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Samstag, 19. Juli, 20 Uhr Helmut-List-Halle Der Sturm habe nicht nur eine „Pasto- rale“ für...

Date post: 09-May-2018
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Samstag, 19. Juli, 20 Uhr Helmut-List-Halle Der Sturm Ludwig van Beethoven (1770 –1827) Klaviersonate Nr. 16 in G, op. 31/1 Allegro vivace Adagio grazioso Rondo: Allegretto Klaviersonate Nr. 17 in d, op. 31/2, „Der Sturm“ Largo Adagio Allegretto
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Samstag, 19. Juli, 20 Uhr Helmut-List-Halle

Der Sturm

Ludwig van Beethoven (1770 –1827)Klaviersonate Nr. 16 in G, op. 31/1

Allegro vivaceAdagio graziosoRondo: Allegretto

Klaviersonate Nr. 17 in d, op. 31/2, „Der Sturm“LargoAdagioAllegretto

Klaviersonate Nr. 15 in D, op. 28, „Pastorale“AllegroAndanteScherzo: Allegro assaiRondo: Allegro ma non troppo

Klaviersonate Nr. 18 in Es, op. 31/3AllegroScherzo: Allegretto vivaceMenuetto: Moderato e graziosoPresto con fuoco

Markus Schirmer, Klavier

Hörfunkübertragung: Freitag, 1. August, 19.30 Uhr, Ö1

Der Sturm

„Pastorale“. Diesen Namen ersannen

die Engländer für Beethovens Klavier-

sonate Opus 28. Auch der Franzose

Vincent d’Indy war der Meinung, der

Meister habe nicht nur eine „Pasto-

rale“ für Orchester geschrieben, son-

dern noch etliche weitere für Klavier.

Markus Schirmer spürt in den Klavier -

sonaten Nr. 15 bis 18 die Naturbilder

auf – zwischen friedlicher Idylle und

stürmischer Entladung.

Ad notam

Beethoven anno 1801

IN KEINER PERIODE SEINES LEBENS HAT BEETHOVEN MEHR Klaviersonaten geschrieben als in den Jahren 1800 bis 1802 – ge-rade in jener Zeit also, als er seinen Freunden und Brüdern die beginnende Taubheit in erschütternden Briefen offenbarte. Zwi-schen der Ersten Sinfonie Opus 21 und den Sonaten Opus 31 er-schienen allein fünf Bände mit Klaviersonaten. Auf die Opera 22, 26 und 28 mit je einer „Grande Sonate“ folgten die beiden Sona-ten des Opus 27 („Mondschein“ und Es-Dur), schließlich die drei Sonaten des Opus 31. Acht große Sonaten, skizziert und vollen-det im Laufe von nur drei Sommern vor den Toren Wiens. Ab Opus 27 verwirklichte Beethoven in diesen Werken seine er -klärte Absicht, neue Wege in Form und Ausdruck zu beschreiten. Die vier Sonaten, die Markus Schirmer im heutigen Konzert spielt, sind im Wesentlichen 1801 entstanden und lagen im Früh-jahr 1802 fertig vor.

Ausgerechnet in dieser Phase des wiedererwachten Interesses am Klavier, des Erkundens neuer musikalischer Bahnen, wurde Beethoven vom Schock der Taubheit getroffen. Zunehmend musste er Schwächen seines Gehörs diagnostizieren, was nicht ohne Auswirkungen auf seine Treffsicherheit am Flügel blieb. Eine authentische Anekdote zur d-Moll-Sonate aus Opus 31 zeigt ihn zwar verehrt und geachtet im Kreis jovialer Gönner und Schüler, doch plötzlich bedroht von Schwächen seiner sonst so

viel gerühmten Klaviertechnik. Beethovens Schüler Ferdinand Ries berichtete von einem Musikabend beim Grafen Browne im Frühjahr 1803:

