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Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

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Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 15. Jahrg., H. 1 (1898), pp. 355-381 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40904971 . Accessed: 10/06/2014 22:54 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.79.37 on Tue, 10 Jun 2014 22:54:28 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 15. Jahrg., H. 1 (1898), pp. 355-381Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40904971 .

Accessed: 10/06/2014 22:54

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Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897.

(Regierungsbl. Nr. 15 vom 3. August 1897 S. 99 )

Allgemeine Bestimmungen.

A. Steuerbehörden.

§1. Die oberste Landesbehörde für alle die Einkommensteuer betreffenden

Angelegenheiten ist das Staatsministerium. Demgemäss ist das Staatsministerium insbesondere auch ermächtigt, be-

züglich nach Massgabe der Bestimmungen in § 62 des Gesetzes vom 5. März 1850, Regierung8bl. 1850 S. 103, mit Unserer Genehmigung alle diejenigen Massregeln zu treffen und alle diejenigen allgemeinen und besonderen Unter- weisungen, Anordnungen und Verfügungen zu erlassen, welche zur folge- richtigen Durchführung dieses Gesetzes nötig erscheinen, oder künftig als ge- boten sich darstellen werden.

§2. Die Ausführung dieses Gesetzes in den einzelnen Gemeindebezirken liegt

unter der Aufsicht und Oberleitung des Staatsministeriums regelmässig den grossherzogl. Rechnungsämtern ob, ausnahmsweise aber - soweit die Staats- regierung von der in § 41 Abs. 2 des Gesetzes vom 5. März 1850, Regierungsbl. 1850 S. 103, erwähnten Befugnis Gebrauch macht - den Gemeindebehörden.

Die Gemeindevorstände führen in solcher Eigenschaft die amtliche Be- zeichnung : Grossherzogliche Steuerlokalkommission.

Soweit für einzelne Gemeindebezirke Steuerlokalkommissionen bestellt sind, gelten die nachfolgenden für die Rechnungsämter und deren Bezirke getroffenen Bestimmungen gleichmässig für die Steuerlokalkommission und deren Bezirke.

§3. Ausserdem haben zur Ausführung dieses Gesetzes die nach Art. 15 u. 93

der Gemeindeordnung vom 17. April 1895, Regierungsbl. 1895 S. 145, zur Unter- stützung der Staatsregierung im Steuerwesen verpflichteten Gemeindevorstände als solche, ingleichen die Bezirksausschüsse und die Gerichtsbehörden nach Massgabe der nachfolgenden Bestimmungen mitzuwirken.

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356 Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

B. Steuerpflicht. Verschiedene Arten des Einkommens und deren Ermittelung. Feststellung des steuerpflichtigen Gesamteinkommens.

§4. Einkommensteuerpflichtig sind : 1. die Staatsangehörigen des Grossherzogtums mit Ausnahme derjenigen,

a) welche in einem anderen Bundesstaate oder in einem deutschen Schutzgebiete wohnen oder sich aufhalten, ohne gleichzeitig im Grossherzogtume einen Wohnsitz (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870, Bundes- gesetzbl. 1870 S. 119) zu haben,

b) welche neben einem Wohnsitz im Grossherzogtume in einem anderen Bundesstaate oder in einem deutschen Schutzgebiete ihren dienst- lichen Wohnsitz (§ 2 Abs. 3 a. a. 0.) haben,

c) welche, ohne einen Wohnsitz im Grossherzogtume zu haben, sich seit mehr als 2 Jahren im Auslande dauernd aufhalten;

2. die Angehörigen anderer Bundesstaaten, a) welche, ohne in ihrem Heimatsstaate einen Wohnsitz zu haben,

im Grossherzogtume wohnen oder, ohne im Deutschen Reiche einen Wohnsitz zu haben, sich im Grossherzogtume aufhalten,

b) welche im Grossherzogtume ihren dienstlichen Wohnsitz haben (§ 2 Abs. 3 a. a. 0.) ;

3. die Ausländer, welche im Grossherzogtume einen Wohnsitz oder ihren wesentlichen Aufenthalt haben;

4. juristische Personen, Stiftungen, Personenvereine und erwerbsfähige Vermögensmassen, mit Einschluss der Aktiengesellschaften, Kommandit- gesellschaften auf Aktien sowie Berggewerkschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften, welche im Gross- herzogtume einen Sitz haben;

5. Konsumvereine; 6. Gesellschaften und Genossenschaften, welche auf Gegenseitigkeit be-

ruhen und ihren Geschäftsbetrieb ausschliesslich auf ihre Mitglieder beschränken, jedoch nur hinsichtlich ihres Einkommens aus Grund- besitz im Grossherzogtume.

§5. Ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Aufenthalt unter-

liegen der Einkommensteuer alle Personen mit dem Einkommen a) aus Grundbesitz im Grossherzogtume, b) aus Gewerbe- oder Handelsanlagen sowie sonstigen gewerblichen Be-

triebsstätten innerhalb des Grossherzogtumes, c) aus Gehalten, Wartegeldern und Pensionen, welche aus der Staats-

kasse gezahlt werden. Die Bestimmung zu a u. b findet auch auf die im § 4 Ziff. 4, 5 u. 6

bezeichneten juristischen Personen, Stiftungen und dergleichen Anwendung.

§ 6. Ausländer unterliegen ausserdem ohne Rücksicht ihres Wohnsitzes oder

Aufenthaltes der Steuerpflicht hinsichtlich ihres Einkommens aus Gehalten, Wartegeldern und Pensionen, welche sie aus der Kasse einer dem Grossherzog- tume angehörigen Gemeinde, Stiftung oder öffentlichen Anstalt beziehen.

§7. Von der Einkommensteuer sind befreit; 1. der Grossherzog und die Mitglieder der grossherzogl. Familie; 2. die am grossherzogl. Hofe beglaubigten Gesandten, bevollmächtigten

Ministerresidenten und Geschäftsträger, "deren Gefolge und Gesinde; 356

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Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. 357

3. diejenigen Personen, denen sonst nach völkerrechtlichen Grundsätzen oder nach besonderen mit anderen Staaten getroffenen Vereinbarungen ein Anspruch auf Befreiung von der Einkommensteuer zukommt.

Die Befreiungen unter Ziff. 2 u. 3 erstrecken sich jedoch nicht auf das Einkommen aus Grundbesitz und aus im Grossherzogtume betriebenen Gewerben, sowie aus Gehalten, Wartegeldern und Pen- sionen aus der Staatskasse.

Ingleichen sind von der Einkommensteuer befreit: 4. Kirchen, Pfarreien, Schulen und die Gesamtuniversität Jena; 5. Anstalten, welche ausschliesslich zur direkten Unterstützung von

Armen, Kranken, Witwen oder Waisen sowie zu Kirchen- oder Schul- zwecken, zur Beförderung der Sittlichkeit oder zur Vorbeugung gegen Verbrechen oder Verarmung bestimmt sind, und eben deshalb die Anerkennung des Staats als milde Stiftung erlangt haben; ebenso Stiftungen, Gemeinden und andere juristische Personen in Ansehung des Einkoramens aus solchem Vermögen, welches ausschliesslich zu einem der vorbezeichneten frommen und gemeinnützigen Zwecke be- stimmt ist und bestimmungsgemäss verwendet wird;

6. die infolge reichs- oder landesgesetzlicher Vorschriften bestehenden Krankenkassen (einschliesslich der Gemeindekrankenversicherungen), Berufsgenossenschaften, Knappschaftskassen, sowie die Thüringische Versicherungsanstalt - soweit nicht Einkommen aus Grundbesitz in Frage kommt.

§ 8. Von der Besteuerung bleibt frei: 1. das Einkommen aus den in anderen Bundesstaaten oder in deutschen

Schutzgebieten belegenen Grundstücken und den daselbst betriebenen Gewerben sowie aus Gehalten, Wartegeldern und Pensionen, welche deutsche Militärpersonen und Zivilbeamte oder deren Hinterbliebene aus der Kasse eines anderen Bundesstaates beziehen (§ 4 des Gesetzes vom 13. Mai 1870, Bundesgesetzbl. S. 119);

2. das Einkommen aus ausländischem Grundbesitz oder Gewerbebetrieb sowie aus ausländischen Gehalten, Wartegeldern und Pensionen, soweit dasselbe nicht von den nach § 4 Ziff. 3 im Grossherzogtume steuerpflichtigen Ausländern bezogen wird und neben ihrem sonstigen staatssteuerpflichtigen Einkommen zur Erfüllung des Aufwandes für ihren Aufenthalt im Grossherzogtume erforderlich ist;

3. das Militäreinkommen der Personen des Unteroffizier- und Gemeinen- standes, sowie während der Zugehörigkeit zu einem in der Kriegs- formation befindlichen Theile des Heeres oder der Marine das Militär- einkommen aller Angehörigen des aktiven Heeres und der aktiven Marine ;

4. die auf Grund gesetzlicher Vorschrift den Kriegsinvaliden gewährten Pensionserhöhungen und Verstümmelungszulagen sowie die mit Kriegs- dekorationen verbundenen Ehrensolde.

Ferner bleiben von der Einkommensteuer frei: 5. Pensionen aller Art, Auszüge aus Landgütern (Altenteile), Unfall-,

Invaliditäts-, Alters- und Haftpflichtrenten, sofern sie jährlich weniger als 200 M. betragen; 6. das Zinseneinkommen von Einlagen bei Spar- und genossenschaft- lichen Darlehenskassen im Grossherzogtume, sofern der Betrag der

gesamten daselbst angelegten Kapitalien, in deren Zinsenbezugsrechte der Steuerpflichtige sich befindet, nicht volle 500 M. erreicht;

7. das Einkommen der Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubten- standes, falls dasselbe auf nicht mehr als 3000 M. veranlagt ist, für diejenigen Monate, in denen sie sich im aktiven Dienste befinden;

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358 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

8. das Einkommen der Studierenden und der Schüler der höheren Lehr- anstalten aus Arbeit und gewinnbringender Beschäftigung (§12 Ziff. 3) ;

9. das Einkommen der unter 18 Jahre und der über 60 Jahre alten Personen aus den im § 12 unter Ziff. 2 u. 3 bezeichneten Quellen, sofern dasselbe nicht volle 200 M. jährlich beträgt;

10. das Einkommen der bei der Gesamtuniversität Jena angestellten Lehrer, Beamten und Diener, soweit dasselbe nicht aus Grundbesitz und selbständigen Handels- oder Gewerbsanlagen innerhalb des Gross- herzogtums herrührt, oder in Dienstbezügen, Wartegeldern und Pen- sionen besteht, welche aus der Staats- oder Hof kasse oder aus der Kasse einer zum Grossherzogtume gehörigen Gemeinde, Stiftung oder öffentlichen Anstalt bezogen werden;

11. die aus .der akademischen Witwen- und Waisenkasse oder anderen akademischen Kassen der Gesamtuniversität Jena gezahlten Witwen- und Waisenpensionen;

12. das Einkommen von Almosenempfängern; 13. das Einkommen aus dem Eisenbahnbetriebe und aus dem zum Eisen-

bahnkörper sowie zu den Bahnhofsanlagen gehörigen Grundbesitz, vorbehaltlich der nach besonderer gesetzlicher Bestimmung zu ent- richtenden Reine rtragsabgabe.

§ 9- Als Einkommen gelten die gesamten Jahreseinkünfte der Steuerpflichtigen

in Geld oder Geldeswert aus : 1. Kapitalvermögen, 2. Grundvermögen, 3. Handel und Gewerbe einschliesslich des Bergbaues, 4. Arbeit und gewinnbringender Beschäftigung, sowie aus Rechten auf

periodische Hebungen und Vorteile jedweder Art.

§ 10. Aus8erordentliche Einnahmen aus Erbschaften, Schenkungen, Lebens-

versicherungen, aus dem nicht gewerbsmässig oder zu Spekulationszwecken unternommenen Verkauf von Grundstücken und ähnliche Erwerbungen gelten nicht als steuerpflichtiges Einkommen, sondern als Vermehrung des Stamm- yermögens und kommen ebenso wie Verminderungen des Stammvermögens nur insofern in Betracht, als die Erträge des letzteren daduich vermehrt oder vermindert werden.

