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Risikoanalyse für den Flughafen Basel-Mülhausen489be28e-9ca5-4865-baa5-f76a912b… · Kurzfassung...

Date post: 18-Jun-2020
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Risikoanalyse für den Flughafen Basel-Mülhausen – Kurzfassung – auf der Basis des Flugsicherheitsgutachtens der Arbeitsgemeinschaft GfL – Gesellschaft für Luftverkehrsforschung, Berlin, und Arcadis Trischler & Partner GmbH, Darmstadt
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Risikoanalysefür den

FlughafenBasel-Mülhausen

– Kurzfassung –

auf der Basis des Flugsicherheitsgutachtensder Arbeitsgemeinschaft

GfL – Gesellschaft für Luftverkehrsforschung, Berlin, undArcadis Trischler & Partner GmbH, Darmstadt

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2 Kurzfassung

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Inhaltsverzeichnis

Auftrag 3

Zielsetzungen und Aufgabenstellung 3

Der EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg 4

Gefahrenpotentiale 8

Untersuchungsmethodik 9

Level of Safety (LOS) 9

Externes Risiko (ER) 9

Szenarienvergleich 11

Risikoeinschätzung und Ergebnisse 12

Level of Safety 12

Einzelrisiko 12

Gruppenrisiko 13

Gefahrguttransport 16

Massnahmenvorschläge 16

Fazit 18

Kontakt:Wirtschafts- und Sozialdepartement des Kantons Basel-StadtRessort VerkehrRathaus, Marktplatz 9CH - 4001 Basel

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Kurzfassung 3

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Auftrag

Mit Abschluss des Staatsvertrages zwischen der Schweiz und Frank-reich über den Bau und Betrieb des Flughafens Basel-Mülhausen imJahr 1949 wurde die Basis geschaffen für die Entstehung einer derzentralen Verkehrsinfrastrukturen in der trinationalen Region amsüdlichen Oberrhein. Der EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburgdient heute als Luftverkehrsknoten der Nordwestschweiz, desOberelsass und Südbadens.

Im Jahr 1998 beschloss der Flughafenverwaltungsrat, zur Sicherungder künftigen Unternehmensentwicklung umfangreiche Investitio-nen in die Modernisierung und die Erweiterung des Flughafens zutätigen. Die Schweiz und Frankreich unterstützen die Ausbauin-vestitionen mit öffentlichen Mitteln in Höhe von je 67,5 Mio. SFr.Der schweizerische Anteil wird dabei je zur Hälfte von den Kanto-nen Basel-Stadt und Basel-Landschaft getragen. Im Zusammenhangmit der Genehmigung dieser Investitionsbeiträge beauftragten die Kantonsparlamente die beiden Regierungen im Januar 1999,„zusammen mit dem Flughafen sowie den zuständigen schweizeri-schen und französischen Luftfahrtbehörden eine Risikoanalyse zuveranlassen“ (Beschluss des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt vom 20.01.1999 und des Landrats des Kantons Basel-Landschaftvom 14.01.1999).

Unter Federführung des Kantons Basel-Stadt wurde Ende 1999gemeinsam mit den betroffenen französischen, deutschen undschweizerischen Partnern sowie unter Beteiligung des SchweizerBundesamts für Zivilluftfahrt und des Flughafens eine trinationaleTrägerschaft für die geforderte Risikoanalyse gebildet. Nach eineminternationalen Ausschreibungsverfahren wurde schliesslich im Mai2000 die Arbeitsgemeinschaft GfL-Gesellschaft für Luftverkehrsfor-schung, Berlin, und ARCADIS Trischler & Partner GmbH, Darmstadt,mit der Durchführung einer Risikoanalyse für den Flughafen Basel-Mülhausen beauftragt.

Zielsetzungen und Aufgabenstellung

Zweck der Risikoanalyse ist es, die mit dem Flugbetrieb am Flug-hafen Basel-Mülhausen verbundenen Risiken objektiv aufzuzeigen,offene Empfehlungen für risikomindernde Massnahmen zu erar-beiten und damit zur Vertrauensbildung zwischen Bevölkerung,Flughafen und politischen Behörden beizutragen.

Gemäss dem festgelegten Untersuchungsauftrag konzentrierte sichdie Risikoanalyse auf die Ermittlung der luftfahrtbedingten Risikenim Umgebungsbereich des EuroAirports. Betrachtet wurden allerisikorelevanten Luftfahrtbewegungen in einem Umkreis von rund20 km um den Flughafen. Analysiert wurde der Luftverkehr vom

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4 Kurzfassung

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

und zum Flughafen Basel-Mülhausen, nicht aber der überfliegendeLuftverkehr. Separates Augenmerk wurde auch auf den Transportvon Gefahrgütern in der Luft gelegt. Die Analyse erfolgte auf derBasis eines Szenarienvergleichs. Ausgangspunkt (Referenzszenario)ist das Luftverkehrsaufkommen im Jahr 1999. Zum Vergleich wurdedie Flugverkehrsentwicklung am EuroAirport bis zum Jahr 2010(Prognoseszenario) berücksichtigt. Das Szenario für das Jahr 2010wurde auf vorhandene Prognosen zum Luftverkehrswachstumgestützt. Die Siedlungs- und Industriestruktur sowie die Bevölke-rungsverteilung wurde als unverändert angenommen, da hierzukeine hinreichend konkreten Hinweise auf Veränderungen vor-liegen.

Der EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg

Der Flughafen Basel-Mülhausen liegt in der elsässischen Ebeneunmittelbar in der Nähe des Dreiländerecks zwischen Frankreich,Deutschland und der Schweiz.

