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sam. Sachsen-Anhalt-Magazin, Ausgabe November 2010

Date post: 17-Mar-2016
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sam. Sachsen-Anhalt-Magazin, Ausgabe November 2010
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03/10 BERICHTE AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Zeit zum Kuscheln Bad Kösener Plüschtiere lassen nicht nur Kinderherzen höher schlagen Seite 10
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BERICHTE AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

Zeit zumKuscheln

Bad Kösener Plüschtiere lassen nicht nur Kinderherzen höher schlagen Seite 10

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unserem Gedächtnis ist nicht zu trauen. Neulich zeigte mir ein be-freundeter Fotograf Aufnahmen aus seinem neuesten Bildband, der sich unter anderem der Magdeburger Wendegeschichte widmet. Etwas verständnislos betrachtete ich die Fotos. „Wann hast Du die denn geschossen, etwa nach dem Krieg?“ fragte ich spöttisch. Geradezu entsetzt starrte er mich an. Ob ich mich denn nicht mehr erinnern könne. Das sei doch der Hasselbach-platz und jenes der Bahnhof. Beides 1990 fotografiert. Damals vor 20 Jahren.

Und dann tröpfelte das Wiedererkennen so langsam aus meinem Gedächtnis. Natürlich, der „Plättbolzen“ am Hassel-bachplatz und die große Freifläche vor dem Bahnhof. Alles in schmuddeliges Grau getaucht. Die Häuser angenagt vom Ruß der ehemaligen Industrieschlote.

Zwei Jahrzehnte ist das erst her. Und die Gesichter unserer Städte haben sich völlig verändert – in einer fast unheimlichen Geschwindigkeit. Aber was blieb den Planern und Architekten 1990 auch anderes übrig. Sie mussten retten, was schon dem Verfall preisgegeben war. Es war die Zeit des großen Aufbruchs. Die Menschen im gerade aus der Taufe gehobenen Sachsen-Anhalt suchten nach Identität, wollten sich zu Hause fühlen.

Voller Elan ergriffen sie diese einmalige Chance und erfanden das mausgraue Land einfach neu. Damals vor 20 Jahren.

Nur zwei Jahrzehnte haben uns das Bild der DDR-Tristesse ver-gessen lassen. Aber sie haben uns auch die Begeisterung und den Optimismus der Wendezeit vergessen lassen. Wir haben uns eingerichtet in unserem neuen Land. Unser Blick hat sich gewöhnt. Gewöhnt an die liebevoll sanierten Altstädte mit ihren hübschen Gassen und Straßen, an die neuen Plätze und restaurierten Denkmäler. Wir haben uns gewöhnt an die Touris-tenbusse, die ihre Reisenden in unsere Städte bringen. Sie er-freuen sich noch an der Architektur, an der wir längst blicklos vorbeigehen.

Und deshalb sollten wir uns erinnern. Damit wir wieder stolz sind auf das, was wir geschaffen haben. Heute nach 20 Jahren.

Happy Birthday, Du schönes junges Sachsen-Anhalt!

Redakteurin

Aus meiner Sicht

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Interview

„Das Glück der Einheit bewusst machen“Im Gespräch mit dem Theologen Friedrich Schorlemmer…………….................................... 6

Spielwaren

Kuschelangriff auf die WeltspitzeHochwertige Materialien und naturgetreues Plüschtier-Design aus Bad Kösen...….………..……...10

Portrait

Der mit dem Wind kämpftIn schwerer See hat Dr. Peter Transfeld Beutefahrer und Untiefen umschifft…………......... 14

Wohnungswirtschaft

Wer sich wohlfühlt, der bleibt auchGenerationengerechtes Wohnen nach Maß und im Grünen.………..….....................……….……………..19

Tourismus-Tipp

Tagen, Tafeln, Trauen im Märchenschloss Schloßhotel Schkopau verführt mit unver-wechselbarem Charme.....………….............................22

Einzelhandel

Glücklichmacher hinter dem LadentischVon der „Bückwaren“-Verteilung zu westlicher Warenfülle………………………………….........................…26

Visionen

Zukunftsmusik im OhrAutorenbeitrag von Finanzminister Jens Bullerjahn......................………..30

Nahverkehr

Auf 1 435 Millimetern unterwegsSeit vier Jahren bedient die Elbe-Saale-Bahn ihr 400 Kilometer langes Streckennetz……...……......32

Forschung

Geheimnis der GaseSensoren im Keller können Hausbewohner vor Gefahren warnen..…................................................40

Energiewirtschaft

Mit Wind und Wasser gut versorgtStädtische Werke Magdeburg haben sich zu einem stabilen Versorger entwickelt..…..…………37

Einigkeit und Recht und Freiheit ? Seite 6

Als Bürgerrechtler und Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs legte sich Friedrich Schorlemmer mit den DDR-Oberen an. Mit seinen mutigen Worten und Taten wurde er 1989 zu einer Symbolfigur der Wende. Als Querdenker mischt er sich noch immer in die aktuelle politische Debatte ein. „Demokratie lebt vom Mit-machen“, wirbt der Theologe und Publizist für bürgerschaftliches Engagement. Das Sachsen-Anhalt-Magazin fragte den langjährigen Leiter der Evangelischen Aka-demie Wittenberg nach seiner Bilanz der 20-jährigen Entwicklung von der staat-lichen zur inneren Einheit Deutschlands.

In der Traditon von Käthe Kruse Seite 10

Sie sind Spielzeug, Sammelobjekte und sogar Haustierersatz - Plüschtiere aus Bad Kösen erfreuen kleine und große Herzen. Produziert werden sie an einemtraditionsreichen Ort. Vor 112 Jahren gründete hier die legendäre Käthe Kruse ihrePuppenwerkstätten. Die Kösener Plüschtiere sind auf bestem Wege, ebensoberühmt zu werden. In ihrem naturgetreuen Design sind sie Weltspitze.

In diesem Heft

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SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 03/10

Impressum:

HERAUSGEBERSAM. Sachsen-Anhalt-Magazin Verlag GbRGeschäftsführer: Michael Scholz, Wolfgang Preuß

KONTAKTSAM. Sachsen-Anhalt-Magazin Verlag GbRSchilfbreite 3, 39120 MagdeburgTel. 0391 63136-45, Fax 0391 63136-47

[email protected]

REDAKTIONSLEITUNGChristian Wohlt, Ute [email protected]

ANZEIGENRalf Harms Tel. 03943 [email protected]

FOTOGRAFIE Michael Uhlmann

DRUCK Harzdruckerei GmbH, Wernigerode

Schutzgebühr: 4,00 EUR

Das Magazin und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Der Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit schriftlicher Genehmigung und Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder wird keinerlei Gewähr übernommen. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge stehen in der Verantwortung des jeweiligen Autors.

2. Jahrgang 2010

ISSN 1868-9639

An der Saale hellem Strande Seite 22

Luthers Land, Kernland deutscher Geschichte, Schatzkammer des Mittelalters, Barockmusik, Harzwandern, Elberadweg – das Reiseland Sachsen-Anhalt bietet Vielfalt. Mit pfiffigen Ideen locken Hotels und Gastronomie immer mehr Gäste ins Land. Kai-Ulf Sauske und sein Team erbringen in Schkopau den Beweis, dass aus ei-nem scheinbar verwunschenen Märchenschloss ein märchenhaftes „Schloßhotel“ werden kann.

Im Dienste der Kunden Seite 26

Die eine wollte Reichsbahnerin werden und landete bei der staatlichen DDR-Handelsorganisation „HO“. Der andere er-lernte den Beruf eines Elektroinstallateurs. Beide hätten es sich 1989 nicht träumen lassen, einmal einen Einzelhandelsmarkt zu leiten, in dem es (fast) alles zu kaufen gibt. Mit der DDR verschwanden die Man-gelwirtschaft und das vertraute Einerlei in den Geschäften. Für Kerstin Muschiol und Thomas Eckert war es höchste Zeit zu handeln. Als Quereinsteiger und Jungun-ternehmer bauten die beiden Hallenser ihr eigenes Geschäft auf, auch Dank eines großen Partners.

Unterwegs mit der Elbe-Saale-Bahn Seite 32

Die Züge der Elbe-Saale-Bahn sind nicht zu übersehen. Seit knapp vier Jahren bringen die modernen Niederflurwagen der Bahn-Tochter Reisende zu Zielen in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Eine Kundenbetreuerin und ein Lokführer des Dienstleisters berichten aus ihrem Arbeitsalltag.

In diesem Heft

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Im Jahr 2010 feiern wir nicht nur 20 Jahre Deutsche Einheit, son-dern auch den 20. Wieder-Geburtstag des Landes Sachsen-Anhalt. Sehen Sie sich als Sachsen-Anhalter?

Friedrich Schorlemmer: Ich fühle mich in erster Linie als Mittel-deutscher. Das „Land“ Sachsen-Anhalt ist künstlich. Mit meinem Denken fühle ich mich als ein Nachfahre des aufgeklärt-liberalenPreußen. Ansonsten bin ich Altmärker.

Der Titel Ihres jüngsten Buches lautet: „Wohl dem, der Heimat hat“. Was ist für Sie Heimat?

Friedrich Schorlemmer: Heimat bedeutet immer etwas Umgrenz-tes, aber nichts Enges. Für mich ist es eine Landschaft, in einer be-stimmten Zeit, mit bestimmten Menschen, Erfahrungen, Gerüchen, auch mit Gerichten – Heimat schmeckt, Heimat riecht, Heimat hat Farben und Höhenunterschiede. Heimat ist immer auch ein Raum mit Geschichte, die man in sich trägt. Sie hat immer mit Zeit und Ge-schichte zu tun. Und um es klar zu sagen: Bis zu meinem 45. Lebens-jahr habe ich in der Deutschen Demokratischen Republik gelebt. Das war – mit allen Schwierigkeiten – dann schließlich meine prägen-de Heimat, nicht der SED-Staat. Man muss den Heimatbegriff vonHeimattümelei befreien, ihn in den geschichtlichen Zusammen-hang stellen, das Geistige und das Sinnliche mit im Blick habend.

Ihre berufliche und politische Heimat hatten Sie in der Luther-stadt Wittenberg gefunden.

Friedrich Schorlemmer: Im Jahr 1962 begann ich ein Theologie-Studium an der Universität Halle-Wittenberg – in erster Linie aus politischen Gründen. Ich hatte erlebt, wie die Kirche diffamiert wurde und wollte wissen: Was ist die Wahrheit? Ich lebte in einem Land der offiziellen Lügen. An verfallenden Häusern standen die großen Parolen vom Sieg des Sozialismus und der Freundschaft mit der Sowjetunion. Als Studentenpfarrer in Merseburg ging es mir darum, Menschen zur Mündigkeit zu helfen, weil Demokratie von mündigen Menschen lebt. Direkte politische Arbeit gegen das System habe ich dann von Wittenberg aus betrieben – gegen das „Argument der Macht.“

Wann haben Sie gemerkt, dass es sich lohnt, gegen dieses System zu kämpfen?

Friedrich Schorlemmer: Ich habe mich sehr aktiv daran beteiligt, diese Ein-Parteien-Diktatur mit Erlösungsanspruch loszuwer-den. Im Jahr 1988 haben wir 20 Thesen formuliert, die wir dem Kirchentag in Halle vorlegten. Sie wurden später im Westen ver-öffentlicht, weil das in der DDR nirgendwo erscheinen durfte. Mit uns wollte damals noch niemand reden. Dabei war der Auf-takt zum Dialog bereits ein Jahr zuvor mit dem SPD-SED-Papier „Der Streit der Ideologien“ gegeben – dank Gorbi. Erstmals hat-ten Kommunisten ihren alleinigen Wahrheitsanspruch relati-viert. Das war der erste Schritt zum demokratischen Aufbruch.

In der Wendezeit waren Sie so etwas wie eine Symbolfigur des Wider-stands gegen das alte System. Warum sind Sie nicht wie andere aus der Bürgerbewegung hauptberuflich in die Politik gegangen?

Friedrich Schorlemmer: Ich bin nicht in die Politik gegangen, weil ich gern politisch tätig bleiben wollte. Dabei wollte ich mich nicht abhängig machen, insbesondere nicht davon, ob andere Partei-mitglieder mich gut finden. Ich wollte unabhängig bleiben. Außer-dem war ich gern Pfarrer und wollte es bleiben, mich aber auch weiter einmischen. Auch in der Demokratie ist das Evangelium politisch relevant. Das haben manche vergessen. Selbst unter den Bedingungen der Freiheit muss die Kirche politisch bleiben, z.B. wenn es um die Verbindung von Freiheit und Gerechtigkeit geht. In der Bibel steht: „Gott setzte dem Menschen einen Garten, dass er ihn bebaue und bewahre“. Wer das Bewahren vergisst, stürzt nachfolgende Generationen in tödliche Krisen. Wer beispiels-weise aus Profitgier solche Katastrophen verursacht wie im Golf von Mexiko, öffnet den Höllenschlund. Wenn wir nicht anfangen, anders mit Energie umzugehen, also zu sparen und bescheide-ner zu leben, werden wir die Welt zerrütten.

Die Menschen im Osten mussten gewaltige Umbrüche verkraften. Ist der Eindruck richtig, dass sich viele jetzt wieder in ihre kleine Welt zurückziehen und das Erreichte als normal ansehen?

Friedrich Schorlemmer: Manchem ist es gar nicht mehr bewusst, welches Glück die Einheit bedeutet. Fast verfallene Städte wie Qued-linburg, Weißenfels, Wittenberg oder Naumburg konnten gerettet werden. Der Osten ist in vielem schöner wieder aufgebaut als der Westen. Man darf sich aber nicht täuschen lassen. Es sind oft schöne Hüllen. Die heile Welt trügt. Der Osten muss weiterhin alimentiert

„Manchem ist das Glück der Einheit gar nicht bewusst“Im Gespräch mit dem Sachsen-Anhalt-Magazin sieht Theologe Schorlemmer Ost-West-Unterschiede zunehmend verblassen

Interview

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werden. Wenn wir keine sozialen Unruhen wollen, müssen wir am Grundgesetzgebot der vergleichbaren Lebensverhältnisse fest-halten. Leider ist es noch immer so, dass das wichtigste „Kapital“ aus dem Osten weggeht: Seit 1990 gibt es Republikflucht ohne Mauer! Die Besten gehen weg, die Jungen, die Hochmotivierten. Zurück bleiben die Alten. Es wurde versäumt, Industriepolitik zu machen. Wir brauchen Industriepolitik, ohne Fehler der Planwirt-schaft. Leider wurde im Osten vieles platt gemacht, um unliebsame Konkurrenz zu beseitigen. Auch das unterschiedliche Lohnniveau ist fatal. Wer rechnen kann, geht in den Westen. So einfach ist das.

Woran machen Sie das „Glück der Einheit“ fest?

Friedrich Schorlemmer: Zu sehen, was aus Sachsen-Anhalt, das so häufig in den Negativschlagzeilen war, geworden ist. Es ist ein wun-derschönes Land mit so vielen Radwegen. Schon wegen der Radwege

Friedrich Schorlemmer, evangelischer Theologeund Publizist, wurde 1944 in Wittenberge geboren. Nach dem Studium der Theologie in Halle (Saale), war er als Vikar in Halle-West und später als Stu-dentenpfarrer in Merseburg, dann als Dozent am Evangelischen Predigerseminar und Prediger an der Schlosskirche in Wittenberg und schließlich als Studienleiter an der Evangelischen Akademie Wittenberg tätig. Am 21. August 1989 war er Mit-begründer des Demokratischen Aufbruchs in Dres-den. 1993 wurde Schorlemmer mit dem Friedens-preis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Seit 2002 ist er Ehrendoktor der Concordia Univer-sity in Austin/Texas.

