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RADARVOLUMENDESKRIPTORENVON … · 2007-09-05 · Er ist vollkommen bestimmt durch die...

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RADARVOLUMENDESKRIPTOREN VON NIEDERSCHLAGSZELLEN ZUR QUANTITATIVEN NIEDERSCHLAGSSCH ¨ ATZUNG S. TR ¨ OMEL, C. SIMMER Meteorologisches Institut, Universit¨ at Bonn 1 EINLEITUNG Zentrales Ziel des von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) gef¨ orderten Projektverbunds AQUARadar (A dvances in Qu antitative A real Precipitation Estimation by Radar ) ist es den Informationsgehalt der r¨ aum- lichen und zeitlichen Variabilit¨ at des 3-dimensionalen Radarvolumens zu entschl¨ usseln, um die quantitative Niederschlagssch¨ atzung zu verbessern. Ungeachtet der Forschung des letzten halben Jahrhunderts entsprechen die quantitativen Fl¨ achensch¨ atzer noch immer nicht den Anforderungen der Hydrologie und noch immer ist eine der ersten ver¨ offentlichten Z-R-Beziehungen, von Marshall et. al (1955), die meistgenutzte operationelle Interpretation der Radarreflektivit¨ aten. Wir m¨ ochten nun das Konzept herk ¨ ommlicher Z-R-Beziehungen verlas- sen und charakterisieren in der hier vorgestellten Herangehensweise das betrachtete Niederschlagssystem und seine Entwicklung ¨ uber seine Lebenszeit. Mit der Suche nach integralen Radarvolumendeskriptoren (IRVD) ur die Niederschlagssch¨ atzung gehen wir davon aus, daß die raum-zeitliche Struktur eines betrachteten Nie- derschlagsereignisses gen¨ ugend Information liefert um die Niederschlagssch¨ atzung gegen¨ uber der Anwendung traditioneller Z-R-Beziehungen signifikant zu verbessern. 2 GRUNDLAGEN Den Startpunkt unserer Analysen liefern Doneaud et al. (1981), die bereits 1981 Niederschlagssch¨ atzer aus Radardaten lieferten ohne von einer Z-R-Beziehung Gebrauch zu machen. Ihnen gelingt, den Volumennieder- schlag V eines einzelnen Niederschlagsereignisses in North Dakota mit ¨ uberraschender Genauigkeit anzuge- ben, indem sie lediglich die horizontale Ausdehnung und die Dauer des Niederschlags betrachten. Genauer gesagt geht ausschließlich das sogenannte Raum-Zeit-integral ATI ¨ uber das Gebiet mit Reflektivit¨ aten oberhalb einer bestimmten Schwelle τ ¨ uber die Lebenszeit des Ereignisses in die Sch¨ atzung ein. Unter Verwendung der Reflektivit¨ atsschwelle τ =25 dBZ fanden Doneaud et al. den Zusammenhang V =3.7 · AT I (1) mit einem Korrelationskoeffizienten von 0.98. Die Volumenniederschlagsrate V t (in m 3 s -1 ) ist definiert als das Produkt aus der betrachteten Fl¨ ache A und der mittleren Regenrate R in dieser Fl¨ ache. Das Integral ¨ uber die Zeit liefert folglich den Volumenniederschlag V. Ebenso verwenden Doneaud et al. weitere Schwellen und stellen fest, daß der Faktor mit dem Schwellenwert τ ansteigen muß, da mit ansteigendem Schwellenwert die eingeschlossene Fl¨ ache abnimmt und der Volumenniederschlag erhalten werden muß. Zun¨ achst konnte keine ¨ uberzeugende Erkl¨ arung f¨ ur den Zusammenhang in Gleichung 1 geliefert werden. Jedoch greifen Atlas et al. (1990) diese Methode wieder auf und liefern eine einheitliche Theorie f¨ ur die Sch¨ atzung 1. ... des totalen Niederschlags eines individuellen konvektiven Ereignisses ¨ uber seine Lebenszeit 2. ... und des fl¨ achenweiten instantanen Niederschlags von einer Vielzahl solcher Ereignisse unter der ausschließlichen Verwendung der Fl¨ ache des Ereignisses mit Reflektivit¨ aten oder ¨ aquivalenten Re- genintensit¨ aten oberhalb einer bestimmten Schwelle τ . Atlas et al. zeigen, daß die Theorie auf der Existenz einer gutm¨ utigen, nahezu konstanten Wahrscheinlich- keitsdichtefunktion der Regenintensit¨ aten R, entweder von einem Niederschlagssystem (im Fall 1) ¨ uber seine 1
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RADARVOLUMENDESKRIPTOREN VON NIEDERSCHLAGSZELLEN ZUR QU ANTITATIVENNIEDERSCHLAGSSCHATZUNG

S. TROMEL, C. SIMMER

Meteorologisches Institut,Universitat Bonn

1 EINLEITUNG

Zentrales Ziel des von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geforderten Projektverbunds AQUARadar(Advances inQuantitativeAreal Precipitation Estimation byRadar) ist es den Informationsgehalt der raum-lichen und zeitlichen Variabilitat des 3-dimensionalen Radarvolumens zu entschlusseln, um die quantitativeNiederschlagsschatzung zu verbessern. Ungeachtet der Forschung des letzten halben Jahrhunderts entsprechendie quantitativen Flachenschatzer noch immer nicht den Anforderungen der Hydrologie und noch immer isteine der ersten veroffentlichten Z-R-Beziehungen, von Marshall et. al (1955), die meistgenutzte operationelleInterpretation der Radarreflektivitaten. Wir mochten nun das Konzept herkommlicher Z-R-Beziehungen verlas-sen und charakterisieren in der hier vorgestellten Herangehensweise das betrachtete Niederschlagssystem undseine Entwicklung uber seine Lebenszeit. Mit der Suche nach integralen Radarvolumendeskriptoren (IRVD)fur die Niederschlagsschatzung gehen wir davon aus, daß die raum-zeitliche Struktur eines betrachteten Nie-derschlagsereignisses genugend Information liefert um die Niederschlagsschatzung gegenuber der Anwendungtraditioneller Z-R-Beziehungen signifikant zu verbessern.