In dieser Lage dient der EuroAirport einem trinationalen Einzugs-gebiet, in dem innerhalb eines Umkreises von 60 Minuten Fahrzeitrund vier Millionen Menschen leben. Als Drehscheibe im inner-europäischen Luftverkehr mit schnellen Direktverbindungen zuden wichtigen europäischen Wirtschafts- und Kulturzentren ist derEuroAirport einer der Garanten für die wirtschaftliche und touristi-sche Attraktivität der gesamten Regio TriRhena, die rund um den

75% aller Unfälle ereignen sich imZusammenhang mit Start und Landungbzw. am Boden und betreffen räumlich

den Nahbereich eines Flughafens.

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Kurzfassung 5

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Flughafen eine vielfältige und dichte Wirtschafts- und Industrie-struktur aufweist. Mit inzwischen mehr als 6'000 Beschäftigten undrund 150 ansässigen Unternehmen ist der Flughafen heute einerder bedeutenden ökonomischen und sozialen Entwicklungsfak-toren der Region.

Der EuroAirport verfügt über zwei Pisten (siehe auch Abbildungauf Seite 6): eine Hauptpiste mit einer Länge von 3'900 m inNord/Süd-Richtung und eine Querpiste mit 1'600 m Länge inOst/West-Richtung. Um auf der Querpiste mehr Starts kleinerer undmittlerer Flugzeuge nach Westen abwickeln zu können, wurdediese Piste im Winter 2000/2001 im Osten um 220 m auf 1'820 mverlängert, ohne jedoch die Landeschwelle für Landungen vonOsten zu verschieben.

Als Hub des Europaverkehrs hat der EuroAirport im Vergleich zuanderen wichtigen europäischen Regionalflughäfen heute eine stabile Position inne. Die verkehrliche Entwicklung des Flughafensliegt insgesamt im europäischen Durchschnitt. Im Jahre 1999 (Referenzszenario) wurden am EuroAirport rund 125'000 Starts undLandungen abgewickelt. 82% davon entfielen auf den kommer-ziellen Luftverkehr. Das Passagieraufkommen lag bei 3,6 Mio. Flug-gästen, wobei entsprechend der Angebotsstruktur am EAP rund75% davon auf den regelmässigen Linienverkehr und das übrigeViertel auf den Ferienflugverkehr entfielen. 18% der Linienpassa-giere waren Umsteiger im EuroCross-Hub der Crossair. Das Aufkom-men an geflogener Luftfracht machte rund 70'000 Tonnen aus.

Im Jahre 2000 wurden rund 127'000 Flugbewegungen (+2%) registriert. Der Anteil des kommerziellen Verkehrs lag bei 83%. DasPassagieraufkommen nahm um 5% auf 3,8 Mio. Fluggäste zu,wobei der Linienverkehr 78% und davon die Umsteiger 24% aus-machten. Die geflogene Luftfracht nahm um 11% auf rund 77'000Tonnen zu.

Um einerseits Verzerrungen durch saisonale Schwankungen auszu-schliessen und um andererseits Berechnungen im Sinne von „worstcase“ Annahmen durchführen zu können, werden in Untersuchun-gen zur Flugsicherheit (ähnlich wie bei der Berechnung von Lärm-immissionszonen) die in den sechs verkehrsreichsten Monaten einesJahres abgewickelten Flugbewegungen herangezogen. Für denFlughafen Basel-Mülhausen sind dies die Monate Mai bis Oktober.

Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt die für die Risiko-analyse relevante Aufteilung der Flugbewegungen (Anflüge undAbflüge) auf die verschiedenen Richtungen. Angegeben sind dieAnzahl der An- bzw. Abflüge in der jeweiligen Richtung währendder 6 verkehrsreichsten Monate im Jahr 1999 und der prozentualeAnteil der jeweiligen Richtung an den Anflügen bzw. Abflügenwährend des genannten Zeitraums. Deutlich ist zu erkennen, dassdie meisten Anflüge aus Richtung Norden kommen (86,30% derAnflüge) und dass die meisten Abflüge in Richtung Süden starten(81,80% der Abflüge).

Zu den wichtigsten Branchen zählen:Chemie, Biotechnologie (BioValley am Oberrhein), Elektronik, Automobil,Banken und Versicherungen.

In dieser Zeit wurden im Jahr 199965'683 Starts und Landungen abgefertigt.

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6 Kurzfassung

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Anflug aus Norden28'348

( 86,30 % )

Abflug nach Norden4'366

( 13,30 %)

Anflug aus Osten1'781

( 5,40 % )

Abflug nach Osten3

( 0,10 %)

Anflug aus Westen182

( 0,60 % )

Abflug nach Westen1'590

( 4,80 %)

Anflug aus Süden2'544

( 7,70 % )Abflug nach Süden

26'869( 81,80 %)

Aufteilung der Flugbewegungen

Angegeben sind die Anzahl der An- bzw. Abflüge in der jeweiligen Richtung und deren prozentualer

Anteil an den Anflügen bzw. Abflügen während der 6 verkehrsreichsten Monate im Jahr 1999.

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Kurzfassung 7

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Am EuroAirport werden vorrangig Flugzeuge der mittlerenGewichtsklasse eingesetzt, deren maximales Abfluggewicht zwi-schen 7 t und 136 t liegt. Bezogen auf die Gesamtzahl der Flug-bewegungen beträgt der Anteil dieser Flugzeugtypen rund 75%.Flugzeuge der Gewichtsklasse „Schwer“ mit einem maximalenAbfluggewicht von mehr als 136 t (z.B. Boeing 747) haben lediglicheinen Anteil von 2% an den Flugbewegungen am EuroAirport.

An allen Flughäfen existieren für jede An- und Abflugrichtung vor-geschriebene Standard-Routenführungen, welche in den offiziellenDokumentationen der internationalen Zivilluftfahrt veröffentlichtwerden. Aufgrund von verschiedenen Faktoren wie z.B. Wetter,Wind, Geschwindigkeit der Luftfahrzeuge oder auch Lenkungs-massnahmen der Fluglotsen ergibt sich in der Praxis ein Fächer vontatsächlich geflogenen Routen. Sowohl die standardmässigen Rou-tenführungen als auch die zu beobachtenden Abweichungendavon wurden bei der Risikoberechung berücksichtigt. Die folgen-de Abbildung (Quelle: Bundesamt für Zivilluftfahrt, Bern) zeigtexemplarisch die Flugspuraufzeichnungen im Zeitraum 26.08.2000(16.48 Uhr) bis 28.08.2000 (16.48 Uhr) am Flughafen Basel-Mülhau-sen. Etwa in Bildmitte sind zur Orientierung die beiden Pisten desEuroAirport eingetragen.

