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Rechtsprechungsdienst der Zeitschrift für P E R S O N … · ZfPR online ISSN 1864-3922...

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ZfPR online ISSN 1864-3922 Rechtsprechungsdienst der Zeitschrift für P E R S O N A L V E R T R E T U N G S R E C H T 11/2008 ZfPR online ISSN 1864-3922 Rechtsprechungsdienst der Zeitschrift für P E R S O N A L V E R T R E T U N G S R E C H T Rechtsprechung 02 Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L BVerwG, Beschluss v. 27.8.2008 – 6 P 11.07 07 Mitbestimmung des Personalrats bei Bestellung von Lehrkräften an Mittelschulen zu Fachberatern BVerwG, Beschluss v. 28.8.2008 – 6 P 12.07 10 Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens auf Weisung der übergeordneten Dienststelle BVerwG, Beschluss v. 28.8.2008 – 6 PB 19.08 12 Keine Umgehung der Mitbestimmung durch Kabinettsvorlage eines Ministeriums/Mitbestimmungspflichtige Vorbereitungshandlung BVerwG, Beschluss v. 8.10.2008 – 6 PB 21.08 14 Neunmonatige Zuweisung eines beurlaubten Beamten zu Vivento-Service- Center als vorläufige Maßnahme nach § 69 Abs. 5 BPersVG VGH Hessen, Beschluss v. 25.6.2008 – 1 B 1024/08 17 Formungültigkeit einer ohne elektronische Signatur per Mail versandten Zustimmungsverweigerung LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 1.8.2008 – 5 TaBV 8/07 Rechtsprechung in Leitsätzen 21 Weiterbeschäftigungsanspruch – Stellenbesetzung – Dienstliche Beurteilung 22 Besoldungs-/Entgeltrecht – Teilzeit- und Befristungsrecht – Kündigungsrecht – Tarifvertragsrecht 23 Telearbeit Rezension
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ZfPR online

ISSN 1864-3922

Rechtsprechungsdienst der Zeitschrif t für P E R S O N A L V E R T R E T U N G S R E C H T

11/2008

ZfPR online

ISSN 1864-3922

Rechtsprechungsdienst der Zeitschrif t für P E R S O N A L V E R T R E T U N G S R E C H T

Rechtsprechung

02 Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L BVerwG, Beschluss v. 27.8.2008 – 6 P 11.07

07 Mitbestimmung des Personalrats bei Bestellung von Lehrkräften an Mittelschulen zu FachberaternBVerwG, Beschluss v. 28.8.2008 – 6 P 12.07

10 Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens auf Weisung der übergeordneten DienststelleBVerwG, Beschluss v. 28.8.2008 – 6 PB 19.08

12 Keine Umgehung der Mitbestimmung durch Kabinettsvorlage eines Ministeriums/Mitbestimmungspflichtige VorbereitungshandlungBVerwG, Beschluss v. 8.10.2008 – 6 PB 21.08

14 Neunmonatige Zuweisung eines beurlaubten Beamten zu Vivento-Service- Center als vorläufige Maßnahme nach § 69 Abs. 5 BPersVGVGH Hessen, Beschluss v. 25.6.2008 – 1 B 1024/08

17 Formungültigkeit einer ohne elektronische Signatur per Mail versandten ZustimmungsverweigerungLAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 1.8.2008 – 5 TaBV 8/07

Rechtsprechung in Leitsätzen

21 Weiterbeschäftigungsanspruch – Stellenbesetzung – Dienstliche Beurteilung

22 Besoldungs-/Entgeltrecht – Teilzeit- und Befristungsrecht – Kündigungsrecht – Tarifvertragsrecht

23 Telearbeit

Rezension

Page 2: Rechtsprechungsdienst der Zeitschrift für P E R S O N … · ZfPR online ISSN 1864-3922 Rechtsprechungsdienst der Zeitschrift für P E R S O N A LV E R T R E T U N G S R EC HT 11/2008

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ZfPR online 11/2008 | Seite 2 von 23

Die Mitbestimmung des Personal-rats bei der Eingruppierung neu einzustellender Arbeitnehmer er-streckt sich auf die Stufenzuord-nung nach § 16 Abs. 2 TV-L. BVerwG, Beschluss v. 27.8.2008 – 6 P 11.07 –

Zum Sachverhalt

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 machte der Antragsteller im Zusammenhang mit der Einstel-lung von Angestellten ein Mitbe-stimmungsrecht sowohl bei der Zuordnung zu den Entgeltgruppen als auch bei der Festlegung der Ent-wicklungsstufen geltend. Dem trat der Beteiligte im Schreiben vom 6. Februar 2007 im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, bei der individuellen Einstufung der Be-schäftigten in die das Tabellenent-gelt beeinflussenden Entwick-lungsstufen seien keine kollektiven Beschäftigteninteressen erkenn-bar, welche eine Mitbestimmung erforderlich machen könnten.

Daraufhin hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet (...).

Aus den Gründen

Die zulässige Sprungrechtsbe-schwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm. (...) Die Zuordnung neu einzustellender Arbeitnehmer zu den Stufen der Entgelttabelle nach § 16 Abs. 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vom 13. März 2008 unterliegt der Mitbestimmung des Antragstellers bei Eingruppierung.

1. Nach § 65 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 Nds- PersVG bestimmt der Personalrat bei Eingruppierung mit. Darunter ist die Einreihung des Arbeitneh-

mers in ein kollektives Entgeltsche-ma zu verstehen.

a) Welches kollektive Entgeltsche-ma im vorliegenden Fall anzuwen-den ist, bestimmt sich nach dem TV-L. Denn von dessen Geltungs-bereich werden die ab 1. November 2006 im Zuständigkeitsbereich des Beteiligten eingestellten Arbeit-nehmer erfasst (§ 1 TV-L). Die ent-geltrelevanten Regelungen finden sich in Abschnitt III des TV-L (§ 12 ff.). Danach erhält der Arbeitneh-mer monatlich ein Tabellenentgelt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 TV-L). Die Höhe bestimmt sich nach der Entgelt-gruppe, in die er eingruppiert ist, und nach der für ihn geltenden Stu-fe (§ 15 Abs. 1 Satz 2 TV-L).

b) Zweifelsfrei und zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass die Einreihung des Arbeitnehmers in die Entgeltgruppe mitbestim-mungspflichtige Eingruppierung ist.

aa) Die Grundsätze über die Ein-ordnung in die Entgeltgruppen werden künftig in §§ 12, 13 TV-L im Zusammenhang mit der neuen Entgeltordnung geregelt. (...) Für Eingruppierungen ab dem 1. No-vember 2006 bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung werden die Vergütungsgruppen der allge-meinen Vergütungsordnung (An-lage 1a zum BAT) gemäß Anlage 4 den Entgeltgruppen des TV-L zu-geordnet (§ 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-Länder).

bb) Entsprechendes gilt für die an-gestellten Lehrkräfte, deren Inte-ressen der antragstellende Schul-bezirkspersonalrat zu vertreten hat (§ 92 Abs. 1 Nr. 1, § 95 Abs. 2 NdsPersVG). (...)

c) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 TV-L bestimmt sich die Höhe des dem Arbeitnehmer zustehenden Tabel-lenentgelts nicht nur nach der Ent-geltgruppe, in die er eingruppiert

ist, sondern auch nach der für ihn geltenden Stufe. Grundsätzlich umfassen die Entgeltgruppen 9 bis 15 fünf Stufen und die Entgelt-gruppen 2 bis 8 sechs Stufen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 TV-L). Die Entgelt-gruppe 1 umfasst die Stufen 2 bis 6 (§ 16 Abs. 4 TV-L). Wie sich das Zu-sammenspiel von Entgeltgruppen und Stufen auf das Tabellenentgelt für die Arbeitnehmer des Tarifge-biets West auswirkt, ist für die Zeit ab 1. Januar 2008 aus der Anlage A 2 zum TV-L zu ersehen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 TV-L). Für die Stu-fenzuordnung bei Einstellung be-stimmt § 16 Abs. 2 TV-L:

„Bei der Einstellung werden die Be-schäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufs-erfahrung vorliegt. Verfügen Be-schäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Ar-beitgeber, erfolgt die Stufenzuord-nung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsver-hältnis. Ist die einschlägige Berufs-erfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erwor-ben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise – bei Einstellung nach dem 31. Ja-nuar 2010 und Vorliegen einer ein-schlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren – in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Ar-beitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorge-sehene Tätigkeit förderlich ist.“

Nach der eingangs erwähnten De-finition ist Eingruppierung im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes die Einreihung des Arbeitnehmers in ein kollektives Entgeltschema.

Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Stufen-zuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L

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Diese Definition lässt es zu, die Stufenzuordnung, die bei einem einzustellenden Arbeitnehmer zu-gleich mit seiner Einordnung in die Entgeltgruppe vorzunehmen ist, als von der Eingruppierung mitum-fasst anzusehen. Sie legt dies so-gar nahe, weil die Festlegung der Entgeltgruppe und die Stufenzu-ordnung zusammen das Tabel-lenentgelt bestimmen. Erst das Zusammenwirken beider Faktoren macht die Einreihung vollständig.

2. Die Begrifflichkeit des Tarif-vertrages weist allerdings in die entgegengesetzte Richtung. § 15 Abs. 1 Satz 2 TV-L ordnet den Be-griff „eingruppiert“ ausschließlich der Entgeltgruppe, nicht jedoch der Stufe zu. Dies muss jedoch die Einbeziehung der Stufenzuordnung in die Mitbestimmung bei Eingrup-pierung nicht hindern.

a) Nach der Rechtsprechung des Se-nats bestehen zwar grundsätzlich keine Bedenken dagegen, hinsicht-lich der in den Mitbestimmungstat-beständen verwandten Begriffe auf das Verständnis und die Defi-nitionen gleichlautender Begriffe in den einschlägigen tarifvertrag-lichen und beamtenrechtlichen Vorschriften zurückzugreifen. Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt des jeweils mit der Mitbestimmung verfolgten Gesetzeszwecks. Soweit dieser es gebietet, muss bei der per-sonalvertretungsrechtlichen Beur-teilung von dem tarifvertraglichen bzw. dienstrechtlichen Verständnis abgewichen werden.

b) Freilich war die personelle Mit-bestimmung nach den Personalver-tretungsgesetzen – insbesondere in Bezug auf Eingruppierung, Höher- und Rückgruppierung sowie Über-tragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit – an den Begrifflichkeiten des BAT und der ihm nachgebildeten Tarifwerke des öffentlichen Dienstes orientiert. Diese Tarifwerke hatten die Ge-setzgeber in Bund und Ländern bei der Regelung ihrer Personalvertre-tungsgesetze vorgefunden. Wenn sie sich bei der Formulierung der

Mitbestimmungstatbestände der in den Tarifwerken verwandten Be-griffe bedienten, so war mangels anderweitiger Anhaltspunkte da-von auszugehen, dass der Gesetz-geber die Begriffe in dem Sinne verwenden wollte, wie sie in den beteiligten Kreisen des öffent-lichen Dienstes allgemein verstan-den wurden.

aa) Die traditionelle terminolo- gische Harmonie zwischen Tarif- und Personalvertretungsrecht be-einträchtigte die Effizienz der Mit-bestimmung bei Eingruppierungen nicht. Bezog sich diese nach Maßga-be von § 22 BAT ausschließlich auf die Einreihung in die Vergütungs-gruppe der Vergütungsordnung, so war damit doch die förmliche Be-teiligung des Personalrats an der-jenigen Arbeitgeberentscheidung sichergestellt, durch welche die Höhe der Grundvergütung auf der Grundlage auslegungsbedürftiger Merkmale wesentlich bestimmt wurde. Im Ge-gensatz dazu war die Zuordnung zu den Lebensalters-stufen nach Maß-gabe von § 27 Abschnitt A BAT ein mehr oder weniger „mecha-nischer“ Vorgang; hier war eine Richtigkeitskontrol-le durch den Personalrat im Wege der Mitbestimmung nicht geboten, und für eine gelegentlich erfor-derliche Fehlerkorrektur reichte die allgemeine Aufgabe nach § 59 Nr. 2 NdsPersVG aus. Die wesent-liche Prägung der Grundvergü-tungshöhe durch die Einordnung in die Entgeltgruppe – und damit zu-gleich die Beschränkung der Mitbe-stimmung bei Eingruppierung auf diesen Aspekt – wurde durch die 1990 eingeführte Vorweggewäh-rung von Lebensaltersstufen zur Deckung des Personalbedarfs nach § 27 Abschnitt C BAT nicht grund-sätzlich in Frage gestellt.

bb) Von einer begrifflichen und damit inhaltlichen Deckungs-gleichheit zwischen Tarifrecht und

Mitbestimmung kann aber nach Inkrafttreten des neuen Tarifrechts nicht mehr ohne Weiteres aus-gegangen werden, mit welchem die Lebensaltersstufen durch ein leistungs- und qualifikationsorien-tiertes Stufensystem abgelöst wur-den. Namentlich die hier im Mittel-punkt stehende Regelung in § 16 Abs. 2 TV-L, welche die Anrechnung einschlägiger Berufserfahrungen gebietet und die Berücksichtigung vorheriger förderlicher Berufstätig-keit gestattet, macht deutlich, dass die Stufenzuordnung jetzt nicht mehr bloßer mechanischer Annex der Einreihung in die Entgeltgrup-pe ist. Vielmehr kommt ihr nun-mehr eine wesentliche, eigenstän-dige Bedeutung für die Bemessung der Grundvergütung zu. Während auf der Grundlage des alten Tarif-rechts die auf die Einreihung in die Vergütungsgruppe beschränkte Mitbestimmung bei der Eingrup-pierung der Personalvertretung einen wesentlichen Einfluss auf die

Bemessung der Grundvergütung einräumte, würde eine Aussparung der Stufenzuordnung nach neuem Tarifrecht diesen Einfluss wesent-lich reduzieren.

Die Neuartigkeit des aktuellen Ta-rifrechts kann nicht unter Hinweis auf die bereits erwähnte Vorweg-gewährung von Lebensaltersstu-fen nach § 27 Abschnitt C BAT ge-leugnet werden. Diese Regelung betraf nur einen – eher margina-len – Teilaspekt des alten Modells und findet seine Fortsetzung nicht in § 16 Abs. 2 TV-L, sondern allen-falls in § 16 Abs. 5 TV-L. Die Sätze 3 und 4 dieser Bestimmung, welche die Stufenvorweggewährung als widerrufliche Zulage charakteri-sieren, zeigen zudem, dass für das System der Stufenzuordnung bei

Der Rückgriff auf das dienst-/

tarifvertragliche Verständnis zur Auslegung

personalvertretungsrechtlicher Begriffe steht

unter dem Vorbehalt des mit der Mitbe-

stimmung verfolgten Zwecks.