2 GRUNDLAGEN

Den Startpunkt unserer Analysen liefern Doneaud et al. (1981), die bereits 1981 Niederschlagsschatzer ausRadardaten lieferten ohne von einer Z-R-Beziehung Gebrauch zu machen. Ihnen gelingt, den Volumennieder-schlag V eines einzelnen Niederschlagsereignisses in North Dakota mit uberraschender Genauigkeit anzuge-ben, indem sie lediglich die horizontale Ausdehnung und dieDauer des Niederschlags betrachten. Genauergesagt geht ausschließlich das sogenannte Raum-Zeit-integral ATI uber das Gebiet mit Reflektivitaten oberhalbeiner bestimmten Schwelleτ uber die Lebenszeit des Ereignisses in die Schatzung ein.Unter Verwendung derReflektivitatsschwelleτ=25 dBZ fanden Doneaud et al. den Zusammenhang

V = 3.7 · ATI (1)

mit einem Korrelationskoeffizienten von 0.98. Die VolumenniederschlagsrateVt (in m3s−1) ist definiert alsdas Produkt aus der betrachteten Flache A und der mittlerenRegenrate R in dieser Flache. Das Integral uberdie Zeit liefert folglich den Volumenniederschlag V. Ebenso verwenden Doneaud et al. weitere Schwellen undstellen fest, daß der Faktor mit dem Schwellenwertτ ansteigen muß, da mit ansteigendem Schwellenwert dieeingeschlossene Flache abnimmt und der Volumenniederschlag erhalten werden muß. Zunachst konnte keineuberzeugende Erklarung fur den Zusammenhang in Gleichung 1 geliefert werden. Jedoch greifen Atlas et al.(1990) diese Methode wieder auf und liefern eine einheitliche Theorie fur die Schatzung

1. . . . des totalen Niederschlags eines individuellen konvektiven Ereignisses uber seine Lebenszeit

2. . . . und des flachenweiten instantanen Niederschlags voneiner Vielzahl solcher Ereignisse

unter der ausschließlichen Verwendung der Flache des Ereignisses mit Reflektivitaten oder aquivalenten Re-genintensitaten oberhalb einer bestimmten Schwelleτ .Atlas et al. zeigen, daß die Theorie auf der Existenz einer gutmutigen, nahezu konstanten Wahrscheinlich-keitsdichtefunktion der Regenintensitaten R, entweder von einem Niederschlagssystem (im Fall 1) uber seine

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Lebenszeit oder aber von einer Vielzahl von Systemen zu einem Zeitpunkt (im Fall 2), beruht.Im ersten Fall liefert die Gleichung von Doneaud et al.

V = S(τ)(ATI) (2)

mit dem schwellwertabhangigen Faktor S(τ ) den produzierten Volumenniederschlag. Das bereits erwahnteFlachen-Zeit-Integral ATI kann approximiert werden durch die Summe uber n sukzessive Zeitperioden∆ti,multipliziert mit den Flachenai mit Reflektivitaten großerτ im i-ten Zeitintervall:

ATI =

∫ ∫

dAdt ≈∑

i

ai∆ti. (3)

Im zweiten Fall liefert

< R >= S(τ)F (τ) mit F (τ) =A(τ)

Ao

(4)

die mittlere Niederschlagsrate< R >, wobei A(τ ) die Flache mit Reflektivitaten oberhalb der Schwelleτ undAo die insgesamt betrachtete Flache bezeichnet.In beiden Fallen ist der Faktor

S(τ) =

0RP (R)dR

τP (R)dR

(5)

maßgeblich fur den angestrebten Niederschlagsschatzer. Er ist vollkommen bestimmt durch die klimatologi-sche PDF des Regimes, definiert als der Erwartungswert der Niederschlagsrate R dividiert durch dieUber-schreitungswahrscheinlichkeit des Schwellenwertesτ . Bei der Betrachtung eines Niederschlagssystems uberseine Lebenszeit beinhaltet S(τ ) die Statistik der Regenrate uber Raum und Zeit. Damit ATI ein nutzliches Maßfur den Volumenniederschlag ist, muß das System verschiedene Stadien durchlaufen, d.h. verschiedene Regen-raten uber die Flache uber die es hinwegstreicht verteilen, um nahezu dieselbe Verteilung zu reproduzieren wiejedes andere System auch. Die Variabilitat in den resultierenden Verteilungen von System zu System ist fur dieStreuung um die Regressionslinie von V und ATI verantwortlich. Diese Streuung erscheint laut Literatur jedochbeachtenswert klein, so, daß die klimatologische Verteilung als lokale fur die V-ATI-Beziehung verwendet wer-den kann und bei gegebenenτ ein konstanter Faktor zum Niederschlagsschatzer fuhrt.Andererseits hangt dieExistenz einer reprasentativen Regenverteilung in einerMomentaufnahme im Beobachtungsgebiet (2. Fall) vonder Prasenz einer großen Anzahl von Zellen in verschiedenen Entwicklungsstadien ab.In dieser Arbeit widmen wir uns jedoch ausschließlich dem ersten Ansatz und charakterisieren Niederschlags-systeme und deren Entwicklungsstadien uber ihre Lebenszeit. Zunachst wird in Kapitel 3 die Datengrundla-ge der Analysen beschrieben und in Kapitel 4 der Niederschlagsschatzer von Doneaud et al. verifiziert. An-schließend soll die Methode durch die Hinzunahme weiterer IRVD erweitert und verbessert werden. Bisherberucksichtigte Deskriptoren werden in Kapitel 5 erlautert. In Kapitel 6 werden schließlich die Ergebnisseder Niederschlagsschatzung unter Verwendung der zusatzlichen Deskriptoren dargelegt. Am Ende stehen eineZusammenfassung und der Ausblick.