§ ii- Anzumelden (zu fatieren) sind : 1. Diensteinkommen, Gehalte, Wartegelder und Pensionen aus Reichs-,

Hof-, Staats- und anderen öffentlichen Kassen ,, ingleichen aus den Kassen von Stiftungen, Sparkassen, Privateisenbahnen, Aktiengesell- schaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit be- schränkter Haftung, eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen- schaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und Berggewerkschaften;

2. das Einkommen aus Kapitalvermögen an Zinsen, Dividenden, Aus- beuten und sonstigen Gewinnanteilen - soweit diese Einkünfte nicht als Teil des Geschäftsertrages aus Handels- und handelsmässigem Ge- werbebetrieb (§ 54 Abs. 2) zu betrachten sind ;

3. Leibrenten und Rentenbezüge sonstiger Art - insbesondere Unfall-, Invaliditäts-, Alters- und Haftpflichtrenten, soweit dieselben nicht auf Grund des § 8 Ziff. 5 steuerfrei sind.

§12. Durch Schätzung wird ermittelt das gesamte übrige Einkommen,

insbesondere 358

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Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. ggQ

1. das Einkommen aus Grundvermögen mit Einschluss von Erbzinsen und anderen grundherrlichen Gefällen;

2. das Einkommen aus Handel und Gewerbe mit Einschluss des Fabrik- betriebes und des Bergbaues sowie des Feld- und Pachtgewerbes;

3. das Einkommen aus Arbeit und gewinnbringender Beschäftigung, aus Auszugs-, Insitz-, Altenteils- und dergleichen Berechtigungen sowie aus Rechten auf periodische Hebungen und Vorteile jeder Art, soweit diese Einkünfte nicht nach § 11 der Anmeldungspflicht unterliegen.

Inwieweit die Steuerpflichtigen zur Selbstangabe ihres Schätzungspflich- tigen Einkommens durch Steuererklärungen verpflichtet sind, wird durch die §§ 43 fg. bestimmt.

§ 13. Hinsichtlich des Ortes, in dessen Steuerrolle das gesamte Ein-

kommen eines Steuerpflichtigen behufs der Erfüllung der Steuerpflicht «inzutragen, und an welchem die Steu er p flicht zu erfüllen ist, gilt folgendes :

1. Steuerpflichtige, welche im Grossherzogtume wohnen, oder sich dauernd in demselben aufhalten, haben ihr gesamtes steuerpflichtiges Ein- kommen an ihrem Wohnsitze, oder in Ermangelung eines solchen Um Orte ihres Aufenthaltes zu versteuern.

2. Steuerpflichtige, welche im Grossherzogtume weder ihren Wohnsitz, noch einen dauernden Aufenthaltsort haben, versteuern ihr Einkommen aus dem im Grossherzogtume liegenden Grundbesitze oder aus einem im Grossherzogtume betriebenen Gewerbe an dem Orte, wo der Grund- besitz liegt, oder das Gewerbe betrieben wird, dagegen anmeldungs- pflichtige Bezüge aus einer der im § 11 Ziff. 1 genannten Kassen an dem Orte, wo die Kasse, aus welcher diese Bezüge fliessen, ihren Sitz hat, und ihr etwaiges sonstiges anmeldungspflichtiges Einkommen an dem Orte, wo sie zuletzt im Grossherzogtume gewohnt haben, in Ermangelung eines solchen in der Stadt Weimar.

3. Steuerpflichtige juristische Personen, Stiftungen, Personenvereine und erwerbsfähige Vermögensmassen u. s. w. (§ 4 Ziff. 4-6) versteuern ihr Einkommen an dem Orte, wo sie ihren Sitz haben, und wenn sich derselbe ausserhalb des Grossherzogtums befindet, an dem Orte, wo sie eine ständige Vertretung (Haupt- oder Generalagentur) im Grossherzogtume haben, wenn aber eine solche nicht besteht, an dem Orte, wo der Grundbesitz liegt oder das Gewerbe betrieben wird.

4. Wenn hienach für einen Steuerpflichtigen mehrere Orte gleichzeitig zuständig sind, oder überhaupt Zweifel entstehen, bestimmt das Staatsministerium den Ort, in dessen Steuerrolle das steuerpflichtige Gesamteinkommen einzutragen und an welchem die Steuerpflicht zu erfüllen ist.

§ 14. Die Schätzung des Einkommens aus Grundvermögen, sowie aus Ge-

werbe und Fabrikbetrieb erfolgt an dem Orte, wo der Grundbesitz liegt, oder wo, bezüglich von welchem aus das Gewerbe oder die Fabrik betrieben wird. Das Ergebnis der Schätzung ist in dem Falle, wenn die Steuerpflicht nach den Bestimmungen des § 13 nicht am Schätzungsorte zu erfüllen ist, dem Rech- nungsamte (der Steuerlokalkommission) des für die Erfüllung der Steuerpflicht zuständigen Ortes zur Aufnahme in die Steuerrolle desselben mitzuteilen.

§ 15. Das Einkommen im einzelnen ist getrennt nach seinen Hauptquellen zu

ermitteln und in die Einkommensteuerrolle des Ortes, wo die Steuerpflicht zu erfüllen ist (§ 13) dergestalt gesondert einzustellen, dass

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360 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

1. das von dem Steuerpflichtigen selbst zur Versteuerung anzumeldende Einkommen (§11 Ziff. 1-3) die erste Abteilung,

2. das durch Schätzung zu ermittelnde Einkommen aus Grundvermögen (§ 12 Ziff. 1) die zweite Abteilung,

3. alles sonstige Schätzungspflichtige Einkommen (§12 Ziff. 2 u. 3) die dritte Abteilung

der Steuerrolle bildet. Die Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlich bewirtschaftetem Grund-

eigentume (land- und forstwirtschaftliches Grundeinkommen im Sinne des Ge- setzes über die Wahl der Landtagsabgeordneten vom 17. April 1896, RegierungsbL 1896 S. 33) sind in der Steuerrolle erkennbar zu machen.

§ 16. Von dem Gesamtbetrage des ermittelten Einkommens sind von dem

Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) die abzugsfähigen Schuldzinsen, Leibrenten- und Auszugsverpflichtungen sowie andere auf besonderen privat- re.chtlichen Titeln beruhende dauernde Lasten (§§ 17-20) in Abzug zu bringen.

Der sich in Mark ergebende Betrag ist, wenn er nicht mit 10 teilbar ist, auf die nächst niedrigere mit 10 teilbare Summe abzurunden, und ist diese Summe als steuerpflichtiges G e s a m t e i n k o m m e n (Einzelsteuerkapital} zur Steuerrolle einzustellen.

C. Abzug der Schuldzinsen und dauernden Lasten. §17.

Schuldzinsen und die im § 16 Abs. 1 bezeichneten Verpflichtungen und Lasten dürfen, vorbehaltlich der Bestimmungen im § 54 Abs. 2, von dem Steuerpflichtigen weder bei der Anmeldung seines anmeldungspflichtigen Ein- kommens, noch bei Berechnung des von ihm zu erklärenden (zu deklarierenden) Einkommens abgezogen, noch von der Schätzungskommission bei der Schätzung des Schätzungspflichtigen Einkommens abgerechnet werden, sondern sind von dem Steuerpflichtigen bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) des Ortes, wo er seine Steuerpflicht zu erfüllen hat (§ 13), nach Massgabe der §§ 19, 20 zum Abzug besonders anzumelden.

§ 18. Schuldzinsen sowie Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 be-

zeichneten Art sind nicht abzugsfähig, wenn sie auf Einnahmequellen haften,, die bei der Besteuerung im Grossherzogtume ausser Betracht bleiben.

Anderseits dürfen solche bei demjenigen Einkommen, welches aus dem Grossherzogtume nach anderen Staaten bezogen wird, nur insoweit berück- sichtigt werden, als sie auf den für das Grossherzogtum in Betracht kommenden Einnahmequellen haften oder für deren Erwerb aufgenommen sind.

§ 19. Schuldzinsen sowie Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 be-

zeichneten Art, deren Abzug beantragt wird, sind bis spätestens zum 8. Januar jeden Jahres, und wenn für den Steuerpflichtigen gemäss § 77 B Ziff. 1, 2 u. 4 im Laufe des Jahres eine neue oder veränderte Veranlagung stattzufinden hat, bis zum 8. Tage desjenigen Monats, von welchem ab die Veranlagung erfolgen muss (§ 79 Abs. 1), schriftlich anzumelden.

§ 20. Die Anmeldungen müssen die genaue Angabe a) des Namens und Wohnorts des Gläubigers oder Bezugsberechtigten, b) des Jahresbetrags der Schuldzinsen oder Leistungen,

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Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. gßj

c) des Ortes und der Zeit der die Verpflichtung verbriefenden Urkunde, d) - in Bezug auf Schuldzinsen - des Kapitalbetrages und Zinsfusses

enthalten. Anmeldungen, welche diesen Erfordernissen nicht entsprechen, sind dem

Steuerpflichtigen von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) mit der Aufforderung zurückzugeben, sie binnen einer von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) zu setzenden Frist entsprechend zu vervollständigen. Wenn dieser Aufforderung nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig nach- gekommen oder die Anmeldung überhaupt verspätet eingereicht wird, so ist dieselbe als zur Berücksichtigung nicht geeignet zurückzugeben.

Das Rechnungsamt (die Steuerlokalkommission) hat sich nach Befinden von der Richtigkeit der Anmeldungen in geeigneter Weise Ueberzeugung za verschaffen.

D. Berücksichtigung besonderer die Steuerfähigkeit wesentlich vermindernder wirtschaftlicher Verhältnisse.

§ 21. Bei denjenigen Steuerpflichtigen, deren steuerpflichtiges Einkommen de»

Jahresbetrag von 2500 M. nicht erreicht, können besondere die Steuerfáhigkeit wesentlich vermindernde wirtschaftliche Verhältnisse, als: aussergewöhnliche Belastung durch Unterhalt und Erziehung der Kinder, Verpflichtung zur Unter- haltung mittelloser Angehöriger, andauernde Krankheit und besondere Un- glücksfalle, dergestalt berücksichtigt werden, dass das ermittelte Steuerkapital um den Betrag bis zu einem Vierteil ermässigt wird.

Die Feststellung der Ermässigung erfolgt durch die Schätzungsbehörden.

Besondere Bestimmungen.

A. Von dem anmeldungspflichtigen Einkommen.

I. Pflicht und Frist zur Anmeldung.

§ 22. Jeder Steuerpflichtige, welcher ein anmeldungspflichtiges Einkommen

(§ 11) zu beziehen hat oder ein neues oder erhöhtes derartiges Einkommen erwirbt, ist, soweit nicht in Ansehung von Dienstbezügen aus öffentlichen Kassen jeweils im Verordnungswege Befreiung von dieser Verpflichtung eintritt, verbunden, den Jahresbetrag desselben dem Rechnungsamte (der Steuerlokal- kommission) - § 25 - jedesmal bis zum 8. Januar oder bis zum 8. Juli des- jenigen mit dem 1. Januar bezw. 1. Juli beginnenden Halbjahres gewissenhaft und vollständig anzumelden, an dessen erstem Tage er sich im Bezugsrechte befindet.

Personen, deren Steuerpflicht im Grossherzogtume im Laufe eines Halb- jahres infolge Zugangs (§ 77 B Ziff. 1) begründet wird, haben, wenn sie ein anmeldungspflichtiges Einkommen beziehen, dasselbe beim Beginne des Monats, an dessen erstem Tage sie sich im Bezugsrechte befinden , bezw. die Steuer- pflicht 'begründet worden ist, und zwar spätestens am 8. Tage dieses Monats,, bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) anzumelden.

§ 23. Jede Anmeldung wird so lange für stillschweigend erneuert erachtet,

als nicht eine gehörige Abmeldung oder die Anmeldung einer Veränderung derselben rechtzeitig beim Beginne eines Halbjahres (§ 22) erfolgt ist.

