+ All Categories
Home > Documents > 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche...

3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche...

Date post: 26-Feb-2021
Category:
Upload: others
View: 2 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
16
3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau Naturgefahr Naturrisiko Naturgefahrenanalyse Naturrisikoanalyse naturwissen- schaftliche Risikoanalyse Risikoforschung Risikomanagement Risikogleichung Die naturwissenschaftliche Risikoforschung beruht zu weiten Teilen auf dem ingenieur- technischen Ansatz der Risikoanalyse und wird seit den 1990er-Jahren in Richtung des Risikomanagements weiter entwickelt, d. h. auf das Mensch-Umwelt-System ausgedehnt. Es gibt verschiedenste Methoden, um Risiken qualitativ und quantitativ zu analysieren. Die Naturrisikoanalyse trägt dazu bei, potenzielle Schadensereignisse und ihre Auswirkungen zu ermitteln und mögliche Schadengebiete auszuweisen. An diesen Lokalitäten können im Rahmen eines Risikomanagements über vorbeugende Maßnahmen die Auswirkungen gefährlicher Prozesse reduziert oder verhin- dert werden. 3.1 Einführung Die Naturrisikoanalyse beinhaltet die Untersuchung des Geosystems und der Vulnerabilität des Menschen und seines Lebensumfelds gegenüber der Naturge- fahr. Dabei wird angenommen, dass Naturgefahren aus den Wechselwirkungen der natürlichen Umwelt mit dem Menschen und seinen Belangen hervorge- hen. Diese Wechselwirkungen erfordern zum einen multidisziplinäre Theorien und Methoden der So- zial- und Naturwissenschaften, zum anderen trans- disziplinären Praxisbezug, um Lösungsstrategien der Risikoverminderung oder -vermeidung entwickeln zu können. Da die sozialen und natürlichen Systeme in Wechselwirkung stehen, hängen auch die Auswir- kungen eines natürlichen Prozesses nicht nur von deren Frequenz und Magnitude, sondern auch vom Grad der Vorbereitung der betroffenen Gesellschaft ab (Dikau und Weichselgartner 2005). Aus der Vielfalt wissenschaftlicher Disziplinen, die sich mit (Natur-)Gefahren und (Natur-)Risiken befassen, geht eine Vielfalt an Ansätzen, Sichtweisen und Begrifflichkeiten hervor. Im Folgenden sollen naturwissenschaftlich orientierte Zugänge zur Ge- fahren- und Risikoforschung thematisiert werden. Natürliche Prozesse wie Erdbeben, Vulkanaus- brüche, Schneelawinen, Muren oder Steinschläge werden als Naturereignis angesehen, wenn sie keine Bedrohung für den Menschen oder ihr Eigentum darstellen. Stellen sie eine Bedrohung dar, werden sie als Naturgefahren bezeichnet. Gefahr im na- turwissenschaftlichen Sinn ist als Eintretenswahr- scheinlichkeit eines potenziell schadenbringenden Ereignisses in einem bestimmten Raum, einer be- stimmten Zeit und mit einer bestimmten Magni- tude definiert (Varnes 1984). Unter Risiko wird die Funktion aus der Gefahr und ihrer möglichen Konsequenzen verstanden. Eine Naturkatastrophe bezeichnet einen tat- sächlich eingetretenen natürlichen Prozess bzw. eine realisierte Gefahr, bei der derartig hohe Verluste an Menschenleben oder materiellen Werten entstehen, dass die betroffene Gesellschaft akute Nothilfe und Hilfe beim Wiederaufbau benötigt (UNDRO 1991). Die Münchener Rückversicherung teilt Naturkatast- rophen in sieben Klassen ein, die von keinerlei Schä- den (Naturereignis) bis zu verheerenden Schäden (große Naturkatastrophe) reicht (Tab. 3.1). Die Risi- koforschung kann in die Bereiche Risikoanalyse, die Felgentreff.indd 31 Felgentreff.indd 31 08.06.2007 19:37:09 08.06.2007 19:37:09
Transcript
Page 1: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

Naturgefahr •• Naturrisiko •• Naturgefahrenanalyse •• Naturrisikoanalyse •• naturwissen-

schaftliche Risikoanalyse •• Risikoforschung •• Risikomanagement •• Risikogleichung

Die naturwissenschaftliche Risikoforschung

beruht zu weiten Teilen auf dem ingenieur-

technischen Ansatz der Risikoanalyse und

wird seit den 1990er-Jahren in Richtung des

Risikomanagements weiter entwickelt, d. h.

auf das Mensch-Umwelt-System ausgedehnt.

Es gibt verschiedenste Methoden, um Risiken

qualitativ und quantitativ zu analysieren. Die

Naturrisikoanalyse trägt dazu bei, potenzielle

Schadensereignisse und ihre Auswirkungen

zu ermitteln und mögliche Schadengebiete

auszuweisen. An diesen Lokalitäten können

im Rahmen eines Risikomanagements über

vorbeugende Maßnahmen die Auswirkungen

gefährlicher Prozesse reduziert oder verhin-

dert werden.

3.1 Einführung

Die Naturrisikoanalyse beinhaltet die Untersuchung des Geosystems und der Vulnerabilität des Menschen und seines Lebensumfelds gegenüber der Naturge-fahr. Dabei wird angenommen, dass Naturgefahren aus den Wechselwirkungen der natürlichen Umwelt mit dem Menschen und seinen Belangen hervorge-hen. Diese Wechselwirkungen erfordern zum einen multidisziplinäre Theorien und Methoden der So-zial- und Naturwissenschaften, zum anderen trans-disziplinären Praxisbezug, um Lösungsstrategien der Risikoverminderung oder -vermeidung entwickeln zu können. Da die sozialen und natürlichen Systeme

in Wechselwirkung stehen, hängen auch die Auswir-kungen eines natürlichen Prozesses nicht nur von deren Frequenz und Magnitude, sondern auch vom Grad der Vorbereitung der betroffenen Gesellschaft ab (Dikau und Weichselgartner 2005).

Aus der Vielfalt wissenschaftlicher Disziplinen, die sich mit (Natur-)Gefahren und (Natur-)Risiken befassen, geht eine Vielfalt an Ansätzen, Sichtweisen und Begrifflichkeiten hervor. Im Folgenden sollen naturwissenschaftlich orientierte Zugänge zur Ge-fahren- und Risikoforschung thematisiert werden.

Natürliche Prozesse wie Erdbeben, Vulkanaus-brüche, Schneelawinen, Muren oder Steinschläge werden als Naturereignis angesehen, wenn sie keine Bedrohung für den Menschen oder ihr Eigentum darstellen. Stellen sie eine Bedrohung dar, werden sie als Naturgefahren bezeichnet. Gefahr im na-turwissenschaftlichen Sinn ist als Eintretenswahr-scheinlichkeit eines potenziell schadenbringenden Ereignisses in einem bestimmten Raum, einer be-stimmten Zeit und mit einer bestimmten Magni-tude definiert (Varnes 1984). Unter Risiko wird die Funktion aus der Gefahr und ihrer möglichen Konsequenzen verstanden.

Eine Naturkatastrophe bezeichnet einen tat-sächlich eingetretenen natürlichen Prozess bzw. eine realisierte Gefahr, bei der derartig hohe Verluste an Menschenleben oder materiellen Werten entstehen, dass die betroffene Gesellschaft akute Nothilfe und Hilfe beim Wiederaufbau benötigt (UNDRO 1991). Die Münchener Rückversicherung teilt Naturkatast-rophen in sieben Klassen ein, die von keinerlei Schä-den (Naturereignis) bis zu verheerenden Schäden (große Naturkatastrophe) reicht (Tab. 3.1). Die Risi-koforschung kann in die Bereiche Risikoanalyse, die

Felgentreff.indd 31Felgentreff.indd 31 08.06.2007 19:37:0908.06.2007 19:37:09

Page 2: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

die Gefahrenanalyse einschließt, Risikobewertung und Risikomanagement bzw. Risikosteuerung (risk governance) klassifiziert werden. Dabei folgt die Risi-koanalyse oftmals naturwissenschaftlichen Ansätzen, wohingegen Risikobewertung und -management auf sozial – und wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen basieren (Dikau und Weichselgartner 2005).

3.2 Historische Entwick-lung der naturwissen-schaftlichen Ansätze

Durch Naturkatastrophen verursachte Schäden gibt es nicht erst in den letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten, sondern sie zwangen menschliche Gesellschaften seit jeher zu angepassten Verhaltens-strategien. Neben passiven Anpassungen, wie Mei-dung als gefährlich wahrgenommener Regionen, gab es bereits in der Frühzeit der Menschheit akti-ve Schutzmaßnahmen, beispielsweise der Bau von Häusern, die gegen Erdbeben Schutz gewähren soll-ten (Zebrowski 1999). Als weitere Beispiele können das planvoll angelegte Hochwasserschutzsystem von Kanälen, Dämmen und Schleusen in Vorderasien und die Nilüberschwemmungen angeführt werden (Akademie für Raumforschung und Landesplanung 1995). Waren die damaligen Katastrophen jedoch meist lokal oder regional in ihren Auswirkungen, er-

reichen sie heutzutage durch die starke Vernetzung der Gesellschaften oftmals globale Dimensionen.

Platos Bericht über den Untergang Atlantis ist Zeugnis dafür, dass die Bedrohung durch Natur-katastrophen die Wissenschaft seit der Antike be-schäftigt. Durch fortschreitende wissenschaftliche Erkenntnisse änderte sich die Wahrnehmung von Naturgefahren in der Moderne schließlich allmäh-lich dahingehend, dass sie weniger als ein Akt oder als eine Strafe Gottes gesehen wurden, sondern als ein mehr oder weniger verstandenes naturwissen-schaftliches Phänomen, das somit in seinen Auswir-kungen auch kontrollierbar erschien.

