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Rita Mintgen: Lotta Laus, die Brillenmaus

Date post: 22-Jul-2016
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Leseprobe: Lotta Laus, die Brillenmaus ISBN 978-3-86196-614-2, Hardcover, 76 Seiten farbig illustriert von Susanne Verlinden
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Impressum:

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© 2016 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbROberer Schrannenplatz 2 – 88131 Lindau

Telefon: 08382/[email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Erstauflage 2016

Lektorat: Melanie WittmannHerstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

www.literaturredaktion.de

Druck: AJS Vilnius – gedruckt in der EU ISBN: 978-3-86196-614-2

illustriert vonSusanne Verlinden

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Rita Mintgen

Lotta Laus,die Brillenmaus

Rita Mintgen

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Das große geheimnisvolle HausLotta Laus lebte in einem großen Haus. Hier hatte sie ihren

Platz gefunden. Fernab von ihren Artgenossen, die sie immer gehänselt hatten. Hier fühlte sie sich richtig wohl.

Als Lotta zum ersten Mal das Haus gesehen hatte, das ir-gendwie traurig und geheimnisvoll auf sie wirkte, hatte sie sich von ihm magisch angezogen gefühlt. Denn auch sie fühlte sich traurig und einsam.

Nachdem sie das Gebäude lange von allen Seiten betrachtet hatte – obwohl sie alles nur verschwommen sah –, schlüpfte sie durch einen Spalt in der alten verfallenen Kellertür hinein.

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Dunkel und ruhig war es dort. Und auch ein wenig unheim-lich. Immer wieder knackte es im Gemäuer oder es quietsch-ten die Türen und Fensterläden.

Aber schon kurze Zeit später hatte sich Lotta an diese Ge-räusche gewöhnt und sie begann vorsichtig, ihr neues Reich zu erkunden. Zunächst nur den Keller. Dabei gab es schon mal eine Schramme oder einen blauen Fleck, wenn Lotta gegen ei-nen Gegenstand stieß. Doch bald traute sie sich in den oberen Stock des Hauses.

Hier war es warm und am Tag fiel das Sonnenlicht durch die Fenster. Aber auch diese Räume, es waren wohl die Küche, die Wohnstube und ein riesiges Bücherzimmer, wirkten irgendwie traurig. Überall lag dicker Staub auf Tischen und Schränken. Die Uhr an der Wand tickte nicht mehr und auch sonst wirkte alles verlassen.

„Hier hat lange keiner mehr gesessen“, dachte Lotta.

Doch als sie in der Küche Brot, Käse und allerlei andere schmackhafte Leckerbissen entdeckte, die auf Tellern und in Töpfen irgendwo herumlagen, glaubte sie nicht mehr, dass dieses Haus verlassen war, und wenn, dann erst seit kurzer Zeit. Lotta vergaß all ihre Vorsicht und richtete sich in einer

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Schublade im Wohnraum gemütlich ein. Hier zwischen Decken und Kissen fühlte sie sich geborgen und der Weg bis zur Fut-terquelle – auf dem Küchenschrank – war nicht allzu weit.

„Hier bin ich zu Hause“, sagte Lotta eines Tages zu sich selbst und tanzte durchs Zimmer, als plötzlich mit einem lauten Knar-ren die Tür aufsprang und jemand ins Zimmer trat. Lotta blieb fast das Herz stehen, und als sie die Gefahr erkannte, flüchte-te sie unter den Schrank, wobei sie jedoch gegen dessen Fuß stieß. „Aua“, quiekte sie erschrocken.

Und dann sah sie ihn. Einen alten Mann, der auf einen Stock gestützt mitten im Raum stand und sich umschaute. Immer wieder schüttelte er leicht den Kopf und hob die Hand, in der er den Haustürschlüssel hielt, vors Gesicht.

Näheres konnte Lotta aus der Entfernung nicht erkennen. Sie musste vorsichtig sein. Dann drehte sich der Mann um und ging in die Küche.

Lange verharrte Lotta in ihrem Versteck und lauschte. Denn sie hörte aus der Küche viele unterschiedliche Geräusche. Ge-klapper, fließendes Wasser, Schritte. Doch sie sah nichts!

Trotz ihrer Neugier traute sich Lotta nicht aus ihrem Schlupf-winkel. Langsam bekam sie Hunger, was sollte sie tun? Sie konnte nur warten.

Die Zeit verstrich gemächlich, aber Lotta knurrte der Magen so laut, dass sie glaubte, man müsse es im ganzen Haus hören.

Irgendwann musste sie wohl eingeschlafen sein, denn sie schreckte aus einem Traum auf, als die Schranktür unmittelbar über ihr geöffnet wurde.

Bibbernd versteckte sich Lotta hinter einem der Schrankfüße.Erst einmal musste sie sich beruhigen, ehe sie versuchte, die

Situation zu beobachten. Das gelang jedoch nur bedingt, denn

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eine gute Sicht hatte sie aus dieser Position nicht. Sie hörte den alten Mann im Raum rumpeln. Er murmelte manchmal etwas vor sich hin, dann war es wieder still. Er hatte sich wohl irgendwo niedergelassen.

Ja, der alte Mann saß in seinem Sessel am Fenster. Lotta sah schemenhaft seine Beine und sein Stock lehnte an der Seite.

Nachdem sie lange in ihrer Position ausgeharrt hatte und im Sessel keine Reaktion zu erkennen war, wurde Lotta mutig und schlich sich vorsichtig, immer im Schutz der Wand, näher an den Hausbewohner heran.