Im Jahr 1999 hatten die folgenden Flugzeugtypen den grössten Anteil an den gesamten Flugbewegungen am EuroAirport(alle mittlere Gewichtsklasse):Saab 2000 30,5%SaabFairchild 340 12,6%BAE 146 06,9%Piper PA28 05,6%A 320, A 319, A 321 04,8%Fokker 50 03,9%

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8 Kurzfassung

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Gefahrenpotentiale

Grundsätzlich wurden in der Risikoanalyse für den Flughafen Basel-Mülhausen zwei verschiedene Risikosituationen untersucht.

Zum einen wurde die Gefährdung von Luftfahrzeugen untereinan-der infolge von Kollisionen in der Luft betrachtet. Solche Kollisio-nen sind jedoch äusserst seltene Ausnahmefälle. Aufgrund deshoch ausgeprägten Sicherheitsdenkens im Luftfahrtbereich wirdbereits die Annäherung von Luftfahrzeugen, d.h. die Unterschrei-tung genau definierter Sicherheitsabstände, als nicht tolerierbareingestuft.

Zum anderen wurde die Gefährdung von Anwohnern des Flugha-fens in der Folge eines Flugzeugabsturzes ermittelt. In diesemZusammenhang wurden auch die Auswirkungen eines Absturzesauf potentiell gefährdende Anlagen im Nahbereich des EuroAir-ports (z.B. Produktionsstätten der chemischen Industrie) berück-sichtigt.

In der Risikoanalyse wurde ausserdem das zusätzliche Risiko durchden Transport von Gefahrgütern betrachtet. Hierbei ist festzuhal-ten, dass der Transport von Gefahrgütern sehr strengen, internatio-nalen Sicherheitsrichtlinien unterworfen ist. Die Vorschriften / Tech-nische Weisung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation(ICAO) für Gefahrguttransporte in der Luft enthalten einen Katalogvon mehreren hundert Produkten, die unterschiedlichen Beschrän-kungen beim Lufttransport unterliegen. Dazu gehören u.a. Ver-packungs- und Beschriftungsvorschriften, unterschiedliche Men-genbeschränkungen beim Transport mit Passagier- und Fracht-maschinen bis hin zum Ausschluss vom Lufttransport (ca. 250 Substanzen). Dies führt dazu, dass die Gefährdung durch das Kero-sin an Bord eines abstürzenden Luftfahrzeuges als weitaus grössereinzuschätzen ist als das durch den Transport von Gefahrgut zusätz-lich entstehende Risiko.

Siehe „Level of Safety“im folgenden Kapitel.

Siehe „Externes Risiko“im folgenden Kapitel.

Gefahrgüter sind Stoffe und Gegen-stände, von denen aufgrund ihrer Natur,

ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandesim Zusammenhang mit der Beförderung

Gefahren für die öffentliche Sicherheitoder Ordnung, insbesondere für wichtigeGemeingüter, für Leben und Gesundheit

von Menschen sowie für Tiere undSachen ausgehen können.

Jedes Luftfahrzeug ist von einer Sicherheitszone umgeben (”Sicherheitsabstand”).Berühren sich zwei Sicherheitszonen, spricht man von einer “kritischen Annäherung”.

Sicherheitszone Sicherheitszone

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Kurzfassung 9

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Untersuchungsmethodik

Bei der Quantifizierung der Flugsicherheit wurden zwei statistischeModelle eingesetzt, mit denen sich die oben beschriebenen Gefah-renpotentiale für am Luftverkehr Beteiligte einerseits und für un-beteiligte Personen andererseits berechnen lassen.

Bislang existieren keine rechtsverbindlichen Modelle für die Quan-tifizierung der Flugsicherheit in Deutschland, Frankreich und derSchweiz. Die verwendeten Modelle werden jedoch regelmässig zurQuantifizierung der Flugsicherheit im Rahmen von Flughafen-genehmigungsverfahren in Deutschland und anderen europäi-schen Ländern eingesetzt.

Level of Safety (LOS)Die Bestimmung der wahrscheinlichen Gefährdung von am Luftver-kehr Beteiligten erfolgte durch die Untersuchung der Auslastungdes Luftraumes im Untersuchungsgebiet. Diese Auslastung wirdausgedrückt durch den Staffelungsüberschuss und durch die darauffolgende Ableitung eines Masses für die Sicherheit (Level of Safety,LOS).

Zur sicheren Abwicklung des Luftverkehrs sind genau einzuhalten-de Mindestabstände („Staffelungswerte“) zwischen landendenbzw. startenden Luftfahrzeugen vorgeschrieben. Diese sind u.a.abhängig vom jeweiligen Gewicht der Luftfahrzeuge. Bei derBestimmung des Staffelungsüberschuss wird zunächst untersucht,welche Staffelung im Mittel notwendig ist, um das vorgegebeneVerkehrsaufkommen abwickeln zu können. Der Durchschnittswertwird anschliessend mit den gesetzlich geforderten Staffelungswer-ten verglichen. Aus diesem Vergleich ergibt sich der Staffelungsü-berschuss, der Auskunft darüber gibt, welche Reserven bei der Staf-felung bestehen. Die Berechnung des Staffelungsüberschuss isteine Vorstufe zur Ermittlung des Level of Safety.