3 DATENGRUNDLAGEN:PSEUDO-RADARDATEN,MODELLIERTE NIEDERSCHLAGE, RADIOSON-DENAUFSTIEGE, 100 NIEDERSCHLAGSSYSTEME

Radare liefern zeitlich und raumlich hochaufgeloste Informationen uber den Niederschlag im betrachteten Um-kreis. Im Rahmen der Analysen ebenso benotigte Niederschlagsbeoabachtungen am Boden beinhalten jedocheine raumlich deutlich geringere Stationsdichte und stellen einen weiteren Unsicherheitsfaktor auf dem Weg ei-nes auf Radarvolumendeskriptoren basierenden Niederschlagsschatzers dar. Durch die Verwendung von Datendes Lokalmodells (LM), dem mesoskaligen Wettervorhersagemodell des Deutschen Wetterdienstes (DWD),konnen einerseits Fehlerquellen durch unzureichende Datengrundlage bzgl. hochaufgeloster Niederschlags-beobachtungen und andererseits zusatzliche Problematiken bzgl. der Radardaten wie Dampfung, Clutter undAbschattungseffekte zunachst umgangen werden.Im Rahmen dieser Arbeit finden nun die Reflektivitaten und Niederschlagswerte des Lokalmodells vom 17.Juli 2004, 8. Juli 2005 und 19. August 2005 in raumlicher Auflosung von 0.025 Grad und 10-minutiger zeit-licher Aufosung Verwendung. Beide Parameter liegen in 50 Schichten des hybriden Koordinatensystems des

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LMs vor. Auf die Reflektivitatsfelder am Boden (der untersten Schicht) fanden die wesentlichen Konzepte desSARTrE- (Scale Adaptive Radar Tracking Environment) Tracking Algorithmus (Simon, 2004) Anwendung umbislang 100 Niederschlagszellen zwischen 1 bis 10.5h zu verfolgen. Der SARTrE-Tracking Algorithmus bein-haltet wesentliche Grundzuge digitaler Bildverarbeitung. Einzelne, verfolgte Niederschlagssysteme sind durchKanten begrenzt. Als Kanten werden wiederum diejenigen Pixel definiert, an denen die Reflektivitaten starkvariieren und somit eine Nullstelle in der 2. Ableitung aufweisen. So folgt nach einem anfanglichen Glattendes Reflektivitatsfeldes mit einem Gaußkernel, die Anwendung des Mexican-Hat-Operators und anschließendeZellenbildung durch Kantenlokalisierung. Durch die Anwendung des Gaußkernels kann das verwendete Radar-bild mit ansteigender Standardabweichungσ in immer grobere Skalen abstrahiert werden und liefert somit dieMoglichkeit das Augenmerk der Analysen auf Niederschlagssysteme unterschiedlicher Große zu lenken.Zur Erstellung einer Modellgleichung stehen bislang 100 verfolgte Niederschlagssysteme der 3 betrachtetenModelltage zur Verfugung. In Tabelle 1 sind die Verteilungder berucksichtigten Niederschlagssysteme aufdie 3 Modelltage und die vorgenommenen Glattungen des Reflektivitatsfeldes ersichtlich. Zur Illustration sind

Tabelle 1: 100 betrachtete Niederschlagssysteme.Datum σ des Gaußkernels Anzahl

17. Juli 2004 6 2614 6

8. Juli 2005 6 1510 2014 5

19. August 2005 6 1610 12

in Abbildung 1 der erste und letzte Zeitschritt der Verfolgung eines Niederschlagssystems vom 17.07.2004(Glattung durch Gaußkernel mitσ = 6) dargestellt. Das System ist uber 19 Zeitschritte, also 3.17h, bis zurVerschmelzung mit einem weiteren Niederschlagssystem, verfolgt worden.Einige der in Kapitel 5.1 vorgestellten integralen Radarvolumendeskriptoren benotigen weitere Informatio-

Abbildung 1: Rot umrandet ist beispielhaft ein Niederschlagssystem vom 17.07.2004 im ersten und letztenZeitschritt des Beobachtungsintervalls dargestellt. DieFarbskala beschreibt das Reflektivitatsfeld in dBZ.