Immer wieder einmal hielt sie in der Bewegung inne und lauschte – aber alles blieb still!

Nur noch ein paar Schritte und schon hatte Lotta einen ziem-lich guten Blick. Soweit man bei ihr überhaupt davon sprechen konnte. Denn bereits seit ihrer Geburt sah Lotta sehr schlecht. Sie taumelte oft, stieß mit jemandem zusammen oder warf etwas um. Daher wurde sie von den anderen gemieden und war zuletzt aus der Gruppe ausgeschlossen worden.

„Wir können ein so tölpelhaftes Mausemädchen nicht ge-brauchen“, klang es heute noch in ihren Ohren.

Mit diesen Gedanken im Kopf sah Lotta den Mann an. Dort saß er ... und schlief!

Die Brille, die der alte Mann trug, war ihm halb von der Nase gerutscht und ein Buch lag auf seinem Schoß.

Lotta blieb eine Zeit lang vor dem Sessel stehen und betrach-tete den Schlafenden genau. Er hatte lockiges, schon ergrau-tes, aber noch volles Haar und sein Gesicht wirkte irgendwie jugendlich-spitzbübisch, jedoch waren da ein paar tiefe Falten, die das Alter erkennen ließen, und seine Haut wirkte blass.

Versunken studierte Lotta die Gesichtszüge, als sich der Alte zu regen begann. Er streckte sich. Dabei fiel das Buch zu Bo-den. Und Lotta nutzte diese Chance, um sich unter dem Sessel

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zu verstecken. Sie dachte dabei, dass das Leben jetzt wohl ein bisschen schwieriger, aber sicherlich gleichzeitig aufregender werden würde.

In einem günstigen Moment schaffte sie es sogar bis in die Küche und stellte fest: Nichts mehr war hier wie vorher!

Keine Leckerbissen lagen auf dem Schrank. Kein Geschirr stand herum. Alles war sauber und aufgeräumt.

Aber sie hatte Hunger!Lotta machte sich auf die Suche nach der Vorratskammer,

immer ihrer guten Nase folgend. Dort, so dachte sie, würde sie bestimmt etwas Leckeres finden.

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GefangenSo vergingen die Tage und langsam gewöhnte sich Lotta an

den Rhythmus des alten Mannes. Am Morgen stand er auf und machte sein Frühstück, bei dem immer mal ein paar Brot-krümel zu Boden fielen. Dann verließ er für etwa eine Stunde das Haus. Nachdem er zurückgekommen war, setzte er sich in seinen Sessel, las oder schlief ein wenig. Diese Momente nutz-te Lotta, um sich satt zu essen, auf Erkundungstour zu gehen oder auch um immer mutiger den alten Mann aus der Nähe zu beobachten.

Eines Tages, als dieser einmal ganz ruhig in seinem Sessel schlief, hockte sich Lotta wie schon so oft vor ihn, um ihn anzu-sehen. Als die Brille, die der Mann eben noch in der Hand ge-halten hatte, zu Boden fiel, sprang sie jedoch erschrocken zur Seite. Doch der Alte rührte sich nicht. Langsam und vorsichtig – aber von der Neugier gepackt – pirschte sie sich an die Brille heran und beschnupperte sie. Sie stand vor dem Glas, schaute hindurch und sah alles noch verschwommener. Dabei wurde ihr ganz schwindelig.

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„Komisch“, dachte Lotta, „ist doch nur Glas, warum kann ich nicht normal hindurchsehen?“ Sie ging um die Brille herum und schaute abermals hindurch. Ungläubig erstarrte sie und hielt die Luft an. Auf einmal sah sie alles klar und scharf. So scharf, wie sie noch nie in ihrem Leben etwas gesehen hatte.

Wie konnte das sein?

Schnell lief sie zum anderen Glas – denn eine Brille hat ja im-mer zwei –, schaute hindurch und ... hier war es das Gleiche.

Lotta verstand: „Von einer Seite haut es mich fast um, so ver-schwommen ist alles. Aber von der anderen ist alles, was ich erkenne, klar. Total klar!“

Die kleine Maus bestaunte alles, was sie aus dieser Position erkennen konnte. Und dann wurde sie mutig. Sie stupste den Bügel der Brille an, sodass sich die Lage der Sehhilfe veränder-te, dann schaute sie erneut hindurch.

Fasziniert konnte sie gar nicht mehr aufhören, wie im Wahn blickte sie immer wieder durch die Gläser. Mal hüpfte sie nach rechts, mal nach links.

Und so bemerkte sie nicht, dass der alte Mann aufgewacht war, seine Brille suchte und wie gebannt auf Lotta herabstarr-te! Sie nahm ihn erst wahr, als sich seine Hand um ihren Körper schloss.

Gefangen!Lotta wurde ganz steif. Dann aber versuchte sie, zu zappeln

und zu beißen, um sich irgendwie aus dieser ausweglosen Situation zu befreien. Doch sie hatte keine Chance. Die Hand blieb fest um ihren Leib geschlossen.

Plötzlich schaute Lotta in zwei riesige dunkle Augen. Denn der Mann hielt seine Beute ganz dicht vor sein Gesicht.

Der Mann sah sie an und aus seiner Kehle drang ein be-fremdlich lautes, irgendwie schmerzhaftes Geräusch, bevor


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