In den 1920er-Jahren wurde in der amerikani-schen geographischen Forschung postuliert, dass die menschlichen Gesellschaften in manchen Regionen der Erde nicht den natürlichen Gegebenheiten ent-sprechend agierten bzw. verstärkt in bisher gering oder nicht besiedelte Regionen vorstießen, was An-passungsstrategien an die natürliche Umwelt erfor-derlich machte (Barrows 1923). Auch die Entwick-lungsmöglichkeiten von ländlichen und städtischen Gesellschaften wurden als von den sie umgebenden natürlichen Bedingungen abhängig gesehen. Nach den Ansätzen von Barrows (1923) entwickelte sich ein Bewusstsein dafür, dass die natürliche Umwelt nicht als Konstante gesehen werden kann, sondern sich die natürlichen Bedingungen sehr schnell und plötzlich ändern können, sei es durch physikalische Kräfte oder durch Einwirkungen des Menschen.

Die wissenschaftliche Erforschung der aus diesen Wechselwirkungen der sozialen und natürlichen Sys-

32 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3 Tab. 3.1 Einteilung von Naturkatastrophen in sieben Katastrophenklassen (MunichRe – www.munichre.com).

0 Naturereignis keine Schäden (z. B. Waldbrand ohne Gebäudeschäden)

1 Kleinstschaden-

ereignis

1–9 Tote und/oder kaum Schäden

2 mittleres

Schadenereignis

10–19 Tote und/oder Gebäude- und sonstige Schäden

2000–2005 1990er 1980er

3 mittelschwere

Katastrophe

ab 20 Tote Gesamtschaden > 50 Mio. > 40 Mio. > 25 Mio. US$

4 schwere Katastrophe ab 100 Tote Gesamtschaden > 200 Mio. > 160 Mio. > 85 Mio. US$

5 verheerende

Katastrophe

ab 500 Tote Gesamtschaden > 500 Mio. > 400 Mio. > 275 Mio. US$

6 große Natur-

katastrophe

tausende Tote, Volkswirtschaft schwer betroffen, extreme, versicherte Schäden

(Definition der Vereinten Nationen)

Felgentreff.indd 32Felgentreff.indd 32 08.06.2007 19:37:1008.06.2007 19:37:10

Page 3: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

teme hervorgehenden Naturrisiken begann schließ-lich mit einer Arbeit von White (1945), in der er die Auswirkungen von Hochwasserschutzmaßnahmen auf die Schadenssumme in Überflutungsgebieten untersucht hat. Diese Untersuchungen wurden in der Folge auf andere Naturgefahren ausgedehnt, der Forschungsschwerpunkt verblieb jedoch bis in die 1970er-Jahre hinein bei den Naturprozessen, d. h. dass die Naturgefahrenforschung im Wesent-lichen auf die Gefahrenerkennung und die räum-liche Verteilung – und später die Modellierung – von Naturgefahren ausgerichtet war (Cutter et al. 2000). Zu dieser Zeit stellten Kritiker insbesondere die Sichtweise infrage, dass die Auswirkungen der Schadensereignisse allein den natürlichen Prozessen zuzuschreiben seien und die Gesellschaften keine Verantwortung trügen.

Seit den 1980er-Jahren erfuhr das Verständnis der Ursachen von Risiken und des Grades der Aus-wirkungen von Naturgefahren schließlich eine wei-tere wesentliche Veränderung. Die prozessorientier-ten, reaktiven Ansätze wichen der Erkenntnis, dass Gesellschaften im Sinne sozialer Systeme bestimmte und bestimmbare Verwundbarkeiten (Vulnerabili-täten) besitzen, die von ihren Strukturen (Legisla-tive, Infrastruktur, Netzwerke, Notfallplanung, etc.) abhängig sind. Heute wird davon ausgegangen, dass der aus einer Naturgefahr resultierende Schaden ebenso sehr über die Widerstandsfähigkeit (Resili-enz) einer Gesellschaft, wie über die Magnitude und Art des natürlichen Prozesses erklärt werden muss (Hewitt 1983,, Hollenstein 1995, Tobin und Montz 1997, Smith 2001). Das bedeutet, dass mit der Redu-zierung des Gefahrenpotenzials nicht zwingend ein geringeres Risiko verbunden sein muss.

Die moderne Sicherheitswissenschaft, auf der die naturwissenschaftliche Risikoforschung zu gro-ßen Teilen beruht, entstand in den 1950er-Jahren im Zusammenhang mit den Luft- und Raumfahrtpro-grammen. Diese brachten neue Problemstellungen mit sich, da es sich um sehr teure Technologien handelte, die zugleich ein hohes Gefahrenpotenzial aufwiesen. Sie sind weiterhin dadurch charakte-risiert, dass Gefahren im Vorfeld erkannt werden müssen, da in der Regel während des Betriebs nur schwer regulierend eingegriffen werden kann. Seit Ende der 1960er-Jahre kam im Rahmen der zivi-len Nutzung der Atomenergie der Aspekt hinzu, dass Unfälle inakzeptabel sind, d. h. alle denkbaren Maßnahmen ergriffen werden müssen, um sie so unwahrscheinlich wie möglich zu machen. Zudem handelt es sich bei der Atomenergie um ein hoch-gradig kompliziertes System, also ein System, in dem vielfältige Ursache-Wirkungsgefüge und Wech-

selwirkungen zwischen einzelnen Komponenten vorhanden sind. In den 1970er- und 1980er-Jahren kam es schließlich zu einer Übertragung und An-passung der Risikoanalyse in der chemischen In-dustrie, der marinen Öl- und Gasindustrie sowie der Informationstechnologie. Zur gleichen Zeit begann innerhalb der Ingenieurwissenschaften die Diskus-sion darüber, inwiefern der deterministische Ansatz mit seiner zugrunde liegenden Annahme, dass sich gefährliche Prozesse vorhersagen lassen, tatsächlich zur Risikominderung beitragen kann (Hollenstein 1995, 1997). Als neue Lösungsansätze wurde die Ri-sikoanalyse einschließlich der Gefahren- und Scha-denpotenzialanalyse mit dem daraus resultierenden objektiven Risiko entwickelt (Heinimann 1995, Vin-nem 1998).

Seit den 1990er-Jahren wird dieser ingenieurtech-nische Ansatz auch in der Naturgefahrenforschung genutzt und in Richtung des Risikomanagements weiterentwickelt, d. h. auf das Mensch-Umwelt-Sys-tem ausgedehnt (Hollenstein 1995, 1997, Dikau und Weichselgartner 2005). Die betroffene Bevölkerung wurde über die Risikobewertung, d. h. die Entschei-dung, welches Risiko noch tolerierbar ist, in die Sicherheitsbetrachtung einbezogen, um damit die Basis einer „Risikokultur“ zu schaffen (Greiving 2002, Dikau und Weichselgartner 2005).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Umgang mit Naturgefahren einen Wandel von der Reaktion auf Ereignisse über punktuell vor-ausschauende Maßnahmenplanungen bei erkannten Gefahren zu einer systematisch vorausschauenden Gefahrenbeurteilung mittels Gefahrenkarten hin zu einer risikobasierten Schutzplanung durchlaufen hat. Es ist zu vermuten, dass sich diese Entwicklung hin zu einer konsequenten Risikobeurteilung und Maßnahmenplanung fortsetzen wird. Die Entwick-lung wird auf methodischen Ansätzen des Risi-kokonzepts basieren (action follows strategy statt action follows catastrophy).

Die gegenwärtigen Forschungsbereiche konzen-trieren sich auf drei wesentliche Aspekte. Grundla-gen- und Prozessforschung wird besonders intensiv in den Natur- und Ingenieurwissenschaften verfolgt. Entsprechende Arbeiten untersuchen beispielsweise die Ausbreitungscharakteristika von Erdbebenwellen und ihre Effekte auf unterschiedliche Baumaterialien (Schweier et al. 2004), die numerische Modellierung von Überflutungsflächen von Hochwasser (Kutija 2003) oder die Berechnungen von Hanginstabilitäten in lokalen oder regionalen Skalen unter Einbezie-hung exponierter Güter und Werte (Bell und Glade 2004). Ein zweiter Bereich stützt sich auf optimierte regionale Ansätze. Zentrales Ziel dieser Regional-

3.2 Historische Entwicklung der naturwissenschaftlichen Ansätze 33

3

Felgentreff.indd 33Felgentreff.indd 33 08.06.2007 19:37:1008.06.2007 19:37:10

Page 4: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

studien ist es, die für die betroffene Lokalität oder Region am besten angepassten Verfahren zu entwi-ckeln, z. B. die Risikoanalyse der von der Tsunamika-tastrophe im Indischen Ozean betroffenen Regionen (Kapitel 13). Ein dritter Schwerpunkt liegt in globa-len Vergleichsanalysen von Risikoverteilungen und Katastrophenhäufigkeiten (Abb. 3.2). Hierbei wird beabsichtigt, globale hot spots zu identifizieren, um entsprechende Maßnahmen einleiten zu können, zu denen beispielsweise die Einrichtung spezieller Hilfs-fonds der World Bank gehören (Dilley et al. 2005).

3.3 Grundlegende Konzepte der Gefahren – und Risikoforschung

In der Gefahren- und Risikoforschung existieren zahlreiche Ansätze und Konzepte, z. B. in der Hy-drologie (Merz 2006), in der Seismologie (Mulagia und Geller 2005), in der Vulkanologie (Baxter et al. 1998) oder in der Küstenforschung (Sterr et al. 2004). Solche Ansätze lassen sich nach Weichsel-gartner (2002) in vier grundlegende Denkrichtun-gen der Risikoforschung einteilen:•• formal-normativer Ansatz,•• psychologisch-kognitiver Ansatz,•• kulturell-soziologischer Ansatz,•• geographisch-naturräumlicher Ansatz.

Diese Ansätze unterteilen sich wiederum in weitere, diesen Denkrichtungen zuzuordnende Forschungs-richtungen.