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Einstellung nach neuem Tarifrecht die Regelung in § 16 Abs. 2 TV-L dominant ist.

c) Haben sich somit die Vorausset-zungen für die bisher angenom-mene Deckungsgleichheit von Tarifrecht und Mitbestimmung we-sentlich verändert, so kann bei der Frage, ob eine mitbestimmungs-pflichtige Eingruppierung vorliegt, nicht mehr in derselben Weise wie bisher auf die Bezeichnung der ein-zelnen Kategorien des Vergütungs-schemas im Tarifvertrag abgestellt werden. Vielmehr muss zur Beant-wortung dieser Frage in erster Linie auf den sachlichen Hintergrund des vom Gesetzgeber eingeräumten Mitbestimmungsrechts und auf den damit verfolgten Zweck zu-rückgegriffen werden. Maßgeblich ist also, ob der Gesetzeszweck un-ter den veränderten Bedingungen des neuen Tarifrechts die Einbezie-hung der Stufenzuordnung in die Mitbestimmung erfordert. Diese ei- ne sachbezogene Fortentwicklung des Mitbestimmungstatbestandes ermöglichende Betrachtungsweise liegt deswegen umso näher, weil auch das bisherige und übergangs-weise weiter geltende Tarifrecht hinsichtlich der für die Eingrup-pierung maßgeblichen Tätigkeits-merkmale (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 BAT) keineswegs von einem engen

Verständnis ausgeht, welches die Einbeziehung personenbezogener Merkmale, wie sie nunmehr für die Stufenzuordnung charakteristisch ist, von vornherein ausschließt. So lautet Vergütungsgruppe I a Fall-gruppe 1 a der Anlage 1a zum BAT: „Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbil-dung und entsprechender Tätig-keit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fä-higkeiten und ihrer Erfahrungen

entsprechende Tätigkeiten aus-üben, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe I b Fallgruppe 1 a heraushebt.“ Schon daraus geht hervor, dass für die Einordnung in die Vergütungsgruppe nicht nur die auszuübende Tätigkeit und die damit verbundene Verantwortung, sondern auch die eingebrachte Qualifikation und bisherige be-rufliche Erfahrungen maßgeblich sind. (...)

Im Einklang damit wird in der Rechtsprechung des Bundesar-beitsgerichts wiederholt darauf hingewiesen, dass die in einer Ver-gütungsordnung festgelegte Lohn- oder Gehaltsgruppe meist durch bestimmte Tätigkeitsmerkmale, bisweilen aber auch durch Merk-male wie Lebensalter oder die Zeit der Berufstätigkeit beschrieben ist.

3. Sinn und Zweck der Mitbestim-mung bei Eingruppierung erfor-dern die Einbeziehung der Stufen-zuordnung.

Nach ständiger Senatsrechtspre-chung soll die Mitbestimmung bei der Eingruppierung von Arbeit-nehmern die Personalvertretung in den Stand setzen, mitprüfend darauf zu achten, dass die be-

absichtigte Ein- gruppierung mit dem anzuwen-denden Tarifver-trag oder dem sonst anzuwen-denden Entgelt- system im Ein-klang steht. Sie

soll der Personalvertretung Gele-genheit geben, auf die Wahrung des Tarifgefüges in der Dienststelle zu achten und damit zur Verwirk-lichung des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes innerhalb der Dienststelle und innerhalb des dort angewendeten Entgelt- systems sowie zur Wahrung des Friedens in der Dienststelle bei-zutragen. Im Interesse der betrof-fenen Arbeitnehmer soll verhindert werden, dass durch eine unsach-

liche Beurteilung im Rahmen be-stehender Auslegungsspielräume einzelne Arbeitnehmer bevorzugt, andere dagegen benachteiligt wer-den. (...) Die den Vergütungsgrup-pen zugeordneten Merkmale sind oft sehr allgemein gehalten. Häu-fig werden unbestimmte Rechts-begriffe verwendet, deren Anwen-dung im Einzelfall schwierig sein kann und die einen erheblichen Beurteilungsspielraum eröffnen. Hier bietet die Mitbeurteilung des Personalrats eine größere Gewähr für die Richtigkeit der Eingruppie-rung.

Die genannten Gesichtspunkte sprechen dafür, die Mitbestim-mung des Personalrats bei Eingrup-pierung auf alle bedeutsamen Pa-rameter zu erstrecken, die für den Kernbestandteil des tariflichen Ent-gelts maßgeblich sind. Die Richtig-keitskontrolle bleibt unvollständig, wenn sie sich auf die Einreihung in die Entgeltgruppe beschränkt, an-dere für die Bemessung des Grund-gehalts wesentliche Merkmale, bei denen ebenfalls ein Kontrollbe-dürfnis besteht, aber nicht erfasst. Ist daher bei der Einstellung eines Arbeitnehmers neben der Einord-nung in die Entgeltgruppe für die Bemessung des tariflichen Grund-gehalts die Zuordnung zu einer Stufe innerhalb der Entgeltgruppe vorzunehmen, so ergeben beide Vorgänge zusammen die mitbe-stimmungspflichtige Eingruppie-rung.

a) Das Tabellenentgelt nach § 15 TV-L ist der Kernbestandteil des ta-riflichen Entgelts. Es unterscheidet sich von anderen Entgeltbestand-teilen wie Leistungsentgelt, Er-schwerniszuschläge, Jahressonder-zahlung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§§ 18 ff. TV-L).

Für die Bemessung des Tabel-lenentgelts ist die Einordnung des Arbeitnehmers in die Entgeltgrup-pe die strukturell wichtigste Ent-scheidung. Denn die höhere Ent-geltgruppe vermittelt bei gleicher Stufe stets ein höheres Entgelt als jede niedrigere Entgeltgruppe.

Die Mitbestimmung bei

Eingruppierung erfasst alle für den Kern-

bestandteil des tariflichen Entgelts

maßgeblichen Parameter.

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Gleichwohl steht die Stufenzuord-nung in ihrer Bedeutung dahinter nicht wesentlich zurück. Nach § 16 Abs. 1 TV-L umfassen die Entgelt-gruppen bis zu sechs Stufen. Die Arbeitnehmer erreichen die jeweils nächste Stufe nach bestimmten Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Ent-geltgruppe bei ihrem Arbeitgeber; diese Stufenlaufzeit ist progres-siv gestaffelt (§ 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L). Bei der Einstellung werden die Arbeitnehmer der Stufe 1 zu-geordnet, sofern keine einschlä-gige Berufserfahrung vorliegt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 TV-L). Werden dagegen Zeiten einschlägiger Be-rufserfahrung sowie Zeiten vor- heriger förderlicher Berufstätig-keit anerkannt, so rückt der Ar-beitnehmer nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 Satz 2 bis 4 TV-L in eine höhere Stufe seiner Entgeltgruppe

vor. Diese Entscheidung des Ar-beitgebers bei der Einstellung ist maßgeblich dafür, wie lange der Arbeitnehmer benötigt, um die Endstufe seiner Entgeltgruppe zu erreichen. Zugleich wirkt sich die-se Entscheidung auf jede spätere Höhergruppierung des Arbeitneh-mers aus, wie die Besitzstandsre-gelung in § 17 Abs. 4 TV-L zeigt. Je höher der Arbeitnehmer in seiner Entgeltgruppe eingestuft ist, umso höher fällt auch seine Einstufung in der neuen, höheren Entgeltgrup-pe aus. Die Entscheidung über die Einstufung des Arbeitnehmers in seiner Entgeltgruppe ist daher ge-eignet, die Höhe seines Entgelts bis zum Ende seines Arbeitslebens zu bestimmen. Die stufenbezogenen Größenunterschiede sind beacht-lich: (...)

b) Die Regelungen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L machen die Einordnung in eine höhere Stufe

recht entspricht das Recht des Per-sonalrats zur Mitgestaltung. Hat die Dienststelle – unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts bei der Lohngestaltung nach § 66 Abs. 1 Nr. 5 NdsPersVG – Grundsätze zur Anrechnung förderlicher Berufs-tätigkeit aufgestellt, so erstreckt sich die Mitbestimmung des Per-sonalrats bei Eingruppierung nach § 65 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 NdsPersVG vor allem auf die Einhaltung je-ner Grundsätze. Aber auch wenn der Arbeitgeber ohne Bindung an Richtlinien von Fall zu Fall über die Anerkennung förderlicher Berufs-tätigkeit entscheidet, so sind diese Entscheidungen im Interesse einer einheitlichen und gleichmäßigen Entscheidungspraxis der Kontrolle des Personalrats im Wege der Mit-bestimmung zugänglich.

Schließlich bleibt für die Mitbe-stimmung des Personalrats auch in den Fällen Raum, in denen die Dienststelle generell davon absieht, förderliche Berufstätigkeit nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L anzurechnen. Auch in dieser Hinsicht unterliegt die Einstufung der Richtigkeitskon-trolle durch den Personalrat, weil die Unterscheidung zwischen ein-schlägiger Berufserfahrung, wel-che anzurechnen die Dienststelle nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L verpflichtet ist, und förderlicher Berufstätigkeit, die zum Zwecke der Bedarfsde-ckung nur im Ermessenswege an-gerechnet wird, häufig nicht leicht zu treffen ist. Aber selbst wenn zwi-schen Dienststelle und Personalrat Einigkeit darüber besteht, dass sich eine etwaige Anrechnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L beurteilt, kann der Personalrat seine Be- teiligung sinnvoll dadurch aus-füllen, dass er sachliche Gesichts-punkte aufzeigt, welche die Ein-ordnung des Arbeitnehmers in eine höhere Stufe zu rechtfertigen ver-mögen.

4. Systematik und Entstehungs-geschichte der landesrechtlichen Regelung in § 65 Abs. 2 Nr. 2 Nds-PersVG bestätigen das Auslegungs-ergebnis.

von Zeiten einschlägiger Berufs-erfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis abhängig. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe ver-suchen die Protokollerklärungen der Tarifvertragsparteien zu § 16 Abs. 2 TV-L zu konkretisieren. So definiert Nr. 1 die einschlägige Be-rufserfahrung als eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit, nach Nr. 2 gelten bestimmte Berufs- praktika als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung und Nr. 3 enthält zeitliche Festlegungen zum Beste-hen eines vorherigen Arbeitsver-hältnisses. Dadurch wird jedoch der Interpretationsspielraum bei Anwendung der Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L nicht we-sentlich eingeengt. Es bleibt daher ein erhebliches Interesse an ein-heitlicher und gleichmäßiger Hand-

habung, dem die Richtigkeits-kontrolle des Per-sonalrats dient.

Das Mitbestim-mungsrecht des Personalrats be- steht unabhän-

gig davon, ob dem Arbeitgeber bei der Einstufung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L ein gericht-lich nicht überprüfbarer Beurtei-lungsspielraum zukommt. Auch in diesem Fall verbleibt ein sinnvoller Bereich für die Kontrolle durch den Personalrat. Diese ist geeignet, sachwidrigen Entscheidungen ent-gegenzuwirken. Dieser wichtige Aspekt rechtfertigt schon allein seine Beteiligung.

c) Nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L kann der Arbeitgeber – unabhängig von den Regelungen in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L – bei Neuein-stellungen zur Deckung des Perso-nalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tä-tigkeit für die vorgesehene Tätig-keit förderlich ist. Hier steht dem Arbeitgeber ein echter Ermessens-spielraum zu. Seinem Gestaltungs-

Auch die Entscheidung der

Dienststelle, förderliche Berufstätigkeit

generell nicht anzurechnen, ist

mitbestimmungspflichtig.

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ZfPR online 11/2008 | Seite 6 von 23

a) Der Mitbestimmungstatbestand erstreckt sich auf Eingruppierung, Höher- oder Herabgruppierung, Bestimmung der Fallgruppe sowie die Zahlung tariflicher oder au-ßertariflicher Zulagen. Bereits die Aufzählung gibt zu erkennen, dass der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen der Dienststelle, die das Entgelt des Arbeitnehmers bestimmen, der Mitbestimmung zuführen will. (...)

b) Gegen diese Wertung spricht nicht, dass der niedersächsische Landesgesetzgeber das Inkraft-treten des TV-L nicht zum Anlass genommen hat, die Mitbestim-mungstatbestände mit Blick auf die Stufenzuordnung zu ergänzen. (...) bb) Im Übrigen darf nach § 82 NdsPersVG durch Tarifvertrag nicht von den Vorschriften des Nieder-sächsischen Personalvertretungs-gesetzes abgewichen werden. Den Tarifvertragsparteien kommt somit keine Definitionshoheit über die Mitbestimmungstatbe-stände zu. Diesem Rechtsgedan-ken widerspräche es grundlegend, wollte man den Gesetzgeber für verpflichtet halten, die personal-vertretungsrechtlichen Mitbestim-mungskataloge jeweils an verän-dertes Tarifrecht anzupassen. (...)

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Anmerkung

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Sie trägt zur Klärung einer Frage bei, die in der Literatur (vgl. zu-letzt Wahlers in PersV 2008, 370 mit zahlreichen Hinweisen auf den Meinungsstand) bisher unter-schiedlich beantwortet wurde. Das Bundesverwaltungsgericht unter-mauert seine Position zum Mit-bestimmungsrecht der Personal-vertretung bei der Eingruppierung neu einzustellender Arbeitnehmer und deren Zuordnung zu den Stu-fen der Entgelttabelle nach § 16 Abs. 2 TV-L mit seiner schon seit langem vertretenen Auffassung,

die auch das BAG teilt. Danach unterliegen alle Merkmale, die die Höhe des Entgelts eines Arbeit-nehmers bestimmen, der Mitbe-urteilung der Personalvertretung in Form der Mitbestimmung. Das Gericht stellt zu Recht auf Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei einer Eingruppierung, nämlich da-rauf ab, der Personalvertretung ein

Mitprüfungsrecht im Hinblick auf alle einschlägigen Gesichtspunkte zur Bestimmung der Entgelthöhe, also auch der Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle, einzuräu-men. Das Mitbestimmungsrecht einer Personalvertretung besagt nicht, dass diese sich an die Stelle des entscheidungsberechtigten Dienststellenleiters setzen könnte, sondern dass im Wege gleich-berechtigter Partnerschaft der Personalvertretung Gelegenheit gegeben wird, zu der vom Dienst-stellenleiter beabsichtigten Maß-nahme Stellung zu nehmen. Ver-weigert die Personalvertretung die Zustimmung zu einer mitbestim-mungspflichtigen Maßnahme, so kann der Dienststellenleiter diese nicht durchführen, sondern muss die Entscheidung, sofern es sich um eine nachgeordnete Dienst-stelle handelt, der übergeordneten Stelle überlassen, die ihrerseits die bei ihr bestehende Personalvertre-tung beteiligen muss. Dies macht deutlich, welch hoher Stellenwert

der Mitbestimmung im Rahmen des Personalvertretungsrechts zu-kommt und wie wichtig es ist, dass die beiden Partner (Dienststel-lenleiter und Personalvertretung) „mit dem ernsten Willen zur Eini-gung“ verhandeln und „Vorschläge für die Beilegung von Meinungs-verschiedenheiten“ machen (§ 66 Abs. 1 BPersVG sowie die einschlä-

gigen landesgesetzlichen Vor-schriften). Das Mitbestimmungs-recht weist der Personalvertretung die Rolle desjenigen zu, der darüber zu wachen hat, dass der arbeits-rechtliche Gleichbehandlungs-grundsatz beachtet und der Frie-den in der Dienststelle gewahrt wird. Dies kann im Zusammenhang mit der hier zu diskutierenden Frage, ob die Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle des TV-L dem Mitbestimmungsrecht unter-liegt, besonders wichtig werden, weil durch die Zuordnung ganz wesentlich die Höhe des Entgelts bestimmt wird. Bei der Eingrup-pierung eines neu einzustellenden Arbeitnehmers geht es nicht allei-ne nur um die Einreihung in eine Entgeltgruppe, sondern auch da-rum, welcher Stufe innerhalb der Entgeltgruppe der Betreffende zu-zuordnen ist. Die Höhe des Entgelts bemisst sich daher sowohl nach der Einreihung in eine Entgeltgruppe als auch nach der Zuordnung zu ei-ner Stufe innerhalb der jeweiligen

Konsequenzen für die Praxis

1. Die Höhe des einem neu einzustellenden Arbeitnehmers zu zahlenden Entgelts bestimmt sich nicht alleine nur nach der „eigentlichen“ Eingruppierung (Einreihung in ein kollektives Entgeltschema), sondern auch danach, welcher Stufe der Ent-gelttabelle der Betreffende zugeordnet wird. Im Hinblick auf beide Tatbestände steht der Personalvertretung im Interesse der Verwirklichung des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrund-satzes und zur Wahrung des Friedens in der Dienststelle ein Mitbestimmungsrecht zu.2. Das Mitbestimmungsrecht ist im Hinblick auf die Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle als Recht zur Mitbeurteilung darüber zu verstehen, ob die unbestimmten Rechtsbegriffe (einschlägige Berufserfahrung, förderliche Berufstätigkeit) im Rahmen bestehender Auslegungsspielräume zutreffend von der Dienststelle interpretiert worden sind.