Dem Level of Safety liegt die Überlegung zugrunde, dass dieGefährdung eines Teilnehmers am Luftverkehr mit steigender Ver-kehrsdichte und -komplexität anwächst. Aus technischer Sicht wirddieses Gefahrenpotential massgeblich durch die Fähigkeit der Luft-fahrzeuge zur Einhaltung der vorgegebenen Routen beeinflusst.Bei der Bestimmung des LOS wird als erster Schritt unter Zugrunde-legung der Verkehrsspitzenwerte (Maximale Anzahl der Bewegun-gen pro Zeiteinheit) die mittlere Staffelungsdichte im An- undAbflugbereich bestimmt. Aus dieser und dem Staffelungsüber-schuss kann ein Häufigkeitsindex für kritische Annäherungen (derLOS) abgeleitet werden. Der LOS ist also nicht mit einer statisti-schen Unfallzahl gleichzusetzen, er drückt vielmehr aus, wie oft beivorgegebenem Verkehr eine kritische Annäherung zu erwarten ist.

Externes Risiko (ER)Neben der Berechnung des Level of Safety als Mass für die Gefähr-dung am Luftverkehr beteiligter Personen wurde das „Externe Risi-ko“ für Personen bestimmt, die am Luftverkehr nicht unmittelbar

Der Staffelungsüberschuss gibt an,welche „Reserven“ (Überschuss) bei derStaffelung (= Abfolge der Flugzeuge hintereinander) gegenüber den gesetz-lich geforderten Werten im betrachtetenLuftraum bestehen.

Der LOS ist eine Messgrösse zur Quan-tifizierung der Verkehrssicherheit einesdefinierten Luftraumes. Diese Mess-grösse wurde von der InternationalenZivilluftfahrtorganisation (ICAO) definiert und drückt die Anzahl mögli-cher Berührungen der Sicherheitsberei-che („kritische Annäherungen“) zweierLuftfahrzeuge pro Flugstunde aus (sieheAbbildung Seite 8). Der LOS drückt daherkein Unfall-, sondern ein Konfliktrisikoaus.

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Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

teilnehmen. Die Bestimmung des Externen Risikos ist gestützt aufdie statistische Auswertung von Datenbanken, in denen Flugun-fälle detailliert beschrieben werden. Auf dieser Basis werden unterBeachtung der lokalen Gegebenheiten (Pistenbenutzung usw.)mathematische Modelle eingesetzt, die es erlauben, die Wahr-scheinlichkeit eines Unfalls an einem beliebigen Ort im Nahbereichdes Flughafens und darauf aufbauend die mögliche Gefährdungvon Menschen zu berechnen. Eingang finden hierbei u.a. auchInformationen über potentiell gefährdende Anlagen.

Grundsätzlich lassen sich drei Typen von Flugunfällen in Flugha-fennähe unterscheiden:

Bei der Bestimmung des Externen Risikos wurden einerseits Berech-nungen zum sog. Einzelrisiko und andererseits zum sog. Gruppen-risiko durchgeführt.

Das Einzelrisiko gibt Auskunft darüber, mit welcher Wahrschein-lichkeit ein Mensch, der sich fortwährend an einem bestimmten Ort im Untersuchungsraum aufhält, an den Folgen eines Flugzeug-unfalls zu Tode kommt.

Weiterhin wurde im Rahmen der Untersuchungen zum ExternenRisiko das sogenannte Gruppenrisiko (Kollektives Risiko) bestimmt.Dies ist als die Wahrscheinlichkeit definiert, dass eine Gruppe vonmehr als n Personen gleichzeitig an den Folgen eines Flugzeugun-glücks stirbt. Das Gruppenrisiko bezieht sich auf den gesamtenUntersuchungsraum. Die Siedlungsdichte spielt bei dieser Grösseeine wichtige Rolle. Hält sich in dem betrachteten Gebiet niemandauf, ist das dortige Gruppenrisiko per Definition Null.

Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die verwen-deten Modelle zur Analyse der Risikopotentiale im Flughafennah-bereich und deren Zusammenspiel.

Diese Abbildung zeigt u.a.folgende Charakteristika:

startender Verkehr kennt nur Unfällenach der Piste, landender Verkehr Unfälle

vor und nach der Piste;mit zunehmender Entfernung zur Piste

nimmt die Zahl der Unfälle ab.

Diese Wahrscheinlichkeit wird durch Risikozonen in der Umgebung

des Flughafens dargestellt.

Piste

Startender Verkehr-Unfall nach der Piste-

Piste

Landender Verkehr-Unfall vor der Piste-

Landender Verkehr-Unfall nach der Piste-

Flugrichtung

Piste

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Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Szenarienvergleich

Da gesetzliche Grenzwerte zur Zulässigkeit von Risiken im Flugver-kehr bisher nicht zur Verfügung stehen, entsteht die Aussagekraftder durchgeführten Risikoanalyse durch den Vergleich der Berech-nungsergebnisse der zugrundegelegten Szenarien.

Das im Rahmen der Risikoanalyse gewählte Referenzszenariobezieht sich auf das tatsächliche Luftverkehrsaufkommen am Flug-hafen Basel-Mülhausen im Jahr 1999. Bedingt durch Veränderun-gen bei der europäischen Flugsicherung trat zum 18. Mai 2000 eineneue Luftraumgliederung (EAM04) in Kraft. Im wesentlichen folgtehieraus eine geänderte Verteilung des Flugverkehrs auf die einzel-nen Abflugrouten. Um die Aktualität des Referenzszenarios zuwahren, wurde daher diese neue Luftraumgliederung auf die Ver-kehrszahlen des Jahres 1999 aufgeprägt.

Im Prognoseszenario, das auf das Jahr 2010 ausgerichtet ist, wurdeeine Verkehrssteigerung gegenüber dem Referenzszenario um45% angenommen. Dabei wurde vorausgesetzt, dass sich der Ver-lauf der Routen und die Aufteilung des Verkehrs auf diese nichtverändert. Ebenso wurden Bevölkerungsverteilung, Siedlungs- undIndustriestruktur als unverändert angesehen.