Besonders die ersten Jahrzehnte der modernen Risikoforschung waren von einem formal-norma-tiven Ansatz dominiert. Ziel dieses Ansatzes ist es, verschiedene Risikotypen über ein universell gülti-ges Risikomaß vergleichbar zu machen, um ein rati-onal bestimmtes, objektives Risiko und darüber ein akzeptiertes Risiko zu bestimmen. Die (quantitativ) zu beantwortende Leitfrage dieses Ansatzes lautet: „Wie sicher ist sicher genug?“. Das zentrale Unter-suchungsobjekt ist der Grad der Wahrscheinlichkeit sowie die Schadenserwartung. Im Rahmen der Risi-koakzeptanzforschung hat sich jedoch gezeigt, dass das formal bestimmte akzeptierte Risiko nicht der Risikowahrnehmung der Bevölkerung entspricht (Greiving 2002, Weichselgartner 2002).

Der psychologisch-kognitive Ansatz geht von der soeben beschriebenen Diskrepanz zwischen subjektivem und objektivem Risiko aus. Das Ent-scheidungsverhalten von Individuen oder bestimm-ten Gruppen in Risikosituationen soll empirisch bestimmt werden; zentral sind also die Risikowahr-nehmung, die Risikobewertung und die Risikoak-zeptanz (Greiving 2002, Weichselgartner 2002).

Innerhalb der kulturell-soziologischen Risiko-forschung soll die Frage beantwortet werden, wieso bestimmte Meinungen sich innerhalb definierter sozialer Gruppen durchsetzen. Risiko wird als so-ziales Konstrukt verstanden. Es wird versucht, die Entstehung des Konstrukts in verschiedenen so-

34 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3

Abb. 3.1 Weltkarte der Naturgefahren 2006 (verändert nach Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft 2007).

Felgentreff.indd 34Felgentreff.indd 34 08.06.2007 19:37:1008.06.2007 19:37:10

Page 5: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

zialen Systemen nachzuvollziehen (Greiving 2002, Weichselgartner 2002).

Durch den geographisch-naturräumlichen An-satz sollen die Interaktionen zwischen natürlichen und sozialen Systemen identifiziert und analysiert werden. Da dieser Ansatz auch die gegenseitigen Auswirkungen in den beiden genannten Systemen und den gesellschaftlichen Gesamtkontext betrach-tet, ist er interdisziplinär angelegt. Innerhalb der ge-ographischen Naturgefahrenforschung werden zu-dem Ansätze der anderen Denkrichtungen genutzt und gegebenenfalls an die jeweiligen Forschungsfra-gen angepasst (Weichselgartner 2002).

Die Untersuchung eines Naturrisikos gliedert sich in die naturwissenschaftliche Risikoanalyse, die so-zial- und wirtschaftswissenschaftliche Risikobewer-tung und das nachhaltige Risikomanagement. Diese Vorgehensweise sollte in einem holistischen Gesamt-konzept der Naturrisikobetrachtung integriert sein, das einen effektiven und für alle Seiten gerecht wer-denden Umgang mit dem Naturrisiko gewährleistet. Dieses Ziel wird im Konzept des (integralen) Risi-komanagements verfolgt (Kienholz 2005).

3.3.1 Naturwissenschaftliche

Risikoanalyse

Der aus der Ingenieurwissenschaft in die geographi-sche Naturgefahrenforschung übertragene Risikoan-satz, in dem eine Analyse von Systemschwachstellen vorgenommen wird, resultiert in einer „einheitlichen, nach demselben Prozedere gewonnenen Darstellung aller betrachteten Risiken“ (Hollenstein 1995, S. 693), d. h., dass er systematischen Kategorien folgt.

Leitlinien stellen folgende Fragestellungen dar: „Was könnte passieren?“, „Was könnte wo und/oder wann und wie häufig passieren?“ (Kienholz 1977, Leroi 1996). Die Ergebnisse derartiger Analysen, z. B. die räumliche Verteilung und Ausdehnung von Naturgefahren, werden kartographisch dargestellt.

Erst seit wenigen Jahren wird die Naturgefah-renanalyse durch die Naturrisikoanalyse erweitert. Neben Fragen zum Prozessverlauf des natürlichen Ereignisses sind Informationen zu seinen Auswir-kungen integriert worden. Die klassischen Risikoele-mente wie Gebäude, Industrieanlagen, Verkehrswege und Versorgungsleitungen sind einfach zu verorten und grundsätzlich auch einfach zu monetarisieren. Bedeutend schwieriger wird es, den Menschen in seinen sozialen Beziehungen und Netzwerken ein-zubeziehen. Deshalb wird in der naturwissenschaft-lichen Analyse der „Faktor Mensch“ bestenfalls nur

über das Risiko einer generellen Betroffenheit, einer Verletzung mit unterschiedlichen Graden oder dem Todesfall einbezogen.

Eine weitere Problematik der Übertragung tech-nischer Risikoansätze auf Naturgefahren und -risi-ken liegt darin, dass die natürlichen Prozesse in den meisten Fällen dauerhaft vorhanden sind und dass sie erst durch das Überschreiten einer bestimmten Toleranzgrenze der Intensität (Frequenz und Mag-nitude) zu einer Gefahr werden. Des Weiteren sind Naturgefahren das Resultat einer raum-zeitlichen Entwicklung, sodass nicht immer eine eindeutig zuweisbare und damit beeinflussbare bzw. kontrol-lierbare Quelle identifiziert werden kann. Betrach-tet man das betroffene soziale System als eigenes (Sub-)System gegenüber einem (quasi-)natürlichen System, so ist die Naturgefahr eine Immission, tech-nische Gefahren hingegen werden als Emissionen behandelt. Im Gegensatz zu technischen Systemen, die einer bestimmten Konstruktion folgen, sind die Elemente nicht technischer Systeme einzigartig und Analogieschlüsse somit kritisch zu hinterfragen (Hollenstein 1997). Dies verdeutlicht die Limitati-onen dieses Ansatzes, der trotz dieser Annahmen in seiner Wichtigkeit und Bedeutung nicht unter-schätzt werden darf.

Obwohl die räumliche Risikoanalyse im natio-nalen (> 1:250000), regionalen (1:25000–1:100000) und lokalen Maßstab (< 1:10000) durchgeführt wer-den kann, finden besonders die regionalen und lokalen Untersuchungen eine breitere Anwendung, vor allem jedoch Untersuchungen am Einzelobjekt (Glade 2006). Der zu wählende Maßstab hängt vom Ziel der Untersuchung ab und wird durch die Größe des Untersuchungsgebiets, der Datenverfügbarkeit sowie die zeitlichen und finanziellen Limitationen bestimmt. Eine Auswahl von Gefahren- und Risi-koanalysen geben die Veröffentlichungen von Le-roi (1996), Cruden und Fell (1997), Keylock et al. (1999), World Meteorological Organization (1999), Guzzetti (2000, 2002), Dikau et al. (2001), Glade und Dikau (2001) sowie Plate und Merz (2001).

Es gibt gegenwärtig verschiedenste Methoden, um Risiken qualitativ oder quantitativ zu analy-sieren. Qualitative Methoden wie das Checklis-tenverfahren stellen risikorelevante Ereignisketten innerhalb eines Systems dar und erlauben die Ab-schätzung der Relevanz der Risiken.

Methoden mit eingeschränkten Quantifizie-rungsmöglichkeiten, beispielsweise die Failure Mode and Effect Analysis (FMEA), bewerten Risiken an-hand einer festgelegten Skala und weisen quantitati-ve Risikoindices zu. Diese Ansätze werden auch als semi-quantitativ bezeichnet. In quantitativen An-

3.3 Grundlegende Konzepte der Gefahren – und Risikoforschung 35

3

Felgentreff.indd 35Felgentreff.indd 35 08.06.2007 19:37:1108.06.2007 19:37:11

Page 6: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

sätzen wie der Fehlerbaumanalyse kann, bei ausrei-chender Datenlage, das Systemverhalten abgebildet werden (Hollenstein 1997, Vinnem 1998).

Die naturwissenschaftliche Risikoanalyse ist in Systemabgrenzung und -beschreibung, Gefahren-analyse, Expositions- und Folgenanalyse unterteilt (Heinimann et al. 1998, Kienholz 2005). Nur die ganzheitliche Bearbeitung aller Kompartimente er-laubt dezidierte Aussagen zum Naturrisiko. Da diese Teilbereiche eine zentrale Stellung einnehmen, wer-den sie einzeln im Folgenden kurz charakterisiert.

Systemabgrenzung

Sämtlichen Gefahren- bzw. Risikoanalysen muss eine Systemabgrenzung vorausgehen. Hierzu gehört die Festlegung der zu betrachtenden räumlichen und zeitlichen Skalen. Die Systemabgrenzung hat die Erfassung relevanter Komponenten und Inter-aktionen zum Ziel. Durch diesen Arbeitsschritt wer-den die grundlegenden Informationen bereitgestellt, auf denen sämtliche weitere Arbeiten aufbauen. Ist die Systemabgrenzung inkorrekt oder unvollständig, paust sich das auf alle weiteren Analyseschritte und letztendlich auf die Endresultate durch.

Naturgefahrenanalyse

Die Naturgefahrenanalyse soll die Fragen nach dem Ort und dem Zeitpunkt bzw. der Häufigkeit ei-nes Ereignisses mit einer bestimmten Magnitude beantworten (Kapitel 9). Sie setzt sich somit aus der Gefährdungsanalyse und der Abschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen einer bestimmten Magnitude zusammen.

Der Frage nach dem Ort des Ereignisses kann auf unterschiedlichen Betrachtungsmaßstäben nachgegangen werden, was jeweils spezifische Un-tersuchungsmethoden erfordert (van Westen et al. 2006). Qualitative Methoden wie die Erstellung von Inventaren und heuristische Analysen sind auf al-len Maßstäben möglich und geben Auskunft über die räumliche Verteilung der betrachteten Prozes-se. Inventare können auf Kartierungen, Luftbildern, hochaufgelösten digitalen Höhenmodellen und/oder auf Satellitendaten basieren (Guzzetti et al. 2000). Unter heuristischen Analysen werden Exper-teneinschätzungen verstanden. Der Nachteil dieser Analysemethode besteht in der schwierigen Nach-vollziehbarkeit der Ergebnisse.