Interview

und des Bieres, das nicht mehr trübe ist, hat sich die Einheit gelohnt. Spaß beiseite: Denken wir nur an die Infrastruktur. Wer erinnert sich noch an die Probleme, in der DDR ein Telefon zu bekommen? Wer erinnert sich noch an die schlechte Was-serqualität oder das miese Angebot im Gemüseladen. Man kriegt heutzutage Saatgut, man kann Ersatzteile kaufen... Wir dürfen nicht vergessen, in welcher Mangelwirtschaft wir leb-ten – bis hin zum „Sandpapier“ für den Hintern.

Und was hat die Einheit den Westdeutschen gebracht?

Friedrich Schorlemmer: Für die war es doch ein Schnäppchen. Wer klug war, hat hier investiert und Steuervorteile genutzt. Viele, die einmal aus dem Osten fortgegangen waren, konn-ten ihre Rückführungsansprüche geltend machen. Es wäre besser gewesen, das Prinzip Entschädigung vor Rückgabe durchzusetzen. So hat es sehr viel böses Blut gegeben.

Warum soll der einfache Bürger im Westen – nennen wir ihn mal Erwin Kowalski aus Essen – die Einheit gut finden?

Friedrich Schorlemmer: Der findet die Einheit überhaupt nicht gut. Der sagt sich, es wurde zuviel in den Osten hinein-gepumpt. Für den war und bleiben die Neuen Länder ganz weit weg. Nur etwa zehn Prozent der Westdeutschen hatten sich vor 1989 intensiv mit der DDR beschäftigt. Die anderen hatten sich – wie wir auch – weitgehend mit der Trennung abgefunden. Die Westdeutschen waren für sich so reich und schön, dass sie uns nicht mehr brauchten. Die hatten die Ostsee, die Nordsee und die Alpen, konnten in die gan-ze Welt reisen und mit D-Mark bezahlen. Was willst du da mehr? Dann kamen die Ostdeutschen und wollten auch

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D-Mark und Rente, obwohl sie gar nicht eingezahlt hatten. Die Kon-flikte waren programmiert. Man hätte von Anfang an auch Erwin Kowalski aus Essen sagen müssen, dass es ein großes historisches Glück war, dass die Russen die Menschen in der DDR freigegeben haben und Europa nicht mehr die Schnittstelle der gefährlichsten Waffensysteme ist. Ich kann alle Westdeutschen, auch Herrn Ko-walski, nur aufrufen: Kommt in den Osten und freut euch! Das ist unser gemeinsames Heimatland. Ich bin ein Einheitsgewinner und muss deshalb meine Stimme für die Verlierer und für Ost-West-Ver-ständigung erheben. Als sozialer Demokrat.

Wie steht es denn um das menschliche Zusammenwachsen – die innere Einheit also?

Friedrich Schorlemmer: Meine beiden Kinder sind mit Westdeut-schen verheiratet. Die haben die ganz normalen Schwierigkeiten und Freuden junger Leute. Bei denen spielt das Thema Ost-West keine Rolle mehr. Aber für andere, die noch die DDR als junge Menschen bewusst erlebt haben, wird die innere Angleichung erst dann erreicht sein, wenn die ältere Generation nicht mehr da ist. Das wird noch mal 20 Jahre dauern. 40 Jahre nach 1989 haben wir die Einheit. Die Einheit wird dann sein, wenn wir gemeinsam über das Gleiche lachen. Der herrliche Film „Good bye Lenin“ ist ein treffliches Beispiel. Im Kino hat man genau gemerkt, wer aus Ost und wer aus West kam. Die einen haben sich bei bestimmten Szenen scheckig gelacht, während andere entsetzt den Kopf ge-schüttelt haben. Dann war es wieder umgekehrt. Dass die Einheit hier im Kleinen schon gelungen ist, zeigt die Tatsache, dass der Regisseur ein westdeutsch Sozialisierter ist.

Wo sehen Sie noch gravierende Unterschiede zwischen Ost und West?

Friedrich Schorlemmer: Wir sind in vielem noch unterschiedlich. Die-se Unterschiede müssen wir weder betonen noch negativ bewer-ten. Manchmal sind wir eben anders. Wir müssen einander erklä-ren, woher wir kommen und warum wir so sind wie wir sind, ohne das gleich zu bewerten. Es gibt im Osten zum Beispiel noch ein größeres Empörungspotenzial. So ist die Empörung der Ostdeut-schen über immense Manager- und Intendantengehälter sehr viel größer als im Westen. Soviel wie die kriegen, können die doch gar

nicht arbeiten, heißt es dann. Auch das Gerechtigkeitsempfinden ist hier ausgeprägter. Es ist auch nötig, dass wir die Literatur, die in den beiden Deutschländern entstand, einander vorlesen und erklä-ren. Ein Beispiel: Wenn ein Westdeutscher Erich Loests Buch „Es geht seinen Gang“ liest, versteht er vieles nicht. Es fängt so an, dass sich zwei Ehepaare treffen. Die Frau sagt zum Mann: „Bestimmt gibt´s Hemus oder Nathalie – wirst´s sehen.“ Wer soll das im Westen ver-stehen? In der DDR gab es zu bestimmten Zeiten nur wenige trink-bare Weißweinsorten zu kaufen – eben „Hemus“ oder „Nathalie“.

Die Bewertung der DDR bleibt ein Streitthema. Die Diskussion reicht von „Es war nicht alles schlecht“ bis „Es war ein Unrechts-staat“. Was meinen Sie?

Friedrich Schorlemmer: Demokratie verlangt kritische Bürger und sie verlangt redliche Erinnerung. Wenn Katharina Thalbach sagt, sie möchte die Erfahrungen aus der DDR nicht missen, wird ihr vorgeworfen, sie würde Ostalgie betreiben. Eine Nischen-gesellschaft hat ganz eigene Formen von Glück. Wenn jemand etwas im Handel ergattert hatte, war er darüber glücklich. Mit einem Glas ungarischem Letscho konnte man Menschen be-glücken. Ich will diese Mangelgesellschaft nicht zurück. Aber daran muss man sich doch erinnern dürfen ohne gleich gescholten zu werden, die DDR zu verklären. Dass Mieten billig waren, sage ich nicht mehr. Das war erkauft durch programmierten Häuserverfall. Aber: Jeder hatte ein Dach über dem Kopf. Alles war geregelt durch den Staat und eine Partei, die für sich einen ausschließlichen Wahr-heitsanspruch geltend machte. Im politischen Strafrecht gab es schlimmes Unrecht; aber deshalb war nicht alles Unrecht.

Das klingt, als seien Sie für einen Schlussstrich in der Diskussion über DDR-Unrecht?

Friedrich Schorlemmer: Einen Schlussstrich gibt es in der Ge-schichte nicht. Es geht um das Austarieren von Erinnern und Vergessen. Wir sollten doch jedes Jahr ein Fest feiern und uns freuen, dass wir die DDR los sind und nicht überall nach Über-resten fahnden. Man muss Wunden pflegen, sie verheilen lassen, nicht immer wieder aufkratzen. Ich möchte Menschen Wandel zutrauen, zumuten und den auch honorieren.

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...und akzeptieren, dass sich so mancher aus der Verantwortung stehlen kann?

Friedrich Schorlemmer: Es macht mich wütend, wenn ich über-lege, dass vielleicht zwei Prozent wirklich gegen den Staat ein-getreten sind. Die anderen 98 Prozent stellen sich jetzt hinten mit an beim Widerstand. Von dieser Scheinheiligkeit habe ich die Schnauze voll. Es ist doch verständlich, dass sich die Leute angepasst haben und um Karriere zu machen bereit waren, zum Beispiel in die Kampfgruppe zu gehen oder in einer Blockpartei unterzuschlüpfen. Ich möchte einfach, dass wir das differenziert zur Kenntnis nehmen, ohne es zu verschleiern.

Es scheint mitunter so, dass viele Ostdeutsche die Vorzüge der De-mokratie nicht zu würdigen wissen. Die Wahlbeteiligung sinkt, die Politikverdrossenheit wächst. Sind die Politiker daran selbst schuld?

Friedrich Schorlemmer: Die haben sicher ihren Anteil daran. Aber: Wenn die DDR noch weiterlebt, dann sicher in der ausgeprägten Meckerkultur. Die hat leider überlebt. Viele meckern, wollen sich aber nicht engagieren. Die SED wollte alles selbst bestimmen und nicht, dass die Bürger selbst Verantwortung übernehmen. Das ist bei vielen haften geblieben. Wer heute sagt, die Politiker sind für alles verantwortlich, die sind alle schlecht und können nichts, dem halte ich entgegen: Werde einer! Gehe in eine Partei! Gründe eine neue, wenn dir die bestehenden nicht gefallen! Aber engagiere dich! Die Demokratie bietet mehr Möglichkeiten, als die Menschen wahrnehmen. Und ich kämpfe dafür, dass sich die Menschen einmischen. Heute kann man sich einmischen, ohne dafür nach Bautzen oder in ein anderes Gefängnis zu kommen.

In den Medien wird Politik meist als permanenter Streitfall vor-geführt. Greift da eine gewisse Einseitigkeit um sich, die für eine Demokratie typische Diskussionsprozesse fast nur in negativem Licht erscheinen lässt?

Friedrich Schorlemmer: Es gibt Qualitätvolles, besonders im Radio. Leider fängt das Fernsehen – selbst das öffentlich-rechtliche – an, die Leute für dümmer zu halten als sie schon sind. Sie bemühen sich, sich den Soaps, der Sensationshascherei, dem Gesülze der

Privaten anzupassen, nach der Einschaltquote schielend. Wenn man das Niveau nach unten drückt, bleibt es unten. Qualität verlagert sich häufig nach 23 Uhr. Wenn den Leuten nichts an-deres geboten wird, merken sie gar nicht, was ihnen vorent-halten wird. Und sie wollen dann nichts anderes mehr. Es gibt nichts Schlimmeres, als dass Dumme nicht merken, wie dumm sie sind. Einige Sender leben von der Dummheit, mit dem Ziel weiterer Verdummung. Damit machen die Kohle.

Vielleicht bringt das die Zeit so mit sich?

Friedrich Schorlemmer: Wir dulden es. Was eine bestimmte Boule-vardzeitung zuweilen bringt, ist menschenunwürdig. Viele Leu-te – nicht nur die mit Acht-Klassen-Abschluss – glauben, was da steht. Auch das Kabarett überschreitet zuweilen Grenzen. So wie Horst Köhler als Bundespräsident dargestellt und mit allem, was er sagte, karikiert wurde, das ging zu weit. Seinen Rücktritt halte ich für falsch, keine Frage. Dass er die Schnauze voll hatte, kann ich aber gut verstehen.

Können Seiteneinsteiger wie Köhler in der Politik nichts mehr bewirken?

Friedrich Schorlemmer: Ich finde, die Parteien sind gut beraten, wenn sie Seiteneinsteiger reinholen. Möglichst nicht wie Peter Sodann; er hat Politik verulkt, dabei sich und das Amt beschä-digt. Für Parteikarrieren gilt: Wenn man Woche für Woche, Jahr für Jahr zu Parteiversammlungen geht, immer seinen Beitrag bezahlt und sich engagiert, ist es verständlich, dass diese Leuteauch einmal an die Reihe kommen wollen. Es ist aber ein Irr-tum zu glauben, nur weil jemand so lange aktiv dabei ist, wäre er auch zu Höherem fähig. So wie manche Bürgerrechtler dachten, sie wären zu politischen Ämtern berufen, bloß weil sie gegen die SED waren. Das reicht nicht. Mut, gegen etwas einzutreten, ist wichtig. Aber man muss auch gestalten kön-nen. Ein Mensch, der von Hause aus querulantisch ist, bleibt in der Diktatur als Einzelgänger widerständig-kompromisslos. In der Demokratie muss er fähig sein, andere für etwas zu gewin-nen, auszugleichen und zu integrieren – ohne zu intrigieren!

Das Gespräch führte Christian Wohlt.

Interview

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Ganz schön unförmig dieser Vogel mit dem dicken Körper, den Stummelflügeln und den langen dünnen Beinen. Er kippt im-mer wieder vornüber. Musternäherin Karla Bornschein hat einen ganzen Haufen dieser Vögel vor sich liegen – und auch einen Haufen an Erfahrung, was die Herstellung von Plüsch-spielzeug betrifft. Seit 1971 ist sie hier im Betrieb. Dessen Erzeug-nisse – Plüsch- und Plastespielwaren – gingen zu DDR-Zeiten

zu 80 Prozent in den Export. Der Rest fand hauptsächlich in der Weihnachtszeit den Weg in die heimischen Läden. Und dort oft nur bis unter den Ladentisch. Nach der Wende allerdings schafften es die Spielwaren aus Bad Kösen auch kaum „auf“ die Verkaufstische. Niemand fragte mehr nach ihnen, es gab nun buntes Spielzeug in Massen, noch dazu so billig.

Bad Kösener Kuschelangriff auf die WeltspitzeFamilienunternehmen Schache setzt auf hochwertige Materialien und naturgetreues Plüschtier-Design

Von Kirsten Hoffmann

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„Kiwi, wie die Frucht“, nennt Karla Bornschein den Namen des Schnepfenstraußes aus den neuseeländischen Wäldern – und reißt den Nähfaden ab. Fertig. Sie stellt das neue Modell auf die Füße. Erfolgreich: Er bleibt stehen, stützt sich dabei auf seinen langen Schnabel. „So macht er es auch in Natura“, hat Desig-ner Peter Straubel recherchiert – im Berliner Zoo zum Beispiel. Was sich nicht als einfach erwies, Kiwis sind nachtaktiv. Aber da scheut der Spielzeuggestalter keine Mühen; er beobachtet ge-nau, zeichnet jedes Detail auf. Der Kiwi soll ein neues Familien-mitglied in der Kösener Plüschtier-Welt werden. Und hier fin-den die webpelzigen Gesellen nur Aufnahme, wenn sie beinahe zum Verwechseln „natürlich“ aussehen. Straubel ist mit diesem neuesten Modell schon ganz zufrieden. Bis zu 15 Mustertiere in

etwa vier bis sechs Gestaltungswochen kann es dauern, bis ein Tier in die Serienproduktion geht.

Hochwertig in der Herstellung und naturgetreu im Aussehen– mit dieser Firmenphilosophie rettete Helmut Schache denTraditionsbetrieb. Dabei hatte er nie beruflich mit Spielwaren zu tun, bis er 1992 die Kösener Spielzeug GmbH von der Treu-hand übernahm. Schache ist Bauexperte – und ausgestattet mit unternehmerischer Kombinationsgabe, die ihn ahnen ließ: Überlebensfähig wird dieser Betrieb nur mit einem Produkt,das weit und breit nicht seines Gleichen findet. So wie die le-gendären Käthe-Kruse-Puppen vor 100 Jahren ihren Siegeszugin die Kinderzimmer antraten. 1912 hatte Käthe Kruse ihre Pup-penwerkstätten in Bad Kösen gegründet. Als sie 1949 in denWesten ging, wurde daraus ein Volkseigener Betrieb, 1979 in VEB Kösener Spielzeug umbenannt.

