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Das Wichtigmännchen, Prinzessin Hosennaß, die gefräßigeMaus, das Strahlenkindchen, Vera im Durcheinanderland — dieseund zahlreiche andere phantasievolle Gestalten geistern durchGerlinde Ortners Märchen. Es sind kleine Antihelden, die sichdie Wiener Kinderpsychologin ausgedacht hat, um über das er-probte Mittel des Geschichtenerzählens Eltern wie auch Kin-dern zu helfen — damit kindliche Protestaktionen und soge-nannte Verhaltensstörungen nicht zum ständigen Konfliktstoffwerden. Denn welche Eltern sind nicht mit ihrem Latein amEnde, wenn dem sprachgewaltigen Vierjährigen die Schimpf-wörter nicht abzugewöhnen sind, wenn das Drängen auf zügigesAufstehen-Waschen-Anziehen nur noch mehr Trödelei bewirktoder wenn ernsthaftere Schwierigkeiten wie Bettnässen oderStottern und Probleme im Kindergarten oder in der Schule auf-treten. Für die Eltern ganz wichtig sind die Erläuterungen imAnschluß an die therapeutischen Märchen, in denen die Autorindas jeweils angesprochene Problem kurz umreißt und lebens-nahe Ratschläge gibt. Ebenso trägt die Einführung dazu bei, daßdieses Vorlesebuch auch für Eltern gewinnbringend ist.

Gerlinde Ortner, geboren 1945, promovierte 1972 an der Uni-versität Wien und arbeitete in den folgenden sechs Jahren alsKinder- und Jugendpsychologin in Beratungsstellen der StadtWien. Nach ihrer zweijährigen Tätigkeit als Psychologin an derUniversitätsklinik für sprachgestörte und gehörgeschädigte Kin-der leitete sie eine Schule in Spanien. Derzeit arbeitet sie als Psy-chotherapeutin, Psychologin und Supervisorin in eigener Praxisin Wien. Von Gerlinde Ortner ist ebenfalls erschienen : >NeueMärchen, die Kindern helfen< (1994)-

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Gerlinde Ortner

Märchen, die Kindern helfenGeschichten gegen Angst und Aggression,und was man beim Vorlesen wissen sollte

Deutscher Taschenbuch Verlag

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Von Gerlinde Ortnerist im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen:

Neue Märchen, die Kindern helfen (36154)

Ungekürzte AusgabeJuli 1993

it. Auflage Februar 2006Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

www.dtv.de

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.Sämtliche, auch auszugsweise Verwertungen bleiben vorbehalten.

1988 Orac Buch- und Zeitschriftenverlag GesmbH, Wien0 1991 Verlag Orac im Verlag Kremayr & Scheriau, Wien

ISBN 3-7015-0142-4

Umschlagkonzept: Balk & BrumshagenUmschlagfoto: 0 gettyone Stone

Satz: IBV Satz- und Datentechnik, BerlinDruck und Bindung: Druckerei C. H. Beck, NördlingenGedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier

Printed in GermanyISBN-13: 978-3-423-36107-1

ISBN-I0: 3-423-36107-7

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Inhaltsverzeichnis

Ein Wort an die Eltern 9Wie Eltern ihr Kind richtig motivieren I 1

Wenn Ihr Kind nicht schlafen gehen will»Ich will noch nicht ins Bett« 21

Was Eltern dazu wissen müssen 25

Wenn Ihr Kind Alpträume hat»1-2-3, Angst vorbei« 28Was Eltern dazu wissen müssen 31

Wenn Ihr Kind sich vor Hunden fürchtet»Martins Traumreise zu den Zwergenhunden«

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Was Eltern dazu wissen müssen

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Wenn Ihr Kind Angst vor dem Zahnarzt hat»Die Meerjungfrau« 42Was Eltern dazu wissen müssen 4 5

Wenn Ihr Kind trödelt»Das Strahlenkindchen« 48Was Eltern dazu wissen müssen 51

Wenn Ihr Kind unordentlich ist»Vera im Durcheinanderland« 54Was Eltern dazu wissen müssen 59

Wenn Ihr Kind lügt»Der Wahrheitsturm« 6 1Was Eltern dazu wissen mussen 65

Wenn Ihr Kind Schimpfwörter verwendet»Das Wichtigmännchen« 67Was Eltern dazu wissen müssen

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Wenn Ihr Kind unfolgsam ist»Indianerspiel« 73Was Eltern dazu wissen müssen 74

Wenn Ihr Kind nägelbeißt»Das Katzenkind Liesi« 77Was Eltern dazu wissen müssen 81