Bei gravitativen Massenbewegungen kann die Abschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit ein-

zelner Prozesse auf Basis von historischen Zeitrei-hen, Experteneinschätzungen, Hangstabilitätsmo-dellierungen und Frequenz-Magnitude-Analysen vorgenommen werden (Crozier 1984, Ibsen und Brunsden 1996, Bell 2002, Guzzetti et al. 2003, Lee und Jones 2004). Eine weitere Möglichkeit ist die Bestimmung der Wiederkehrintervalle der auslö-senden Ereignisse, beispielsweise anhand von Nie-derschlägen einer bestimmten Magnitude als Aus-löser von u. a. Hochwasser, Muren oder Hangrut-schungen. So muss bei Muren die Voraussetzung der Sedimentverfügbarkeit erfüllt sein: Sind etwa die Sedimentspeicher durch ein Ereignis ausgeräumt, wird die Eintrittswahrscheinlichkeit eines folgenden Mur-Ereignisses verringert, da dieses nicht nur von den Wiederkehrintervallen der Niederschläge ab-hängt. Die Auffüllrate der Speicher durch Prozesse wie Solifluktion und Hangrückverwitterung, aber auch andere Faktoren, die die Disposition und die Sedimentverfügbarkeit beeinflussen, müssen somit gegebenenfalls berücksichtigt werden (Crozier und Preston 1999, Hungr und Evans 2004, Glade 2005). Quantitative Methoden wie statistische Analysen oder Berechnungen mit Modellen sind vor allem auf großen Maßstäben sinnvoll. In statistischen Analysen werden kartierte Massenbewegungen je nach regionalen Begebenheiten mit Faktoren wie Geologie oder Vegetation überlagert, woraus Anfäl-ligkeitswahrscheinlichkeiten berechnet werden. Auf der lokalen Skale werden Modellierungen der zu untersuchenden Prozesse genutzt, wobei für die Ein-zelbewertung von gefährlichen Prozessen im Raum statistische oder prozessbasierte Modelle zur Verfü-gung stehen. Beispielsweise lassen sich bei gravitati-ven Massenbewegungen mit Prozessmodellen die potenziellen Wirkungsbereiche als Start- (Anrissge-biet), Transport- (Bewegungsbahn) und Akkumula-tionsbereich (Ablagerungsgebiet) darstellen.

Neben den gravitativen Massenbewegungen sind auch für andere Prozesse zusätzlich zur ki-netischen Energie, zur Geschwindigkeit und zum Volumen besonders die Parameter Reichweite und Auslaufstrecke für die Naturgefahrenanalyse und letztlich für die abschließende Risikoberechnung oder -abschätzung entscheidend (McClung 2000, 2001, Fuchs et al. 2001, Jóhannesson et al. 2002). Bei prozessbasierten Modellen werden numerische An-sätze verfolgt, Dispositionsmodelle weisen durch Parameterkombinationen die gefährdeten Bereiche über Extrapolation aus (Stötter et al. 1999). Je detail-lierter die Modelle einen Prozess potenziell nachbil-den können, desto mehr Eingangsdaten benötigen sie, die jedoch oft nicht oder nur in unzureichender Güte vorhanden sind.

36 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3

Felgentreff.indd 36Felgentreff.indd 36 08.06.2007 19:37:1108.06.2007 19:37:11

Page 7: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

Eine qualitative Einschätzung der Anwendungs-möglichkeiten der verschiedenen methodischen Ansätze ist am Beispiel der gravitativen Massenbe-wegungen in Tabelle 3.2 zusammengefasst.

Die am Beispiel der gravitativen Massenbewe-gungen getroffenen Aussagen können auch auf an-dere Prozessbereiche übertragen werden. Während lokale Ansätze somit auf detaillierten, geländespe-zifischen Untersuchungen aufbauen und meist auf den in Prozessmodellen kalkulierten Ergebnissen basieren, liefern regionale Ansätze generalisieren-de, qualitative oder statistisch gestützte Aussagen. Trotz der größeren Unsicherheiten ist der regionale Überblick für die Raumplanung und für Raumord-nungsverfahren von übergeordneter Bedeutung, da identifizierte kritische Gebiete bei Bedarf detaillier-ter untersucht werden können.

Die über die in der Gefährdungsanalyse und die Berechnung der Eintrittswahrscheinlichkeit ge-wonnenen Ergebnisse können in Gefahrenklassen eingeteilt werden, die in Gefahrenkarten als einzelne Zonen dargestellt werden. In den einzelnen Zonen gelten jeweils bestimmte Nutzungsvorschriften (Pe-trascheck und Kienholz 2003).

Ein Vorteil der Erstellung dieser Gefahrenzo-nenpläne auf der Basis prozessbasierter Modellie-rungen gegenüber expertenbasierten Kartierungen liegt in der Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Gefahrenanalyse (Stötter et al. 1999). Die Modellierungen dienen somit einer ob-jektivierten Gefahrenbewertung.

Expositions- und Folgenanalyse

Das Ergebnis der auf die Gefahrenanalyse folgenden Expositionsanalyse ist die Erfassung und Auswei-sung potenzieller Schadenobjekte sowie ihres Ver-

haltens in Raum und Zeit. Die Folgenanalyse bildet über die Berechnung oder Abschätzung des Risikos den Abschluss der Risikoanalyse (Hollenstein 1995, Kienholz 2005). Die qualitative Abschätzung des Risikos ist eine nicht mathematische Beschreibung des Systems. Beispiele für qualitative Risikoanaly-sen sind die Risk Assessment Matrix (RAM) und die Hazard Consequence Matrix (Anbalagan und Singh 1996, Flentje und Chowdhury 2000).

Wird das Risiko quantitativ bestimmt (Chung und Fabbri 2005), geschieht dies über eine Wahr-scheinlichkeitsrechnung für bestimmte Ereignisse und einer daraus resultierenden Berechnung des Risikos. Die quantitative Bestimmung des Risikos ist jedoch bisher häufig nur auf der lokalen Skale möglich bzw. sinnvoll. Das Risiko wird generell nach folgender Gleichung berechnet:R = f (H, C), mitR = Risiko, das sich auf zu erwartende Todesfälle

und Verletzte bezieht, sowie auf monetäre Einbußen durch bauliche Schäden oder durch Unterbrechungen der ökonomischen Produk-tivität.

H = Naturgefahr, definiert als die Wahrschein-lichkeit des Auftretens eines potenziell scha-denbringenden Ereignisses zu einer spezifi-schen Zeit, an einem bestimmten Ort und mit einer vorgegebene Stärke.

C = Konsequenzen, die sich aus dem Schadenpo-tenzial der betroffenen Risikoelemente (z. B. ihr maximaler ökonomischer Wert) sowie deren Vulnerabilität zusammensetzen. Unter Vulnerabilität wird im naturwissenschaftli-chen Sinne die von der Magnitude des Ereig-nisses abhängige Wahrscheinlichkeit verstan-den, dass das Risikoelement komplett zerstört wird, ausgedrückt auf einer Skala von 0 (kein Schaden) bis 1 (komplette Zerstörung).

3.3 Grundlegende Konzepte der Gefahren – und Risikoforschung 37

3Tab. 3.2 Qualitative Einschätzung der Anwendungsmöglichkeiten unterschiedlicher methodischer Ansätze

in der Naturgefahrenanalyse gravitativer Massenbewegungen (basierend auf van Westen und Terlien 1996,

erweitert durch Glade und Crozier 2005).

Maßstab Qualitative Methoden Quantitative Methoden

Inventar heuristische

Analysen

statistische (probabi-

listische) Analysen

prozessbasierte und

numerische Analysen

< 1:10000 ja ja ja ja

1:10000–1:100000 ja ja ja möglich

1:100000–1:500000 ja ja möglich nein

> 1:750000 ja ja nein nein

Felgentreff.indd 37Felgentreff.indd 37 08.06.2007 19:37:1108.06.2007 19:37:11

Page 8: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

Die Vulnerabilität ist somit sowohl von den Eigen-schaften der Risikoelemente als auch von dem be-trachteten Prozess und seiner Magnitude abhängig. Die Vulnerabilität eines definierten Risikoelements (z. B. ein Haus, eine Person) lässt sich beispielsweise gegenüber Hochwasser noch relativ einfach als eine Funktion von Überflutungshöhe und -dauer so-wie Fließgeschwindigkeit bestimmen, während die Vulnerabilität gegenüber gravitativen Massenbewe-gungen von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist, z. B. dem Prozesstyp, der Geschwindigkeit, der Magnitude und der Dauer, aber auch der Lokali-tät des Risikoelements relativ zur sich bewegenden Masse oder seiner Mobilität (z. B. eine Person, ein Fahrzeug oder ein Haus) (Dikau et al. 2001). Des Weiteren weisen unterschiedliche Risikoelemente unterschiedliche Vulnerabilitäten auf (Fell 1994, Ka-pitel 7). Zur Vereinfachung wird deshalb oftmals von der schlimmsten Annahme ausgegangen, dass das Risikoelement durch den jeweiligen Prozess vollständig zerstört wird (Davertzhofen 2000).

Bei der Ermittlung des Schadenpotenzials wird zumeist zwischen Personen und Sachwerten sowie

direktem und indirektem Schadenpotenzial un-terschieden, wobei aufgrund der Komplexität der Analyse der Schwerpunkt auf der Abschätzung des direkten Schadenpotenzials liegt (Heinimann et al. 1998). Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Ver-änderung des Schadenpotenzials in der Zeit (Fuchs et al. 2004, Keiler 2004), da dies die Basis für Un-tersuchungen über die zeitliche Entwicklung des Risikos bilden kann (Hufschmidt et al. 2005).

Das aus obiger Formel berechnete Risiko wird entweder in Todesfallwahrscheinlichkeit pro Jahr oder in einem Geldwert pro Jahr ausgedrückt. Die Risikogleichung hat die relativ leichte Berechen-barkeit des Risikos zum Vorteil (Abb. 3.2), der Nachteil ist jedoch, dass die Verantwortlichkeit des sozialen Systems für das resultierende Risiko außer Acht gelassen wird (Tobin und Montz 1997, Dikau und Weichselgartner 2005). Aus dieser Li-mitierung resultiert aber auch die bisher zumeist praktizierte Vorgehensweise, technische Maßnah-men zu propagieren, um Einfluss auf das physika-lische System zu nehmen, nicht aber auf das soziale (Kasten 3.1).