EAM04 = European Airspace Model(Simulationslauf Version 4): Luftraum-simulationsystem der europäischen Flugsicherungsbehörde EUROCONTROL,die massgeblich verantwortlich für dieImplementierung der neuen Strukturzeichnet. Diese Routenänderungen sindim Schweizer Luftraum unter der Projekt-bezeichnung CILO (Capacity Increase inLower Airspace) eingeführt worden.

Ablaufschema zur Risikomodellierung für Flughäfen

LOS

ER

Kennziffer

EinzelrisikoGruppenrisiko

Darstellung Einzelrisiko

Level of Safety (LOS)Berechnung

UnfalldatenbankenExternal Risk (ER)

Berechnung

Sicherheitsrelevante Anlagen

(Störfallverordnung)Unfallauswirkung

Kursführungsgenauigkeit von bord- / bodenseitigen Navigationseinrichtungen

Festlegen von Sicherheitszonen

Ermittlung der Abwei-chung vom vorgege-benen Flugweg

Staffelungsminima, An-/Abflugverfahren ...

Staffelungsüberschuss:Maß der Ausschöpfung der Luftraumkapazität

Unfallrate abhängig von Flugphase, Fluggerät usw.

Demographie

Betroffene

Dateneingabe und -verarbeitung auf Verwendung des Datenerfassungs-system (DES) - Standards ausgelegt

Aeronautische und betrieblicheDaten des Untersuchungsraumes

Eingabe der flugbetrieblichen Eingangsdaten

Unfallort

PisteStartender Verkehr-Unfall nach der Piste-

Flugrichtung

Piste

Piste

Landener Verkehr-Unfall vor der Piste-

Landener Verkehr-Unfall nach der Piste-

Sicherheitszone

Verfahrensbedingte Belastungsindikatoren

Lotse/Pilot

Z. B. Anforderungen an den Lotsen in Ab-hängigkeit der Strek-kenführung (gerade oder gekrümmte Segmente)

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12 Kurzfassung

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Die bereits erwähnte Verlängerung der Ost/West-Piste war im Jahr1999 noch nicht fertiggestellt und ist daher kein Element im Refe-renzszenario. Weil während der Erstellung der Studie noch keineverlässlichen Angaben darüber vorlagen, welche Veränderungender Verkehrsabwicklung sich infolge der verlängerten Ost/West-Piste auf den Horizont 2010 ergeben, wurde diese Massnahme auchim Prognoseszenario nicht berücksichtigt.

Risikoeinschätzung und Ergebnisse

Level of SafetyDer Staffelungsüberschuss reduziert sich im Prognoseszenariogegenüber dem Referenzszenario bezogen auf die durchschnitt-liche Verkehrsbelastung um bis zu 10% sowohl im An- als auch imAbflugbereich. Es verbleibt jedoch ein etwa zwei- bis vierfachesSicherheitspotential. Dies bedeutet, dass die für das angenommeneVerkehrsaufkommen nötige Staffelung zwischen den Luftfahrzeu-gen („der Mindestabstand“) im Mittel das Doppelte bzw. das Vier-fache des gesetzlich geforderten Abstandes beträgt. Vor diesemHintergrund ist diese Reduzierung des Staffelungsüberschusses alsunkritisch einzustufen.

Für das Referenzszenario beträgt der ungünstigste (= höchste) LOS-Wert 1:118'000. Dies bedeutet eine kritische Annäherung auf118'000 Flugbewegungen. Dieser Wert dient als Richtwert für dasPrognoseszenario (Target Level of Safety, TLS).

Der höchste LOS-Wert für das Prognoseszenario liegt mit einemWert von 1:117'400 um bis zu 0,4% geringfügig über dem TLS. DerAnstieg ist im wesentlichen auf die angenommene Verkehrszunah-me zurückzuführen. Diese Steigerung des LOS-Wertes bedeuteteine kritische Annäherung bereits auf 117'400, d.h. 600 Flugbewe-gungen weniger. Da diese Differenz von 600 Flugbewegungenweniger als 1% des für das Prognoseszenario zugrundegelegtenVerkehrsaufkommens (innerhalb der 6 verkehrsreichsten Monate)bedeutet, wird die genannte Überschreitung des TLS als marginaleingestuft: Das Sicherheitsniveau kann folglich nahezu auf demStand des derzeitigem Referenzwertes gehalten werden.

Für den Bereich des Pistensystems lag zu Verkehrsspitzenzeitenbereits im Referenzszenario eine vollständige Auslastung derHauptpiste vor. Folglich können rechnerisch auf dem bestehendenPistensystem keine zusätzlichen Bewegungen in der Spitzenstundemehr abgewickelt werden. Der prognostizierte Verkehrszuwachsmuss somit zukünftig ausserhalb dieser Zeiten bedient werden.

EinzelrisikoGrundsätzlich ist bei den Untersuchungen des Einzelrisikos festzu-stellen, dass die Ausprägung der Zonen gleichen Risikos in derUmgebung des EuroAirport vergleichbar ist mit der Situation ananderen Verkehrsflughäfen gleicher Grössenordnung.

Bislang existiert kein behördlicher Grenzwert für den LOS. Daher wurde

der Target Level of Safety als Zielgrösse(„target“= Ziel) eingeführt.

Er ist hier definiert als der LOSim Referenzszenario, bei dem

nachweislich ein sicherer Flugbetriebgegeben war.

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Kurzfassung 13

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Die für das Prognoseszenario zugrunde gelegte Verkehrssteige-rung führt grundsätzlich zu einer Ausweitung der Risikozonen.Bewohnte Gebiete (insbesondere im Süden und Osten des Flugha-fens gelegen) sind jedoch auch im Prognoseszenario nur von Risi-kowerten kleiner als 1:5'000 betroffen. Doch auch hier kann fest-gestellt werden, dass die Situation am Flughafen Basel-Mülhausendurchaus vergleichbar ist mit anderen untersuchten Flughäfen Mit-teleuropas. Ein direkter Vergleich dieser absoluten Zahlen mitanderen Flughäfen ist jedoch aufgrund des sehr individuellen Ein-flusses der Parameter (Verkehrszusammensetzung, räumliche undzeitliche Verkehrsverteilung etc.) nicht möglich.