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§ 24. Die Anmeldung ist in der Regel von dem Bezugsberechtigten selbst ¿u

bewirken, mithin rücksichtlich des Einkommens von Vermögen, welches einem Niessb rauche unterworfen ist, soweit es zur ersten Abteilung der Steuer- rolle gehört, von dem Niessbrauchberechtigten.

Ausserdem haben für richtige und rechtzeitige Anmeldung einzustehen: 1. bei Einkommen aus Vermögen, welches unter vormundschaft-

licher Verwaltung steht und keinem Niessbrauche unterliegt, der Vormund;

2. bei Einkommen, welches Teil einer Konkursmasse oder einer anderen erwerbsfähigen Vermögensmasse ist, der Verwalter der Konkurs- oder Vermögensmasse;

3. bei Einkommen von juristischen Personen, Stiftungen u. s.w. deren gesetzliche Vertreter.

II. Form und notwendiger Inhalt der Anmeldungen.

§ 25. Die Einkommenanmeldungen sind schriftlich bei dem Rechnungs-

amte (der Steuerlokalkoramission) des Ortes einzureichen, an welchem nach $ 13 der Steuerpflicht zu genügen ist.

§ 26. Die Anmeldungen von Diensteinkommen, Gehalten, Wartegeldern und

Pensionen müssen die genaue Angabe des Betrags an barem Gelde, an et- waigen Naturalien und sonstigen Dienstbezügen, z. B. Dienstwohnungen und Dienstländereien, sowie die Bezeichnung der Kassen enthalten, aus welchen diese Bezüge fliessen.

Die Berechnung nicht veranschlagter Naturalienstücke zu Gelde hat von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) zu erfolgen. Dabei sind billige, ortsübliche Marktpreise, was besonders nicht veranschlagte Holz- deputate, Dienstwohnungen und Dienstländereien betrifft, die üblichen Kauf-, Pacht- oder Mietpreise des Ortes oder der Umgegend zu Grunde zu legen.

Besteht hinsichtlich der Naturalien etc. eine Veranschlagung durch Be- stallungsdekret oder Reskript, oder bei Geistlichen und öffentlichen Lehrern durch bestätigte Besoldungstabellen, so sind die veranschlagten Beträge an- zumelden.

§ 27. Anzumelden sind auch alle auf besonderen Zulagen beruhenden Ge-

halte, alle ständigen Remunerationen, ingleichen alle bloss zufälligen, jedoch wiederkehrenden Bezüge (Accidenzien), welche - ohne Rücksicht auf den höheren oder geringeren Ertrag - nach dem Anschlage, fehlt es aber an einem solchen, nach einem, da möglich, 3jährigen Durchschnitte auf- zunehmen sind.

§ 28. Werden Dienstbezüge oder Gehaltsbestandteile nicht aus einer öffent-

lichen Kasse, sondern aus dritter Hand bezogen, z. B. von Geistlichen in Gebühren für besondere kirchliche Amtshandlungen, von öffentlichen Lehrern in Honoraren und Schulgeldern, von Justiz- und Verwaltungsbeamten in Ge- bühren, von Gemeindedienern in Geld oder Naturalabgaben von den einzelnen Oemeindegliedern u. s. w., so ist in der Anmeldung, soweit nicht nach § 26 Abs. 3 zu verfahren ist, auch hierüber unter Zugrundelegung eines, da mög- lich, 3jährigen Durchschnitts genaue Angabe zu machen.

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Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. ßgß

§ 29. Dagegen sind bei der Anmeldung von Diensteinkomraen nicht mit in

Ansatz zu bringen : 1. Reisekosten, Tagegelder und besondere, nicht ständige Vergütungen; 2. solche, wenngleich ständige Geldbezüge, welche bloss als Entschädigung

für übernommenen Bureau- und anderen Aufwand im Dienste an- zusehen sind, z. B. Fourage für notwendige Dienstpferde, Vergütung für Schreibmaterialien, Bezüge für notwendige Geschäftshilfe u. s. w. ;

3. solche Annehmlichkeiten, welche unmittelbar mit den Dienstleistungen selbst zusammenhängen, ingleichen solche Bezüge, welche sofort um des Dienstes willen wieder aufgewendet werden müssen, z. B. Hof- Uedienung, Montur, Kleidergelder.

In Abzug können gebracht werden die auf Grund einer gesetzlichen oder statutarischen Verpflichtung zu leistenden Unterstützungs- , Sterbe-, Pensions-, Witwen- und Waisenkassebeiträge , sowie die von dem Steuerpflich- tigen gesetz- oder vertragsmässig für seine Person zu entrichtenden Beiträge zu Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherungskassen.

§ 30. In den Anmeldungen über Zinsen, Gewinnanteile (Dividenden), Leib-

renten und Rentenbezüge sonstiger Art sind die sämtlichen Kapitalien des Anmeldungspflichtigen, sowie die jährlichen Zins- und Gewinnanteilbeträge hiervon und die Renten einzeln ihrem vollen Betrage nach, und zwar Wert- papiere lediglich nach ihrem verbrieften Nennwerte und ohne Rücksicht auf ihren Ankaufspreis oder jeweiligen Kurswert, aufzuführen.

§ 31. Ob die Kapitalien im Grossherzogtume oder ausserhalb desselben, ob sie

auf Hypothek oder auf Handschrift oder ganz unverbrieft, ob sie bei Privaten oder in Staatspapieren, in Aktien, in Anteilen stiller Gesellschafter, in Losen zu Lotterieanlehen , als verzinsliche Kautionen u. s. w. angelegt sind, ob die Kapital- und Zinsforderungen aus Darlehens- oder aus anderen Verträgen her- rühren, macht keinen Unterschied.

§ 32. Bei Aktien und anderen Kapitalanlagen, welche keinen gewissen, gleich-

massigen Jahresertrag gewähren, ist der Abwurf, welcher von diesen Anlagen im letztverflossenen Kalenderjahre gezogen worden ist, der Anmeldung zu Grunde zu legen. Für derartige Einnahmen, welche der Steuerpflichtige bis dahin noch nicht bezogen hat, ist der mutmassliche Jahresertrag in Ansatz zu bringen.

Bei Losen zu Lotterieanleihen ist der planmässige Zinsfuss, ohne Rück- sicht darauf, dass die Zinsen erst bei Auslosung des Kapitals mit diesem ge- zahlt werden, dagegen auch ohne Rücksicht auf einen möglichen Gewinn zur Anmeldung zu verzeichnen. Doch soll es genügen, wenn statt des planmässigen Zin8fusses ein solcher mit 4°/o eingestellt wird.

Ist ein ausstehendes Kapital entweder überhaupt unverzinslich aus- geliehen, oder lässt sich bereits zur Zeit der Anmeldung (§ 22) mit Bestimmt- heit vorhersehen, dass davon bedungene Zinsen, z. B. wegen offenkundiger Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht werden erlangt werden, so ist dieser Umstand unter kurzer Darlegung des Sachverhalts in der Anmeldung mit zu bemerken.

§ 33. Die Anmeldungen von Zinsen, Gewinnanteilen (Dividenden), Leibrenten

und Rentenbezügen sonstiger Art können nach Wahl des Anmeldungspflichtigen offen oder verschlossen eingereicht werden.

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Page 11: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

364 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

Wird die Anmeldung verschlossen eingereicht, so ist auf der Aussen- seite des Umschlags der jährliche Zins-, Gewinnanteil- oder Rentenbetrag, in- gleichen Name und Wohnort des Anmeldenden genau anzugeben.

B. Von dem Schätzungspflichtigen Einkommen. I. Schätzungskommissionen.

§ 34. Die Ermittelung des Schätzungspflichtigen Einkommens der einzelnen

Steuerpflichtigen erfolgt - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 43 fg. über die Steuererklärungen - in jedem Gemeindebezirke alljährlich unter der Auf- sicht und Leitung des Rechnungsamtes (der Steuerlokalkommission) durch Schätzungskommissionen.

Dem Staatsministerium steht die Befugnis zu, mehrere Gemeindebezirke zu einem Schätzungsbezirke zusammenzulegen.-

Zu jeder Schätzungskommission gehören 3 - 9 Mitglieder. Die Zahl der Steuerschätzer für die einzelnen Gemeindebezirke wird vom Staatsministerium festgesetzt. Letzteres kann zu den Verhandlungen einer Schätzungskommission einen Beauftragten abordnen. Solchenfalls hat dieser in der Kommission den Vorsitz und die Leitung der Verhandlungen zu übernehmen. Demselben steht nur beratende Stimme zu.

§ 35. In den Gemeindebezirken, für welche keine Steuerlokalkommissionen (§ 2)

bestellt sind, gehört der Bürgermeister des Ortes oder dessen Stellvertreter, sofern dieselben nicht Mitglieder der Veranlagungskommission (§ 61) oder der Berufungskommission (§71) sind, zu den Steuerschätzern.

Die übrigen Steuerschätzer werden unter Berücksichtigung der ver- schiedenen Arten des Einkommens teils im Auftrage des Staatsministeriums von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission), teils von der Gemeinde- vertretung (Gemeinderat bezw. Gemeindeversammlung) aus den steuerpflichtigen Einwohnern des Ortes gewählt.

Die Zahl der im Auftrage des Staatsministeriums erwählten Steuer- schätzer muss unter Hinzurechnung des Vorsitzenden (§ 38 Satz 1) hinter der Zahl der von der Gemeindevertretung erwählten zurückbleiben.

In Schätzungsbezirken, welche aus mehreren Gemeindebezirken zusammen- gesetzt sind (§ 34), wird die Zahl der von den Gemeindevertretungen zu wäh- lenden Steuerschätzer auf die einzelnen Gemeindebezirke nach dem Verhältnis der Einwohnerzahl verteilt; jedoch soll regelmässig aus jedem Gemeindebezirke mindestens ein Steuerschätzer entnommen werden.

§ 36. Das Amt eines Steuerschätzers ist ein staatsbürgerliches Ehren-

amt. Zu diesem Amte dürfen nur Personen gewählt werden, welche das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben, dispositi onsfähig sind und welche unbeschol- tenen Ruf mit der erforderlichen Sach- und Personenkenntnis verbinden.

Die Wahl kann nur abgelehnt werden von Personen, welche das 60. Lebensjahr überschritten haben, von Geistlichen und Lehrern, und von den- jenigen, welche nachweisen, dass daraus für ihre Gesundheit besondere Gefahr oder für ihre häuslichen Verhältnisse ein bedeutender Nachteil entstehen werde. Ueber die Gründe der Ablehnung entscheidet das Rechnungsamt (die Steuer- lokalkommission) und auf Berufung endgültig das Staatsministerium. Weigert sich der Gewählte nach endgültiger Abweisung seiner Ablehnungsgründe fort- dauernd, das ihm übertragene Amt zu übernehmen, so ist er vom Staats- ministerium in 30-100 M. Geldstrafe zu nehmen und erfolgt die Wahl eines anderen Steuerschätzers.

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Page 12: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. ggg

Zu Steuerschätzern können nicht gewählt werden Beamte des Rech- nungsamtes und die Mitglieder der Veranlagungs- (§ 61) und der Berufungs- kommission (§ 71).

§ 37. Die Wahl der Steuerschätzer erfolgt auf die Dauer einer Finanzperiode.

Die früheren Steuerschätzer können wieder gewählt werden und dürfen die erneute Wahl gleichfalls nur aus den vorgedachten Gründen, eine zweite oder dritte unmittelbar hintereinander folgende Wiederwahl aber jedenfalls ablehnen.

Steuerschätzer, welche den Wohnsitz im Gemeindebezirke aufgeben, in Konkurs geraten oder sonst die Dispositionsfähigkeit verlieren oder der bürger- lichen Ehrenrechte verlustig gehen, haben auszuscheiden.

Im Falle des Abgangs eines Steuerschätzers ist für die Dauer der laufenden Finanzperiode eine Ergänzungswahl vorzunehmen.

