errichtung und Betrieb der Anlagen abzuleiten.

Forschungsaktivitäten. Es werden Beispiele dafür angege-ben, wie die Analysen der deutschen Risikostudie durch

Betriebserfahrungen abgesichert wurden, und weiterfüh-rende Projekte vorgestellt.

Abstract

A review is given relative to the G RS-activities in the inter-pretation of operation experiments.In this work it is differed

the support of the Federal Minister of Interior in super-vising. The goal of these works is, to collect the safetyrelated operation experiments of nuclear power plants inGermany and foreign countries, to make these data avai-lable to all participants and to give recommendations forimprovements in construction and operation,

the development activities. Examples are given, how theaccuracy of the analysis of the german risk study isdemonstrated by operation experiments and continuingprojects are presented.

Einleitung

i n diesem Beitrag wird über die Aktivitäten der G RS auf demGebiete der Auswertung von Betriebserfahrungen berichtet.Es wird dabei unterschieden zwischen

Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit dem behördlichenAufsichtsverfahren stehenundForschungsaktivitäten.

Der Schwerpunkt des Beitrags liegt im ersten Bereich, weil zuForschungsaktivitäten insbesondere im Rahmen der Risiko-studie anderweitig ausführlich berichtet wurde.

Unterstützung der behördlichen AufsichtZielsetzung und Organisation in der G RS

Zielsetzung der Arbeiten im Zusammenhang mit der behörd-lichen Aufsicht ist es

die in der Bundesrepublik anfallenden sicherheitsbezoge-

nen Betriebserfahrungen zentral zu erfassen und allen be-teiligten Stellen verfügbar zu machen,die entsprechenden ausländischen Informationen zu sam-meln und zur Verfügung zu stellen,durch Auswertung der in- und ausländischen ErfahrungenEmpfehlungen für Verbesserungen bei Errichtung und Be-trieb von Kernkraftwerken zu erarbeiten.

Diese Arbeiten werden in der G RS von einer eigenen Gruppewahrgenommen, die ausschließlich diese Aufgabe hat, Sie be-steht aus sechs Mitarbeitern. Für vertiefende Untersuchungen

1) Dr.-Ing, Erwin Lindauer und Dr, Peter Kafka, Gesellschaft fürReaktorsicherheit (GRS) mbH.

42

zu speziellen Fragestellungen werden die jeweiligen Fachab-

teilungen herangezogen,

Überblick und Einbindung der G RS in den Informa-tionsflußAn der Auswertung und Umsetzung von Betriebserfahrungensind in der Bundesrepublik eine ganze Reihe von Institutio-nen beteiligt. Zweck dieses Beitrages ist es, den Beitrag derG RS darzustellen, Daß im folgenden im wesentlichen von derG RS die Rede ist, sollte daher nicht mißverstanden werden,etwa als Unterbewertung der Arbeit der anderen i nstitu-tionen,In Bild 1 sind nur die wichtigsten institutionalisierten Infor-mationswege angedeutet. Tatsächlich ist das Informations-netz wesentlich dichter, als es eine solche Darstellung zeigt:

Zusätzliche, über die formelle Meldung hinausgehende,

I nformationen zu Störungen, technischen Einzelheitenusw. erhält die GRS von den Landesbehörden, den Betrei-bern, dem TÜV, den Herstellern sowohl auf Rückfrage alsauch durch Zustellung von Berichten, die diese i nstitu-tionen unabhängig von der Arbeit der G RS erstellen.Die GRS ist Mitglied der Leitstelle Kerntechnik und daherin deren Informationsaustausch über Betriebserfahrungen

voll eingebunden. Als Beispiel ist etwa die Erfassung undAuswertung von Vorkommnissen in der Fertigungsphasezu nennen.Zur Arbeit der RSK ist ein enger Kontakt dadurch gege-ben, daß ihre Geschäftsstelle in der G RS angesiedelt ist.Beratungsunterlagen wurden von der G RS zum Beispiel er-stellt zu Schäden an Vorsteuerleitungen von Entlastungs-ventilen in KKI, zu Rissen in Speisewasserleitungen von

Schwerwasserreaktoren (SWRl. zur Auswertung des Stör-falls in Three Mile Island.

Die Ergebnisse von bundesgeförderten Untersuchungensind für die G RS verfügbar. Beispiel sind etwa die Untersu-chungen der Materialprüfungsanstalt Stuttgart.

Der internationale I nformationsaustausch über Betriebserfah-rungen erfolgt sowohl bilateral über Abkommen der Bundes-republik als auch multilateral in internationalen Organisatio-

nen, Das bedeutendste internationale Informationssystemüber Störfälle ist das "Incident Reporting System-", das im

Rahmen der OECD eingerichtet wurde, und dem die einzel-nen Länder Vorkommnisse nach festgelegten Kriterien mei-den, Ein ähnliches System ist bei der IAEA in Planung. Aufbilateraler Basis erhält die GRS direkt oder über das BMI re-gelmäßig Informationen über Störfälle aus den USA, Schwe-den und Finnland und von einer Reihe anderer Länder vonFall zu FalL.

Die Arbeitsergebnisse der G RS werden in folgenden Formenverbreitet:

Kurzkommentierung der einzelnen Vorkommnisse für denBMI

Zusammenfassung der Vorkommnisse in vierteljährlichenBerichten (Quartalslistenl. die an BM I, RSK, Länderbe-hörden, TÜV und Betreiber versandt werden,Stellungnahmen zu ausgewählten Vorkommnissen an denBMI, die im Einvernehmen mit dem BMI als sogenannteWeiterleitungen an den gleichen Verteiler versandt wer-den,Beantwortung von Anfragen des BM i zu speziellen Fragen(Beispiele: Anzahl von Brandereignissen, Lockerung vonBefestigungsmitteln an Pumpen, ausgelöst durch Vor-kommnisse in den USA).

Eine weniger formelle; jedoch wichtige Art der Berücksichti-

gung der Betriebserfahrungen ist die Nutzung in anderen Un-tersuchungsprojekten. Genannt sei zum Beispiel eine BM 1-geförderte Untersuchung zur Verbesserung des Simulator-trainings,

Vorgehen bei der AuswertungAllgemeines

Eine wichtige Informationsquelle sind die formalisierten Mel-dungen besonderer Vorkommnisse, al,ch wenn im Einzelfallwesentlich detailliertere Informationen eingeholt werden,Das Funktionieren dieses Meldesystems wird hier nicht imeinzelnen dargestellt, es mögen die folgenden Stichworte ge-nügen:

es existieren Kriterien, die festlegen, welche Art von Vor-komm nissen zu melden sind (Tafel 1);die Meldung erfolgt auf Formblättern, auf denen das Vor-kommnis durch Text und codierte Angaben dargestelltwird,

Die weitere Bearbeitung hat die folgenden Schwerpunkte:Speicherung,statistische Auswertungen,Auswahl von Vorkommnissen, die eine weitere Untersu-chung erfordern, undEinzelverfolgung ausgewählter Störungen.

Speicherung

Zur Speicherung der Vorkommnisse wird ein Datenbanksy-stem verwendet. Es wurde eine Struktur entwickelt, die eineAbfrage nach jedem einzelnen Informationsblock erlaubt, derauf den Meldeformularen vorgesehen ist.

Dam it sind zum Beispiel Anfragen der folgenden Art mög-lich:Welche Vorkommnisse in der Anlage X betrafen Störungenan Ventilen im System Y, die bei Funktionsprüfungen ent-

deckt wurden,

Die Datenbank wurde im vorigen Jahr entwickelt. Sie ist ein-satzbereit, ein Teil der Vorkommnisse aus den vorausgehen-den Jahren ist noch nachzuladen.

Statistische Auswertungen

Statistische Auswertungen kann man mit zwei Zielen be-treiben:

Darstellung eines erreichten Zustandes.

- Aufspüren von Bereichen, wo weitere Verbesserungsmög-

lichkeiten gegeben sind.

Als Beispiel kann man etwa die Vorkommnisse mit erhöhtenAbgaben oder Freisetzung von Aktivitäten außerhalb der An-lage verwenden (Bild 2). Die Darstellung zeigt, daß wenigerals 10 % der Vorkommnisse mit Freiwerden von Aktivitätverbunden sind, daß bei etwa 3 % Grenzwerte für Normalbe-trieb überschritten wurden (Stundengrenzwerte) und daßStörfallrichtwerte in der Bundesrepublik noch nie erreichtwurden, Man kann noch hinzufügen, daß auch bei den über-schreitungen die Werte weit unterhalb der Störfallrichtwertelagen. Betrachtet man die zeitliche Entwicklung, dann erhältman das folgende Bild (Bild 3). Man erkennt einen fallendenTrend, sowohl was erhöhte Angaben und Freisetzungen ins-gesamt, als auch, was überschreitungen von Grenzwerten an-geht.Eine derartige Darstellung demonstriert damit den hohenStandard, der bei der Rückhaltung von Radioaktivität vor-handen ist, weitergehende 'technische Folgerungen läßt siekaum zu.

Iy

( Information)

(ggt Weisung)

I'"

Bild 1: Wichtige institutionalisierte Informationswege

Tafel 1: Inhalte der Meldungen

Identifikation (System, Komponente usw.lBeschreibungErkennungUrsacheAuswirkungenBehebungVorkehrungen gegen Wiederholung

Konkrete Verbesserungsmöglichkeiten lassen sich aus einzel-nen Vorkommnissen ableiten, bei denen mehr oder wenigeroffen Schwächen zutagetreten, deren Beseitigung erforderlichist. Darauf wird weiter unten eingegangen. Darüber hinaus

muß es aber auch Ziel sein, aus einer Summe von einzeln be-trachtet unbedeutenden Vorkommnissen, Bereiche zu iden-tifizieren, in denen Verbesserungen angezeigt sind. Bezüg-lich der Methoden, die hier anzuwenden sind, stehen wirnoch ziemlich am Anfang, sowohl in der Bundesrepublik,als auch internationaL.

Die Problematik soli an einem Beispiel kurz angesprochen

werden. Bild 4 zeigt eine Aufteilung der Vorkommnissenach den wichtigsten Systemen. Es wäre offensichtlich zusimpel und würde mit Sicherheit zu Fehlschlüssen führen,wenn man einfach die Anzahl der Vorkommnisse zur Beur-teilung der Systeme heranziehen würde.

Um sinnvolle Aussagen zu erhalten, muß mandie einzelnen Ereignisse wesentlich weiter differenzie-ren nach der Art der Störung, ihrer tatsächlichen Aus-

I Vorkommnisse insgesamt

D mit Freiwerden von Aktivität

o Überschreitung von Grenzwerten für Normalbetrieb

Überschreitung von Störfallrichtwerten(nicht aufgetreten)

Io

,50

1100--°/0

Bild 2: Freiwerden von Aktivität außerhalb der Anlage

43

.1.

20

1a

16mit Freiwerden von Aktivität

1i.

12

10

8

6

4mit Ü bersch reitu ng von Grenzwertenfür Normaibetrieb .

2

1975 1976 1'!7 1'!8 1979

Bild 3: Zeitliche Entwicklung des Anteils mit Freiwerden vonAktivität

wirkung und den Entdeckungsmöglichkeiten bei Prü-fung,und sie in Bezug zum Sicherheitskonzept der Gesamtan-

lage setzen. Das heißt, -man muß fragen, was sonst nochhätte auftreten müssen, um ins Gewicht fallende Auswir-

kungen zu erzeugen.

Die Schwierigkeiten solcher Auswertungen liegen auf derHand. Die Verfasser sind aber der Ansicht, daß Methoden,mögliche Schwächen zu finden, bevor sie manifest gewordensind, verstärkt entwickelt werden sollten. Die Speicherung

der Daten mit EDV ist dabei eine wichtige Voraussetzung.

System Zahl der Ereignisse50 100 150

Notstromversorgungs-system . .- -

Frischdampf- und

SpeisewassersystemNot- und Nachkühl-systemReaktorkühlsystem

Abschaltsystem

Reaktorschutzsystem

Turbine und Generator

Lüftungssystem ..Reaktordruckbehälter - ..EinbautenDruckhaltee und .AbblosesystemSicherheitshülle .Sonstiges -+193

Bild 4: Systeme mit sicherheitstechnisch bedeutsamen Vorkomm-nissen

44

Verwertbare, wenn auch durchaus nicht offensichtliche Hin-weise für solche Auswertungen sind vorhanden, Beim Ausfallvon Entlastungsventilen in Würgassen war zum Beispiel dieUrsache, daß sich Hubmagnete wegen einer versprödetenGummimanschette nicht bewegen ließen. Schwergängigkeitan entsprechenden Hubmagneten war zuvor, wenn auch ausanderen Gründen, bereits mehrfach aufgetreten.

Wichtige Einzelvorkommnisse

Als wichtig sollen hier Vorkommnisse verstanden werden, beidenen bereits der Einzelfall spezielle Vorkehrungen gegenWiederholung erforderlich macht, zum Beispiel weil das Vor-kommnis einen Störfall auslöste oder die Wirksamkeit vonSicherheitssystemen eingeschränkt war, bzw, diese Auswir-

kungen bei anderen, real istischerweise anzunehmenden Be-dingungen, möglich gewesen wären. Oder ein Vorkommniskann wichtig sein, weil generelle Probleme sichtbar werden,zum Beispiel die Frage der Eingriffsmöglichkeiten in denReaktorschutz beim Störfall in Brunsbüttel.Aufgabe der G RS ist es in solchen Fällen primär nicht, Ab-hilfemaßnahmen vorzuschlagen. Dies liegt in der Verantwor-tung der Landesbehörde, die die Vorschläge des Betreibersprüft, und dabei den TÜV als Gutachter zuzieht,

Aufgabe der G RS ist es in erster Linie, dem BM i Entschei-dungshilfen dafür an die Hand zu geben, ob und welche Maß-nahmen der BM I ergreifen sollte. Daher ist es in der Regel er-forderlich, kurzfristig aufgrund der verfügbaren Informa-tionen Stellung zu nehmen. Eine solche Stellungnahme ent-

hält eine Darstellung des Sachverhalts, wie er sich zu diesemZeitpunkt darstellt, eine sicherheitstechnische Wertung, eineBeurteilung der Relevanz für andere Anlagen und Empfeh-lungen für Maßnahmen.Als Beispiel sei der bereits erwähnte Fall angeführt, daß sichbei einer Prüfung sechs Entlastungsventile nicht öffnen lie-ßen. Die erste Stellungnahme der GRS einige Tage nach demVorkommnis enthielt folgende Empfehlungen:1. Unmittelbare Maßnahmen wurden nicht vorgeschlagen,

weil die Ursache eindeutig erkannt und beseitigt wordenwar.

2. Zur mittelfristigen Festlegung von Maßnahmen gegenWiederholung sollten die folgenden Fragen geprüft wer-den:

Erhöhung der MagnetkraftLänge der PrüfintervalleMöglichkeit von Prüfungen, die längerfristige Verände-rungen feststellen lassen, auch stichprobenweise opti-sche Inspektion

Überwachung der Funktion bei Transienten.3. Langfristige generelle Untersuchungen: Möglichkeiten der

diversitären Ansteuerung.4. Da vergleichbare Vorsteuerventile auch in anderen

Schwerwasserreaktoren und Druckwasserreaktoren zumEinsatz kommen, sollte geprüft werden, ob und gegebe-nenfalls welche Maßnahmen dort nötig sind.

Ohne unmittelbaren Bezug zu diesem Vorkommnis wurdesch i ieß i ich vorgeschlagen, die Qua i itätssicheru ngsmaßnahmenzu prüfen, die sicherstellen sollen, daß für GaU-feste Kompo-nenten auch bei i nstandhaltung nur entsprechend qualifi-zierte Bauteile verwendet werden.

Das heißt, es wurde ausschließlich eine Reihe von Punktenzur Überprüfung vorgeschlagen; eine solche Liste ist nicht sozu verstehen, daß aus jeder Anregung sich schließlich Maß-nahmen ergeben, Die Empfehlungen wurden vom BM i an alleBetreiber und Länderbehörden weitergeleitet, deren Aufgabedie Festlegung konkreter Maßnahmen ist. Der BMI wird hier-über informiert und kann je nach Beurteilung weitere Infor-mationen anfordern, die RSK um Rat bitten, weitere Gut-achten anfordern usw. Die GRS bleibt über die weitere Ent-

wicklung auf dem laufenden. Sie führt eigene Untersuchun-gen durch und gibt dem BM I weitere Empfehlungen, ent-weder auf dessen Anforderung oder nach eigener Beurtei-lung, wenn dies zweckmäßig erscheint.

Bei ausländischen Erfahrungen steht die Frage im Vorder-

grund, wieweit sie auf deutsche Verhältnisse übertragbar

sind, Die Erfahrung zeigt, daß die Mehrzahl der Störungeneng mit den Eigenschaften des konkret vorliegenden Systems

zusammenhängt, so daß eine unmittelbare Übertragbarkeitnicht gegeben ist. Beispiel ist etwa das teilweise Scram-Ver-sagen in Browns Ferry. Ursache war, daß ein Sammler, in denbei der Schnellabschaltung Wasser aus den Stabantrieben ver-drängt werden muß, unbemerkt teilweise gefüllt war. EineEntsprechung bei deutschen SWR gibt es nicht, weil hier auf-grund einer anderen Konstruktion bei der Schnellabschaltungkein Wasser aus dem Stabantrieb verdrängt werden muß. Ausneuerer Zeit kann als Beispiel für einen Störfall, aus dem un-mittelbar nennenswerte Konsequenzen für deùtsche Anlagengezogen wurden, daher nur der Störfall in Three Mile Islandgenannt werden, Hierauf soll nicht im einzelnen eingegangen

werden, sondern nur angemerkt, daß die G RS an der Aus-

wertung dieses Störfalls in ganz erheblichem Umfang betei-ligt war.

Bei den weniger spektakulären Vorkommnissen ist zu prüfen,wieweit einzelne Aspekte der Störungen für deutsche An-

lagen relevant sein können, Zu solchen Vorkommnissen wer-den Stellungnahmen an den BM I abgegeben und im Einver-nehmen mit ihm an die Länder, die Betreiber und die Gut-achter versandt.

Auswertung von Betriebserfahrungen im Rahmen von For-schungsvorhaben

Auswertung von BetriebserfahrungenBetriebserfahrungen werden auch in erheblichem Umfang imRahmen von Forschungsvorhaben, das heißt ohne Bezug zumbehördlichen Aufsichtsverfahren ausgewertet.

An erster Stelle sind hier die Arbeiten im Rahmen der deut-schen Risikostudie zu nennen, Sie sind im Fachband 3 dieserStudie veröffentlicht.Es wurden Erfahrungen zu den beiden folgenden Themen-komplexen ausgewertet:

- Zuverlässigkeitsgrößen für Komponenten und Systeme- Eintrittshäufigkeiten auslösender Ereignisse

Das Schwergewicht der Phase A lag eindeutig bei der Ermitt-lung von Zuverlässigkeitskenngrößen, weil bezüglich der An-

wendbarkeit von Literaturdaten erhebliche Unsicherheitenbestanden.

Um den unmittelbaren Vergleich mit Betriebserfahrungen zuhaben, wurden in den Anlagen Biblis und Stade Betriebsun-terlagen ausgewertet. Den Betreibern ist an dieser Stelle da-für zu danken, daß sie den Zugang zu allen für die Auswer-tung erforderlichen Dokumenten ermöglichten. Die Auswer-tungen wurden vor Ort durchgeführt und zwar in Biblis vonMitarbeitern der GRS und in Stade von Mitarbeitern desTÜV Norddeutschland.Die Auswertungen stützen sich im wesentlichen auf die Pro-tokolle der wiederkehrenden Prüfungen und auf die Instand-haltungsunterlagen. Die Prüfprotokolle erlauben eine Ab-schätzung von Ausfallwahrscheinlichkeiten pro Anforderung.Aus den Instandhaltungsunterlagen lassen sich auf die Be-triebszeit bezogene Ausfallwahrscheinlichkeiten, sogenannteAusfallraten ableiten.Für die Auswertung wurden die Systeme herangezogen, diein den Analysen der Risikostudie eine wesentliche Rollespielen, so daß die unmittelbare Anwendbarkeit der Datengesichert ist. Es handelt sich um

Tafel 2: Berechnete und beobachtete Ausfallwahrscheinlichkeiten fürTeilstränge

Teilstrang Ausfallwah rscheinl ichkeit

berechnet beobachtet

HD-Einspeisung 1,6,10-2 8 ' 10-3N D-Einspeisung 1,6.10-2 8 ' 10-3(Fluten)ND-Einspeisung 2,4 , 10-2 1,6, 10-2(sumpf)

Zwischenkühlstrang 1,8' 10-2 8 .10-3Nebenkühlstrang 1,6' 10-2 1 ' 10-2

die Not- und Nachkühlsysteme,die zugehörigen nuklearen Zwischen- und Nebenkühlkreis-läufe,die Notstromanlage, undden Gebäudeabschluß der lüftungstechnischen Anlagen.