Karla Bornschein schaut aus ihrem Fenster in die herrliche Berg-und-Tal-Landschaft des Luftkurörtchens nahe der Grenze zu Thüringen. Einer Berg-und-Tal-Fahrt gleicht auch der Nach-wende-Kurs der Plüschtiere aus Bad Kösen mit dramatischen Höhen und Tiefen in den vergangenen 20 Jahren. Doch dass die Familie Schache ihr Unternehmen auch aus extremen Schief-lagen wieder hinaus manövriert hat, schafft Vertrauen. Und so ist sich Karla Bornschein ganz sicher, dass sie hier in der Manu-faktur im nächsten Jahr ihr 40-jähriges Dienstjubiläum feiern wird.

Klar kennt Kollege Peter Straubel auch die Firmengeschichte und -geschichten. Allerdings nicht aus eigenem Erleben. Der Designer ist 25 Jahre jung und vor einem Jahr in die Plüschtier-Welt eingezogen. Aber ebenso wie das Urgestein Karla Born-schein ist er ein Gewinn für den Betrieb. Er bringt neue Ideen ein; das Know-how sozusagen, um an dem kniffligen „Innenle-ben“ der Tiere zu tüfteln und zu basteln. „Der Kundenwunsch nach Beweglichkeit der Plüschtiere wird für uns immer mehr zur Herausforderung“, sagt Constance Schache. Die 39-jährige führt jetzt die Geschäfte der Plüschtier-Welt, die sich amtlich „Kösener Spielzeug Manufaktur GmbH“ nennt. Die Schache-Familie hält eine fruchtbringende Verbin-dung von handwerklicher Tradition und innovativen Technolo-gien, eine gute Mischung von Jung und Alt in der Belegschaft wie auch in der Unternehmensleitung für unerlässlich. Ge-rade ist Helmut Schache 65 geworden und hat eine Rentner-bank geschenkt bekommen. Auf der genießt er vorerst nur die Morgen- oder die Abendstunden. Die Tochter freut es. Den Rat des Sturmerprobten an ihrer Seite möchte sie nicht missen.

Designer Peter Straubel tüftelt an Schnitten undam kompliziertenInnenleben der Tiere aus Plüsch, damit sie ihrennatürlichen Artgenossen ähnlich sehen.

Die Märchenfiguren zum Spielen, Sammeln undDekorieren werden inaufwändiger Handarbeitund aus hochwertigenMaterialien hergestellt.

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Die Plüschtier-Welt samt ihren 32 Mitarbeitern und drei Lehr-lingen ist stolz auf die Designentwicklung in den vergangenen Jahren. Viele alte Bekannte aus der Tierserie bekamen im wah-ren Wortsinne neue Gesichter. Storch und Strauß aus Plüsch können jetzt gleich den Vögeln in freier Natur auf ihren dünnen Stelzen Balance halten, und das weiche Kätzchen schmiegt sich mit seinem Rundrücken ins Körbchen – wie lebensecht. Das Un-ternehmen aus Bad Kösen sieht sein Ziel, weltweit die Nummer 1zu werden im naturgetreuen Design, schon zum Greifen nah.

Auf dem Weg dorthin geht es die vielfältigsten Bekanntschaften und Partnerschaften ein; mitdem Naturschutzbund (NABU) zum Beispiel.Der nennt einen lebensgroßen Wolf made in Bad Kösen sein eigen. Die Stiftung „BorneoOrangutan Survival Foundation“ (BOS) ließeinen täuschend echt aussehenden Orang-Utan in der Plüschtier-Welt entwickeln. Auchdie Heinz-Sielmann-Stiftung war auf die naturnahen Kösener Tiere aufmerksam geworden. Auf ihren Auftrag hin wird der-zeit an einem Luchs in Lebensgröße ge-arbeitet.

Beeindruckend ist auch die Kösener Kun-denliste, die einige Prominenz zu bieten hat wie etwa den Modedesigner Rudolph Moshammer zum Beispiel. Er ließ hier seine heiß geliebte Hündin Daisy lebens-echt gestalten. Die Yorkshire-Terrierin ist dann in Serienproduktion gegangen und erfreut seitdem viele kleine und große Herzen. Die Plüschtier-Welt spricht jedes Alter an. Kinder schmusen mit den Tie-ren, Liebhaber sammeln sie, und manch einem sind sie gar der pflegeleichtere Haustierersatz. Ein Verein hat den Harzer Hütehund in Auftrag gegeben und ein Unternehmen die Pinguine, die es in seinem Firmenlogo hat. Atelierbesit-zer bestellen lebensgroße Bären, Kühe,Wölfe, ..., andere Kunden wiederum die kuschelige Nachbildung ihres Lieblings-

tieres. Die Erfüllung von Sonderwünschen ist eine Spezial-strecke der Manufaktur.

Der Schlüssel, besser gesagt, das Schlüsselbund zum Erfolg, da sind sich Vater und Tochter Schache einig, liegt in der Flexibilität, in den kurzfristigen Lieferzeiten, in der Kundenfreundlichkeit, vor allem aber in der Qualität der Handarbeit. Selbst als Laie, der den Spielzeugherstellern über die Schultern schaut, kommt man schnell zu der Erkenntnis: Keine Maschine, nur des Men-

Drei Generationen „regieren“ die Plüschtier-Welt: Helmut Schache, Tochter Constanceund Enkelin Emelie.

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schen gestalterische Hand vermag es, diesen Plüschtieren et-was von der Anmut und der Würde ihrer natürlich vorkommen-den Artgenossen zu geben. Dabei helfen aufwändige und teure Materialien wie die hoch-wertigen Kunststoffaugen, die zum Teil exklusiv für die Kösener Manufaktur angefertigt werden. Besten Webplüsch mit un-terschiedlichen Farben, Haarlängen und Strukturen kaufen die Schaches in Deutschland, Belgien und Frankreich ein. Es gibt Plüschtiere, für die werden bis zu 14 verschiedene Stoffe ver-wendet. Manche Muster entwerfen die Haus-Designer selbst, die für die Giraffe zum Beispiel. Das geübte Auge der Arbeite-rin an der Stanze erkennt sofort auf dem ausgerollten Stoff die Muster der einzelnen Körperteile. Langhaarige Stoffe dagegen, wie das Fell von Daisy, müssen mit der Hand geschnitten wer-den, bevor die Näherinnen alle Teile miteinander verbinden. Ein Plüschtier kann aus bis zu 100 Einzelteilen bestehen.

Zunähen, Formen, Besticken, Kämmen, Sticken, Bemalen – den Spielzeugherstellern wird man bei ihrer Arbeit über die Schul-tern schauen können, sobald die Schaches ihr Zukunftsprojekt verwirklicht haben: die gläserne Schaumanufaktur inmitten einer Erlebniswelt. Die soll in ein geschichtsträchtiges Gebäu-de einziehen, in dem zu Beginn des 19. Jahrhunderts die ersten prominenten Gäste von Bad Kösen kurten. Sein altehrwürdiger Name „Mutiger Ritter“ kann das Unternehmertum des Helmut Schache nicht treffender beschreiben. Schache ist überzeugt von seinem Konzept und glaubt fest daran: Die Mischung aus romantischer Natur, gesunder Luft, erholsamen Wellness-An-geboten und unterhaltsamem Erkenntnisgewinn im denkmal-würdigen Ambiente werde die Gäste ganz bestimmt anspre-chen. Und soll seine Manufaktur noch bekannter machen.

Bislang gehen 45 Prozent der Kösener Plüschtiere in den Export, das Gros nach Japan. Von den übrigen 55 bleiben zwölf Prozent in Sachsen-Anhalt. Das Geschäft läuft hauptsächlich über den Werksverkauf. Betriebsführungen, die Vater, Mutter und Toch-ter Schache selbst leiten, oft mit der siebenjährigen Emelie im Schlepptau, zeigen ihnen immer wieder: Mit der Kenntnis über die aufwändige Herstellung in Handarbeit wächst die Akzep-tanz des hohen Preises. Da nimmt sich am Ende fast jeder ein Stück Plüschtier-Welt mit nach Hause.

Ansonsten ist es hierzulande nicht so einfach, außerhalb von Bad Kösen mit den lebensechten Plüschtieren Bekanntschaftzu machen. Das hochwertige Sortiment, sagt Schache, passe nicht in die Verkaufsphilosophie der großen Warenhausketten– „sofern die überhaupt eine haben.“ Und die kleinen Spielzeug-

fachgeschäfte würden leider immer mehr von der Bildfläche verschwinden. Zur Freude der Plüschtier-Welt hat sich aber das Einzelhandelsunternehmen manufactum für sie interessiert und in seinen Nobelkatalog aufgenommen.

Um stets über die individuellen Kundenwünsche wie auch die Entwicklungen auf dem internationalen Spielzeugmarkt im Bilde zu sein, ist die Kösener Manufaktur auf allen namhaften Messen präsent – in Nürnberg, New York, Paris, Birmingham...Und dann gibt es ja auch immer noch Enkelin Emelie als Test-Kind. „Die Erlebnis- und Erfahrenswelt der Kinder hat sich grundlegend geändert“, weiß Großvater Schache. Und so trieb ihn kurz vor dem 100-jährigen Jubiläum der Spielzeugherstellung in Bad Kösen eine existenzielle Frage um: Wird das klassische Spielzeug überhaupt noch gebraucht?

Die Antworten, die die Schaches fanden, lässt die Plüschtier-Welt optimistisch in die nächsten 100 Jahre blicken: Ja. Kinder hören und lesen immer noch gern Märchen, spielen immernoch gern mit Puppen und kuscheln gern mit Plüschtieren – wie zu allen Zeiten. Allerdings, das möchte der Familienmensch Hel-mut Schache noch gesagt haben: „Sie brauchen auch die Eltern und Großeltern, die sie dabei liebevoll an die Hand nehmen.“

www.koesener.de

Übrigens…

– Mehr als ein Drittel aller Plüschtiere hat die Auszeichnung „Spiel gut“, viele Tiere erhielten

Design-Preise.– Bei der Materialauswahl wird großer Wert auf Qualität und Sicherheit gelegt. Die Produkte ent- sprechen der EN71, haben das CE-Zeichen und werden vom TÜV überprüft.– Die Plüschtiere, Puppen und Babyartikel aus Bad

Kösen sind waschbar.– Im Jahre 2000 kaufte das Unternehmen die „Silke

Collection“ aus München. Seitdem werden in Bad Kösen auch Frotteetiere für Babys und Puppen im Waldorfstil hergestellt

– Ein weiteres Standbein ist die Produktion von Lieb-lingstieren als originalgetreue Nachbildungen. Gerade ist der Vertrag für Puppe und Hund aus dem Kinder-trickfilm „Der kleine Mozart“ unterschrieben worden.

Spielwaren

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Peter Transfeld liebt das Segeln bei stürmischer See: „Es ist ein Kampf. Man muss schon fit sein, um das Gleichgewicht zu hal-ten.“ Mit unverhohlener Begeisterung erzählt er von seinen Urlaubsreisen gemeinsam mit Ehefrau Sigrid, bei denen der Skipper Transfeld immer weiter entfernte Ziele angesteuert hat. Das Fahren in schwierigen Gewässern bestimmt auch das Arbeitsleben des Unternehmers Transfeld.

Der Kurs war richtig, zieht der Vorstandschef der ÖHMI Aktien-gesellschaft Magdeburg im Herbst 2010 eine vorsichtige Bilanz der vergangenen zwei Jahrzehnte. Wenn der 63-Jährige spricht in dieser freundlich leisen, gleichwohl bestimmten Weise, ist je-der Satz gründlich geprüft und abgewogen, bevor er ihn in die Welt hinaus entlässt.

ÖHMI ist ein kleines Boot für die Weltwirtschaft, aber ein ge-wichtiges in der Magdeburger Wirtschaftsflotte. Die Einzel-unternehmen an Bord des Technologie- und Dienstleistungs-konzerns bedienen unterschiedlichste Geschäftsfelder vom Laborbetrieb bis zum Anlagenbauer, die Kernkompetenzen lie-gen traditionell im Lebensmittelsektor sowie in den Zukunfts-branchen nachwachsende Rohstoffe und Umwelt. „Wer etwas Innovatives mit Pflanzenöl machen will, geht nach Magdeburg“, bringt es der ÖHMI-Chef auf den Punkt. Er klappt den Laptop auf und tippt auf die Umsatzkurve, die seit der Unternehmens-gründung aufwärts strebt, in manchen Jahren mit alpinem Anstieg. Für das Krisenjahr 2009 zeigt sie immerhin noch drei Prozent Wachstum.

Der Kapitän ist stolz. Aber dann kommt dieser Satz: „Rückblickend, mit dem Wissen von heute, war die Übernahme des Unterneh-mens ein großes Abenteuer.“ Und bevor er das erläutert, muss er erst noch etwas klarstellen: „Ich konnte an dieser Einheitseu-phorie 1990 nicht teilhaben. Als die Leute noch jubelten, habe ich schon überlegt: Was tun? Denn für mich war schon klar, was kommt.“

Was kam, als sich die sozialistische Planwirtschaft verabschie-det hatte, war die ernüchternde Bilanz, dass es für den DDR-Forschungsbetrieb der Öl-, Hefe- und Margarineindustrie (aus den Anfangsbuchstaben wurde später der Name ÖHMI) kein se-riöses Interesse gab. Die Treuhandanstalt hatte 1990 den stell-

vertretenden Forschungsdirektor Transfeld zum „vorläufigen Geschäftsführer“ bestellt und beauftragt, einen Käufer zu finden. Aber nur ein paar Freibeuter auf Kaperfahrt im Osten schauten vorbei. „Manche wollten mir Beratungsleistungen aufdrücken, und wenn ich beharrlich nicht unterschrieb, pro-phezeiten sie mir den Untergang und knallten die Türen.“ Die Erinnerung treibt Peter Transfeld ein Schmunzeln ins Gesicht, damals war ihm oft nicht nach Lachen zumute.

Er hätte es einfacher haben können. Sein Kurs war schon Rich-tung Westen angepeilt, wo ihm eine „große Firma“ einen Anker anbot. Freilich, in Magdeburg war die Familie. Also doch hier bleiben? Als erster Offizier auf einem unsicheren Schiff? Er ent-schied, sich dem Wind zu stellen: „Aber nur, wenn die Mann-schaft hinter mir steht.“

Die symbolische eine Mark reichte nicht aus

Es ist die hohe Zeit der Basisdemokratie, und Transfeld besteht auf einer geheimen Wahl, will seinen Kollegen nicht so einfach von der Treuhand vorgesetzt werden. „Vier Abteilungen waren für mich. Die fünfte, die kaufmännische war dagegen. Die meinten, dass man für die Führung eines Unternehmens kaufmännische Kenntnisse benötigt und auch von Vertrieb und Marketing etwas verstehen muss.“ Wieder ein Schmunzeln: „Na, sie hatten völlig Recht.“Und deshalb beugt sich der Ingenieur mit Diplom und Doktor-titel noch einmal über Schulbücher. Fährt ein Jahr lang jeden Freitagabend gut 250 Kilometer bis ins thüringische Suhl und studiert dort im Crashkurs BWL für Ost-Neumanager. Bis Sonn-tagnachmittag. „Montags habe ich dann mein frisches Wissen im Betrieb gleich umgesetzt und meinen Leuten Aufträge er-teilt.“

Da sich kein Investor findet und die Schließung des Unter-nehmens droht, beschließt Peter Transfeld, die Firma selbst zu übernehmen. „Ich war überzeugt, aus uns kann man richtig et-was machen.“ Geirrt hat er sich allerdings in der Hoffnung, die Treuhand würde ihm den Betrieb für die symbolische eine Mark verkaufen, mit der sie schon so viel verscherbelt hatte. Doch ihm präsentiert sie eine Rechnung über drei Millionen Mark. Die Banken winken ab. „Für einen Millionenkredit an einen ost-

Der mit dem Wind kämpft In der schweren See der Nachwendezeit hat Dr. Peter Transfeld Beutefahrer und Untiefen umschifft

Von Ute Semkat

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„Wer etwas Innovatives mit Pflanzenöl machen will, geht nach Magdeburg.“ ÖHMI-Chef Dr. Peter Transfeld hat das Magdeburger Unternehmen an neue Ufer geführt.