Das im Prognoseszenario angenommene grössere Verkehrsaufkom-men (Steigerung um 45%) hat durch die Ausweitung der Risikozo-nen auch eine Steigerung der Zahl betroffener Anwohner zurFolge. Bei Risikowerten von 1:10'000 bzw. 1:100'000 ergeben sichbei gleichem Einzelrisiko hierdurch Steigerungen von 18% bzw.31%.

Die Karte auf der folgenden Doppelseite stellt die Risikozonen fürdas Prognoseszenario dar. Deutlich sind hierbei die dem Routenver-lauf folgenden Risikozonen zu erkennen, wobei sich vor allem imOsten des Flughafens die um die sicherheitsrelevanten Anlagenetwas erhöhten Risikowerte bemerkbar machen.

GruppenrisikoDas Gruppenrisiko wird üblicherweise in Form von Häufigkeitsdia-grammen dargestellt. Aus solchen Diagrammen lässt sich ablesen,wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass bei einem Flugzeugab-sturz mehr als eine bestimmte Anzahl an Personen (n) zu Todekommt. Die im folgenden Diagramm dargestellten Ergebnissebeziehen sich dabei global auf die gesamte untersuchte Umgebungdes EuroAirport. Eine geographische Zuordnung der Ergebnisse istbei der Berechnung eines Gruppenrisikos im Gegensatz zum Ein-zelrisiko generell nicht möglich.

Ein Wert von 1:5'000 für einen bestimm-ten Ort kann vereinfacht so interpretiertwerden, dass ein theoretisch ununter-brochener Aufenthalt an diesem Ort von5'000 Jahren (jeweils während der sechsverkehrsreichsten Monate) erforderlichist, um an den Folgen eines Flugzeug-unglücks zu sterben.Derartige statistische Ergebnisse könnenjedoch keine Aussage darüber liefern,wann innerhalb dieses Zeitraumes dasEreignis tatsächlich eintritt.

Das grün eingezeichnete Beispiel erläutert das Diagramm: Für 3'000 Einwohner (N = 3'000) beträgt im Prognoseszenario (blaue Linie) die Wahrscheinlichkeit etwas weniger als 2 mal 10-6 (1x10-6 wird im Diagramm alsF = 1,00E-06 bezeichnet);anders ausgedrückt ist diese Wahr-scheinlichkeit 1:500'000.Dieser Wert von 1:500'000 kann vereinfacht so interpretiert werden,dass dieses Ereignis einmal in 250'000 Jahren (da jeweils die sechsverkehrsreichsten Monate betrachtetwurden) zu erwarten ist.

Gruppenrisiko

1,00E-07

1,00E-06

1,00E-05

1,00E-04

1,00E-03

1,00E-02

1 10 100 1000 10000

Einwohner (N)

Ris

iko

(F)

Referenz-Szenario Prognose-Szenario

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14 Kurzfassung

Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

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Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

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Risikoanalyse Flughafen Basel-Mülhausen

Das Diagramm zeigt das Gruppenrisiko in der gesamten untersuch-ten Umgebung des EuroAirport sowohl für das Referenzszenarioals auch für das Prognoseszenario. Dabei ist zu beachten, dass dieAchsen des Diagramms logarithmisch skaliert wurden. Zwischenden angegebenen Werten der Einwohner (N) und des Risikos (F)liegt daher jeweils der Faktor 10. Im Ergebnis ergibt sich eine durch-schnittliche Steigerung des Gruppenrisikos im Prognoseszenariogegenüber dem Referenzszenario bei gegebener Anzahl von n Personen um ca. 34%. Für beide Szenarien wurden – wie bereitsausgeführt – konstante Randbedingungen (u.a. unverändertesPistensystem mit unveränderter Luftraumstruktur und räumlicherVerkehrsverteilung sowie – für die Analyse des Gruppenrisikoswesentlich – einer nicht veränderten Siedlungs- und Industriestruk-tur) angenommen. Aus diesem Grund wird die Veränderung desGruppenrisikos einzig durch das unterstellte höhere Verkehrsauf-kommen im Prognoseszenario verursacht.

Auch ist ein direkter Vergleich mit den Gruppenrisiken, wie sie bei-spielsweise in Sicherheitsberichten für Industrieanlagen dargestelltwerden, nicht vorbehaltlos zulässig, da aufgrund der unterschiedli-chen Auswirkungen von Luftfahrzeugunfällen auf die Umwelt beiden hier vorgestellten Zahlen von „worst case“ Annahmen ausge-gangen werden muss: So wird unterstellt, dass sämtliche Personen,die sich in dem jeweiligen Betroffenheitsgebiet aufhalten, zu Todekommen. Dies ist bei Sicherheitsuntersuchungen von Industrieanla-gen nicht der Fall. Die im folgenden Diagramm dargestellten Risi-ken liegen daher tendenziell höher als beispielsweise jene, diedurch den Betrieb von gefährdenden Industrieanlagen resultieren.

Massgeblich beeinflusst werden die Ergebnisse durch die sicher-heitsrelevanten Anlagen im Osten des Flughafens, da sich diesezum Teil in der Nachbarschaft von Wohngebieten befinden.

GefahrguttransportDurch den Transport von Gefahrgütern kann kein Einfluss auf dieGefährdung von Anwohnern abgeleitet werden. Die Unfalldaten-banken zeigen keine erweiterten Risikopotentiale für Facht-gegenüber Passagierverkehr. Frachtflüge und damit auch der Trans-port von Gefahrgütern durch in Europa operierende Gesellschaftenbesitzen in etwa die gleiche Unfallwahrscheinlichkeit wie Passa-gierflüge. Aufgrund des extrem seltenen Vorkommens derartigerUnfälle lassen sich erhöhte Risikopotentiale für Gefahrguttrans-porte nicht nachweisen.