„Eines Abends sollte ich beim Grafen Browne eine Sonate von Beethoven (Violinsonate a-Moll, op. 23) spielen, die man nicht oft hört. Da Beethoven zugegen war und ich diese Sonate nie mit ihm geübt hatte, so erklärte ich mich bereit, jede andere, nicht aber diese vorzutragen. Man wendete sich an Beethoven, der end-lich sagte: ‚Nun, Sie werden sie wohl so schlecht nicht spielen, dass ich sie nicht anhören dürfte.‘ So musste ich. Beethoven wen-dete, wie gewöhnlich, mir um. Bei einem Sprunge in der linken Hand, wo eine Note recht herausgehoben werden soll, kam ich völlig daneben und Beethoven tupfte mit einem Finger mir an den Kopf, was die Fürstin L. lächelnd bemerkte. Nach beendigtem Spiele sagte Beethoven: ‚Recht brav, Sie brauchen die Sonate nicht erst bei mir zu lernen. Der Finger sollte Ihnen nur meine Aufmerksamkeit beweisen.‘ – Später musste Beethoven spielen und wählte die d-Moll-Sonate (Opus 31/2), welche eben erst er-schienen war. Die Fürstin, welche wohl erwartete, auch Beet-hoven würde etwas verfehlen, stellte sich nun hinter seinen Stuhl und ich blätterte um. Bei dem Takte 53 und 54 verfehlte Beet-hoven den Anfang und anstatt mit 2 und 2 Noten herunter zu gehen, schlug er mit der vollen Hand jedes Viertel (3–4 Noten zugleich) im Heruntergehen an. Es lautete, als sollte ein Clavier ausgeputzt werden. – Die Fürstin gab ihm einige nicht gar sanfte Schläge an den Kopf, mit der Äußerung: ‚Wenn der Schüler einen Finger für eine verfehlte Note erhält, so muss der Meister bei größeren Fehlern mit vollen Händen bestraft werden.‘ Alles lach-te und Beethoven zuerst. Er fing nun aufs Neue an und spielte wunderschön, besonders trug er das Adagio unnachahmlich vor.“

G-Dur-Sonate, op. 31/1

DEN RUHM IHRES SCHWESTERWERKS IN D-MOLL, DER „Sturmsonate“, hat die G-Dur-Sonate Opus 31 Nr. 1 nie erringen

können. Der Beethovenkenner Wilibald Nagel hielt sie sogar für missraten: In ihren schnellen Sätzen sei nur wenig „eigentlich Beethovensches“ auszumachen, und der langsame Satz habe „einen kokett opernmäßigen, nach Effekt haschenden Zuschnitt“. Damit hat er das Werk gründlich missverstanden: Die Ecksätze sind Ausdruck beethovenschen Humors, ähnlich wie in der G-Dur-Violinsonate aus Opus 30. Der Mittelsatz wirkt in der Tat wie eine Übertragung von Opernmusik aufs Klavier, allerdings in einem positiven, durchaus experimentellen Sinn.

Der erste Satz (Allegro vivace) erhält „seine besondere Signatur“ durch das „kurze Vorschlagen des Melodietons vor dem Bass-ton“, wie es Hugo Riemann ausgedrückt hat. Was so klingt wie „ein rein klaviertechnisches Motiv, auf das ein Klavierpädagoge verfallen könnte, um dem Schüler das bekannte, weit verbreitete Nachklappen der rechten Hand nach der linken abzugewöhnen“, wurde von Beethoven zunächst gar nicht fürs Klavier ent -worfen, sondern für Streichquartett. „Beethoven hat jedenfalls seinen Plan geändert und statt des Quartettsatzes einen Klavier-sonatensatz aus dem Motiv entwickelt. Im übrigen verläuft der erste Satz durchaus normal im Beethovenschen Stil. Dass das zweite Thema zuerst in H-Dur auftritt, das sich dann in h-Moll wandelt, ist kaum eine Neuerung zu nennen, höchstens ein Schritt weiter auf einem bereits angebahnten Wege.“ (Riemann) Der Gassenhauerton dieses Seitenthemas gehört wie sein Schwanken zwischen Dur und Moll zu den humoristischen Zügen des Satzes, ebenso die vielen Unisono-Passagen, die aus dem kessen Lauf des Anfangs entwickelt sind.

Zu Beginn des Adagio grazioso imitieren Staccato-Triolen der linken Hand unverkennbar ein Streicher-Pizzicato, über dem eine imaginäre Primadonna ihre „Cavatina“ anstimmt. Die linke Hand nimmt die Melodie auf, wie der Tenor im Duett, während die „Primadonna“ aberwitzige Laufkaskaden trällert. Sogar die Ornamente dieses „Duetts“ sind den Manieren der Opernsänger abgelauscht. Natürlich hat diese Opernszene ein empfindsames zweites Thema und einen Mittelteil, der unter beständigen „Be-

bungen“ in Mollgeheimnisse vordringt, bevor die Arienmelodie im leuchtenden C-Dur noch stärker verziert wiederkehrt. Beet-hoven hat hier quasi visionär die weitere Entwicklung der italie-nischen Opernarie bis hin zu Rossini und Donizetti vorweg-genommen, noch bevor er seine einzige und im Stil so anders- artige Oper anging.