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deutschen Existenzgründer reichten unsere Hellerau-Schrank-wand zu Hause, der Wartburg und die Segeljolle eben nicht als Sicherheiten aus.“

In den Behörden des jungen Landes Sachsen-Anhalt herrscht Anfang der 1990er Jahre dagegen die sprichwörtliche Aufbruch-stimmung. Nachdem die Verhandlungen mit dem zuständigen Landwirtschaftsministerium bis auf den einen offenen Punkt „Kredit“ abgeschlossen sind, erhält Transfeld einen Termin. Direkt beim Finanzminister: „Da sitze ich bei Professor Böhmer auf der Couch, und er fragt mich: Na, was haben Sie denn so vor? Ich habe ihm innerhalb einer Viertelstunde meine Vorstel-lungen erklärt, er befragt noch die anwesenden Abteilungs-leiter, ob etwas dagegen spricht. - Und dann hatte ich einen Kredit des Landes.“ Wolfgang Böhmer ist seit 2002 Minister-präsident in Sachsen-Anhalt.

Am 24. Juni 1992 kauften Dr. Transfeld und seine Kollegen Gun-ther Börner und Dr. Frank Pudel die ÖHMI GmbH, ein klassisches Management-buy-out. „Jetzt hatte ich auch für meine zwei Mit-gesellschafter und ihre Familien die Verantwortung, dass sie ihr eingezahltes Stammkapital nicht verlieren.“ Die Gesellschafter mussten sich zur Übernahme aller 32 Mitarbeiter verpflichten, für jede Kündigung drohten 40 000 Mark Vertragsstrafe.

Für einen Moment hält Peter Transfeld inne, dann erzählt er be-tont sachlich: „Die ersten zehn Jahre waren ganz schön hart. Oft bin ich nachts um zwei nach Hause gekommen, und früh sechs Uhr war ich wieder in der Firma.“ Die kleine Segeljolle bleibt all diese Sommer in der Garage, das Familienleben reduziert sich auf allenfalls ein gemeinsames Sonntagsfrühstück. „Unser jün-gerer Sohn ging noch zur Schule. Die Lasten der Erziehung hat damals eindeutig meine Frau getragen, die ja ebenfalls berufs-

Was zu essen auf den Tisch kommt, soll nicht nur

schmecken, sondern muss auch hygienisch einwandfrei und ge-sundheitlich unbedenklich sein.

Im Labor der ÖHMI-Analytiktesten Bianca Denecke (links)

und Christine Trippler eine Speise-ölprobe auf ihre Qualität.

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tätig war“, macht Transfeld seiner Gattin ein Kompliment; sie ist seit inzwischen 42 Ehejahren eine wichtige Konstante in seinem bewegten Leben.

Aber sie wusste es ja, dass ihr Mann immer die Herausforde-rung annimmt. Schon der Junge Peter aus dem alten Deich-wärterhäuschen an der Saale bei Tornitz suchte das Abenteu-er und heuerte gleich nach der Mechanikerlehre auf einem Hochseeschiff an. Eine Chance, den Bewegungsradius über die engen DDR-Grenzen hinaus zu erweitern. Und er entdeck-te die nie mehr versiegende Lust am Segeln. Der gleichförmi-ge Schiffsalltag dagegen verlor schon nach gut einem Jahr seinen Reiz für ihn, und so ging der aufgeweckte junge Mann an Land und zum Maschinenbaustudium. Als Ingenieur auf der Volkswerft Stralsund meldete der 22-Jährige sein erstes Patent an. Doch im Gefühl einer Flaute schloss er noch ein

Fernstudium zum Diplominge-nieur für Apparate- und Anla-genbau an und begann 1975 in dem Betrieb zu arbeiten, dessen Chef er heute ist.

Bald vermisste er wieder frischen Wind. Während sich Gleichalt-rige ihre Datsche einrichteten, bat der inzwischen 36-Jährige an der Magdeburger Universität um eine Aspirantur. „Wissen gibt eine relative Freiheit“, ist Peter Trans-feld überzeugt und hat dies auch seinen Söhnen „eingeimpft“.

Drei Jahre lang forschte er an ei-nem Verfahren, wie man die in Ölraffinerien eingesetzte Bleich-erde effizienter nutzen kann. Für sein „Gegenstromprinzip“ gab es1987 den Doktorhut und den Auf-stieg zum stellvertretenden For-schungsdirektor in seinem „alten“ Betrieb. Die Ergebnisse seiner Dok-torarbeit blieben allerdings im Schreibtisch liegen. Nach der Gründung von ÖHMI setzte der Erfinder auf dieses „Pfand“. Aller-dings dauerte es noch bis 1997, bis erstmals eine Raffinerie - sie steht in Nordrhein-Westfalen -

mit dem inzwischen weltweit patentierten Bleichverfahren ÖHMI Bleach arbeitete. „Unsere Wettbewerber in der Branche hatten Kunden immer erzählt, das Verfahren würde eh` nicht funktionieren.“

Ein 400jähriges Vorbild für Unternehmertum Zehn Jahre schwere See und manchmal harter Gegenwind, dann ist das Schiff ÖHMI auf sicherem Kurs, und Kapitän Transfeld holt endlich wieder sein Segelboot aus dem Schup-pen. Das vereinigte Deutschland erlebt er mit Verspätung, sein erster Wochenendeinkauf wird zur Entdeckungstour: „Die vol-len Geschäfte, das Riesenangebot, das war doch alles an mir vorbei gegangen…“ Bis 1999 hat die Unternehmerfamilie auch immer noch auf 65 Quadratmetern Plattenbauwohnung ge-wohnt. Erst dann reicht die Muße für den Umzug in eine kom-fortablere Mietwohnung mit phantastischem Blick auf den Elbstrom.

1999 war auch das Jahr, in dem ÖHMI eine Größe erreicht hat-te, die eine Umstrukturierung zur Aktiengesellschaft sinnvoll machte. Peter Transfeld war nun Vorstandsvorsitzender, seine Abteilungsleiter wurden Geschäftsführer. Außer den beiden Mitgesellschaftern auch Dr. Sylvia Busch. Die Veterinärmedi-zinerin war 1991 zunächst auf einer ABM-Stelle ins Haus ge-kommen. „Als ich sie zwei Jahre später zur Abteilungsleiterin für die ÖHMI Analytik machte, war das eine Vertrauenssache“, erinnert sich der Unternehmenschef: „Und Frau Dr. Busch hat sich als ein Gewinn fürs Unternehmen erwiesen.“

Risiken wägt er gründlich ab. Dennoch hat nicht jedes Schiff von ÖHMI sicher ankern können. Eine hoffnungsvolle Grün-dung gemeinsam mit der Stadt Magdeburg, das Innovations- und Gründerzentrum Narossa, musste nach acht Jahren 2004 Insolvenz anmelden.

Zum 400. Geburtstag von Magdeburgs berühmtem Sohn Otto von Guericke im Jahr 2002 hat ÖHMI der Stadt ein Denk-mal geschenkt. Die Großplastik zeigt den legendären Halbku-gelversuch, mit dem der Gelehrte auf populäre Weise seine Entdeckung des Luftdrucks nachwies, nachdem er dafür zu-nächst ausgelacht worden war. Das Kunstwerk steht mitten im Stadtzentrum und ist viel mehr als eine honorige Geste: „Guericke ist für mich ein Vorbild für Unternehmertum“, er-klärt Transfeld: „Er lehrt uns, dass man an einer Sache unbe-irrt dranbleiben muss und nicht aufgeben darf, auch wenn man auf Widerstand stößt.“ Manchmal muss man eben auch gegen den Wind segeln.

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Mit ihrer 60-jährigen Firmengeschichte gehört die ÖHMI Ak-tiengesellschaft Magdeburg zu den alteingesessenen Indus-trieunternehmen der Stadt. Sie ist Nachfolger des 1950 ge-gründeten Zentrallabors für die Öl- und Margarineindustrie, später DDR-Forschungszentrum der Branche mit führender Rolle für ganz Osteuropa. 1992 wurde der in eine eigenstän-dige GmbH umgewandelte Forschungsbetrieb durch das Ma-nagement gekauft.

Zur ÖHMI-Gruppe gehören heute sieben Unternehmen und Beteiligungen im Technologie- und Dienstleistungssektor.

Unternehmen der Gruppe:

ÖHMI Analytik GmbH: eines der größten akkreditierten Le-bensmittel- und Umweltlabore Ostdeutschlands mit rund 500 Kunden. Geschäftsfeld: Analysen, Beratung zu Lebensmittel-recht und -sicherheit sowie zu Qualitätsmanagement und bei der Produktentwicklung. Das Unternehmen vergibt das ÖHMI-Prüfsiegel für regelmäßig kontrollierte Lebensmittelsicherheit. www.oehmi-analytik.de

ÖHMI Engineering GmbH: Planung und Errichtung schlüs-selfertiger Ölverarbeitungsanlagen einschließlich der Periphe-rie wie Energieerzeugung und Abwasserbehandlung. Seit 1992 wurden weltweit mehr als 30 Fabriken gebaut, der Exportanteil liegt über 50 Prozent. Mit dem weltweit in 25 Ländern patentier-ten Bleichverfahren ÖHMI bleach® können Pflanzenölverarbei-ter effizienter produzieren als mit herkömmlichen Verfahren. Mit ÖHMI compact® wurde ein standardisierter platzsparender Anlagentyp für kleinere Raffinationsleistungen entwickelt, ge-eignet auch für Standorte ohne verfügbares Fachpersonal. www.oehmi-engineering.de

ÖHMI EuroCert GmbH: eine der größten akkreditierten Zer-tifizierungsstellen in Ostdeutschland, zur Prüfung in rund 40 Branchen zugelassen. Zertifizierung für Qualitäts- (QMS) und Umweltmanagementsysteme (UMS) nach den international gültigen Normen des Standards DIN EN ISO. Mit dem Ziel, die weltweit anerkannten Regeln zur Qualitätssicherung umzuset-zen, werden in allen Geschäftsprozessen Abläufe optimiert und Synergieeffekte bei der Zusammenarbeit der Unternehmens-bereiche ausgeschöpft. www.oehmi-cert.de

ÖHMI: Alteingesessenes Unternehmen arbeitet in Zukunftsbranchen

PPM Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg e.V: An Deutschlands einziger Ölmühle im Pilotmaßstab, betrieben als Verein, sind vier ÖHMI-Unternehmen und 20 weitere Un-ternehmen deutschlandweit beteiligt – von der Pflanzenzucht über die Lebensmittelindustrie bis zum Anlagenbau. PPM ar-beitet an Forschungsaufträgen zur Verarbeitung und Verwen-dung von Pflanzenölen und neuen Ölsaaten für die Ernährung sowie zur energetischen und stofflichen Nutzung nachwach-sender Rohstoffe. Auftraggeber sind private Unternehmen und die öffentliche Hand. www.ppm-magdeburg.de

ÖHMI Bulgaria O.O.D.: Die Auslandstochter der ÖHMI-Grup-pe hat ihr Hauptgeschäftsfeld in der Beratung bulgarischer Un-ternehmen für die Zertifizierung nach dem Qualitätsstandard DIN EN ISO 9001:2000. Der weltweit anerkannte Standard gilt heute als Voraussetzung, um auf dem EU-Markt bestehen zu können.

Weiterhin gehören zur Gruppe die ÖHMI Service GmbH, die auch Objekte für Drittfirmen managt, und die Halbkugelver-such GmbH (Vermarktung des Modells zu Guerickes Halb-kugelversuch) www.oehmi-service.de

www.halbkugelversuch.de

Seit 1995 veranstaltet PPM jährlich einen Kongress für Nach-wachsende Rohstoffe (Narossa-Kongress). Als internati-onal bekannte Plattform der Branche befördert der Kongress den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit von Un-ternehmen und Forschungseinrichtungen aus verschiedenen Ländern. 2010 hat der Narossa-Kongress erstmals zwei dotierte Preise an Nachwuchswissenschaftler vergeben.

Wirtschaftliche Entwicklung seit 1992:

Steigerung der Eigenleistung auf fast das Achtfache Erhöhung der Beschäftigtenzahl auf knapp das Fünffache Investitionen von rd. 7 Mio. Euro 2 000 Kunden weltweit Patente in 25 Ländern

Markenrechte: ÖHMI, NAROSSA, PPM, Halbkugelversuch

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Fürs Foto spannt Fritz Schaumann noch einmal seinen großen Sonnenschirm auf. Passend rot zum Gartenstuhl und den üppig blühenden Geranien in den Blumenkästen. „Früher konnte man von hier sogar die Domspitzen sehen“, weist seine Hand in eine ungewisse Ferne, da etwa, wo heute hochgewachsene Bäume im Wohngebiet stehen. Fritz Schaumann, der Rentner, liebt sei-nen Magdeburger Kannenstieg, eine Plattenbausiedlung, die Mitte der 1970er-Jahre am Stadtrand auf Feldgrund entstand. Moderne, heiß begehrte Wohnungen waren das damals für Tau-sende Magdeburger aus den großen Schwermaschinenkombi-naten. Schaumann kennt das Stadtgebiet dieser Zeit zwar nur vom Erzählen, er selbst kam erst 1990 aus Thüringen in die Elbe-stadt. Doch dort wie hier war der Zustand gleich.

Es sind Erinnerungen in Sepia, vergilbte Schwarz-weiß-Foto-grafien und Filme, die ein heute fast vergessenes Bild der ostdeutschen Städte im Jahr eins nach der Wende zeichnen: putzbröckelnde Hausfassaden, Antennenwälder auf undich-ten Dächern, baupolizeilich gesperrte Altbaubalkons, Grau die alles bestimmende Farbe im Straßenalltag.

Mehr als 600 000 Wohnungen waren 1990 in Sachsen-Anhalt in desolatem Zustand. Vier Jahrzehnte Mangelwirtschaft hat-ten einen kaum vorstellbaren Sanierungs- und Modernisie-rungsstau auflaufen lassen. Das Mietniveau lag dabei zwar bei moderaten 90 Pfennig je Quadratmeter. Doch davon ließen sich keine nennenswerten Reparaturen, geschweige größere Bauauf-gaben lösen. Es herrschte größter Wohnungsmangel. Und weder die Vermögensverhältnisse an Grund und Boden noch die Frage der Altschulden waren geklärt. Eine denkbar schlechte Ausgangs-situation für die sachsen-anhaltische Wohnungswirtschaft.

Fritz Schaumanns Wohnung in der Helene-Weigel-Straße 19 ist an diesem warmen Septembertag im Jahr 2010 von Sonnen-licht durchflutet, seine Stube hat er in hellen Farben gemütlich eingerichtet. Fernbedienung, Brille, Stift liegen griffbereit auf dem Sofatischchen, er sitzt gern genau hier, das sieht man. Sein Weg von Thüringen zur Tochter nach Magdeburg vor genau 20 Jahren zeichnet die schwierigen Zeiten kurz nach der Wende nach. „Man brauchte eine Genehmigung. Ein einfacher Tausch der Wohnungen war undenkbar. Schließlich klappte ein

Wer sich wohlfühlt, der bleibt auch hier wohnen20 Jahre Wohnungswirtschaft: Generationengerechtes Wohnen nach Maß und im Grünen

Von Cornelia Heller

Gute Aussichten: Fritz Schaumann ist zufriedener Mieter im Magdeburger Kannenstieg.