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der Stufenzuordnung in das Tabel-lenentgelt (vgl. Vogelgesang, ZfPR 2008, 47), nicht gegeben. Vor der Neuregelung war dies deshalb an-ders, weil sich das Tarifrecht auf die Zuordnung einer Tätigkeit zu einer bestimmten Vergütungs-gruppe mit der Folge beschränkte, dass das Mitbestimmungsrecht sich alleine darauf zu konzentrie-ren hatte, ob die Einreihung eines Arbeitnehmers in ein kollektives Entgeltschema zutreffend ist.

Schließlich: Da der Wortlaut des § 16 Abs. 2 TVöD Bund und VKA hinsichtlich der Berücksichtigung der Berufserfahrung identisch mit dem des § 16 Abs. 2 TV-L ist, ist die vorliegende Entscheidung auch für den Bereich des Bundes und der Kommunen maßgebend.

Dr. W. Ilbertz, Bonn

Handhabung in der Dienststelle zu interpretieren und in diese Inter-pretation die Personalvertretung einzubeziehen, um ihr Gelegen-heit zum Vortrag von Sachargu-menten und ihrer Sicht der Dinge zu geben. Sie soll dazu beizutragen, dass eine benachteiligende bzw. begünstigende Maßnahme unter- bleibt.

Dem Bundesverwaltungsgericht ist im Übrigen auch darin zuzu-stimmen, dass der Wortlaut der einschlägigen Mitbestimmungs-regelung („Eingruppierung“) dem Mitbestimmungsrecht bei der Stu-fenzuordnung nicht entgegensteht; denn eine völlige Identität der Begriffe zwischen einerseits dem Tarif- und andererseits dem Per-sonalvertretungsrecht ist wegen der Neuregelung des Tarifrechts, vor allem durch die Einbeziehung

Gruppe. Infolgedessen gebieten es Sinn und Zweck des Mitbestim-mungsrechts, der Personalvertre-tung ein Prüfungsrecht im Hinblick auf die Einhaltung des arbeitsrecht- lichen Gleichbehandlungsgrund-satzes einzuräumen.

Immer schon hat die Rechtspre-chung der Personalvertretung im Zusammenhang mit mitbestim-mungspflichtigen Angelegenheiten das Recht zur Mitbeurteilung vor allem bei personellen Angelegen-heiten dann eingeräumt, wenn es um die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe ging. Bei der Stu-fenzuordnung geht es um die Auslegung unbestimmter Rechts-begriffe, nämlich konkret darum, die Begriffe „einschlägige Berufs-erfahrung“ und „förderliche Be-rufstätigkeit“ im Interesse einer einheitlichen und gleichmäßigen

Werden Lehrkräfte an Mittelschu-len mit der Befähigung für zwei Fächer, deren Eingruppierung sich nach den Sächsischen Lehrer-Richt-linien richtet und die bislang in der Vergütungsgruppe III eingruppiert sind, zu Fachberatern bestellt, so ist dies als Übertragung einer hö-her zu bewertenden Tätigkeit mit-bestimmungspflichtig. BVerwG, Beschluss v. 28.8.2008 – 6 P 12.07 –

Zum Sachverhalt

Zum 1. August 2004 bestellte der Beteiligte die an Mittelschulen be-schäftigten Lehrkräfte S., M., P. und K. zu Fachberatern. Unter Hinweis darauf bat er im September 2004 den Antragsteller um Zustimmung zur Höhergruppierung der Lehr-kräfte in Vergütungsgruppe IIa BAT O. Der Antragsteller verweiger-te jeweils seine Zustimmung mit der Begründung, er hätte bereits

Mitbestimmung des Personalrats bei Bestellung von Lehrkräften an Mittelschulen zu Fachberatern

bei der Fachberaterbestellung im Wege der Mitbestimmung betei- ligt werden müssen. Der Beteilig-te wertete diesen Einwand als un-beachtlich und sprach im Oktober 2004 die beabsichtigten Höher-gruppierungen rückwirkend zum 1. August 2004 aus.

Das vom Antragsteller angeru-fene Verwaltungsgericht hat fest-gestellt, dass dessen Mitbestim-mungsrecht bei der Bestellung der Lehrkräfte S., M., P. und K. zu Fachberatern verletzt wurde. Auf die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss abgeändert und den neu gefassten Antrag des Antragstellers auf Fest-stellung, dass ihm ein Mitbestim-mungsrecht bei der Bestellung von Lehrern mit der Lehrbefähigung für zwei ordentliche Unterrichtsfächer zu Fachberatern an Mittelschulen zusteht, abgelehnt. (...)

Der Antragsteller beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuhe-ben und die Beschwerde des Betei-ligten gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.

Der Beteiligte beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuwei-sen. (...)

Aus den Gründen

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. (...)

1. Das im Rechtsbeschwerdever-fahren sinngemäß weiter verfolgte Feststellungsbegehren des Antrag-stellers ist zulässig. (...)

2. Dieses Begehren ist auch be-gründet. Die Bestellung der hier in Rede stehenden Lehrkräfte an Mit-telschulen mit der Lehrbefähigung für zwei Fächer zu Fachberatern

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ZfPR online 11/2008 | Seite 8 von 23

ist als Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit mitbestim-mungspflichtig. Zur Mitbestim-mung berufen ist der Antragsteller als zuständige Personalvertretung nach § 67 Abs. 1 Satz 1, § 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SächsPersVG.

Sein Mitbestimmungsrecht ergibt sich aus § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 SächsPersVG. Danach hat die Per-sonalvertretung mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Ar-beitnehmer bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit.

a) Im Sinne des vorbezeichne- ten Mitbestimmungstatbestandes liegt eine höher zu bewertende Tätigkeit vor, wenn die neue Tä-tigkeit nach dem anzuwendenden kollektiven Entgeltschema einer höheren Entgeltgruppe zugeord-net ist als die bisherige. Da die dau-

erhafte Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit an einen Arbeitnehmer nach der Tarifauto-matik stets mit einer Höhergrup-pierung verbunden ist, fallen die Mitbestimmung beim Übertra-gungsakt nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 SächsPersVG und die-jenige bei der Höhergruppierung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 SächsPersVG im Normalfall zeitlich zusammen. Seinen eigentlich be-teiligungsrechtlich selbstständigen Gehalt erfährt die Mitbestimmung bei der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit in vom Nor-malfall abweichenden Konstellati-onen, in denen die Tarifautomatik nicht oder allenfalls verspätet zum Zuge kommt.

aa) Anerkannt ist dies zunächst für die vorübergehende und ver-tretungsweise Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit,

zum Tragen, wenn die Höhergrup-pierung eines Arbeitnehmers nicht der Tarifautomatik folgt, sondern sich in einer der Beförderung des Beamtenrechts ähnlichen Weise vollzieht. So liegt es hier.

b) Die Eingruppierung der hier in Rede stehenden Lehrkräfte an Mit-telschulen mit Lehrbefähigungen nach dem Recht der ehemaligen DDR richtet sich nach den Richtli-nien des Freistaates Sachsen zur Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (Sächsische Lehrer-Richtlinien). (...)

c) Die Sächsischen Lehrer-Richt- linien sind nicht wie Verwaltungs-vorschriften, sondern wie Rechts-normen auszulegen. Bei ihnen geht es nicht um die Sicherstellung ei-ner einheitlichen Verwaltungspra-xis im Verhältnis von Bürger und Staat über generelle Anordnungen, die sich an die Angehörigen der Verwaltung wenden. Sie gelten vielmehr kraft Tarifbindung bzw. einzelvertraglicher Bezugnahme und betreffen hinsichtlich der Fest-legung eines kollektiven Entgelt-schemas unmittelbar die Rechtsbe-ziehung zwischen den angestellten Lehrkräften und ihrem öffentlichen Arbeitgeber.

d) Lehrkräfte an Mittelschulen mit einer Lehrbefähigung für zwei Fä-cher sind in Vergütungsgruppe III eingruppiert (Abschnitt A Unterab-schnitt II Vergütungsgruppe III Anstriche 1 und 3 Sächsische Leh-rer-Richtlinien). Eine Höhergrup-pierung nach Vergütungsgruppe IIa erfolgt nur nach Maßgabe der Fußnoten 2 und 3 sowie der Vorbe-merkung Nr. 6 Sächsische Lehrer-Richtlinien. Die Höhergruppierung ist daher nur in einem Umfang von maximal 35 vom Hundert der für Vergütungsgruppe III für Leh-rer an Mittelschulen verfügbaren Planstellen möglich. Erforderlich ist eine mindestens sechsjährige Lehrtätigkeit und Bewährung seit dem 1. August 1991. Die Auswahl erfolgt auf der Grundlage von Be-urteilungskriterien in Bezug auf die vom Haushaltsgesetzgeber für die

die neben der Auslösung einer Zulage bei Bewährung den beruf-lichen Aufstieg begünstigen kann. Die Mitbestimmung bei derartigen Maßnahmen ist geeignet, eine Be-handlung aller Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billig-keit zu gewährleisten.

bb) Als Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit verstan-den wurde ferner der Fallgrup-penwechsel innerhalb derselben Vergütungsgruppe, wenn damit die Möglichkeit des Zeitaufstiegs in eine höhere Vergütungsgruppe eröffnet wurde. Wegen der sich daraus ergebenden faktischen Au-tomatik wäre eine auf die Höher-gruppierung begrenzte Mitbestim-mung leergelaufen; der Personalrat hätte gegen die Höhergruppierung nichts Wesentliches mehr einwen-den können, da der Arbeitnehmer

die Vorausset-zung dafür nach Ablauf der gefor-derten Zeit er-füllt hatte.

cc) Schließlich hat der Senat zu § 76 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG – ent-

spricht § 81 Abs. 1 Nr. 3 Sächs-PersVG – entschieden, dass die Mit-bestimmung bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit eingreift, wenn ohne verbindliche Zuordnung einer Planstelle mit der Übertragung eines Dienstpostens in rechtlich abgesicherter Weise eine klar verbesserte, sich konkret abzeichnende Beförderungschan-ce eröffnet wird. Dabei hat er sich von dem Gedanken leiten lassen, dass die Beteiligungsrechte des Personalrats nicht durch vermeint-lich beteiligungsfreie Vorentschei-dungen eingeschränkt oder weit-gehend ausgehöhlt werden dürfen. Dieser Gesichtspunkt gilt für die Mitbestimmung bei der Übertra-gung einer höher zu bewertenden Tätigkeit im Beamten- und Arbeit-nehmerbereich gleichermaßen. Die Grundsätze aus dem zitierten Senatsbeschluss vom 8. Dezember 1999 kommen namentlich dann

Eine höher zu bewertende

Tätigkeit liegt vor, wenn die neue Tätigkeit

nach dem anzuwendenden kollektiven Entgelt-

schema einer höheren Entgeltgruppe

als bisher zugeordnet wird.

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Höhergruppierung ausgebrachten Stellen. Es gilt daher keine Tarif-automatik, vielmehr haben die betroffenen Lehrkräfte nur einen Anspruch auf eine ermessensfeh-lerfreie Entscheidung über die an-gestrebte Höhergruppierung. Sie haben in Bezug auf eine Höher-gruppierung eine Rechtsstellung, wie sie Beamte bei einer Beförde-rung haben.

e) Mittelschullehrer mit Lehrbefä-higung für zwei Fächer in Vergü-tungsgruppe III, die zu Fachbera-tern bestellt werden, erhalten mit dieser Bestellung in rechtlich ab-gesicherter Weise eine klar verbes-serte, sich konkret abzeichnende Chance auf Höhergruppierung in Vergütungsgruppe IIa.

aa) Lehrkräfte an Mittelschulen mit Lehrbefähigung für nur ein Fach, die nach Abschnitt A Unterabschnitt II Vergütungsgruppe III Anstriche 2, 4 und 5 Sächsische Lehrer-Richtlinien eingruppiert sind, erhalten mit ih-rer Bestellung zum Fachberater erstmals überhaupt die Chance einer Höhergruppierung nach Ver-gütungsgruppe IIa. Dies ergibt sich aus Nr. 8 der Vorbemerkungen der Sächsischen Lehrer-Richtlinien. Da-nach werden Fachberater bei einer Eingruppierung ebenso behandelt wie Lehrkräfte mit der Befähigung für zwei Fächer. Sie haben die glei-che Aussicht auf Höhergruppie-rung wie diejenigen Lehrkräfte, die in Abschnitt A Unterabschnitt II Vergütungsgruppe III Anstriche 1 und 3 Sächsische Lehrer-Richtlinien eingruppiert sind und deren Tätig-keitsmerkmale denjenigen in Ver-gütungsgruppe IIa entsprechen.

bb) Ebenso haben Lehrkräfte an Mittelschulen mit Befähigung für zwei Fächer durch ihre Be-stellung zum Fachberater eine klar verbesserte Aussicht auf Hö-hergruppierung im Verhältnis zu vergleichbaren Lehrkräften ohne Fachberaterfunktion. Denn sie er-füllen die Qualifikationsanforde-rungen für die Höhergruppierung in Vergütungsgruppe IIa in dop-pelter Weise: einmal durch die Zahl

ihrer Lehrbefähigungen und zum Zweiten durch ihre Bestellung zum Fachberater. Bei dieser Funktion handelt es sich um ein qualitatives Merkmal, welches bei der Entschei-dung über die Höhergruppierung zu Gunsten der betroffenen Lehr-kräfte ins Gewicht fallen kann. Dies ist der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsminis- teriums für Kultus über Fachleiter und Fachberater an öffentlichen Schulen (VwV-Fachleiter/Fachbera-ter) vom 19. März 2008 (MBl SMK S. 249) zu entnehmen. Danach obliegt es den Fachberatern, die Schulaufsichtsbehörden bei der Schulaufsicht zu unterstützen, die Lehrkräfte zu beraten und bei der Lehrerfortbildung sowie bei der Zusammenarbeit mit den Schul-trägern mitzuwirken. Fachberater sind daher wegen Wahrnehmung anspruchs- und verantwortungs-voller Aufgaben im Kreis der Lehr-kräfte herausgehoben. Es ist sach-lich gerechtfertigt und geboten, sie bei der Höhergruppierung ge-genüber solchen Lehrkräften zu begünstigen, die zwar ebenfalls eine Lehrbefähigung für zwei Fä-cher vorweisen können, aber keine Fachberaterfunktion bekleiden.