Wenn Ihr Kind bettnäßt»Die Prinzessin Hosennaß« 83Was Eltern dazu wissen müssen 89

Wenn Ihr Kind stottert»Florian und die Spechtsprache« 91Was Eltern dazu wissen müssen 94

Wenn Ihr Kind nicht essen will»Die gefräßige Maus« 97Was Eltern dazu wissen müssen ioo

Wenn Ihr Kind nicht im Kindergarten bleiben will»Gregor und sein Teddy« 102

Was Eltern dazu wissen müssen 104

Wenn Ihr Kind den Unterricht stört»Der Clown mit der hupenden Nase« 107

Was Eltern dazu wissen müssen 1 10

Wenn Ihr Kind verspottet wird»Knirps, Kugelrund und Bohnenstange« 112

Was Eltern dazu wissen müssen 113

Wenn Ihr Kind zu Aggressivität neigt»Thomas und der schwarze Rabe« 116Was Eltern dazu wissen müssen 120

Wenn Ihre Kinder streiten»Bammer und Flapsi, die Bärenkinder« 124Was Eltern dazu wissen müssen 127

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Wenn Ihr Kind ein guter Partner werden soll»Die Eichhörnchenkinder« 129Was Eltern dazu wissen müssen 134

Wenn Umweltschutz für Ihr Kind wichtig werden soll»Die Stahlix und die Gummerans« 135Was Eltern dazu wissen müssen 13 8

Wenn Ihr Kind mit dem Tod konfrontiert wird»Oma ist gestorben« 140Was Eltern dazu wissen müssen 141

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Ein Wort an die Eltern

Die Idee, diese »therapeutischen« Geschichten für Kinder undErwachsene zu schreiben, entstand im Lauf meiner Arbeit mitsogenannten »verhaltensgestörten« Kindern. Die meisten vonihnen hätten meine psychologische Beratungsstelle gar nicht auf-suchen müssen, wären ihre Eltern über die Gesetzmäßigkeiten inder Entwicklung ihres Sprößlings informiert gewesen. Aus Un-wissen gehen sie häufig über die seelischen Grundbedürfnisse ih-res Kindes hinweg und bringen zuwenig Verständnis für mancheseiner entwicklungsbedingten Probleme und Verhaltensweisenauf.

Vielen Eltern fällt es auch schwer, ihr Kind entsprechend zumotivieren. Statt es anzuspornen, neigen sie ungewollt dazu, dasKind zu entmutigen. Die Voraussetzung zur richtigen Motiva-tion ist, daß die von den Eltern gestellten Anforderungen denmomentanen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Kindes ent-sprechen und daß sie in einer kindgerechten Sprache erfolgen.Märchen sind hervorragend geeignet, sprachliche und mentaleBarrieren zwischen Kindern und Erwachsenen zu überwinden.Wie sehr Kinder auf sie ansprechen, habe ich oft und oft erlebt.In meiner Tätigkeit als Kinderspychologin habe ich die vorlie-genden Märchen als therapeutische Hilfe wiederholt erfolgreicheingesetzt. Die Kinder identifizieren sich erfahrungsgemäß mitden Helden der Geschichten und übernehmen mit Begeisterungdie zur Problemlösung angebotenen Ideen und Lösungsvor-schläge: Zauberspruch, Kopfkissenüberraschung und Indianer-geheimzeichen motivieren das Kind dazu, sich in spielerischerWeise mit seinen Problemen zu beschäftigen und aktiv an sichund seinem Verhalten zu arbeiten.

Die Märchen sind in gleicher Weise an Kinder und Erwach-sene adressiert. Ärgern Sie sich, wenn Ihr Kind in Zeiten höch-ster Turbulenzen wie ein Traummännlein vor sich hin trödeltoder wenn es vor lauter Unordnung sein Lieblingsspielzeugnicht mehr findet? Geduld, Einfühlsamkeit und die nötige Por-tion Selbstkritik vorausgesetzt, werden Ihnen die Märchen si-cher helfen, Ihrem Kind diese kleinen Marotten abzugewöhnen.Bei schwerwiegenderen Verhaltensstörungen wie Bettnässen

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oder Stottern, schweren Ängsten oder wenn Ihrem Kind die so-ziale Eingliederung in Kindergarten oder Schule große Schwie-rigkeiten bereitet, kann dieses Buch eine psychologische Bera-tung und eine eventuell notwendige Therapie zwar nicht erset-zen, aber gut ergänzen.