Ergebnisse der Auswertungen, waren:Ausfallwahrscheinlichkeiten und -raten für eine Reihe vonKomponenten,Instandsetzungszeiten von Komponenten,Ausfallwahrscheinlichkeiten von Teilsträngen,Nichtverfügbarkeiten von Teilsträngen infolge von In-

standhaltu ngsmaßnahme n.Die umfangreichen Ergebnisse, die veröffentlicht sind, kön-nen hier nicht im einzelnen referiert werden, es sollen nur zu-sammenfassende Anmerkungen gemacht werden:

Für die Mehrzahl der für die Analysen wichtigen Kompo-nenten existieren statistisch aussagekräftige Daten aus derBetriebserfahrung.Bei den meisten Komponenten ergab sich eine gute Über-einstimmung zwischen den in den Analysen verwendetenDaten und der Betriebserfahrung, mit dem wichtigen Un-terschied, daß die Daten aus der Betriebserfahrung erheb-

lich weniger streuen. Tafel 2 (Startversagen von Pumpen)gibt hierfür ein BeispieL. Betrachtet man den Bereich, indem jeweils 90 % der Verteilungen liegen, dann unter-scheiden sich obere und untere Grenze bei den Literatur-werten um einen Faktor 36, bei den Betriebsdaten ist esein Faktor 8.

Arbeiten zur Erm ittlung von Eintrittswahrscheinlichkeitenvon auslösenden Ereignissen wurden in der Phase A der Risi-kostudie in geringerem Umfang durchgeführt. Im wesentli.chen wurden Daten zur Wahrscheinlichkeit von Ausfällen desHauptspeisewassersystems, zur Eintrittswahrscheinlichkeitvon Transienten, die zum Öffnen des Abblaseventils amDruckhalter führen, und zum Ausfall der Umleitstation er-mittelt.

Vergleich Betriebserfahrung - AnalyseZuverlässigkeits- und Risikoanalysen liefern bekanntermaßenWahrscheinlichkeitsaussagen zu meist unerwünschten Ereig-nissen, die auf analytischem Wege gewonnen werden müssen,Zur Ermittlung dieser Werte wird ein unerwünschtes Ereignis

(zum Beispiel Systemausfall) soweit in Teilereignisse zerlegt,daß über die aus der Betriebserfahrung gewinnbaren Zu ver-lässigkeitskenngrößen für einzelne Komponenten auf denSystemausfall hochgerechnet werden kann. Diese Zerlegungs-methode ist notwendig, da Komponentenausfälle vergleichs-weise häufiger eintreten und deshalb zum Beispiel die Fehler-raten aus der Betriebserfahrung ableitbar sind.Mit zunehmender Betriebserfahrung wird es möglich, hochge-rechnete analytische Ergebnisse direkt mit den aus der Be-triebserfahrung gewonnenen zu vergleichen. Dieser Vergleichist notwendig, um die Aussagesicherheit der analytischen Er-

45

Tafel 3: Vergleich beobachteter und berechneter Ausfallwahrschein-lichkeiten für Teilstränge

Ausfallwahrschein- Ausfallwahrschein-Systemteil Iichkeiten aus lichkeiten aus

Betriebserfahrung Fehlerbaumanalyse

Hochdruckeinspeise- 8 . 10-3 1,6 . 10-2strang

Niederdruckei nspeise- 8 ' 10-3 1,6. 10-2strang (Fluten)

N iederdruckei nspeise- 1,6 .10-2 2,4 , 10-2strang (Sumpfbetrieb)

Zwischenkühlstrang 8 .10-3 1,8, 10-2

Nebenkühlstrang 1 .10-2 1,6.10-2

Tafel 4: Vergleich beobachteter und berechneter Ausfallraten fürSchaltgeräte der Leittechnik

Ausfall rate aus Ausfallrate ausSystem Betriebserfah ru ng Fehlerbaumanalyse

(1O-6/h) (10-6/h)

Betätigungsstufe B21 B 0,83 1,88

Betätigungsstufe B25 0,71 1,32

Schrittstufe S21 1,06 2,01

UND Stufe 0,45 1,5

ODER Stufe 0,38 1,52

Umschaltstufe.. YL 0,77 1,06

Zeitstufe Z21 0,63 1,15

gebnisse zu prüfen. Noch einschränkend muß festgestellt wer-den, daß dieser Vergleich bei zum Beispiel verfahrenstech-nischen Sicherheitssystemen bis heute nur strangweise mög-lich ist, da strangweise wiederkehrend geprüft wird und zurVerifikation von Ergebnissen für redundante Systeme nochzu wenig Prüfungen vorliegen.

Ein solcher Vergleich wurde für Teilstränge der Not- undNachkühlkette eines Druckwasserreaktors (DWR) durchge-

führt. Hierzu wurden aus den wiederkehrenden PrüfungenAusfallwahrscheinlichkeiten für Funktionsversagen im Anfor-derungsfall ermittelt. Ihnen wurden entsprechende Werte ge-genübergestellt, die für die bei der Prüfung einbezogenen

Systemteile mit Hilfe der Fehlerbaumanalyse ermittelt wur-den. Als Zuverlässigkeitskenngrößen für die einzelnen Kom-ponenten wurden die Werte, die auch der Risikostudie zu-grunde lagen, eingesetzt. Als Zeitraum zwischen zwei An-forderungen galt das Prüfungsintervall von vier Wochen,

Der Vergleich ergab eine recht gute Übereinstimmung vonBetriebserfahrung und analytischer Rechnung. Dies obwohldie beobachteten Ausfallwahrscheinlichkeiten auf einer sehrgeringen Zahl von Ausfällen basieren. Die berechneten Wertefür Teilstränge lagen durchweg etwa um den Faktor 2 höherals die beobachteten, Sie sind also eher pessimistisch, In Tafel3 ist dies im einzelnen dargestellt. Würde man eine mittlereAusfallwahrscheinlichkeit zwischen zwei Prüfungen berech-nen und nicht die Ausfallwahrscheinlichkeit am Ende des

DiskussionR. Ettemeyer (KRB):

Herr Lindauer hat in seinem Vortrag vornehmlich jene Vor-

kommnisse behandelt, die meldepflichtig sind. Das Kraft-werksgeschehen - auch das in Kernkraftwerken - besteht

aber aus einer weit größeren Zahl von Ereignissen und Stö-

rungen.

46

Prüfintervalles, so ergäbe sich praktisch eine Übereinstim-mung beider Werte,

Ein ähnlicher Vergleich Betriebserfahrung und Analysen

wurde auch für elektronische Schaltkrei-se durchgeführt (1),Hierzu lagen die Ausfallwahrscheinlichkeiten für bestimmteSchaltkreistypen (zum Beispiel SIMATIC-P) aus einer um-fangreichen statistischen Erhebung vor und die analytischeRechnung zur Ausfallwahrscheinlichkeit für den entspre-chenden Schaltungsaufbau. Die statistische Erhebung bein- -haltete dabei alle Fehlerarten, auch die für eine bestimmteEinsatzart ungefährlichen Fehler. Die analytische Berech-

nung wurde mit den in der Risikostudie verwendeten Ausfall-raten für die einzelnen Bauelemente (Transistoren, Dioden,Widerstände usw.), über eine Fehlerbaumrechnung durchge-

führt. Auch bei diesem Vergleich zeigte es sich, daß die bei-den Werte recht gut übereinstimmen und die Analysen stetsetwas höhere - also eher pessimistische Ausfallwahrschein-lichkeiten - für die verschiedenen Schaltkreise liefert. Auch

hierzu sind einzelne Werte in Tafel 4 dargestellt.

Insgesamt steht die Nützlichkeit solcher Vergleiche wohl

außer Frage. Sie sollten verstärkt angestrebt werden, um dieErgebisse von Zuverlässigkeits- und Risikoanalysen durch denBetriebstest der analysierten Systeme letztlich als Prognosebelastbar zu machen,

Weiterführende AuswertungenIn Phase B der Risikostudie stellt die Auswertung von Tran-sienten einen Schwerpunkt der Arbeiten dar, neben der wei-teren Ermittlung von Zuverlässigkeitskenngrößen, Entspre-

chende Arbeiten sind ebenfalls in den Anlagen Biblis undStade aufgenommen worden.Ein weiteres längerfristiges Projekt zur Ermittlung von Zu-verlässigkeitskenngrößen wird mit Förderung durch dasBMFT in Zusammenarbeit mit dem RWE im KernkraftwerkBiblis B durchgeführt, Im Gegensatz zu den Arbeiten im Rah-men der Risikostudie wird hier eine erheblich feinere Diffe-renzierung nach Konstruktions-, Auslegungs- und Betriebs-daten, Art der Instandhaltung, Qualitätsklasse usw. ange-

strebt. Daher werden hierfür in großem Umfang Grunddatendieser Art erfaßt und in e.inem Datenbanksystem gespeichert.Auf diese Grunddaten werden dann die aufgetretenen Schä-den bezogen. Die Erfassung und Speicherung der Grunddatenist abgeschlossen, derzeit werden Schadensdaten ausgewertet.Erste Auswertungen des Datenbestarides sind für Ende diesesJahres vorgesehen.

Als letztes Vorhaben zur Ermittlung von Zuverlässigkeitsda-

ten soli noch ein Projekt genannt werden, das in Zusammen-arbeit mit dem TÜV Rheinland und dem Rheinisch-Westfäli-schen TÜV durchgeführt wird. Dabei werden Prüfergebnissevon Sicherheitsventilen in erster Linie aus konventionellen

Anlagen ausgewertet, Das Vorhaben wurde 1980 begonnen,mit Ergebnissen ist Mitte 1981 zu rechnen.

Schrifttum(1 i E. Schrüfer et al.: Ausfallraten ausgewählter Bauelemente und

Geräte der Leittechnik, EMT 1/79, Technische Universität Mün-chen

Mir erscheint es wichtig, darauf hinzuweisen, daß auch dieseDinge ausgewertet werden: /1. beim Betreiber,

2. in Betreibergruppen,3, im ABE-Ausschuß,so daß auch aus diesen Störfällen Erfahrungen für den Be-trieb gewonnen werden,

Anforderungen an die Qualitätssicherung im BetriebVon H. Schulz und K. Wagner 1)

Kurzfassung

Der gegenwärtige Stand der Regelgebung zur Qualitätssiche-rung sowie die Handhabung der Qualitätssicherung im Be-trieb von Kernkraftwerken wird erläutert. Am Beispiel derwiederkehrenden Prüfungen in Kernkraftwerken wird aufge-zeigt, welche Schwierigkeiten bei der organisatorischenund technischen Umsetzung der Genehmigungsvorgaben und

der Regelwerke auftreten können.Aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen werden Anre-gungen gegeben, wie die allgemeinen Anforderungen an dieQualitätssicherung, die in der KT A-Regel 1401 festgelegt

sind, für den Betrieb von Kernkraftwerken umgesetzt werdenkönnen,

AbstractThe present code requirements on quality assurance as weilas the present praxis of quality assurance procedures in the

operation of nuclear power plants are presented. On theexample of recurring inspections the organizational and tech-nical complications are shown with respect to the code andlicensing requirements.

Taking the present experiences into account suggestions are

given how to transform the general requirements ,of KT A

1401 to quality assurance requirements during plant opera-

tion.

Einführung

Bei Diskussionen über Qualitätssicherung können wir nachvielen Jahren der Diskussionen über die Bergriffsinhalte esnoch immer erleben, daß Verständnisschwierigkeiten auftau-chen. Die Definition der wesentlichen Begriffe Qualität,

Qualitätssicherung und Qualitätssicherungssystem seien daherhier noch einmal vorgestellt,

Qualität

Qualität ist diejenige Beschaffenheit, die ein Produkt odereine Tätigkeit benötigt, um die vorgegebenen Anforderungenzu erfüllen.

Qualitätssicherung

Qualitätssicherung umfaßt alle organisatorischen und tech-nischen Maßnahmen zur Sicherung der Qualität.

Qual itä tssicherungssystem

Qualitätssicherungssystem ist die festgelegte Aufbau- undAblauforganisation zur Durchführung der Qualitätssicherung.

Diese Begriffsdefinitionen entsprechen dem verabschiedetenStand der KT A-Regel "Allgemeine Anforderungen an dieQualitätssicherung" und sind vom Sachgehalt her identischmit dem Entwurf der DIN 55355 "Grundelemente für Quali-tätssicheru ngssysteme".

In der Aufbauphase der Kerntechnik stand naturgemäß dieQualitätssicherung bei der Herstellung der zum Einsatz kom-menden Produkte sowie bei der Errichtung der Gesamtan-lagen im Vordergrund. Die Qualitätssicherung für den Betriebkerntechnischer Anlagen entwickelte sich in starkem Maßeunterschiedlich, einerseits bedingt durch die verschiedenenZeitpunkte der i nbetriebnahme, andererseits bedingt durch

1) H. Schulz und K, Wagner, Gesellschaft für Reaktorsicherheit(GRS) mbH.

die große Anzahl der beteiligten Betreiber und der jeweilsvorliegenden spezifischen Erfahrung über den Betrieb kon-ventioneller und nuklearer Anlagen. Weitere wesentlichePunkte sind die im Laufe der Entwicklung stark ausgewei-

teten Sicherheitssysteme und Sicherheitsvorsorgemaßnah-

men, die gleichfalls Änderungen an die Bedürfnisse zur kon-tinuierlichen Sicherstellung der Qualität beinhalten,Mit der Verabschiedung der KTA-Regel 1401, die sich mitden grundsätzlichen Maßnahmen .zur Qualitätssicherung beiErstellung und Betrieb bis einschließlich Stillegung und Be-seitigung von Kernkraftwerken beschäftigt, ist der richtigeZeitpunkt gekommen, die bisher gesammelte Erfahrung zubilanzieren. Aufbauend auf diesen Erfahrungen bei der Um-setzung der allgemeinen Anforderungen der KT A-Regel das

festzuschreiben, was man für gut und richtig befinden kannund dort Ergänzungen und Verbesserungen einzuführen, wo

es zur Erfüllung der erforderlichen Vorsorge notwendig ist.Die Verfasser sind der Meinung, daß die KTA-Regel 1401auch bei Berücksichtigung der Bedürfnisse eines Reaktorbe-

triebes zu einer ausgewogenen und insgesamt transparente-ren Qualitätssicherung führen wird.

Vorschriften, Regeln und Richtlinien

Die technischen und administrativen Anforderungen an dieQualitätssicherung, die für den Betrieb von Kernkraftwerkengelten, sind in den Vorschriften, Regeln und Richtlinien ent-halten, die in Tafel 1 wiedergegeben sind.

Die große Zahl der verschiedenen Vorschriften, Regeln und

Richtlinien zeigt auf einen Blick, daß organisatorische Fest-

legungen erforderlich sind, um den Informationsfluß sicher-zustellen und die verschiedenen Aktivitäten koordinieren zukönnen.

Bei einem Blick über die Grenzen stellt man fest, daß auch in-ternational eine Vielzahl von Regeln und Richtlinien zu die-sem Thema existieren.Die wesentlichen Anforderungen an die Qualitätssicherung,die in der KTA 1401 enthalten sind, gibt Tafel 2 wieder.

Handhabung der Qualitätssicherung allgemein

Beim Betrieb kerntechnischer Anlagen wird üblicherweise un-terschieden zwischen dem eigentlichen Betrieb (Produktion)und Instandsetzungen, Änderungen, wiederkehrenden Prü-fungen usw., wobei ein Teil dieser Arbeiten in der Revisions-

Tafel 1: Vorschriften, Regeln und Richtlinien mit Bezug zur Qualitäts-

sicherung im Betrieb von Kernkraftwerken

BMI - SicherheitskriterienRSK - LeitlinienUnfall verh ütu ngsvo rsch rifte n

BMI - Richtlinienzu r Sicherheitsspezifi kation

zur Wartung, Instandhaltung, Änderungen,Strahlenschutzzur Fachkunde des Personals

KTA 1401KTA 3201,4KTA 3401,4KTA 1201

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Tafel 2: Zusammenstellung der wesentlichen Anforderungen an dieQual itätssicherung

Innerbetriebliche OrganisationInformationsflußPersonal qual ifi kation

Festlegung der Qualitätsmerkmale

Beschaffungsu nterlagen

Prüfunterlagen

Freigabe von Unterlagen

Änderung von Unterlagen

KennzeichnungssystemAuswahl der Lieferanten

Ei ngangsprüfu ng

Durchführung von Prüfungen

Handhabung, Lagerung, TransportÜberwachung der Meß- und Prüfeinrichtung

Vorgehen bei Abweichungen

DokumentationAudit

phase durchgeführt wird. Im Hinblick auf zutreffende Qua-litätssicherungsmaßnahmen ist nach Meinung der Verfassereine ergänzende Unterteilung sinnvoll:

laufender Betrieb,Instandsetzungen und wiederkehrende Prüfungen, wobeials Besonderheit die Revisionsphasen mit einem hohenAnteil an Fremdpersonal zu beachten sind, undAnlagenänderungen und -erweiterungen; diese Phase istüblicherweise gekennzeichnet durch einen hohen Pla-nungsanteil externer Stellen.

Bei Anlagenänderungen und -erweiterungen ist in vielenFällen ein formales Genehmigungsverfahren vorgeschaltet.

Hinsichtlich der betrieblichen Organisationsstrukturen wird

in den einschlägigen Regeln und Richtlinien eine Trennungzwischen Durchführung und Überprüfung der Qualitätssiche-rungsmaßnahmen gefordert. Personen, die mit übergeordne-ten organisatorischen und technischen Maßnahmen l:ur Qua-litätssicherung beauftragt sind, müssen befugt sein, Informa-tionen zu beschaffen, Lösungswege vorzuschlagen und dieEinhaltung der festgelegten Qualitätssicherungsmaßnahmen

l:u kontrollieren.

Betrachtet man die heutigen Organisationsstrukturen (8) inden verschiedenen Betrieben, so ist leicht zu erkennen, daßdiesen Grundsätzen nur in Einzelfällen Rechnung getragen

wird, Bild 1 zeigt-die Vielfalt der Strukturen.

Betriebsleitung

Stabsstellen

Anlage Abteilungen

A Betrieb Maschinentechnîk Elektrotechnik Meß. und Regeltechnik Pnysik

B Betrieb + Technik Sicherheit Chemie Physik

C Betrieb Maschinentechnik Elektrotechnik Reaktortechnik Wärmetechnik

.

0 Betrieb Maschinentechnik Elektronik Physik

Bild 1; Organisationsstrukturen bei verschiedenen Kernkraftwerken

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Bei der Festlegung der Zuständigkeit für die Qualitätssiche-rung ergibt sich praktisch immer ein Zielkonflikt zwischennotwendiger Zentralisierung auf der einen Seiteundder erforderlichen Sachkenntnis und fachlichen Erfahrung

auf der anderen Seite.

Das Fachwissen für die Durchführung der technischen Maß-

nahmen ist grundsätzlich in den Fachabteilungen stärker aus-geprägt. Dementsprechend erscheint die zur Zeit überwie-gende Praxis, den Fachabteilungen die Verantwortlichkeit für.die Qualitätssicherung zu übertragen, durchaus folgerichtig.

Es treten dabei allerdings wesentliche Aufgaben der Quali-tätssicherung, die von einer übergeordneten Stelle durchzu-führen wären, in den Hintergrund, wie zum Beispiel:

Überprüfung der Qualitätsplanung,Vollständigkeit der Dokumentation,Festlegung bei Anlagenänderungen,Erfahrungsrückfluß,Überprüfung des Qualitätssicherungssystems.

Aus (8) ist wenig erkennbar, in welchem Maße der BetreiberQualitätssicherung für die von externen Stellen durchgeführ-ten Arbeiten betreibt. Dies gilt sowohl für die Fremdleistun-gen bei der Revisionsphase als auch bei Anlagenänderungenund -erweiterungen. Die derzeitige Handhabung sieht in vielenFällen offensichtlich eine Wahrnehmung der Qualitätssiche-rung durch die beauftragte Fremdfirma vor. Die Durchfüh-rung der Qualitätssicherung bei Einschaltung von Fremdfir-

men bedarf sicherlich einer zentralen Koordinierung.

"Wiederkehrende Prüfungen"

Wesentliches Element im Bereich der technischen Qualitäts-sicherungsmaßnahmen ist die Instandhaltung und darin ent-halten insbesondere die "Wiederkehrenden Prüfungen" (WKP).