§ 38. In den Gemeinden, in welchen der Bürgermeister oder dessen Stell-

vertreter zu den Steuerschätzern gehört (§ 35), hat dieser, in zusammen- gesetzten Bezirken (§ 34) der Bürgermeister des volkreichsten Ortes, die Schätzungskommission zu berufen und in derselben den Vorsitz zu führen. In den übrigen Gemeinden haben die Steuerschätzer beim Beginne des Geschäfts einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter zu wählen.

Die Schätzungskommission beschliesst nach Stimmenmehrheit; im Falle der Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des in Abs. 1 bestimmten stän- digen Vorsitzenden.

lieber Steuerschätzer, welche unentschuldigt oder ohne genügende Ent- schuldigung ausgeblieben sind, kann die Schätzungskommission eine Geldstrafe bis zu 30 M. verfügen.

§ 39. Der Vorsitzende hat das Schätzungsgeschäft durch Einziehung von Aus-

künften (§ 42) und in sonst geeigneter Weise vorzubereiten; auch kann er, sofern der Umfang der Geschäfte dies erfordert, zum Zweck der Vorbereitung der Beratung und Beschlussfassung in der Kommission Unterkommissionen bilden.

Der Vorsitzende und die Schätzungskommission ist befugt, Hypotheken- bücher, Steuerkataster und alle die Einkommenverhältnisse der Steuerpflichtigen betreffenden Akten der Staats- und Gemeindebehörden, soweit nicht gesetz- liche Bestimmungen oder Rücksichten des öffentlichen Dienstes entgegenstehen, einzusehen, bezüglich durch ein beauftragtes Mitglied einsehen zu lassen, und nach Bedarf Sachverständige aus den einzelnen Berufszweigen und geeignete Auskunftspersonen zuzuziehen.

Innerhalb des Schätzungsbezirks ist jedermann verpflichtet, auf Er- fordern des Vorsitzenden und der Schätzungskommission ohne besondere Ver- gütung als Sachverständiger und Auskunftsperson zu erscheinen und die ihm vorgelegten Fragen, soweit sie im Bereiche seiner Kenntnis liegen, zu be- antworten.

Die geforderte Auskunftserteilung kann nur aus den Gründen abgelehnt werden, welche nach der Zivilprozessordnung zur Ablehnung des Zeugnisses bezw. Gutachtens berechtigen.

§ 40. Jeder Steuerschätzer hat vor dem Beginne des Schätzungsgeschäfts dem

Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) mittels Handschlags an Eidesstatt anzugeloben, dass er sein Amt gewissenhaft, ohne Ansehen der Person, ohne alle Nebenrücksichten und nach bestem Wissen und Gewissen verrichten, auch die hierbei zu seiner Kenntnis kommenden Vermögens- und Einkommenverhält- nisse und den sonstigen Inhalt der Verhandlungen geheim halten wolle.

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Page 13: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

ggß Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

II. Schätzungs-Vorarbeiten und -Vorbereitungen. Erklärungspflicht. Erklärungsbefugnis.

§ 41. Der Gemeindevorstand jedes Ortes hat für die alljährlich vorzunehmenden

Schätzungen innerhalb der im Verordnungswege zu bestimmenden Frist ein genaues Verzeichnis über sämtliche steuerpflichtige physische Personen des Gemeindebezirks und über die im Gemeindebezirk ihren Sitz habenden Steuer* Pflichtigen juristischen Personen, Genossenschaften u. s. w., ingleichen über die ausserhalb des Gemeindebezirks wohnenden Besitzer von Grundstücken, welche innerhalb des Gemeindebezirks gelegen sind, und über die ausserhalb des Ge- meindebezirks wohnenden Personen, welche im Gemeindebezirke ein Gewerbe betreiben, mit Angabe des denselben im Gemeindebezirke eigentümlich oder niessbräuchlich zustehenden Grundbesitzes und des von ihnen im Gemeinde- bezirke betriebenen Gewerbes aufzustellen und an die Schätzungskommission abzugeben.

Dasselbe gilt hinsichtlich der Zugänge.

§ 42. Jeder Steuerpflichtige ist verpflichtet, dem Gemeindevorstande, der

Schätzungskommission, dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission), dem Prüfungskommissar (§ 60 Abs. 2), der Veranlagungskommission (§ 61) und der Berufungskommission sowie deren Vorsitzenden (§ 71) alle zur Gewinnung der notwendigen Schätzungsunterlagen und zu einer richtigen Schätzung erforder- lichen Auskünfte auf Verlangen unweigerlich und unverzüglich zu erteilen. Lästiges Eindringen in die Vermögens- und Kreditverhältnisse des Steuer- pflichtigen hat zu unterbleiben.

Dienstherren und Arbeitgeber, bei Aktiengesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften u. s. w. die zeitigen Vorstände, sind verpflichtet, den vorgenannten Behörden und Kommissionen auf Erfordern genau und gewissenhaft über die Lohn- oder Dienstbezüge der von ihnen gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen - den jährlichen festen Gehalt oder Lohn, etwaige Naturalien an Wohnung, Kost, Kleidung u. s. w., etwaige Tantiemen, Stücklöhne und sonstigen Verdienst nach dem Stande oder Ergebnisse des letzten Jahres - innerhalb der ihnen hierfür bestimmten Frist Auskunft zu geben.

§ 43. Steuerpflichtige, welche schätzungspflichtiges Einkommen beziehen und 1. in die Steuerrolle (Zugangsliste) des zuletzt vorausgegangenen Steuer-

jahres mit Schätzungspflichtigem Einkommen von mindestens 3000 M. eingestellt sind, oder

2. von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) unter Zu- fertigung eines Erklärungsformulares binnen einer ihnen gesetzten Frist zur Erklärung ihres Schätzungspflichtigen Einkommens auf- gefordert werden,

sind verpflichtet, ihr schätzungspflichtiges Einkommen bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) desjenigen Ortes, wo die Steuerpflicht von ihnen zu erfüllen ist (§ 13), zu erklären (deklarieren).

§ 44. Die Steuererklärung, die bis längstens zum 8. Januar jeden Jahres, im

Falle des § 43 Ziff. 2 aber binnen der dem Steuerpflichtigen gesetzten Frist, abzugeben ist, hat nach den von den Gemeindevorständen beziehbaren Formu- laren zu erfolgen; sie hat zu enthalten

a) die Höhe des Schätzungspflichtigen Einkommens und zwar gesondert aus jeder der in § 12 Ziff. 1 - 3 bezeichneten Quellen;

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Page 14: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. ggy

b) den Jahresbetrag der angemeldeten Schuldzinsen und Lasten (§§ 16 Abs. 1 u. 17-20), sowie die nach § 53 Abs. 8 Ziff. 6 zulässigen Abzüge ;

c) die Versicherung, dass er seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht habe.

Das Einkommen aus Grundvermögen und aus Gewerbebetrieb, rücksicht- lich dessen die Steuerpflicht nach § 14 an einem anderen Orte als demjenigen der Schätzung zu erfüllen ist, ist besonders anzugeben.

§ 45. Für Steuerpflichtige, welche unter elterlicher Gewalt oder unter Vor-

mundschaft stehen, sowie für juristische Personen, Personenvereine u. s. w. haben deren gesetzliche Vertreter, für Ehefrauen, sofern sie nicht selbständig zu veranlagen sind, deren Ehemänner die Erklärung zu bewirken.

Für Personen, welche abwesend oder sonst verhindert sind, die Steuer- erklärungen selbst abzugeben, können solche durch Bevollmächtigte erfolgen.

Die Erfüllung der Steuererklärungspflicht seitens eines von mehreren Vertretern befreit die übrigen Verpflichteten von ihrer Verbindlichkeit.

§ 46. Im übrigen steht jedem Steuerpflichtigen die Befugnis zu, sein schätzungs-

pflichtiges Jahreseinkommen bis zu dem in § 44 bestimmten Termine und mittete des vorgeschriebenen Formulares bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkom- mission) freiwillig zu erklären.

§ 47. Sofern es sich um Einkommen handelt, dessen Betrag nicht ziffermässig*

angegeben werden kann, genügt es, wenn der Steuerpflichtige in die Erklärung diejenigen Nachweisungen aufnimmt, die zur Schätzung desselben gebraucht werden, und sich zu jeder etwa erforderlichen Ergänzung dieser Nachweisungen nach Massgabe der ihm vorzulegenden Fragen erbietet.

§ 48. Wer die ihm obliegende (§ 43 Ziff. 1 u. 2) Steuererklärung nicht inner-

halb der vorgeschriebenen Frist abgibt, verliert für das betreffende Steuerjahr die gesetzlichen Rechtsmittel gegen seine Schätzung, insofern nicht Umstände dargethan werden, welche die Versäumnis entschuldbar machen.

Wer nicht längstens innerhalb 2 Wochen nach einer nochmaligen an ihn zu richtenden besonderen Aufforderung des Rechnungsamtes (der Steuer- lokalkommission), welche auch nach geschehener Schätzung ergehen kann, die Steuererklärung abgibt, hat neben der auf die Schätzungssumme entfallenden Steuer einen Zuschlag bis zu 25% derselben zu zahlen und ausserdem die durch seine Unterlassung dem Staate entzogene Steuer zu entrichten.

Die Festsetzung des Steuerzuschlages steht der obersten Steuerbehörde zu.

§ 49. Die Steuererklärungen sind sorgfältig aufzubewahren und ebenso wie

die Kommissionsverhandlungen über dieselben geheim zu halten. Nach Ablauf von 5 Jahren können sie vernichtet werden.

§ 50. Die eingereichten Steuererklärungen werden von dem Rechnungsamte

(der Steuerlokalkommission) einer sorgfältigen Prüfung unterzogen; die sich hierbei etwa ergebenden Anstände sind durch Anstellung weiterer Ermitte- lungen nach § 42 oder nach Massgabe des § 39 Abs. 2 zu erledigen; auch kann eine Begutachtung der Einkommensverhältnisse des Steuerpflichtigen durch die Schätzungskommission veranlasst werden.

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Page 15: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

368 Sachsen-Weimariscnes Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

Die Feststellung des Schätzungspflichtigen Einkommens auf Grund der Steuererklärungen erfolgt durch die Veranlagungskommission (§ 66).

III. Allgemeine Schätzungsvorschriften. §51.

Die Schätzung zur zweiten und dritten Abteilung der Steuerrolle hat für die verschiedenen Quellen des zu jeder dieser Abteilungen gehörigen Ein- kommens mittels besonderen Ansatzes zu erfolgen.

Die Schätzungssumme eines jeden Steuerpflichtigen, welche zu einer jeden Abteilung mit vollen Mark einzustellen ist, muss, wenn sie nicht mit dem niedrigsten Satze von 5 M. erfolgt, mit Zehn teilbar sein.

Hausfrauen, Töchter und unter 18 Jahre alte Söhne, welche keinen selb- ständigen Erwerb haben, aber das Einkommen des Familienhauptes durch Erwerb erhöhen, sind nicht besonders zu schätzen, aber bei der Schätzung des Familienhauptes zu berücksichtigen.

§ 52. Die Schätzung desjenigen Einkommens aus Grund und Boden, aus Ge-

bäuden und aus Gewerbebetrieb, rücksichtlich dessen die Steuerpflicht nach § 14 an einem anderen Orte, als demjenigen der Schätzung zu erfüllen ist, -erfolgt in einem besonderen Anhange.

IV. Vorschriften für die Schätzung der einzelnen Arten des Einkommens.

1. Schätzung des Einkommens »us Grnndrermogen.

§ 53. Bei der Schätzung des Einkommens aus Grundvermögen (§12 Ziff. 1)

sind die Reinerträge der dem Steuerpflichtigen eigentümlich gehörigen oder in seiner Nutzniessung befindlichen, in der Flur des Ortes gelegenen Grund- stücke bezw. der ihm an solchen zustehenden dinglichen Berechtigungen zu Grunde zu legen.