nen neben dem 3-dimensionalen Reflektivitatsfeld. Die Schatzung der Sattigungsmischungsverhaltnisse in ver-schiedenen Hohen (siehe effektive Effizienz) oder die Hohe der 0oC-Schicht (siehe Brightbandanteil) basierenauf Kentnissen des vertikalen Druck- und Temperaturfeldes. Diese werden nicht der Ausgabe des Lokalmodellsentnommen, sondern den Aufstiegen an der dem verfolgten System nachstgelegenen, zur Vefugung stehen-den Radiosondenstation entnommen. Fur die betrachteten Tage stehen Daten der Radiosondenstationen von

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Schleswig (54:32N, 9:33O), Greifswald (54:06N, 13:24O), Emden-Konigspolder (53:21N, 7:13O), Bergen(52:49N, 9:56O), Essen-Bredeney (51:24N, 6:58O), Fritzlar (51:08N, 9:17O), Oppin (51:33, 12:04O), Mei-ningen (50:34N, 10:23), Idar-Oberstein (49:42N, 7.20O), Stuttgart (48:50N, 9:12O), Kummerbruck (49:26N,11:54O) und Oberschleissheim (48:15N, 11:33O) vom Deutschen Wetterdienst zur Verfugung. Die Aufstiegeliegen bestenfalls fur die Termine 0 Uhr, 6 Uhr, 12 Uhr und 18Uhr vor. Verwendung findet jeweils der Aufstiegdes zeitlich nachstgelegenen Termins zu Beginn der Beobachtung des Niederschlagssystems an der raumlichnachstgelegenen Radiosondenstation.

4 VERIFIKATION VON DONEAUDS BASISGLEICHUNG

Die Methode von Doneaud et al. mit der Basisgleichung V=S(τ) ATI liefert einen ersten Ansatz zur Nieder-schlagsschatzung aus Radardaten ohne die Verwendung einer Z-R-Beziehung. Diese Methode soll nun zunachstauf Basis der 100 betrachteten Niederschlagssysteme der drei genannten Modelltage verifiziert werden. In Ab-bildung 2 ist links fur alle 100 Niederschlagssysteme der Volumenniederschlag V gegen das FlachenzeitintegralATI unter Verwendung der Reflektivitatsschwelleτ = 18dBZ aufgetragen, wobei jedoch entgegen DoneaudsBasisgleichung im Rahmen der Regression zugelassen wurde,daß die Regressionslinie nicht durch den Ur-sprung geht. Die Grafik auf der rechten Seite ist unter Ausschluß der 11 großten Volumenniederschlage V en-standen. In der linken Grafik betragt die erklarte Varianzr2 = 73% und der Faktor S(τ = 18dBZ)=3.43mm/h,wahrend in der rechten Grafik S(τ = 18dBZ)=2.92mm/h und die erklarte Varianzr2 = 68% betragt. Auf

Abbildung 2: Korrelation zwischen dem Volumenniederschlag V und dem Flachenzeitintegral ATI. Links un-ter Verwendung aller 100 betrachteter Niederschlagssystem und rechts unter Ausschluß der 11 Falle mit dengroßten V-Werten.

Basis der Pseudo-Radardaten und modellierten Niederschl¨age des LM kann also der postulierte Zusammen-hang bestatigt werden, ebenso wird jedoch aufgrund der doch erheblichen Streuung um die Regressionsliniedeutlich, daß mit dieser ersten Naherung keine Verbesserung gegenuber Schatzungen mittels Z-R-Beziehungenerreicht werden kann. Weiterhin machen die Grafiken in Abbildung 2 die Abhangigkeit der Steigung und da-mit auch des Fehlers in den Niederschlagsschatzungen von den betrachteten Fallen deutlich. Innerhalb derbetrachteten 100 Niederschlagssysteme schwankt das Verh¨altnis V/ATI zwischen 0.88mm/h und 12.48mm/hund die kumulierte eingeschlossene Flache der Niederschlagssysteme variiert zwischen0.2333 · 104km2 und112.0308 · 104km2. Der Einbezug von Systemen unterschiedlicher Großenordnungen und unterschiedlicherEntwicklungsstadien an drei verschiedenen Modelltagen erklart sicher die gefundene niedrigere Korrelationvon 0.85 mit dem Schwellwertτ=18dBZ gegenuber dem Wert 0.98 von Doneaud et al. mitτ=25dBZ. Es seiin diesem Zusammenhang erwahnt, daß eine Beschrankung auf die 40 Niederschlagssysteme des 8. Juli 2005ebenfalls im Rahmen unserer Analysen eine Korrelation von 0.98 ergibt. Bevor wir uns nun aber den tatsachlichresultierenden Fehlern in der Niederschlagsschatzung zuwenden, soll zunachst ebenso einUberblick uber die

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von den Systemen produzierten Niederschlagsmengen gegeben werden. In Abbildung 3, links, ist zu sehen,

Abbildung 3: Zeitlich und raumlich kumulierter Niederschlag [mm] der Niederschlagsereignisse. Die linkeGrafik zeigt den Niederschlag aller betrachteter Niederschlagssysteme und die rechte Grafik lediglich die Nie-derschlagssummen bis 10·103mm.