Nach dem zehnminütigen Adagio war in der Sonate kein Platz mehr für ein Scherzo, deshalb folgt gleich das freundliche Rondo im Tempo eines gemütlich schlendernden Allegretto. Sein Thema beginnt mit dem eleganten Schlenker, den auch Luigi Boccherini in seinem berühmten Menuett verwendet hat (welches Beet-hoven immerhin gekannt haben mag). Beherrschendes Element dieses Finales sind aber die perlenden Triolen, die sich virtuos ausbreiten und bald auch vom Rondothema Besitz ergreifen.

„Sturmsonate“, op. 31/2

„LESEN SIE SHAKESPEARES STURM!“ SOLL DER ALTERNDE, fast taube Beethoven seinem Adlatus Schindler entgegenge-schmettert haben, als dieser fragte, was es denn mit der d-Moll-Sonate aus Opus 31 auf sich habe. War Beethovens Antwort ernst gemeint? Bezog sie sich auf den stürmischen Duktus des ersten Satzes oder auf sehr viel konkretere Bezüge zu dem rätsel-haften, späten Shakespeare-Stück? Oder wollte Beethoven nur mit Prospero sagen: „Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, als sich eure Schulweisheit träumen lässt.“ Seine Antwort wird ewig ein Rätsel bleiben, und doch hat sie der Sonate zu ihrem Beinamen verholfen: „Der Sturm“ oder „The Tempest“.

Unpassend ist er nicht, wird doch der erste Satz von stürmischen Entladungen des Affekts durchzogen, die man ebenso gut als naturalistische Sturmmusik deuten könnte. Freilich beginnt die Sonate nicht mit diesen Seelen- oder Wetterstürmen, ja sie beginnt nicht einmal in d-Moll. An ihrem Anfang steht ein rätsel-hafter, ganz sanft gebrochener A-Dur-Sextakkord. Erst aus der Fermate dieses Akkords heraus stürmen die Achtel los zur ersten

wilden Entladung, die in ein kurzes Adagio-Rezitativ mündet. Das Wechselspiel wiederholt sich vom leisen C-Dur-Sextakkord aus. Danach wirken die Achtel heftiger, ungestümer, wie ent-fesselt. Erst in Takt 21 ist der sichere Grund von d-Moll erreicht, markiert durch aufgewühlte Triolen. Unten im Bass schießt ein Dreiklang in die Höhe, oben im Diskant antwortet ein leise kla-gendes Motiv. Wir sind im Auge des Orkans angekommen, der den ganzen Satz über anhalten wird – bis auf jene Stellen, an denen die leisen Akkorde wiederkehren. Zu Beginn der Durch-führung lenken sie von D-Dur überraschend nach Fis-Dur. Darauf folgt brutal die Mollterz im Fortissimo: heftigste Durch-führung, bis zum Bersten gespannt, bevor die Musik in Resig-nation versinkt. Reprise: Die leisen gebrochenen Akkorde kehren wieder, münden nun aber in ein Rezitativ ohne Worte, „con espressione e semplice“, „mit Ausdruck und einfach“ zu spielen. Diese Rezitativeinlassungen haben der Sonate in manchen Ländern den Beinamen „Rezitativsonate“ beschert. Dies erzählte András Schiff in einer Londoner Vorlesung, wo er auch mit einer einleuchtenden Deutung für die Anlage des ersten Satzes auf-wartete. Die leisen Akkorde stünden für die Welt des Prospero, die Welt der Phantasie und der Philosophie. In den stürmischen Entladungen stelle sich ihr die brutale Wirklichkeit entgegen. Deren Stürme versinken am Ende des Satzes in geheimnisvolles Pianissimo.