38 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3

Kasten 3.1

Hongkong

In Hongkong leben heute auf einer Fläche von

rund 1090 km2 etwa 6,9 Millionen Menschen,

was einem Anstieg um rund 5 Millionen seit 1948

entspricht. Daraus resultiert eine hohe Bebau-

ungsdichte auf Hongkong Island, der Halbinsel

Kowloon sowie in den neu entstandenen Städ-

ten der New Territories. Diese starke Bebauung

war ohne immer tiefere Eingriffe in die Hänge

nicht möglich, so dass in Hongkong mittlerweile

etwa 60000 Böschungen (künstlich geschaffene

Hänge) im bis zu 100 m tiefen Saprolith existieren

(Abb. 3.3). Diese Böschungen sind u. a. deshalb

äußerst anfällig für Massenbewegungen, da rund

zwei Drittel von ihnen ohne Fachkenntnis abge-

graben wurden. Auslöser der Massenbewegun-

gen sind häufig Niederschläge. Im Durchschnitt

treten im Stadtgebiet 200 bis 300 Rutschungen

im Jahr auf. Allein zwischen 1950 und 1997 for-

derten einzelne Rutschungen insgesamt mehr als

470 Menschenleben.

Infolge etlicher Hangrutschungen mit zum

Teil katastrophalen Folgen in den 1970er-Jahren

wurde 1977 das Geotechnichal Engineering Of-

fice (GEO) gegründet. Dessen Aufgabenbereiche

sind vor allem in die Bereiche der Vorbeugung

und Vorbereitung einzuordnen und umfassen:

•• Stabilitätsuntersuchungen an Gebäuden und

Böschungen,•• Planung und Durchführung von Präventions-

maßnahmen,•• Empfehlungen von Schutzmaßnahmen an Pri-

vateigentümer,•• Entwicklung von Sicherheitsstandards,•• Entwerfen und Anlegen neuer Oberflächen,•• Bau von Stützmauern, Auffangbecken, Schutz-

wällen und Drainagen,•• Evakuierung der Slumgebiete,•• Frühwarnung ab bestimmten Niederschlags-

mengen,•• Forschung.

Für diese von GEO angeordneten bzw. durch-

geführten Maßnahmen wurden zwischen den

1970er- und 1990er-Jahren rund 3 Milliarden HK

Dollar ausgegeben. Allein im Jahr 1999 mussten

ca. 800 Millionen HK Dollar aufgebracht werden.

Seit Ende der 1990er-Jahre wurden diese weit-

gehend technischen Ansätze und Maßnahmen

durch Modellierungen, quantitative Risikoana-

lyse, Risikobewertung und Erhöhung der Risiko-

wahrnehmung durch Information und Schulung in

Richtung eines Risikomanagements erweitert.

Felgentreff.indd 38Felgentreff.indd 38 08.06.2007 19:37:1108.06.2007 19:37:11

Page 9: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

3.3 Grundlegende Konzepte der Gefahren – und Risikoforschung 39

3

Abb. 3.2 Schematisches Beispiel einer Risikoberechnung (Bell und Glade 2004).

Abb. 3.3 Betonierte Böschung in

Hongkong (Foto: Thomas Glade).

Felgentreff.indd 39Felgentreff.indd 39 08.06.2007 19:37:1108.06.2007 19:37:11

Page 10: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

Laut Weichselgartner (2001) sind exakt quanti-fizierte Risiken nicht nötig. Dies setzt allerdings die Akzeptanz voraus, dass•• vollständige Prävention von Naturgefahren nicht

möglich ist,•• interne Strukturen und Prozesse eines sozialen

Systems beachtet werden müssen und•• die Reduktion von Vulnerabilität ein konstanter

Prozess ist, der beständig überprüft, bewertet und modifiziert werden muss.

Qualitative Ansätze im Sinne der Identifizierung von Gefahrenbereichen sowie von verschiedenen Gefahrentypen und deren potenzielle Schäden sind diesem Gedanken zufolge ausreichend, um die not-wendigen Maßnahmen zur Reduzierung zukünfti-ger Schäden einleiten zu können (Weichselgartner 2001). Die Entscheidung, ob ein quantitativer oder ein qualitativer Ansatz verfolgt wird, ist des Weite-ren von der gewünschten Genauigkeit der Ergebnis-se, der räumlichen Skale, der Problemstellung und von der Qualität und Quantität der zur Verfügung stehenden Daten abhängig (Dai et al. 2002).

3.4 Management von Naturrisiken

Die Naturrisikoanalyse im Rahmen des Risikoma-nagements (Abb. 3.2) trägt dazu bei, potenzielle Schadensereignisse und ihre Auswirkungen zu er-mitteln und mögliche Schadengebiete auszuweisen. An diesen Lokalitäten können über vorbeugende Maßnahmen entweder aktiv (z. B. durch Schutzbau-ten) oder passiv (z. B. durch die Ausweisung und Meidung von Gefahrenzonen) die Auswirkungen gefährlicher Prozesse reduziert oder verhindert wer-den (Tab. 3.3). Das übergeordnete Ziel ist der Schutz von Menschenleben und Sachwerten. Smith (2001, S. 55) betont jedoch: »risk management means re-ducing the threats posed by known hazards, whilst simultaneously accepting unmanageable risks, and maximising any related benefits«.

Da die Anfänge der Risikoforschung jedoch auf technisch-naturwissenschaftliche Ansätze zurückge-hen und die dort gewonnenen Erkenntnisse auch zu-nächst auf die Naturgefahrenproblematik übertragen wurden, lag in der Konsequenz der Schwerpunkt auf technischen Lösungsansätzen. Diesen liegen statis-tisch-deterministisch gewonnene Bemessungsgrößen zugrunde (Heinimann 1995). Inzwischen wird ver-mehrt dazu übergegangen, präventiv-raumplaneri-

sche Ansätze dem bisherigen Maßnahmenkatalog hinzuzufügen (Schaller 2003) (Kasten 3.1 und 3.2).

Weiterhin sind sowohl in der Risikoforschung als auch bezüglich der Umsetzung der wissenschaft-lichen Erkenntnisse in die Praxis die Forschungsbe-reiche bzw. die Verantwortlichkeiten für die diver-sen Handlungsmöglichkeiten auf zahlreiche Akteure verteilt (Abb. 3.4), wodurch ein beträchtlicher Er-kenntnis- und Effizienzverlust entstehen kann. Dies gilt vor allem für kleinskalige Ansätze, denn zumeist besteht nur auf lokaler Ebene die nötige Bündelung der Kompetenzen in der Praxis und eine befriedi-gende Datenlage für die Forschung (Greiving 2002, Fleischhauer et al. 2006).

Die Schweizer Nationale Plattform Naturgefahren (PLANAT) legt in ihrer Strategie zur Sicherheit vor Naturgefahren einen Schwerpunkt auf das integra-le Risikomanagement (PLANAT 2004). Innerhalb dieses holistisch ausgerichteten Ansatzes werden die Risiken, die aus Naturgefahren hervorgehen, in einen „Gesamtkontext aller Risiken (einschließlich techni-sche, ökologische, wirtschaftliche, gesellschaftliche)“ gestellt (PLANAT 2004, S. 7, Kapitel 23). Auch die gegenwärtigen gesellschaftlichen Herausforderungen der Nachhaltigkeit, der Zunahme und räumlichen Konzentration der Weltbevölkerung und der damit verbundenen zunehmenden Siedlungsfläche sowie der zunehmenden Verwundbarkeit von Gesellschaf-ten durch die starke Vernetzung ihrer Komponen-ten, z. B. der Wirtschaft und der Kommunikation, werden berücksichtigt. Dabei muss ein akzeptiertes

40 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3

Abb. 3.4 Kreislauf des Risikomanagements (verän-

dert nach Dikau und Weichselgartner 2005).

Felgentreff.indd 40Felgentreff.indd 40 08.06.2007 19:37:1208.06.2007 19:37:12

Page 11: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

3.4 Management von Naturrisiken 41

3Tab. 3.3 Vergleich verschiedener natürlicher Prozessbereiche und der entsprechenden Ansätze des Risiko-

managements. Im Idealfall kommen die jeweiligen Einzelmaßnahmen kombiniert zur Anwendung (nach Dikau

und Weichselgartner 2005).

Prozessbereich Risikomanagement

Sturmprozesse • Naturgefahrenkarten, z. B. für Küstenzonen als Karten der Überflutungshöhen

• Frühwarnung durch die jeweiligen nationalen meteorologischen Dienste, z. B.