daß unter den betrachteten Fallen der maximale, raumlichund zeitlich kumulierte Niederschlag uber den Be-obachtungszeitraum etwa 90·103mm betragt. Ein genauerer Blick auf die rechte Grafik in Abbildung 3 zeigtjedoch, daß in einem Großteil der Falle der kumulierte Niederschlag unter 5·103mm liegt. Um abzuschatzenwelcher Fehler aus Doneauds Theorie fur eine Niederschlagsschatzung resultieren wurde, ist eine sogenannteleave-one-out cross-validation, LOOCV (Storch und Zwiers, 1999), durchgefuhrt worden. Der aus der Basis-gleichung von Doneaud et al. resultierende Fehler ergibt sich dabei fur jedes der 100 Niederschlagsereignisse,indem der als konstant angenommene Faktor S(τ ) fur die Schwelleτ=18dBZ mittels einer linearen Regressionunter Ausschluß des betreffenden Ereignisses bestimmt wird. Die Ergebnisse sind in Abbildung 4 links einzu-sehen. Offenbar ergibt sich uberwiegend ein positiver Bias in den meisten Niederschlagsschatzern, der durch

Abbildung 4: Relative Fehler im raumlich und zeitlich kumulierten Niederschlag [mm] der 100 betrachtetenNiederschlagsereignisse (links), ebenso in Abhangigkeit des Flachen-Zeit-Integrals ATI (rechts).

den Einbezug einzelner starker Niederschlagsereignisse in die Regression resultiert (vgl. Ergebnisse zu Abbil-dung 2). Der rechten Grafik von Abbildung 4 kann man entnehmen, daß die extrem hohen relativen Fehler vonuber 500% insbesondere bei sehr kleinen Flachen-Zeit-Integralen ATI auftreten.

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5 METHODE DER INTEGRALEN RADARVOLUMENDESKRIPTOREN (IRVD)

Wie in Kapitel 4 dargestellt, kann der von Doneaud et al. eingefuhrte ZusammenhangV = S(τ)·ATI auf Basisder betrachteten 100 Niederschlagssyteme der drei Modelltage bestatigt werden. Trotzdem erscheint er fur dieVerwendung als Niederschlagsschatzer unzureichend. Somit ist die folgende Strategie, neben dem Raum-Zeit-Integral ATI weiterer Deskriptoren, die nun auch das 3-dimensionale Reflektivitatsfeld charakterisieren undAussagen uber die betrachteten Entwicklungsstadien oder-abschnitte treffen, einzubeziehen um den verblei-benden Fehler in der Schatzung der vom System im betrachteten Zeitfenster produzierten Niederschlagsmengeweiter zu reduzieren. Dazu betrachten wir die von Doneaud etal. bei gegebener Schwelleτ als naherungsweisekonstant postulierten Quotienten V/ATI=S(τ ) um verbleibende Varianz der Stichprobe zu erklaren. Um eben-so nichtlineare Zusammenhange zu potentiellen Deskriptoren zu berucksichtigen, werden in der unten naherdargestellten Schrittweisen Regression alle Deskriptoren mit den Potenzen 1 bis 5 angeboten.

5.1 DIE DESKRIPTOREN

Die betrachteten Deskriptoren sind:

ATI: Der bereits bekannte und berucksichtigte Deskriptor wirderneut angeboten, um ebenso einen moglichennichtlinearen Einfluß berucksichtigen zu konnen.

Flachen und -anteile Ao, A(τ ) und A(τ )/Ao : Der Anteil der Flache A(τ ) mit Reflektivitaten großerτ gehtbereits in die Berechnung des Raum-Zeit-Integrals ATI ein und wird ebenso als separate Große angebo-ten. Weiterhin sind die gesamte, uber das Beobachtungsintervall vom Niederschlagssystem eingenom-mene Flache Ao und der AnteilA(τ)/Ao potentielle Deskriptoren.

Andauer: Hierunter ist die Lange des Beobachtungsintervalls D des jeweiligen Niederschlagssystems in h zuverstehen.

Horizontaler Erwartungswert und Standardabweichung des Niederschlagssystems:Sie werden auf Ba-sis der uber das gesamte Beobachtungsintervall horizontal am Boden eingeschlossenen linearen Reflek-tivitaten geschatzt. Um die Schiefe und die variierendenFormen der Verteilungen zu berucksichtigen,wird jeweils eine Weibullverteilung angepaßt und gemaß

E[X] = a + bΓ

(

1 +1

c

)

und (6)

V ar[X] = b2

(

Γ

(

1 +2

c

)

− Γ2

(

1 +1

c

))

(7)

mit dem Lageparameter a, Streuparameter b und Formparameter c der Weibullverteilung (Rinne, 1997),der horizontale Erwartungswert HMEAN=E[X] und die Standardabweichung HSTD=

V ar[X] geschatzt.

Mittlere echo-top-height: Die Berechnung der mittleren echo-top-height ETH basiert auf dem vertikalen Re-flektivitatsfeld, daß zu jedem Beobachtungszeitpunkt am Zentrum der Reflektivitaten der Niederschlags-zelle in vertikaler Auflosung von 0.1km bis zur echo-top-height bestimmt wird. Hierbei geschieht injeder Hohe eine Mittelung, in die die Werte der 8-Nachbarpixel um das Zentrum der Reflektivitaten ein-bezogen werden. Da eine konstante vertikale Auflosung durch das LM nicht gegeben ist, werden jeweilsdie Werte der nachstgelegenen Schicht verwendet. Die sogenannte echo-top-height ist nun als diejenigeHohe definiert, in der die Reflektivitaten am Zentrum der Reflektivitat in einer Zelle die 12 dBZ-Schwelleunterschreiten. Die mittlere echo-top-height ergibt sichaus den Werten fur die verschiedenen Zeitschritte.