Der langsame Mittelsatz, ein Adagio in B-Dur, beginnt so, als wolle er die Rezitative aus dem ersten Satz fortführen. Erst nach fünf tastenden Takten im Duktus eines Sprechgesangs verdich-tet sich die Melodie zum Arioso. Den ganzen Satz über bleibt sie in der Schwebe zwischen Rezitativ und Arioso. Dabei treten alsbald dumpfe „Paukenwirbel“ der linken Hand zum Thema hinzu, beantwortet von Glockenklängen in hoher Lage. Allent-halben spürt man, wie Beethovens Klaviersatz orchestrale Far-ben annimmt. Der zweite Durchlauf des Themas wird neu „orchestriert“ und von Passagen quer durch den gesamten Klang- raum des Klaviers überlagert, bevor das Wechselspiel zwischen imaginären Paukenwirbeln und Glockenklängen wiederkehrt.

Die „Paukenwirbel“ im Pianissimo tragen auch die Coda, die sich von düsterem Moll allmählich zu befreiendem Dur empor-schwingt. Eine „Appoggiatur“ wie im Rezitativ beendet den Satz.

Für die wogenden Sechzehntel des Finales hat Beethovens Schü-ler Carl Czerny eine eigenwillige Inspirationsquelle überliefert: „Als er einst im Sommer bei seinem Landaufenthalt in Heiligen-stadt bei Wien einen Reiter bei seinem Fenster vorübergaloppie-ren sah, gab ihm das gleichmäßige Trappen die Idee zum Thema des Finales seiner d-Moll-Sonate.“ Entscheidend ist, dass Beet-hoven hier einen optischen Eindruck festhielt, nicht etwa die Geräusche des Pferdes im vollen Galopp. Deshalb beginnt der Satz in leisem, weichem Schwingen im Allegretto-Tempo. Erst wenn das Hauptmotiv in die linke Hand wechselt, kehrt der ver-bissen stürmische Ausdruck des ersten Satzes zurück. Nach eigenwilligen Trillern in der rechten Hand beherrscht der Eindruck unausgesetzt „galoppierender“ Bewegung den Satz. Die Durchführung führt das Kopfmotiv durch die Klanglagen und die Tonarten, bevor der weiche Beginn wiederkehrt. In dem Moment, in dem sich die Harmonien nach Dur wenden wollen, behauptet das Kopfmotiv im Bass trotzig die stürmischen Moll-töne. In der Coda wird die Wellenbewegung zunächst in eigen-willig impressionistische Harmonien getaucht, dann darf sie – nach einem letzten Fortissimo-Höhepunkt – leise verrauschen.

„Sonata pastorale“, op. 28

IM HEISSEN AUGUST 1802 KONNTEN DIE WIENER IN DEN Auslagen der Musikgeschäfte eine neue „Grande Sonate“ von Beethoven entdecken, die D-Dur-Sonate Opus 28. So manche Wiener Demoiselle wird sie gekauft und zum Üben mit aufs Land genommen haben, vielleicht auch nach Heiligenstadt, wo der Meister gerade verzweifelt an Therapien gegen das sich ver-schlimmernde Gehörleiden laborierte. Der Kontrast zwischen diesen für Beethoven so trüben Wochen und seiner strahlenden D-Dur-Sonate könnte nicht größer sein. Schon bald erkannten die Zeitgenossen darin eine Pastoralsonate. Auf dem Wiener

Erstdruck hieß sie noch schlicht „Grande Sonate“, wie jede Kla-viersonate von vier Sätzen dieser Ausdehnung und Schwierig-keit. In England aber wollte man sich mit dieser schlichten Bezeichnung nicht begnügen, da die naturverbundenen Briten sofort spürten, dass der Meister hier seiner Liebe zur Natur ein Denkmal gesetzt hatte. Die erste Londoner Ausgabe erschien bereits 1805 unter dem Namen „Sonata pastorale“, was sich in England rasch durchsetzte. Von dort brachte der Klaviervirtuose Ignaz Moscheles den Beinamen mit nach Deutschland, als er 1838 für den Hamburger Verleger Cranz eine Neuausgabe der Sonate mit Metronomzahlen besorgte.