cc) Dass Fachberater mit Befähi-gung für zwei Fächer eine deutlich bessere Höhergruppierungschan-ce haben, ergibt sich auch aus dem Haushaltsrecht. Ein nennens-werter Teil der BAT O IIa Stellen für Lehrkräfte an Mittelschulen ist für Fachberater reserviert. Wie der Beteiligte be-stätigt, können sich Lehrkräfte mit Befähigung für zwei Fächer, die zu Fachberatern bestellt wur-den, wie bisher auf freie BAT O IIa Stellen für Lehrer bewerben. Zu-sätzlich besteht für sie die Mög-lichkeit der Höhergruppierung über freie Stellen für Fachberater. Diese Möglichkeit haben Lehr-kräfte mit Befähigung für zwei Fächer ohne Fachberaterfunktion nicht.

dd) Werden Lehrkräfte an Mittel-schulen mit Befähigung für zwei Fächer, die bislang in der Vergü-tungsgruppe III eingruppiert sind, zu Fachberatern bestellt, so zeich-net sich damit aus den genannten Gründen zugleich auch die Aus-sicht auf eine Höhergruppierung konkret ab. Dass die Höhergruppie-rung nicht stets – wie in den An-lassfällen – in direktem Anschluss an die Bestellung zum Fachberater erfolgt, sondern früher oder spä-ter bei Verfügbarkeit von Haus-haltsstellen stattfindet, ist für das Mitbestimmungsrecht unschäd- lich.

ee) Der bereits beschriebene Zweck der Mitbestimmung bei der Übertragung einer höher zu be-wertenden Tätigkeit, nämlich die Beteiligung des Personalrats bei weichenstellenden Vorentschei-dungen für eine spätere Höher-gruppierung sicherzustellen, gebie-tet in den hier in Rede stehenden Fällen die Mitbestimmung bei der Bestellung zum Fachberater. Dies ist die maßgebliche Auswahlent-scheidung für die Höhergruppie-rung, soweit es um die Besetzung von BAT O IIa Stellen geht, die im Haushalt für Fachberater reserviert sind. Deswegen muss der Perso-nalrat bereits an der Fachberater-bestellung beteiligt werden. Die Mitbestimmung allein bei der Hö-hergruppierung läuft leer. Er kann

in diesem Stadium der Beteiligung nicht mehr geltend machen, die von der Bestellung zum Fachbera-ter begünstigten Lehrkräfte seien zu Unrecht bevorzugt und poten-zielle Mitbewerber zu Unrecht be-nachteiligt worden. Diese Prüfung anhand des Gleichbehandlungs-grundsatzes sowie des Leistungs-grundsatzes, dessen Einhaltung Abschnitt IV Nr. 3 VwV-Fachleiter/

Beteiligungsrechte des Personalrats

dürfen nicht durch vermeintlich beteiligungs-

freie Vorentscheidungen eingeschränkt oder

weitgehend ausgehöhlt werden.

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Fachberater ausdrücklich vor-schreibt, muss ihm bei der Fachbe-raterbestellung eröffnet werden.

Insofern unterscheidet sich die hier vorliegende Fallvariante, in der die Bestellung zum Fachberater der Höhergruppierung vorausgeht, von der vom Beteiligten angespro-chenen Fallvariante mit umge-kehrter Reihenfolge. Während in der ersten Variante die effiziente

Beteiligung des Personalrats bei der Personalauswahl seine Mitbe-stimmung bei der Fachberaterbe-stellung erfordert, ist dies bei der zweiten Variante nicht der Fall; hier ist die Höhergruppierung selbst die maßgebliche Auswahlentschei-dung, an welche eine effiziente – durch Vorentscheidungen nicht entwertete – Mitbestimmung des Personalrats anknüpft. Die der Höhergruppierung nachfolgende

Fachberaterbestellung ist dage-gen in Bezug auf die Mitbestim-mungstatbestände in § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SächsPersVG belanglos, weil sie nicht ihrerseits mit einer weiteren Höhergruppierung ver-bunden ist. (...)

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Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens auf Weisung der übergeordneten Dienststelle1. Beim Streit zwischen Dienststel-le und Personalrat über das Beste-hen eines Mitbestimmungsrechts sind die Verwaltungsgerichte zur Entscheidung berufen.2. Der Dienststellenleiter darf das Mitbestimmungsverfahren abbrechen, wenn er damit einer Weisung der übergeordneten Dienststelle folgt und sich dabei pflichtgemäß deren Auffassung zu eigen macht, das zunächst an-genommene Mitbestimmungs-recht bestehe in Wahrheit nicht; in einem solchen Fall ist es dem Personalrat unbenommen, das von ihm in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht gerichtlich geltend zu machen. BVerwG, Beschluss v. 28.8.2008 – 6 PB 19.08 –

Zum Sachverhalt

Personalrat und Dienststellenlei-ter hatten im Zusammenhang mit der Zulassung einer Beamtin zum Vorbereitungsdienst für Rechts-pfleger das Bestehen eines Mitbe-stimmungsrechts angenommen. Nachdem der Dienststellenleiter ein Mitbestimmungsverfahren eingeleitet hatte, wies ihn der Lei-ter der übergeordneten Dienststel-le an, das Verfahren abzubrechen, weil ein Mitbestimmungsrecht nicht gegeben sei. Der Dienststel-lenleiter folgte dieser Weisung.

Gegen den Abbruch des Mitbe-stimmungsverfahrens nahm der Personalrat verwaltungsgericht-lichen Rechtschutz in Anspruch. In der zweiten Instanz wurde der Antrag des Personalrats zurück-gewiesen, die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Hiergegen hat der Personalrat Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt.

Aus den Gründen

Die Beschwerde des Antragstel-lers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Ober-verwaltungsgericht gemäß § 78 Abs. 2 SAPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen sind entweder nicht entscheidungser-heblich oder haben keine grund-sätzliche Bedeutung.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage, wenn ihre Klä-rung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt.

Entscheidungserheblich ist sie, wenn die Entscheidung des Rechts-streits von ihrer Beantwortung ab-hängt.

a) Die Entscheidung über die in der Beschwerdeinstanz gestellten Anträge zu 3 und 4 hängt nicht von der Beantwortung einer der Rechtsfragen ab, die der Antrag-steller in der Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde auf-geworfen hat. Diese Anträge sind vielmehr unabhängig davon als unzulässig bzw. offensichtlich un-begründet abzuweisen.

aa) Mit dem Antrag zu 3 will der Antragsteller die Rechtswidrigkeit der streitigen Maßnahme festge-stellt wissen. Hierfür fehlt ihm je-doch die Antragsbefugnis. Eine sol-che hat der Personalrat nur, wenn er durch die begehrte gerichtliche Entscheidung in seiner personal-vertretungsrechtlichen Rechtsposi-tion betroffen werden kann. Weder die förmlichen Beteiligungsrechte noch die allgemeinen Aufgaben des Personalrats berechtigen die-sen, Maßnahmen des Dienststel-lenleiters gerichtlich überprüfen zu lassen. Zwar hat der Personal-rat darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Beschäftigten ge-schaffenen Bestimmungen durch-geführt werden (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 SAPersVG); diese Befugnis kann er

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bruch kann indes keine Rede sein, wenn der Dienststellenleiter mit dem Abbruch einer Weisung der übergeordneten Dienststelle folgt und sich dabei pflichtgemäß deren Auffassung zu eigen macht, das ur-sprünglich angenommene Mitbe-stimmungsrecht bestehe in Wahr-heit nicht. (…)

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Anmerkung

Der Entscheidung des Bundesver-waltungsgerichts ist zuzustimmen. Dies gilt sowohl für die verfahrens- als auch für die materiellrechtlichen Ausführungen. Zu Recht hat das Gericht unter Hinweis auf frühere Entscheidungen betont, dass ei-ner Personalvertretung nach den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder kein Recht zustehe, generell Maßnahmen des Dienststellenleiters gerichtlich überprüfen zu lassen, insbesonde-re nicht solche Maßnahmen, die dieser gegenüber einzelnen Be-schäftigten veranlasst. Dagegen steht einer Personalvertretung der Weg zu den Verwaltungsgerichten in den Fällen offen, in denen es um einen Streit mit dem Dienst-stellenleiter über das Bestehen eines Mitbestimmungs- oder Mit-wirkungsrechts geht. Wenn eine Personalvertretung behauptet, in einer Personalangelegenheit stehe ihr ein Beteiligungsrecht zu, der Dienststellenleiter aber dieser Auf-fassung entgegentritt, dann kann die Personalvertretung durch das zuständige Verwaltungsgericht klären lassen, ob ihre Rechtsauffas-sung zutreffend ist.

Nimmt ein Dienststellenleiter irr-tümlich an, eine von ihm beabsich-tigte personelle Maßnahme unter-liege dem Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung, dann ist er auf Weisung der übergeordneten Dienststelle, die ein Mitbestim-mungsrecht verneint, verpflichtet, das eingeleitete Mitbestimmungs-verfahren abzubrechen. In diesen Fällen verbleibt dem nachgeord-

SAPersVG). Die Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens durch den Dienststellenleiter ersetzt nicht ein fehlendes materielles Mitbestimmungsrecht. Sie kann in dieser Hinsicht auch den Leiter der übergeordneten Dienststelle nicht binden, der im Stufenverfahren mit der Angelegenheit befasst ist (§ 62 Abs. 1 bis 3 SAPersVG). Der Dienst-stellenleiter ist daher berechtigt und verpflichtet, das Mitbestim-mungsverfahren auf Weisung des Leiters der übergeordneten Dienststelle unter Hinweis auf ein fehlendes Mitbestimmungsrecht abzubrechen. Der Personalrat er-leidet dadurch keinen Rechtsver-lust; ihm ist es unbenommen, das von ihm in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht gerichtlich geltend zu machen (§ 78 Abs. 1 Nr. 3 SAPersVG).

(…) Ist die Einigungsstelle angeru-fen worden (§ 62 Abs. 4 und 8 SA-PersVG), so hat diese, bevor sie über die Berechtigung der Einwände des Personalrats gegen die beab-sichtigte Maßnahme entscheidet, über ihre Kompetenz zu befin-

den; diese hängt vom Bestehen des Mitbestim-mungsrechts ab.

Dass beim Streit zwischen Dienst-stelle und Perso-nalrat über das Bestehen des

Mitbestimmungsrechts allein die Gerichte zur Entscheidung berufen sind, ist einhellige Auffassung der Kommentarliteratur zum Bundes-personalvertretungsgesetz. Der in der Beschwerdebegründung wie-dergegebenen Auffassung von Reich (Landespersonalvertretungs- gesetz des Landes Sachsen-Anhalt, 5. Aufl. 2007, § 61 Rn. 1), der Dienst-stellenleiter könne das Mitbestim-mungsverfahren nicht mehr be-liebig abbrechen, wenn er mit der Einleitung des Mitbestimmungs-verfahrens das Mitbestimmungs-erfordernis bejaht habe, soll hier nicht widersprochen werden. Von einem beliebigen Verfahrensab-

auch gerichtlich geltend machen, wenn er sich bei ihrer Wahrneh-mung durch den Dienststellenleiter beeinträchtigt sieht. Ein Klagerecht gegen die Maßnahmen des Dienst-stellenleiters, die dieser gegenüber Beschäftigten erlässt, ist daraus je-doch nicht herzuleiten.

bb) Mit dem Antrag zu 4 macht der Antragsteller einen Anspruch auf Rücknahme der streitigen Maß-nahme geltend. Ein derartiger An-spruch steht ihm auch dann offen-sichtlich nicht zu, wenn man von der Mitbestimmungspflichtigkeit der in Rede stehenden Maßnahme ausgeht. In einem solchen Fall ist der Dienststellenleiter zwar objek-tiv-rechtlich verpflichtet, den Voll-zug der Maßnahme rückgängig zu machen, soweit dies rechtlich und tatsächlich möglich ist; auch hat der Personalrat einen gerichtlich durchsetzbaren verfahrensrecht-lichen Anspruch auf Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens. Einen Anspruch auf Rückgängig-machung der Maßnahme räumt ihm das geltende Personalvertre-tungsrecht jedoch nicht ein. (…)

2. Mit der Divergenzrüge ge-mäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kommt der Antrag-steller ebenfalls nicht zum Zuge. (…)

Die Durchführung des Mitbestim-mungsverfahrens auf der ersten Ebene wie auf den folgenden Ebe-nen (Stufenverfahren, Einigungs-stellenverfahren) setzt voraus, dass die fragliche Maßnahme der Mit-bestimmung des Personalrats un-terliegt (§ 61 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, § 62 Abs. 1 Satz 1 SAPersVG). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den gesetzlichen Mitbestim-mungstatbeständen (§§ 65 ff.

Der Personalrat hat einen Anspruch auf

Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens,

nicht aber auf Rückgängigmachung einer ohne

seine Beteiligung durchgeführten mitbestim-

mungspflichtigen Maßnahme.

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neten Dienststellenleiter kein Er-messensspielraum. Er ist verpflich-tet, der Weisung zu folgen und diese Entscheidung der Personalvertre-tung umgehend bekannt zu geben. Diese erleidet durch den Abbruch des vom Dienststellenleiter bereits eingeleiteten Mitbestimmungsver-fahrens keinen Rechtsnachteil, weil sie – wie bereits ausgeführt – das zuständige Verwaltungsgericht zur Klärung der Frage anrufen kann, ob im konkreten Fall ein Mitbestim-mungsrecht besteht oder nicht.

In gleicher Weise kann eine Per-sonalvertretung dann vorgehen, wenn ein Dienststellenleiter aus

anderen Gründen ein Mitbestim-mungsverfahren abbricht, z. B. dann, wenn er die Auffassung vertritt, dass die von der Perso-nalvertretung vorgetragenen Zu-stimmungsverweigerungsgründe

offensichtlich außerhalb des Mit-bestimmungskatalogs liegen oder wenn er meint, dass die Personal-vertretung rechtsmissbräuchlich handelt.

Dr. W. Ilbertz, Bonn

Keine Umgehung der Mitbestimmung durch Kabinetts- vorlage eines Ministeriums/Mitbestimmungspflichtige Vorbereitungshandlung

Konsequenzen für die Praxis

Wenn ein Dienststellenleiter ein Mitbestimmungsverfahren eingeleitet hat, aber von der übergeordneten Dienststelle zum Abbruch des Verfahrens aufgefordert wird, dann hat er dieser Aufforderung nachzukommen. Die zuständige Personalvertretung kann vor dem Verwaltungsgericht klären lassen, ob der Abbruch des Mitbestimmungsver-fahrens rechtens ist, ob also ein Mitbestimmungsrecht gegeben ist.