Mittlerer Brightbandanteil: Unter leichter Abwandlung der Definition von Rosenfeld et al. (1995) ist hierder Brightbandanteil definiert als der Anteil der maximalenReflektivitaten des vertikalen Reflektivitats-feldes, die sich in dem Bereich± 1km um die 0oC-Schicht befinden. Die Berechnung basiert zum einenwieder auf dem vertikalen Reflektivitatsfeld in 0.1km vertikaler Auflosung, und zum anderen auf dergeschatzten Hohe der 0oC-Schicht aus dem raumlich und zeitlich nachstgelegenen Radiosondenaufstieg.

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Reprasentieren also alle 21 Werte im Bereich±1km der0oC-Schicht die maximalen Reflektivitaten desVertikalfeldes bis zur echo-top-height, so bedeutet dies einen Brightbandanteil von 1. Gehoren stattdes-sen beispielsweise lediglich 7 der 21 Werte zu den insgesamthochsten beobachteten Werten, so betragtder Brightbandanteil in diesem Zeitschritt fur die Zelle 7/21=1/3. Der mittlere Brightbandanteil einesNiederschlagssystems ergibt sich analog als Mittelwert aller Brightbandanteile in den betrachteten Zeit-schritten. Hat dieser mittlere Brightbandanteil einen Wert nahe 1, so ist anzunehmen, daß sich das Sys-tem wahrend der Beobachtung in einem uberwiegend stratiformen Entwicklungsstadium befunden hat.Deutlich geringere Werte, nahe 0, weisen dagegen auf die uberwiegend konvektive Entwicklungspha-se hin. Beim Passieren der 0oC-Grenze bilden sich Hullen aus Flussigwasser um die Eiskristalle, d.h.die Mischteilchen haben einen großeren Durchmesser als reine Wassertropfen und das Radar misst eineim Vergleich zu Eisteilchen hohere Reflektivitat. Durch die niedrigere Fallgeschwindigkeit von Eiskris-tallen verstarkt, ist unterhalb der 0oC-Grenze ein Band erhohter Reflektivitaten sichtbar und das Radaruberschatzt die Wassermenge. Im konvektiven Entwicklungsstadium wird durch die erhohte Turbulenzein weniger deutlich ausgepragtes Brightband erwartet als im stratiformen Fall.

Trendschatzer des Brightbandanteils und Trend/Rausch-Verhaltnisse: Niederschlagssysteme durchlaufen,wie bereits im Rahmen der Definition des Brightbandanteils angedeutet, unterschiedliche Entwicklungs-phasen. Theoretisch basiert Doneauds Basisgleichung auf der Annahme, daß das System uber seine ge-samte Lebenszeit verfolgt wird. Zum einen ist es sicher ohnehin erstrebenswert diese Einschrankungdurch einen weiteren Deskriptor aufheben zu konnen, zum anderen kann die vollstandige Betrachtungdurch verschiedenste Grunde, wie das Herauslaufen des Systems aus dem Radarbereich oder das Ver-schmelzen mit anderen Systemen verhindert werden. Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen derWachstumsphase, der konvektiven Phase und der stratiformen Phase. Als Indikator dafur, welche Sta-dien das Niederschlagssystem wahrend der Beobachtung durchlebt, dient hier die Trendamplitude furdie Zeitreihe der Brightbandanteile. Ein negativer Trend kann auf denUbergang zur konvektiven Phasehinweisen, wahrend ein positiver Trend ein Indiz fur den beobachtetenUbergang des Systems in die Ab-klingphase (stratiforme Phase) ist.Als potentielle Deskriptoren werden 2 verschiedene Trendschatzer verwendet. Es wird die Amplitude deslinearen Trends TBB gemaß der Kleinst-Quadrate-Methode und eine einfache, robustifizierte Schatzungder Trendamplitude RTBB verwendet. Im letztgenannten Fallwerden die großten und kleinsten Wer-te unterdruckt und zur Trendberechnung diejenigen Brightbandanteile<0.1 gleich 0.1 und diejenigenBrightbandanteile>0.9 gleich 0.9 gesetzt. Auf diesem Weg sollen die Fehler, diedurch die hohe Sen-sitivitat des Kleinst-Quadrate-Schatzer gegenuber großen Abweichungen und ein mogliches Antreffeneines nicht reprasentativen Bereichs im Zentrum der Reflektivitaten, insbesondere im Falle komplexererNiederschlagssysteme bestehend aus mehreren kleineren Subzellen, unterdruckt werden.Fur eine weitere Berucksichtigung der Signifikanz des Trends, werden ebenso das Trend/Rausch-Verhalt-nis TNBB, definiert als der Quotient aus Trendamplitude und Standardabweichung, basierend auf der tra-ditionellen Berechnung gemaß der Kleinst-Quadrate-Methode, und ebenso das Trend/Rausch-VerhaltnisRTNBB, basierend auf der robustifizierten Berechnung, als potentielle Deskriptoren angeboten. Weiter-hin geht die Standardabweichung der Brightbandanteile in den verschiedenen Zeitschritten STDBB alseigenstandiger potentieller Deskriptor ein.