Da die Instandhaltung der Betriebssysteme eng mit der Ver-fügbarkeit der Anlage verknüpft ist, darf hier ein hohes In-teresse des Betreibers vorausgesetzt werden. Über entspre-chende Entwicklungen wird in (9) berichtet.Welche Bedeutung den "Wiederkehrenden Prüfungen" beider Qualitätssicherung zukommt, zeigt die Auswertung dererfaßten sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisse durchdie G RS, 50 % aller besonderen Vorkommnisse wurdendurch "Wiederkehrende Prüfungen" festgestellt,Da die bei "Wiederkehrenden Prüfungen" auftretenden Be-funde in vielen Fällen aber nicht die Meldekriterien für "be-sondere Vorkommnisse" erfüllen, gehen die meisten Datenüber die Qualität eines geprüften Teiles zumindest für Aus-wertungen in sicherheitstechnischer Hinsicht außerhalb derjeweiligen Anlage unter Umständen verloren. Es kann zwardavon ausgegangen werden, daß der Betreiber bestrebt ist,aufgetretene Mängel, die die Verfügbarkeit und Sicherheitder Anlage beeinträchtigen können, sofort zu beheben, Dadieses Wissen um Schwachpunkte aber in der Anlage bleibt,kann ein Erfahrungsaustausch nur im beschränkten Maßestattfinden. Dies kann einen unterschiedlichen Sicherheits-

stand deutscher Kernkraftwerke zur Folge haben, da diebreite Basis der Ergebnisse über die Prüfung des tatsächlichenQualitätszustandes vergleichbarer Komponenten fehlt undunter Umständen von falschen Randbedingungen ausgegan-gen wird, wenn Zuverlässigkeitsbetrachtungen angestelltwerden.Der Bundesminister des Innern hat daher die GRS nach Ab-stimmung mit den Länderbehörden beauftragt, Art, Umfang,Häufigkeit und Ergebnisse der in Kernreaktoranlagen durch-geführten "Wiederkehrenden Prüfungen" zu erfassen und aus-zuwerten, Die dabei gesammtelten Erfahrungen sind in denfolgenden Ausführungen über die Erfordernisse und dieSchwierigkeiten bei der Umsetzung berücksichtigt.

Für die ordnungsgemäße Durchführung der "Wiederkehren-den Prüfungen" sindUnterlagen zur Planung, Durchführung und Dokumentationerforderl ich.

Sie lassen sich aufgliedern inPrüf!stePrüfanweisungenPrüfdokumentation.

Die Prüfliste wird entsprechend der sicherheitstechnischen

Regel 1201 des KT A "Anforderungen an das Betriebshand-buch" als Bestandteil des Betriebshandbuches betrachtet.Dabei sind für die einzelnen Prüfungen Angaben überArt der Prüfung,

Intervall und Zeitpunkt der Prüfung,Zuständigkeit für die Prüfung, und über dieanzuwendende letztgültige Prüfanweisungaufzuführen.

Die Berücksichtigung dieser Anforderungen erfolgte den ver-schiedenen Forderungen in den Genehmigungsbescheidenentsprechend in den einzelnen Kernkraftwerken unterschied-lich. Die KTA-Regel 1201 wird hier sicherlich eine Harmoni-sierung bewirken,

Es erscheint außerdem wünschenswert, daß eine einheitlicheFestlegung für die Überarbeitung der Prüflisten erfolgt, wobeider Erfahrungszugewinn bei der einzelnen Anlage umfassendzu berücksichtigen ist. In einigen Genehmigungen ist einejährliche Überarbeitung gefordert,

Die Prüfanweisung ist von besonderer Bedeutung, Sie sollteklar definierte Randbedingungen für die Prüfungsdurchfüh-rung enthalten, damit die Vergleichbarkeit der Prüfergebnisse

sowie die Nachvollziehbarkeit der Prüfungsdurchführung ge-

währleistet ist. Darüber hinaus begrenzt sie den subjektivenEinfluß des Prüfungsdurchführenden durch eindeutige Vor-gaben, Um diesen letzten Gesichtspunkt zu berücksichtigen,sind insbesondere eindeutige Angaben über zulässige und un-zulässige Abweichungen des festgestellten Istzustandes vomeinzuhaltenden Sollzustand notwendig. Der Detaillierungs-grad der PrüfanweisUrigen ist zur Zeit sehr unterschiedlich.

Es erscheint den Verfassern wichtig, daß ein schneller Er-fahrungsrückfluß, auch anlagenübergreifend, sichergestelltwird. Es hat sich gezeigt, daß insbesondere in der Anfangs-

phase des Betriebs die Voraussetzungen für die Durchführungeiner Prüfung nicht immer mit den betrieblichen Anlagenbe-

dingungen übereinstimmen.

Bei der Prüfdokumentation kann unterteilt werden in dasPrüfprotokolldeck blattundEinzelprotokolle, Prüfberichte etc.

Um wichtige Angaben über die Prüfungsdurchführung, diePrüfergebnisse und eventuelle Reaktionen hierauf in mög-

lichst komprimierter und übersichtlicher Form darzustellen,bietet sich an, dies auf dem Prüfprotokolldeckblatt aufzu-

führen, Bei den einzelnen Anlagen geschieht dies auf unter-schiedliche Weise.

Die Einbeziehung der wichtigsten Daten in ein Prüfprotokoll-deckblatt ist in BilL! 2 dargestellt, wobei der Bezug zur letz-ten Prüfung sowohl sachlich wie terminiich, als auch durchNennung der gültigen Prüfanweisung, die Kennzeichnung vonBefunden und die Nennung der beteiligten Personen beinhal-tet ist.

Bei der Handhabung der Prüfintervalle ergeben sich zur ZeitSchwierigkeiten, die einerseits durch zu präzise Festlegungenin Genehmigungsbescheiden bedingt ist, und andererseitsdurch fehlende Festlegungen von Toleranzen. So wird einmal

Anlage ¡Grund der Prüfung,

Prü fprotokoii

Prüflisten-Nr. Blat.tPrüf thema (Prufart., PrüfverEahren, System, Komponente, I i! ! ! ! 1/lJRedundanz) :

Code PrüEanweis. -Nr.~/UPrufanweis .-Dat~

Angaben zur letzten Prüfung ja neinGrund der letzten Prüfung, Bemerkung:Abweichungen festgestellt? 0 0Gegenmaßnahmen abgeschlossen? 0 0Prüfinterva.ll l.Datum der let.zten ,~KP; ~

Soll-Prùftermin : L. kann Prüfung durchgeführt werden? ja 0 nein 0wenn nein, Grud:

Ist-Pruftermin : L.nächster Prüf termin ; L.

Abweichwigen der Prüfungsdurchfuhrung von PA ja 0 nein 0- wenn ja, welche? Gründe:

Ja ne.lnAbweichung vom Sollzust.and? 0 o wenn ja. welche? bzw. Hinweis auf Einzelprot.okolle.Prüfbericht.e et.c.

ja neinAbweichung zul.ïssig? 0 0)a nein

Gegenmaßnahmen. get.roffen? 0 0 wenn. ja, Art. der Maßnahme. Hinweis auf Reparat.ur-auftrdge etc.

l3etrei'oer Dat.um Unt.erschrLft. ?ehörde/TUV Dat.um Unt.erschriftPrüfungsdurch rOh renderPrü funqsveran twor tl ichcr Sach-

verständige):';iS-St.~lle

Bild 2: Vorschlag zum Aufbau eines Prüfprotokoll-Deckblatts

der Definition der "Wiederkehrenden Prüfung" entsprechenddie Prüfung als ordnungsgemäß betrachtet, die in regelmäßi-gen Zeitabständen durchgeführt wurde, während an andererStelle die inhaltlich gleiche Prüfung als ordnungsgemäßdurchgeführt betrachtet wird, wenn sie kurz hintereinander-folgend am Ende des letzten Prüfintervalls und am Anfangdes neuen Prüfintervalls durchgeführt wird, Letztere Vor-gehensweise kann zum Beispiel dazu führen, daß bei einemPrüfintervall von einem Jahr die eine Prüfung im Dezember1979 und die nächste Prüfung im Januar 1980 durchgeführtwird und dies als ordnungsgemäße Durchführung für Prüfun-gen mit jährlichem Prüfintervall bestätigt wird. Hier sindoffensichtlich ergänzende Festlegungen erforderlich, damitder Sinn einer in regelmäßigen Zeitabständen durchzufüh-

renden "Wiederkehrenden Prüfung" nicht auf der Streckebleibt.

Tafel 3: GRS-Modell der zulässigen Toleranzen für Prüfintervalle beiwiederkehrenden Prüfungen (die Inanspruchnahme der Tole-ranz verändert nicht das Fälligkeitsdatum der nächsten Prü-fung)

Prüfintervall Toleranz

wöchentl ich (1w) :t 2 Tage (2 a)

monatlich (1 m) :t 8 Tage (8 a)

3-monatlich (3m) :t 16 Tage (16 a)6-monatlich (6m) :t 1 Monat (1 m)jährlich (1 a) :t 2 Monate (2m)2-jährlich (2 a) :t 4 Monate (4m)3-jährlich (3 a) :t 5 Monate (5m)4-jährlich (4 a) :t 6 Monate (6m)

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Zur Festlegung der zeitlich richtigen Prüfungsdurchfüh-rung wurde von der G RS ein Modell entwickelt, das aus-gehend von der Definition "Wiederkehrender Prüfungen" be-

stimmte zeitliche Toleranzen für die Prüfungsdurchführung

einräumt. Das Modell ist in Tafel 3 dargestellt.

Bei Anwendung dieses Modells wird davon ausgegangen, daßdie Zeitpunkte der Prüfungsdurchführung für bestimmte Zeit-räume (zum Beispiel von Revision zu Revision) im vorausfestgelegt werden, wie es auch in vielen Anlagen durchge-führt wird, Für Prüfungen, die nur in Stillstandszeiten desReaktors durchgeführt werden können, gelten diese Festle-gungen nicht. Hier wird auf die zur Zeit in Diskussion be-

findlichen Festlegungen, zum Beispiel Regelentwurfvorlage

KTA 3201, Teil 4, "Betrieb und Prüfung" hingewiesen. Es seian dieser Stelle angemerkt, daß zwischen der Planung desBrennelementwechselzyklus und bestehenden Regelanforde-rungen Konflikte für die Erfüllung der Prüfintervalle auftre-ten können.

Bei der Beurteilung der sachlich richtigen Prüfungsdurchfüh-rung ergeben sich naturgemäß mehr Schwierigkeiten als beider Überprüfung der richtigen Handhabung der Prüfungsinter-valle. Zunächst muß davon ausgegangen werden, daß die Vor-gaben bezüglich der Prüfintervalle und der Prüfungsdurchfüh-rung mit dem Sachverstand des Betreibers und Anlagenlie-ferers, der beteiligten Gutachter und der zuständigen Behör-den unter Berücksichtigung wesentlicher sicherheitstechni-scher Gesichtspunkte festgelegt wurden. Daß die betriebli-chen Bedingungen und auch die Erfahrungen bei der Prü-fungsdurchführung dazu zwingen können, die Prüfvorgaben

zu überdenken, wurde schon im Zusammenhang mit derPrüfanweisung angesprochen, .Die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit der Prüfungs-

durchführung gemessen an den Prüfvorgaben kann in einigenFällen nicht immer genügen, um feststellen zu können, daßdie Prüfung auch geeignet ist, die notwendigen Aussagen überden Qualitätszustand einer Komponente oder eines Systemszu liefern. Hier ist in einzelnen Fällen eine vertiefte Diskus-

sion über die Angemessenheit der Prüfung im Hinblick auf dieerforderliche Prüfaussage im Zusammenhang mit dem gewähl-ten Prüfverfahren, dem Prüfintervall und dem Prüfumfang zuführen. Eine Auswertung der in den verschiedenen Anlagen

vorliegenden Prüfergebnisse ist Gegenstand weiterer Unter-suchungen,

Anregungen zur Qualitätssicherung im Betrieb

Von der G RS wurden in den vergangenen Jahren umfang-reiche Materialsammlungen über den gegenwärtigen Stand derOualitätssicherung beim Betrieb von Kernkraftwerken undzur Erfassung und Bewertung "Wiederkehrender Prüfungen"(WKP) durchgeführt. Ausgehend von dem heutigen Stand derRegelanforderungen und den vorliegenden Erfahrungen er-scheinen folgende Tätigkeiten beim Betrieb von Kernkraft-

werken für die Oualitätssicherung von besonderer Bedeutung:Einhaltung der Betriebsvorschriften,Arbeitsvorbereitung bei Instandsetzungsarbeiten,Arbeitsüberwachung, insbesondere bei Fremdleistungen,Prüfvorbereitungen (Kalibrierungen etc.) für WKP,Kontrolle der Prüfungsdurchführung bei WKP,

DiskussionH. Hilke (KKP):

Wünschenswert wäre bei der Toleranzangabe für die Fristender Wiederkehrenden Prüfungen bei den Jahresfristen nicht:t 2 man anzugeben, sondern auzugeben "während des BE-Wechsels, jedoch mindestens 1 x jährlich".

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Überwachung der Aktivitätsabgaben,Dokumentation der Schäden, Prüfbefunde, besondererVorkommnisse etc.,Anpassung der Notfallvorschriften und Notfallplanu ng,Umsetzung der Erfahrungen (zum Beispiel Änderung vonBetriebsvorschriften, Prüfanweisungen, i nstandsetzu ngsan-weisungen etc.),Einbringung von Änderungen behördlicher Auflagen,Regeln und Richtlinien,

Der Aufgabenkatalog macht deutlich, daß einige dieser Auf-gaben als Zentralaufgaben wahrzunehmen sind. Dabei ist ins-besondere den Planungs- und Durchführungsphasen Rech-nung zu tragen, bei denen große Leistungsumfänge externerStellen zu berücksichtigen sind, da hier Schnittstellen zu an-deren Oualitätssicherungssystemen auftreten.

Bei der organisatorischen Umsetzung und Festlegung der Ver-antwortlichkeiten sollte die Vielzahl der verschiedenen Be-

auftragten (Strahlenschutz, Objektschutz, Notfallschutz,Katastrophenschutz, i mm issionsschutz, Sicherheitsingenieuretc.) berücksichtigt werden,

Die Verfasser regen an, die verschiedenen sich teilweise über-lappenden oder auch konkurrierenden Aufgaben in einertransparenten Form organisatorisch zu gliedern. Die Grund-gedanken des Systems sollten sein:

möglichst viel Verantwortung bei den Fachabteilungen,zentrale Koordination, Verfolgung und Dokumentationder zeitlichen und sachlichen Vorgaben,Sicherstellung des Erfahrungsrückflusses sowohl auf dieAnlage als auch auf das Reaktorsystem bezogen. .

Die Voraussetzungen hierzu müssen von allen Beteiligten ge-meinsam geschaffen werden.

Die vorliegenden Betriebserfahrungen von Kernkraftwerkensollten ermuntern, die hier aufgezeigten Lücken, die zumgrößten Teil im administrativen und kommunikativen Be-reich liegen, möglichst rasch zu schließen.

Schrifttum(1) Sicherheitstechnische Regeln des KTA: KTA 1401 Allge-

meine Anforderungen an die Qualitätssicherung(2) Deutsche Normen; DIN 55355 Grundelemente für Qualitäts-

sicherungssysteme . .Entwurf November 1979;. Goldverlag GmbH, Berlin 30 undKöln 1

(3) Sicherheitskriterien für Kernkraftwerke, Der Bundesministerdes Innern, Ausgabe Oktober 1979

(4) RSK-Leitlinien für Druckwasserreaktoren, 2. Ausgabe Januar1979, Gesellschaft für Reaktorsicherheit mbH Köln

(5) Sicherheitstechnische Regeln des KTA: KTA 3201.4, Kom-ponenten des Primärkreises von Leichtwasserreaktoren , Teil4,Betrieb und Prüfung; Entwurf

(6) Sicherheitstechnische Regeln des KTA: KTA 3401.4, Reak-torsicherheitsbehälter aus Stahl, Teil 4, Wiederkehrende Prü-fungen; Entwurf

(7) Sicherheitstechnische Regeln des KTA: KTA 1201, Anfor-derungen an das Betriebshandbuch, Karl Heymanns Verlag,Köln

(8) Statusanalyse der Qualitätssicherungssysteme bei den Be-treibern für Herstellung und Betrieb von Kernkraftwerken;VGB Technische Vereinigung der Großkraftwerksbetreiber,Essen, Stand 1978

(9) Spalthoff, F. J.: Ein integriertes Instandhaltungssystem fürKraftwerke - Einführung und Bewährung, VGB Kraftwerks-technik Heft 11, November 1978

H.Schulz (GRS):

Ich möchte die Frage in zwei Teilen beantworten.

Zum einen gibt es sicherlich jährliche Prüffristen, die nichtsmit dem Brennelementwechsel zu tun haben, Hier brauchte

man diese Überlegung nicht treffen, Prüffristen, die imGrunde genommen an den Brennelementwechsel gekoppeltsind, sollten sicherlich daraufhin überdacht werden, ob manes nicht mit dem Brennelementwechsel stärker koppelt. Ichmöchte darauf hinweisen, daß es heute schon KT A-Regelngibt, die eine jährliche Prüffrist vorschreiben, und auf der an-deren Seite gibt es Planungen, den Brennelementzyklus etwaslänger zu strecken, so daß man hier von vornherein in Kon-flikt gerät. Ich glaube, daß es sicherlich fachlich voll vertret-bar ist, mit entsprechenden Überlegungen das Prüfintervallan den Brennelementwechsel zu koppeln.

G, G uether (KKW Unterweser) :

Die umfassende Präzisierung von Prüfanweisungen unter Be-rücksichtigung betrieblicher Randbedingungen ist eine nurlangfristig aufgrund wachsender Betriebserfahrungen lösbareAufgabe.

Wird es deshalb bei der Festlegung der Prüfzyklen und ihrerToleranzen auch die Möglichkeit der Berücksichtigung be-

gründeter Abweichungen geben?

H. Schulz. (GRS):

Es ist sicherlich so, daß Abweichungen von zunächst festge-legten Prüfintervallen mit fachlicher Begründung möglich sein

sollten. Die Wiederkehrenden Prüfungen sind Vorsorgemaß-nahmen.

Wir alle wissen, daß die Prüfintervalle nicht so gewählt sind,daß bei Überschreitung des Prüfintervalls von einer Wocheoder bei monatlichen Prüfungen von einem Monat ein sicher-heitsgefährdeter Zustand herbeigeführt werden könnte, sonstist das Prüfintervall falsch gewählt. Die Begründung für dieAbweichung muß natürlich stichhaltig sein.

Modemann (RWE Essen):Sie haben Anregungen für die OS der Beteiber für den Betriebder KKW gegeben, Die genannten Schwerpunkte werden vonden TÜVs im Rahmen ihrer begleitenden Überwachung undKontrolle der im Betrieb befindlichen KKW beachtet und be-wertet. Falls hierbei in der Vergangenheit Mängel entdecktwurden, haben die Betreiber diese Mängel korrigiert. Könn-ten die TÜVs somit nicht als Teil der OS-Organisation derBetreiber akzepiert werden?

H. Schulz(GRS):Ich möchte die Frage recht einfach beantworten. Es sollteAufgabe des Betreibers sein, sein Haus in Ordnung zu haltenund der TÜV prüft dann, ob es in Ordnung ist. Und er solltedann nicht Aufräumarbeiten durchführen, die der Betrei-ber selber durchführen kann.

Nachrüstmaßnahmen bei KernkrafterkenEnahrungen am Kernkrafterk Obrigheim

Von H. Schenk1)

Kurzfassung

Es werden typische Nachrüstmaßnahmen erläutert, die wegender in den vergangenen zehn Jahren weiterentwickelten Sicher-heitsanforderungen und auf Grund der langjährigen betrieb-lichen Erfahrungen im Kernkraftwerk Obrigheim (KWO)durchgeführt wurden.

Es zeigt sich, daß der Orientierungsmaßstab für Nachrüstmaß-nahmen die erreichbare reale Verbesserung des Systems seinsollte. Eine formal schematische Anwendung neuer techni-scher Regeln bzw. entsprechender technischer Lösungen aus

neuen Anlagen ist im allgemeinen nicht optimaL. Nachrüst-maßnahmen müssen an die Verhältnisse in der betreffendenAnlage angepaßt werden,

Allstract

The paper covers typical backfitting measures which habe

been realized in the nuclear power plant at Obrigheim on thebasis of operating experience and due to increased safety

codes requirements,

The real possible improvement of the system wh ich could beachieved should be the guide-line for backfitting measures, Ingeneral a formal and schematic application of the technicalcodes or of technical designs trom new plantsist not optimaL.Backfitting measures should be adjusted for the specific plant.