Für die Berechnung des Einkommens aus verpachteten oder vermieteten Grundstücken ist der jeweilige Pacht- oder Mietsertrag unter Hinzurechnung des Wertes etwaiger Natural- oder sonstiger Nebenleistungen sowie der dem Verpachter bezw. Vermieter vorbehaltenen Nutzungen, anderseits unter Ab- rechnung der demselben obliegenden Lasten massgebend.

Für Gebäude, welche nicht vermietet sind, ist das Einkommen nach den ortsüblichen Mietspreisen und in Ermangelung eines solchen Massstabes nach den in der Umgegend üblichen Mietpreisen zu bemessen.

Bei der Schätzung des Einkommens aus nicht verpachteten oder ver- mieteten Besitzungen ist der durch die eigene Bewirtschaftung erzielte Rein- ertrag nach dem Durchschnitte der letzten drei Wirtschaftsjahre zu Grunde zu legen ; wenn das Einkommen noch nicht so lange besteht, so ist der seit dessen Bestehen durchschnittlich erzielte Reinertrag oder nötigenfalls der mutmass- liche Jahresertrag in Ansatz zu bringen. Die Schätzung des Einkommens aus Holzgrundstücken erfolgt unter Zugrundelegung des durchschnittlichen Jahres- ertrages nach wirtschaftlichem Nutzungsanschlage.

Die zum Betriebe der Landwirtschaft dienenden Wirtschafts- gebäude, welche bei der Schätzung der Bodenrente Berücksichtigung zu finden haben, unterliegen einer besonderen Schätzung nicht.

Von dem ermittelten Reinertrage aus selbstbewirtschafteten Besitzungen ist das nach § 56 zu veranschlagende Feldgewerbeeinkommen des Steuerpflich- tigen auszuscheiden und in die Steuerrolle gesondert einzustellen. Der dann verbleibende Rest bildet das Grundeinkommen.

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Page 16: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. 369

Das Einkommen aus landwirtschaftlichen Nebengewerben, welche in grösserem Umfange betrieben werden, ist nach §§ 54 u. 56 besonders zu schätzen.

Bei Berechnung des steuerpflichtigen Reinertrages kommen in Abzug: 1. die auf dem Grundbesitz ruhenden Grundsteuern (sog. alte Land-

steuer) und etwaige Reallasten, 2. die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens ver-

wendeten Ausgaben, 3. solche indirekte Abgaben und Beiträge für Versicherung gegen Feuer-,

Hagel- und sonstige Schäden, welche zu den Geschäftsunkosten zu rechnen sind,

4. die regelmässigen jährlichen Absetzungen für Abnutzung von Ge- bäuden, Maschinen, Betriebsgerätschaften und dergleichen, soweit solche nicht bereits unter den Betriebsausgaben verrechnet sind,

5. die von dem Steuerpflichtigen für die in seinem Geschäftsbetriebe beschäftigten Personen gesetz- oder vertragsmässig zu entrichtenden Beiträge zu Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherungs-, Witwen-, Waisen- und Pensionskassen,

6. die von dem Steuerpflichtigen für seine Person gesetz- oder ver- tragsmässig zu Kassen der vorbezeichneten Art zu leistenden Beiträge.

Zu den nicht in Abrechnung zu bringenden Aufwänden gehören namentlich die Ausgaben, welche zur Verbesserung oder Erweiterung der Be- triebsanlagen dienen, die persönlichen Steuern und Abgaben, die Gemeinde- umlagen, die Verwendungen für den Lebensunterhalt des Steuerpflichtigen und seiner Familie (Wohnung, Kleidung, Nahrung, Bedienung u. s. w.), ingleichen die etwaigen erst bei der Feststellung seines steuerpflichtigen Gesamteinkommens in Abzug zu bringenden Schuldzinsen, Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 bezeichneten Art (vgl. §§ 17 fg.).

2. Schätzung des sonstigen gchätzungspflichtigen Einkommens.

§54. Bei der Schätzung des Einkommens aus Handel und Gewerbe und aus

den sonst im § 12 Ziif. 2 u. 3 bezeichneten Quellen, einschliesslich des Ein- kommens aus besonders zu schätzenden landwirtschaftlichen Nebengewerben (§ 53 Abs. 7) sind alle in Geld oder Geldeswert bestehenden Einnahmen, ein- schliesslich der Zinsen von dem im Geschäftsbetriebe angelegten eigenen Kapitale des Steuerpflichtigen sowie der Wert der zum Haushalte verbrauchten Gegenstände und Erzeugnisse des eigenen Betriebs unter Abrechnung der im § 53 Abs. 8 Ziff. 2-6 bezeichneten Ausgaben zu Grunde zu legen. Dabei sind feste Einnahmen und Ausgaben nach ihrem Jahresbetrage, unbestimmte und schwankende dagegen nach dem Durchschnitte der letzten drei Wirtschafts- jahre zu veranschlagen; wenn der Betrieb noch nicht so lange besteht, findet die Vorschrift des § 53 Abs. 4 entsprechende Anwendung.

Zinsen von Forderungen und Schulden sind bei Berechnung des Rein- gewinnes aus Handels- oder handelsmässigem Gewerbebetriebe in Betracht zu ziehen, soweit der Bezug oder die Entrichtung der Zinsen zum Geschäfts- betriebe gehören und soweit Zinsen von Schulden nicht bereits nach §§ 19, 20 zum Abzüge angemeldet sind. Die Schätzungskommission ist jedoch nicht verpflichtet, das Vorhandensein von Schuldzinsen, wie sonstigen an sich zu- lässigen Abzügen, über welche eine Nachweisung von Seiten des Steuerpflich- tigen nicht vorliegt, selbständig zu erörtern.

§55. Bei der Schätzung des Einkommens aus Handel und selbständigem Ge-

werbebetriebe der Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Berggewerkschaften und Gesell- schaften mit beschränkter Haftung, sowie Konsumvereine (§ 4 Ziff. 5) sind auch

Finanzarchiv. XV. Jahrg. 3G9 24

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Page 17: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

370 Sachsen-Weimarìsches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

die Ueberschüsse als steuerpflichtiges Einkommen zu rechnen, welche als Zinsen oder Gewinnanteile, gleichviel unter welcher Benennung, unter die Mitglieder verteilt, oder zur Bildung von Reservefonds, zur Erweiterung der Anlagen oder zur Schuldentilgung verwendet werden.

Anstalten und Personenvereine anderer Art, ingleichen Stiftungen, welche mit dem Rechte des Vermögenserwerbes ausgestattet sind (namentlich auch Sparkassen), sind mit dem Reinertrage ihres gewerblichen Betriebes oder ihres sonst werbend angelegten Vermögens zu schätzen.

Juristische Personen und Gesellschaften der vorgedachten Arten, welche ihren Sitz ausserhalb des Grossherzogtums haben, sind mit demjenigen Ein- kommen zu schätzen, welches aus dem von ihnen im Grossherzogtume be- triebenen Gewerbe herrührt.

§ 56. Bei der Schätzung der Besitzer oder Nutzniesser von Grundstücken,

welche sie selbst bearbeiten oder bewirtschaften, ist hinsichtlich der Arbeits- rente - des Feldgewerbes - anzunehmen, als ob sie die auf diese Grund- stücke verwendete Thätigkeit um Lohn verrichten. Der so angenommene Lohn ist zu Gelde zu veranschlagen, und ist die Schätzungssumme mit Be- rücksichtigung der etwaigen Mitthätigkeit der Familienglieder (§51 Abs. 3) hienach zu bemessen.

Wenn und soweit ein solcher Grundbesitzer oder Nutzniesser bei der Bearbeitung seiner Grundstücke nicht selbst die Hand anlegt, sondern dieselben durch Lohnarbeiter und besondere Verwalter bewirtschaften lässt, und hierbei nur die allgemeine Oberaufsicht über die Bewirtschaftung führt, so ist derselbe insoweit mit dem Betrage zu schätzen, mit welchem diese Aufsichtsführung zu veranschlagen ist, wenn sie der Bewirtschaftung fremder Grundstücke gewidmet würde.

§ 57. Das Einkommen aus dem Betriebe der Landwirtschaft auf erpachteten

Grundstücken ist in gleicher Weise wie beim Landwirtschaftsbetriebe auf eigenen Grundstücken zu veranschlagen, demnach das Einkommen aus Grund und Boden nach den Bestimmungen in § 53 und das Einkommen des Pachters au3 seiner eigenen Thätigkeit nach den Vorschriften in § 56 festzustellen. Hiervon ist der Pachtzins - soweit er nicht anteilig auf die vom Pachter und seinen An- gehörigen benutzte Wohnung zu rechnen ist - und was sonst dem Verpachter oder für diesen vom Pachter vertragsmässig zu leisten ist, in Abzug zu bringen.

Dafern der Pachter neben dem Pachtgewerbe noch weitere Geschäfte betreibt, so ist derselbe wegen des Einkommens aus solchen Geschäften be- sonders zu schätzen (§51 Abs. 1).

§ 58. Bei der Schätzung von Personen, welche in einem Privatdienst- oder in

einem Arbeitsverhältnisse - als Gehilfen oder Arbeiter - stehen, kommen ausser dem Lohne oder Gehalte in barem Gelde, auch die Naturalien und sonstigen Bezüge zur Berechnung, welche das Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährt, z. B. die Kost, die Wohnung - wenn letztere ein eigenes Hauswesen möglich macht - , das etwaige Mietgeld, ingleichen Accidenzien, diese, wenn möglich, nach einem 3jährigen Durchschnitte. Ausser Ansatz bleiben die Wohnung im Hauswesen des Dienstherrn oder Arbeitgebers, ingleichen Dienst- kleidung und was für solche geleistet wird.

§ 59. Bei der Schätzung von Auszügen ist alles in Betracht zu ziehen, was

dem Auszugsberechtigten an vorbehaltenen Auszugsleistungen oder statt deren an Beköstigung, Kleidung, Obdach, Geld u. s. w. gewährt wird.

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Page 18: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. 37 J

Die freie Wohnung, ingleichen Heizung und Licht ist jedoch nur dann mit in Anschlag zu bringen, wenn der Auszügler eine besondere Auszugs- wohnung innehat, nicht auch, wenn er mit im Hauswesen des Auszugs- pflichtigen wohnt.

V. Prüfung und Feststellung der Schätzungen.

§ 60. Nach Beendigung des Schätzungsgeschäftes hat das Rechnungsamt (die

Steuerlokalkommission) jede einzelne Schätzung zu prüfen, um alsdann das ganze Schätzungsmaterial unter Hervorhebung derjenigen Schätzungen, die ihm ungesetzlich oder den thatsächlichen Verhältnissen gegenüber zu hoch oder zu niedrig bemessen erschienen sind, der Veranlagungskommission (§ 61) vorzulegen.

Das Staatsministerium ist befugt, diese Prüfung für einzelne Orte oder Bezirke durch einen besonderen Prüfungskommissar vornehmen und etwaige Ausstellungen gegen die Schätzungen vor der Veranlagungskommission begründen zu lassen, auch sonst im Laufe des Jahres dergleichen kommissa- rische Prüfungen zur Gewinnung der erforderlichen Unterlagen für künftige Schätzungen anzuordnen.

§ 61. Die Veranlagungskommission besteht für jeden Rechnungsamts- (Steuer-

lokalkommissions-)Bezirk aus dem Vorstande des Rechnungsamtes (der Steuer- lokalkommission) oder dessen Stellvertreter, im Falle des § 60 Abs. 2 aber dem besonders ernannten Prüfungskommissar als Vorsitzenden (§ 64) und aus vier bis sechs Mitgliedern bezüglich deren Stellvertretern.

Die Zahl der Mitglieder und Stellvertreter wird für jeden Veranlagungs- bezirk von dem Staatsministerium bestimmt.

Ein Drittel der Mitglieder und die gleiche Zahl von Stellvertretern werden im Auftrage des Staatsministeriums von dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission), die übrigen zwei Drittel und die entsprechende Zahl von Stellvertretern dagegen von dem Bezirksausschusse unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten des Einkommens auf die Dauer einer Finanzperiode erwählt.