Mittlere effektive Effizienz: Diese von Rosenfeld et al. (1990) eingefuhrte Große parametrisiert Entrainment,Mischung und Evaporation. Ihre Definition

Ee =Qb − Qt

Qb

(8)

basiert auf Mischungsverhaltnissen am UnterrandQb und OberrandQt der Wolke. Somit ist die effek-tive Effizienz der Anteil an Wasserdampf, der durch die Wolkenbasis transportiert wird und potentiellfur den Niederschlag zur Verfugung steht. Niedrige Effizienzen beschreiben eher flache Konvektion undhohere Effizienzen hochreichendere Konvektion. In der Praxis geschieht die Berechnung auf Basis derSattigungsmischungsverhaltnisse am Unter- und Oberrand der Wolke. Als typische Hohe der Wolken-untergrenze wird fur die vorgestellten Analysen 800m angenommen, wahrend fur den Oberrand derWolke die bereits eingefuhrte echo-top-height verwendetwird. Die fur die naherungsweise Berechnung

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der Sattigungsdampfdrucke gemaß der Magnus-Gleichung (Kraus, 2001) und schließlich der Sattigungs-mischungsverhaltnisse notigen Temperatur- und Druckwerte in den Hohen der Wolkenunter- und Wol-kenobergrenze, werden abermals dem nachstgelegenen Radiosondenaufstieg entnommen. Wird die Wol-kenobergrenze bzw. die echo-top-height nicht mehr vom entsprechenden Radiosondenaustieg erfasst, sogehen die Annahmen einer feuchtadiabatischen Temperaturabnahme und eines mittleren Druckabfallsvon 1mbar pro 12m zusatzlich in die Berechnungen ein.

Maximale vertikale Standardabweichung: Fur jeden Zeitschritt im Beobachtungsintervall erfolgt die Be-rechnung der Standardabweichung auf Basis des beschriebenen vertikalen Felds am Zentrum der Reflek-tivitaten. Hier wird als Deskriptor lediglich der großteim Zeitfenster auftretende Wert angeboten.

Vertikaler Mittelwert: Es wird das zeitliche Mittel MVMEAN uber den Beobachtungszeitraum des Nieder-schlagssystems der mittleren vertikalen Reflektivitatenam Zentrum der Reflektivitaten als Deskriptorangeboten.

Es sind nun also das Flachenzeitintegral ATI, die gesamte eingeschlossene Flache Ao, die Flache mit Reflek-tivitaten großerτ A(τ ), der Flachenanteil A(τ )/Ao, die Andauer D, der horizontale Erwartungswert HMEAN,die horizontale Standardabweichung HSTD, die echo-top-height ETH, der mittlere Brightbandanteil MBB, dieStandardabweichung des Brightbandanteils STDBB, der Kleinst-Quadrate Trendschatzer des Brightbandan-teils TBB, der robuste Trendschatzer des Brightbandanteils RTBB, das Trend/Rausch-Verhaltnis des Bright-bandanteils TNBB, das robuste Trend/Rausch-Verhaltnis des Brightbandanteils RTNBB, die mittlere effektiveEffizienz MEANEe, die maximale vertikale Standardabweichung MVSTD und das zeitliche gemittelte vertika-le Mittel MVMEAN als mogliche Deskriptoren eingefuhrt. Um nichlineare Zusammenhange berucksichtigenzu konnen, wird jedoch jeder einzelne dieser Deskriptorenzusatzlich mit den Potenzen 2 bis 5 als Deskriptorangeboten, was einen Pool von 85 moglichen Deskriptoren insgesamt ergibt.

5.2 DIE SCHRITTWEISE REGRESSION

Ein geeignetes Modellselektionskriterium auf dem Weg zur besten Regressionsgleichung aus einem Pool nichtorthogonaler, potentieller Regressoren ist die Methode der Schrittweisen Regression (Storch und Zwiers, 1999).Dieses iterative Verfahren kombiniert Vorwartsregression und Ruckwartseliminierung. Im Zuge der Vorwarts-regression konnen zu einem fruheren Zeitpunkt selektierte Regressoren redundant geworden sein, wenn ent-sprechende weitere, nicht-orthogonale Regressoren zu sp¨ateren Zeitschritten selektiert wurden. Somit wirdnach jeder Vorwartsregression eine Ruckwartseliminierung durchgefuhrt um diese redundanten Variablen wie-der aus dem Modell zu entfernen. Ein Deskriptor wird innerhalb der Vorwartsregression also in das Modellaufgenommen, wenn er zu diesem Zeitpunkt in Anwesenheit aller bereits im Modell enthaltenen Regressoreneinen signifikanten Beitrag leisten kann und innerhalb der Ruckwartseliminierung wird jeder im momentanenModell aufgenommene Regressor wieder aus dem Modell entfernt, wenn er im Beisein aller anderen detek-tierten Regressoren keinen signifikanten Beitrag mehr leisten kann. Die Schritte der Vorwartsregression undRuckwartseliminierung werden solange durchgefuhrt bis keine weiterenAnderungen mehr am Modell durch-gefuhrt werden konnen.

6 ERGEBNISSE DER NIEDERSCHLAGSSCHATZUNG MIT IRVD

Analog zum Vorgehen in der Verifikation des Ansatzes von Doneaud et al. ist erneut eine leave-one-out cross-validation zur Modell- und Fehlerbestimmung durchgefuhrt worden. Diesmal konnte die Schrittweise Regres-sion jedoch in jedem der 100 Durchlaufe aus dem Pool von 85 Regressoren eine Modellgleichung zur Beschrei-bung der Variabilitat im Verhaltnis V/ATI erstellen. Da sich jede der zu beschreibenden Stichprobenreihen derVerhaltnisse V/ATI lediglich durch einen Wert von den ubrigen unterscheidet, sind lediglich sehr kleine Un-terschiede zwischen der Kombinationen signifikant detektierter IRVD zu erwarten. Tabelle 2 zeigt, daß in denuberaus meisten Fallen 7 IRVD ausgewahlt werden. Diese wichtigsten Deskriptoren sind der horizontale Er-wartungswert HMEAN, HMEAN3, HMEAN2, das Flachenverhaltnis (A(τ )/Ao)5, die horizontale Standardab-weichung HSTD4, der mittlere Brightbandanteil MBB3 und die robustifizierte Schatzung des Trends im Bright-

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Tabelle 2: Signifikant detektierte IRVD und die Haufigkeit ihrer Detektion in 100 moglichen Fallen. DieAbkurzungen der Deskriptoren sind entsprechend Kapitel 5.1 gewahlt.