Die theoretischen Teile des Buches sind den Erwachsenenvorbehalten. Eine allgemeine Einleitung und Erläuterung jeweilsim Anschluß an die einzelnen Geschichten bieten eine Einfüh-rung in die Themen Erziehung und Verhaltensmodifikation underklären die Grundsätze richtigen Motivierens. Außerdem fin-den Eltern praktische Anleitungen für den Umgang mit Kindernund ihren Problemen. Ich halte die vorbereitende Lektüre dertheoretischen Erläuterungen für sehr wichtig: Denn einerseitssind die meisten Eltern ungelernte Erzieher, das heißt, sie habenin einer so wichtigen Sache, wie es die Erziehung der Kinder ist,keine systematische Ausbildung oder Anleitung erhalten. Dar-aus ergeben sich bei vielen Eltern Unsicherheiten und Unge-schicklichkeiten. Andererseits sind Probleme, die Kinder ihrenEltern bereiten, zumeist ein Zeichen dafür, daß die Kinder mitden Eltern Probleme haben.

Dieses Märchenbuch soll jedoch nicht ein weiteres Exemplarin der unzähligen Reihe der >Lehrbücher für Eltern< sein. Es er-fordert kein Erlernen neuer Erziehungsstrategien, es bedarf kei-nes Umlernens. Es wird nur mehr Betonung auf die richtige Be-achtung des Kindes gelegt. Ziel des Buches ist es also, den Elterneine gewisse Unterstützung zu bieten, ihr Kind richtig zu moti-vieren, es besser in seiner Problematik zu verstehen, und nichtdurch eine zwar gut gemeinte, aber falsche Art von Zuwendungdas Fehlverhalten ihres Kindes zu verstärken.

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Wie Eltern ihr Kind richtig motivieren

Es gibt gewisse Erziehungsnormen, die während der gesamtenEntwicklung des Kindes Gültigkeit besitzen. Die folgenden Tipsund Richtlinien sollen Ihnen helfen, Erziehungsfehler zu ver-meiden und damit Verhaltensproblemen Ihres Kindes vorzu-beugen.

Die Entwicklung des Kindes geht nicht gleichmäßig vor sich.Auf relativ ruhige Perioden, in denen es Neuerlerntes trainiertund Kräfte für den nächsten Entwicklungsschub sammelt, fol-gen Krisenphasen, in denen es Neues erwirbt und eine höhereEntwicklungsstufe erreicht. Während dieser Perioden steht dasKind unter enormer seelischer und körperlicher Belastung. Es istlabil, besonders empfindlich und gibt mit seinem Verhalten denEltern nicht selten Rätsel auf. Die gröbsten Erziehungsfehlerwerden während dieser Phasen gemacht. Einerseits aus fehlen-dem Verständnis, andererseits weil die Eltern sich bemüßigt füh-len, sich dem »schwierigen« Kind besonders intensiv zu wid-men. Das Kind wünscht natürlich die vermehrte Zuwendung derEltern. Steht es nun häufig auf Grund seines störenden Verhal-tens im Mittelpunkt, so wird dieses »Schlimmsein« durch die un-mittelbare Beachtung verstärkt und tritt auch dann noch auf,wenn es nicht mehr mit der entwicklungsbedingten Krisenphasein Beziehung zu bringen ist.

Die wichtigsten Krisenphasen :— Im achten Lebensmonat (erste Unterscheidung zwischen

»bekannt« und »unbekannt«, daher »Fremdeln«, Unsicher-heit).

— Im dritten Lebensjahr (»Trotzphase«, erstmaliges selbständi-ges Planen, »Ich-Erkenntnis«, 'Übergang vom spontanenDenken in der Gegenwart in gezieltes Zukunftsdenken, Aus-bildung der Phantasie).

— Im sechsten Lebensjahr (erster Gestaltwandel von der körper-lichen Kleinkindform zur Schulkindform, dadurch Störungdes seelischen und körperlichen Gleichgewichts, das Kindschläft schlechter, wird ängstlicher, krankheitsanfälliger,»launenhaft«, unordentlicher).

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— Pubertät (Verinnerlichung, man wird uneins mit sich selbst,hat Probleme mit der Umwelt, fühlt sich unverstanden und al-lein, enorme Unsicherheit, Protestverhalten).