Einleitung

Nachrüstarbeiten werden in Kernkraftwerken durchgeführt,um die Sicherheit ihres Betriebes zu erhöhen. Dies wird an

1) Dr, H. Schenk (KWO, Obrigheim)

typischen Nachrüstmaßnahmen, die im Kernkraftwerk Obrig-heim vorgenommen wurden bzw. werden, erläutert. DreiGründe können nach den vorliegenden Erfahrungen zu Nach-rüstmaßnahmen führen:

Maßnahmen wegen erheblicher Gefährdung

Aufgrund des Atomgesetzes § 17 Abschnitt 4 muß die Ge-nehmigungsbehörde durch nachträgliche Auflagen die Ver-wirklichung von Nachrüstmaßnahmen in angemessener Zeitfordern, wenn eine erhebliche Gefährdung Dritter oder derAllgemeinheit gegeben ist. Aus diesem Grund sind im Kern-kraftwerk Obrigheim und auch in keinem anderen in Betriebbefindlichen Kernkraftwerk in der Bundesrepublik Deutsch-

land Nachrüstmaßnahmen durchgeführt worden.

Maßnahmen wegen geänderter Sicherheitsanforderungen

Ein zweiter Grund, Nachrüstmaßnahmen durchzuführen, be-steht in den im Laufe der Jahre weiterentwickelten Sicher-

heitsanforderungen für Kernkraftwerke, wie sie sich zum Bei-spiel in den zur Zeit gültigen Sicherheitskriterien des BM I

und den RSK-Leitlinien für Druckwasserreaktoren ausdrük-

ken.

Die veränderten und teilweise erhöhten Sicherheitsanforde-rungen werden bei der Überprüfung eines in Betrieb befind-lichen Kernkraftwerkes und auch bei in Bau befindlichenAnlagen beachtet. In diesem Zusammenhang wird festgestellt,inwieweit es technisch sinnvoll und möglich bzw. notwendigist, mit Nachrüstmaßnahmen die Anlage dem jeweils letzten

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Stand der Sicherheitstechnik anzupassen. Bei der Entschei-dung über eine NachrüStmaßnahme muß natürlich darauf ge-achtet werden, daß nicht nur eine sinnvolle punktuelle Verbes-serung für ein spezielles Ereignis erzielt wird, sondern daßauch durch die Maßnahmen die Gesamtzuverlässigkeit derAnlage erhalten und möglichst verbessert wird, Nach unsererErfahrung läßt sich dies erreichen, wenn die in Betracht ge-zogenen Nachrüstmaßnahmen in die genehmigte Konzeptionder Anlage praktisch zwangsfrei eingefügt werden könnenund die im Betrieb bewährten und erprobten Systeme er-halten bleiben. Für Nachrüstmaßnahmen können aus diesemGrund im allgemeinen nicht einfach Lösungen aus Neu-anlagen, übernommen werden; sie müssen entsprechendangepaßt werden, Wie in vielen anderen Bereichen gibt esaber auch hier für eine sicherheitstechnische Anforderung

meistens mehrere technische Lösungsmöglichkeiten. Dieswiederum bedeutet, daß die Verwirklichung solcher Nach-rüstmaßnahmen im allgemeinen zeit- und kostenaufwendigist, eben weil es sich in der Regel um spezielle EinzeImaß-

nahmen handelt, die sorgfältig geplant und vorbereitetwerden müssen.

Die Entscheidung für eine Nachrüstmaßnahme ist auch vonder Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit entsprechen-der Störfälle abhängig. Für diese Bewertung ist bei in Betriebbefindlichen Anlagen ein wesentlicher Unterschied zu neuenAnlagen, die sich erst im Planungszustand befinden, zu be-achten. Bei den "Alt"-Anlagen liegen im allgemeinen aus-

giebige Betriebserfahrungen, die Ergebnisse vieler Wieder-

holungsprüfungen und umfangreiche Meßergebnisse über das

Verhalten der einzelnen Systeme sowohl im Normalbetriebals auch bei Transienten vor. Auch können über die Beein-flussung der Qualität der einzelnen Komponenten durch denBetrieb spezifische und auch genaue Aussagen gemacht wer-den. Dies ermöglicht es, bei der sicherheitstechnischenBeurteilung von realistischen Zuständen der betreffendenAnlage auszugehen. Über Risikofaktoren, zum Beispiel überdie Korrosion und den Qualitätszustand nach mehrerenBetriebsjahren können für individuelle Anlagen bzw. Kompo-nenten zuverlässige Angaben gemacht werden. StatistischeAussagen beispielsweise über 100 Anlagen können also durcheine individuelle Beurteilung ersetzt werden. Dies kann beider Entscheidung über Nachrüstmaßnahmen mit in Betrachtgezogen werden,

Die Nachrüstmaßnahmen, die wegen Erhöhung der Sicher-heitsanforderungen notwendig werden, kann man in zweiGruppen unterteilen:

in qualitätssichernde Maßnahmen zur Verringerung derEintrittswahrscheinlichkeit von Störungen sowohl an Be-triebssystemen als auch an Sicherheitseinrichtungen;in Maßnahmen, die wegen einer Erweiterung des zu beach-tenden Störfallspektrums in Betracht gezogen werdenbzw. in Maßnahmen, die durch eine geänderte Bewertungvon Auslegungsstörfällen durchgeführt werden, zum Bei-spiel wegen einer Modifizierung der Annahmen, die einemStörfallmodell zugrunde gelegt werden.

Für diese beiden Gruppen werden im folgenden eine Reihevon Beispielen für Nachrüstmaßnahmen genannt, die imKernkraftwerk Obrigheim durchgeführt wurden bzw. werden.

Beispiele für qualitätssichernde MaßnahmenZum Zeitpunkt der Planung und des Baus des Kernkraft-werkes Obrigheim orientierten sich die durchzufüh(endenWiederholungsprüfungen im wesentlichen an den Erfahrun-gen und der Praxis in konventionellen Anlagen. Dies hatteinsbesondere zur Folge, daß eine Bearbeitung der Schweiß-

nähte weder an der druckführenden Umschließung, also anden Rohrleitungen und Behältern des Primärkreises, noch andenen des Sekundärkreises stattfand. Auch wurden dieIsolierungen an den Rohrleitungen und Behältern des Primär-

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kreises und der Dampferzeuger nicht in einer schnell abnehm-baren und auch schnell wieder montierbaren Weise ausgeführt.

In den vergangenen Jahren wurde eine konsequente Ober-flächenrißprüfung und Ultraschallprüfung der Schweißnähteund ihrer unmittelbaren Umgebung eingeführt, Zu diesemZweck müssen Schweißnähte beschliffen und die Oberflächegegebenenfalls poliert werden. Dies ist in Obrigheim in denvergangenen sechs Jahren am Primärkreis, den Dampferzeu-

gern und an Komponenten des Sekundärkreises vorgenom-men worden. Wegen des Strahlenpegels wurden in einzelnenFällen, zum Beispiel am Druckhalter und am Deckel desReaktordruckbehälters automatisch arbeitende Oberflächen-bearbeitungsmaschinen eingesetzt, Auch mit den gegenüberfrüher verschärften Prüfungen konnte im KWO ein guterQualitätszustand der druckführenden Umschließung nachge-wiesen' werden.

Auch am Reaktordruckgefäß wurden wegen der heute gelten-den höheren Prüfanforderungen zusätzliche Maßnahmen er-griffen. Insbesondere war eine Wiederholungsprüfung der

mittleren Rundnaht des Reaktordruckbehälters wegen des

nicht ausbaubaren thermisc,hen Schildes, lange Zeit nichtmachbar. Am Reaktordeckel war eine Isolierung angebracht,die eine mechanisierte Ultraschallprüfung der Stege zwischen

den Stutzen und der Deckelrundnaht nicht zuließ. Um einePrüfung des Deckels durchführen zu können, mußten dieIsolierung geändert, die als Halterung für die Isolierung ange-

schweißten Ringe mechanisch abgearbeitet und die Rund-naht in einen prüffähigen Zustand gebracht werden.

Nur nach langer Entwicklungsarbeit und mit viel Aufwandwar es möglich, die schwer zugängliche mittlere Rundnahthinter dem thermischen Schild einer Ultraschallprüfungnach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik zuunterziehen. Es wurde ein spezielles Manipulatorsystem ent-wickelt, mit dessen Hilfe der Ultraschallprüfkopf zuverlässig

und genau in den 65 mm breiten Spalt zwischen Reaktor-druckbehälter und dem thermischen Schild geführt werdenkonnte. Dieses Manipulatorsystem wurde an einem 1 : 1Modell des Reaktordruckbehälters und des thermischenSchildes getestet, Die Ultraschallprüfung dieser Rundnahtwurde im Sommer 1980 erfolgreich durchgeführt.

Die Ultraschallprüfung der anderen Schweißnähte am Reak-tordruckbehälter konnte schon früher erfolgen. 1970 wurdenzum erstenmal die obere Kesselrundnaht und die Stutzen-nähte mit einem speziell dafür gebauten Manipulator ultra-schallgeprüft. Mit einem weiteren entwickelten Prüfsystemwurde eine Prüfung aller Schweißnähte des Reaktordruck-

behälters im Jahre 1976 (außer der mittleren Rundnaht)und auch im Juli 1980 erfolgreich durchgeführt.

Aufgrund dieser Entwicklungen und der mit den Prüfungen

gemachten Erfahrungen ist das Reaktordruckgefäß in übrig-heim entsprechend den heutigen Anforderungen wieder-holungsprüfbar. Das Ergebnis der letzten Prüfung zeigte, daßsich das Druckgefäß auch nach zwölf Betriebsjahren in einemeinwandfreien Zustand befindet.Auch im Sekundärteil dèr Anlage, an den Dampferzeuger-mänteln, an den Frischdampf- und Speisewasserleitungen, am

Speisewasserbehälter und an Vorwärmern wurden weiter-gehende Wiederholungsprüfungen durchgeführt, die eineBearbeitung der Schweißnahtoberfläche zur Voraussetzunghatte,Zu den qualitätssichernden Maßnahmen zählt auch eine auto-matisch wirkende Absicherung gegen eine Überdruckbela-stung des Reaktordruckgefäßes bei niederen Temperaturen,

die im KWü 1978 eingebaut wurde.

Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Störungen wurde unteranderem durch umfangreiche zusätzliche Brandschutzmaß-nahmen und durch eine Verbesserung der Notstromversor-gung beträchtlich reduziert. Bereits im Jahre 1969 wurde mit

der Planung und dem Einbau von zusätzlichen Brandschutz-maßnahmen begonnen. Es wurde ein Brandschutzkonzeptfür die Gesamtanlage entwickelt und im Laufe der Betriebs-jahre auch verwirklicht. Zu diesen Brandschutzmaßnahmenzählt zum Beispiel auch die Möglichkeit, die Anlagenräumeim Reaktorsicherheitsbehälter fernbedient von der Warteaus mit Kohlendioxid zu fluten,

Zur Erhöhung der Zuverlässigkeit der Notstromversorgungwurde die Energieversorgung der Sicherheitseinspeisepumpen

aus der vorhandenen Notstromanlage herausgelöst. JedeSicherheitseinspeisepumpe wurde zusätzlich zu dem vorhan-denen 6-kV-Motorantrieb mit einem Dieselantrieb versehen,der über eine Magnetkupplung mit dem Pumpensatz .verbun-den ist. Durch die Entlastung und Vereinfachung des beste-

henden Notstromsystems konnte sowohl die allgemeineNotstromversorgung als auch die Energieversorgung des

Sicherheitseinspeisesystems im Notstromfall sicherer gemachtwerden. Außerdem wurde die Startzeit der Sicherheitsein-speisepumpen von 40 auf 7 s reduziert, was eine deutlicheVerbesserung der Notkühlung zur Folge hat.

Eine Erhöhung der Zuverlässigkeit der Notstromversorgungund des Eigenbedarfs an elektrischer Energie wurde auchdurch die i nstallation eines Generatorschalters im Jahre 1978- in den sechziger Jahren waren Schalter der erforderlichen

Größe noch nicht zu erhalten - durch Verdoppelung derKapazität der 24-Volt-Steuerbatterien und ihrer Anordnungin zwei räumlich getrennten Bereichen sowie durch Verbesse-

rungen der Druckluftversorgung der Notstromschaltanlage

erreicht.

Beispiele für Maßnahmen wegen Änderung des inBetracht zu ziehenden StörfallspektrumsEine Vielzahl von Maßnahmen wurden im KernkraftwerkObrigheim wegen der seit den sechziger Jahren zusätzlich zubetrachtenden Störfälle ergriffen. Bei der Auslegung des

KWO haben Gesichtspunkte der räumlichen Redundanz undauch Störfälle, die durch Einwirkung von außen verursachtwerden können, eine geringere Rolle gespielt als heute, zumalder Standort Obrigheim zum Beispiel in einem erdbebenfrei-en Gebiet liegt. Auch war in den sechziger Jahren das Problemder Terroristen ohne Bedeutung.In den siebziger Jahren haben die räumliche Redundanz vonSystemen und auch die gegenseitige Unabhängigkeit redun-danter Systeme zur Beherrschung sowohl von anlageninter-nen als auch von außen verursachten Störfällen große Bedeu-

tung erlangt. Diese Entwicklung hat dazu geführt, daß für dasKernkraftwerk Obrigheim das Verhalten des Reaktorgebäu-des gegenüber Erdbeben untersucht wurde, Auch werdenStörungen unter den heute übl ichen Annahmen analysiert,Im Laufe dieser Untersuchungen zeigte sich, daß für KWOdie Errichtung eines unabhängigen und autarken Notstands-systems eine optimale Lösung darstellt, um der sicherheits-technischen Entwicklung gerecht zu werden.

Das Notstandssystem wird zur Zeit zwischen dem Reaktorge-bäude und dem Reaktorhilfsanlagengebäude errichtet. Eswird zusammen mit dem vorhandenen Nachkühlsystem undeiner zusätzlich zu errichtenden Notnachkühlkette zuverläs-

siger als bisher sicherstellen, daß die Reaktoranlage auch fürden Fall sicher abgefahren und nachgekühlt werden kann,

daß wichtige Komponenten im konventionellen Teil derAnlage ausfallen. In diesem Notstandssystem wird eine Not-warte eingerichtet, von der aus bei Zerstörung der Haupt-warte das Abfahren und Nachkühlen des Reaktors kontrol-liert und gesteuert werden kann.Im Notstandssystem sind gesicherte Wasserbecken vorgesehen.Dazu kommt ein Notspeisesystem, bestehend aus zwei autar-ken Strängen, von denen jeder für 100 % der erforderlichenNachspeisekapazität ausgelegt ist.

Zusätzlich zu den bestehenden Wärmeabfuhrsystemen wirdzusàmmen mit dem Notstandssystem eine weitere Notnach-kühlkette errichtet. Sie ist aus zwei Strängen aufgebaut undwird die abzuführende Wärme über zwei Kühltürme an dieUmgebungsluft abgeben.

Schließlich fallen in diese Gruppe auch die Maßnahmen, diezu einer Erhöhung der Sicherheit in der Beherrschung vòn

kleinen Kühlmittelverluststörfällen zweckmäßig sind. ImKernkraftwerk Obrigheim wurde in diesem Zusammenhangeine Erweiterung des Reaktorschutzsystems vorgenommen,wie zum Beispiel der automatische Start der Sicherheitsein-speisepumpen sobald der Siedeabstand im Primärkreis eineneingestellten Grenzwert unterschreitet,

Als letztes Beispiel für Maßnahmen aufgrund erhöhter Sicher-heitsanforderungen soli der Einbau der Kippsicherung für dieDampferzeuger im Jahre 1975 genannt werden.

Maßnahmen aufgrund betrieblicher Erfahrungen

Wesentl iche und sehr effektive sicherheitstechnische Verbes-

serungen eines Kernkraftwerkes können und sollten auch aufder Basis der im Betrieb gewonnenen Erfahrungen - natür-lich auch der Erfahrungen, die im Zusammenhang mit Störun-gen bzw. Störfällen gewonnen werden - vorgenommen wer-den.

Nach den im Kernkraftwerk Obrigheim in den zwölf zurück-liegenden Betriebsjahrengemachten Erfahrungen führt diekonsequente Verbesserung von Komponenten bzÌ/, Systemen- sofern diese im Rahmen gewonnener Erfahrungen durchge-führt wird - zu einer signifikanten Erhöhung der Betriebs-

sicherheit der Systeme und damit auch zu einer entsprechen-den Reduzierung ihrer Störungsanfälligkeit. Auf diese Weisekann sozusagen eine funktionelle Basissicherheit geschaffenwerden. Sie ist daher auch ein wirksames Mittel zur Vermei-dung von Störfällen. Oft sind es geringfügige und kleine

Änderungen, die diesem Ziel dienen, wie zum Beispiel dieInstallation einer zusätzlichen Entlüftungsleitung im Sicher-heitseinspeisesystem oder die Messung der Frischdampfmen-ge am Strömungsbegrenzer nahe dem Dampferzeuger anstelleder Messung hinter den Frischdampfsicherheitsventilen oderdie Installation eines direkt anzeigenden Monitors für dieJodableitung über den Kamin.

Allerdings wurde in den vergangenen zwölf Jahren im KWOauch eine große Zahl umfangreicher Maßnahmen verwirkl icht,die vor allem zu sicherheitstechnischen Verbesserungenführten, wie zum Beispiel

der Einbau einer mechanischen Filteranlage für die Kühl-mittelrein igung des Primärkreises,der Bau einer Reinigungsanlage für die Dampferzeuger-Ab-schlämmung,die Installation eines Körperschallüberwachungssystems

am Primärkreis,um nur einige Beispiele zu nennen,

In diesem Zusammenhang soll etwas ausführlicher auf dieMaßnahmen eingegangen werden, die zur Verringerung derAbgaberaten radioaktiver Stoffe an die Umgebung und zurVerbesserung des Strahlenschutzes getroffen wurden.

Zur Verringerung der radioaktiven Abgabe an die Atmo-sphäre wurden die Leckagen von Aktivität in Betriebs- undAnlagenräumen durch zusätzliche Maßnahmen reduziert. Anallen Armaturen des Primärkreislaufes, des Nachkühl. undReinigungskreislaufes wurden Stopfbuchsabsaugungen ange-bracht. In dem Abgassystem konnte eíne starke Reduzierungvon Leckagen durch Unterdruckhaltung in diesem Systemund durch katalytische Verbrennung des vorhandenen Wasser-stoffs und Sauerstoffs erreicht werden, Letzteres führte zu

einem geringeren Gasanfall, was eine verlängerte anlagenin-terne Lagerung der Edelgase und damit einen weitgehenden

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Abfall ihrer Aktivität innerhalb des Kraftwerkes ermöglichte.Die bei Dampferzeuger-Leckagen in den Kondensator desSekundärkreises gelangende Aktivität wird in die Kontroll-bereichsabluft geführt.

Zur Verringerung der Aktivitätsabgabe an die Umgebungwurden Jodfilter in die Abluftstränge eingebaut. Die Jod-filter für die Abluft aus den Anlagenräumen des Reaktorge-bäudes wurden gegen Beaufschlagung mit Feuchtigkeit ge-schützt, Außerdem wurden die Meßeinrichtungen für dieAktivität in den Abluftsträngen verbessert: Die Meßempfind-lichkeit wurde beträchtlich erhöht, die Geräte wurden gegenKontamination und Fremdstrahlung geschützt, und es wur-den zusätzlich Einrichtungen zur Bestimmung der Nuklid-Zusammensetzung von Aerosolen und Edelgasen eingebaut.Um auch sehr kleine Edelgasabgaben erfassen zu können,wurde die Elektronik der Meßstellen verbessert; die Meß-

werte werden über einen Prozeßrechnèr erfaßt und damitdie Abgabebilanzen erstellt, Mit Hilfe dieser Maßnahmen undauch aufgrund der erfolgreichen Bemühungen, Brennelement-schäden zu vermeiden, ist eine früher kaum für möglich ge-haltene Reduzierung der Abgaben in der Größenordnung voneinigen 100 Ci Edelgasen pro Jahr gelungen. Auch die Jod-

abgabe konnte in den letzten Jahren extrem reduziert werden.

Die Abgabe von Radioaktivität mit dem Abwasser konntedurch eine Vielzahl von Verbesserungen im System zur Auf-arbeitung radioaktiven Abwassers und durch Verringerungder Mengen des anfallenden Wassers beträchtlich reduziertwerden, Unter den Maßnahmen zur Reduzierung des anfal-lenden Abwassers sind vor allem der Umbau der Stopfbuchs-dichtungen von Pumpen auf Gleitringdichtungen zu nennen,

Die Einführung der Wasserstoffbegasung und der LiOH-Dosierung in das Primärkühlmittel führte zu einer Reduz~e-

rung des Aufbaus radioaktiver Korrosionsprodukte im Kühl-wasser. Mit Hilfe der bereits genannten Filteranlage für dis-perse Korrosionsprodukte im Primärwasser konnte die Akti-vitätskonzentration im anfallenden Wasser reduziert werden.