Auskunft über weitere Wege und (zeitliche Entwicklung der) Windgeschwindig-

keiten

• Schutzbauten, z. B. Betongebäude auf Pfeilern

• raumplanerische Maßnahmen, z. B. Bebauungsverbote oder Bauvorschriften

• ingenieurtechnische Maßnahmen an bestehenden Gebäuden, z. B. Sicherung

von Dächern

• Schulung, Ausbildung, Information

Überschwemmungen • Schutzbauwerke, z. B. Deiche

• Gefährdungskarten, z. B. Überschwemmungshöhe und -fläche , Fließ-

geschwindigkeit, Wiederkehrintervalle

• Sicherung bzw. Rückgewinnung natürlicher Überschwemmungsflächen

• Frühwarnung mittels Hochwassermeldesysteme und Modellierungen

• raumplanerische Maßnahmen, z. B. Bebauungsverbote oder Bauvorschriften

• Schulung, Ausbildung, Information

Dürren • Frühwarnung anhand von Dürreindikatoren

• Naturgefahrenzonierungen und Risikobewertung zur Ausweisung gefährdeter

Regionen und Bevölkerungsgruppen

• weitere Vorsorgemaßnahmen, z. B. Vorratshaltung, Katastrophenpläne

Erdbeben • Naturgefahrenkarten

• Raumplanung und Bauvorschriften

• Katastrophenpläne

• Frühwarnung, z. B. probabilistische und deterministische Erdbebenvorhersage

• Schulung, Ausbildung, Information

Vulkanausbrüche • Naturgefahrenkarten auf Basis von Expertenwissen und Analyse vergangener

Ereignisse; Art, Ablagerungshöhen und Reichweiten der Auswurfprodukte

• raumplanerische Maßnahmen, z. B. Nutzungsverbote und Bauvorschriften

• Frühwarnung, v. a. anhand von Vulkanüberwachung

Tsunamis • Naturgefahrenkarten, z. B. auf Basis möglicher Tsunami-Auslöser (Erdbeben

etc.), Auftretenswahrscheinlichkeit, historische Zeugnisse und/oder Modellie-

rungen

• Frühwarnung auf Basis verschiedenster Messverfahren

• raumplanerische Maßnahmen, z. B. Bebauungsverbote oder Bauvorschriften

• Schutzbauten und Küstenschutzmaßnahmen (z. B. Schutzmauern)

• Schutz von Mangrovenwäldern und Korallenriffen

• Schulung, Ausbildung, Information

gravitative Massen-

bewegungen

• Naturgefahrenkarten, z. B. auf Basis rekonstruierter historischer Ereignisse

und/oder Modellierungen

• raumplanerische Maßnahmen, z. B. Bebauungsverbote und Bauvorschriften

• Frühwarnung, z. B. durch Kombination von Gefahrenhinweiskarten mit Nieder-

schlagsvorhersage oder durch Monitoring

• geotechnischer Verbau, z. B. Schutzdämme, Schutzmauern und Entwässe-

rungssysteme

Felgentreff.indd 41Felgentreff.indd 41 08.06.2007 19:37:1208.06.2007 19:37:12

Page 12: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

Sicherheitsniveau nach einheitlichen Kriterien ge-währleistet sein, vorhandene Risiken vermindert und weitere Risiken vermieden werden sowie die zur Verfügung stehenden Mittel zur Risikoreduktion ef-fektiv und effizient eingesetzt werden. Das integrale Risikomanagement strebt somit an, Risiken mit einer optimalen Kombination aus technisch, ökonomisch, gesellschaftlich und ökologisch vertretbaren Schutz-massnahmen zu reduzieren (Kasten 3.2).

3.5 Zukünftige Forschungsfelder

Die zukünftigen Forschungsfelder in der Naturge-fahren- und Naturrisikoanalyse sind vielschichtig. In den vorherigen Ausführungen ist bereits verdeut-

licht worden, dass eine alleinige Bearbeitung der „Naturgefahr“ und des „Naturrisikos“ nicht mehr ausreichend ist. Deshalb bieten sich neue Konzepte an, die neben der Analyse des „Naturrisikos“ eine noch stärkere holistische Ausrichtung verlangen und besonders die Einbindung der so genannten stakeholders vom Beginn des Bearbeitungsprozesses der Naturrisiken integrieren. Ein solches Konzept stellt der Ansatz der Risikosteuerung (risk gover-nance) dar. Die Risikosteuerung erfordert, mittels ei-ner Präsentation des „Experten“-Wissens und einer Vorgabe von klaren Managementmöglichkeiten un-terschiedliche Optionen gemeinsam zu entwickeln und somit ein nachhaltiges Konzept zu entwickeln und tragfähig umzusetzen, das speziell an die jewei-ligen Bedürfnisse angepasst ist.

Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld basiert auf der Feststellung, dass natürliche und soziale Systeme kontinuierlichen Veränderungen unterliegen. Dies

42 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3 Kasten 3.2

Beispiel gravitative Massenbewegungen

Der Umgang mit Naturgefahren durch Massenbe-

wegungen (z. B. Steinschläge, Hangrutschungen,

Muren) ist weitgehend geprägt durch bauliche

Maßnahmen, die die potenziell gefährdeten Ob-

jekte durch entweder strukturelle Verbesserun-

gen (z. B. verstärkte Fundamente) oder andere

geotechnische Maßnahmen, wie Auffangbecken

oder Verankerungen im Untergrund, schützen

sollen. Ein weiteres Instrument der Risikovor-

sorge bei gravitativen Massenbewegungen sind

aktive Frühwarnsysteme, die über das direkte

Monitoring geschehen, beispielsweise mittels In-

klinometer oder Drahtextensometer. Präventive

Maßnahmen, wie die Aufklärung der Betroffe-

nen, sind ebenfalls bedeutsam (Glade und Dikau

2001). Für Vorsorgemaßnahmen bestehen somit

zwar die methodischen und technischen Möglich-

keiten, sie finden aber in der Praxis oftmals nicht

die Anwendung, die wünschenswert wäre (Dikau

et al. 2001).

In den Alpenländern kam bereits Mitte des

letzten Jahrhunderts Zweifel auf, ob mit inge-

nieurtechnisch ausgerichteten Maßnahmen auf

Dauer ein ausreichender Schutz gewährleistet

werden kann, vor allem auch hinsichtlich der

Kosten für den Bau und die Unterhaltung dieser

geotechnischen Maßnahmen. Daher setzt man

in alpinen Gebieten mehr und mehr auf passive

Maßnahmen in Form von Gefahrenzonenplanun-

gen, welche heute innerhalb der Raumplanung

eine immer bedeutendere Rolle spielen. Deren

Ziel ist es, eine Nutzung bzw. Erschließung der

Zonen gesetzlich zu reglementieren.

Auch internationale Appelle verfolgen dieses

Ziel. Die 1990er-Jahre wurden durch die Verein-

ten Nationen zur International Decade for Natural

Disaster Reduction (IDNDR) ausgerufen, in der es

ein erklärtes Ziel war, die Gefährdung durch natür-

liche Extremereignisse abzuschätzen und in Form

von Gefahrenzonenplänen darzustellen (Dikau et

al. 2001). Dieses Ziel wird nach wie vor von der

UN-Nachfolgeinitiative International Strategy for

Disaster Reduction (ISDR) in den Vordergrund der

Bemühungen gestellt. In diesem Zusammenhang

ist festzustellen, dass derzeit ein Umdenkprozess

stattfindet, der unter den Stichworten „Von der Re-

aktion zur Prävention“ von Kofi Annan zusammen-

gefasst wurde und die Forderung nach präventiven

Maßnahmen verstärkt, deren Umsetzung jedoch

nur begrenzt erfolgt. Zwar wurde in der Schweiz

auf der Ebene der Legislative ein solcher Ansatz

vorbildlich ausgearbeitet (Heinimann 1999a, b),

jedoch findet eine Umsetzung momentan nur in

einigen Schweizer Kantonen statt (Bollinger et

al. 2000, Geisseler 2003, Rohner 2003). Auch in

Österreich und Südtirol bestehen entsprechende

präventive Maßnahmen (Stötter et al. 1999, Fuchs

et al. 2001). In beiden Fällen gestaltet sich jedoch

die Umsetzung aufgrund der vielfältigen Interes-

senkonflikten als sehr schwierig.

Felgentreff.indd 42Felgentreff.indd 42 08.06.2007 19:37:1208.06.2007 19:37:12

Page 13: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

ist jedoch meist in den durchgeführten Kalkulati-onen und Modellierungen nicht darstellbar. Sol-che Änderungen des natürlichen Systems sind bei-spielsweise veränderte Niederschlagscharakteristika, Landnutzungsänderungen oder langsame Verände-rungen der Bodeneigenschaften durch fortschrei-tende Verwitterung. Das soziale System verändert sich u. a. durch den Bau neuer Versorgungsleitun-gen, Ausbau der Industriegebiete oder Neuauswei-sungen von Wohngebieten. Diese seit neuestem un-ter dem Begriff der Risikoevolution verstandenen Veränderungen finden nicht nur gleichzeitig statt, sondern sie verändern sich mit unterschiedlichen Raten in bestimmten Zeiträumen und – noch weiter erschwerend – beeinflussen sich auch gegenseitig. Dieser Sachverhalt ist bisher weder grundsätzlich konzeptionell noch – bis auf wenige Ausnahmen – empirisch bearbeitet worden und stellt somit eine große Herausforderung dar.

Besonders die letzten großen Naturkatastrophen wie Hurrikan Katrina haben zudem verdeutlicht, dass Schadensereignisse nicht nur vereinzelt, son-dern häufig in Kombination auftreten. Daraus folgt, dass sich auf einen Prozess fokussierende Ansätze nicht mehr ausreichend sind, so wie die ausschließ-liche Betrachtung von Überschwemmungen. Bei-spielsweise müssen hierbei genauso die Sediment-belastungen mitberücksichtigt werden, die sich wie-derum durch den Materialeintrag von gravitativen Massenbewegungen extrem erhöhen können. Da-durch kann eine Überschwemmung gegebenenfalls ganz andere Charakteristika erhalten, da die Fluten durch das mitgeführte Sediment oder Treibgut (z. B. entwurzelte Bäume) viel zerstörerischer wirken kön-nen. Folglich muss dahingehend gearbeitet werden, neben den Einzelprozessen auch die Wechselwir-kungen zwischen den Einzelprozessen stärker in den Vordergrund zu stellen. Um bei dem vorigen Bei-spiel zu bleiben, sollten folglich in entsprechend dis-ponierten Gebieten neben den Überschwemmungen auch die durch die gleichen Starkniederschläge aus-gelösten gravitativen Massenbewegungen betrachtet werden. Nur eine solche ganzheitliche Betrachtung führt zu einer zukunftsorientierten und nachhalti-gen Lösungsstrategie, da ein Problem der bisherigen Herangehensweise darin liegt, Naturgefahren sekto-ral bzw. disziplinär zu untersuchen. Es stellt sich die Frage, inwiefern diese Herangehensweise eine Not-wendigkeit ist, um vorhandene Systemkomplexität zu reduzieren, oder ob Alternativen vorhanden sind bzw. entwickelt werden können. Hierzu zählen die neuen Multi-Hazard und Multi-Risk-Ansätze.