1. Eine Umgehung der Mitbestim-mung durch einen Beschluss der Landesregierung kann nur dann angenommen werden, wenn die Landesregierung eine Angelegen-heit allein in der Absicht an sich zieht, ein sonst erforderliches Mit-bestimmungsverfahren zu vermei-den. 2. Die Kabinettsvorlage eines Mi-nisteriums unterliegt nicht als eine der Maßnahme gleichstehende Vorbereitungshandlung der Mit-bestimmung. BVerwG, Beschluss v. 8.10.2008 – 6 PB 21.08 –

Aus den Gründen

Die Beschwerde des Antragstel-lers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 87 Abs. 2 MVPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Der An-tragsteller will geklärt wissen, „ob

eine absichtliche Umgehung des Mitbestimmungsrechts durch Er-stellen einer Beschlussvorlage für einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand (für) das Kabinett fiktiv einer Maßnahme gleichzusetzen ist“. Diese Rechtsfrage rechtfertigt die Zulassung der Rechtsbeschwer-de nicht.

a) Wie die Ausführungen in der Be-schwerdebegründung und die An-tragstellung in den Vorinstanzen belegen, unterstellt der Antrag-steller, dass jede Kabinettsvorlage ein Mitbestimmungsrecht umgeht, wenn eine entsprechende Ent-scheidung des Ministeriums selbst mitbestimmungspflichtig wäre. Diese Auffassung ist eindeutig un-zutreffend, so dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde mangels Klärungsbedürftigkeit der aufge-worfenen Rechtsfrage ausschei-det.

Nach § 1 MVPersVG werden Perso-nalräte nur in Dienststellen gebil-det. Die Landesregierung, welche

aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern besteht (Art. 41 Abs. 2 Verf MV), ist keine Dienststel-le im Sinne des § 8 Abs. 1 MVPersVG. Für eine solche ist charakteristisch, dass sie aus einem Dienststellen-leiter und weisungsabhängigen Beschäftigten besteht (§§ 3 ff., § 8 Abs. 4 Satz 1 MVPersVG). Davon kann bei der Landesregierung mit Blick auf die verfassungsrechtliche Rechtsstellung und Zuständigkeit ihrer Mitglieder nach Art. 45, 46 Verf MV keine Rede sein. Folge-richtig werden Hauptpersonalräte bei den Ministerien in ihrer Eigen-schaft als oberste Dienstbehörden gebildet (§ 46 Abs. 1 MVPersVG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 LBG M V), nicht aber bei der Lan-desregierung.

Schon daraus ergibt sich, dass die „Beteiligungslücke“ in Bezug auf Entscheidungen der Landesregie-rung vom Gesetzgeber gewollt ist; darauf hat das Oberverwal-tungsgericht zutreffend hingewie-sen. Mittelbar ist dies auch den Bestimmungen über die Arbeits-

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gemeinschaft der Hauptperso-nalräte zu entnehmen (§§ 48, 75 MVPersVG). Diese sehen in ressort- übergreifenden Angelegenheiten ein Anhörungsrecht der Arbeitsge-meinschaft vor (§ 75 Abs. 1 Satz 1 MVPersVG), schließen deren Mitbe-stimmung jedoch aus (§ 75 Abs. 1 Satz 2 MVPersVG).

Angesichts dessen kann von einem Umgehen des Mitbestimmungs-rechts der Hauptpersonalräte nach § 73 Abs. 2 MVPersVG nicht die Rede sein, wenn die Landesregierung zu einer ressortübergreifenden Ange-legenheit Beschluss fasst. Dazu ist

sie im Verhältnis zu den Ministe-rien mindestens nach § 6 Abs. 1 Buchst. f ihrer Geschäftsordnung vom 21. Februar 1995, GVOBl M V S. 115, befugt. Dies gilt erst recht für Ausführungsbestimmungen zu einer Rechtsverordnung, zu deren Erlass der Gesetzgeber die Landes-regierung ausdrücklich ermächti-gt. (...) Ist daher der Beschluss der Landesregierung vom 11. Oktober 2002 betreffend die Grundsätze über die Durchführung der glei-tenden Arbeitszeit (AmtsBl M V S. 1438) keine Umgehung der Mit-bestimmung des Antragstellers nach § 70 Abs. 1 Nr. 6 MVPersVG, so kann für dessen Vorbereitung in Gestalt der Kabinettsvorlage des federführenden Ministeriums nichts anderes gelten.

b) Nach alledem kann von einer Umgehung der Mitbestimmung durch einen Beschluss der Landes-regierung nur unter besonderen Umständen ausgegangen werden. Solches ist nur dann anzuneh-men, wenn die Landesregierung eine Angelegenheit allein in der Absicht an sich zieht, ein sonst erforderliches Mitbestimmungs-

verfahren zu vermeiden. In einem solchen Fall sachwidrigen, rechts-missbräuchlichen Verhaltens nach den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben (§§ 162, 242 BGB) das Mitbestimmungsrecht im Sinne der Beschwerdebegründung als gegeben zu betrachten, begegnet ebenfalls keinen Bedenken und be-darf daher nicht erst der Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfah-ren. (...)

2. Mit der Divergenzrüge nach § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kommt der Antrag-

steller gleichfalls nicht zum Zuge. (...)

Danach sind le-diglich der Vor- bereitung einer Maßnahme die-nende Handlun- gen der Dienst-

stelle selbst keine Maßnahmen, wenn sie nicht bereits eine beab-sichtigte Maßnahme vorwegneh-men oder unmittelbar festlegen. Der daraus in der Beschwerde-begründung gezogene Umkehr-schluss, die der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlung einer Dienststelle, die bereits alle Einzelheiten der beabsichtigten Maßnahme unmittelbar festlege, sei einer Maßnahme gleichgestellt, ist zwar nicht unzutreffend. Einen dazu im Widerspruch stehenden Rechtssatz hat das Oberverwal-tungsgericht im angefochtenen Beschluss jedoch nicht aufgestellt.

Abgesehen davon sind mit Vorbe-reitungshandlungen, die ihrerseits den Maßnahmebegriff erfüllen, an-dere Fallgestaltungen gemeint als die vorliegende. In aller Regel kom-men dafür nur Vorbereitungshand-lungen derjenigen Dienststelle in Betracht, welche auch die endgül-tige Entscheidung trifft. Wird da-gegen die endgültige Entscheidung von einer anderen Stelle getroffen, kommt die Mitbestimmungspflich-tigkeit einer vorbereitenden Maß-nahme nur ausnahmsweise dann

in Betracht, wenn ihr mindestens teilweise Verbindlichkeit für die endgültige Entscheidung zukommt. Dies ist z.B. für den Besetzungsvor-schlag des Bürgermeisters wegen seiner Bindungswirkung für die nachfolgende Wahl durch die Ge-meindevertretung angenommen worden. Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Die Kabinettsvorlage bindet die Landesregierung nicht. Auch wenn sie tatsächlich nicht da-von abweicht, ändert dies nichts an ihrer Entscheidungsfreiheit.

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Anmerkung Die Entscheidung entspricht der Rechtslage. Allerdings: Sie of-fenbart zugleich eine Schwäche der Personalvertretungsgesetze, nämlich die, dass Personalvertre-tungen bei allen Entscheidungen mit unmittelbarer Auswirkung auf die Beschäftigten dann nicht zu beteiligen sind, wenn sie von der Bundesregierung bzw. den Lan-desregierungen mit verbindlicher Wirkung für den Gesamtbereich getroffen werden. Eine Ausnah-me besteht in einigen LPersVG (MV, Saar, SH, Thür) insoweit, als dort eine Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte bzw. ein entsprechendes als Gemeinsamer Ausschuss oder Sondervertretung bezeichnetes Gremium anzuhören ist – eine Beteiligungsform, die er-fahrungsgemäß eher frustrierend als aufmunternd wirkt. Der vorlie-gende Fall macht die Ohnmacht von Personalvertretungen für die Fälle deutlich, in denen die jewei-lige Regierung eine bestimmte An-gelegenheit – hier die Aufstellung von Grundsätzen über die Durch-führung der gleitenden Arbeitszeit – einheitlich regelt. Auf Seiten der Personalvertretung kann es keinen Partner der Regierung geben, weil diese keine Dienststelle ist, in der es einen Leiter – ausgestattet mit Weisungsrechten gegenüber den Beschäftigten – gibt. Allerdings gibt es eine Vielzahl von beteili-gungspflichtigen Angelegenheiten,

Der Vorbereitung einer Maß-

nahme dienende Handlungen sind keine

Maßnahmen, wenn sie nicht die beabsichtigte

Maßnahme vorwegnehmen oder

unmittelbar festlegen.

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gibt sich im Übrigen schon aus der Verfassungslage.

Leider hat das Bundesverwaltungs-gericht die aus Beschäftigtensicht nicht unbedingt befriedigende Lage nicht zum Anlass genommen, einen Lösungsweg aufzuzeigen, der darin bestehen könnte, in Fäl-len wie dem vorliegenden nicht alle Einzelheiten durch die Regierung selbst zu regeln, sondern die Regu-larien vor Ort dem jeweiligen Minis- ter zu überlassen, der dann dem Hauptpersonalrat Gelegenheit ge-ben müsste, seine Sicht der Dinge darzulegen und Lösungsvorschläge zu machen, die der speziellen Situa-tion des jeweiligen Verwaltungsbe-reichs in besonderem Maße Rech-nung trägt .Einer solchen Lösung könnten wegen der Rechtspre-chung des Bundesverwaltungsge-richts verfassungsrechtliche Be- denken nicht entgegengehalten werden; denn bei Nichteinigung stünde dem Minister das Letztent-scheidungsrecht zu.

Dr. W. Ilbertz, Bonn

Ein Beteiligungsrecht kann – wie das Gericht zutreffend festge-stellt hat – auch nicht über eine sog. Vorbereitungsmaßnahme in Gestalt einer Kabinettsvorlage kon-struiert werden. Denn eine solche Vorlage bindet die Regierung nicht. Selbst wenn sie sich der Vorlage an-schließt, so ist dies doch eine eige-ne Entscheidung (Maßnahme), die von einer Personalvertretung nicht beeinflusst werden kann. Das er-

die eine Regierung verbindlich für die Bundes- bzw. die Landesver-waltungen regeln kann (z.B. Inhalt von Personalfragebogen, Beurtei-lungsrichtlinien), ohne dass Perso-nalvertretungen einwirken können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn – wie das Bundesverwaltungsgericht feststellt – eine Regierung nur in der Absicht eine einheitliche Rege-lung anstreben würde, um das Mit-bestimmungsrecht zu umgehen.

Konsequenzen für die Praxis

1. Wenn eine Regierung (Bundes- oder Landesregierung) eine Maßnahme aus den gesetzlichen Beteiligungskatalogen einheit-lich und verbindlich für den Gesamtbereich regelt, dann fehlt es an einer Personalvertretung, die zu beteiligen wäre. Eine Aus- nahme bilden die Personalvertretungsgesetze der Länder M-V, Saarland, SH, Thüringen, die Arbeitsgemeinschaften der Haupt-personalräte bzw. entsprechende Gremien kennen, die anzu- hören sind.2. Ein Beteiligungsrecht besteht auch dann nicht, wenn ein Ministerium eine Kabinettsvorlage erarbeitet, weil es sich da-bei nicht um eine Maßnahme handelt, die unmittelbar in den Rechtsstand der Beschäftigten eingreift. Erst die Regierung entscheidet, sie ist es, die die Maßnahme erlässt.

Neunmonatige Zuweisung eines beurlaubten Beamten zu Vivento-Service-Center als vorläufige Maßnahme nach § 69 Abs. 5 BPersVGEinem Beamten kann ohne seine Zustimmung nicht nur dauerhaft, sondern auch vorübergehend eine Tätigkeit bei einem Tochterunter-nehmen der Telekom AG zugewie-sen werden.VGH Hessen, Beschluss v. 25.6.2008 – 1 B 1024/08 –

Aus den Gründen Die fristgerecht eingegangene und auch ansonsten zulässige Be-schwerde ist nicht begründet. Die von dem Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, bieten

keinen Anlass zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Zu Recht hat das Verwaltungsge-richt den Zuweisungsbescheid der Antragsgegnerin vom 14. Febru-ar 2008 weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig eingestuft und bei der Abwägung der wechselsei-tigen Interessen dem öffentlichen Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung des Bescheides den Vorzug vor dem Aufschubinteresse des Antragstel-lers gegeben. Der Senat nimmt daher gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Gründe des ange-fochtenen Beschlusses Bezug und

weist ergänzend auf Folgendes hin:

Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Zuweisung des An-tragstellers zur Vivento Customer Services GmbH als Servicecenter-Agent für die Zeit vom 18. Febru-ar 2008 bis 18. November 2008 können sich daraus ergeben, dass die Antragsgegnerin die immerhin neun Monate umfassende Zuwei-sung des Antragstellers mangels Zustimmung des Betriebsrats der Niederlassung Personalbetreuung für zu Töchtern beurlaubte Mitar-beiter (PBM-NL) im Personalservice Telekom (PST – kurz: Betriebsrat PST) auf der Grundlage von § 69

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Abs. 5 BPersVG ausgesprochen hat. Denn gemäß § 28 Abs. 1 PostPers- RG ist der Betriebsrat in den An-gelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1 BPersVG sowie nach § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 PostPersRG zu beteiligen. Er hat gemäß § 29 Abs. 1 PostPersRG bei diesen Maß-

nahmen ein Mitbestimmungsrecht, auf das § 77 BPersVG entsprechend anzuwenden ist, d. h. die Zustim-mungsverweigerung ist innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen (§ 29 Abs. 2 PostPers- RG) und die Zustimmung darf nur aus den in § 77 Abs. 2 BPersVG ge-nannten Gründen verweigert wer-den. § 29 Abs. 3 PostPersRG regelt weiter, dass die Einigungsstelle anzurufen ist, wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat in den Fällen des § 76 Abs. 1 BPersVG sowie des § 4– Abs. 4 Satz 1 bis 3 PostPersRG keine Einigung erzielt werden kann. Die Einigungsstel-le soll binnen zwei Monaten ent-scheiden. Gemäß § 29 Abs. 4 Post-PersRG gilt die Regelung des § 69 Abs. 5 BPersVG entsprechend, d. h. der Leiter der Dienststelle kann bei Maßnahmen, die der Natur der Sa-che nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Er hat dem Betriebsrat die vorläu-fige Regelung mitzuteilen und zu begründen und unverzüglich das Einigungsstellenverfahren einzu- leiten.

Die Antragsgegnerin hat zwar nach der Ablehnung durch den Betriebs-rat PST die Zuweisung des Antrag-stellers zur Vivento Customer Ser-vices GmbH nur vorläufig auf der Grundlage von § 69 Abs. 5 BPersVG ausgesprochen und auch den Be-triebsrat mit Schreiben vom 25.

Februar 2008 über die vorläufige Maßnahme sowie die Einleitung des Einigungsstellenverfahrens informiert. Fraglich erscheint je-doch, ob auf der Grundlage einer derartigen vorläufigen Regelung die befristete Zuweisung von An-fang an für neun Monate ausge-

sprochen werden durfte, obgleich nach der aus-drücklichen ge-setzlichen Vorga- be in § 29 Abs. 3 Satz 1 PostPersRG die anzurufen- de Einigungsstel-le binnen zwei

Monaten entscheiden soll und damit die für neun Monate ausge-sprochene Zuweisung voraussicht-lich länger dauern wird als das Eini-gungsstellenverfahren in Anspruch nimmt. Denn im Gewand der vor-läufigen Maßnahme darf nicht die endgültige Maßnahme bereits durchgesetzt werden. Zudem hat die Antragsgegnerin selbst beim Betriebsrat der aufnehmenden Vivento Customer Services GmbH (Betriebsrat VCS) zunächst nur die Zustimmung zur befristeten Zu-weisung bis 30. Juni 2008 erbeten und mit Schreiben vom 21. Februar 2008 erhalten, so dass möglicher-weise eine zunächst bis 30. Juni 2008 befristete Zuweisung den Interessen der Antragsgegnerin in ausreichendem Maße Rechnung getragen hätte.