Die an den Betriebserfahrungen orientierten laufenden Ver-besserungen der Systeme zur Aufarbeitung radioaktiven Ab-wassers, vor allem die Trennung des stark radioaktiven vomschwach radioaktiven Abwasser ermöglichten eine wirksameAufarbeitung des Abwassers.

Für das bei Reparaturen sowie bei An- und Abfahrvorgängenanfallende Primärwasser wurde eine Speicheranlage installiert,die die Wiederverwendung dieses Primärwassers ermöglichteund auf diese Weise zur Reduktion des anfallenden Abwas-

sers führte. Auch die Meßstellen für radioaktives Abwasser

wurden erweitert und verbessert; die Meßempfindlichkeit derMeßstellen für das in den Neckar zurückfließende Kühlwasserwurde erhöht.

Für die Abschlämmung aus den Dampferzeugern wurdenIonentauscher und Magnetfilteranlagen installiert, so daß eineWiederverwendung des aus den Dampferzeugern abge-schlämmten Wassers ermöglicht wird, Durch das Zusammen-wirken von derartigen Einzeimaßnahmen konnte auch diemit dem Abwasser abgegebene Radioaktivität außerordent-lich reduziert werden. In den letzten Jahren lag die Abgabebeí 0,2 Ci (ohne Tritium) im Vergleich zu den 10,5 Ci im

Jahre 1969.

Im Bereich des Strahlenschutzes wurden in den vergangenenBetriebsjahren vielfältige Maßnahmen ergriffen, um die Strah-lenbelastung des Personals so gering wie möglich zu halten.Schon während des ersten Brennelementwechsels im Jahre1970 wurde deutlich, daß der Sozialtrakt am Kontrollbe-reichseingang vergrößert werden sollte, um eine reibungsloseAbwicklung und Kontrolle der die Kontrollbereichspfortepassierenden Personen zu gewährleisten. Im Jahre 1971wurde eine Erweiterung dieses Sozialtraktes und auch derWäscherei für kontaminierte Kleidung vorgenommen. Mit

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speziell entwickelten Monitoren hoher Meßempfindlichkeitwerden alle Personen zuverlässig auf Kontamination über-prüft. Mit einem Body-Counter kann die Inhalation vonRadioaktivität festgestellt werden. Mit Hilfe eines Rechen-programms wird die Strahlenbelastung für jede Person täglichermittelt und registriert.

Ein wichtiges Mittel, hohe Strahlendosen zu vermeiden, be-steht in der wartungs- und reparaturfreundlichen Gestaltungder betreffenden Komponenten und in geeigneten Abschir-mungen. Auf diesem Gebiet wurden in den vergangenenzwölf Jahren zahlreiche Verbesserungen vorgenommen, Sowurden zum Beispiel Filter für hohe Aktivitäten so umge-baut, daß sie fernbedient ausgewechselt werden können.Stopfbuchsen von Ventilen wurden in bezug auf Material undKonstruktion so verändert, daß sie eine längere Haltbarkeitund schnellere Auswechselbarkeit ermöglichen. Dichtungenan Pumpenwellen wurden auf doppelte Gleitringdichtungenumgerüstet, wodurch die Häufigkeit und das Ausmaß vonKontamination stark verringert wurde. An wartungsempfind-lichen Ventilen wurden Schweißverbindungen durch Schraub-verbindungen ersetzt. Auch die Verschlüsse von Mann- undHandlöchern im Primärkreis wurden verbessert und ihre Stör-anfälligkeit reduziert; es werden ausschließlièh Dehnbolzeneingesetzt.

Durch den Einsatz metallischer Dichtungen konnten beträcht-liche Verbesserungen erreicht werden. Für das Abnehmen derMuttern vom Deckel des Reaktordruckbehälters wurde eineDrehvorrichtung entwickelt, Ursprünglich war jede Sonde der

Kerninstrumentierung mit dem Reaktordeckel durch eine nurmit großem Zeitaufwand herzustellende Schweißnaht verbun-den; diese wurde durch einen schnell zu handhabendenSchraubverschluß ersetzt. Durch die zusätzliche Filterung desPrimärkühlmittels konnten die Sichtverhältnisse vor allem imReaktordruckbehälter für Inspektionen und Prüfungen gegen-

über früher wesentlich verbessert werden. Auch der allge-meine Kontaminationspegel ist dadurch zurückgegangen. Fürdie in großem Umfang durchzuführenden Wiederholungs-prüfungen mußten große Teile der Isolierungen von Behälternund Rohrleitungen abmontiert werden; diese Isolierungenwurden durch schnell abnehmbare Isolierschalen ersetzt, AnBehältern und Rohrleitungen, insbesondere im System fürdie im Betrieb anfallenden radioaktiven Wassermengen,wurden Spülmöglichkeiten geschaffen. Für die Handhabungder mit radioaktivem Abfall gefüllten Fässer wurde im Abfall-

Lagerein fernbedienbarer Kran installiert,

Diese Beispiele sollen die Vielfalt der Maßnahmen deutlichmachen, die zur Vermeidung zu hoher Strahlenbelastungengetroffen wurden. Die Maßnahmen haben sich bewährt.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß vor allemdurch die dritte Gruppe der hier erläuterten Verbesserungs-

maßnahmen, die auf konkreten Betriebserfahrungen beruhen,die Störungsanfälligkeit der Anlage wesentlich reduziert unddamit auch ihre Sicherheit erhöht wird. Die Maßnahmen, dieaufgrund geänderter Sicherheitsanforderungen durchgeführt

werden können, erfordern erfahrungsgemäß eine lange Vor-laufzeit für Untersuchungen und auch eine verhältnismäßig

lange Zeit zu ihrer Verwirklichung. Von diesen Maßnahmensollten nur solche verwirklicht werden, die sich in das Kon-zept der Anlage nahtlos einfügen, Orientierungsmaßstab für

Nachrüstungsmaßnahmen sollte immer die erreichbare realeVerbesserung des Systems sein und nicht die formal schema-tische Anwendung einer jeweils neuesten technischen Kon-zeption bzw. RegeL. Dies erfordert, daß bei allen Beteiligtenerfahrenes Personal für derartige Aufgaben zur Verfügungsteht und das technische Verständnis für die früher gewähltentechnischen Lösungen vorhanden ist, Im KernkraftwerkObrigheim konnte durch die genannten Maßnahmen dersicherheitstechnischen Entwicklung weitgehend Rechnunggetragen werden.

Diskussion

D. v. Ehrenstein (Universität Bremen):

Welche Verminderung konnten Sie bei den Tritium-Abgabenerreichen und wie hoch waren die Ausgangswerte?

H. Schenk (KWO):

Wir haben auch die Tritium-Abgabe beträchtlich reduzierenkönnen, Diese lag in den letzten Jahren, wenn ich mich rechterinnere, unter 180 Ci. Die Ausgangswerte lagen ungefähr

doppelt so hoch.

R. Antoni (GRS):

Sie planen viele Nachrüstmaßnahmen mit der Betriebsmann-schaft. Gab oder gibt es Konflikte, wenn Nachrüstmaßnah-men vorgeschlagen werden, die aus Sicht der Betriebsmann-schaft eventuell keine Verbesserungen bringen?

H. Schenk (KWO):

Ich habe zum Schluß versucht, zum Ausdruck zu bringen,daß Nachrüstmaßnahmen sicherlich diskutiert werden müssen,und zwar zwischen der Genehmigungsbehörde, den Gutach-

tern, den TÜVs sowie dem Betreiber, der sie machen mußoder machen will, und der sie auch in der Anlage zu verant-worten hat. Bei dieser Diskussion kommt es natürlich auchhin und wieder zu kontroversen Äußerungen über den zurDebatte stehenden Sachverhalt, Wenn man sich aber darumbemüht, zusätzliche Sicherheit in der Anlage zu schaffen undnicht nur zum Beispiel aus formalen Gründen etwas zu tun,

so kommt man schon zu einer Einigung. Bisher haben wir dasjedenfalls immer geschafft. Wir haben keine Maßnahmendurchführen müssen, die nach unserer Überzeugung nicht gutwaren. Die Maßnahmen, die wir durchgeführt haben, habendie Sicherheit erhöht. Für KWO wurde bisher immer einKonsensus erreicht,

Neue Überwachungssysteme in KernkrafterkenVon D, Wach1)

Kurzfassung

In den letzten sechs Jahren sind vermehrte Anstrengungen

zur Entwicklung von Systemen zur Fehlerfrüherkennung vor-genommen worden, Die Aufgabe dieser Systeme besteht da-rin, die mechanische I ntegrität der Druckführenden Umschi ie-ßung des Primärkreislaufs von Kernkraftwerken kontinuier-lich zu überwachen. Da der Zugang zu diesem System währenddes Reaktorbetriebs stark eingeschränkt ist, ergibt sich fürden Einsatz solcher Überwachungssysteme ein erhöhtesi nteresse. Die Forschungsschwerpunkte liegen derzeit auf denGebieten der Schwingungsüberwachung, der Lose-Teile-Detek-tion und der Leckageüberwachung. Die ersten beiden Über-

wachungssysteme sind inzwischen bis zur Anwendungsreifeentwickelt. Die beim praktischen Einsatz erzielten Erfolgewerden dargestellt und die weiteren Entwicklungsmöglich-

keiten diskutiert,

AbstractIncreased efforts have been devoted to the development ofearly fault detection systems in the past six years, These

systems are determined, to monitor the mechanical integrityof the pressurized system in nuclear power plants continously.Because of the restricted accessibility of the primary systemthe use of such monitoring systems in that area of the plantare of particular interest, Most of the effort is concentratedon vibration monitoring, detection of loose parts, andleakage contro!. The results which have been achieved during

1) Dr, Dieter Wach, Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) mbH,Forschungsgelände GarchingAn dieser Stelle sei all denen gedankt, die durch ihre finanzielleFörderung (BMI, BMFT) oder durch ihre Kooperationsbereitschaft(KWU, Betreiber) dazu beigetragen haben, daß auf diesem wichti-gen Gebiet der Schadensverhütungsvorsorge mit Hilfe von (Noise-)Diagnosetechniken in Deutschland ein im internationalen Vergleichbestehender Standard erreicht werden konnte, Meinen besonderenDank für die Unterstützung bei der Ausarbeitung des vorliegenden

Berichts bin ich meinen Kollegen, Sunder und Dr. Olma, schuldig.

practical operation are represented and further developmentpossibilities are discussed,

Einleitung

Die Ereignisse im Kernkraftwerk Three-Mile-Island haben aufverschiedenen Gebieten der Betriebsüberwachung die Not-

wendigkeit zu technischen Verbesserungen deutlich werden

lassen. Unter anderem wurden die Probleme der Mensch/Maschine-Kommunikation in den Vordergrund des Interessesgerückt, Jedoch schon vor TM i war von den für die Reaktor-sicherheit und die Sicherheitsforschung zuständigen Stellen

die Notwendigkeit erkannt worden, den Reaktorfahrern über

die bisher bestehenden leittechnischen Systeme hinaus neueÜberwachungs- und Diagnosesysteme zur Verfügung zu stei-len, die es ermöglichen, die aktuellen Prozeß- und System-zustände besser beurteilen und damit insbesondere bei außer-gewöhnlichen Situationen besser reagieren zu können.

Positiv auf die Entwicklung hat sich sicherlich dabei ausge-wirkt, daß mit der rasch fortschreitenden Entwicklung auf

dem Gebiet der Rechnertechnologie nunmehr Systeme undAnalysatoren zur Verfügung stehen, mit denen die entwickel-ten Überwachungs- und Diagnosemethoden in einer denbetrieblichen und ergonomischen Anforderungen gerechtwerdenden Weise realisiert werden können. Zu den am meistenbeachteten Entwicklungen gehören in diesem Zusammenhangsicherlich die Arbeiten auf den Gebieten der Störungsanalyse,der Kernüberwachung und der Schadenfrüherkennung(Bild 1).

Die Themati k des diesjährigen G RS-Fachgespräches befaßt

sich mit dem Betrieb von Kernkraftwerken, Aus diesemGrunde soli im vorliegenden Beitrag innerhalb der durch diegenannten Arbeitsgebiete charakterisierten neuen Über-wachungssysteme im wesentlichen auf diejènigen eingegangenwerden, die bereits in Kernkraftwerken eingesetzt bzw, prak-tisch erprobt werden und über die bereits erste Betriebserfah-rungen vorliegen. Es sind dies die on-line-Überwachungs-

systeme zur

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Bild 1: Neue Überwachungssysteme in Kernkraftwerken

- Körperschallüberwachung und

- Schwingungsüberwachung,

Bevor auf die beiden Systeme im einzelnen eingegangen wird,sollen zunächst allgemein die Zielsetzungen und der Nutzensowie die Stellung der Schadenfrüherkennungssysteme inner-halb der KKW-Leittechnik und der neuen Überwachungs-systeme (operator assistent systems) angesprochen werden.

On-line Überwachungssysteme zur Schadenfrüherkennung

Übergeordnete Zielsetzung und Einordnung derSystemeDie gemeinsame Grundidee der nachfolgend beschriebenen,neuen Überwachungssysteme ist - vorgelagert zu den ausbetriebl ichen oder Reaktorschutzgründen vorhandenen In-strumentierungen - möglichst frühzeitig Informationen überSchäden an den für den kontrollierten Prozeßablauf erforder-lichen Systemen bereitzustellen, Entweder sind Schäden(Fehlverhalten) bereits im status nascendi anzuzeigen oder

zumindest so frühzeitig, daß gravierende Folgeschäden oder

Fehlinterpretationen von Prozeßinformationen vermiedenwerden. Betrachtet man die international durchgeführten undlaufenden Entwicklungen, so sind als wichtigste im Entwick-lungsstand durchaus unterschiedl iche Schadenfrüherken-

nungssysteme zu nennen:

Körperschall überwach ung(Detektion und Ortung loser und lockerer Teile im Primär-system),

Schwi ngu ngsüberwachu ng(Erkennung von Strukturänderungen oder Schäden anReaktoreinbauten und Primärkreiskomponenten) ,

Leckerken nu ng

(empfindlicher Nachweis und Ortung von Leckagen inner-halb der Sicherheitshülle, zum Beispiel mit akustischemVerfahren) ,

Meßfühlerüberwachung(Erkennen von beginnenden oder eingetretenen Meßkanal-ausfällen mit Hilfe des inhärenten Prozeßrauschens),

Anomalienerkennung(Erkennen thermo-hydraulischer Veränderungen im Kühl-mittel insbesondere im Kernbereich ).

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Gemeinsames Merkmal dieser Systeme ist die Verwendungstochastischer Primärinformationen, das heißt es werden ent-weder die dynamischen Überlagerungen von Prozeßgrößen

(Fluktuationen, Rauschen) herangezogen oder die Signaleselbst sind regellose dynamische Meßgrößen (Schwingungen,Schall). Von den stochastischen Signalen werden Kenngrößenund Kennfunktionen gebildet, deren zeitliches Verhalten imHinblick auf außergewöhnliche Veränderungen überwachtwird. Zur richtigen Festlegung und Interpretation derartigerVeränderungen sind detaillierte Kenntnisse der Signalzusam-mensetzung (Signalquellen) , der zulässigen statistischenKennwertstreuungen und der den Prozeß beschreibendentheoretischen Modelle erforderl ich.

Die praktischen Erfahrungen in Leistungsreaktoren habengezeigt, daß die verwendeten Meßverfahren äußerst empfind-lich sind und bereits kleine Schäden zur Anzeige gebracht

werden können, die für sich allein nicht sicherheitsrelevant

sind. Aus dieser Tatsache ergibt sich auch ein Hinweis auf diegrundsätzliche Einordnung der neuen Überwachungssystemein die KKW-Leittechnik: Die neuen Systeme sollten als Infor-mationssysteme betrachtet werden, da ihr Ansprechen grund-sätzlich noch nicht eine aktuell kritische Situation bedeutet.Technische Anforderungen, wie sie für unmittelbar sicher-heitsrelevante Meßkanäle unabdingbar sind, müssen dahernicht gefordert werden. Andererseits ist die Forderung nachVorhandensein von Schadenfrüherkennungssystemen (sobaldihre Leistungsfähigkeit nachgewiesen ist) im Hinblick aufeine verantwortungsbewußte Schadenverhütungsvorsorge einein sich selbstverständliche Forderung,

Ein jüngster Beweis für den großen Nutzen der Überwachungs-systeme wurde durch die erfolgreiche Verwendung ent-sprechender Meß- und Analyseverfahren während des TMI-Nachstörfallbetriebes erbracht (1) (2), (3), (4). Diagnose-

untersuchungen mit den Methoden der Überwachungs-systeme lieferten wichtige Informationen bzw. erlaubten eineBeurteilung

der mechanischen Integrität der Reaktoreinbauten undPri märk reiskomporienten,des Zustandes des Reaktorkerns,des Entgasungsprozesses,

der Funktionstüchtigkeit von Meßkanälen.Auf die Konsequenzen, die nach Meinung des Verfassers ausdiesen Erfahrungen zu ziehen sind, wird im Kapitel "KünftigeAufgaben" am Ende des Beitrages eingegangen.

Kurzbeschreibung der in Entwicklung stehendenSchad e nfrü herken nun gssystem eIn geraffter Form seien zunächst einige Erläuterungen zu on-line Überwachungs/Diagnose-Systemen gegeben, die derzeitim wesentlichen noch in der Entwicklung stehen und daher

nachfolgend nicht detaillierter behandelt werden.

Die Leckerkennung empfindlich, prompt und mit hoher Orts-auflösung durchführen zu können, ist eine in den Genehmi-gungsverfahren häufig wiederkehrende Forderung. Vor diesemHintergrund werden in Deutschland F&E-Arbeiten durchge-

führt, um die Brauchbarkeit akustischer Überwachungsver-fahren im Hinblick auf die gewünschten Verbesserungen zu

untersuchen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse (5) sind sehrerfolgversprechend,Die Meßfühlerüberwachung verwendet als grundlegende Ideedie Tatsache, daß im inhärenten Rauschen des betrachtetenMeßsignals eine Original information des beobachteten Pro-

zesses enthalten ist, die genutzt werden kann, um jederzeitwährend des Betriebs die Funktionsbereitschaft des gesamtenMeßkanals, das heißt inklusive Meßfühler, zu überprüfen undsogar Ausfälle, die stationäre Anzeigen vortäuschen, zu er-kennen. Analysen dieser Art wurden in TMI erfolgreich ein-gesetzt: unter anderem gelang der Nachweis von einem und.

die Vorauso:igevon zwei Ausfällen der Geber der Druckhalter-

Wasserstandsanzeige, F&E-Arbeiten zur Untersuchung derbetrieblichen Einsetzbarkeit wurden in verschiedenen Län-dern ebenso wie in Deutschland begonnen,

Die Anomaliendetektion faßt alle Schadenfrüherkennungs-methoden zusammen, die nicht auf schadensbedingtenÄnderungen in der mechanischen Struktur des Reaktorpri-märsystems oder mit Fehlfunktionen in Meßkanälen zu tunhaben. Wichtigste Beispiele sind das Erkennen von Kühlkanai-blockaden oder unzulässigen Siedevorgängen im Reaktorkernvon Siedewasserreaktoren (durch Analyse von Incore-Neu-tronenflußrauschsignalen) oder die Erkennung von unzuläs-sigen Gasvolumina im Primärsystem von Druckwasserreak-toren (durch Analyse von dynamischen Drucksignalen). Zuersterem haben G RS und TU Hannover die grundlegendenUntersuchungen angestellt, letzteres wurde von G RS inZusammenarbeit mit KWU im Rahmen der Druckrausch-Untersuchungen zur Schwingungsüberwachung miterfaßt.Bis zur betrieblichen Einsatzreife dieses Systems sind weitereUntersuchungen erforderl ich,

Anstöße zur Entwicklung von Schwingungs- undK ö rpersch a Ilüberw ach u ngssystem en

Ausgelöst durch verschiedene Schäden an Druckbehälterein-

bauten ausländischer Leichtwasserreaktoren und im Bewußt-sein, daß mit den neuen Anlagentypen der Größe 900 MWund 1200 MW (bzw. 1300 MW) Reaktoren ohne langjährigeBetriebserfahrung in Betrieb genommen wurden, ist Anfangder siebziger Jahre damit begonnen worden, neue Meßver-fahren und Systeme zu entwickeln, die jederzeit eine aktuelleBeurteilung des mechanischen Zustandes wichtiger Kompo-nenten und Einbauten erlauben und Veränderungen frühzei-tig anzeigen. Zwischenzeitlich auch an deutschen Anlagenaufgetretene Betriebsstörungen (zum Beispiel lose oderlockere Teile) bestätigen die Notwendigkeit der Etwicklungund des Einsatzes von neuen Überwachungssystemen.