In jeder Entwicklungsphase verändert sich das Kind. Die Elternmüssen ihr Verhalten diesem natürlich vorgegebenen Entwick-lungsprozeß angleichen. Beim eineinhalbjährigen Kind ist eszum Beispiel erforderlich, starre Richtlinien festzusetzen, äußer-ste Konsequenz muß geübt werden. Beim zweieinhalbjährigenhingegen, das sich in der psychisch belastenden »Trotzphase«befindet, darf man durchaus hie und da ein Auge zudrücken.Ebenso wird man die Ängstlichkeit und das plötzliche Nichtbe-folgen bisher routinemäßig ausgeübter Tätigkeiten des Kindesbei einem sich in der Krisenphase befindenden Sechsjährigen an-ders bewerten, als wenn dasselbe Verhalten bei einem achtjähri-gen Kind auftritt, das eine ruhige Entwicklungsphase durchlebt.

Ganz gleich, ob sich das Kind in einer Ruhe- oder Krisenphasebefindet, gilt folgender Grundsatz : Jedes Verhalten wird erlernt.Durch Lernen erwirbt das Kind gleichermaßen erwünschtes wieauch unerwünschtes Verhalten. Man unterscheidet:

Das Lernen am Modell durch Beobachtung und Nachah-mung: Als Modell dient entweder ein sogenannter »Prestigeträ-ger«, also ein Vorbild, oder eine Person, die durch ein bestimm-tes Verhalten Vorteile erzielt, die auf das Kind attraktiv wirkenoder von ihm als äußerst angenehm erlebt und daher übernom-men werden.

Das Lernen am Erfolg: Erhält das Kind unmittelbar auf ein be-stimmtes Verhalten eine positive Verstärkung, so wird es diesesVerhalten wiederholen, um noch einmal begünstigt zu werden.

Fallbeispiel:Eine Gruppe von sechs Kindern findet sich jeden Vormittag zu-sammen und wird von wöchentlich wechselnden Tagesmütternbetreut. Die Anweisung einer der Frauen lautet: »Mit vollemMund spricht man nicht. « Peter bemüht sich, den Bissen hinun-terzuwürgen, um endlich der Tagesmutter etwas mitteilen zukönnen. Aber Petra kommt ihm zuvor. Peter versucht Petra zuunterbrechen, aber niemand hört ihn an. Beim nächsten Bissenplatzt er mit seiner Mitteilung heraus, ohne sich die Mühe zu ma-chen, die Speisereste zu schlucken. Er hat Erfolg damit, daß er

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sich zumindest Gehör verschafft und sich nicht weiter beherr-schen muß. Die später erfolgte Rüge der Tagesmutter erzielt weitweniger Wirkung als das augenblickliche Erfolgserlebnis, jadoch angehört worden zu sein. Peter wird nun das nächste Malwieder mit vollem Mund sprechen (Lernen am Erfolg).

Peters Freund Paul ist genauso ungeduldig. Er lernt von Peter,daß man durch das Herausplatzen mit vollem Mund eher undleichter zum Ziel gelangt, als wenn man erst hinunterschlucktund dann redet (Lernen am Modell).

Was als Erfolg, Belohnung, Bekräftigung oder Verstärker er-lebt wird, ist individuell verschieden und situationsabhängig:— Beachtung: Beachtet zu werden ist ein menschliches Grundbe-

dürfnis. Nichtbeachtung, eine »Null« zu sein, von der niemandNotiz nimmt, gilt als Strafe. Daher hat auch die negative Formdes Beachtetwerdens (Kritik, Widerspruch, Ermahnung) Er-folgsbedeutung. Besonders wenn sie das Kind häufiger erlebtals positive Zuwendung. Es gilt die Devise: »Lieber negativeZuwendung erhalten als gar keine!«

— Lob, Anerkennung: Sie sind ein wichtiges Lebenselixier,spornen das Kind an und verstärken sein Selbstbewußtsein(siehe Seite r7 f).

— Privilegien: zum Beispiel länger aufbleiben oder das Sonn-tagsprogramm in der Familie bestimmen zu dürfen.

— Materielle Verstärker: (Süßigkeiten, Geschenke, Geld ...):Vorsicht! Materielle Verstärker sollen nur sekundär, also anzweiter Stelle nach den »sozialen Verstärkern« (Lob, Aner-kennung, Zuwendung) geboten werden! Das Kind darf nichtdazu erzogen werden, daß es etwa nur dann bereit ist, denMülleimer auszuleeren, wenn es dafür Geld erhält. MaterielleVerstärker bietet man nur bei besonderen Leistungen als zu-sätzlichen Ansporn.