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Ringtausch zwischen Bayern, Thüringen und Magdeburg.“ Doch die alte AWG-Wohnung im Kannenstieg war „einfach abgewohnt, die Türrahmen waren von Reißzwecken übersät, die Wände ver-unstaltet.“ Die Kinder halfen renovieren, schon bald konnte man Einzug feiern. Doch dann offenbarten sich die wahren Mängel: drei nicht isolierte Außenwände brachten kalte Winter und Som-mer, so „heiß wie im Backofen“. Es zog durch undichte Fenster, Sanitäranlagen und Heizung waren alt.

Das alles ist heute Geschichte. Die Metamorphose des Hauses der WBG Magdeburg-Stadtfeld e.G. hat Fritz Schaumann haut-nah miterlebt. Sie steht beispielhaft für die vergangenen 20 Jah-re, in denen sich in einem unvorstellbaren Kraftakt der 208 in den wohnungswirtschaftlichen Verbänden vdw und vdwg zusam-mengeschlossenen kommunalen Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften die Wohnungslandschaft in Sachsen-An-halt grundlegend wandelte. Die Zahlen stehen dabei für sich: 15 Milliarden Euro flossen in 360 000 modernisierte Wohnun-gen, 50 000 Wohnungen wurden gemäß Altschuldenhilfege-setz privatisiert, rund 70 000 Wohnungen rückübertragen und etwa 60 000 Wohnungen als Beitrag im Stadtumbau Ost ab-gerissen. Es lässt sich wieder gut wohnen in Sachsen-Anhalt. Auch in der Helene-Weigel-Straße 19.

„Erst hat die Genossenschaft ab Mitte und Ende der 1990er-Jahre die Heizung, die Bäder und Wasserstränge saniert, später kamen neue Fenster und die Außendämmung nebst neuer Fassaden-farbe hinzu.“ Das war schon enorm, doch nichts im Vergleich zu der Sanierung, die im vergangenen Jahr begann. Der mehr als30 Jahre alte Sechsgeschosser wurde auf vier Etagen verkleinert, von vormals 96 Wohnungen wurden durch Um- und Rückbau 66 für Jung und Alt, in zwei Aufgängen hat man die Etagen fünf und sechs belassen. Die geben heute Platz für vier sehr begehrte Pent-house- und Maisonettewohnungen. Schaumann erzählt außer-dem vom neuen Dach, dem Aufzug für alle, denen die Stufen zu beschwerlich sind („Warum fahren Sie nicht runter?“), und davon, dass sein Balkon so groß und geräumig wie nie zuvor geworden ist. Sommer auf Balkonien hat hier jeder. „Das ist eine Pracht!“, schwärmt er ungebremst. Den Schlusspunkt der Arbeiten der Genossenschaft mit insgesamt 2,3 Millionen Euro, 76 000 Euro davon Fördergelder aus dem Programm Stadtumbau Ost, setz-ten die neu bepflanzten Beete und Wiesen rund um den Block im Frühjahr 2010. „ Heute“, sagt Fritz Schaumann und nimmt wieder den Dom hinter dem Grün in den Blick, „ist unser Haus ein Aus-hängeschild für das Wohnen im Magdeburger Kannenstieg.“

Das Glück des Rentners über eine sanierte und sichere Wohnung teilen viele. 800 000 Mieterinnen und Mieter zählt die sachsen-

anhaltische Wohnungswirtschaft heute und steht zu ihrem Wort vom „guten und bezahlbaren Wohnen“. Denn: Wer sich wohl-fühlt, bleibt. Davon erzählt auch die Wohngeschichte aus Luther-stadt Wittenberg.

Renate Gruber-Lieblich zog 1978 mit ihren zwei Kindern aus ei-nem angrenzenden Neubauviertel in die Wittenberger Gag-fah-Siedlung, sie wurde 1936 für die Arbeiter der ansässigen ARADO-Flugzeugwerke „sehr solide, aber im Detail dann doch eher sparsam erbaut“, plaudert die lebhafte Dame. Es gibt hellroten Früchtetee aus geblümten Tassen und viele Geschichten, die Renate Gruber-Lieblich von Wittenberg und der Siedlung zu erzählen weiß. „Für die Kinder war es das Pa-radies, die Gagfah mit ihren knapp 450 Wohnungen auf einem fast dreieckigen Areal war schon immer ein grünes Viertel.“ Man kannte sich und half untereinander. Nach der Wende zog sogar ihre Tochter in eine Nachbarwohnung, alles schien perfekt. Doch viele andere gingen, die Siedlung leerte sich. „Es gab inzwischen besseres“, erinnert sie sich. „Andere Häuser wurden bereits mo-dernisiert.“ In der Gagfah hingegen tat sich nichts. So suchte sich jeder etwas anderes. Auch Renate Gruber-Lieblich. Die Siedlung in Wittenbergs Süden verfiel sichtlich, die Klientel der Bewohner änderte sich. Es war ein Kommen und vor allem ein Gehen.

„Bis zu dem Tag, an dem in der Zeitung zu lesen war: Die Gag-fah wird saniert.“ Lange hatte es ein Tauziehen um die Zukunft der Siedlung gegeben. Die Einigung mit der Beteiligungsgesell-schaft Immobilien Ost zu den Rückführungsansprüchen 2004 öffnete endlich die Türen für eine Sanierung durch die Witten-berger Wohnungsbaugesellschaft WIWOG. In dem gebogenen Wohnhaus in der Schillerstraße hat Renate Gruber-Lieblich ihre Wunschwohnung in der 2. Etage mit herrlichem Balkon

Zurück in die Wunschwohnung: Renate Gruber-Lieblich wohnt wieder in der Wittenberger Gagfah-Siedlung.

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und idealem Wohnungszuschnitt gefunden. „Da haben die Ar-chitekten wirklich gute Ideen gehabt“, nickt sie anerkennend. Früher waren hier drei winzige Wohnungen auf einer Etage. Jetzt sind es zwei. Und die haben beide von den geänderten Grundrissen profitiert. Auf diese Weise wurde durch die WIWOG und ihren Sanierungsträger SALEG das ganze Viertel umge-baut, Wohnungen unterschiedlicher Größe sind so für alle Ge-nerationen entstanden.

Und das kommt an, von Anfang an gab es Wartelisten. „Ich habe mir die Wohnung angeschaut, ausgemessen und ‚ja’ gesagt.“ Am 1. Dezember 2006 ist sie in ihr Viertel zurückgezogen. „Es war das Beste, was ich tun konnte, die Siedlung hat sich so sehr zu ihrem Vorteil verändert.“ Und dann gerät sie geradezu ins Schwärmen: „Die Bepflanzung der Beete. Das ganze Jahr hindurch blüht irgend-was... Die großen neuen Balkons... Die Wohnungsbetreuung der WIWOG ist vorbildlich, der Hausmeisterservice toll, die Gärtner von der WITRA. Was soll ich noch sagen?“, endet sie fast atemlos und nimmt einen letzten Schluck vom roten Tee. „Eine solche Form der Betreuung ist wirklich selten. So wohnt man sonst nur privat.“

Überhaupt wird das Wort „Betreuung“ in Zukunft eine noch größere Rolle in der Arbeit der wohnungswirtschaftlichen Un-ternehmen spielen. Dienstleistungen für Jung und Alt in en-ger Zusammenarbeit mit sozialen Trägern wie bereits in vielen Städten Sachsen-Anhalts entstanden, werden ausgebaut, Be-gegnungsstätten etwa, neue Formen des betreuten Wohnens oder junges Wohnen für Studenten mit Serviceleistungen für alle. „Zukunftsfähige Projekte“ nennen das die Verbandschefs beider Verbände, Jost Riecke und Ronald Meißner, und meinen damit auch die Fortsetzung der energetischen Sanierung der Wohnungsbestände und einen der zukünftigen Alterstruktur des Landes angepassten Wohnungsbau. Rund 2,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2016 will man dafür ausgeben. Allerdings nur, wenn Entscheidungen wie die geplante Halbierung der Städtebauförderung für 2011 zur Konsolidierung des Bundes-haushaltes nicht Realität werden. Es wäre das falsche Zeichen: „Stillstand“, sagen sie mit Nachdruck, „heißt Rückschritt.“

www.vdwvdgw.de

Gute Ideen: Architekten planten die alte „Gagfah“ zu einem modernen Wohnviertel um.

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Der Name Schkopau erscheint zuerst auf einer Urkunde, die am 4. Oktober 1177 in Merseburg ausgestellt wurde. Im Jahr 1215 wird erstmalig eine Feudalburg erwähnt. Mit dieser be-lehnte der Merseburger Bischof Thilo von Trotha seinen Bruder. Daraus wurde der Stammsitz der Familie, die die Burg zu einem prächtigen Schloss umbauen ließ.

Auch wenn kein blaues Blut durch seine Adern fließt, ist dem heutigen Schlossherrn, Kai-Ulf Sauske, der Stolz auf die Ge-schichte und das in den vergangenen Jahren Geschaffene an-zumerken. Aus dem in DDR-Zeiten ungeliebten und schließ-lich fast verfallenen Gebäudekomplex entstand ab 1996 ein modernes Vier-Sterne-Hotel. Die 54 Zimmer und Suiten sowie

Tagen, Tafeln, Trauen im Märchenschloss am SaalestrandDas Schloßhotel-Schkopau bietet viele Überraschungen und genießt überregional einen ausgezeichneten Ruf

Von Christian Wohlt

Was fällt einem beim Namen Schkopau ein? – Genau, die Plaste-und-Elaste-Werbung an der Autobahn. Dieses Image hatte der kleine Ort vor den Toren Halles, am Rande der malerischen Saale-Elster-Aue, allerdings nie verdient. Schließlich reicht seine Ge-schichte bis in das 12. Jahrhundert zurück.

Tourismus-Tipp

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die verschiedenen Einrichtungen des Hauses – dazu gehört zum Beispiel ein Beauty- und Wellnessbereich – bieten allen Komfort. Edle Salons in Grün, Blau und Rot sorgen für stil-volles Ambiente. Gut 40 Mitarbeiter kümmern sich um das Wohl der Gäste.

Überregionalen Ruf genießt das mehrfach ausgezeichnete Restaurant des Hauses „Le Chateau”. Was Küchenchef Danny Habel auf den Teller zaubert, lässt selbst die verwöhntesten Gau-men jubilieren. Kein Wunder, dass die Verwöhn- und Über-nachtungsarrangements nicht nur bei Weitgereisten regen Zuspruch finden. Auch viele Gäste aus der Umgebung kom-men ins Schloss, um gut zu speisen, ein entspanntes Wochen-ende zu verbringen oder eine der mehr als 45 Veranstaltungen zu besuchen. Neben Sommer- und Herbstfesten, Hochzeitsmes-sen, der Großen Weihnachtsfeier und dem Neujahrskonzert

zählen dazu Theater- und Kabarettaufführungen, Stil- und Eti-ketteseminare mit eigenem Hausbutler, das Musical-Dinner, Kochkurse mit dem Küchenchef und vieles mehr.

Die insgesamt 60.000 Quadratmeter großen Außenanlagen laden zum Flanieren ein. Zum Saale-Ufer sind es nur wenige Schritte durch den hoteleigenen Park. Und wer möchte, kann vom hauseigenen Anleger eine Bootspartie auf dem Fluss un-ternehmen. „Wir sind ein Haus für jedermann”, sagt Kai-Ulf Sauske. „Zu uns kommt man zum Kaffeetrinken oder wenn die Oma 80. Geburtstag hat.”

Für Business-Gäste bietet das Haus ein kreatives Umfeld. Ta-gungs- und Seminarteilnehmern wird effizientes Arbeiten durch die dezente Integration modernster Tagungstechnik in den historischen Räumen zum Vergnügen. Die traditionelle

Liebevoll saniert, präsentiert sich das Schloss Schkopau als architektonisches Glanzstück der Region.

Kai-Ulf Sauske und sein Team laden die Gäste in die exklusive Welt eines Märchenschlosses ein.

Tourismus-Tipp

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Küchenchef Danny Habel präsentiert eines seiner kulinarischen Meisterwerke.

Schloßhotel SchkopauAm Schloß06258 SchkopauTelefon: 03461 749 - 0

Atmosphäre schafft zudem einen idealen Rahmen für fest-liche Bankette. Im Schloßhotel-Schkopau können die Gäs-te tagen und tafeln mit Stil in exklusivem Rahmen. Sauske konnte zahlreiche Größen aus Politik und Wirtschaft sowie weitere Prominente in seinem Haus begrüßen. BesondersEilige nutzen gern mal die Gelegenheit und schweben auf dem hauseigenen Hubschrauberlandeplatz ein. Mehrfach war das Haus schon Filmkulisse.

Ein wirklich einmaliges, märchenhaftes Ambiente bietet das Schloßhotel-Schkopau für den schönsten Tag im Leben. In der hauseigenen Kapelle können sowohl katholische als auch evange-lische Hochzeiten gefeiert werden. Das Standesamt ist ebenfalls vor Ort. In diesem Jahr schlossen mehr als 100 Paare den Bund fürs Leben. Ein schönerer und harmonischerer Start ins Eheleben als in diesem exklusiven Rahmen lässt sich wohl kaum vorstellen. Und

sollte doch mal die Schwiegermutter für Zank und Streit sorgen -dann gibt´s da ja auch noch den Turm oder das Burgverlies.

www.schlosshotel-schkopau.de

Tourismus-Tipp

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Das Jahr 1990 – nach Mauerfall und Grenzöffnung ist die DDR im Umbruch. Während viele noch über die kommende D-Mark disku-tieren, ergreift Thomas Eckert die Initiative. Zu dieser Zeit ist Kersten Muschiol aus Halle noch im Babyjahr, doch auch sie spürt diese faszinierende Aufbruchstimmung und ahnt: Wenn sie wieder an ihren früheren Arbeitsplatz zurückkehrt, wird nichts mehr sein wie es war. Beide sind sie heute angekommen im größer gewordenen Deutschland. Der Weg dorthin war nicht immer eben, aber für Kersten Muschiol und Thomas Eckert hat er sich gelohnt.

Manchmal hat Thomas Eckert diese Tage verflucht. Das waren die Tage, an denen der heute 43-Jährige nach der Schule in der Drogerie seiner Eltern im Laden half, anstatt sein Moped aus-fahren zu können. Oder wenn es wieder darum ging, in den Zeiten ostdeutscher Mangelwirtschaft Ware zu besorgen und Produkte herzustellen: sei es geleimte Wandfarbe oder Nagel-lack, den die Eltern mischten, um den Kunden überhaupt etwas anbieten zu können. „Wir waren mehr Lager als Laden“, erinnert sich der Unternehmer an jene Kindheits- und Jugendtage in der Drogerie von Jeßnitz, eine knappe Autostunde nördlich von Halle. Eingekauft wurde Ware, wenn es welche gab - das war in Zeiten des Plans nicht immer planbar. Und so schien es für Thomas Eckert geradezu selbstverständlich, dass seine Lehre ab 1982 nichts mit Handel zu tun haben sollte: Eckert lernte erst einmal Elektroinstallateur.Aber dann gab es auch jene Tage, an denen er begriff, dass der Handel, der Kontakt mit dem Kunden auch etwas Wunder-bares ist. Dass es Spaß machen kann, am Ladentisch Wünsche zu erfüllen und zufriedenen Kunden zu begegnen. Zurück vom Grundwehrdienst bei der Armee fiel der Entschluss, in das Ge-schäft seiner Eltern einzusteigen.