Andererseits ist mittlerweile be-reits absehbar, dass sich das Mitbe-stimmungsverfahren doch länger hinziehen wird, nachdem der Be-triebsrat PST das Verwaltungsge-richt Berlin an- gerufen und die Antragsgegnerin gegen die Ent- scheidung des Verwaltungsge- richts Beschwer- de eingelegt hat. Auch hat der Betriebsrat VCS mit Schreiben vom 29. Mai 2008 seine Zustimmung zur Verlängerung der Befristung bis 18. November 2008 erklärt. Darüber hinaus nimmt

der Zuweisungsbescheid vom 14. Februar 2008 ausdrücklich auf die bislang fehlende Zustimmung des Betriebsrats Bezug und be-zeichnet die Maßnahme als eine vorübergehende Zuweisung bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahrens. Diese For-mulierung deutet darauf hin, dass die Antragsgegnerin die Zuwei-sung von sich aus aufheben wird, wenn zwischen der Antragsgeg-nerin und dem Betriebsrat rechts-kräftig geklärt ist, ob der Betriebs-rat seine Zustimmung zu Recht verweigert hat oder die Grenzen einer nach § 69 Abs. 5 BetrVG er-laubten Maßnahme überschritten worden sind. Die formellen Zweifel führen deshalb noch nicht dazu, die Zuweisungsentscheidung der Antragsgegnerin als offensichtlich rechtswidrig einzustufen.

Materiell ist die Zuweisung jeden-falls insoweit rechtmäßig, als die Antragsgegnerin sie auf § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 PostPersRG gestützt hat und dabei davon ausgegangen ist, dass nicht nur für eine dauer-hafte Zuweisung, sondern auch für eine vorübergehende Zuwei-sung – wie sie hier als vorläufige Maßnahme verfügt worden ist – die Zustimmung des Beamten nicht erforderlich ist. Denn inso-weit spricht der gesetzessyste-matische Zusammenhang von § 4 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 PostPersRG – wie das Verwaltungsgericht zu-treffend ausgeführt hat – dafür, dass die Zustimmungspflichtigkeit an den Umstand geknüpft ist, ob dem Beamten eine Tätigkeit bei

irgendeinem Unternehmen oder ob ihm eine Tätigkeit bei einem Tochterunternehmen der Telekom AG zugewiesen werden soll. Nur wenn er konzernfremd bei einem

Das Erfordernis der Zustimmung

des Beamten ist daran geknüpft, ob ihm

eine Tätigkeit bei irgendeinem Unternehmen

oder bei einem Tochterunternehmen

der Telekom AG ...

... zugewiesen werden soll: erforderlich

ist die Zustimmung nur bei konzernfremdem

Einsatz bei einem völlig anderen Arbeitgeber.

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völlig anderen Arbeitgeber be-schäftigt werden soll, ist seine Zu-stimmung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 PostPersRG erforderlich, und dies bereits dann, wenn nur eine vorü-bergehende Tätigkeit geplant ist. Dauerhafte Zuweisungen zu kon-zernfremden Unternehmen sieht § 4 Abs. 4 PostPersRG überhaupt nicht vor. Im Gegensatz dazu ist bei der Verwendung in einem Toch-terunternehmen der Telekom AG nicht einmal die dauerhafte Zu-weisung an die Zustimmung des Beamten geknüpft; für eine nur vorübergehende Zuweisung be-steht noch weniger eine besondere Schutzwürdigkeit, so dass hier das Zustimmungserfordernis erst recht nicht greift.

Fraglich erscheint allerdings jen-seits des Zustimmungserforder-nisses, ob dem Antragsteller in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG eine „dem Amt entsprechende Tätigkeit“ übertra-gen werden soll und die Zuweisung „nach allgemeinen beamtenrecht-lichen Grundsätzen zumutbar ist“. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich die zugewiesene Tätigkeit als Servicecenter-Agent für den An-tragsteller als technischer Beamter des mittleren Dienstes (A 9 BBesO) als amtsangemessen erweist. Ge-gen die Bewertung als amtsan-gemessen mag zunächst die dem Antragsteller von Vivento ausge-händigte Aufgabenbeschreibung für Servicecenter-Agenten spre-chen, die unter „Ausbildungsni-veau“ keine besondere Ausbildung oder Berufserfahrung verlangt und funktionsspezifisches Fachwissen innerhalb von ein bis zwei Mona-ten als erwerbbar einstuft. Demge-genüber hat die Antragsgegnerin mit ihrer Checkliste „konzerninter-ne/konzernexterne Zuweisung“ für die Tätigkeit als Call-Center-Agent ein Anforderungsprofil vorgelegt, das eine abgeschlossene Berufs-ausbildung sowie für den oberen Bereich der Beamten des mittleren

Dienstes (A 7 bis A 9) auch völlig selbstständiges und eigenverant-wortliches Arbeiten voraussetzt. Diese beiden Aufgabenbeschrei-bungen stehen in ihren Eingangs-anforderungen in deutlichem Wi-derspruch zueinander, der sich im Rahmen des Eilverfahrens nicht weiter aufklären lässt. In der nach-folgenden Kurzbeschreibung der wahrzunehmenden Aufgaben fin-det sich in beiden Auflistungen eine Reihe von weniger anspruchsvollen Tätigkeiten, wie Kundenanrufe ak-tiv entgegennehmen oder proaktiv durchführen und in der Kunden-datenbank do-kumentieren; ob derartige Tätig-keiten der Lauf-bahn des mittle-ren Dienstes und innerhalb dessen der Besoldungsgruppe A 9 ent-sprechen, mag immerhin fraglich sein. Andererseits soll jedoch auch erfolgreiche Kundenreaktivierung und Verkaufsberatung (so die Checkliste Call-Center-Agent) bzw. Verkaufsberatung und erfolgreiche Kundenreaktivierung und Kunden-rückgewinnung (so die Aufgaben-beschreibung von VCS) durchge-führt werden, was bei qualifizierter Kundenbetreuung sicherlich hö-here Ansprüche an den jeweils tä-tigen Call-Center-Agenten stellt. Insofern lässt sich jedenfalls nicht ohne weiteres ausschließen, dass der von der Antragsgegnerin gezo-gene Vergleich mit dem früher im Back-Office tätigen Agenten, der von seiner Einstufung her einem Beamten des mittleren Dienstes entsprach, zutrifft. Zumindest eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zuweisung lässt sich demgemäß auch aus mangelnder Amtsangemessenheit nicht herleiten.

Bei der somit anzustellenden Ab-wägung der Interessen des Antrag-stellers und der Antragsgegnerin

ist das Verwaltungsgericht mit zu-treffenden Überlegungen zu dem Ergebnis gekommen, dass das In-teresse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung über-wiegt, da sie auf die sofortige Be-setzung der freien Arbeitsplätze im Customer Service Center – Stand-ort Frankfurt – angewiesen ist und ansonsten fremde Arbeitneh-mer einstellen müsste, während der Antragsteller voraussichtlich ohne Beschäftigung bliebe. Denn nachdem er dem Übergang seines früheren Arbeitsverhältnisses zur

Nokia Siemens Networks Services Deutschland GmbH und Co. KG auf Grund des Betriebsübergangs widersprochen hat, ist damit zu rechnen, dass die Alternative zur Beschäftigung bei Vivento Custo-mer Services in dem Zustand des perspektivlosen Zuwartens be-stünde, dem zahlreiche Beamte der Personalbetreuungsgesellschaften bei der Deutschen Telekom AG aus-gesetzt sind. Andererseits sind be-sondere Nachteile der – vorüberge-henden – Beschäftigung im Service Center Frankfurt weder vorgetra-gen noch ersichtlich. Insbesondere werden keine entgegenstehenden familiären Belange in dem Anhö-rungsbogen erwähnt, und auch entfernungsmäßig erscheinen die wenigen Kilometer mehr gegen-über der früheren Arbeitsstelle in Gießen jedenfalls befristet bis zu einer personalvertretungsrecht-lichen Klärung ohne weiteres zu-mutbar. (...)

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Eine Zuweisung ist nach allgemeinen

beamtenrechtlichen Grundsätzen nur dann

zumutbar, wenn die zugewiesene Tätigkeit

amtsangemessen ist.

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Die Arbeitgeberin hat zuletzt be-antragt, die Zustimmung des Be-teiligten zu 2 zur Umgruppierung/Eingruppierung des Herrn B. L. (...) zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt: Der Antrag wird abgewiesen. (...) Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben und festgestellt, dass die Zustim-mung des Betriebsrats zur Um-gruppierung/Eingruppierung des Herrn B. L. (...) als erteilt gilt. (...)

Gegen diesen dem Betriebsrat am 10. Dezember 2007 zugestellten Beschluss wendet er sich mit sei-ner mit Schriftsatz vom 28. De-zember 2007 – eingegangen beim Landesarbeitsgericht als Telefax am gleichen Tag – eingereichten Beschwerde. (...)

Die Arbeitgeberin beantragt Zu-rückweisung der Beschwerde. (...)

Aus den Gründen

Die zulässige Beschwerde des Be-triebsrats erweist sich als unbe-gründet und ist deshalb zurück-zuweisen. Das Arbeitsgericht hat auf den Antrag der Arbeitgeberin zu Recht festgestellt, dass die Zu-stimmung des Betriebsrats zur Ein-gruppierung/Umgruppierung der Arbeitnehmer B. L. (...) als ersetzt gilt. Der vom Betriebsrat zunächst per E-Mail erhobene Widerspruch ist formunwirksam. Das später zu-gegangene Widerspruchsschreiben ist verfristet. (...)

2. Die Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Be-schluss zu Recht festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitneh-mer B. L. und R. S. nach Tarifvertrag Vergütungssystem Lufthansa Tech-nik/Informationstechnologie vom

Noch vor dem 8. Dezember 2006 forderte der Betriebsrat die Ar-beitgeberin auf, Arbeitsplatzbe-schreibungen für die Fachkräfte 2/Logistik, Lagerverwaltung und den Sacharbeiter 2/Logistik. Lagerver-waltung und die prozentuale Auf-teilung der Tätigkeiten zu ergän-zen, was seitens der Arbeitgeberin am 8. Dezember 2006 erfolgte.

Am 13. Dezember 2006 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, überarbeitete Arbeitsplatz-beschreibungen vorzulegen, was nicht geschah. Mit E-Mail vom 18. Dezember 2006 widersprach der Betriebsrat dem Zustimmungs-verlangen der Arbeitgeberin unter Hinweis auf § 99 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Der Betriebsrat übermittelte zu diesem Zweck am Montag, dem 18. Dezember 2006 um 16.51 Uhr die von der Arbeitgeberin vorgelegte E-Mail. Als Anhang zu dieser Mail war das Widerspruchsschreiben beigefügt. Erst am 27. Dezember 2006 ist der Arbeitgeberin das vom Betriebs-ratsvorsitzenden unterzeichnete Widerspruchsschreiben zugegan-gen. (...)

Mit Antragsschrift vom 26. April 2007 hat die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht Stuttgart das vor-liegende Beschlussverfahren ein-geleitet. Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, das Beteiligungs-verfahren sei ordnungsgemäß eingeleitet worden und der Be-triebsrat habe auch innerhalb der verlängerten Widerspruchsfrist nicht formgerecht widersprochen. Die E-Mail vom 18. Dezember 2006 genüge dem Gebot der Schriftlich-keit nach § 99 Abs. 3 BetrVG nicht. Das Originalschreiben sei erst am 27. Dezember 2006 und folglich nach Ablauf der verlängerten Frist eingegangen und damit unbe-achtlich. In der Sache selbst seien die Zustimmungsverweigerungs-gründe ebenfalls nicht gegeben.

Die Zustimmungsverweigerung eines Betriebsrats gegen eine personelle Maßnahme entspricht nicht dem Schriftlichkeitsgebot aus § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, wenn diese in elektronischer Form ohne qualifizierte elektronische Signatur im Sinne von § 126a BGB übermittelt wird.LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 1.8.2008 – 5 TaBV 8/07 –

Zum Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat (Beteiligter zu 2) seine Zustimmung zur Eingruppie-rung/ Umgruppierung der Arbeit-nehmer B. L. und R. S. am Standort S. ordnungsgemäß und zu Recht verweigert hat, und zwar insbeson-dere darüber, ob die Zustimmungs-verweigerung des Betriebsrats per E-Mail frist- und vor allem formge-mäß erfolgt ist.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) ist ein Logistik-Dienstleistungs-unternehmen und gehört dem „Deutsche Lufthansa-Konzern“ an. Sie beschäftigt weit mehr als 20 Arbeitnehmer in ihrem Unterneh-men. Der Beteiligte zu 2 ist der am Standort S. gebildete – einköpfige – Betriebsrat. (...)

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2006 leitete die Arbeitgeberin das Beteiligungsverfahren beim Betriebsrat nach § 99 BetrVG für die zehn am Standort S. beschäf-tigten Arbeitnehmer ein und ver-längerte zugleich die Frist nach § 99 Abs. 3 BetrVG bis zum 21. Dezember 2006. Die Arbeitgebe-rin ließ den Betriebsrat in diesem Zusammenhang weiter wissen, dass sie davon ausginge, ihm alle für die Entscheidung relevanten Unterlagen vorgelegt zu haben, wenn nicht bis 8. Dezember 2006 Gegenteiliges schriftlich mitgeteilt werde.