Fallbeispiel:Die Tagesmutter stört es, daß Peter sich nicht an ihre Anweisunghält. Sie will aber keine Strafen einsetzen. Deshalb nimmt sie sichZeit und redet Peter lange gut zu. Dieses Zureden wird von Peterals Belohnung erlebt. Noch wirkt es jedoch nicht als Verstärker,da er Lob als die angenehme Form der Zuwendung empfindetund sich vorerst bemühen wird, es zu erhalten. So beherrscht ersich beim nächsten Mittagessen und spricht nicht mit vollem

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Mund. Da aber Paul weiterhin mit jeder Mitteilung gleich her-ausplatzt, wird er von der Tagesmutter sofort ermahnt, Peterbleibt unbeachtet. Paul erhält auf Grund seines Benehmens Zu-wendung, Peters Verhalten bleibt unbeachtet, sein Bemühenwird daher »bestraft«. In der Folge ruft also natürlich auch Petermit vollem Mund heraus. Die Tagesmutter versucht es noch ein-mal mit gutem Zureden, Erklärungen und Ermahnungen. Peterund Paul stehen im Mittelpunkt. Nun halten sich auch die ande-ren Kinder immer weniger an das Verbot. Die Essenssituationwird für die Tagesmutter unerträglich, sie kann sich bei den lär-menden Kindern nicht durchsetzen. Sogar Strafen (wie zum Bei-spiel nach dem Essen nicht mitspielen zu dürfen) bleiben wir-kungslos. Während die Strafe nämlich verzögert eintritt und völ-lig den Bezug zu dem unerwünschten Verhalten verliert, wirkendie Ermahnungen als unmittelbare Belohnung.

Peter beginnt die Tagesmutter abzulehnen. Sie wiederumstempelt ihn zu einem schwierigen Kind ab. So wird Peter eineneue Rolle zugewiesen. Er spielt den Schwierigen weiter undsetzt sich damit in Szene. Und Paul macht Dummheiten, damitdie anderen über ihn lachen. Er genießt es, weiterhin im Mittel-punkt zu stehen.

Die Tagesmutter hat also durch falsche Zuwendung und durchBeachtung zur unrechten Zeit die beiden zu »wichtigen« Perso-nen in der Kindergruppe gemacht. — Und auf diese Sonderstel-lung verzichtet niemand freiwillig!

Jede Art von Zuwendung (auch gutes Zureden, Ermahnen, Kri-tik), die unmittelbar auf ein bestimmtes Verhalten erfolgt, wirktals Verstärker. Beachtet man ein Kind auf Grund bestimmterVerhaltensweisen, so wird es diese häufiger an den Tag legen.

Fallbeispiel:Während der nächsten Wochen ist eine andere Mutter an derReihe, als Tagesmutter die Kinder zu beaufsichtigen. Auch siegibt die Anweisung: »Mit vollem Mund spricht man nicht.« Pe-ter plappert und spuckt dabei Speisereste aus, Paul machtdumme Bemerkungen, Petra macht sich über ihn lustig undspöttelt.

Die Tagesmutter ignoriert, daß die drei ihre Anweisung miß-achten und wendet sich an die Kinder, die nach wie vor versu-

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chen, erst zu schlucken, dann zu reden: »Ich freue mich, daß ihrso geduldig seid und wartet, bis ihr den Bissen hinunterge-schluckt habt.« (Verstärkung durch beschreibendes Lob) »Ichweiß, wenn ihr mir etwas mitteilen wollt, ist es sehr schwierig zuwarten, bis der Mund leer ist.« (Verständnis zeigen) »Natürlichsollt ihr alle Gelegenheit haben, von mir angehört zu werden,wenn ihr fertiggekaut habt. Ich bemühe mich, niemanden zuüberhören. Damit ihr wißt, daß ich genau merke, wenn jemandgleich nach dem Hinunterschlucken etwas sagen möchte, nickeich ihm zu, während er noch kaut. Ihr braucht daher nicht unge-duldig zu werden, weil ihr befürchtet, nicht zu Wort zu kom-men. Ich bin auf jeden stolz, der sich die kurze Zeit während desKauens beherrschen kann.« (Motivation und Instruktion für dieWeiterführung des erwünschten Verhaltens)

Während die Mutter mit den Kindern spricht, beobachtet sieunauffällig Peter, Paul und Petra. Sobald sie merkt, daß einer vonihnen still wird und weiterkaut, wendet sie sich diesem Kind zuund lobt es: »Ich bin stolz darauf, daß du dich so beherrschenkannst.« (Belohnung durch sofortige Zuwendung) »Wenn je-mand mit vollem Mund spricht, kann er sich leicht verschlucken,oder er spuckt dabei Speisereste aus. So ein unappetitlichesBenehmen beachten wir gar nicht, da sehen wir ganz einfachweg.« (Sie erklärt, was bei unerwünschtem Verhalten erfolgenwird, ohne dieses durch unmittelbare Beachtung zu verstärken.)