Massnahmenvorschläge

In der Risikoanalyse sind verschiedene risikomindernde Mass-nahmen vorgeschlagen worden. Diese Vorschläge sind zunächstrein qualitativer Art. Es bleibt einer späteren Quantifizierung dieserMassnahmen vorbehalten, Aussagen über die konkrete Wirk-samkeit zu schaffen. Die vorgeschlagenen Massnahmen beziehen

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sich alleine auf die Ergebnisse der Risikoanalyse. Vor einer mög-lichen Umsetzung sind auch andere Faktoren wie beispielsweise die Lärmsituation mitzuberücksichtigen. Die folgenden Massnah-men basieren darauf, dass in der Risikoanalyse für das Prognose-szenario eine Verkehrssteigerung bei sonst gleichen Rahmenbedin-gungen (z.B. unverändertes Pistensystem mit unveränderterLuftraumstruktur und räumlicher Verkehrsverteilung) zugrunde-gelegt wurde.

� Aus dem derzeitigen Pistennutzungskonzept resultiert eine starke Nutzung der Nord/Süd-Piste des Flughafen Basel-Mülhau-sen für Abflüge in südliche Richtung und damit über dicht besie-deltes Gebiet (Hégenheim, Allschwil, Basel-Stadt, Binningenetc.). Eine intensivere Nutzung der Ost/West-Querpiste könnte(auch aufgrund der Verlängerung) den Betriebsablauf optimie-ren und ist daher aus der Sicht der Flugsicherheit als günstig zubeurteilen.

� Derzeit werden östlich vom Flughafen gelegene sicherheitsrele-vante Anlagen bei Anflügen aus östlicher Richtung in geringerEntfernung überflogen. In diesem Zusammenhang könntenOptionen für eine geänderte Anflugführung untersucht wer-den. Starts in Richtung Osten sind aus dieser Sicht ebenfallsunvorteilhaft.

� Bereits heute liegt eine vollständige Auslastung des Pistensy-stems zu Verkehrsspitzenzeiten vor. Um ein weiteres Anwachsenvon Flugbewegungen zu stark nachgefragten Tageszeiten zuunterbinden, sind koordinierende Massnahmen sinnvoll. EineMöglichkeit hierzu stellen Slotzuweisungen dar. Dies bedeutetin der Praxis, dass die Flugzeuge nur zu ganz bestimmten, euro-paweit koordinierten Zeiten („slots“) starten dürfen. Die punk-tuellen Nachfragen zu den Spitzenzeiten werden sich ohne Ein-griff von aussen mit Sicherheit verstärken.

� Erfahrungen an anderen Flughäfen belegen, dass der Einsatz vonelektronischen Koordinationssystemen für den An- und Abflug-bereich als Assistenzsystem den Fluglotsen hilft, Verkehrsflüssezu optimieren (vgl. System TACO am Flughafen Zürich). Ausser-dem könnte am EuroAirport der Einsatz spezieller Radartechnikzur Verringerung der Mindeststaffelung geprüft werden, da sichhierdurch die nutzbare Luftraumkapazität und damit das zurVerfügung stehende Sicherheitspotential erhöhen lassen.

� Am Flughafen Basel-Mülhausen ist die Installation eines Instru-mentenlandesystem (ILS) für den Anflug aus Süden auf dieHauptpiste geplant. Dieses Anflugverfahren sollte nur als Ergän-zung zu Anflügen aus Norden bei zwingenden meteorologi-schen Gegebenheiten Anwendung finden und nicht zu ver-mehrten Überflügen der südlich des Flughafens gelegenenGebiete führen. Unter dieser Voraussetzung ist eine derartigeEinrichtung als wertvoller Beitrag zur Verkehrssicherheit beiungünstigen Witterungsbedingungen einzustufen.

Slotzuweisungen können den Verkehrzeitlich entzerren; hierdurch kann die Wahrscheinlichkeit kritischerAnnäherungen reduziert werden.

Spezielle computergestützte Koordi-nations- und Radarsysteme können den Verkehr präziser erfassen.

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Fazit

Die vorangehend dargestellten Ergebnisse der Risikoanalyse amFlughafen Basel-Mülhausen zeigen insgesamt auf, dass am EuroAir-port aufgrund der unterstellten Szenarien und untersuchten Risi-ken eine sichere Situation gegeben ist.

Grundsätzlich wird der heutige Flugverkehr am EuroAirport sicherabgewickelt. Wie sich im Vergleich der LOS-Werte von Prognose-und Referenzszenario zeigt, kann auch ein künftig grösseres Ver-kehrsaufkommen – angenommen wurde eine Verkehrssteigerungbis 2010 von 45% – in einem sicheren Rahmen abgewickelt werden.Es werden jedoch Massnahmen notwendig, um zu erwartendeKapazitätsengpässe bewältigen zu können. Die vorgeschlagenenVerfahren zur effizienteren Flugführung und zur Verkehrsgestal-tung in den Spitzenzeiten bilden hierzu geeignete Ansätze.