Formungültigkeit einer ohne elektronische Signatur per Mail versandten Zustimmungsverweigerung

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könne. In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht aus-geführt, dass es sich bei dem Wi-derspruch nach § 99 Abs. 2 BetrVG nicht um ein Rechtsgeschäft, son-dern um eine rechtsgeschäftsähn-liche Handlung handele, weshalb § 126 BGB nicht unmittelbar, son-dern nur insoweit anwendbar sei, wie der Normzweck und die Inte-ressenlage eine entsprechende An- wendung erfordern würden. Bei einer Fax-Kopie sei eine entspre-chende Anwendung des § 126 BGB nicht erforderlich, Zweck des Schriftlichkeitsgebotes nach § 99

Abs. 3 BetrVG sei, es zu gewähr-leisten, dass der Arbeitgeber auf sichere Weise Kenntnis von den Gründen erhält, die den Betriebs-rat zur Zustimmungsverweigerung bewogen hätten. Der Arbeitgeber solle sich auf der Grundlage der Zustimmungsersetzung eine Ein-schätzung über die Erfolgsaussich- ten eines Zustimmungsersetzungs-verfahrens nach § 99 Abs. 4 Betr- VG verschaffen können. Diesem Zweck würde auch eine Fax-Kopie genügen. Der mit § 126 BGB unter anderem auch bezweckte Überei-lungsschutz spiele bei § 99 Abs. 3 BetrVG demgegenüber überhaupt keine Rolle. Der mit dieser Norm zugleich verfolgte Beweiszweck über die Identität des Ausstellers und die Vollständigkeit der Urkun-de werde durch eine bildliche Wie-dergabe der Originalurkunde mit-tels Telefax ausreichend erfüllt. Ein insoweit erhöhtes Fälschungsrisiko könne vernachlässigt werden.

ccc) In der Literatur wird teilweise vertreten, dass zur Wahrung des Schriftlichkeitsgebotes nach § 99 Abs. 3 BetrVG eine Unterschrift überhaupt nicht erforderlich sei und die elektronische Übermitt-

personellen Maßnahmen gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als er-teilt gilt, da der Betriebsrat die-sen nicht im Sinne von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unter Angabe von Gründen schriftlich innerhalb der bis 21. Dezember 2006 verlänger-ten Frist widersprochen hat. Die E-Mail vom 18. Dezember 2006 stellt keinen formgemäßen Wi-derspruch dar, denn die E-Mail genügt nicht dem Erfordernis der Schriftlichkeit im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG. Die Beschwerde-kammer kann deshalb offen lassen, ob das Schreiben inhaltlich über-haupt den An-forderungen ei- nes ordnungsge-mäßen Wider-spruches genügt.

aa) Nach der Auffassung der Beschwerdekam- mer genügt die Übermittlung des Widerspruches als Anlage zur E-Mail am 18. De-zember 2006 nicht dem Schriftlich-keitsgebot von § 99 Abs. 3 BetrVG. Die Beschwerdekammer schließt sich jedoch der bislang wohl über-wiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur an und geht davon aus, dass Schrift-lichkeit auch das Erfordernis einer Unterschrift umfasst und eine ohne qualifizierte Signatur über-mittelte E-Mail diesem Erfordernis nicht genügt.

aaa) Teilweise wird vertreten, dass Schriftlichkeit im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG die Schriftform nach § 126 BGB meine und deshalb eine Urkunde mit eigenhändiger Unter-schrift des Ausstellers – regelmä-ßig des Betriebsratsvorsitzenden – erfordere.

bbb) Das Bundesarbeitsgericht hat in jüngerer Zeit die Anforderungen an die Schriftlichkeit im Rahmen der Betriebsverfassung modernen Kommunikationstechniken ange-passt und so etwa entschieden, dass auch eine per Telefax über-mittelte Kopie zur Wahrung des Schriftlichkeitsgebotes genügen

8. Juli 2006 als erteilt gilt. Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass das Beteiligungsverfahren von der Arbeitgeberin ordnungsge-mäß eingeleitet wurde (dazu unten a) und dass die Zustimmungsver-weigerung des Betriebsrats per E-Mail am 18. Dezember 2006 nicht formgemäß erfolgte (dazu unten b) und ein anderes Ergebnis sich auch nicht aus Überlegungen der Treuwidrigkeit ergebe (dazu unten c). Ob sich der Betriebsrat auf die im erstinstanzlichen Verfahren an- gezogenen Verweigerungsgründe überhaupt berufen könnte, lässt die Kammer offen.

a) Die Arbeitgeberin hat das Betei-ligungsverfahren nach § 99 BetrVG ordnungsgemäß in Gang gesetzt.

aa) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unterneh-men mit mehr als 20 Arbeitnehmern den Betriebsrat unter anderem vor jeder Eingruppierung/Umgruppie-rung zu unterrichten, ihm die erfor-derlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; die Arbeitgeberin hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Aus-wirkungen der geplante Maßnah-me zu geben. Der Betriebsrat kann sich nur dann sachgemäß zu einer geplanten personellen Maßnahme äußern, wenn er zuvor vom Arbeit-geber umfassend und rechtzeitig informiert wird.

bb) Gemessen hieran hat die Ar-beitgeberin spätestens am 8. De-zember 2006 das Beteiligungsver-fahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG wirksam eingeleitet. (...)

b) Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG hat der Betriebsrat dem Arbeit-geber die Verweigerung seiner Zustimmung innerhalb der Frist von einer Woche bzw. einer ver-längerten Frist schriftlich mitzu-teilen. Erfolgt dies nicht, so gilt die Zustimmung als erteilt. Das Arbeitsgericht hat zutreffend fest-gestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zu den genannten

Das Schriftlichkeitsgebot des

§ 126 BGB soll u.a. Identität des Ausstellers

und Vollständigkeit der Urkunde beweisen;

dem wird mit einer Fax-Kopie

Genüge getan.

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rat in vielen Unternehmen und so auch im Unternehmen der Arbeit-geberin in großem Maße aus Grün-den der Zeit- und Kostenersparnis über E-Mail abgewickelt wird. Der Gesetzgeber des Betriebsverfas-sungsreformgesetzes des Jahres 2001 hat die Nutzung moderner Kommunikationsmittel in der Be-triebsverfassung eingefordert und deshalb § 40 Abs. 2 BetrVG geän-dert, um klarzustellen, „dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Betriebsrat auch Informations- und Kommunikationstechnik als mo-derne Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören vor allem Computer mit entsprechender Software, aber auch die Nutzung im Betrieb oder Unternehmen vor-handener moderner Kommunika-tionsmöglichkeiten.“ Auch in der Einführung zur Gesetzesbegrün-

dung wird die Bedeutung der Modernisierung der Arbeitsbe-dingungen auch des Betriebsrats durch Nutzung moderner Tech-niken betont. Gleichwohl hat

der Gesetzgeber das Erfordernis der Schriftlichkeit der Zustimmungs-verweigerung des Betriebsrats in § 99 Abs. 3 BetrVG und § 102 Abs. 2 BetrVG unverändert belassen.

Ebenfalls im Jahr 2001 wurde erst-mals § 126a BGB eingeführt und damit eine die gesetzliche Schrift-form des § 126 BGB an die moder-nen Kommunikationsmittel ange-passte Möglichkeit zur Wahrung der Schriftform gesetzlich gere-gelt. Es bestehen deshalb keine Be-denken, eine den Anforderungen des § 126a BGB genügende E-Mail als „schriftlich“ im Sinne des § 99 Abs. 3 BetrVG anzusehen; im Ge-genschluss aber muss dies dazu führen, dass eine den Anforde-rungen des § 126a BGB nicht ent-sprechende E-Mail diesen Anforde-rungen nicht genügt.

cc) Die Kammer hat in diesem Zu-sammenhang nicht zu klären, wie

zu entscheiden wäre, wenn der Be-triebsrat das Widerspruchsschrei-ben vom 18. Dezember 2006, das er der E-Mail als Anlage beigefügt hatte, zunächst unterschrieben und das unterschriebene Exemplar eingescannt und so als Anlage zur E-Mail versandt hätte. In einem sol-chen Fall, in dem danach das Origi-nal des Widerspruchsschreibens dem Arbeitgeber noch zugeht, liegt eine dem Telefax sehr ähnliche Si-tuation vor. Im Entscheidungsfall hat der Betriebsrat aber lediglich die Textdatei als Anlage zur E-Mail versandt.

c) Die Arbeitgeberin ist auch nicht gehindert, sich auf den Formman-gel des Widerspruches des Betriebs-rats zu berufen. Zum einen liegt in dieser Berufung kein Verstoß gegen den Grundsatz der vertrau-ensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Arbeitge-berin mit dem Betriebsrat häufig über E-Mail kommuniziert, ergibt sich auf der Grundlage des Vor-trages des Betriebsrats nach Auf-fassung der Kammer kein hinrei-chender Anhaltspunkt dafür, dass die Arbeitgeberin auch im Rahmen des § 99 Abs. 3 BetrVG Widersprü-che per E-Mail akzeptiert. Es kann deshalb offen bleiben, ob dies wie vom Arbeitsgericht angenommen unerheblich wäre, weil die fehlende Schriftlichkeit von Amts wegen zu berücksichtigen wäre.

aa) Die Berufung der Beklagten auf den Formmangel ist nicht rechts-missbräuchlich. Aus dem Vortrag des Betriebsrats lassen sich keine Anhaltspunkte erkennen, dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat gegenüber einen Vertrauenstat-bestand dahingehend geschaffen hat, sie werde eine Zustimmungs-verweigerung per E-Mail als ord-nungsgemäß anerkennen. Dage- gen spricht schon, dass der Be- triebsrat, nachdem er der Arbeit-geberin per E-Mail seinen Wider-spruch übermittelt hat, das Wider-spruchsschreiben mit Unterschrift versehen auch noch auf dem Post-weg an die Arbeitgeberin übermit-

lung eines Widerspruchsschrei-bens per E-Mail oder Computer-Fax ohne Wahrung der elektronischen Form der § 126 Abs. 3, § 126a BGB, das heißt ohne qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz, ausreichend sei.

bb) Nach Auffassung der Beschwer-dekammer genügt jedoch eine E-Mail ohne qualifizierte Signatur nach § 126a BGB dem Schriftlich-keitsgebot des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht.

Für diese Auffassung sprechen die besseren Argumente. Anders als bei einem Telefax, bei dem zumin-dest eine Kopie der vorhandenen Original-Urkunde übermittelt wird, ist dies bei einer E-Mail ohne qua-lifizierte Signatur nicht gegeben. Durch eine solche E-Mail wird der

Arbeitgeber zwar über die Wider-spruchsgründe des Betriebsrats un-terrichtet und kann sich damit auch ein Bild hinsichtlich der Erfolgsaus-sichten eines Zustimmungserset-zungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG unter Zugrundelegung der Ausführungen des Betriebsrats ma-chen. Zu berücksichtigen ist auch, dass eine einfache E-Mail ohne qua-lifizierte Signatur dem nicht völlig unberücksichtigt bleibenden Zweck – über den Absender bzw. den Ur-heber des Widerspruches Klarheit zu haben – nicht genügt wird. Die Beweisfunktion des Schriftlich-keitsgebotes über die Identität des Ausstellers und die Vollständigkeit der übermittelten Urkunde darf nach Auffassung der Kammer nicht vollständig aufgegeben werden.

Die Kammer verkennt nicht, dass im Zeitalter moderner Kommuni-kationsmedien die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Betriebs-

Wird das unterschriebene Original-

Widerspruchsschreiben eingescannt und als

Anlage zu einer unsignierten E-Mail versandt,

so entsteht eine dem Telefax sehr

ähnliche Situation.

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telt hat. Dies spricht dafür, dass dem Betriebsrat bewusst war, dass seine Zustimmungsverweigerung der Arbeitsgeberin schriftlich zu-gehen muss und eine E-Mail nicht ausreicht.

bb) Der Arbeitgeberin ist die Be-rufung auf den Formmangel aber auch nicht deshalb verwehrt, weil sie die Verzögerung der Beförde-rung des Originalschreibens des Betriebsrats zu vertreten hätte. Grundsätzlich trägt das Risiko einer nicht rechtzeitigen Übermittlung einer rechtserheblichen Erklärung der Übermittelnde. Das ist im Ent-scheidungsfall der Betriebsrat. Daran ändert auch nichts, dass im Unternehmen der Arbeitgeberin für unternehmensinterne Postvor-gänge ein besonderes Post-System vorhanden ist und dessen Nutzung allgemein vorgesehen und auch vor-geschrieben ist. Dem Vortrag des Betriebsrats lässt sich nicht entneh-men, dass dieses „Mailing-System“ im Hinblick auf die damit versand-ten rechtserheblichen Erklärungen besonders langsam arbeiten würde oder gar die Arbeitgeberin Einfluss auf die Geschwindigkeit der Beför-derung genommen habe. Die in-soweit allenfalls als Andeutungen zu verstehenden Erklärungen des Betriebsrats sind nicht geeignet, einen Treuwidrigkeitsvorwurf zu begründen. Das Arbeitsgericht hat bereits in seinem Beschluss darauf hingewiesen, dass Verzögerungen im Postlauf gerade in der Vorweih-nachtszeit nichts Außergewöhn-liches seien und vom Betriebsrat hätten einkalkuliert werden müs-sen. (...)

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Anmerkung

Der Beschluss des Landesarbeitsge-richts Baden-Württemberg befasst sich mit der für die Praxis der täg-lichen Arbeit der Betriebsräte wich-tigen Frage, ob ein Widerspruch nach § 99 Abs. 2 BetrVG wirksam ist, wenn er per E-Mail erfolgt ist. Gemäß § 99 Abs. 3 BetrVG hat der

Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung unter Angabe von Gründen inner-halb einer Woche nach Unterrich-tung schriftlich mitzuteilen. Nach Auffassung des BAG genügt für die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG Schrift-lichkeit (BAG v. 11.6.2002 – 1 ABR 43/01). Es bedürfe nicht der gesetz-lichen Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB. Auf rechtsgeschäfts-ähnliche Handlungen würden die Vorschriften über Willenserklä-rungen keine Anwendung finden. Die §§ 125, 126 BGB gälten somit für eine Zustimmungsverwei-gerung nach § 99 Abs. 3 BetrVG nicht unmittelbar. Auch eine ana-loge Anwendung komme nicht in Betracht, da der Normzweck und die Interessenlage dies nicht ver-langen würden. Das Erfordernis

der Schriftlichkeit des § 99 Abs. 3 BetrVG solle gewährleisten, dass der Arbeitgeber auf sichere Weise Kenntnis von den Gründen erhalte, die den Betriebsrat zur Verwei-gerung der Zustimmung bewo-gen hätten. Der Arbeitgeber solle sich auf dieser Grundlage Klarheit über die Erfolgsaussicht eines Eini-gungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG verschaffen können. Die-sem Klarstellungszweck entspricht nach Ansicht des BAG ein Verwei-gerungsschreiben, das per Telefax übermittelt wird.

Diesen Grundsätzen folgend hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden, dass die Zustimmungsverweigerung eines Betriebsrats gegen eine per-

sonelle Maßnahme nicht dem Schriftlichkeitsgebot des § 99 Abs. 3 BetrVG entspricht, wenn diese in elektronischer Form ohne qualifizierte elektronische Signatur im Sinne von § 126 a BGB übermit-telt wird. Eine ohne Unterschrift vermittelte „einfache“ E-Mail kann dem Schriftlichkeitsgebot nicht genügen, da eine eigenhändige Unterschrift fehlt. Diese Ansicht ist zutreffend.

Eine derartige nicht unterzeich-nete Zustimmungsverweigerung entspricht lediglich der gesetz-lichen Textform des § 126 b BGB. § 99 Abs. 3 BetrVG verlangt aber die Schriftlichkeit und nicht ledig-lich die Textform. Um die Identität des Ausstellers zu beweisen und die Vollständigkeit der Zustimmungs-verweigerung zu manifestieren,

bedarf es zumindest einer bild-lichen Wiedergabe einer auf dem Original vorhandenen Unterschrift. Daher genügt die Übermittlung der Unterschrift mittels eines Tele-fax dem Schriftlichkeitsgebot des § 99 Abs. 3 BetrVG. An einer Wie-dergabe der Unterschrift fehlt es aber bei einer „einfachen“ E-Mail, da eine derartige Unterschrift nicht vorhanden ist.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat auch zutreffend festgestellt, dass sich die Arbeit-geberin nicht treuwidrig auf den Formmangel berufen hatte. Das Berufen auf die Einhaltung von Formvorschriften ist regelmä-ßig nicht treuwidrig im Sinne des § 242 BGB. Formvorschriften dür-

Konsequenzen für die Praxis

1. Eine einfache E-Mail entspricht weder der gesetzlichen Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB noch dem Erfordernis der Schriftlichkeit nach § 99 Abs. 3 BetrVG. 2. Widersprüche nach § 99 Abs. 3 BetrVG müssen entweder im Original – unterschrieben vom Betriebsratsvorsitzenden bzw. dem Vorsitzenden des zuständigen Ausschusses – oder per Fax, das vor Absendung an den Arbeitgeber ebenfalls die entsprechende Unterschrift tragen muss, dem Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist zugehen.