Das Staatsministerium kann von der Wahl von Mitgliedern absehen.

§ 62. Das Amt der Veranlagungskommissionsmitglieder ist ein staatsbürger-

liches Ehrenamt. Befähigt, zum Mitgliede der Veranlagungskommission erwählt zu werden,

ist jeder steuerpflichtige männliche Bewohner des Rechnungsamts-(Steuerlokal- kommissions-)Bezirks , welcher die im § 36 Abs. 1 für die Steuerschätzer vor- geschriebenen Eigenschaften besitzt.

Abgelehnt kann die Wahl nur von demjenigen werden, welcher das 60. Lebensjahr zurückgelegt hat, oder die unmittelbar vorhergegangenen 3 Jahre Mitglied der Veranlagungskommission gewesen ist, ingleichen von demjenigen, welcher nachweist, dass ihm aus der Führung dieses Amtes für die Gesundheit besondere Gefahr oder für die häuslichen Verhältnisse ein bedeutender Nach- teil entstehen werde. lieber die Gründe der Ablehnung entscheidet das Staats- ministerium.

§ 63. Die Mitglieder der Veranlagungskommission sind durch den Vorsitzenden

vor dem Beginne ihrer Thätigkeit mittels Handschlages an Eidesstatt darauf zju verpflichten, dass sie ihr Amt gewissenhaft, ohne Ansehen der Person, ohne alle Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen verrichten, auch die

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Page 19: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

g 7 2 Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

hierbei zu ihrer Kenntnis kommenden Vermögens- und Einkommensverhältnisse und den sonstigen Inhalt der Verhandlungen geheim halten wollen.

Mitglieder, welche nicht am Sitze des Rechnungsamtes (der Steuerlokal- kommission) wohnen, erhalten bei jedem Zusammentritt Tage- und Nachtgelder sowie Reisekostenvergütung nach Massgabe der Vorschriften in Abschnitt III des Gesetzes über das Kostenwesen in Gerichts- und Verwaltungssachen vom 11. April 1894, Regierungsbl. 1894 S. 87.

§ 64. Der Vorsitzende beruft die Veranlagungskommission und leitet deren

Verhandlungen ; auch liegt ihm die Vorbereitung des Veranlagungsgeschäftes ob. Zur Beschlussfähigkeit ist erforderlich, dass sämtliche Mitglieder ordnungs-

mässig geladen und bei vier oder fünf Mitgliedern mindestens drei, bei sechs Mitgliedern mindestens vier ausser dem Vorsitzenden erschienen sind.

Die Entscheidungen erfolgen nach Stimmenmehrheit ; bei Stimmengleich- heit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

§ 65. Die Veranlagungskommission hat die von dem Vorstande des Rechnungs-

amtes (der Steuerlokalkommission) oder von dessen Stellvertreter oder von dem besonders ernannten Prüfungskommissar (§ 60 Abs. 2) ungesetzlich oder den thatsächlichen Verhältnissen gegenüber unrichtig befundenen (§ 60 Abs. 1) und ihr selbst Bedenken erregenden Schätzungen sorgfältig zu prüfen, und ist ebenso berechtigt als verpflichtet, die Schätzungssumme nach den ihr bei- wohnenden Kenntnissen und nach der von ihr gewonnenen Ueberzeugung selbst- thätig zu ergänzen und zu berichtigen.

Zu den Verhandlungen über beantragte Aenderungen von Schätzungen ist der Vorsitzende oder ein anderes Mitglied der Schätzungskommission des betreffenden Ortes vorzuladen ; auch ist die Veranlagungskommission befugt, zu etwa ihr nötig erscheinenden Auskunftserteilungen Sachverständige und Aus- kunftspersonen zu vernehmen. § 39 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.

§ 66. Die Veranlagungskommission hat ferner die Steuererklärungen (§ 44) zu

prüfen. Hierbei hat sie das Recht, von den nach §§ 39, 42 u. 50 den Steuer- veranlagungsbehörden zustehenden Befugnissen auch ihrerseits Gebrauch zu machen; auch kann sie den Vorsitzenden oder ein anderes Mitglied der Schätzungskommission des betreffenden Ortes zur Auskunftserteilung zuziehen.

Ist die Steuererklärung nicht zu beanstanden, so ist das Einkommen auf Grund derselben in die Schätzungsliste einzustellen.

"Wird dagegen die Steuererklärung für ungenügend oder unrichtig er- achtet, so ist dem Steuerpflichtigen hiervon unter Mitteilung der Gründe mit der Aufforderung Kenntnis zu geben, sich binnen einer vom Vorsitzenden zu setzenden Frist über dieselben oder bestimmte an ihn gestellte Fragen münd- lich oder schriftlich zu erklären. Unterlässt dies der Steuerpflichtige oder werden die Bedenken gegen die Richtigkeit der Steuererklärung durch die Erläuterung oder Ergänzung seitens desselben nicht behoben, so ist die Kom- mission befugt, die Vernehmung von Sachverständigen und Auskunftspersonen und sonstige zur Feststellung der Thatsachen erforderliche Erhebungen zu ver- anlassen.

Bleiben trotzdem die Zweifel an der Richtigkeit der Steuererklärung bestehen, so hat die Kommission, ohne hierbei an die Angaben des Steuer- pflichtigen gebunden zu sein, die Schätzung auf Grund eigener Kenntnis der Verhältnisse und nach dem Ergebnisse der angestellten Erörterungen vorzu- nehmen.

In entsprechender Weise ist zu verfahren, wenn die Abgabe der Steuer- erklärung überhaupt unterbleibt.

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Page 20: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. 373

C. Aufstellung der Steuerrollen. I. Feststellung der Einzelsteuerkapitale; Eröffnung

der Steuerrollen.

§ 67. Nach Beendigung des Veranlagungsgeschäfts hat das Rechnungsamt (die

Steuerlokalkommission) die Steuerrolle aufzustellen, das angemeldete Einkommen einzutragen und das gesamte Einkommen eines jeden Steuerpflichtigen, soweit es in verschiedenen Abteilungen verzeichnet ist, unter Hinzurechnung des etwa an anderen Orten ermittelten Einkommens (§ 14 am Schlüsse) zusammenzu- stellen, von der sich ergebenden Gesamtsumme den Betrag der zur Steuerrolle zu vermerkenden Schuldzinsen und Lasten eines jeden Steuerpflichtigen (§§17 fg.) sowie denjenigen Betrag, um welchen das Steuerkapital etwa auf Grund des § 21 zu ermässigen ist, in Abzug zu bringen und das hiernach verbleibende steuerpflichtige Gesamteinkommen jedes einzelnen (das Einzel- steuerkapital) vorschriftsmässig abgerundet (§ 16) einzuzeichnen.

§ 68. Nach Feststellung der Einzelsteuerkapitale hat das Rechnungsamt (die

Steuerlokalkommission) die Steuerbeträge nach Massgabe des jedesmaligen Steuergesetzes (§ 35 des revidierten Grundgesetzes über die Verfassung des Grossherzogtums vom 15. Oktober 1850, Regierungsbl. 1850 S. 615) auszuwerfen und die Reinschriften der Steuerrollen den Gemeindevorständen zur Eröffnung zuzustellen.

Den Gemeindevorständen liegt nunmehr ob, die sämtlichen Steuer- pflichtigen ungesäumt in ortsüblicher Weise zur Eröffnung mit dem Bedeuten vorzuladen, dass für die Nichterscheinenden die Eröffnung als erfolgt anzusehen ist, und dass jedem Steuerpflichtigen das Recht zusteht, innerhalb einer aus- schliessenden Frist von 4 Wochen vom Ablaufe des letzten Eröffnungstages an gerechnet, eine hinlänglich begründete Berufung gegen die Feststellung seines steuerpflichtigen Einkommens, falls er solches zu hoch oder sonst dem Gesetze nicht entsprechend eingestellt finden sollte, bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) schriftlich einzureichen.

Der Eröffnungstermin ist auf zwei nacheinander folgende Tage - in den Landgemeinden mit mindestens 3stündiger, in den Stadtgemeinden mit mindestens 5stündiger Dauer täglich - anzuberaumen.

Jedem Erschienenen ist das bei seinem Namen verzeichnete steuer- pflichtige Gesamteinkommen, und auf dessen Verlangen auch die in jeder einzelnen Abteilung erfolgte Einstellung und die davon in Abzug ge- brachten Beträge, sowie der ausgeworfene vierteljährliche Steuerbetrag durch Vorlesen bekannt zu machen. Den Gemeindevorständen bleibt jedoch über- lassen, die Eröffnung an jeden Steuerpflichtigen, anstatt durch Vorlesen in einem Eröffnungstermine, mittels verschlossener Zuschriften zu bewirken; nicht minder ist das Staatsministerium berechtigt, eine solche schriftliche Eröffnung in einzelnen Orten anzuordnen. In diesen Fällen läuft die ausschliessende Frist von 4 Wochen zur Berufungseinreichung vom Tage der Behändigung dieser Zuschrift an.

Die eröffneten Steuerrollen sind von den Gemeindevorständen alsbald mit darauf zu vermerkendem Zeugnisse über die ordnungsmässig erfolgte Er- öffnung zurückzusenden.

II. Berufungen. § 69.

Gegen die Einstellung des steuerpflichtigen Gesamteinkommens steht so- wohl dem Steuerpflichtigen, als auch dem Vorstande des Rechnungsamtes des Bezirks (der Steuerlokalkommission) oder dessen Stellvertreter, und im Falle

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Page 21: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

374 Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

des § 60 Abs. 2 dem vom Staatsministerium ernannten Prüfungskommissare das Rechtsmittel der Berufung zu.

Berufungen der Steuerpflichtigen sind innerhalb der im § 68 bestimmten ausschliessenden Frist von 4 Wochen bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokal- kommission), dagegen Berufungen des Vorstandes des Rechnungsamtes (der Steuerlokalkommission), oder dessen Stellvertreters, oder des Prüfungskommissars binnen gleicher, vom Eingange der eröffneten Steuerrolle bei dem Rechnungs- amte (der Steuerlokalkommission) an zu rechnenden Frist beim Vorsitzenden der Berufungskommission (§ 71) schriftlich einzureichen.

Die Einwendung einer Berufung hat im Bezug auf die Zahlung der veranlagten Steuer keine aufschiebende Wirkung. Etwa zuviel gezahlte Steuer- beträge werden nach Beendigung des Berufungsverfahrens zurückerstattet, zu wenig gezahlte nach erhoben.

§ 70. Steuerpflichtige haben ihre Berufungen unter Bezeichnung der Ansätze,

durch welche sie sich beschwert erachten und unter genauer Angabe der Höhe aller ihrer Einkünfte und der gesetzlich zulässigen Abzüge zu begründen. Zur Erbringung des Nachweises der behaupteten Ueberschätzung haben sie bei Ein- wendung der Berufung zugleich die erforderlichen urkundlichen Bescheinigungen, insbesondere ihre während der letztverflossenen Geschäftsjahre geführten Ge- schäftsbücher oder vollständige Auszüge aus denselben einzureichen. Es ge- nügt jedoch, wenn sie, statt die Geschäftsbücher oder Auszüge einzureichen, sich zur Vorlegung der ersteren in ihrem Geschäftsraum erbieten und die Vorlegung da auf Erfordern bewirken.

Wenn durch deren Einsicht im Geschäftsraum durch Vertreter der Kommission Kosten erwachsen, so sind diese Kosten dem Steuerpflichtigen nur in dem Falle aufzuerlegen, wenn seine Berufung für unbegründet erachtet wird (§ 73 Abs. 3).

Diese Bestimmungen finden auch auf die nach § 73 angeordnete Vor- legung der Bücher sinngemässe Anwendung.

Die Begründung der Berufungen von seiten des Rechnungsamts-(Steuer- lokalkommissions-)Vorstandes oder dessen Stellvertreters oder des Prüfungs- kommissars kann mündlich vor der Berufungskommission (§ 71) erfolgen.