Schon der Beginn der Sonate atmet gleichsam die frische Luft von Heiligenstadt, wo Beethoven das Werk im fröhlicheren Sommer 1801 komponiert hat. Man hört kein auftrumpfendes Allegro, sondern eine schlichte Liedweise, die über dem ständig wiederholten D im Bass sanft herabzuschweben scheint. Alle Pianisten spielen dieses Thema gleichsam mit Samthandschu-hen, um seinen zart abfallenden Beginn und den Aufstieg da-nach so natürlich wie möglich erscheinen zu lassen. Zwischen diesen Polen bewegt sich auch die Überleitung mit ihren herr-lich ineinander verwobenen Achtellinien und dem eigenwilligen Nachsatz ins fis-Moll. Das zweite Thema hat Beethoven in puren Wohllaut getaucht, fast möchte man sagen: „ein echter Schu-bert“, hat sich doch der jüngere Wiener Meister von diesem Ein-fall seines großen Vorbilds unüberhörbar inspirieren lassen. Nur in der Durchführung hat Beethoven sein kämpferisches Naturell nicht ganz verleugnen können, ansonsten hat er sich in diesem Kopfsatz so entspannt zurückgelehnt wie selten. So stellen wir uns den Meister in der Heiligenstädter Sommerfrische vor – wenn nicht gerade die ungezogenen Grillparzer-Buben an seiner Zimmertür lauschten, während er fantasierte, was in jenem Sommer einen schrecklichen Wutanfall zur Folge hatte.

Der zweite Satz des Opus 28 wird manchmal als Trauermarsch bezeichnet, dem widersprechen aber die Tempoanweisung „An-dante“ und die Tonart d-Moll. Es handelt sich vielmehr um ein

trauriges Wanderlied, das über dem unausgesetzten Staccato der linken Hand seine Bahnen zieht. Unwillkürlich denkt man dabei, auch wegen der Harmonien, an Franz Schubert, der diesen Satz sehr geliebt haben muss. Einen Trauermarsch hatte Beethoven bereits in der Klaviersonate Opus 26 vorgelegt, die berühmte „Marcia funebre sulla morte d’un Eroe“ („Trauermarsch über den Tod eines Helden“). Dort tönt es in as-Moll ungleich pathetischer als im wundersam traurigen d-Moll-Andante des Opus 28. Den D-Dur-Mittelteil scheint Beethoven den Gärten und Wäldern um Heiligenstadt abgelauscht zu haben, denn er beginnt mit einem Wachtelschlag, worauf das Staccato einer Amsel im Diskant ant-wortet. Man vergleiche Beethovens Lied „Der Wachtelschlag“ oder die Stimme der Wachtel im langsamen Satz der Sechsten Sinfonie. Wenn danach die traurige Liedweise wiederkehrt, wird sie von schwärmerischen Zweiunddreißigstel-Läufen überlagert, ein unvergesslicher Effekt, der in eine melancholische Coda mündet. Zum Schluss lassen sich auch die munteren Vögel von der Traurigkeit des d-Moll anstecken.

Ein kesses Scherzo vertreibt rasch die Melancholie. Es beginnt mit leeren Oktaven auf dem Ton fis. Erst das freche Tanzmotiv danach enthüllt die Tonart D-Dur. Der Anfang kehrt wieder, auf-gefüllt zu Terzen, schließlich zu Sexten, jeweils gefolgt vom kurzen Tanz. Am Ende verwandeln sich die leeren Oktaven gar in volle Akkorde, immer wieder unterbrochen von der kessen Tanz-weise. Ein ganz kurzer mürrischer Tanz in h-Moll dient als Trio. Franz Schubert hat sich auch diesen Satz des Opus 28 sehr gut eingeprägt (für das Scherzo seiner vorletzten Klaviersonate in A-Dur).

Im Finale hat sich Beethoven einen weiteren Scherz erlaubt: Das Thema liegt hier nicht in der rechten, sondern in der linken Hand, und zwar einstimmig. Wie das Brummen eines Dudel-sacks mutet dieser simple Bordun an, dessen Töne von der leeren Quint zur Oktav aufsteigen. Was so wirkt, als sei es nur der Klanggrund für eine später einsetzende Melodie, ist in Wahrheit schon das Thema. Wenn nämlich die rechte Hand hinzutritt,

wirkt dies wie eine Antwort, wie ein Nachsatz, nicht wie der Be-ginn einer Melodie. Im Verlauf des Satzes werden die Bordun-töne zur Keimzelle aller Themen und dienen auch der Durch-führung als Grundlage. Dort hat Beethoven einige scharf dissonante Terzdurchgänge angebracht, die an das Andante von Mozarts Klaviersonate KV 533 erinnern. Mehrfach versucht der Pianist, sich mit brillanten Passagen aus dem wiegenden Duktus des Satzes zu befreien, doch vergeblich. Erst ganz am Ende, in der schnelleren Coda, darf er seinem Pferd die Zügel locker lassen und diesen Ritt durch eine liebliche Landschaft mit einem Galopp beenden.