In den RSK-Leitlinien DWR (Fassung 1.79) finden entspre-chende Forderungen in Kapitel 3.3 ihren Niederschlag:

"Kapitel 3,3 Einbauten im Reaktordruckbehälter

(2) Es müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, umlose oder abgelöste Teile, die sich in der DruckführendenUmschließung befinden, feststellen zu können. Zusätzlichist anzustreben, daß durch geeignete Maßnahmen lose oderabgelöste Teile in der Druckführenden Umschließung ge-ortet werden können.

(3) Das Schwingungsverhalten der Einbauten im Reaktor-druckbehälter ist durch geeignete Messungen schon währendder Inbetriebnahme der Anlage zu untersuchen. Auch wäh-rend der Betriebszeit der Anlage sollten Messungen wieder-

holt werden können."

Die Entwicklung von Methoden und Systemen zur Über-wachung des Schwingungsverhaltens und des Körperschallsim Primärkreis von Kernkraftwerken wurde in Deutschland

im wesentlichen durch die Zusammenarbeit von KWU undGRS vorangetrieben. Bild 2 zeigt in komprimierter Form dieHauptzielsetzungen der beiden Überwachungssysteme sowiedie jeweils zur Anwendung kommenden wichtigsten Analyse-verfahren. Aufgrund der komplexen Zusammensetzung undsystemspezifischen Unterschiede der verwendeten Kennfunk-tionen spielen die experimentellen Erfahrungen in Kernkraft-werken eine besondere Rolle, Die G RS hat daher von Anfangan auf die Erfassung betrieblicher Meßdaten und den Ausbauder praktischen Erfahrungen ausdrücklichen Wert gelegt.Dabei wurden vor allem die jeweiligen Prototypanlagen(Stade 600 MW, Biblis A 1200 MW, Neckarwestheim900 MW, Brunsbüttel 800 MW-SWR) durch Teilnahme beiden Vorinbetriebnahmetests (Kalt- und Warmprobebetrieb)

und bei Leistungsmessungen ausführlich untersucht. In Bild 3

Bild 2: Ziele der Schwingungs- und Körperschallüberwachung

sind die von G RS in deutschen Leistungsreaktoren durchge-

führten Schwingungs-, Rauschsignal- und Körperschall-Messungen nochmals zusammengestellt, Die Referenzanlagensind besonders gekennzeichnet,

Schwi ngu ngsüberwachu ngssystem

Stand der EinsatzpraxisAusführliche Untersuchungen in Stade und Biblis habenschließlich in Neckarwestheim zur Einrichtung eines Schwin-gungsüberwachungs-Prototypsystems geführt, mit dem nun-

mehr Erfahrungen zum Langzeitverhalten und zu betrieb-lichen Einflüssen gesammelt werden, Entsprechende Systemesind in Unterweser und Grafenrheinfeld installiert bzw. vor-gesehen, Wesentliche Teile eines Schwingungsüberwachungs-systems wurden in Biblis A nachgerüstet.

Der Schwerpunkt der Entwicklungen lag bisher beim Druck-wasserreaktor. Aufgrund konstruktiver Gegebenheiten (dünn-wandigere, größere Behälter) ist das gleiche Prinzip jedochnicht unmittelbar auf den Siedewasserreaktor zu übertragen,

Bild 3: Durchgeführte Schwingungs- und Körperschallmessungen

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&. Drucka.ufnehmermw Neutronenflußaufnehmer

Bild 4: Meßwertaufnehmer und ihre Position im Schwingungsüber-wach u ngssystem

Dennoch wäre auch hier ein geeignetes Überwachungssystemanzustreben, wie nicht zuletzt entsprechende Nachfragen derGutachter beweisen.

Beschreibung des MeßsystemsWährend des bestimmungsgemäßen Betriebs vollführen dieverschiedenen Komponenten des Primärkreises Schwingun-gen, die der Struktur durch die Umwälzung des Kühlmittelsund die damit verbundenen Strömungsvorgänge entlang des

Strömungspfades (Umlenkungen, Verteilungen), durch dieRestunwuchten der Pumpen und durch die beim Pumpvor-gang erzeugten Druckfluktuationen aufgeprägt werden. Diese

Schwingungen besitzen größtenteils sehr kleine Amplituden;durch Einsatz von korrelationsanalytischen Verfahren kön-nen aber auch bei niedrigem Signal-Rausch-Abstand diejeni-gen Informationen gewonnen werden, die für eine Über-wachung erforderlich sind.

Die Untersuchungen haben ergeben, daß außer den Signalenvon Schwingungsaufnehmern, die aus Gründen der Betriebs-sicherheit außerhalb der druckführenden Umschließung an-gebracht sind, auch die Fluktuationen (Rauschsignale) in

den Neutronenflußsignalen und im Kühlmitteldruck alsBeobachtungsgrößen verwendet werden können. Im Neu-tronenflußrauschen bilden sich Einbautenschwingungen ab

aufgrund vonÄnderungen der Reaktivität oder

- Änderungen der Abschwächung einer Wasservorlage, derenDicke durch die Schwingung variiert wird.

I nfolge der physikalischen Effekte können folgende Einbau-tenschwingungen nachgewiesen werden:

Kernbehälter -Pendelschw i ngu ngen,Schalenschwingungen des Kernbehälters und (soweit vor-handen) des thermischen Schilds,Biegeschwingungen der Brennelemente,

Relativbewegungen zwischen Steuerstäben und Kern,

Incore-Lanzenschwingungen (Detektorschwingung im

Flußgradienten) .

Neutronenflußrauschsignale stellen somit eine wichtige Infor-mationsquelle dar. Dies gilt umsomehr, da die meisten derEinbautenschwingungen durch externe Schwingungsmeßfüh-ler nicht oder nur unzureichend erfaßt werden. Bei Messung

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mit niederem Signal/Rauschabstand in Schwingungssignalen

kann aufgrund des diversitären Meßprinzips (Neutronenflußund Schwingung) unter Anwendung der Korrelationsanalysedennoch eine zuverlässige Aussage über den Schwingungszu-stand erreicht werden, Die Vorteile der Einbeziehung von

Neutronenflußsignalen (deren Meßkanäle ja bereits vorhan-den sind) in ein Schwingungsüberwachungssystem sind somitevident,

Bei den Drucksignalen hat sich gezeigt, daß die Meßkanäleder üblichen Betriebsinstrumentierung (mit Wirkdruckleitun-

gen größerer Länge) nur unzureichend zur Schwingungsüber-

wachung geeignet sind. Es werden daher zusätzliche Druck-aufnehmer an den Rohrleitungen (Eintritts- und Austritts-leitUngen) eingesetzt, die ausschließlich den dynamischenAnteil erfassen. Bei den Druckfluktuationen ist zwischen

verschiedenen Anteilen zu unterscheiden, die aufgrund ihrerunterschiedlichen Kohärenzeigenschaften in zwei Gruppenunterteilt werden

Nearfield (örtliches Strömungsrauschen, Jet-Noise, Kar-

man'sche Wirbel), undFarfield (akustische Druckwellen wie Drehklang der Pum-pen, stehende Wellen, Strukturschwingungsrückwirkun-

gen).

Da die Druckfluktuationen sowohl Informationen über dieAnregefunktionen von Strukturschwingungen als auch überStrukturschwingungsantwortenenthalten, kommt den Druck-aufnehmern innerhalb eines Schwingungsüberwachungs-systems eine wesèntliche Aufgabe zu, Durch Einsatz derKorrelationstechnik können Nearfield- und Farfield-Änteilegetrennt und bezüglich der Strukturrückwirkungen die Vor-teile der diversitären Messung genutzt werden. Nicht zu ver~gessen ist ferner die äußerst wichtige Rolle von dynamischenDruckaufnehmern bei der Anomaliendetektion (Gasvoluminain der druckführenden Umschließung, Entgasungskontrolles.o.).Als Meßpositionen für externe Schwingungsaufnehmer sindam Reaktordruckbehälter (RDB) prinzipiell vier unter 90°angeordnete Positionen am R DB-Deckelflansch (für vertikalempfindliche Absolutwegaufnehmer) oder die Position amFußpunkt des RDB (für einen triaxial empfindlichen Abso-lutwegaufnehmer) möglich, Aus Gründen der Zugänglichkeitund besseren Detektierbarkeit unsymetrischer Schwingungs-

vorgänge wurde die erste der beiden Alternativen bevorzugt,Für die Erfassung der Loopbewegungen haben sich Positio-nen an der Rohrleitung unterhalb der Hauptkühlmittelpum-pen (für biaxiale Aufnehmer mit EmpfindlichkeitsrichtungenRDB und Dampferzeuger) als geeignet erwiesen,

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Das Meßdaten-erfassungssystem eines Schwingungsüberwachungssystems istaus vier verschiedenen Kanalgruppen aufgebaut. Als Informa-tionsquellen werden die Signale folgender Meßaufnehmerverwendet (Meßpositionen siehe Bild 4):

seismische Wegaufnehmer am Reaktordeckel (RDB-Abso-lutwege),induktive Relativwegaufnehmer an den Primärleitungen(Loopbewegungen) ,piezokeramische Druckaufnehmer an den Rohrleitungen( Druckfluktuationen),Ionisationskammern der Neutronenfluß-Außeninstrumen-tierung (ex-core Neutronenflußrauschen) .

Darüber hinaus haben sich in den laufenden Forschungsarbei-ten auch die Signale der Neutronenfluß-lncoredetektorenalsbrauchbar erwiesen, die jedoch in bestehenden Überwa-chungssystemen noch nicht integriert sind.

Die Signale sämtlicher Meßketten sind an einem zentralenMeßplatz in Wartennähe zusammengefaßt, Dort führen sienicht nur auf festeingebaute Datenreduktions- und Über-

wachungskanäle, sondern stehen für weiterführende Analysenzur Verfügung, wobei gegenwärtig jedoch mobile Geräte zumEinsatz kommen.

Beschreibung des Überwachungskonzepts

Die Messungen am Schwingungsüberwachungssystem werdenin bestimmten zeitlichen Abständen oder nach speziellenEreignissen durchgeführt, das heißt, die Überwàchung erfolgtdiskontinuierlich. Dies wird als ausreichend erachtet, umsich anbahnende Fehler rechtzeitig zu erkennen, da manandererseits bei kurzfristigen Änderungen des Schwingungs-verhaltens ein Ansprechen des (kontinuierlich arbeitenden)Überwachungssystems für lose und lockere Teile unterstellt(siehe unten).Bei den Messungen werden meist bereits vor Ort die wichtig-sten für die Bewertung des Anlagenzustandes benötigtenKennwerte bzw. Kennfunktionen (zum Beispiel RMS-Werte,

spektrale Leistungsdichten) mit Hilfe spezieller Analysegeräteermittelt, Grundsätzlich aber werden die Signale für detail-lierte off-line-Analysen im Labor mit Mehrspur-Magnetband-geräten aufgezeichnet. Sie stehen somit für gezielte Ver-gleiche bei späteren Fragestellungen als Referenzmessungenzur Verfügung.

Die ermittelten Kennfunktionen (Musterfunktionen) werdenbeim gegenwärtigen Stand der Technik visuell mit zurücklie-genden Referenzmustern verglichen. Abweichungen ergeben,soweit sie nicht der Statistik der Signale oder bekannten

Langzeittrends zugeordnet werden können, Indizien für einverändertes Schwi ngungsverhalten. .

Basis für die richtige Interpretation einer beobachtetenMusteränderung ist die detaill ierte Kenntnis sowohl desNormalschwingungszustandes der überwachten Strukturen alsauch der Signalzusammensetzung der verschiedenen Meßsig-nalarten, Folgende experimentelle und theoretische Arbeits-schritte schaffen die Grundlage für dieses Wissen:

Vorbetriebliche Kennwertmessungen, Ermittlung derKennwerte der Komponenten durch Shakertests oderReißbolzenversuche, Vergleich mit Auslegungswerten,

Probebetriebsmessungen an der Anlage bei verschiedenenBetriebszuständen wie Kalt- und Warmprobebetrieb, Pum-penschalten, Aufheizen der Anlage. Experimentelle Erfas-sung der Korrelationen der dabei gemessenen Einbautén-

schwingungen mit den Signalen externer (auch später ver-fügbarer) Schwingwegaufnehmer,

Entwicklung von Strukturmodellen für einzelne Kompo-nenten und für das Gesamtschwingungsverhalten desReaktorprimärsystems, Verifizierung der Modelle anhandder Kennwert- und Probebetriebsmessungen.

Entwicklung von Quellmodellen für Druck- und Neutro-nenrauschsignale.

Erstellung von Musteratlanten mit Hilfe von Sensibilitäts-studien für wichtige Strukturparameter.

Erstellung von Referenzmuster-Datenbanken zur Trend-erfassung und zum Erlernen typischer Vergleichsmuster.

Wie aus dieser Liste zu entnehmen ist, ist ein erheblicher Auf-wand zur Erreichung èines gesicherten Interpretations-Kennt-nisstandes erforderlich. Es darf jedoch nicht übersehen wer-den, daß der Aufwand nur bei Prototypanlagen diesen Um-fang annimmt.

Beispiele von MeßergebnissenAls Beispiel für die Vorgehensweise bei der Interpretationvon Kennfunktionen des Referenzzustandes (100 % Normal-

betrieb) sind in Bild 5 die Leistungsdichtespektren zweier

RDB-Deckelwegsignale gezeigt (aus (6)). Im oberen Teil des

r- 21iAlmiiHzj

~

Bild 5: Interpretation von Kennfunktionen beim Referenzzustand

Bildes sind die Ergebnisse der Modellrechnungen und theore-tischen Überlegungen eingetragen, die ihrerseits zunächst mitden experimentellen Ergebnissen während der Inbetriebnahmeverifiziert worden waren. Im ersten Band sind jeweils Doppel-frequenzen für die Strukturresonanzen des Systems R DBI

Einbauten zu erkennen, Diese sind unterschiedlichen Steifig-keiten der R DB-Lagerung aufgrund der geometrischen Rand-bedingungen der 3-Loopanlage zuzuordnen. Im mittlerenBand sind die Pendel-, Hub-Eigenfrequenzen der drei Haupt-kühlmittelpumpen und der drei Dampferzeuger eingetragen,die aufgrund unterschiedlicher Loopabmessungen für diedrei Loops verschieden sein können, Schließlich treten imgeschlossenen System des Reaktorprimärkreises verschiede-ne Fluidresonanzen auf (stehende Wellen, Volumenresonan-zen, Pumpenanregung), die in den Strukturantwortsignalenwiederzufinden sind (drittes Band),

In Bild 6 ist ein typisches Beispiel einer Abweichung einerKennfunktion (Loopbewegung) vom Referenzzustand ge-zeigt, In diesem Fall handelt es sich zwar nicht um einenSchaden an einer Struktur, sondern um eine schadensbeding-

te Störung an der Speisewasserzuführung des zugehörigen

Dampferzeugers, Das Schwingungsverhalten des gesamtenLoops wird aber, wie zu erkennen ist, maßgebend beein-

flußt. Deutlich treten insbesondere die dem DampferzeugerNr. 1 zuzuordnenden Strukturresonanzen in Erscheinung.

In Bild 7 (oben) sind zwei während eines Warmprobebetrie-bes berechnete Leistungsdichtespektren eines Absolutweg-

gebers am Reaktordeckel gezeigt, die insbesondere im unter-ren Frequenzbereich auffällige Unterschiede aufweisen (aus(7)). Die Inspektion nach dem Warmprobebetrieb ergab, daßein Teil der Niederhaltefedern gebrochen war. Dadurchhatten sich die Kopplungsbedingungen zwischen R DB und

Kernbehälter/Oberes Kerngerüst wesentlich geändert.

In zweiten Beispiel (Bild 7 unten) sind die Auswirkungen

eines während des Leistungsbetriebs eingetretenen Schadensdargestellt. An der 600 MW-Prototypanlage (KKS) hattensich während des ersten Brennelementezyklus Befestigungs-schrauben des Schemels gelöst. Die zugehörige Spektra 11 inieim Leistungsdichtespektrum der Deckelabsolutwegsignale

bei etwa 37 Hz änderte sich in Abhängigkeit von der Betriebs-zeit deutlich. zu niedrigeren Frequenzen hin. Im Bild sinddie Änderungen der Spektren hervorgehoben. Hätte man zu

dieser Zeit, in der mit den grundsätzlichen Untersuchungen

59

Bild 6: Abweichung einer Kennfunktion vom Referenzzustand

zur Entwicklung eines Schwingungsüberwachungssystems be-gonnen worden war, bereits gezielt Mustervergleiche durchge-führt, hätte man diesen Schaden während des Betriebs fest-stellen können.

Zusammenfassung der BetriebserfahrungenDie Hardwaresysteme wurden inzwischen fortentwickelt, sodaß nunmehr ein hoher Stand an Bedienungskomfort erreichtwerden konnte. Die bisherigen Langzeituntersuchungen er-brachten, daß die Leistungsdichtespektren zum größten Teilgute Konstanz, das heißt geringe Streubänder im Langzeit-verfahren aufweisen. Bei einigen Signalen (zum Beispielexcore-Neutronenfluß) muß jedoch ein abbrandabhängigerTrend in den Leistungsdichtespektren berücksichtigt werden.

Es sollte aber darauf hingewiesen werden, daß diese Ände-rungen im wesentlichen Strukturschwingungsänderungen

(Änderungen der Brennelementeeigenschwingungen) zuzu-

ordnen sind. Über die bisherigen Ergebnisse der Langzeit-

untersuchungen sowie über vergleichende Analysen der Ergeb-nisse an unterschiedlichen Reaktortypen wurde in (8) berich-tet. Zur weiteren Verfolgung und Erforschung betrieblicher(Belastungs)-Einflüsse wurde in diesem Jahr ein neues For-schungsvorhaben gestartet.

Abschließend sei darauf hingewiesen, daß zum Beispiel inFrankreich von allen Leistungsreaktoren periodisch Leistungs-

dichtespektren ermittelt und zentral bei Ed F /Chatou ausge-

Bild 7: Beispiele für aufgetretene Schäden

60

wertet werden. Ähnliche Zielsetzungen werden von Schwe-den berichtet. In USA werden hauptsächlich nur dann An-lagen mit Schwingungsüberwachungssystemen ausgerüstet,wenn an Einzelanlagen des gleichen Typs Strukturschädenaufgetreten sind (zum Beispiel CE-Reaktoren vom Pallisades-typ).

Körperschall überwachu ngssysteme

Stand der EinsatzpraxisDer Einbau von Körperschallüberwachungssystemen wird seiteinigen Jahren in allen deutschen Kernkraftwerken im Rah-men der Genehmigungsverfahren bzw. Aufsicht verlangt.Entsprechend den verschiedenen Einbauzeitpunkten besitzendie verwendeten Überwachungssysteme zum Teil ein erheb-lich unterschiedliches technisches Niveau. Allgemeine Ausle-gungskriterien bestehen allerdings bis heute nicht. Gegenwär-tig entsteht ein N Ke-Normenentwurf. Ein amerikanischer

Guideline (Reg. Guide 1.113) ist noch nicht endgültig verab-schiedet,

Beschreibung der M eßsysteme

Lose und lockere Teile innerhalb der druckführenden Um-schließung von Kernreaktoren sind, wie die Erfahrungen ge-zeigt haben, insbesondere bei Inbetriebnahme, aber auch imstationären Betrieb nicht auszuschließen. Einfaches Prinzip,

lose, von der Kühlmittelströmung mitgerissene Teile oder

ortsfeste, aber lockere Teile nachzuweisen, ist, die beim An-schlag an die umgebenden Wände oder Einbauten erzeugtenSchallsignale durch geeignete Meßaufnehmer zu detektieren.Da die Aufnehmer aus Gründen der Betriebssicherheit an denAußenwänden der druckführenden Umschließung angebrachtsind und die Schalleitung hauptsächlich über die Struktur er-folgt, handelt es sich bei den zu messenden Schallwellen umKörperschalL. Es wird üblicherweise mit piezoelektrischenBeschleunigungsaufnehmern detektiert, deren empfindlicheFrequenzbereiche den akustischen Bereich umfassen. Das

auf den ersten Blick sehr einfache Meßprinzip erfährt in derPraxis aufgrund folgender Tatbestände mehr oder' minderwesentliche Einschränkungen:

Die durch den Anschlag erzeugten sogenannten Burst-signale müssen gegen zum Teil nicht geringe Betriebsge-räusche (Hintergrundgeräusche) detektiert werden, denenauch im bestimmungsgemäßen Betrieb aufgrund von be-trieblichen Vorgängen transiente, das heißt burstartigeSchallereignisse überlagert sein können.