§ 71. Die Berufungskommission besteht für jeden Verwaltungsbezirk aus einem

vom Staatsministerium zu ernennenden Beamten als Vorsitzenden, welcher nicht Vorsitzender oder Mitglied einer Veranlagungskommission des Berufungs- bezirks sein darf, und aus vier vom Bezirksausschuss aus den männlichen steuerpflichtigen Bewohnern des Verwaltungsbezirks auf die Dauer einer Finanz- periode unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten des Einkommens ge- wählten Mitgliedern bezüglich Stellvertretern.

Das Amt der vom Bezirksausschusse gewählten Berufungskommissions- mitglieder und deren Stellvertreter ist ein staatsbürgerliches Ehrenamt. Mit- glieder der Veranlagungskommission sind zu diesem Amte nicht wählbar. Rücksichtlich der Befähigung, zu diesem Ehrenamte gewählt zu werden, der Befugnis zur Ablehnung der Wahl, der Entscheidung über Ablehnungserklä- rungen, der Beschlussfähigkeit und des Geschäftsganges bei der Berufungs- kommission, sowie der Befugnisse des Vorsitzenden finden die Bestimmungen in §§ 62, 63 u. 64 sinngemässe Anwendung.

Die eidesstattliche Verpflichtung der Mitglieder erfolgt durch den Vor- sitzenden nach Massgabe der Vorschrift in § 63.

Mitglieder, welche von auswärts zugezogen werden, erhalten Tage- und Nachtgelder sowie Reisekostenentschädigung nach Massgabe der Vorschriften in Abschnitt III des Gesetzes über das Kostenwesen in Gerichts- und Ver- waltungssachen vom 11. April 1894, Regierungsbl. 1894 S. 87.

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Page 22: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. 375

§ 72. Ueber eingewendete Berufungen entscheidet die Berufungskommission

nach gewissenhafter Erörterung und billiger Erwägung aller dabei in Betracht zu ziehenden Verhältnisse nach Stimmenmehrheit.

Versäumte Berufungen sind zurückzuweisen.

§ 73. Behufs Prüfung der von Steuerpflichtigen eingewendeten Be-

rufungen kann die Berufungskommission eine genaue Feststellung der Erwerbs- und Vermögensverhältnisse des betreffenden Steuerpflichtigen veranlassen. Zu diesem Behufe ist die Berufungskommission befugt, nicht nur den Vorsitzenden der Veranlagungskommission (§ 61) zur Teilnahme an der Verhandlung als Auskunftsperson zuzuziehen, sondern auch Zeugen und Sachverständige, nötigen- falls eidlich oder mittels Versicherung an Eidesstatt, durch das Gericht oder das Rechnungsamt (die Steuerlokalkommission) vernehmen zu lassen, auch von dem Steuerpflichtigen selbst schriftliche oder mündliche Auskunft auf be- stimmte Fragen über seine Erwerbs- und Vermögens Verhältnisse zu verlangen und ihn zur Vorlegung der darauf bezüglichen Urkunden und Geschäftsbücher aufzufordern.

Die Aufforderung an den Steuerpflichtigen geschieht unter der Ver- warnung, dass die Berufung als unbegründet werde zurückgewiesen* werden, wenn er innerhalb der ihm zu bestimmenden Frist die verlangte Auskunft nicht erteilen oder die erforderten Urkunden nicht vorlegen würde.

Wird die Berufung des Steuerpflichtigen für unbegründet erachtet, so kann derselbe zur Erstattung der durch solche herbeigeführten Auslagen ver- urteilt werden.

§ 74. Zur Verhandlung über die von dem Vorstande des Rechnungsamtes (der

Steuerlokalkommission) oder dessen Stellvertreter oder von dem Prüfungs- kommissar (§ 69 Abs. 1) eingewendeten Berufungen sind die Steuerpflichtigen, gegen deren Schätzung die Berufung gerichtet ist, zur Teilnahme an der Ver- handlung, zur Anhörung der Begründung der Berufung und zur Vorbringung und Begründung etwaiger Gegenäusserungen mindestens 3 Tage vor dem Ver- handlungstermine zum Erscheinen vor der Berufungskommission mit dem Be- deuten einzuladen, dass auch im Falle des Ausbleibens Verhandlung und Ent- scheidung erfolgen werde. Auch in diesem Falle ist die Berufungskommission befugt, die in dem ersten Absatze des § 73 verzeichneten Massregeln eintreten zu lassen.

§ 75. Gegen die Entscheidung der Berufungskommission steht dem Steuer-

pflichtigen und dem Vorstande des Rechnungsamtes (der Steuerlokalkommission) oder dessen Stellvertreter eine Beschwerde an das Staatsministerium wegen unrichtiger Anwendung von gesetzlichen oder Vollzugsvorschriften zu, welche innerhalb einer 4wöchigen Frist von Eröffnung der Entscheidung ab von dem Steuerpflichtigen bei dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) und von dem Rechnungsamts- (Steuerlokalkommissions-) Vorstande oder dessen Stellver- treter bei dem Staatsministerium einzureichen ist.

Wird die Beschwerde des Steuerpflichtigen für unbegründet erachtet, so kann der Beschwerdeführer in die durch dieselbe erwachsenen Kosten ver- urteilt werden.

Ein weiteres Rechtsmittel findet weder im Rechts- noch im Verwaltungs- wege statt; die Beschreitung des Rechtsweges bleibt lediglich insoweit nach- gelassen, als die Steuerpflicht bestritten wird.

Die Berichtigung von Rechnungsfehlern kann bis zum Schlüsse des Steuerjahres, für welches die Steuerrolle aufgestellt ist, jederzeit gefordert werden.

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Page 23: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

37g Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

III. Ab- und Zugänge.

§ 76. Die nach Massgabe dieses Gesetzes festgestellten Steuerrollen bilden die

Grundlage der Steuererhebung für das laufende Steuerjahr.

§77. Innerhalb des Steuerjahres tritt eine Veränderung in den Steuerrollen ein

A. durch Abgang: 1. wenn die Voraussetzungen, an welche die Steuerpflicht einer Person

geknüpft ist, weggefallen sind oder ein Steuerbefreiungsgrund ein- getreten ist;

2. wenn ein anmeldungspflichtiges Einkommen gemäss § 23 für das II. Halbjahr abgemeldet oder vermindert angemeldet wird;

3. wenn ein Steuerpflichtiger nachgewiesenermassen seines gesamten Einkommens verlustig gegangen ist;

4. wenn ein Steuerpflichtiger nach einem anderen Orte des Grossherzog- tums verzieht;

B. durch Zugang: 1. wenn Personen durch Zuzug aus anderen Bundesstaaten, den deutschen

Schutzgebieten oder dem Auslande, durch Ausscheiden aus dem Militärdienst oder aus anderen Gründen steuerpflichtig werden;

2 wenn das Einkommen eines Steuerpflichtigen sich infolge Erbanfalles vermehrt, sofern nicht die Erben die dem Verstorbenen auferlegte Steuer für den Rest des Steuerjahres fortentrichten;

3. wenn anmeldungspflichtiges Einkommen gemäss § 22 neu oder erhöht angemeldet wird;

4. wenn ein Steuerpflichtiger aus einem anderen Orte des Grossherzog- tums zuzieht.

Im übrigen begründet Vermehrung oder Verminderung des Einkommens während des Steuerjahres keine Veränderung der Steuerveranlagung.

§ 78. Soweit in den Fällen des § 77 B Ziff. 1, 2 u. 4 eine Ermittelung des in

Zugang zu bringenden Einkommens im Wege der Schätzung zu erfolgen hat, finden die Vorschriften über die Schätzung mit der Massgabe Anwendung, dass dieselbe, unbeschadet des dem Steuerpflichtigen zustehenden Berufungsrechts, durch das Rechnungsamt (die Steuerlokalkommission) zu erfolgen hat, von welchem nach Befinden vorher der Gemeindevorstand oder die Schätzungs- kommission oder deren Vorsitzender gutachtlich zu hören ist.

Eine Prüfung der Schätzungsergebnisse durch die Veranlagungskommission findet nicht statt.

§ 79. Die Ab- und Zugangsstellung erfolgt mittels Ab- und Zugangslisten, in

den Fällen des § 77 A Ziff. 2 und B Ziff. 3 von dem Beginne des zweiten Halb- jahres an, im übrigen von dem Beginne des auf den Eintritt der im § 77 be- zeichneten Voraussetzungen der Ab- und Zugangsstellung folgenden Monats und, wenn der Eintritt der Voraussetzungen auf den ersten Tag eines Monats fallt, von diesem an.

Die Eröffnung der Zugangslisten findet schriftlich oder durch besondere Vorladung der einzelnen Beteiligten statt.

Die Entscheidungen der Berufungskommission über Berufungen gegen die Zugangslisten erfolgen, soweit die Berufungen nicht vor der Beendigung der Berufungsgeschäfte des laufenden Jahres eingegangen sind, beim Zusammen- tritte der Berufungskommission im nächstfolgenden Jahre.

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Page 24: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. 377

Für das laufende Jahr ist die Steuer nach Massgabe der zu den Zu- gangslisten erfolgten Veranlagungen, jedoch vorbehaltlich der auf Berufung der Steuerpflichtigen erfolgenden anderweiten Feststellung des steuerpflichtigen Einkommens, zu entrichten.

§ 80. Steuerpflichtige, deren Schätzung gänzlich übersehen worden ist, sind

im Laufe des Jahres nachträglich zu schätzen, und ist rücksichtlich derselben Nachversteuerung zu verfügen.

IV. Entrichtung der Einzelsteuerbeträge. Erlasse.

§ 81. Die ausgeworfenen Einzelsteuerbeträge (§ 68) gelten am 1. Januar eines

Jahres für das erste Halbjahr, und am 1. Juli für das zweite Halbjahr für angefallen und geschuldet, und sind in Quartalsterminen zu entrichten.

§ 82. Der Anspruch auf Zurückerstattung von Einkommensteuern gegen die

Staatskasse verjährt in 4 Jahren. Die Frist läuft von dem 1. Januar des auf die Veranlagung folgenden Jahres an.

§ 83. Für die Einkommensteuer von Privatdienern, Gewerbegehilfen und an-

deren ständigen Arbeitern, welche von der Dienstherrschaft oder dem Arbeit- geber neben dem Lohne auch die Kost beziehen, hat die Dienstherrschaft oder der Arbeitgeber zu haften. Der Haftpflichtige ist zu entsprechenden Lohn- abzügen berechtigt.

§ 84. Erlasse an der allgemeinen Einkommensteuer können nur vom Staats-

ministerium bewilligt werden. Zur Prüfung der Erlassgründe kann das Staats- ministerium auch von den Bezirksdirektoren, Amtsgerichten und Gemeinde- vorständen Auskunft über die thatsächlichen Verhältnisse und gutachtliche Aeusserung erfordern.

D. Zuwiderhandlungen und deren Folgen. I. Strafbestimmungen.

§ 85. Wer ein zur ersten Abteilung der Steuerrolle gehöriges steuerpflichtiges

Einkommen, zu dessen Anmeldung er verpflichtet war (§§ 11, 22 u. 24), ganz oder teilweise dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) nicht anmeldet, hat die davon hinterzogene Steuer nachzuzahlen und ausserdem den ein- bis sechzehnfachen Betrag der hinterzogenen Steuer je nach Beschaffenheit des Falles als Strafe zu erlegen.

§ 86. Wer Verpflichtungen zur Zahlung von Schuldzinsen, sowie Verpflich-

tungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 bezeichneten Art anmeldet (§§ 17 - 20), welche überhaupt nicht, oder in niedrigerem Betrage, als angegeben, bestehen, hat die hinterzogene Steuer nachzuzahlen und je nach Beschaffenheit des Falles den ein- bis sechzehnfachen Betrag der hinterzogenen Steuer als Strafe zu erlegen.

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Page 25: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

37g Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

Wenn die Unrichtigkeit der Anmeldung vor der Feststellung des be- treffenden Steuerkapitals ermittelt und hienach eine Hinterziehung der Steuer durch dieselbe nicht herbeigeführt worden ist, ist die Strafe unter Zugrunde- legung eines Halbjahresbetrags der Steuer zu bemessen.