Chef von mehr als 80 Mitarbeitern

Ende der achtziger Jahre ahnte noch niemand, dass die Men-schen in Leipzig, Halle und Dessau bald zu Tausenden auf die Straßen gehen würden und Deutschland bald wieder eins sein könnte. Noch musste sich Eckert mit Kommissionsware und grauen Behelfsverpackungen, mit endlosen Bestellvor-gängen und mit so genannter Bückware herumplagen, die „unterm Ladentisch“ gehandelt wurde. Und doch: Der Weg in die Drogerie seiner Eltern war einer der Schritte, der sein Leben verändern sollte. Als selbstständiger Einzelhändler be-schäftigt Eckert heute mehr als 80 Mitarbeiter und ist da-

mit ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Und er wurde der erste Ostdeutsche überhaupt, der im Raum Halle einen Edeka-Neukauf-Markt in eigener Regie übernahm.An „wilde Zeiten“ erinnert sich der Familienvater zurück-blickend. Die Grenze, die Deutschland Ost und Deutschland West jahrzehntelang geteilt hatte, war gerade gefallen, die Menschen lagen sich vor Freude in den Armen. Noch disku-tierte die Nation in jenem Frühjahr 1990, wie es in Sachen deutscher Einheit, wie es mit welchem Umtauschkurs weiter-gehen sollte. Die Eckerts, Eltern wie Sohn, dachten da schon nach vorn. „Ein Bitterfelder Großhändler hatte erste, vorsich-tige Kontakte mit dem Unternehmen in Minden aufgenom-men und Waren importiert“, erzählt der Motorradfan über jene bewegten Monate. Wie im Lauffeuer sprach sich herum, wenn wieder ein Lkw aus dem Westen eintraf: „Es wurde vom Lastwagen herunter verkauft“. Der damals übliche Kurs für Westwaren gegen Ostgeld lag bei 1:5, die Menschen zahlten gern. Und als dann im Frühsommer 1990 endlich klar war, dass die D-Mark Einzug halten würde, als mancher Händler ratlos war, da fuhr Thomas Eckert nach Westberlin, um einen Preis-auszeichner zu erwerben. Vorbei die Zeiten, in denen ein staat-licher Endverbraucherpreis auf jedes Produkt gedruckt war. „Fair bei den Preisen und kompromisslos bei der Qualität“, so lautete Eckerts Motto – eine Devise, der er bis heute treu geblieben ist.

Im Zentrum: Rund um die Uhr geöffnet

Inzwischen ist er seit mehr als 13 Jahren Unternehmer im ge-nossenschaftlichen Edeka-Verbund. Drei Märkte führt er in eige-ner Regie. Sein Markt in Halle ist und bleibt sein Flaggschiff. Und das nicht nur, weil er als einer von wenigen in ganz Deutschland 24 Stunden geöffnet hat. Mitten im Zentrum der Saalestadt können Hallenser von Montag sieben bis Samstag 20 Uhr ein-kaufen. Ein Jahr lang hat er mit seinem Team an dem Konzept

Erfolgreiche Glücklichmacher hinter dem LadentischDie Einführung der D-Mark brachte eine zweite Wende: von der „Bückwaren“-Verteilung zu westlicher Warenfülle

Von Steffen Reichert

Einzelhandel

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gebastelt – in der Nacht, wenn ohnehin Waren in die Regale nachgepackt werden, sind seit November 2007 auch die Kassen geöffnet. Der Erfolg gibt ihm Recht. Rund 15 Prozent seines Um-satzes in dem Markt erzielt Eckert in der Nacht. Natürlich hat er lernen müssen, hat auch Niederlagen einge-steckt. Doch mit jedem Stück, das seine Firma wuchs, ist auch Eckert gewachsen. Irgendwann hat er begriffen, dass es ihm nicht hilft, wenn er als Chef derjenige ist, der die Getränke-regale am schnellsten bestückt. „Das musste ich erst in den Kopf kriegen, um ihn freizubekommen“, lacht er heute. Und er weiß: Verantwortung übernehmen heißt auch Verantwortung übertragen.Das Geschäft hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. Heute ist alles an Ware verfügbar. Doch hatte er in den Jahren nach der Wende manchmal Mühe, ostdeutsche

Marken in die Regale zu bekommen. Die Kunden griffen lieber zu Waren aus Hamburg, Köln oder München. Längst hat sich dieser Trend umgekehrt. „Die Kunden wissen wieder, was es in der Region gibt,“ sagt Eckert, „und sie verlangen danach.“ Es sind meist lange Tage, die er in seinen Märkten verbringt. Seine Frau arbeitet als Marktleiterin in Sandersdorf mit, seine Tochter lernt im elterlichen Betrieb. Die 19-Jährige kam aus Überzeugung, aber auch, weil Eckert jungen Leuten generell gerne eine Chance gibt. Acht Azubis sind heute bei ihm be-schäftigt. Er begleitet sie auf ihrem Weg. Aus eigener Erfah-rung weiß er, wie wichtig Unterstützung ist.

Vielleicht liegt es daran, dass Kersten Muschiol ihr Leben lang im Handel gearbeitet hat. Vielleicht auch daran, dass ihr die Wünsche der Kunden schon immer wichtig waren.

Vertrautes im Warenkorb: Marcus Moex (Leiter der E-neukauf Filiale in der Hallenser Ludwig-Wucherer-Straße) und Marlies Schönherr schätzen regionale Produkte.

Einzelhandel

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Immerhin war die heute 54-Jährige zu DDR-Zeiten dafür zuständig, für die hallesche Niederlassung der staatlichen Handelsorganisation (HO) Produkte in Ungarn einzukaufen: Obstler der Sorte „Palinka“, Kräuterschnaps, Tomatenmark, Letscho... Begehrte Waren, die in der DDR traditionell „unter dem Ladentisch“ und selbst das nur bei guten Beziehungen gehandelt wurden – „Bückware“ hieß das dann. Auf jeden Fall ist Kersten Muschiol seit drei Jahrzehnten damit beschäftigt, Kunden glücklich zu machen. „Der Einkauf soll und kann Erleb-nis sein“, lautet das Credo der sympathischen Frau, die mit ih-rem Neukauf-Markt im Süden von Halle jeden Tag rund 8 000 Haushalte versorgt. Die Geschichte von Kersten Muschiol ist eine Geschichte, wie sie wohl nur im Osten möglich ist. Die Geschichte einer Frau, die beruflich eigentlich zur Reichsbahn soll und heute Chefin von mehr als 30 Beschäftigten ist. Doch weil die Bahn, weil Oberleitungen und Stellwerke die junge Mecklenburgerin nicht ernsthaft interessieren, studiert sie in der Bezirksstadt Halle lieber Volkswirtschaft. Sie kommt 1977 mit verwandtschaftlicher Unterstützung schließlich in der HO-Verwaltung unter. „Ich habe von der Pike auf gelernt, was Handel in der DDR bedeutet“, erinnert sie sich an ihre ersten Jahre. Eine Erfahrung, von der sie noch heute zehrt.

Die größte Herausforderung und der größte Unterschied zum heutigen Geschäft ist das Beschaffen der Ware. Mal ist kein gutes Bier vorhanden, dann gibt es wieder keine Limonade, Pflaumenmus, Nuss-Nougat-Creme „Nudossi“, Ketchup oder Apfelsinen sind notorisch knapp. Und doch versuchen Ein-käufer, Verkäuferinnen und Verwaltung den Mangel etwas zu gestalten. „Wir haben versucht, die Ware gerecht zu verteilen und möglichst vielen Kunden etwas zukommen zu lassen“, er-innert sich die Unternehmerin an diese Zeit.

… und da war die DDR auf einmal verschwunden

Als mit dem Mauerfall die D-Mark und der Konsum im Osten Einzug halten, wird plötzlich alles anders. Auch für Kersten Muschiol. Sie erlebt Währungsunion und deutsche Einheit im Babyjahr – „ein bisschen traurig, in jenen verrückten Wochen nicht selbst mit verkaufen und nahe bei den Kunden sein zu können.“ Und als sie dann im Frühjahr 1991 aus dem Erzie-hungsurlaub zurückkehrt, da ist die DDR verschwunden, da gibt es die HO nicht mehr. Der neue, starke Partner heißt jetzt Edeka: neue Waren, neue Märkte, eine ganz neue Philosophie. Aufbruchstimmung allerorten. Auch Kersten Muschiol will

Familiäre Atmosphäre: Christine Hofmann und die anderen Mitarbeiter sorgen dafür, dass Einkaufen zum Erlebnis wird.

Einzelhandel

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nun da sein, wo es immer Spaß gemacht hat: in einem großen Markt direkt bei den Kunden. So wird sie in jenen Tagen Markt-leiterin und ist die nächsten zehn Jahre dafür verantwortlich, dass ausreichend Ware vorhanden und entsprechend präsen-tiert, dass Personal eingewiesen wird und die Kunden wirklich zufrieden sind. Lange und harte Tage sind es, aber auch schöne und erfüllende. „Ich habe da noch einmal unendlich viel da-zugelernt“, erzählt die Powerfrau Muschiol über ihren zweiten Beginn, jetzt in der einstigen Kaufhalle Böllberg.Ganz klar, denn es ist ein spezielles Geschäft mit besonderen Herausforderungen. Das Neubauviertel am Rande der Stadt, wie auch die Kaufhalle 1974 entstanden, wird umschlossen von vielen kleinen schmucken Ein- und Zweifamilienhäuschen. Viele der Menschen im Kiez leben seit Jahrzehnten hier. Man kennt sich, man schätzt sich, man vertraut sich auch. „Gut 90 Prozent meiner Kunden kenne ich persönlich“, sagt Kersten Muschiol. Und 90 Prozent ihrer Kunden kennen sie. Das macht es oft einfacher, weil man Wünsche und spezielle Bedürfnisse überblicken kann, man geht aufeinander zu. Und doch ist dies Herausforderung zugleich. Denn natürlich will die Einzelhänd-lerin mit neuen Dingen überraschen, will die Lust am Einkauf wecken.Das hat sie geschafft, das wird im Viertel anerkannt. Und wahr-scheinlich hat ihr das im Jahr 2000 eine wichtige Entscheidung leichter gemacht, die sie in mitunter schlaflosen Nächten zu treffen hatte. Die Entscheidung, ob sie sich vorstellen könnte, den Markt bei einer Privatisierung selbst zu übernehmen. Am Ende hat sie zugesagt. „Wenn ich da Nein gesagt hätte, hätte ich mir das wahrscheinlich nie verzeihen können“, lacht sie im Rückblick. Aber natürlich hat sie lange überlegt, denn schließ-lich geht es nicht nur um beträchtliche Umsätze, sondern auch um viel Verantwortung für ihre Mitarbeiter. 30 Kolleginnen und Kollegen gehören heute zu ihrem Team – eine Mannschaft, die über die Jahre gewachsen ist. Und natürlich wird auch ausge-bildet, mischen sich Erfahrung und jugendlicher Elan.

„Mein Markt ist das Zentrum“

Längst ist der gut 1 000 Quadratmeter große Supermarkt zu einem festen Bestandteil des Wohnviertels geworden. „Mein Markt ist das Zentrum“, fasst Kersten Muschiol das in einem Satz selbstbewusst zusammen. Hier kommt man her, hier trifft man sich, hier macht man auch ein Schwätzchen. Es gibt das neue Schäfer’s-Café, das sich inzwischen etabliert hat. In ih-ren Getränkemarkt hat Kersten Muschiol eine Post- und eine Lottofiliale integriert. Der Springbrunnen vor dem Markt lädt an warmen Sommertagen zum Verweilen ein. Und schon ver-handelt die Unternehmerin mit der Stadtverwaltung mit dem

Ziel, weitere Geschäfte und Einzelhändler anzusiedeln. „Ich sehe das eher als Ergänzung, nicht als Konkurrenz“, sagt sie. Denn wer, wie die Kunden dies formulieren, „mal eben zu Frau Muschiol“ geht, der will mit einem Weg möglichst alles erle-digen. Ein Konzept, das offenkundig funktioniert. Eine Bank-filiale und eine Apotheke haben neben dem Supermarkt bereits ihren festen Platz gefunden.Wenn sie spät abends, oft als Letzte, „ihren“ Markt verlässt und wenn sie so einen Blick wirft auf die beleuchteten Fenster rings herum, dann freut sich Kersten Muschiol. Denn wenn es einen Slo-gan aus dem DDR-Handel gibt, der auch heute noch Bestand hat, dann ist es der: „Gut gekauft, gern gekauft.“ Nur mit dem Unter-schied, dass sie diesen Gedanken heute wirklich umsetzen kann.

www.edeka.de

Händler mit Leib und Seele: Thomas Eckert war der erste Ost-deutsche, der einen Edeka-Markt in eigener Regie übernahm.

Einzelhandel

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Am Abend des 31. August 1990 unterzeichneten Wolfgang Schäuble (West) und Günther Krause (Ost) den deutsch-deut-schen Einigungsvertrag. Tausend Seiten deutsche Einheit, die regeln sollten, wie aus zwei Staaten einer wird – Webfehler in-klusive. Was dann folgte, war der beispiellose Umbau eines gan-zen Staates, der Wirtschaft, der Gesellschaft insgesamt. Dem schauten viele mit Erleichterung, Freude, aber auch Skepsis zu. Der Umbau vollzog sich nicht ohne Schwierigkeiten und Brüche – in der Gesellschaft nicht und auch nicht für die einzelnen Men-schen. Die deutsche Einheit hat das Leben jedes Einzelnen von uns grundlegend verändert; unsere Kinder wuchsen in eine neue Gesellschaft hinein.

Heute, nach 20 Jahren, sehen wir den Weg, den wir zurückgelegt haben. Wir sehen, dass der Umbau ein Aufbau war. Vor wenigen Tagen hat mir der Bürgermeister von Landsberg eine Broschüre zugeschickt, in der die städtebauliche Entwicklung seiner Ge-meinde dokumentiert wurde. Fotos von 1990 wurden denen von heute gegenüber gestellt. Diesen augenfälligen Unterschied können wir in allen gesellschaftlichen Bereichen feststellen: in Schule und Hochschule, im Gesundheitswesen, in der Infrastruk-tur, in der Wirtschaft. Ich denke, in der Summe können wir mit Stolz auf das blicken, was geschafft und geschaffen wurde.

„...die Löhne dagegen liegen im Schnitt deutlich niedriger.“

Die Veränderungen dauern an, wir sind noch nicht am Ziel: Trotz bedeutender Fortschritte hat der Osten noch nicht zum Wes-ten aufschließen können. Das Bruttoinlandsprodukt ist in 20 Jahren um 233 Prozent gestiegen, beträgt aber pro Einwohner erst 74 Prozent des Durchschnitts der alten Bundesländer. Noch immer ist die Arbeitslosigkeit erheblich höher als im Westen, die Löhne dagegen liegen im Schnitt deutlich niedriger. Und: Mit rund 20 Milliarden Euro Schulden gehört Sachsen-Anhalt pro Kopf zu den am stärksten verschuldeten Bundesländern.

Wir wollen das ändern, denn wir wollen 2019, drei Jahrzehnte nach der Wende, auf eigenen Füßen stehen. Wir müssen das ändern, denn 2019 läuft der Solidarpakt II aus. Einen dritten wird es nicht geben.