Körperschallwellen treten in verschiedenen Moden auf, dieunterschiedliche Ausbreitungseigenschaften (zum BeispielSchallgeschwindigkeit) besitzen.

An Querschnittsänderungen, Inhomogenitäten, Oberflä-chen, Ecken, Anflanschungen etc. treten Schwächungen,Reflexionen und Modewandlungen auf,

Wichtige Körperschallmodes zeigen Dispersion, das heißtihre Ausbreitungsgeschwindigkeit ist frequenzabhängig.

Eingeleitete Schallimpulse "zerfließen" in Abhängigkeit

von der Entfernung zwischen dem Ort der Schalleinleitungund -detektion.

Nach dem gegenwärtigen Stand der- Technik werden fürdie Anbringung der Aufnehmer nahezu auschließlichMagnetadaptionen verwendet, deren Übertragungseigen-schaften im resonanten Bereich sehr kompliziert und fürverschiedene Aufnehmer in praxi immer unterschiedlichsind.

Die Körperschallaufnehmer werden in Bereichen, in denendie Aufenthaltswahrscheinlichkeit von losen Teilen besondershoch ist, das heißt in Bereichen natürlicher Sammelräume wiedie Eintrittskalotte der Dampferzeuger und das untere Ple-num des RDB, möglichst direkt an die Behälterwände adap-

tiert (Meßpositionen DWR und SWR siehe Bild 8). Es werdentemperaturfeste und strahlungsresistente Beschleunigungs-

nehmer eingesetzt. Als Meßpositionen haben sich bisherdurchgesetzt: zwei Meßebenen mit jeweils drei Aufnehmernim unteren und oberen Bereich des RDB, sowie (beim DWR)je ein Aufnehmer an den Eintrittskalotten der Dampferzeu-ger und im oberen Bereich der Dampferzeuger. In einigenReaktoranlagen wurden aufgrund konkreter ZielsetzungenAufnehmer nachgerüstet (zum Beispiel beim SWR in Höhe:ler Pumpenabdeckringe).

Die Vorverstärker (meist Ladungsverstärker) befinden sichzum größten Teil innerhalb des Sicherheitsbehälters. AlleMeßkanäle sind an einem zentralen Meßplatz zusammenge-faßt, an dem sich die Einheiten zur Signalaufbereitung,

-reduzierung und -speicherung sowie die Überwachungsein-

heiten befinden, In den Überwachungskanälen eingebaute

Diskriminatoren mit festen und/oder gleitenden SchweII-

werten zeigen Überschreitungen bestimmter Amplitudenoptisch und akustisch in der Warte an. Audiokanäle dienen

dem Abhören der Signale über Kopfhörer oder Lautsprecher(subjektive Beurteilung). Häufig sind Mehrkanal-Lichtpunkt-linienschreiber oder Mehrspur-Magnetbandgeräte fest einge-baut. Um die elektronische Meßkette prüfen und kalibrierenzu können, ist ein Testsignal vorgesehen, mit dem vom Meß-platz aus in die Vorverstärker geeignete Prüfsignale einge-

speist werden können.

Beschreibung des ÜberwachungskonzeptsDa die zu detektierenden Anschlaggeräusche sich gegenüber

Hintergrundgeräuschen abheben müssen, uni durch Schwell-wertdiskriminatoren zur Anzeige gebracht zu werden, dasheißt, da erst vergleichsweise große Schallergebnisse durch dieÜberwachungseinheiten erkannt werden, wird (nicht nur inDeutschland) parallel zur automatischen Überwachungzyklisch wiederkehrend eine subjektive Beurteilung derSchallsignale durch das Schichtpersonal durchgeführt. Dasmenschliche Ohr vermag äußerst selektiv zu hören und Ver-änderungen im Klangbild sehr bald zu erkennen. Auf dieseWeise kann auch mit Körperschallüberwachungssystemeneine Schadenfrüherkennung (lockere Teile) möglich werden.

Bei der automatischen Überwachung ist ein Kompromißzwischen Nachweisempfindlichkeit von Burstsignalen(Schwellwerteinstellungen) und zu akzeptierenden Fehlalar-men zu schließen. Hardwaremaßnahmen, wie zum Beispielnicht die Amplituden der Körperschallsignale, sondern die

R MS-Werte den Vergleichern aufzuschalten oder den be.

triebsabhängigen Hintergrundgeräuschen sich anpassende

Vergleicherspannungen zu verwenden (was auch durchA.G.C.-Verstärker2) in den Körperschallkanälen realisiertwerden kann) erbrachten inzwischen wesentliche Verbes-serungen bezüglich Fehlalarmen, Kurze elektrische Ein-streuungen vergleichbar hoher Amplituden (Spikes) könnendadurch ausgeblendet werden.Sind burstartige Betriebsgeräusche deterministischer Art vor-

handen (zum Beispiel Steuerstabfahren bei DWR), so könnensie in einer dem Vergleicher nachgeschalteten Verknüpfungs-logik unterdrückt werden. Mit dem Aktivierungsimpuls füreine Alarmmeldung wird meist eine Registriereinrichtung,Mehrkanalschreiber oder Mehrspurmagnetband angestoßen,Bei subjektiv oder über Alarmmeldung festgestellten Geräusch-musterveränderungen sind außer dem Abhören und Anferti-gen von Schrieben in den meisten Fällen weiterführendeAnalysen erforderl ich. Handelt es sich um Anschlaggeräusche,so ist die wichtigste Voraussetzung, um zu einer sachgerech-ten Beurteilung der Geräusche zu kommen, eine detaillierteBurstanalyse. Es sind für die beteiligten Meßkanäle zeit-synchrone hochaufgelöste Amplituden-Zeitschriebe anzufer-

2) A. G, C, automatic gain control

Bild 8: Meßpositionen des Körperschallüberwachungssystems beiDruck- und Siedewasserreaktoren

tigen, in denen auch die Anstiegsflanken der Bursts in vollemUmfang enthalten sein müssen, Aus so erhaltenen Burstmu-stern können mit Hilfe von Laufzeitdifferenzen, Anstiegs-flanken, Abklingzeiten, etc. sowie Amplitudenverteilungen,

Burstraten und Intervallverteilungen die für die Lokalisierungdes Schallentstehungsortes und für die Ursachenfindung not-

wendigen Informationen erhalten werden.

Besonders gut geeignet für diese Aufgabe sind schnelle digitaleTransientenspeicher, die mit wählbarem Pre-triggering ausge-stattet sind. Derartige technische Lösungen sind bisher inKernkraftwerken noch nicht realisiert, werden jedoch in Ein-zelfällen demnächst zur Verfügung stehen, Auch die G RSwird in Kürze ein mobil einsetzbares digitales Datenerfas-sungssystem zur Verfügung haben, bei der ein Tischrechnerdie Organisation der Datenerfassung mit Hilfe eines Viel-kanaltransientenspeichers sowie das Ablegen, Weiterverarbei-ten und Darstellen von Burstmustern übernimmt, Mit diesem

System wird die GRSkünftig in der Lage sein, auch bei spo-radisch auftretenden außergewöhnl ichen Schallereignissenaussage kräftige Analysen durchzuführen.

Wichtige Voraussetzungen für die Beurteilung und Interpreta-tion von schadensbedingten Geräuschmustern können sein:

Bild 9: Burstmuster eines Testanschlages

61

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Druck

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Bild 10: Burstmusteranalyse zur Lokalisierung von Schallereignissen

Vorhandensein von ausreichend aktuellen Referenzauf-zeichnungen aller Körperschallsignale mit dokumentiertenKennwerten und Kennfunktionen für Vergleichszwecke.

Kenntnis der Schallausbreitungsbedingungen in den kom-plexen Strukturen, das heißt, Vorhandensein von doku-mentierten Burstmustern aus vorbetrieblichen Anschlag-versuchen mit kalibriertem Impulshammer.

Kenntnis des betrieblichen Schwingungsverhaltens vonR DB-Einbauten und Primärkreiskomponenten (insbeson-dere bei lockeren Teilen).

Kenntnis von Veränderungen in den Übertragungseigen-schaften der Aufnehmer/Magnet-Anordnung (das heißt,die Möglichkeit der Anfertigung spektraler Autoleistungs-dichtespektren der einzelnen Meßsignale muß gegebensein),

Um diese Voraussetzungen zu schaffen, sind Sondermessun-gen durchzuführen, die beim gegenwärtigen Stand der Tech-

nik mit mobilen Analysegeräten durch spezialisiertes Personalvorgenommen werden.

Bild 11: Lose Teile in Druckwasserreaktoren

62

Beispiele von AnalyseergebnissenFür die Beurteilung von Burstmustern ist, wie oben aufgeli-stet, die Kenntnis der strukturspezifischen Schallausbreitungs-bedingungen eine wesentliche Voraussetzung, Mit einemkalibrierten Impulshammer werden vor Inbetriebnahme anausgewählten Systempunkten Anschläge angebracht und diedabei erzeugten Körperschallantworten in den verschiedenen

Aufnehmern gemessen, In Bild 9 ist als Beispiel das bei einemTestanschlag resultierende Burstmuster von acht Körperschall-signalen gezeigt, wie es an einem SWR bei einem Testschlagam Flansch einer Axialpumpe gewonnen wurde. Deutlichsind die Laufzeitunterschiede sowie die laufweg- und aufneh-

merspezifischen Burstformen zu erkennen.

Die Vorgehensweise bei der Lokalisierung von Schallereignis-sen ist in Bild 10 dargestellt. Bei der betrachteten Anlage

stehen am Reaktordruckbehälter vier Aufnehmer zur Verfü-gung (zwei am Deckel, zwei unterhalb der Kühlmittel-Ein-tritts/Austritts-Stutzen). Im Zusammenhang mit der Aufklä-rung eines konkreten Problems konnten bei einem bestimm-ten Betriebszustand plötzlich auftretende Serien von EinzeI-

schallereignissen, da sie gezielt mit einem Mehrspurmagnet-bandgerät aufgezeichnet worden waren, einer detailliertenBurstmusteranalyse zugeführt werden. Es zeigte sich, daß dieeinzelnen Ereignisse durchaus unterschiedliche Burstmusterbesitzen (s. Bild 9 oben). Unter Verwendung der diesen

Burstmustern entnehmbaren Laufzeitdifferenzen und des ausder Geologie als Triangulationsverfahren bekannten Hyperbel-schnittverfahrens lassen sich auf der Abwicklung des Reak-tordruckbehälters engbegrenzte Bereiche für die Schallent-stehungsorte angeben (schraffierte Flächen). Die Bereicheliegen alle entlang der Berührungslinie zwischen Reaktor-

deckel und Reaktordruckbehälter. Eine Identifizierung derSchallursachen wird schlüssig möglich, wenn zur Interpre-tation die betriebliche Information mit herangezogen wird,daß alle Schallereignisse während der Hochheizphase inBereichen größter Druckgradienten auftraten (s. Bild 9,rechts unten), Als Ursache lassen sich somit eindeutig Tempe-raturausgleichsvorgänge am RDB-Flansch ermitteln (zum Bei-spiel Lösen 'von Verspannungen an den Niederhaltefedernbzw. deren Bolzen, die infolge unterschiedlicher Wärmedeh-nungen auftreten). Um mit diesem Beispiel bezüglich derProbleme der Ortung keine zu optimistischen Erwartungen

zu wecken, sei darauf hingewiesen, daß im allgemeinen auf-grund längerer Schallwege und geringerer Energien der An-schläge (zum Beispiel eines lockeren Teiles) die resultieren-den Burstmuster wesentlich schwieriger zu interpretierensind,

Die Bilder 11 und 12 zeigen Burstmuster , wie sie bei losenund lockeren Teilen in deutschen Druck- und Siedewasser-

reaktoren beobachtet wurden, Relativ eindeutig sind die An-zeigen, wenn '- wie in der Eintrittskammer eines Dampfer-

zeugers - die Anschläge nahe dem Aufnehmer erfolgen. Dieim Bild 10 rechts gezeigte Burststruktur wurde, durch einnach Wartungsarbeiten im Kühlsystem vergessenes Werkzeug-

teilstück (Nußkopf, 70 g) verursacht.

Wesentlich kleinere, das heißt weniger energiereiche Bursts

in den Signalen von Körperschallaufnehmern wurden vonlosen Schemel schrauben in der unteren Kalotte eines Reaktor-druckbehälters erzeugt (linke Bildhälfte). Charakteristischfür die gefundenen Burstmuster war eine in engen Grenzen

schwankende, jedoch stets vorhandene Laufzeitdifferenzzwischen oben und unten positionierten Aufnehmern. Einestatistische Auswertung der Laufzeitdifferenzen der Signaleder drei unteren Aufnehmer ergab, daß die Fußpunkte deracht Schemel beine bevorzugte Orte der Schalleinleitung indie überwachte Struktur (R DB-Kalotte) darstellten. Dievisuellen Untersuchungen bei der Reparatur bestätigten, daßneben der Kalottenwand auch die Schemel-Konstruktionstarke Schlagspuren aufwies.

,4

Bei Siedewasserreaktoren sind die Nachweis- und Ortungs-

möglichkeiten insoweit erschwert, als der Behälter erheblichgrößer, die Einbauten komplexer und im unteren Kalotten-bereich durch die zahlreichen 'Durchführungen die Schall-

schwächung wesentlich größer ist. Bei den beiden gezeigten,schadensbedingten Burstmustern handelt es sich im unterenSchrieb um die Antwortsignale von abgelösten Teilen derPumpenabdeckring-Verriegelung einer Axialpumpe (dieBursts sind nur unwesentlich gegen die Hintergrundgeräuscheabgehoben). im oberen Schrieb um das Burstmuster infolgeder Anschläge eines gebrochenen Verbindungsstegs zwischenDampfseparatorstandrohr und Kernnotsprühleitung,

Gerade an diesem letzten Beispiel kann sowohl die Nachweis.problematik lockerer Teile als auch der Umfang der für dieInterpretation erforderlichen spezifischen Systemkenntnisseverdeutlicht werden. Das gezeigte Burstmuster konnte erstnach sehr gezielter Behandlung der Originalsignale (angepaßteSchmalbandfilterung) erhalten werden. Ein Schrieb der breit-bandigen Signale, wie sie für die Überwachung notwendigsind, würde keine Burststruktur erkennen lassen, Demgegen-über waren beim Abhören der Signale Rüttelgeräusche ein-deutig wahrnehmbar. Eine akustische Beurteilung ist jedochnaturgemäß nur subjektiv möglich.

Bei der Eingrenzung der Schallentstehungsursache wurde

neben der Beurteilung der Burstformen von den Kenntnissen

des Einbautenschwingungsverhaltens Kredit genommen, BeiErmittlung der Bursthäufigkeiten und Intervallverteilungenkonnte festgestellt werden, daß zwei Frequenzen bevorzugtin Erscheinung traten. Diese Frequenzen stimmen sehr gutmit der bei den vorbetrieblichen Schwingungsmessungengefundenen Eigenfrequenzen des Systems Reaktordruck-behälter/Kernmantelverband überein, Auf diese Weise konnteder Schallentstehungsbereich auf den Bereich des Dampfsepa-rators eingegrenzt werden.

Zusammenfassung der BetriebserfahrungenDie in den letzten Jahren zum Einsatz gekommenen Körper-schallüberwachungssysteme sind in der Lage, kontinuierlichanstehende außergewöhnliche Schallsignale zuverlässig anzu-zeigen. Allerdings wird in vielen Fällen, insbesondere bei

lockeren Teilen, nicht die automatische Überwachung, son-dern die subjektive Beurteilung durch das Schichtpersonal

die Anzeige ermöglichen. Da andererseits niederenergetischeAnschläge im allgemeinen nicht unmittelbar zu größerenSchäden oder Folgeschäden führen werden, scheint eine ver-gleichsweise späte Erkennung durch die akustische Kontrolledes Schichtpersonals akzeptabeL. Weiterführende Analysen

sind jedoch zu veranlassen,

Probleme existieren dagegen bei relativ kurzfristig auftreten-den Schallereignisfolgen oder sporadisch auftretenden Einzel-schallereignissen. Systeme, die mit mehrkanaligen, automa-tisch gestarteten Schnellschreibern ausgerüstet sind, vermö-

gen immerhin durch die Dokumentation der unmittelbarenBurstfolge einen Hinweis auf die mögliche Schallursache zu

geben, Aus betrieblichen Gründen notwendige niedrigeSchreibergeschwindigkeiten werden jedoch in den meistenFällen die für die Ortung erforderliche Burstdetailanalyse

verhindern, Eine Lösung brächte der automatische Starteiner mehrspurigen Signalspeicherung (zum Beispiel Analog-magnetband) ; dies ist derzeit in den wenigsten Anlagen reali-siert, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen betrieb-lichen Probleme (Personalüberforderung, Datenanfall, Fehl-anregungen etc.).Ein echtes technisches Problem stellen sporadisch auftreten-de Einzelschallereignisse dar. Zwar ist die Diskussion, obdiese als relevant einzustufen sind, noch nicht abgeschlossen,jedoch ist die Theorie "Ein Schlag ist kein Schlag" zumindestumstritten. Da kontinuierlich aufzeichnende Analogmagnet-bandsysteme einem Dauer-Shutte-Betrieb nicht lange stand-

Bild 12: Lose und lockere Teile in einem Siedewasserreaktor

halten, bleibt nur die Verwendung digitaler Durchlaufspeichermit Pre-Triggermöglichkeit (Transientenrecorder).Alle genannten Probleme sind in den letzten Jahren indeutschen Reaktoren aufgetreten, Die Erfahrungen werdenin die zu erstellenden Regelwerke einfließen. Bei verschiede-

nen Anlagen werden sich daraus Forderungen nach Nach-rüstungen ergeben.

Besonderes Interesse sollte der systematischen Erfahrungs-sammlung betrieblich bedingter Schallereignisse gewidmetwerden, um sowohl empfindlichere Nachweisgrenzen alsauch eine gezielte Vermeidung unnötiger Fehlalarme zu er-reichen. Eine weitere Anregung, die sich aus den bisherigenBetriebserfahrungen ergibt, zielt darauf ab zu überlegen, obder Empfehlung der RSK nach Ortungsmöglichkeit lockererTeile nicht dadurch nachgekommen werden sollte, daß fürweiterführende Diagnoseuntersuchungen zusätzliche passiveMeßkanäle installiert werden (das heißt Kanäle die nur ausAufnehmer, Verstärker und zum Meßsystem führende Kabelbestehen und wahlweise zugeschaltet werden können). Mitder ausnahmslos geübten Sparsamkeit bezüglich Aufnehmer-anzahl gelangt man bei einem aktuellen Fall außergewöhn-

licher Geräusche sehr schnell in die Diskrepanz, mit der zurVerfügung stehenden Information Aussagen mit zumindesterheblichen betrieblichen Konsequenzen (Abschaltung,Inspektion) treffen zu müssen, obwohl diese Aussagen letztlichdurch die Gebereinsparungen mit mehr oder minder großen

Unsicherheiten behaftet sind.

Nutzen der Systeme im Normalbetrieb, bei Störungen undbei Störfällen

Zusammenfassend sollen nachfolgend nochmals die wichtig-sten Argumente genannt werden, die die Notwendigkeit desEinsatzes von Schadenfrüherkennungssystemen verdeutlichen.