Die Tagesmutter muß die Kinder natürlich nicht ständig lobenoder ihnen freundlich zunicken. Sie braucht nur so lange das er-wünschte Verhalten der Kinder sofort zu bekräftigen, bis sie eserlernt haben. Auf allfälliges Lob darf man jedoch nie ganz ver-zichten, um das neu erlernte Verhalten zu stabilisieren.

Fallbeispiel:Michael spielt im Kinderzimmer. Die Mutter ist froh, daß er sichallein beschäftigt und sie nicht stört. Sie sagt ihm das jedochnicht, um ihn nicht vom Spiel abzulenken.

Nun wird Michael doch lästig. Die Mutter ermahnt ihn undfordert ihn auf, weiter brav zu spielen. Michael wendet sich kurzdem Spiel zu, beginnt aber gleich wieder, die Mutter zu ärgern.Sie schimpft mit ihm, ermahnt ihn nochmals.

Michael erlebt, daß die Mutter ihn häufiger beachtet, wenn er,anstatt ruhig zu spielen, lästig wird. Um den erwünschten Erfolg

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zu erzielen, muß er also stören. Durch negatives Verhalten er-zwingt sich Michael die Zuwendung, die ihm beim »Bravsein«versagt bleibt. Die Mutter erreicht durch ihre falsche Reaktionalso genau das Gegenteil des Erwünschten. Sie hätte mehrmalsdas Kinderzimmer betreten und durch ein konkreteres Lob ihreFreude über das »brave« Kind zum Ausdruck bringen sollen.

Nichts ist selbstverständlich — schon gar nicht das »Bravsein« !Jedes erwünschte Verhalten des Kindes (auch Routinetätigkeitenwie Essen, Waschen, Anziehen ...) muß sofort lobend erwähntwerden, bis es zur Gewohnheit wird. Auch danach sollte mannicht ganz auf Lob verzichten, um die erlernten Verhaltenswei-sen aufrechtzuerhalten.

Unerwünschtes Verhalten dagegen darf nicht mit sofortiger-Zuwendung beantwortet werden ! Erst wenn das negative Be-nehmen abgeklungen ist, sollte man mit dem Kind darüber spre-chen.

Wie reagiert man, wenn ein Kind gerade im Begriff ist,»schlimm« zu werden?— Man greift auf eine positive Alternativsituation zurück— ignoriert das negative Verhalten— schlägt eine Brücke zum erwünschten Verhalten.Das sieht dann konkret etwa so aus: »Gestern habe ich mich sehrüber dich gefreut, weil du dich so tüchtig angezogen hast. Ich binrichtig stolz darauf gewesen, wie geschickt du das gemacht hast.Ich weiß, du schaffst es jetzt wieder genausogut.«

Dieselbe aufmunternde Anerkennung ist angebracht, wenndas Kind bereits deutlich ein Fehlverhalten zeigt. Allerdings sollsie in diesem Fall nicht an das Kind direkt, sondern an einenDritten gerichtet werden. Auch als halblautes Selbstgespräch ge-tarnt, wird sie ihre Wirkung nicht verfehlen. Währenddessen be-obachtet man das Kind und wendet sich ihm sofort zu, wenn esdas erwünschte Verhalten zeigt.

Ein heikles Thema ist die Strafe. Prinzipiell soll eine möglichststraffreie Erziehung das Ziel aller Eltern und Pädagogen sein.Das heißt jedoch nicht, daß das Kind tun und lassen kann, was eswill. Eine Strafe ist dann sinnvoll, wenn sie das unerwünschteVerhalten mit einem gewissen Prestigeverlust behaftet. WirdStrafe als Beweis elterlicher Autorität, zur Aburteilung oder De-

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gradierung des Kindes, als Angstmacher oder Buße eingesetzt,so ist sie absolut abzulehnen. Zu tolerieren ist sie nur dann,wenn sie als angekündigte Konsequenz, zum Beispiel in Formdes Entzugs von Vergünstigungen, angewendet wird. Strafe al-lein führt nie zur Einsicht, sie fördert höchstens ängstlichesoder raffiniertes Vermeidungsverhalten.

Strafen setzt man notfalls nur ein, um bestimmte, unerwünschteVerhaltensweisen des Kindes einzuschränken, nicht aber, umdas Kind zu bestrafen!

Stellt man sich die Erziehung als Stiege vor, die aus vielen klei-nen Stufen besteht, so ist ihr Ziel, das Kind vom »Ist-Zustand«,der untersten Stufe, zum »Soll-Zustand«, der höchsten Stufe,zu führen. Dabei ist es notwendig, die Anlagen, Wünsche undBedürfnisse des Kindes zu berücksichtigen. Man darf keineStufe auslassen und sollte jedes Teilziel mit dem Kind bespre-chen.