Auf halbem Wege mit Zukunftsmusik im Ohr

Von Jens Bullerjahn, Minister der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt

Die Landesregierung hat viel unternommen in den vergange-nen Jahren, um sich darauf vorzubereiten. Drei Jahre lang haben wir keine neuen Schulden aufgenommen, einen Tilgungsplan erarbeitet, Vorsorge für schwierige Zeiten getroffen. Wir passen das Personal der Landesverwaltung an die veränderten demo-graphischen Bedingungen an. Wir haben die Verwaltung auch organisatorisch gestrafft und ihre Leistungsfähigkeit verbes-sert. Diese Maßnahmen sind kein Selbstzweck. Sie haben das Ziel, Spielräume zu gewinnen für den Abbau unserer Schulden und Raum zu schaffen für die Aufgaben, die für die weitere Entwicklungen des Landes wichtig sind: Investitionen in Wirt-schaft, Schule, Bildung, Forschung und Familie. Die Politik wird auch in Zukunft Schwerpunkte setzen können, aber dabei dür-fen uns die Ausgaben und Schulden nicht die Luft zum Atmen nehmen.

„Nicht nur der Osten, auch der Westen hat sich verändert.“

Nicht nur der Osten, auch der Westen hat sich verändert, und wir sehen uns heute gemeinsam vor Aufgaben und Risiken ge-stellt, die durch die verschärfte Globalisierung und eine verän-derte Rolle Deutschlands in Europa und der Welt entstanden sind. Dafür ist die Finanz- und Wirtschaftskrise der vergange-nen Jahre ein deutliches Beispiel.

Milliarden wurden in Bewegung gesetzt, um mit Rettungs-schirmen und Konjunkturpaketen die Märkte zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu retten. Inzwischen sind aber auch Erfolge sichtbar: Die Wirtschaft des Landes hat sich stabilisiert, die Ar-beitslosenzahlen sinken wieder.

„20 Jahre danach“ sollten wir deshalb nicht nur das in der Ver-gangenheit Erreichte würdigen, wir müssen nach vorne schau-en, die Entwicklung vorantreiben und zukunftsfest machen. Wir sollten Leitbilder entwickeln, wie wir in zehn, 20 Jahren leben wollen und die Schritte definieren, dorthin zu gelangen.

Dazu müssen wir auch unsere politischen Strukturen über-prüfen, ob sie der künftigen Entwicklung dienlich sind. Schon heute ist absehbar, dass der Ballungsraum Halle/Leipzig immer stärker zu einer Metropolregion zusammenwächst.

Visionen

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Jens Bullerjahn, Jahrgang 1962, ist Finanzminister und stellvertretender Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt. Der gebürtige Hallen-ser ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Der SPD-Politiker gehört dem Landtag seit 1990 an, war u.a. Parlamentarischer Geschäftsführer und Fraktionsvorsitzender. Seine Partei hat ihn zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im März 2011 nominiert.

Im weiteren Umfeld zu diesem Verdichtungszentrum bieten Entwicklungsräume wie Dresden, Magdeburg, Er-furt oder Chemnitz eigenständige Wachstumsbeiträge. Metropolregionen sind die Motoren der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Sie bilden die Zentren der deut-schen und – weiter gefasst – der europäischen Wirtschaft. Die Vernetzung und gemeinsame Entwicklung Mittel-deutschlands hat sich in den vergangenen Jahren ver-stärkt. Wirtschaft, Wissenschaft und Politik fordern und erfordern eine engere Zusammenarbeit über die Landes-grenzen hinweg.

„Am Ende werden wir zu einer Fusion kommen.“

Diese verstärkte Kooperation gilt es zu fördern und zu entwickeln. Angesichts dieser Tendenzen, angesichts auch der gewachsenen Identitäten in Mitteldeutsch-land plädiere ich für eine Perspektive auf mittlere Sicht. Am Ende werden wir über eine immer stärkere Koope-ration zu einer Fusion unserer Bundesländer kommen. Da wird es Widerstände geben, Beharrlichkeiten, Beden-ken gegen diese Zukunftsmusik, doch die Tendenzen sprechen für sich.

Und schließlich: Vor 20 Jahren gab es auch Be-denken gegen Zukunftsmusik. Heute ist diese ZukunftGegenwart. Wir sind auf halbem Wege. In zwan-zig Jahren wollen wir ein paar Schritte weiter sein.

Visionen

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Das große Logo auf den roten Triebwagen der Baureihe 642 ist kaum zu übersehen. „Elbe Saale Bahn“ steht dort in großen weißen Buchstaben, und zwei zartblaue Striche symbolisieren die beiden bekanntesten Flüsse zwischen Arendsee und Zeitz. Und als das sachsen-anhaltische Landeswappen und der Slogan „Wir stehen früher auf“ ins Auge des Betrachters geraten, steht zweifelsfrei fest: Dieses Verkehrsunternehmen zeigt gern, wo es seine Wurzeln hat. Doch damit nicht genug, mit regionalen Namen wie „Anhaltisches Theater Dessau“, „Schloss Bernburg“, „Naturpark Drömling“ oder „Zoo Magdeburg“ weisen die Trieb-wagen auf Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke hin.

Seit dem 10. Dezember 2006 gleiten im Namen der Elbe-Saale-Bahn 27 modern ausgestattete Niederflurtriebwagen durch Sachsen-Anhalt und Teile Niedersachsens, 21 neue Doppelstock-wagen sind bestellt. Auf 1 435 Millimeter Spurbreite verbinden die Züge des Bahnunternehmens nicht nur die Landstriche Altmark, Börde und Anhalt miteinander, sondern sind auch für weitere Verkehrsdienstleistungen in Sachsen-Anhalt zuständig. „Abstecher“ ins Nachbarland Niedersachsen sind gewollt und ein Teil des umfangreichen Kundenservices. Das Streckennetz der Elbe-Saale-Bahn ist rund vier Jahre nach Inbetriebnahme fast 400 Kilometer lang. Bis vorerst 2018 befördert die Elbe-

Auf 1 435 Millimetern in Sachsen-Anhalt unterwegsSeit vier Jahren bedient die Elbe-Saale-Bahn ihr 400 Kilometer langes Streckennetz

Von Sabrina Gorges

Nahverkehr

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Hohe Konzentration hat im Lokführerstand oberste Priorität.

Schließlich geht es um dieSicherheit der Reisenden.

Lokführer Rolf Wellnitz ist ein Routinier und lässt sich durch

nichts ablenken.

Bei der Elbe-Saale-Bahn arbeiten170 Lokführer. Rolf Wellnitz ist einer davon. Für den 60-Jährigen ist der Beruf eine Berufung.

Nahverkehr

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Saale-Bahn Touristen, Pendler oder Schulklassen auf dem Altmark-Börde-Anhalt-Netz und erfüllt dabei ganz selbstverständlich die Forderungen nach Qualität, Sau-berkeit, Fahrkomfort und Pünktlichkeit. Verena Spiller leistet dazu jeden Tag einen entscheiden-den Beitrag. Die 48-Jährige ist das, was man umgangs-sprachlich gern als Zugbegleiterin bezeichnet. „Offiziell bin ich aber Kundenbetreuerin“, meint sie stolz. „Aber das sagt ja keiner.“ Dabei ist das Begleiten von Zügen nur ein Teil ihrer Arbeit. Sie achtet beim Ein- und Aussteigen darauf, dass sich niemand verletzt, räumt leere Kaffee-becher und Fast-food-Reste weg, verteilt Broschüren und gibt vergessene Sachen im Fundbüro ab. Die aus-gebildete Fachkraft für Eisenbahntransporttechnik trägt eine schicke Uniform und hat ihr rotes Tuch adrett um den Hals geknotet. „Ich bin Service- und Dienstleister.“ 32 Dienstjahre hat die quirlige Frau aus Wefensleben im Bördekreis schon hinter sich. Früher, zu DDR-Zeiten, hat sie noch mit der Trillerpfeife und einer Kelle am Bahn-steig gestanden und den Zug freigegeben. „Jetzt bin ich voll und ganz für die Reisenden da.“

Die Arbeit in der Kundenbetreuung der Elbe-Saale-Bahn ist im Schichtbetrieb geregelt. „Wir haben aber keine klassischen Schichten“, erzählt Verena Spiller. „Jeder Tag ist anders.“ Auf dem Dienstauftrag ist der Schichtbe-ginn an diesem Tag mit 13.16 Uhr vermerkt. Eine unrunde Zahl, ebenso wie das Dienstende um 20.44 Uhr. Bevor sie um 13.27 Uhr in den Zug von Magdeburg nach Wolfsburg steigt, hat sie sich telefonisch in der Leitstelle zum Dienst gemeldet und sich über die aktuellen Besonderheiten in-formiert. Zwei Mal wird sie laut Plan an diesem Tag von Magdeburg nach Wolfsburg fahren, eine Lieblingsstrecke hat sie nicht. Dafür ist sicher, dass „Guten Tag, ihr Fahr-schein bitte“ der meistgesagte Satz in Verena Spillers Berufsleben ist. „Hundert Mal sage ich das bestimmt am Tag“, schmunzelt sie. „Wenn das reicht.“

Die Reaktionen der Reisenden auf die Anwesenheit der Kunden-betreuerin sind unterschiedlich. Der Gang durch die überschau-bare Zugeinheit ist zwar Routine, der Umgang mit den Men-schen dagegen nicht. „In Berufen wie meinem merkt man erst, wie viele verschiedene Charaktere es gibt“, sagt die 48-Jährige. Einige wollen plauschen, andere Auskünfte zum Fahrplan und wiederum andere pöbeln und spuken. „Es spielt keine Rolle, ob es hell oder dunkel ist“, erklärt sie. „Wenn angetrunkene Fuß-ballfans oder aggressive Jugendliche in den Zug steigen, ist Fin-gerspitzengefühl gefragt.“ Angst habe sie keine, auch weil alle

Züge der Elbe-Saale-Bahn per Videokamera überwacht werden und vorn im Führerhaus ein Lokführer sitzt. Lokführer wie Rolf Wellnitz, die voller Hingabe einen Zug steu-ern und jedem Menschen gern erzählen, dass es ihr Traumbe-ruf ist. „Ich bin in Güsten direkt neben der Bahnlinie geboren und familiär vorbelastet“, sagt der 60-Jährige. „Auch mein Onkel steuerte eine Lok.“ Er trägt eine Brille, ist ein gemütlicher Mann und mit Leib und Seele Lokführer. Einmal hat er sogar bei einer polizeilichen Routinekontrolle unabsichtlich seinen Lokführerschein vorgezeigt – und für Erheiterung bei den

Nahverkehr

Mit Bestimmtheit und viel Freundlichkeit: Die Kontrolle der Fahrscheine gehört für Kundenbetreuerin Verena Spiller von der Elbe-Saale-Bahn zum täglichen Geschäft.

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Rolf Wellnitz gehört zum Team von Wolfgang Möhring, dem 80 Lokführer unterstellt sind. „Ich bin einer von insge-samt zwei Teamleitern“, sagt Möhring. Insgesamt gibt es bei der Elbe-Saale-Bahn 170 Lokführer. Wellnitz hat aktuell 20 Zulassungen für verschiedene Baureihen. Er darf Die-sel- und E-Loks fahren und auch Steuerwagen bedienen. Auf den Schulterklappen seines Uniformjacketts hat er drei rote Streifen, die Kennzeichnung für einen Strecken-lokführer. Da in seinem Unternehmen nur Diesel-Triebwa-gen im Einsatz sind, darf er maximal 120 Stundenkilome-ter fahren. „Aber ich erreiche diese Geschwindigkeit nur selten, weil wir an vielen Bahnhöfen anhalten“, sagt er. Am liebsten ist er im Landesnorden unterwegs. Doch Rolf Wellnitz hat keine Zeit, sich die schöne Landschaft anzu-gucken. „Zur allgemeinen Sicherheit findet im Führerhaus die totale Überwachung statt“, schmunzelte der 60-Jährige.

Um die Aufmerksamkeit des Lokführers sicher zu stellen, muss er in regelmäßigen Abständen einen Fußtaster be-tätigen. Tauchen entlang der Strecke Signale oder Sonder-zeichen auf, muss er per Wachsamkeitsschalter bestätigen, dass er sie gesehen hat. „Wenn das alles nicht passiert und die Warnsignale nicht wirken, setzt in Null-Komma-Nix die Zwangsbremsung bis zum Stillstand des Zuges ein.“ Ein Fahrtenschreiber zeichnet alle Tätigkeiten auf, Radio ist nicht erlaubt und auch sonst ist höchste Konzentration ge-boten. „Jeder Lokführer ist froh, einen Kundenbetreuer im Zug zu haben“, versicherte Rolf Wellnitz. „Da weiß man die Kunden in guten Händen.“

An die Elbe-Saale-Bahn, auch kurz ESA genannt, wurden bereits bei der offiziellen Inbetriebnahme im Dezember 2006 große Erwartungen geknüpft. „Den Fahrgästen soll ein attraktives Angebot mit gutem Service und hoher Zuverlässigkeit angeboten werden“, erklärte Landesver-kehrsminister Dr. Karl-Heinz Daehre (CDU) damals. Im Jahr 2004 wurde das Teilnetz Altmark-Börde-Anhalt von der landeseigenen Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt

GmbH ausgeschrieben. Die DB Regio beteiligte sich mit dem Ab-leger Harzbahn daran und erhielt den Auftrag. Da die geografi-sche Einordnung aber nicht mehr ganz passte, firmierte die Toch-ter-gesellschaft seit der Betriebsaufnahme als „Elbe Saale Bahn GmbH“. Heute ist sie mit dem Markennamen „Elbe Saale Bahn“ voll in die DB Regio AG eingegliedert. Das Unternehmen hat sei-nen Sitz in Magdeburg und beschäftigt rund 600 Mitarbeiter.

www.elbe-saale-bahn.de

Beamten gesorgt. Als gelernter Diesellokschlosser besuchte Wellnitz die Lokfahrschule Weißenfels und absolvierte eine „ganz solide Ausbildung“, wie er es nennt. Am 20. Dezember 1974 war er erstmals allein als Lokführer unterwegs, die Aus-bildung zum Schlosser begann bereits 1967. Im Laufe der Zeit besuchte er immer wieder Lehrgänge, um sich mit Loks neuer Baureihen vertraut zu machen. „Aber das war noch gar nichts“, winkt er ab. „Nach der Wende hat für uns die Zeit des Lernens erst richtig angefangen.“

Nahverkehr

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Eine Gemeinschaftsaktion von Sachsen-Anhalt-Magazin und radio SAW.

www.sachsen-anhalt-magazin-verlag.dewww.radiosaw.dewww.wir-sind-sachsen-anhalt.de

Jürgen Bendler (57) ist Geschäftsführer der SLM Schweiß-

technische Lehranstalt Magdeburg gGmbH. Seit zwei

Jahrzehnten lenkt und leitet der diplomierte Schweißfach-

ingenieur die Geschicke dieses Tochterunternehmens der

Handwerkskammer, in dem seither rund 22 000 Fachkräfte

eine Ausbildung absolviert haben. In den vergangenen

20 Jahren hat sich die SLM einen Ruf erarbeitet, der weit

über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinausreicht.

Wir sindSachsen-Anhalt

„Hier lohnt es sich noch Fußzu fassen, wenn man mutige Ideen hat und Verantwortung übernimmt.“

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Ungewöhnliche Perspektive:Geschäftsführer Helmut Herdt

in einem der vier modernenKanalsaug- und -spülfahrzeuge.

Nur eine von vielen Investitionen seit der SWM Magdeburg-Gründung 1993.