Deskriptor Anzahl

HMEAN 100HMEAN3 100HMEAN2 99(A(τ )/Ao)5 99

HSTD4 98MBB3 97RTBB 87

MEANEe 17(A(τ )/Ao) 9

TBB3 8TNBB3 7

HMEAN4 2TBB5 1

bandanteil RTBB. Hierbei beschreibt schon der horizontaleErwartungswert HMEAN etwa 95% der Varianz.Insgesamt konnen durch die ausgewahlte Modellgleichungim Mittel 98.93% der Varianz in V/ATI erklart wer-

Abbildung 5: Absolute (links) und relative Fehler (rechts)in der Niederschlagsschatzung fur 100 Nieder-schlagsereignisse unter Verwendung der signifkanten integralen Radarvolumendeskriporen.

den. Entsprechend konnten, wie Abbildung 5 veranschaulicht, die aus den Modellgleichungen resultierendenFehler fur die Schatzung der kumulierten Niederschlagsmengen der 100 betrachteten Niederschlagsereignissedeutlich gegenuber der Schatzung mittels des Ansatzes von Doneaud et al. reduziert werden. Der maximale re-lative Fehler betragt zwar 88.5%, stellt aber einen Extremwert dar und tritt im Falle des kleinsten VerhaltnissesV/ATI=0.88mm/h auf. Der kumulierte Niederschlag des entsprechenden Niederschlagssystems betragt gemaßdes LMs lediglich 0.07·103mm. Insgesamt liegt jedoch in 74 der 100 analysierten Niederschlagssysteme der re-lative Fehler unter 10%. Da bislang keinerlei weitere Unterschiedungen zwischen Systemen unterschiedlicherGroßenordnungen und Typen gemacht wurden, stellt dies einbemerkenswert gutes Ergebnis dar.

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7 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Die prasentierten Analysen auf Basis von Daten des Lokalmodells dreier verschiedener Tage zeigen vielver-sprechende Ergebnisse auf dem Weg zu einer Niederschlagsschatzung aus Radardaten, die nicht auf dem tra-ditionellen Konzept einer Z-R-Beziehung beruht. Statt eines deterministischen Zusammenhangs zwischen derRegenrate R und den Reflektivitaten Z, werden die Niederschlagssysteme als Gesamtheit betrachtet und dieBeschreibung der zeitlichen und raumlichen Variabilitat des 3-dimensionalen Radarvolumens liefert in Formder integralen Radarvolumendeskriptoren Informationen ¨uber den beobachteten Niederschlagsprozess und so-mit uber die produzierte Niederschlagsmenge. Doneaud et al. publizierten 1981 ein in erster Naherung kon-stantes Verhaltnis zwischen dem Volumenniederschlag V und dem Flachen-Zeit-Integral ATI uber das Ge-biet eines verfolgten Niederschlagssystems mit Reflektivitaten oberhalb einer festen Schwelleτ . Durch Ein-bezug weiterer, das System genauer charakterisierenden Deskriptoren gelingt es die verbleibende Variabilitatin diesem Verhaltnis weiter zu minimieren. Der horizontale Erwartungswert HMEAN, HMEAN3,HMEAN2,das Flachenverhaltnis (A(τ )/Ao)5, die horizontale Standardabweichung HSTD4, der mittlere BrightbandanteilMBB3 und eine robustifizierte Schatzung des Trends im Brightbandanteil RTBB stellen unter Verwendungvon Pseudo-Radardaten des Lokalmodells vielversprechende Deskriptoren dar. Bei der Betrachtung von 100Niederschlagsereignissen konnte 98.9% der Variabilitat in V/ATI erklart werden. Die verbleibenden relativenFehler in der Niederschlagsschatzung liegen in 74 der 100 Falle unter 10%.Durch die Verwendung von Modelldaten anstatt realer Radardaten und beobachteten Niederschlagsmengenkonnten fur die Aufstellung einer ersten ModellgleichungProbleme wie unzureichende Stationsdichte, Damp-fung des Radarsignals und Clutter zunachst umgangen werden. In einem nachsten, den wichtigsten, jedochnoch ausstehenden Schritt muß, moglicherweise im Rahmen einer statistischen Herangehensweise, verifiziertwerden, ob reale Radardaten und Niederschlagsmessungen Realisationen des Modells liefern oder aber signifi-kante Abweichungen zeigen.

DANKSAGUNGDie vorgestellten Analysen sind im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geforder-ten Projektverbunds AQUARadar entstanden.

LITERATUR

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Kraus, H. (2001).Die Atmosphare der Erde.Berlin, Heidelberg, New York: Springer Verlag.Marshall, J. S., Hitschfeld, W., Gunn, K. L. S. (1955). Advances in radar weather,Adv. in Geophys., 2, 1-56.Rinne, H. (1997).Taschenbuch der Statistik.2., uberarb. und erw. Aufl. Thun und Frankfurt am Main: Verlag

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