Lob bildet einen äußerst wichtigen Bestandteil dieses Erzie-hungssystems, da es das Kind ermutigt, die jeweils nächsteStufe zu erreichen.— Lob darf keine Kritik beinhalten (»Na siehst du, warum geht

es nicht immer so?!«).— Lob soll nicht pauschal verwendet werden (»Du bist das be-

ste Kind auf der Welt!«).— Lob muß die Situation des Kindes erfassen. Das heißt, es

muß die Anstrengung, das Bemühen, die Leistung und dieEmpfindungen des Kindes honorieren und die eigeneFreude, das persönliche Interesse am Kind sowie eine echtempfundene, konkrete Anerkennung zum Ausdruck brin-gen.

Durch Lob kann man dem Kind (auch dem Erwachsenen!) denWeg zu richtigem Verhalten wirkungsvoller weisen als durchKritik! Lob ermutigt, Kritik entmutigt.

Fallbeispiel:Andreas zeigt seiner Mutter eine Schönschreibübung. EinigeWörter sind schön, einige fahrig geschrieben.

Die übliche Elternreaktion: »Schreib alles sofort noch ein-mal! So häßlich kannst du das nicht lassen.« Unwillig, vielleicht

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unter heftigen Protesten wird das Kind mit enormem Zeitauf-wand die Wörter nochmals schreiben, ohne sich nun besonderszu bemühen.

Die richtige Reaktion: »Dieses Wort hast du aber schön ge-schrieben. Es ist dir wirklich gut gelungen. Du hast dabei nichteinmal den I-Punkt vergessen. Ich freue mich auf die anderenWorte, wenn du sie nochmals schreibst und sie dir sicher ge-nauso schön gelingen wie dieses.« Durch diese Art von Lobdrückt die Mutter aus, was sie vom Kind erwartet, sie gibt eineZielsetzung, ohne das Kind dabei zu überfordern. Das Kindwird ermutigt und angespornt, seine Fähigkeiten weiter auszu-bauen.

Konkretes und beschreibendes Lob spornt nicht nur an, es gibtdem Kind auch die Sicherheit, ernst genommen und verstandenzu werden. Es verwöhnt oder verzärtelt das Kind nicht, sondernfestigt es. Ein Kind, das oft genug gelobt wird, findet leichter denrichtigen Weg. Es muß sich nicht mehr mit Fehlverhalten in denMittelpunkt stellen, um wenigstens auf diese Art die Beachtungseiner Umgebung zu erzwingen.

Viele Eltern begehen den Fehler, nur das problematische Verhal-ten des Kindes zu bemerken. Häufig bereitet es ihnen Schwierig-keiten, seine positiven Seiten zu würdigen. In diesem Fall gibt esein einfaches Mittel, um einerseits die Eltern anzuhalten, sich mitden Stärken und Talenten ihres Kindes zu beschäftigen, und an-dererseits dem Kind die notwendige Zuwendung und Anerken-nung zu geben: das »Sternchenheft« (vergleiche auch Seite 82,I23). In dieses Heft müssen die Eltern täglich, gleich wie sich dasKind benommen hat (kein Kind benimmt sich den ganzen Tagüber unmöglich!), positive Bemerkungen über das Kind ein-schreiben. Es darf keinerlei Kritik beinhalten! Eine solche Ein-tragung kann zum Beispiel folgendermaßen aussehen:

»Ich freue mich, daß du mir heute beim Einkaufen geholfenhast. Du bist schon so geschickt und verläßlich. Ich freue mich,daß du mir über die Schule erzählt hast. Es ist schön für mich, mitdir zu plaudern. Ich bin stolz auf dich, weil es dir gelungen ist,nicht wütend zu werden. Da gehört viel Stärke dazu, sich zu be-herrschen. Bravo!»

Jeden Abend vor dem Schlafengehen müssen die Eltern dem

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Kind vorlesen, was im Erfolgsheft steht. Diese Minuten sollenabsolut konfliktfrei sein. Sie vertiefen die Beziehung zwischenEltern und Kind und vermitteln dem Kind das Gefühl der Si-cherheit und des Vertrauens.