Früher stand den Kollegen nur einFahrzeug für die Reinigung des

rund 1000 Kilometer langen Abwassernetzes zur Verfügung.

Auf einen runden Geburtstag können die knapp 700 Mitar-beiter der Städtischen Werke Magdeburg GmbH (SWM Mag-deburg) in diesem Jahr noch nicht anstoßen. Doch trotzdem ist das Unternehmen ein waschechtes Wendekind. Am 19. Mai 1993 aus der Taufe gehoben, mussten die Klippen des Umbruchs über-wunden werden. Bei der Gründung standen sämtliche Versor-gungssysteme vor dem Kollaps. Die Mechaniker waren eigent-lich Krisenmanager.

Das war die Ausgangssituation. Heute sind die SWM Magde-burg ein leistungsfähiges Unternehmen, das Strom, Wasser, Gas und Wärme verkauft und für die Abwasserentsorgung verantwortlich ist. 2009 lagen die Umsatzerlöse bei immer-hin 398 Millionen Euro. Aber wie gesagt, der Weg dahin war steinig. „Wir haben in den zurückliegenden 17 Jahren rund eine Milliarde Euro investiert“, rechnet Helmut Herdt, der Sprecher der Geschäftsführung, zusammen.

Mit Wind und Wasser gut versorgt in die Zukunft Die Städtischen Werke Magdeburg GmbH haben sich zu einem stabilen Versorgungsunternehmen entwickelt

Von Sabine Tacke

Energiewirtschaft

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Herdt hat den Wandlungsprozess der SWM Magdeburg von Anfang an miterlebt. Und mitgestaltet. Im März 1993 nahm er die Geschicke der Stadtwerke in die Hand. „Eigentlich war das so gar nicht geplant“, gesteht er freimütig. Der Jurist aus Detmold war 1991 nach Magdeburg gekommen, um im Bereich „OffeneVermögensfragen“ zu arbeiten. „Ein halbes Jahr wollte ich bleiben. Damals konnte ich nicht ahnen, dass ich den wesent-lichen Teil meines Lebens in Magdeburg verbringen sollte“, er-innert er sich.

Nachdem Herdt sich mit der Bearbeitung der Vermögensfragen auseinandergesetzt hatte, kam das Thema Stadtwerke auf den Tisch. Magdeburgs damaliger Oberbürgermeister Willi Polte hat den Detmolder schließlich überredet, dies gemeinsam mit den damaligen Partnern zu organisieren. „Das war schon eine Riesenherausforderung, aber spannend“, resümiert Helmut Herdt. „Zunächst mussten wir aus den alten DDR-Betrieben ein Ganzes machen. Da gab es viel Unruhe bei den Belegschaften. Nach der Ankündigung, dass die MAWAG (Magdeburger

Energiewirtschaft

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Wasser- und Abwassergesellschaft) aufgelöst werden soll, sind die Mitarbeiter auf die Straße gegangen. Die Leute hat-ten einfach Existenzangst.“

Daran kann sich auch Olaf Peine noch lebhaft erinnern: „Keiner wusste, wie es weitergeht, ob er seinen Job behalten kann.“ Viele sind bei den SWM Magdeburg wieder eingestellt worden.Peine arbeitet heute im Kanalnetzbetrieb. Seit 27 Jahren ist das unterirdische Labyrinth sein Metier. Er und seine 16 Kollegen

des Bereichs Kanalreinigung sind gewissermaßen die Herren der Magdeburger Unterwelt, die ein 1 080 Kilometer langes unterirdisches Abwassernetz umfasst. Zum Vergleich: Das ent-spricht in etwa der Strecke zwischen Magdeburg und Venedig.

„Ich habe von 1983 bis 1985 bei der damaligen MAWAG Instand-haltungsmechaniker gelernt. Als der Betrieb 1994 in die Stadt-werke überführt wurde, bin ich dabei geblieben. Heute bin ich Obermonteur“, erzählt er stolz. Er kennt noch die Tücken, die ihn und seine Kollegen zu DDR-Zeiten geplagt hatten. „An eine systematische Reinigung der Kanäle war gar nicht zu denken. Wir haben seit 1993 fast 15 Jahre gebraucht, um sie in Ordnung zu bringen.“

Nicht nur das Abwassernetz war marode, ebenso die Strom- und Wasserversorgung. Herdt blickt zurück in die Zeit des Neu-anfangs: „Als erstes mussten wir einen Masterplan aufstellen und erheblich investieren. Kein geringes Problem für einen ge-rade gegründeten Betrieb.“ Doch die Banken spielten mit. „Und auch unsere damaligen Partner haben uns beim Aufbau sehr unterstützt.“ Also konnte gebaut werden: Der Hauptsammler und das Hauptpumpwerk „Nord“ mit dem Elbtunnel für das Ab-wasser wurde 1998 eingeweiht. Im Jahr darauf folgte das neue Klärwerk in Gerwisch, das mit seinen pastellfarbigen Faultür-men ein Hingucker ist. Das Hauptpumpwerk am Cracauer An-ger ist entstanden, das Umspannwerk Magdeburg-Süd wurde saniert, das Müllheizkraftwerk Rothensee startete 2005 seinen Betrieb. Alle Ver- und Entsorgungsleitungen sind inzwischen auf dem technisch neuesten Stand.

Jetzt kümmern sich die rund 700 SWM-Mitarbeiter um die Zu-kunft. Herdt: „Wir streben mit dem Windenergieanlagenbauer Enercon am Standort Magdeburg-Rothensee eine weitere Ko-operation an. Sauberer Strom spielt für uns eine immer größere Rolle.“ Die SWM Magdeburg bieten ihren Kunden „SWM Natur Strom“ an. Damit backt zum Beispiel die Stendaler Landbäckerei in ihren 18 Magdeburger Filialen ihre Brötchen. Der Naturstrom besteht zu 90 Prozent aus Wasserkraft ei-nes österreichischen Anbieters. Die restlichen zehn Prozent kommen aber aus Magdeburg – als Windkraft von der Firma Enercon. So schont der saubere Strom nicht nur die Umwelt, sondern stärkt auch noch die lokal ansässige Wirtschaft.

www.sw-magdeburg.de

Sorgt für optimale Reinigung: der Hoch-druckschlauch am Handels-hafen. Mit ihm arbeiten die Kanalnetzmonteure Siegmund Höding und Roland Dammahs (v.l.). Zwar läuft hier nicht alles ganz geruch- dafür aber reibungslos. Das Wichtigste für Helmut Herdt und Ober-monteur Olaf Peine (rechts)

Energiewirtschaft

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Im Labor von Dr. Detlef Lazik im halleschen Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) stehen gleich mehrere Versuchs-aufbauten, an denen er derzeit tüftelt. Darunter ist ein durch-sichtiger Behälter, gefüllt mit Rindenmulch und durchzogen von Silikonschläuchen. Der Laie staunt, doch für Lazik ist das schein-bare Gewirr kein Grund, den Überblick zu verlieren. Über einen Schlauch lässt er Gas in den Behälter strömen. Und umgehend erscheint auf dem Display des angeschlossenen Notebooks ein Signal. „Was wir hier sehen, ist ein neuartiger Gassensor“, fasst er die Demonstration ganz nüchtern zusammen. Es klingt wenig spektakulär, aber die Entwicklung dieses Gassensors ist schon eine kleine Sensation.

Dessen Geburtsstunde schlug vor knapp zwölf Jahren, hier in Halle. In der Weihnachtszeit des Jahres 1998, als sich die meis-ten Sachsen-Anhalter wohl gerade über die Reste ihres Weih-nachtsbratens hermachten, feierte Detlef Lazik in seinem Labor den Durchbruch. Der Geophysiker und Hydrogeologe am Helm-holtz-Zentrum für Umweltforschung beschäftigte sich damals mit grundlegenden Fragen zur direkten Gasinjektion – einem neuen Verfahrensansatz zur Vor-Ort-Sanierung kontaminierter Grundwässer. Ein häufig diskutierter Nachteil des Konzeptes war, dass keine geeigneten Methoden zur Messung der Gaskon-zentration im Grundwasserleiter und damit für die Verfahrens-steuerung zur Verfügung standen.

Den Geheimnissen der Gase auf der SpurSensoren im Keller können Hausbewohner rechtzeitig vor gefährlichen Gasen warnen Von Annette Schneider-Solis

Forschung

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SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 03/10

Zeitgleich untersuchte Detlef Lazik die geochemische Entwick-lung von sauren Kippensedimenten aus Braunkohletagebauen.Dafür wurden Säulen mit Kippensediment mit Grundwässern durchströmt. Um die in der Kippe ablaufenden Prozesse mög-lichst gut im Labor nachzubilden, musste der Eintrag von Sau-erstoff in den Versuchsaufbau minimiert werden. Deshalb setz-te Lazik sehr gasdichte, dickwandige Teflonschläuche für die Zu- und Abführung der Wässer zu beziehungsweise von den Säulen ein. Nach etwa zwei bis drei Wochen aber bildeten sich bräunliche Beläge auf der Innenseite der Ablaufschläuche – ein Zeichen für ausfallendes Eisenhydroxid, aber auch ein Indiz für Sauerstoff, der offensichtlich durch die massive Schlauchwan-dung dringen konnte.

„Die Gasdiffusion sollte im Inneren eines gasgefüllten Mem-branschlauchs zu einer messbaren Volumenänderung führen, wenn Gase die Membran unterschiedlich schnell durchdrin-gen“, schlussfolgerte Detlef Lazik. Doch diese Volumenände-

rung erwies sich für den vorhandenen Teflonschlauch als zu klein. Schon die geringsten äußeren Einwirkungen verfälschten die Versuchsergebnisse enorm.

Zwischen Weihnachten und Silvester war das UFZ-Gebäude in Halle menschenleer. Keine Türen klappten, die Heizung lief ledig-lich zum Frostschutz, die Laborlüftung war abgeschaltet. Über mehrere Tage gelang das, was zuvor noch nie geglückt war: in Abhängigkeit der Konzentration von Sauerstoff, dem Lazik Stick-stoff in einem Gefäß zusetzte, fing er unterschiedliche Mengen an Gas aus dem Teflonschlauch auf, der in das Gefäß getaucht war. Damit war ein neues Messverfahren geboren.

Zu den wichtigsten Forschungsfeldern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Halle gehören derzeit Stoffwechselpro-zesse im Boden, bei denen Kohlendioxid (CO2) entsteht. Eine direkte Messung des Gases in einem repräsentativen Boden-ausschnitt liefert wichtige Informationen zur Aktivität dieses

Verwirrend ist das Kabelgewirr nur für den Laien. Dem Experten hilft es, exakte Daten über dieAusbreitung von Gasen zu gewinnen.

Forschung

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Stoffwechsels. Ein aktuell bedeutungsvolles Anwendungsgebiet sieht Detlef Lazik im Sicherheitsmonitoring für die geologische Speicherung von überschüssigem CO2, das bei verschiedenen technologischen Prozessen entsteht – etwa bei der Kohleverbren-nung. CCS heißt das Verfahren, das für „Carbon Capture and Sto-rage“ steht, also die Abscheidung von Kohlendioxid zum Beispiel aus Rauchgasen und dessen Speicherung im tiefen geologischen Untergrund. Daran wird gegenwärtig weltweit geforscht.

Akzeptanzprobleme für diese aus globaler Sicht durchaus interessante Technologie resultieren unter anderem daher, dass kostengünstige sensorische Konzepte zur rechtzeitigen Detektion von eventuell aus dem unterirdischen Speicher aufsteigendem Kohlendioxid fehlen. Wichtig wäre die Detek-tion von CCS-CO2 noch während es im Boden aufsteigt, also noch bevor es die Atmosphäre erreicht. Das zentrale Problem hierbei: Wie unterscheidet man das CCS-Kohlendioxid von dem „nor-malen“ CO2, das infolge von Bodenatmung natürlich entsteht?

Während die Bodenatmung Sauerstoff, verwertbares organisches Substrat und Bodenfeuchte voraussetzt und bei höheren CO2-Konzentrationen zum Erliegen kommt, kann sich entweichendes CCS-CO2 unter bestimmten Bedingungen im Boden aufstauen. „Aus vulkanischen Gebieten ist bekannt, dass sich Keller mit CO2 füllen, wenn der Abfluss von aufsteigendem vulkanischen Koh-lendioxid in die Atmosphäre durch Niederschläge blockiert wird.“

Zur Unterscheidung zwischen beiden Komponenten setzt man hauptsächlich Isotopenmethoden ein. Berücksichtigt man die Größe der zu überwachenden Flächen, könnten derartige Tech-niken extrem teuer werden. „Scheinbar unglaublich – aber den-noch möglich: membranbasierte Gassensoren sollten zukünftig auch die Unterscheidung beider Komponenten ermöglichen – permanent, im Boden, kostengünstig und unabhängig von Unterschieden in der isotopischen Signatur beider Gaskompo-nenten. „Unsere Theorie wurde durch die ersten Experimente im Labor bestätigt“, berichtet Detlef Lazik. Bestätigen sich die Ergebnisse auch in Feldversuchen, wäre ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit und Akzeptanz für CCS getan. Die Sensorik besitzt weite Einsatzmöglichkeiten, wobei Gase wie beispielsweise Kohlendioxid, Sauerstoff, Methan oder Schwefel-wasserstoff nach ein und demselben Prinzip detektiert werden. Ein Gassensor im Keller würde den Hausbewohner rechtzeitig vor gefährlichen Gasen oder der in Räumen vor Bränden war-nen. „Winzer gehen nicht wegen der romantischen Stimmung mit der Kerze in den Keller. Bei der Vergärung von Wein entsteht CO2, das sich im Keller erheblich aufkonzentrieren kann.

Bereits der Wellensittich diente dem Bergmann als Gassensor. Doch bis in unsere Tage werden Gasaustritte in Gruben zu spät detektiert. Die Folgen sind mitunter dramatisch.“

Der Einsatz der Sensoren ist in natürlichen Systemen, in Fest-stoffen, Gewässern oder der Gasphase, zum Brandschutz, zur Anlagensteuerung und -sicherheit, im Bergbau oder anderswo möglich. Dabei ist die Geometrie des Sensors an das Messpro-blem anpassbar. Das heißt: für die Messung von Gasen in Seen oder in Biomasse können Sonden eingesetzt werden, auf Depo-nien und Gasspeichern sowie in CCS-Anlagen auch Messnetze, entlang von Pipelines beispielsweise Liniensensoren.

Seit der Entwicklung der ersten Ideen hat Detlef Lazik sei-ne sensorischen Konzepte ständig weiterentwickelt. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Damit andere die Forschungsergebnis-se schon jetzt nutzen können, ist eine Ausgründung vorberei-tet worden, die mit Mitteln des Helmholtz-Enterprise-Fonds und durch das Exis-Programm des Bundeswirtschaftsministe-riums unterstützt wird. „Nachdem die ersten Prototypen auf Messen mit viel Erfolg vorgestellt wurden,“ berichtet Lazik stolz, „haben wir zum 1. September 2009 die „Membranbasierte Gas-sensoren UG (haftungsbeschränkt) – MeGaSen“ gegründet. Unser Ziel ist, die Technologie in den kommenden Jahren zur Marktreife zu bringen und international zu vermarkten.“

www.halle.ufz.de

Die Speicherung von Kohlendioxid ist ein potentielles Einsatzfeld für den Gassensor, den Detlef Lazik entwickelt hat.

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www.starker-nahverkehr.de

Abfahren, anhalten,abfahren ...Unsere Stärke: Tag für Tag bewegen wir ein ganzes Land.www.starker-nahverkehr.de

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