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ZfPR online 11/2008 | Seite 21 von 23

ZfPR online Rechtsprechung in Leitsätzen

fen im Interesse der Rechtssicher-heit nicht aus bloßen Billigkeits-erwägungen außer Acht gelassen werden. Daher sind nach der Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs Ausnahmen nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, eine Rechtsposition an einem

Formmangel scheitern zu lassen. Hierbei werden strenge Maßstä-be angelegt. Das Ergebnis darf die betroffene Partei nicht bloß hart treffen, sondern es muss schlecht-hin untragbar sein (vgl. BGH IV ZR 197/97 v. 24.4.1998). Dem folgend werden von der Rechtsprechung zwei Fallgruppen als Ausnahme anerkannt, in denen ein Berufen

auf eine Formvorschrift treuwidrig sein kann. Dies sind zum einen die Existenzgefährdung des einen Teils und zum anderen die Fälle einer besonders schweren Treuepflicht-verletzung des anderen Teils. Für beides liegen keinerlei Anhalts-punkte vor.

Stefan Sommer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

Rechtsprechung in Leitsätzen

Weiterbeschäftigungsan-spruch

Weiterbeschäftigungsanspruch ei- nes Jugendvertreters/Stellung des Antrags auf Auflösung des Arbeits-verhältnisses im Hochschulbe-reich/Anschlussrechtsbeschwerde des PersonalratsDer hauptamtliche Vizepräsident einer staatlichen Hochschule in Niedersachsen ist zur Antragstel-lung nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG befugt, wenn ihm die Kompetenz zur Entscheidung in Personalan-gelegenheiten von Arbeitnehmern übertragen ist; eine Kompetenz zur ständigen Vertretung des Präsi-denten steht ihm nicht zu.

Eine Anschlussrechtsbeschwer-de des im Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG beteiligten Perso-nalrats, mit welcher er die Rechts-beschwerde des Jugendvertreters unterstützt, ist unzulässig. BVerwG, Beschluss v. 8.7.2008 – 6 P 14.07 –

Stellenbesetzung

Fortsetzung des Bewerbungsver-fahrens- im Schadensersatzan-spruch/Gleichwertigkeit von Fä-higkeitenDer aus Art. 33 Abs. 2 GG abgelei-tete Anspruch auf Übertragung der ausgeschriebenen Stelle oder auf Wiederholung der Auswahlent-scheidung setzt voraus, dass das begehrte öffentliche Amt noch zu vergeben ist. Dieser „Bewerbungs-

verfahrensanspruch“ endet, wenn die ausgeschriebene Stelle verbind-lich einem anderen Bewerber über-tragen wurde.

Einem im Bewerbungsverfah-ren unterlegenen Bewerber kön-nen nach verbindlicher Besetzung der Stelle mit einem fehlerhaft ausgewählten Konkurrenten Scha-densersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG zustehen. Diese setzen voraus, dass dem unterlegenen Bewerber die Stelle nach den Grundsätzen der Besten-auslese gem. Art. 33 Abs. 2 GG hät-te übertragen werden müssen.

Setzt das Anforderungsprofil einer zu besetzenden Stelle eine wissenschaftliche Hochschulaus-bildung oder gleichwertige Fähig-keiten und Erfahrungen voraus, ist der Nachweis der Gleichwertigkeit nicht an eine bestimmte Form ge-bunden. Die Gleichwertigkeit muss nur objektiv bestehen. Es bleibt dem Arbeitgeber überlassen, in welcher Form er den Leistungsver-gleich zwischen den Bewerbern vornimmt, sofern ihm nicht gesetz-liche Vorschriften ein bestimmtes Verfahren vorschreiben.

Bei einer Stelle mit Personalfüh-rungsaufgaben ist der Führungsstil ein geeignetes Auswahlkriterium gem. Art. 33 Abs. 2 GG. Der Arbeit-geber bestimmt allein, ob er einen kooperativen oder einen direktiven Führungsstil bevorzugt. Es ist des-halb nicht zu beanstanden, wenn er trotz fachlicher Gleichwertig-keit den Bewerber mit dem bevor-

zugten kooperativen Führungsstil auswählt.(Orientierungssätze der Richte-rinnen und Richter des BAG)BAG, Urteil v. 19.2.2008 – 9 AZR 70/07 –

Dienstliche Beurteilung

Begründungspflicht bei ver-schlechternder Beurteilung/Ver-weis auf in Beurteilerkonferenz erstellte RankinglisteHat der ursprüngliche unmittelbare Vorgesetzte den Beamten in der Beurteilungsnotiz besser beurteilt als der nachfolgende Vorgesetz-te, so hat dieser die abweichende, deutlich niedrigere Beurteilung zu erläutern und zu begründen. Ein bloßer Verweis auf die Mehrheits-entscheidung der Beurteilerkonfe-renz und der hier erstellten Ran-kingliste reicht insoweit nicht aus.VG Lüneburg, Urteil v. 20.2.2008 – 1 A 130/06 –

Anspruch auf Verlängerung der Ar-beitszeit/Höherwertiger Arbeits-platzTeilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer haben nach § 9 TzBfG einen An-spruch auf Verlängerung ihrer Ar-beitszeit auf einem „entsprechen- den“ freien Arbeitsplatz, wenn sich keine besser geeigneten Konkur-renten bewerben. Um einen „ent-sprechenden“ Arbeitsplatz handelt es sich regelmäßig nur dann, wenn die zu besetzende Stelle dieselben Anforderungen an die Eignung des

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ZfPR online 11/2008 | Seite 22 von 23

ZfPR online Rechtsprechung in Leitsätzen

Arbeitnehmers stellt wie die bisher ausgeübte Tätigkeit. Ein Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit in einer höherwertigen Funktion be-steht lediglich im Ausnahmefall.(Auszug Pressemitteilung BAG Nr. 70/08)BAG, Urteil v. 16.9.2008 – 9 AZR 781/07 –

Besoldungs-/Entgeltrecht

Mehrarbeit teilzeitbeschäftigter Lehrerinnen/Diskriminierungsver-botLeisten teilzeitbeschäftigte Lehre-rinnen vergütungspflichtige Mehr- arbeit, so gebietet das Diskrimi-nierungsverbot des Art. 141 EG, jedenfalls diejenige Mehrarbeit wie reguläre Stunden zu vergüten, die die Arbeitszeit vollzeitbeschäf-tigter Lehrer nicht übersteigt.BVerwG, Urteil v. 13.3.2008 – 2 C 128.07 –

Wechselschichtzulage bei Bereit-schaftszeiten von Rettungssanitä-ternNach dem am 1.10.2005 in Kraft getretenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst erhalten Be-schäftigte, die ständig Wechsel-schichtarbeit leisten, eine Zulage von monatlich 105 € und einen Zu-satzurlaub.

Auch die im Rettungsdienst üblichen Bereitschaftszeiten kön-nen in Wechselschicht geleistet werden und die entsprechenden Leistungen auslösen.BAG, Urteil v. 24.9.2008 – 10 AZR 669/07 –

Teilzeit- und Befristungsrecht

Befristung des Arbeitsvertrags und SchriftformerfordernisEine nur mündlich vereinbarte Befristung ist nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig, so dass bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich verein-barten Befristung führt nicht dazu,

dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird.

Der Arbeitgeber kann den Ab-schluss eines befristeten Arbeits-vertrags von der Unterzeichnung einer Vertragsurkunde durch den Arbeitnehmer abhängig machen. Ein ihm gegenüber bis zur Arbeits-aufnahme abgegebenes schrift-liches Vertragsangebot kann der Arbeitnehmer regelmäßig nur durch eine den Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB genügende An-nahmeerklärung annehmen.

Der Arbeitgeber macht sein Angebot auf Abschluss eines be-fristeten Arbeitsvertrags von einer schriftlichen Annahmeerklärung des Arbeitnehmers abhängig, wenn er dem Arbeitnehmer – ohne vorangegangene Absprache – ein von ihm bereits unterschriebenes Vertragsformular mit der Bitte um Unterzeichnung übersendet.

Hat der Arbeitgeber den Ab-schluss des befristeten Arbeits-vertrags von der Einhaltung des Schriftformerfordernisses abhän-gig gemacht, kann der Arbeitneh-mer ein ihm vorliegendes schrift-liches Vertragsangebot nicht durch die Arbeitsaufnahme konkludent, sondern nur durch die Unterzeich-nung der Vertragsurkunde anneh-men.(Orientierungssätze der Richte-rinnen und Richter des BAG)BAG, Urteil v. 16.4.2008 – 7 AZR 1048/06 –

Kündigungsrecht

Fristlose Kündigung/Beginn der Zweiwochenfrist bei Zuwarten des Arbeitgebers auf rechtskräf-tige Verurteilung als Kündigungs- grund Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB bzw. des § 54 Abs. 2 BAT beginnt, wenn der Kündigungs-berechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsver-hältnisses zumutbar ist oder nicht.

Ist die Frist bereits angelaufen, so kann sie gleichwohl gehemmt werden. Während den Arbeitgeber vor Fristbeginn grundsätzlich kei-ne Obliegenheiten zur Aufklärung treffen, muss er nach Kenntnis vom Kündigungssachverhalt mit der gebotenen Eile vorgehen: Er weiß nunmehr, dass – aus seiner Sicht – ein Kündigungsgrund vorliegt und dass er kündigen kann. Innerhalb der Frist muss er entscheiden, ob er kündigen will und die Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer er-klären.

Ein Kündigungsberechtigter darf den Aus- bzw. Fortgang eines Strafermittlungs- bzw. eines Straf-verfahrens abwarten und seinen Kündigungsentschluss davon ab-hängig machen. Insbesondere kann er die Kündigung auf die rechts-kräftige Verurteilung stützen.

Dies ist ein rechtsstaatlich zwar nicht gebotenes, in jedem Fall aber gerade im Sinne des Arbeitnehmers angemessenes Vorgehen. Der Ar-beitgeber gibt damit zu erkennen, dass er die Kündigung nur auf einen zur rechtskräftigen Verurteilung im Strafverfahren ausreichenden Tatsachenstand stützen will und die rechtskräftige Verurteilung aus seiner Sicht ein eigenes Gewicht hat, das sie zu einem Element des Kündigungsgrundes macht.(Orientierungssätze der Richte-rinnen und Richter des BAG)BAG, Urteil v. 5.6.2008 – 2 AZR 25/07 –

Tarifvertragsrecht

Vergleichsentgelt bei Überleitung von Arbeitnehmern aus dem BAT in den TVöDNach § 5 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) ist für die Zuordnung der Beschäftigten zu den Stufen der Entgelttabelle des TVöD ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge zu bilden. Ist der Beschäftigte mit einer Per-

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ZfPR online 11/2008 | Seite 23 von 23

ZfPR online Rezension

son verheiratet, die nach beam-tenrechtlichen Grundsätzen einen Familienzuschlag erhält, wird gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA bei der Bildung des Vergleichsentgelts die Stufe 1 des Ortszuschlags zu Grun-de gelegt. Demgegenüber wird bei einem Angestellten, der mit einer Person verheiratet ist, die in der Privatwirtschaft tätig ist, der hö-here Ortszuschlag Stufe 2 (Verhei-ratetenzuschlag) berücksichtigt.

Die Tarifvertragsparteien wa-ren berechtigt, bei der Bildung des Vergleichsentgelts zur Sicherung des Besitzstands den Ortszuschlag zu berücksichtigen. Die Übergangs-regelung trägt dem besonderen fa-milienbezogenen Charakter dieses Zuschlags Rechnung. Da der Ehe-partner, der in einem Beamten-verhältnis steht, ab dem Zeitpunkt der Überleitung des Arbeitsver-hältnisses seines Partners in den TVöD statt des halben den vollen Verheirateten-Bestandteil des Fa-milienzuschlags erhält, haben die

Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden weiten Gestaltungs-spielraum nicht überschritten.(Auszug Pressemitteilung BAG Nr. 84/08)BAG, Urteil v. 30.10.2008 – 6 AZR 682/07 –

Tariflicher Abfindungsanspruch bei Personalabbau im öffentlichen Dienst der neuen BundesländerNach § 4 Abs. 1 und 2 des Tarif-vertrags zur sozialen Absicherung hat ein unter den BAT-O fallender Arbeitnehmer, dessen Arbeitsver-hältnis aus Gründen des Personal-abbaus gekündigt wird, einen An-spruch auf eine Abfindung in Höhe von einem Viertel der letzten Mo-natsvergütung für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit.

Einem Personalabbau steht nicht entgegen, wenn in anderen Bereichen, in denen die gekündig- ten Arbeitnehmer nicht einsetzbar sind, Neueinstellungen vorgenom-men werden.

(Auszug Pressemitteilung BAG Nr. 83/08)BAG, Urteil v. 30.10.2008 – 6 AZR 738/07 –

Telearbeit

Fahrkosten bei Dienstreisen eines Beamten bei häuslichem Telear-beitsplatzDer häusliche Telearbeitsplatz des Beamten ist an den festgelegten Heimarbeitstagen Dienststätte im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 4 des Lan-desreisekostengesetzes Rheinland-Pfalz.

Die Fahrkosten einer Dienstrei-se, die der zur Telearbeit berech-tigte Beamte an einem Heimarbei-tstag an seiner Wohnung antritt und beendet, sind in voller Höhe dienstlich veranlasste Mehrauf-wendungen.BVerwG, Urteil v. 24.4.2008 – 2 C 14.07 –

Rezension

Impressum

Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion, Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin.Schriftleitung: Ass. iur. Susanne Süllwold, Dreizehnmorgenweg 36, 53175 Bonn, Telefon 02 28.307 78 90, Telefax 02 28.307 78 89, E-Mail: [email protected] Erscheinungsweise: monatlich.Bezug: ausschließlich für Bezieher der Printausgabe. Preis Jahresabonnement Printausgabe: 29,00 € (inkl. Porto); der Bezugspreis für ZfPR Rechtsprechungsdienst online ist darin bereits enthalten. Für Personalratsmitglieder einerMitgliedsgewerkschaft des dbb ist der Bezugspreis für Print- und Onlineausgabe im Mitgliedsbeitrag enthalten.Nähere Informationen zur Printausgabe: http://www.dbb.de/dokumente/zfpr/2006/info_printausgabe_zfpr.pdfUrheberrechte: Nachdruck, Herstellung fotografischer Vervielfältigungen, Mikrofilme u.ä. – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Verlags.Verlag: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Telefon 030.726 19 17-0, Telefax 030.726 19 17-40,E-Mail: [email protected].

ThüsingArbeitnehmerüberlassungsgesetz2. Auflage 2008; XXVIII, 624 Seiten; kartoniertEUR 68,00ISBN 978-3-406-57566-2C. H. Beck Verlag, München

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Nach Redaktionsschluss:

DNeuG im Bundestag beschlossen

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