Abgesehen von den »technischen« Erziehungsrichtlinien ist esalso notwendig, vor allem darauf zu achten, daß in der FamilieVerständnis und Geborgenheit an erster Stelle stehen. Die part-nerschaftliche Beziehung muß vorgelebt werden. Das bedeutetnicht, daß jedwede Meinungsverschiedenheit der Eltern vor denKindern geheimgehalten werden soll. Sofern der eheliche Disputnicht in Gehässigkeit ausartet, sofern es den Eltern gelingt, trotzdes Streits einander nicht als Feinde gegenüberzustehen, sofernauch die Kinder die Versöhnung erleben dürfen, richtet ein ehe-licher Konflikt noch keinen Schaden an. — Ein ständiges Streit-milieu, Lieblosigkeit hingegen schon!

Ein einfacher Schritt, wie man lernt, Verständnis zu zeigen,wie man klarmacht, daß man den anderen ernst nimmt, wie mansich darin übt, auf andere einzugehen, ist es, Gefühle an- undauszusprechen. Das gegenseitige Akzeptieren und Respektierenvon Empfindungen und Emotionen ist als wichtiges Erziehungs-ziel zu werten.

Wahrscheinlich hat schon jeder Erwachsene folgende Situa-tion erlebt: Man hat großen Kummer, ist traurig. Nun erhältman von der Umwelt verschiedene Reaktionen : »Nimm's nichtso tragisch. Die Zeit heilt alle Wunden«, »Reiß dich zusammen.Laß dich nicht unterkriegen«, »Wegen so einer Kleinigkeit regstdu dich auf?! Anderen geht es viel schlechter, die haben mehrGrund zu jammern«, »Das Problem kenne ich. Mir ist es damalsauch so ergangen, als ich ...«, »Lenk dich ab. Ich erzähle dir ei-nen Witz, der bringt dich gleich auf andere Gedanken!<>, »Seidoch nicht so überempfindlich!« »Ach, du Armer! Wie schreck-lich! In deiner Haut möchte ich nicht stecken.«

Sicher bringt keine dieser gut gemeinten aber dennoch ver-ständnislosen Reaktionen dem Betroffenen echten Trost durchdas Gefühl: Da ist jemand, der mich versteht, der mich ernstnimmt. Wenn der Schmerz noch akut ist, will man weder sofortabgelenkt werden noch irgendeinen Rat annehmen, sondernganz einfach verstanden, in seinem Gefühl ernst genommen wer-den. Sätze wie »Das bedrückt dich, nicht wahr?<>, »Ich kann mirvorstellen, daß dich das sehr enttäuscht«, »Ich weiß, das tut

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weh«, also ein klares Ansprechen und vor allem Zubilligen vonGefühlen ist im Moment hilfreicher als jeder logische Vorschlag.

Gerade bei Kindern, die noch nicht ganz verlernt haben, Emp-findungen auszudrücken, sollte man besonders darauf bedachtsein, nicht die Scheu der Erwachsenen vor Gefühlsregungen aufsie zu übertragen. Gestatten Sie also nicht nur dem Kind, Emo-tionen zu zeigen, sondern lernen Sie auch, entsprechend daraufzu reagieren.

Fallbeispiel:Petra hat sich weh getan und weint. Die Eltern versuchen sie zutrösten. Mitleidiges Bedauern (»Mein armes Kleines! Wie istdenn das nur passiert?«) wird das Weinen lediglich verstärkenund dazu führen, daß das Kind wehleidige Reaktionen erlernt.Der Versuch, das Kind abzulenken, seine Gefühle herunterzu-spielen (»Das ist doch nicht so schlimm, komm, ich kauf dir einEis.«), wird bei ihm das Gefühl auslösen, unverstanden undallein gelassen zu sein. Weitaus zweckmäßiger ist ein ruhig undverständnisvoll ausgesprochenes »Das tut wirklich weh«. Elternsollten keine Angst haben, die Gefühle des Kindes direkt anzu-sprechen. Wenn es sich ernstgenommen fühlt, wird es sich nichtweiter in seinen Schmerz hineinsteigern und sich rasch beruhi-g en.

Wenn nun im Anschluß an diese eher allgemeine EinführungAnleitungen zu den einzelnen Märchen und Geschichten folgen,so sollten Sie beachten, daß die Art des Motivierens nur als Vor-schlag gedacht ist. Wie Sie konkret mit Ihrem Kind sprechen,kann von Fall zu Fall natürlich variieren. Den »roten Faden«psychologischer Motivationstechniken und die vorgegebenenErziehungsrichtlinien sollten Sie jedoch beibehalten. Die Pro-gramme sind nur dann erfolgreich, wenn Sie, ehe Sie mit demTraining beginnen, die Ursachen kindlichen Fehlverhaltens ein-fühlsam und selbstkritisch zu erkennen versuchen.


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