Es-Dur-Sonate, op. 31/3

SO MANCHER BEINAME ZU BEETHOVENS KLAVIERSONATEN hat sich hierzulande zum Glück nicht durchgesetzt. In England wird die Es-Dur-Sonate aus Opus 31 gerne „the Hunt“ genannt, „die Jagd“, wegen ihres „galoppierenden“ Finales. Mindestens zum ersten Satz aber passt dieser Name gar nicht. Wie beiläufig hat Beethoven den Anfang in den Raum gestellt: ein Aperçu im weichen Es-Dur-Klang, das sich kurz aufbläht, und dann wieder zur schüchternen Eleganz des Dreiertakts zurückkehrt. Dieser wie beiläufig dahingesagte Beginn prägt den ganzen Satz. Auch das Seitenthema ist pure melodische Schönheit, die virtuosen Läufe dazwischen nimmt man nur als Anlauf zur nächsten melodischen Wendung wahr. In der Durchführung werden dem schüchternen Kopfmotiv dann doch noch trotzig düstere Moll-töne abgelauscht, freilich auch burschikose kurze Vorschläge aufgepfropft, die wie eine Musik vom Land klingen. Durch den ganzen Satz weht gleichsam frische Luft – eine Heiligenstädter Sommersonate.

Die Schatztruhe seiner melodischen Einfälle hat Beethoven auch in den Mittelsätzen noch nicht geschlossen. Für das Scher-zo wählte er nicht den Dreiertakt, sondern den Zweivierteltakt, getragen von ständigen Sechzehnteln in der linken Hand. Die schöne Melodie zu diesem nervösen Pulsschlag hat bis zum

köstlichen Pianissimo-Schluss so manche kuriose Episode zu durchstehen. Fast möchte man dahinter eine Sommergeschichte vermuten: ein Tag, der im vollen Tatendrang beginnt und dann von mancher ärgerlichen Störung getrübt wird, bevor der Faden des agilen Hauptthemas wieder aufgegriffen wird. Das Staccato der Sechzehntel birgt für den Pianisten so manche Tücke, dafür darf er sich im folgenden Satz ganz ungehindert der schönsten Lyrik hingeben: „Moderato e grazioso“ hat Beethoven über die-ses Menuett geschrieben – mehr Träumerei als Tanzsatz. Auch das Trio erhebt keinerlei Anspruch auf tänzerische Eleganz, viel-mehr hat Beethoven hier gleichsam ins Klavier hineingelauscht: Staccatoakkorde in tiefer Lage stehen unmittelbar neben aus-gehaltenen Akkorden in hoher Lage, ein unvergesslicher Klang-effekt. Danach darf sich der Zuhörer noch einmal an der schö-nen Melodie des Hauptteils mit ihren mozartischen Wendungen erfreuen.

Das Thema des Finales schließt auf so natürliche Weise an das Menuett an, dass von einem „Jagdfinale“ keine Rede sein kann. Auch hier hat Beethoven das Strömen schönster Melodien im österreichischen „Volkston“ zum eigentlichen Gegenstand des Satzes gemacht, auch wenn sich die nervöse Triolenbewegung gelegentlich dramatisch in die Brust wirft. Im lichten Es-Dur dieser wundervollen Sonate sind das nur kurze Regenschauer. Dass Beethoven ausgerechnet in der pathetischen Tonart Es-Dur eine so lyrische Sonate komponiert hat (wie später das Es-Dur-Klaviertrio Opus 70 Nr. 2), dürfte die Zeitgenossen überrascht haben. Ein Jahr vor der „Eroica“ hat er hier die so ganz andere Seite der heroischen Tonart ausgekostet.

Josef Beheimb

Der Interpret

Markus Schirmer, Klavier

GLEICHGÜLTIG, OB IN ASIEN, NAHEZU ALLEN LÄNDERN Europas, Nord- oder Südamerika: Sein Publikum ist stets faszi-niert von seinem Charisma und seiner Fähigkeit, auf dem Instru-ment lebendige Geschichten zu erzählen.