Erschwerend kommt zu allen bisher identifizier-ten Forschungsfeldern hinzu, dass das häufig als

gegeben angenommene Leitprinzip „the past is the key to the future“ in der angenommenen Uneinge-schränktheit nicht mehr gültig ist. Es ist fraglich, ob frühere, rekonstruierte Zusammenhänge heute bzw. zukünftig noch eine Gültigkeit besitzen, da sich die zugrunde liegenden Parameter massiv ge-ändert haben können. Es stellt sich des Weiteren die grundlegende Frage, ob mit moderner Technik in jüngerer Zeit erhobene Daten und analysierte Zu-sammenhänge, die somit eine vergleichsweise kurze Zeitspanne repräsentieren, in die Zukunft bzw. auf lange Zeiträume extrapoliert werden dürfen, da sie nicht unbedingt repräsentativ für das langfristige Systemverhalten sind. Vielmehr muss neben den die Risikoanalyse leitenden Fragen, was wann wo passieren kann, auch die Frage gestellt werden, was passieren kann, wenn sich bestimmte Faktoren di-rekt oder indirekt verändern oder verändert werden. In anderen Worten: Ändert sich das zeitliche und räumliche Auftreten und die Magnitude der Natur-gefahr und des Naturrisikos? Diese Frage sollte noch stärker als bisher in die aktuelle Risikoforschung eingebunden werden.

Zusammenfassung

Die naturwissenschaftliche Risikoforschung be-

ruht zu weiten Teilen auf dem ingenieurtechni-

schen Ansatz der Risikoanalyse und wird seit den

1990er-Jahren in Richtung des Risikomanage-

ments weiter entwickelt, d. h. auf das Mensch-

Umwelt-System ausgedehnt. Naturgefahren und

-risiken im engeren Sinne, wie es die Begriffe

suggerieren, existieren demnach nicht, da sie das

Resultat von Wechselwirkungen zwischen sozia-

len und physikalischen Systemen sind.

Es gibt verschiedenste Methoden, um Risiken

qualitativ und quantitativ zu analysieren, die je-

weils auf verschiedenen räumlichen Skalen ihre

Anwendung finden. Wird das Risiko quantitativ

bestimmt, geschieht dies über eine Wahrschein-

lichkeitsrechnung für bestimmte Ereignisse und

einer daraus resultierenden Berechnung des Risi-

kos. Die quantitative Bestimmung des Risikos ist

jedoch bisher zumeist nur auf der lokalen Skale

möglich bzw. sinnvoll. Das Risiko wird im Allge-

meinen nach der Gleichung R = f (H,C) berechnet.

Das aus dieser Formel berechnete Risiko wird

entweder in Todesfallwahrscheinlichkeit pro Jahr

oder in einem Geldwert pro Jahr ausgedrückt.

Die Naturrisikoanalyse trägt dazu bei, poten-

zielle Schadensereignisse und ihre Auswirkun-

3.5 Zukünftige Forschungsfelder 43

3

Felgentreff.indd 43Felgentreff.indd 43 08.06.2007 19:37:1208.06.2007 19:37:12

Page 14: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

gen zu ermitteln und mögliche Schadengebiete

auszuweisen. An diesen Lokalitäten können im

Rahmen eines Risikomanagements über vorbeu-

gende Maßnahmen die Auswirkungen gefährli-

cher Prozesse reduziert oder verhindert werden.

Da die Anfänge der Risikoforschung auf die In-

genieurtechnik zurückgehen, lag in der Konse-

quenz auch in der praktischen Umsetzung der

Schwerpunkt auf technischen Lösungsansätzen.

Inzwischen wird vermehrt dazu übergegangen,

präventiv-raumplanerische Ansätze dem bisheri-

gen Maßnahmenkatalog hinzuzufügen.

Schlüsselsätze

Der geographisch-naturräumliche Ansatz ist

interdisziplinär angelegt, da er Naturgefahren

als Resultat von Wechselwirkungen der natür-

lichen Umwelt mit dem Menschen und seinen

Belangen ansieht und die jeweiligen Auswir-

kungen in den beiden Systemen sowie den

gesellschaftlichen Gesamtkontext betrachtet.

Mittels Risikoformeln lässt sich das Risiko

relativ leicht berechnen, doch wird die Ver-

antwortlichkeit des sozialen Systems für das

resultierende Risiko außer Acht gelassen. Aus

dieser Limitierung resultiert auch die bisher

zumeist praktizierte Vorgehensweise, techni-

sche Maßnahmen zu propagieren, um Einfluss

auf das physikalische System zu nehmen,

nicht aber auf das soziale.

Naturgefahr im engeren Sinne, wie es das

Wort suggeriert, existiert nicht, da erst die

Wechselwirkungen zwischen sozialen und

physikalischen Systemen in einer Gefahr re-

sultieren.

Literatur

Akademie für Raumforschung und Landesplanung

(Hrsg) (1995) Handwörterbuch der Raumordnung.

Akademie für Raumforschung und Landschaftspla-

nung. Hannover

Anbalagan R, Singh B (1996) Landslide hazard and risk

assessment mapping of mountainous terrains – a

case study from Kumaun Himalaya, India. Enginee-

ring Geology 43: 237–246

Barrows HH (1923) Geography as Human Ecology.

Annals of the Association of American Geographers

13(1): 1–14

Baxter PJ, Neri A, Todesco M (1998) Physical Modelling

and Human Survival in Pyroclastic Flows. Natural

Hazards 17(2): 163–176

Bell R (2002) Landslide and snow avalanche risk analy-

sis – methodology and its application in Bíldudalur,

NW Iceland. Dep. of Geography. Rheinische-Fried-

rich-Wilhelms-Universität, Bonn

Bell R, Glade T (2004) Quantitative risk analysis for

landslides – Examples from Bíldudalur, NW-Iceland.

Natural Hazard and Earth System Science 4(1):

117–131

Bollinger D, Buri H, Della Valle G, Hegg Ch, Keusen

HR, Kienholz H, Krummenacher B, Mani P, Roth

H (2000) Gefahrenhinweiskarte des Kanton Bern.

Internationales Symposion INTERPRAEVENT 2000,

Villach, Bd. 2, 189–200

Chung, CJF, Fabbri AG (2005) Systematic procedures

of landslide hazard mapping for risk assessment

using spatial prediction models. In: Glade T, Ander-

son M, Crozier MJ (Hrsg) Landslide hazard and Risk.

John Wiley & Sons Ltd., Chichester, 139–174

Crozier M, Preston N (1999) Modelling changes in

terrain resistance as a component of landform evo-

lution in unstable hill country. Lecture Notes in Earth

Sciences 78: 267–284

Crozier, MJ (1984) Field assessment of slope instability.

In: Brunsden D, Prior DB (Hrsg) Slope Instability.

John Wiley & Sons Ltd, London, 103–142

Cruden DM, Fell R (Hrsg) (1997) Landslide risk assess-

ment – Proceedings of the Workshop on Landslide

Risk Assessment, Honolulu, Hawaii, USA, 19-21

February 1997. A.A. Balkema, Rotterdam & Brook-

field

Cutter SL, Mitchell JT, Scott MS (2000) Revealing the

Vulnerability of People and Places: A Case Study

of Georgetown County, South Carolina. Annals of

the Association of American Geographers 90(4):

713–737

Dai FC, Lee CF, Ngai YY (2002) Landslide risk assess-

ment and management: an overview. Engineering

Geology 64(1): 65–87

Davertzhofen U (2000) Risikoanalyse in Rheinhessen.

Dep. of Geography, Universität Bonn, Bonn

Dikau R, Stötter J, Wellmer FW, Dehn M (2001) Mas-

senbewegungen. In: Plate EJ, Merz B (Hrsg) Natur-

katastrophen – Ursachen, Auswirkungen, Vorsorge.

Stuttgart, 115–138

Dikau R, Weichselgartner J (2005) Der unruhige Pla-

net. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darm-

stadt

Dilley M, Chen RS, Deichmann U, Lerner-Lam AL, Ar-

nold M (2005) Natural Disaster Hotspots: A global

Risk Analysis, World Bank, Washington

Fell R (1994) Landslide risk assessment and accep-

table risk. Canadian Geotechnical Journal 31(2):

261–272

Fleischhauer M, Greiving S, Wanczura S (Hrsg) (2006)

Natural Hazards and Spatial Planning in Europe,

Dortmunder Vertrieb für Bau- und Planungsliteratur,

Dortmund

Flentje P, Chowdhury R (2000) Slope instability, hazard

and risk associated with a rainstorm event – a case

44 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3

Felgentreff.indd 44Felgentreff.indd 44 08.06.2007 19:37:1308.06.2007 19:37:13

Page 15: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

study. Landslides in research, theory and practice,

Proceedings of the 8th International Symposium on

Landslides, 26–30 June 2000, Cardiff

Fuchs S, Bründl M, Stötter J (2004) Development of

avalanche risk between 1950 and 2000 in the Mu-

nicipality of Davos, Switzerland. Natural Hazard and

Earth System Science 4: 263–275

Fuchs S, Keiler M, Zischg A (2001) Risikoanalyse Obe-

res Suldental, Vinschgau, Konzepte und Methoden

zur Erstellung eines Naturgefahrenhinweis-Informa-

tionssystems. Selbstverlag des Instituts für Geogra-

phie der Universität Innsbruck, Innsbruck

Geisseler Z (2003) Wenn der Berg kommt und der

Rheinpegel steigt – Gefahrenkarten. Schaffhau-

sener Nachrichten, Ausgabe 10.01.2003, Schaff-

hausen

Glade T (2005) Linking debris-flow hazard assessments

with geomorphology. Geomorphology 66(1-4): 189–

213

Glade T (2006) Regionale Modellierungsmethoden gra-

vitativer Massenbewegungen in der Gefahren- und

Risikoforschung. In: Forschungsstelle Rutschungen:

Rutschungen in W- und SW-Deutschland. 29.–30.