Auch die Ergebnisse zum Einzelrisiko zeigen ein insgesamt pro-blemloses Bild. Die Verteilung und die Grössenordnung der Risiko-werte entsprechen dabei der Situation an anderen europäischenFlughäfen mit ähnlicher Dimension wie der EuroAirport. Die Wahr-scheinlichkeit, als einzelne Anwohnerin oder als einzelner Anwoh-ner durch einen Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, ist mitWerten von cirka 1:25'000 (= 4x10-5) bis 1:5'000 (= 2x10-4) selbst inden pistennächsten Siedlungsbereichen nicht höher als die Wahr-scheinlichkeit, bei der Ausübung etwa eines Lokführerberufs zuTode zu kommen (siehe folgende Abbildung; jeweils schweizeri-sche Werte). Das Einzelrisiko für Tätigkeiten im Forstbetrieb istsogar nochmals deutlich höher. Dies gilt sowohl für das Referenz-als auch für das Prognoseszenario. Anzumerken ist allerdings, dassein berufliches Risiko i.d.R. freiwillig, das Flugunfallrisiko hingegenunfreiwillig getragen wird. Auch der weitere Vergleich zeigt, wie-derum sowohl für Referenz- als auch Prognoseszenario, dass dieermittelte Risikoexposition der Bevölkerung durch Flugunfälle imNahbereich des Flughafens in der Grössenordnung von allgemei-nen Risiken (z.B. Tod im Strassenverkehr oder durch Blitzschlag)liegt, denen der Mensch täglich ausgesetzt ist beziehungsweisedenen er sich täglich aussetzt. Bezogen auf das Referenzszenarioliegt das Einzelrisiko in den bewohnten Gebieten um den Flug-hafen im ungünstigen Fall bei 1:5'000. Der grösste Teil der Bevöl-kerung ist je nach Lage zum Pistensystem von Risikowerten imBereich zwischen 1:10'000'000 bis 1:100'000 betroffen. Das Einzel-risiko im Prognoseszenario liegt etwas höher. Bei der Beurteilungdieser Ergebnisse der Risikoanalyse ist im übrigen festzuhalten, dassim Prognoseszenario keinerlei Annahmen über sicherheitssteigern-de Entwicklungen im Bereich der Flugführung oder der Flugzeug-technik getroffen worden sind.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Darstellung des Gruppenrisikos.Bei der angenommenen Verkehrszunahme von 45% bis zum Jahre2010 ergibt sich im Prognosezenario bei einer gegebenen Anzahlvon betroffenen Personen (n) ein um rund 34% höheres Risiko alsim Referenzszenario. Das Gruppenrisiko nimmt damit weniger

Das heisst, dass ein Todesfall infolgeeines Flugzeugabsturzes (bei theoretischununterbrochenem Aufenthalt in diesenBereichen während der sechs verkehrs-

reichsten Monate am EuroAirport) einmal in 5'000 bis 25'000 Jahren zu

erwarten ist.

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Pistenende (Süd)

Pistenende (Nord)

Pistenende (West)

Pistenende (Ost)

Pistenende (West)

Hégenheim (Dorfmitte)

Allschwil Dorf (Nähe Kirche)

Friedlingen

Blotzheim (Dorfmitte)

Basel-Neubad(Neuweilerplatz)

Blitzschlag

Nahrungsmittelvergiftung(weltweit)

Feuer (weltweit)

Beifahrer im PW Fussgänger im VerkehrBerufsrisiko Chemiebetrieb

Berufsrisiko Eisenbahn-Betriebspersonal (SBB)

Berufsrisiko FlugpersonalSporttaucher

Berufsrisiko Forstbetrieb

andere RisikenEuroAirport

Einzelrisiko

Weil (Zentrum )

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stark zu als das Flugverkehrsaufkommen. Im Vergleich zu anderenGruppenrisiken, z.B. im Zusammenhang mit der Gefährdung durchChemieanlagen, zeigen die beiden Gruppenrisikokurven, die hierglobal für den gesamten Untersuchungsbereich um den EuroAir-port berechnet wurden, deutlich höhere Risikowerte. Das heisst,dass ein Unfall mit einer Anzahl von bspw. 100 Toten im Falle desFlugverkehrs wahrscheinlicher ist als im Fall eines Industrieunfalls.Derartige Vergleiche von Gruppenrisiken sind allerdings nur mitbesonderer Sorgfalt zulässig. So gilt es zum einem, die jeweiligenZeitbezüge zu beachten. Im Rahmen der Risikoanalyse wurde etwa,wie vorne ausgeführt, im Sinne der worst-case-Betrachtung dasVerkehrsaufkommen der sechs verkehrsreichsten Monate des Jah-res als repräsentativ unterstellt und nicht der Verkehr im Jahres-durchschnitt. Zum anderen sind die besonderen Eigenschaften derzu vergleichenden Katastrophen zu berücksichtigen: so wird einLuftverkehrsunfall vorrangig Passagiere und Besatzung eines Luft-fahrzeuges betreffen, wohingegen z.B. durch eine Betriebsstörungin einer Anlage der chemischen Industrie oder in einem Kernkraft-werk vor allem die umliegende Bevölkerung gefährdet wird.

Vor diesem Hintergrund weisen die Ergebnisse der Risikoanalyseauf verschiedene Ansatzpunkte hin, an denen eine Entlastung derbeobachtbaren Kapazitätsengpässe und eine weitere Verbesserungder punktuell vorhandenen sicherheitskritischen Situationen mög-lich wird. Dies betrifft etwa die bessere Ausnützung von Pisten- undLuftraumkapazität durch organisatorische und technische Mass-nahmen zur Unterstützung der Flugführung oder die möglicheVariation von An- und Abflugwegen, bei der die Bevölkerungs-dichte und die Industrieschwerpunkte in der Umgebung des Flug-hafens Berücksichtigung finden.

Diese Massnahmenvorschläge werden nun im trinationalen Rah-men zusammen mit den zuständigen Flugsicherungsorganen sowieauf politischer Ebene weiter zu präzisieren sein. Vor einer Umset-zung ist ihre Wirksamkeit als Entscheidungsgrundlage zu quantifi-zieren. Daneben werden bei einer möglichen Umsetzung auch wei-tere Gesichtspunkte wie beispielsweise die Fluglärmbelastung undFluglärmverteilung zu berücksichtigen sein.

Basel, Colmar, Freiburg Juni 2001

Wesentlich ist ausserdem die Berück-sichtigung der verwendeten statistischen

Grundlagen und Modelle. So wird imRahmen der Risikoanalyse durch

Abstützung auf gut erfasste, historischeFlugunfalldaten eine hohe Verlässlichkeit

der Ergebnisse erzielt. Solche Grund-lagen liegen für andere Katastrophen-

fälle vielfach nicht vor.


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