Schon früh eroberte er die wichtigsten Konzertserien und Festi-vals im Sturm: Wiener Musikverein, Suntory Hall/Tokio, Wig-more Hall/London, Gewandhaus/Leipzig, Konzerthaus/Berlin, Bozar/Brüssel, Finlandia Hall/Helsinki, Megaron/Athen, Teatro Teresa Carreño/Carracas, Victoria Hall/Genf, Rudolfinum/Prag, Festspielhaus Baden-Baden, Teatro Olimpico/Vicenza, Lucerne Festival, Rheingau Musik Festival, die internationalen Klavier-festivals „La Roque d’Antheron“, Brescia oder Ruhr, Kissinger Sommer, Vilnius Festival, Schubertiade, styriarte, Bregenzer Festspiele, IGNM-Weltmusikfest u. v. m.

Markus Schirmer arbeitet mit bedeutenden Orchestern und Diri-genten: Wiener Philharmoniker, Royal Philharmonic Orchestra London, Mariinsky Orchestra St. Petersburg, Tokyo Symphony Orchestra, English Chamber Orchestra, Wiener Symphoniker, Orchestre de la Suisse Romande, Kirov Orchester St. Petersburg unter Sir Neville Marriner, Vladimir Fedoseyev, Lord Yehudi Menuhin, Jukka Pekka Saraste, Michael Gielen, Sir Charles Mackerras, John Axelrod, Fabio Luisi, Roy Goodman, Philippe Jordan oder Valery Gergiev.

Eine enge künstlerische Freundschaft besteht mit dem Gaede Trio. Aber auch zu Ausgefallenem hat er einen starken Draht: Tritt er doch seit Jahren mit Wolfram Berger, Helen Schneider oder mit seinem Weltmusikprojekt Scurdia auf. Mit Schau-spielern wie Wolfram Berger, Peter Simonischek oder Julia Stemberger verbinden Schirmer höchst eigenwillige, von Publi-kum und Presse einhellig gefeierte Programme. Mit Cornelius Obonya ist ein weiteres gerade in Vorbereitung.

Auftritte bei zahlreichen Festivals und Konzertserien in den USA, Südafrika, Deutschland, der Schweiz, Türkei, Frankreich, Australien, Neuseeland, Polen, Qatar, Bahrain, Argentinien, China und Österreich stehen in der nächsten Saison auf seinem Programm.

Bereits seine erste CD mit Schubert-Sonaten erhielt den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“. Auch seine weiteren Ein-spielungen mit Sonaten von Haydn oder Beethoven, den Mozart-Klavierquartetten gemeinsam mit dem Streichtrio Berlin oder seine CD „Pictures & Reflections“ (Ravel & Mussorgsky) sind inter-national preisgekrönt worden. 2011 erschien seine dritte CD mit Beethoven-Sonaten. 2012 gab er gemeinsam mit dem Ensemble A Far Cry die mit dem Maestro der Zeitschrift Pianiste ausge-zeichnete CD „The Mozart Session“ heraus.

Markus Schirmer ist Professor für Klavier an der Musikuniver-sität Graz und wirkt daneben auch als Juror bei verschiedenen internationalen Klavierwettbewerben. Eine der angesehensten Auszeichnungen für einen österreichischen Künstler wurde ihm zuteil: der „Karl-Böhm-Interpretationspreis“.

Steirisches Volksliedwerk, Sporgasse 23, A-8010 GrazTel.: +43 / 316 / 90 86 35, Fax: +43 / 316 / 90 86 35-55

service@steirisches-volksliedwerk.atwww.steirisches-volksliedwerk.at

in Bewegung…in Bewegung…KulturKultur

VLW_styriarte_c 14.02.2010 5:38 Uhr Seite 1

Aviso

Montag, 23. März 2015, 19.45 Uhr – StefaniensaalDienstag, 24. März 2015, 19.45 Uhr – Stefaniensaal

Welterfolg mit Nr. 5Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 3 in c, op. 37 Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 5 in d, op. 47

Markus Schirmer, Klavier recreation • GROSSES ORCHERSTER GRAZDirigent: Sascha Goetzel

Einführung im Saal um 19.15 Uhr.

Dmitri Schostakowitsch wuss-te um die Bedeutung „der Fünften“, als er seine eigene Nr. 5 komponierte – Beethoven war sein Idol. Doch er wählte d-Moll statt c-Moll, Melancholie statt Pathos. Den Kulturfunkti-onären Stalins war seine neu-tönende Vierte unangenehm aufgestoßen. In der Fünften nun arrangierte er sich mit der Sowjetideologie vom verständ-lichen Kunstwerk – und schuf

einen Welterfolg. Sascha Goetzel steht am Pult und begleitet vor der Pause Markus Schirmer durch die Stürme des Beet-hoven’schen c-Moll.

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