Juni 2006, Mainz, Deutschland

Glade T, Crozier MJ (2005) A review of scale depen-

dency in landslide hazard and risk analysis. In:

Glade T, Anderson M, Crozier MJ (Hrsg) Landslide

hazard and Risk. John Wiley & Sons Ltd., Chiches-

ter, 75–138

Glade T, Dikau R (2001) Gravitative Massenbewegungen

– vom Naturereignis zur Naturkatastrophe Peter-

manns Geographische Mitteilungen 145(6): 42–55

Greiving S (2002) Räumliche Planung und Risisko. Ger-

ling Akademie Verlag, München

Guzzetti F (2000) Landslide fatalities and the evaluation

of landslide risk in Italy. Engineering Geology 58(2):

89–107

Guzzetti F (2002) Landslide hazard assessment and

risk evaluation: limits and prospectives. Mediterra-

nean Storms – 4th EGS Plinius Conference, October

2002, Mallorca

Guzzetti F, Cardinali M, Reichenbach P, Carrara A

(2000) Comparing landslide maps: A case study in

the Upper Tiber River basin, central Italy. Environ-

mental Management 25(3): 247–263

Guzzetti F, Reichenbach P, Wieczorek GF (2003) Rock-

fall hazard and risk assessment in the Yosemite

Valley, California, USA. Natural Hazard and Earth

System Science 3: 491–503

Heinimann HR (1995) Naturgefahren aus forstlicher

Sicht – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Schwei-

zerische Zeitschrift für Forstwesen 146(9): 675–

686

Heinimann HR (1999a) Risikoanalyse bei gravitati-

ven Naturgefahren – Methode. Umwelt-Materialien

107/I, Bundesamt für Umwelt, Wald und Land-

schaft (BUWAL), Bern

Heinimann HR (1999b) Risikoanalyse bei gravitativen

Naturgefahren – Fallbeispiele und Daten. Umwelt-

Materialien 107/II, Bundesamt für Umwelt, Wald

und Landschaft (BUWAL), Bern

Heinimann HR, Hollenstein K, Kienholz H, Krumme-

nacher B, Mani P (1998) Methoden zur Analyse und

Bewertung von Naturgefahren. Umwelt-Materialien

85, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft

(BUWAL), Bern

Hewitt K (1983) Interpretations of calamity from the

viewpoint of human ecology. The Risk and Hazards

Series 1, Unwin Hyman, London

Hollenstein K (1995) Analyse und Bewertung von Risiko

und Sicherheit bei Naturgefahren. Schweizerische

Zeitschrift für Forstwesen 146(9): 687–700

Hollenstein K (1997) Analyse, Bewertung und Manage-

ment von Naturrisiken. vdf Hochschulverlag AG,

ETH Zürich, Zürich.

Hufschmidt G, Crozier MJ, Glade T (2005) Evolution

of landslide risk in New Zealand. 6th International

Conference on Geomorphology, 7.–11. September

2005, Zaragoza, Spain.

Hungr O, Evans SG (2004) Entrainment of debris in

rock avalanches: An analysis of a long run-out

mechanism. Geological Society of America Bulletin

116(9-10): 1240–1252

Ibsen ML, Brunsden D (1996) The nature, use and

problems of historical archives for the temporal

occurrence of landslides, with specific reference to

the south coast of Britain, Ventnor, Isle of Wight.

Geomorphology 15(3-4): 241–258

Jóhannesson T, Arnalds P, Tracy L (2002) Results of

the 2D avalanche model SAMOS for Ísafjördur and

Hnífsdalur. Veðurstofa Íslands, Reykjavík

Keiler M (2004) Development of the damage potential

resulting from avalanche risk in the period 1950–

2000, case study Galtur. Natural Hazards and Earth

System Sciences 4(2): 249–256

Keylock CJ, McClung DM, Magnusson MM (1999) Ava-

lanche risk mapping by simulation. Journal of Glaci-

ology 45(150): 303–314

Kienholz H (1977) Kombinierte geomorphologische Ge-

fahrenkarte 1:10000 von Grindelwald. Geographica

Bernensia. G4, Arbeitsgemeinschaft Geographica

Bernensia, Bern

Kienholz H (2005) Analyse und Bewertung alpiner Na-

turgefahren – eine Daueraufgabe im Rahmen des

integralen Risikomanagements. Geographica Helve-

tica 1: 3–15

Kutija V (2003) Hydraulic modelling of floods. In:

Thorndycraft VR, Benito G, Llasat MC, Barriendos

M (Hrsg) Paleofloods, historical data & climatic

variability: applications in flood risk assessment

(Proceedings of the PHEFRA Workshop, Barcelona,

16th –19th October 2002), 63–170

Lee EM, Jones DKC (2004) Landslide risk assessment.

Thomas Telford, London

Leroi E (1996) HYCOSI Impact of hydrometeorological

changes on slope instability. In: Casale R (Hrsg)

Hydrological and hydrogeological risks. EUR 16799,

European Community, Brussel, 285–322

Literatur 45

3

Felgentreff.indd 45Felgentreff.indd 45 08.06.2007 19:37:1308.06.2007 19:37:13

Page 16: 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse · 2009. 11. 25. · 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse Kirsten v. Elverfeldt, Thomas Glade und Richard Dikau

McClung DM (2000) Extreme avalanche runout in space

and time. Canadian Geotechnical Journal 37(1): 161–

170

McClung DM (2001) Extreme avalanche runout: a com-

parison of empirical models. Canadian Geotechnical

Journal 38(6): 1254–1265

Merz B (2006) Hochwasserrisiken – Grenzen und Möglich-

keiten der Risikoabschätzung. Schweizerbart’sche

Verlagsbuchhandlung, Stuttgart

Mulargia F, Geller RJ (Hrsg) (2005) Earthquake science

and seismic risk reduction. Kluwer Academic Publis-

hers, Dordrecht, Boston, London

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (2007)

Naturkatastrophen 2006. Analysen, Bewertungen,

Positionen. München

Petrascheck A, Kienholz H (2003) Hazard assessment

and mapping of mountain risks in Switzerland. De-

bris-flow hazards mitigation: mechanics, prediction,

and assessment, 10–12 September 2003, Davos,

Switzerland

PLANAT (Hrsg) (2004) Sicherheit vor Naturgefahren.

Vision und Strategie. PLANAT Reihe

Plate EJ, Merz B (Hrsg) (2001) Naturkatastrophen: Ursa-

chen, Auswirkungen, Vorsorge. Schweizerbart’sche

Verlagsbuchhandlung, Stuttgart

Rohner M (2003) Es ist ein Dilemma zwischen Schutz

und Gefahr. Schaffhausener Nachrichten. Ausgabe

10.01.2003, Schaffhausen

Schaller K (2003) Raumplanung und Naturgefahrenprä-

vention in der Schweiz. Raumplanung in der Natur-

gefahren- und Risikoforschung. Institut für Geogra-

phie der Universität Potsdam, Potsdam, 59–69

Schweier C, Markus M, Steinle E (2004) Simulation of

earthquake caused building damages for the deve-

lopment of fast reconnaissance techniques. Natural

Hazards and Earth System Sciences 4(2): 285–293

Smith K (2001) Environmental hazards: Assessing risk

and reducing disaster. Routledge, London

Sterr H, Markau HJ, Reese S (2004) Risiken eines

Klimawandels an den Küsten Schleswig-Holstein.

Schadenpotentiale und Vulnerabilität. In: Gönnert G,

Graßl H, Kelletat D, Kunz H, Probst P, Storch H, Sün-

dermann J (Hrsg) Klimaänderung und Küstenschutz.

Proceedings der HTG-Tagung 29.–30.11.2004,

291–300

Stötter J, Belitz K, Frisch U, Geist T, Maier M, Mau-

kisch M (1999) Konzeptvorschlag zum Umgang

mit Naturgefahren in der Gefahrenzonenplanung.

Herausforderung an Praxis und Wissenschaft zur

interdisziplinären Zusammenarbeit. Jahresbericht

1997/98. Innsbrucker Geographische Gesellschaft.

Innsbruck, 30–59

Tobin GA, Montz BE (1997) Natural Hazards – Explana-

tion and Integration. The Guilford Press, New York

UNDRO (1991) Mitigation natural disasters. Phenome-

na, Effects and options. United Nations Disaster

Relief, New York

van Westen CJ, Terlien MTJ (1996) An approach to-

wards deterministic landslide hazard analysis in

GIS. A case study from Manizales (Colombia). Earth

Surface Processes and Landforms 21: 853–868

van Westen CJ, Van Asch TWJ, Soeters R (2006) Lands-

lide hazard and risk zonation – why is it still so

difficult? Bulletin of Engineering Geology and the

Environment 65(2):1–18

Varnes DJ (1984) Landslides hazard zonation: a re-

view of principles and practice. Natural Hazards 3,

UNESCO, Paris

Vinnem J (1998) Introduction to risk analysis. In: Soares

CG (Hrsg) Risk and Reliability in Marine Technology.

A.A. Balkema , Rotterdam, 3–18

Vinnem J (1998). Risk analysis methodology. In: Soares

CG (Hrsg) Risk and Reliability in Marine Technology.

A.A. Balkema , Rotterdam, 19–34

Weichselgartner J (2001) Disaster mitigation: the con-

cept of vulnerability revisited. Disaster Prevention

and Management 10(2): 85–94

Weichselgartner J. (2002) Naturgefahren als soziale

Konstruktion. Eine geographische Beobachtung der

gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Naturri-

siken, Shaker Verlag, Aachen

White GF (1945) Human adjustments to floods. De-

partment of Geography Research Paper no. 29, The

University of Chicago, Chicago

World Meteorological Organization (1999) Comprehen-

sive risk assessment for natural hazards. World

Meteorological Organization, Geneva

Zebrowski E (1999) Perils of a restless planet – Scien-

tific perspectives on natural disasters. Cambridge

University Press, Cambridge

46 3 Naturwissenschaftliche Gefahren- und Risikoanalyse

3

Felgentreff.indd 46Felgentreff.indd 46 08.06.2007 19:37:1308.06.2007 19:37:13


Recommended