§ 87. Wenn die gänzlich versäumte oder zu niedrig erfolgte Anmeldung mit

den zur Nachsteuerberechnung erforderlichen Angaben von dem Anmeldungs- pflichtigen selbst nachgeholt oder berichtigt, oder eine unrichtige Anmeldung von Schuldzinsen, Verpflichtungen und Lasten der im § 16 Abs. 1 bezeichneten Art von dem betreffenden Steuerpflichtigen selbst berichtigt wird, ehe eine Anzeige oder ein behördliches Einschreiten gegen ihn erfolgt ist, tritt eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung nicht ein.

§ 88. Wer wissentlich in der Steuererklärung (§§ 44 fg.) oder bei Beant-

wortung der von zuständiger Stelle (§§ 44 fg. u. 66) an ihn gerichteten Fragen a) über sein steuerpflichtiges Einkommen oder über das Einkommen der

von ihm zu vertretenden Steuerpflichtigen unrichtige oder unvoll- ständige Angaben macht, welche geeignet sind, zur Verkürzung der Steuer zu führen,

b) steuerpflichtiges Einkommen, welches er nach den Vorschriften dieses Gesetzes anzugeben verpflichtet ist, verschweigt,

hat die hinterzogene Steuer nachzuzahlen und wird, wenn eine Verkürzung des Staates stattgefunden hat, mit dem vier- bis sechzehnfachen Betrage der Ver- kürzung, andernfalls mit dem ein- bis zehnfachen Betrage der Jahressteuer, um welche die Staatskasse verkürzt werden sollte, bestraft.

Derjenige Steuerpflichtige, welcher, bevor eine Anzeige oder ein behörd- liches Einschreiten gegen ihn erfolgt ist, seine Angabe an zuständiger Stelle berichtigt oder ergänzt, bezw. das verschwiegene Einkommen angibt, bleibt straffrei.

§ 89. Wenn eine Steuerhinterziehung (§§ 85, 86, 88) erst nach dem Tode eines

Steuerpflichtigen zur Untersuchung oder Entscheidung kommt, so ist die von demselben verwirkte Strafe gegen dessen Erben zu erkennen und nebst der vor- enthaltenen Steuer von denselben zu erlegen. In solchem Falle ist jedoch die Strafe nicht über die letztverflossenen 4 Jahre vor dem Ableben des betreffenden Steuerpflichtigen hinaus zu berechnen.

Wenn der Zeitpunkt nicht zu ermitteln ist, von welchem an der Erb- lasser ein unangemeldet gebliebenes Zins- oder Renteneinkommen bezogen hat, so wird bis zum erbrachten Beweise des Gegenteils angenommen, dass er das zur Zeit seines Ablebens bezogene Einkommen für das letzte halbe Jahr vor seinem Tode anzumelden gehabt hätte.

§ 90. Mit Geldstrafe bis zu 300 M. kann belegt werden: 1. wer der nach § 42 Abs. 1 u. 2 an ihn ergangenen Aufforderung inner-

halb der ihm bestimmten Frist nicht nachkommt; 2. wer bei den zum Zwecke der Feststellung seiner Schätzungssumme

abgegebenen ̂Auskunftserteilungen (§ 42 Abs. 1) oder bei den nach § 42 Abs. 2 zu gebenden Nachweisungen oder zur Begründung eines Rechtsmittels oder bei der Verhandlung hierüber wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, welche geeignet sind, zur Ver- kürzung der Staatskasse zu führen;

3. wer der Aufforderung als Sachverständiger oder Auskunftsperson vor den Veranlagungsbehörden oder deren Vorsitzenden zu erscheinen, ohne genügende Entschuldigung nicht Folge leistet, oder die von ihm

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Page 26: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. 37Q

erforderte Auskunft ungerechtfertigterweise verweigert oder wissent- lich unvollständig oder unrichtig erteilt.

Die Strafe muss in der Aufforderung (Ziff. 1 u. 3) ausdrücklich angedroht sein.

§ 91. Die Strafverfolgung verjährt bei Hinterziehungen von Steuern in den

Fällen der §§ 85, 86 u. 88 in 5 Jahren, bei den in § 90 mit Strafe bedrohten Zuwiderhandlungen in 6 Monaten.

Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die strafbare Hand- lung oder Unterlassung begangen worden ist. Die Verjährung wird unter- brochen durch jede zur Verfolgung der Zuwiderhandlung vorgenommene amt- liche Handlung.

§ 92. Die Verbindlichkeit zur Nachzahlung der hinterzogenen Steuer verjährt

in 10 Jahren und geht auf die Erben, jedoch nur auf die Höhe ihres Erb- anteils, über. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Steuerjahres, in welchem die Hinterziehung begangen wurde.

§ 93. Treffen mit einer Steuerhinterziehung andere strafbare Handlungen zu-

sammen, so tritt die für erstere bestimmte Strafe neben der Bestrafung der letzteren ein.

§ 94. Die bei der Steuerveranlagung beteiligten Staats- und Gemeindebeamten

sowie die Mitglieder der Kommissionen werden, wenn sie die zu ihrer Kenntnis gelangten Erwerbs-, Vermögens- oder Einkommensverhältnisse eines Steuer- pflichtigen, insbesondere auch den Inhalt einer Steuererklärung oder der dar- über gepflogenen Verhandlungen unbefugt offenbaren, mit Geldstrafe bis zu 1500 M. bestraft.

Die strafgerichtliche Verfolgung findet nur auf Antrag des Staatsmini- steriums oder des betroffenen Steuerpflichtigen statt.

II. Strafverfahren.

§ 95. Bei Zuwiderhandlungen wegen der Verpflichtung zur Geheimhaltung

(§ 94) richtet sich das gerichtliche Strafverfahren nach den Vorschriften der Strafprozessordnung.

Im übrigen finden auf das Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz, soweit nicht Geldstrafen im Disziplinarwege zu erkennen sind (§§ 36 Abs. 2, 38 Abs. 3), die Bestimmungen über das Verfahren der Staats- verwaltungs- und Gemeindebehörden wegen strafbarer Handlungen gegen die Vorschriften über Staats- und Gemeindeabgaben (§ 16 Abs. 2 des Gesetzes über die polizeiliche Straffestsetzung vom 12. April 1879, Regierungsbl. 1879 S. 153, und Gesetz vom 25. März 1862, Regierungsbl. 1862 S. 37) Anwendung.

Die Anforderung verwirkter Geldstrafen im Verwaltungswege wird in den Fällen, in welchen es sich um eine Zuwiderhandlung gegen Aufforderungen des Gemeindevorstandes oder der Schätzungskommission handelt, vom Gemeinde- vorstande, in den Fällen, wenn es sich um eine Aufforderung des Rechnungs- amtes (der Steuerlokalkommission), der Veranlagungs- und Berufungskommission oder deren Vorsitzenden handelt, von dem Rechnungsamte (der Steuerlokal- kommission), in allen übrigen Fällen vom Staatsministerium verfügt.

Erlegte Geldstrafen fliessen, wenn sie der Gemeindevorstand festzusetzen hat, in die betreffende Gemeindekasse, in allen übrigen Fällen zur Staatskasse.

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Page 27: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

380 Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897.

§ 96. Die Steuereinnehmer sind bei Vermeidung einer Disziplinarahndung ver-

pflichtet, jeden ihnen beigehenden Verdacht unterlassener oder unrichtig er- folgter Anmeldung anmeldungspflichtiger Bezüge und unrichtig erfolgter An- meldung von Schuldzinsen oder anderen abzugsfähigen Lasten (§§ 17 - 20) dem Rechnungsamte (der Steuerlokalkommission) anzuzeigen.

Die Rechnungsämter (Steuerlokalkommissionen) haben dergleichen An- zeigen, sowie jeden sonst hervortretenden Verdacht einer Steuerhinterziehung ungesäumt zu verfolgen, den Thatbestand einer etwaigen Hinterziehung soviel als möglich festzustellen und das Ergebnis dem Staatsministerium vorzulegen.

Wenn den Rechnungsämtern (Steuerlokalkommissionen) hierbei die Ein- sicht von Gerichtsakten über Schuldklagen, Pfandbestellungen, Uebereignungen, Nachlassregulierungen, Bevormundungen u. s. w. nötig erscheint, haben die Gerichtsbehörden solche bereitwillig mitzuteilen.

§ 97. Wenn zur Feststellung des Thatbestandes einer Steuerhinterziehung von

einer verschlossen überreichten Anmeldung (§ 33 Abs. 2) Einsicht zu nehmen ist, und der Aussteller der Anmeldung oder dessen Erben hierzu Zustimmung erteilen, hat die Eröffnung einer solchen Anmeldung ohne Einholung einer weiteren Ermächtigung zu erfolgen. Im Falle der Versagung dieser Zustimmung darf die Eröffnung einer verschlossen überreichten Anmeldung nur auf Anord- nung des Staatsministeriums vorgenommen werden. Der Aussteller der An- meldung oder dessen Erben sind hierzu mit dem Bemerken vorzuladen, dass die Eröffnung auch im Falle ihres Ausbleibens erfolgt.

Zu diesem Behufe sind verschlossen überreichte Anmeldungen 5 Jahre lang von dem Zeitpunkte an gerechnet, an welchem sie durch Abmeldung oder neue Anmeldung ausser Kraft treten, vom Rechnungsamte (von der Steuerlokal- kommission) aufzubewahren. Nach Ablauf dieses Zeitraumes sind sie auf Ver- langen an den Aussteller oder an dessen Erben zurückzugeben. Verschlossen überreichte Anmeldungen, welche im Laufe des 6. Jahres von dem vorerwähnten Zeitpunkte an gerechnet, nicht zurückerbeten worden sind, können vom Rech- nungsamte (von der Steuerlokalkommission) vernichtet werden.

§ 98. Gewinnt das Staatsministerium die Ueberzeugung , dass eine Steuer-

hinterziehung vorliegt, so ist von demselben entweder alsbaldige Einleitung gerichtlichen Strafverfahrens zu veranlassen, oder, da nötig, nach näheren Er- mittelungen im Verwaltungswege, dem betreffenden Steuerpflichtigen, bezüglich dessen Erben die gesetzliche Strafe und die Erstattung der erwachsenen Ver- läge im Verwaltungswege anfordern zu lassen. Zugleich ist wegen Beiziehung der hinterzogenen Steuer und wegen der etwaigen künftigen Steuerzahlung Verfügung zii treffen.

Wenn die im Verwaltungswege angeforderte Geldstrafe innerhalb der bestimmten Frist nicht erlegt wird, so ist auf Antrag des Staatsministeriums gerichtliches Strafverfahren einzuleiten (Gesetz vom 25. März 1862, §§ 4-6, Regierungsblatt 1862 S. 37).

E. Uebergangs- und Schlussbestimmungen.

§ 99. Die Strafvorschriften des gegenwärtigen Gesetzes sind auch auf die vor

dessen Inkrafttreten begangenen Handlungen anzuwenden, insoweit nicht letztere nach dem früheren Rechte straflos waren.

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Page 28: Sachsen-Weimarisches Einkommensteuergesetz. Vom 2. Juni 1897

Sachsen- Weimarisches Einkommensteuergesetz vom 2. Juni 1897. ggj

§ 100. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1899 in Kraft. Es haben

jedoch die Wahlen der Schätzungskommissionen (§ 35), der Veranlagungs- kommÌ8sionen (§ 61), der Berufungskommissionen (§71) für die Jahre 1899 - 1901 unter Anwendung des gegenwärtigen Gesetzes im Laufe des Jahres 1898 zu erfolgen, und ist das Staatsministerium ermächtigt, sowohl wegen dieser Wahlen als auch wegen der sonst erforderlichen Vorarbeiten und Vorbereitungen für Ausführung dieses Gesetzes und unter Anwendung desselben nach dessen Publi- kation das Erforderliche anzuordnen.

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