Als erstes ist festzustellen, daß in der früheren KKW-Leit-technik Systeme, die während des Betriebs Informationenüber den mechanischen Integritätszustand von passiven Pri-märkreiskomponenten zur Verfügung stellen, (von integralenLeckageerkennungssystemen abgesehen) nicht vorhandenwaren. Durch die neuen Überwachungssysteme könnenSchäden zu einem sehr frühen Zeitpunkt und vor Eintretenmöglicherweise gravierender Folgeschäden erkannt werden,Auf diese Weise treten sie in Ergänzung zu (Jen Wiederho-

lungsprüfungen und i nspektionen, die nur bei abgeschaltetemReaktor und in größeren Zeiträumen durchgeführt werden

63

Tafel 1: Nutzen der Schadenfrüherkennungssysteme

On-line Überwachung der mechanischen Integrität im Normal-betrieb

Begrenzung des Schadens und Vermeidung von Folgeschäden

Betriebsbegleitende Maßnahmen bei poteniellen Schädigungen

Integritätsnachweis nach außergewöhnlichen Belastungen undStörfällen

Erhöhung der Sicherheit

Verkürzung von AusfallzeitenReduzierung der Strahlenbelastungen

können, Längerfristig gesehen, könnten sich daraus auchgünstige Auswirkungen auf Wiederholungsprüfungs-Zyklenergeben. 'Durch die Eigenschaft der Systeme, nicht nur vorgegebene

Grenzwerte zu überwachen, sondern Signal ausgänge bereit-zustellen, mit denen jederzeit Detailanalysen durchgeführt

werden können, ist die Möglichkeit der on-line-Diagnose

gegeben. Diese Systemfähigkeit ist von besonderem Inte-resse, wenn der Reaktor bzw. das Primärkühlsystem vorüber-gehend außergewöhnlichen Belastungen unterworfen war.Zum Beispiel waren die Antworten auf Fragen nach demVorhandensein loser Teile und nach Veränderungen vonEigenfrequenzen des Systems Druckbehälter/Einbauten vongrößtem i nteresse im unmittelbaren Nachstörfallbetriebvon TMI (1). Auch nach Erdbeben werden die durch di,oben genannten Systeme zur Verfügung gestellten Informa-tionen sehr wichtig sein: zur Systembeurteilung unmittelbarnach der Beanspruchung sowie bei der Wiederinbetriebnahmeder Anlage.

Eine fortlaufende Überwachung und Dokumentation desdynamischen Strukturverhaltens der Komponenten imReaktorprimärsystem wird sich ferner vor allem in späterenBetriebsjahren, zum Beispiel am Ende der vorgesehenenBetriebszeit eines Reaktors oder bei Auftreten von mecha-nischenProblemen mit Einbauten oder Komponentenbezahlt machen,

Bild 13: Konzept eines zentralen Diagnosesystems

64

Schließlich sei auf einen Aspekt hingewiesen, der aufgrundseiner Praxisnähe sicherl ich großes i nteresse bei Betreibernund den für die Betriebsgenehmigung zuständigen Stellen

finden dürfte: Mechanische Schäden an Reaktoreinbautensind nicht gänzlich auszuschließen. Treten dennoch welcheauf, sind aufgrund der hohen Strahlenbelastung Reparaturenmeist nur mit Hilfe von fernbedienten Manipulatoren oder

nach langen Abklingzeiten möglich, Ferner kann die Situationeintreten, daß erforderl iche Neukonstruktionen oder dieManipulatoren nicht in angemessener Zeit zur Verfügungstehen. In allen Fällen dieser Art würde die vollständige Behe-bung der Beschädigungen eine unter Umständen sehr langeStillstandszeit der Anlage bedeuten.

Ist nun die Schädigung an dem Bauteil für sich selbst nichtsicherheitsrelevant und würde erst eine starke Weiterentwick-lung der Schädigung Probleme schaffen, so kann (unter kon-kreten Auflagen, wie zum Beispiel reduzierter Leistung)einem Reaktorbetrieb auch mit beschädigtem Bauteil zuge-stimmt werden, wenn durch betriebsbegleitende Maßnahmen(Messungen) sichergestellt wird, daß alle schädlichen Verän-derungen an der Struktur frühzeitig erkannt werden. In sol-chen Fällen haben sich Schwingungs- und Körperschallüber-wachungssysteme bestens bewährt, Die gleiche Problematikstellt sich im übrigen für Genehmigungs- bzw, Aufsichtsbe-hörden von Reaktoranlagen, wenn an baugleichen anderenAnlagen Einbautenschäden festgestellt werden.

Betrachtet man alle Situationen, in denen die hier vorgestell-ten Schadenfrüherkennungssysteme wesentliche Vorteilebringen (Tafel 1), so zeigt sich, daß der Nutzen der Systemeletztlich stets liegt in

Erhöhung der Sicherheit,- Verkürzung von Ausfallzeiten,

- Reduzierung der Strahlenbelastungen.

Das Zusammentreffen von kommerziellen und öffentlich/sicherheitstechnischen Interessen wird dazu beitragen, daßdie noch wünschenswerten Verbesserungen und die generelleAnwendung der Systeme in allen Kernkraftwerken in abseh-barer Zeit Wirklichkeit werden.

Künftige Aufgaben

Mit dem Einbau der beschriebenen Meßsysteme in die Kern-kraftwerke sind die grundsätzlichen Voraussetzungen geschaf-fen, die oben genannten Ziele zu erreichen, Darüber hinaus

werden nach Abschluß der oben beschriebenen Entwicklun-gen weitere Schadenfrüherkennungs-/Diagnosesysteme zurVerfügung stehen. Um die Systeme noch wirkungsvoller, imBetrieb leichter handhabbar und in Störfallsituationen ohneVerzug effektiver nutzbar zu machen, sind verschiedeneMaßnahmen und Systemverbesserungen anzustreben. Diesebeziehen sich im wesentlichen auf die Themenbereiche

Basel i nedaten-Erfassung,Automatisierung,Zentrales Diagnosesystem,Störfallei nsatzplanu ng,

Unter Baselinedaten sind alle für Diagnoseaufgaben wichtigenKennfunktionen oder Kennwerte zu verstehen. Zu ihrer Ge-winnung gehören

Referenzmessungen mit Speicherung in der Anlage,Analyse der Signale nach vorgegebenen Kriterien,anlagenspezifische Interpretation unter Verwendung theo-retischer Modelle,Dokumentation bzw, Speicherung der Baselinedaten inbetrieblich geeigneter Form.

Die Erfahrung zeigt, daß die Baselinedaten stets reaktorspezi-fisches Verhalten zeigen und aufgrund von Langzeiteffekten

in bestimmten Abständen durch erneute Referenzmessungen

anzupassen sind,

Durch vermehrte Automatisierung bei der Datenerfassung

und der on-line Datenanalyse sollte den betrieblichen Anfor-derungen Rechnung getragen werden, das heißt Entlastungdes Reaktorpersonals von ungewohnten und zeitraubendenArbeiten, Skalierung der zu interpretierenden und zu spei-chernden Baselinedaten, automatische Klassifizierung undähnliches.

Letztlich führen diese Forderungen auf ein zentrales Diag-nosesystem, das alle Signal kanäle zusammenfaßt und miteinem einheitlichen Analyse/Kommunikations-System ausge-rüstet ist. Bild 13 zeigt das Konzept eines derartigen Diagno-sesystems. In das Kommunikationssystem, das den prakti-schen Erfordernissen entsprechend für zwei Kommunikations-level auszulegen ist (Reaktorpersonal und Diagnosespezialist),werden sowohl die von Grenzwerteinheiten oder Zeitkrite-rien ausgelösten oder bei Bedarf von Hand ermittelten aktu-ellen Muster als auch die off-line mit Hilfe von Modellrech-

nungen, I nbetriebnahmemessungen und Erfahrungen inter-pretierten Referenzmuster (Baselinedaten) eingespeist, Mehr

Details über die Vorstellungen zum zentralen Diagnosesystemsind in (9) enthalten,Nach Aussage der in TMI während des Nachstörfallbetriebesim Einsatz gewesenen amerikanischen Diagnosespezialistenerschwerten neben dem Mangel eines zentralen Meßstellen-zugangs insbesondere administrative Schwierigkeiten wieBeibringung von Diagnosespezialisten und Geräten, unklareZuständigkeiten, mangelnde Organisation oder Fehlen geeig-neter Kümmunikationsmöglichkeiten zwischen Wartungs-

personal, Reaktoringenieuren und Diagnosespezialisten inerheblichem Maße, die ansonsten essentiell erfolgreichen

DiskussionD. Barschdorff (Universität Paderborn):Ist es wie bei ähnlichen Untersuchungen zur akustischen

Überwachung von Turbinen erforderlich, Betriebs- und Pro-zeßparameter mit zu erfassen oder genügt die Auswertung

und "Betrachtung" von Leistungsdichtespektren ?Sind Untersuchungen im Gang zu einer automatisierten Aus-wertung der Meßwerte der Diagnosesysteme?

D. Wach(GRS):

Ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar. Aufgrund der

Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit konnte ich im Vor-

trag nicht vertieft auf diese Aspekte eingehen, sondern habesie im Zusammenhang mit dem letzten Bild nur grob skizziert.Die Antwort auf I hre letzte Frage gleich zuerst.

Es werden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchge-führt mit dem Ziel, mehr Automatisierung bei den Schaden-früherkennungsverfahren, das heißt bei ihrem on-line Einsatz,zu erreichen. Es ist klar, daß das Reaktorpersonal von auf-wendigen Analysen befreit sein und die Überwachung weitest-gehend automatisch erfolgen muß. Nach unseren Vorstellun-gen sollte ein zentrales Diagnosesystem eingesetzt werden,

das die Überwachung automatisch durchführt und für dieDiagnose zwei Kommunikationsebenen vorsieht: ein Levelfür die Erstinformation, die der Reaktoroperateur jederzeit

abrufen kann und eine zweite Kommunikationsebene für denDiagnosespezialisten, falls weiterführende Analysen erforder-lich werden.

Für die Überwachung der Kennfunktionen sind statistischeVerfahren der Mustererkennung erforderlich. Derartige Ar-beiten laufen gegenwärtig in Deutschland, ebenso wie zumBeispiel in USA, Japan oder Frankreich. In USA wird zurZeit ein auf der Basis von Mustererkennungsverfahren arbei-

Diagnosearbeiten (10), Eine realistische Störfalleinsatzpla-nung in bezug auf den Einsatz von Diagnosetechniken mußdaher ein weiteres wichtiges Ziel künftiger Arbeiten bilden,

Schrifttum(1) Mayo, C, W,: Post Accident Reactor Diagnostics at TMI-2.

Technical Paper, Babcock + Wilcox Comp, lynchburg, 1979(2) Robinson. J, C,; D, N. Fry: Diagnostics at Three Mile Island

Using Noise Analysis Proceedings of ANS/ENS Topical Meetingon Thermal Reactor Safety, Knoxville Tennessee, April 7-11,1980

(3) Zigler, G, L.: Postaccident Reactor Assessment by DynamicMeasurements, Proceedings of ANS/ENS TopicalMeeting onThermal Reactor Safety, Knoxville Tennessee, April 7-11, 1980

(4) lessons learned from TMI in Reactor Instrumentation and Diag-nostics, Paper 1 to 8, pp, 792-797 ANS Transactions, ANSAnnual Meeting 1980 las Vegas, June 9-12,

(5) Geräuschmessungen in Kernreaktoren im Frequenzbereich ca,1 kHz - ca, 1 MHz, Gemeinsamer Abschlußbericht der Förde-rungsvorhaben BMFT RS 289-292, (AZT, Battelle, GRS, KWU)Dez, 1979

(6) Wach, D.; R. Sunder: Improved PWR-neutron noise interpretationbases on detailled vibration analysis, Reactor Noise - SMORN i i.Progress in Nuclear Energy VOL 1, Nrs 2-4, pp 309-322, 1977

(7) Dio, W, H,; H. Stoelben; W, Bast!; D, Wach; R.. Raible: On-lineSurveillance of lWR Primary Systems, State of the Art andDevelopment Trends to Vibration, loose Parts and leckageMonitoring Systems in the Federal Republic of Germany,Reactor Noise - SMORN 11. Progress in Nuclear Energy VOL 1,Nrs, 2-4, pp 747-758,1977

(8) Bastl, W.; R, Sunder; D. Wach: On-line Vibration Monitoring ofPWR-Internals Proceedings of ANS/ENS Topical Meeting onThermal Reactor Safety, Knoxville Tennessee, April 7-11, 1980

(9) Wach, D,: Noise Diagnostic Techniques as a Tool for Post-Acci-dent System Assessment. IAEA-Int, Conf. on Current NuclearSafety Issues, Stockholm, 20-24 Oct" 1980

(10) Mayo, e, W,; G. L. Zigler: The Role of Diagnostic in TMI-2 Post-Accident Operations, Recommandations for Emergency

tendes Diagnosesystem von den Oah Ridge National Labs. inder Sequoyah DWR-Anlage in Tennessee praktisch erprobt.

Auf Ihre erste Frage möchte ich antworten: Selbstverständ-

lich werden bei der Bewertung von Kennwerten und Kenn-funktionen Betriebs- und Prozeßparameter mit herangezogen.Dies ist im vorgeschlagenen Diagnosesy~tem auch berücksich-tigt ( Bild 13). Die jeweils erlernten Muster werden vom Diag-noserechner den Betriebszuständen zugeordnet.

Sicherlich genügt es nicht, lediglich Leistungsdichtespektren

zu betrachten. Besondere Bedeutung kommt den Wechsel-

beziehungen der verschiedenen Informationen zu, so daßKohärenzfunktionen, Phasen oder Kreuzkorrelationsfunk-tionen ermittelt und für die Diagnose verwendet werden müs-sen. Lassen Sie mich bitte noch hinzufügen: Die Überwa-

chungsverfahren auf der Basis stochastischer Informationenwie Schall, Schwingungen oder Prozeßrauschen sind sicher-lich generell anwendbar. Unsere Arbeiten bezogen sich zu-nächst auf den unmittelbar sicherheitsrelevanten Bereich, denReaktorprimärkreis, Ich bin überzeugt, daß die Verfahren

auch im konventionellen Bereich, wie zum Beispiel bei dervon Ihnen angesprochenen Turbine erfolgreich zur Schaden-früherkennung eingesetzt werden können.

Ewalds (INTERATOM, Bergisch-Gladbach):

Wie groß ist bei der Körperschallanalyse in der Praxis der An-teil von festgestellten Ereignissen, denen Schäden zugerechnetwerden konnten?

D. Wach (GRS):

Ich habe erwähnt, daß es beim Körperschallmeßverfahrenunter anderem wesentlich darauf ankommt, auf welchenempirischen Erfahrungen derjenige aufbauen kann, der vorOrt plötzlich auftretende Schallereignisse zu interpretieren

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hat. Es gibt sicherlich eine Reihe von Fällen, bei denen die

Interpretation sehr einfach ist (zum Beispiellose Teile in derDampferzeugereintrittskammer) und andere, bei denen neu

auftretende Muster mit Hilfe von Testschlaguntersuchungen

und "Extrapolation" bekannter Muster interpretiert werdenmüssen. Sieht man von bekannten Betriebsgeräuschen undvon Fehlalarm aufgrund elektrischer Einstreuungen ab, dieim übrigen inzwischen mit Hilfe neuer Systeme ausgeblendetwerden können, so läßt sich über praktisch alle bisher festge-stellten, metallischen Anschlägen zuordenbaren Schallereig-nisse aussagen, daß sie mit Schäden oder schädigenden Vor-gängen im Zusammenhang standen. Im Gegenteil, post-mortem-Analysen bei aufgetretenen Schäden haben gezeigt,daß niederenergetischen Schallereignissen mehr Aufmerksam-keit hätte gewidmet werden müssen.

Ihre Frage bringt mich somit auf einen Aspekt, den ich nichtangesprochen hatte, den man aber ruhig diskutieren sollte.

Zusammenfassung der ErgebnisseVon R. Antonj1)

Es wäre vermessen, zum Schluß durch Zusammenfassung derEinzelbeiträge glauben zu wollen, hier noch einen substantiel-len Beitrag zu den Fachpunkten hinzufügen zu können, Des-halb beschränkt sich diese Zusammenfassung auf zwei Aspek-te, die nicht sehr konkret die einzelnen Themen ansprechen.

Erstens das Thema "Sicherer Betrieb von Kernkraftwerken"des diesjährigen Fachgespräches sollte und wurde nicht alsDarstellung für die integral guten Betriebserfahrungen

deutscher Kernkraftwerke verstanden. Das Thema "SichererBetrieb" sollte als ständiger Ansporn und Zielvorgabe an alleGruppen gesehen werden, die mit der AufgabenlösungEnergiebereitstellung durch die Kerntechnik betraut undbetroffen si nd:

An den Konstrukteur und Hersteller von Kernkraftwerken,daß nicht allein gute Sicherheitskonzepte - und wieschnell können solche auch umgeworfen werden - undRegeln der Technik sichere Anlagen garantieren, sondernauch der Erfahrungsrückfluß aus den Anlagen für das neueund verbesserte Design.

An die Betriebsmannschaft der Kernkraftwerke und derenBetreiberorganisationen, daß neben dem Bemühen einesguten Anlagenbetriebes die Zeit genutzt wird, ungünstige

Betriebserfahrungen - und es gibt in großtechnischen

Anlagen nahezu täglich Überraschungen, die sich danndurch Instandsetzungsaufträge auch dokumentieren - imBlick auf eine systematische und übergreifende Verbesse-

rung ausgewertet und in eínem Forum weitergegebenwerden, damit sie auch allen anderen Anlagen zugutekommen können.

An die Gutachter und Gutachterorganisationen, daß sieeine Anlage im Hinblick auf einen sicheren Betrieb nichtallein bewerten können durch umfangreiche Detailana-lysen, sondern auch und ergänzend, indem sie Betriebs-erfahrungen auswerten, um diese, man könnte sagenneuen Erfahrungen, als Bewertungsgrundlage heranziehenzu können.

1) Dipl.-Ing, Robert Antoni, Gesellschaft für Reaktorsicherheit(GRS) mbH

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Die install ierten Körperschallüberwachungssysteme stellenhinsichtlich Aufnehmeranzahl in fast allen Fällen Minimal-systeme dar. Bei Auftreten von unbekannten Schallereig-nissen kommt man somit sehr schnell in die Diskrepanz, Aus-sagen von unter Umständian erheblicher Konsequenz auf der

Basis von Minimalinformationen treffen zu müssen, währenddie Aussagen selbst letztlich aufgrund von Einsparungsmaß-nahmen Unschärfen aufweisen.

Denn: Je mehr Aufnehmer verteilt angebracht werden, dasheißt je näher Aufnehmer dem Entstehungsort des Schall er-eignisses sind, um so konkreter und schärfer können dieAussagen formuliert werden. Die zusätzlichen Signalkanälekönnen nach unseren Vorstellungen durchaus "passiv" sein,das heißt, sie werden nicht für Überwachungszwecke heran-gezogen, stehen aber bei festgestellten Schallereignissen fürdie Interpretation und Diagnose - wahlweise zuschaltbar -zur Verfügung.

An die Genehmigungsbehörden, daß die Wahrnehmungder Aufsicht nur ein stützender Weg ist, aber im betrieb-lichen Sinne noch nicht den sicheren Betrieb ausmacht,

Hilfreich kann hier sein, daß sie Vorhaben unterstützenund mitwirken bei der integralen Auswertung von Betriebs-erfahrungen.

An die Medien und die Öffentlichkeit, daß nicht jedes auf-getretene Störereignis als ein I nfragestellen der Kerntechnikgewertet wird, sondern daß das offene Nachgehen undAuswerten solcher Ereignisse der beste Weg ist, zu nochbesseren und sichereren Kernkraftwerken.

Als zweiter Punkt soli zugefügt werden: Es ist erfreulich, daßdieses Fachgespräch aufzeigen konnte, wie sehr sich dieverschiedenen Stellen schon seit Jahren mit konkreten. Auf-gaben zur Verbesserung des Betriebes, zur Erhöhung derBetriebssicherheit, zur Schadensvorbeugung und Störfall-minimierung beschäftigen. Für den mit der Materie Vertrautenist selbstverständlich, daß bei der Durchführung solcherAktivitäten oft auch Zielkonflikte auftreten können. Er wirdbeispielsweise abwägen müssen, wie noch weitere qualitäts-sichernde Maßnahmen nicht zu einer unzulässigen Strahlen-belastung der Mitarbeiter in der Anlage führen, oder wie dieals notwendig erachtete Nachrüstung der Anlage nichtandererseits bewährte Betriebssicherheit in Frage stellt, oderauch wenn allgemein gewolltes Mehr an Sicherheit eventuellauch in das Gegenteil umschlagen kann, wenn die neuenÜberlegungen nicht ausreichend überdacht sind.

Die Einzelbeiträge und die Diskussion haben hier aufgezeigt,welche Anstrengungen notwendig sind und welche Aspekteabzuwägen sind, um die Sicherheit des Betriebes der Anlagezu erreichen, zu erhalten und auch zu verbessern. Es wurde

über Untersuchungsergebnisse berichtet, es wurden neueEntwicklungen dargestellt und Anregungen zu neuen Vor-haben gegeben. Wenn für die Teilnehmer des Fachgesprächs,die zum Teil die Verantwortlichen für den sicheren Betriebvon Kernkraftwerken sind, einige neue Anregungen undIdeen hier vermittelt werden konnten oder für den Leser dasVerständnis für die Bemühungen um den sicheren Betriebgeweckt werden konnte, wurde das technische Anliegen desFachgespräches erreicht und hierdurch beigetragen, daß einübergreifendes Konzept zur Betriebssicherheit und zumsicheren Betrieb gefunden wird.


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