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Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar...

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Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 40. Jahrg., H. 2 (1923), pp. 171-204 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907551 . Accessed: 10/06/2014 12:19 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.78.109.149 on Tue, 10 Jun 2014 12:19:56 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 40. Jahrg., H. 2 (1923), pp. 171-204Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907551 .

Accessed: 10/06/2014 12:19

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Page 2: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preussisclies Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen.

Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsrerordnung vom 22. Oktober 1923*).

(Preuss. Gesetzsamml. 1923, Nr. 6 S. 29; Nr. 44 S. 361; Nr. 65 S. 475.)

§ 1. (x) Von dem gesamten in Preussen belegenen Grundvermögen wird nach

den Bestimmungen dieses Gesetzes vom 1. April 19231) ab eine Steuer erhoben. (2) Als steuerbares Grundvermögen im Sinne dieses Gesetzes gelten die

Grundstücke einschliesslich aller Bestandteile, die dauernd land- oder forstwirt- schaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücke auch einschliesslich des lebenden und toten Inventars2). Maschinen und andere Einrichtungen, die zu einem der Gewerbesteuer unterliegenden Betriebe gehören (gemäss den Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes und des Kommunalabgabengesetzes), bleiben unberück- sichtigt, selbst wenn sie Bestandteile des Grundstücks sind3).

(3) Als steuerbares Grundvermögen gelten auch Gebäude und Werke, die zu einem Erbbaurechte gehören oder auf Grund eines sonstigen Rechtes an einem fremden Grundstück oder nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind4).

§ 25). i (x) *) Die Steuer beträgt jährlich 6 vom Tausend des Wertes. (2) *) Als Wert (Abs. 1) gilt das Ein- oder Mehrfache desjenigen Wertes, der

für die Veranlagung zur Ergänzungssteuer nach dem Gesetze vom 14. Juli 1893/19. Juni 1906/26. Mai 1909 für den Veranlagungsabschnitt 1917/19 fest- gesetzt worden ist, und zwar

a) bei bebauten Grundstücken, die nicht dauernd land- oder forstwirt- schaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, das Einfache,

b) bei allen übrigen Grundstücken das Achtfache.

!) Entwurf: 1922. 2) Entwurf: :.der Betriebsmittel" statt ..des lebenden und toten Inventars". 3) Dieser Satz fehlte im Entwurf. 4) Dieser Absatz lautete im Entwurf: „Den Grundstücken stehen gleich diejenigen

Gebäude und Werke, die auf Grund eines Erbbaurechts oder eines sonstigen Rechts an einem fremden Grundstück oder nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Gruud und Boden verbunden sind."

5) § 2 lautet im Entwurf: 0) Die Steuer beträgt jährlich 4 vom Tausend des Wertes. (3) Als Wert (Abs. 1) gilt bis auf weiteres:

a) bei dem Grundvermögen, das dauernd land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt ist, das Dreifache,

b) bei dem Grundvermögen, das sonstigen Zwecken dient, das Eineinhalbfache desjenigen Wertes, der für die Veranlagung zur Ergänzungssteuer nach dem Gesetze vom 14. Juli 1893 1 19. Juni 1906 | 26. Mai 1909 für den Veranlagungsabschnitt 1917|19 festgesetzt worden ist. Der Wert der Grundstücke, deren Bestand oder Nutzungswert (aoderb dieses Absatzes) sich seit dieser Zeit geändert hat, oder deren Wert für die Ergänzungssteuer nicht festgesetzt worden ist, ist nach den Grundsätzen und Werten festzusetzen, die bei der Veranlagung zur Ergänzungssteuer für den Veranlagungsabschnitt 1917|19 massgebend waren. Dieser Wert ist nach der Bestimmung im ersten Satze dieses Absatzes zu erhöhen.

*) Siehe unten S. 208 die Abänderungen. 523

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Page 3: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

1 72 Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923J31. Juli 1928.

Hierzu tritt ein Zuschlag von 300 ν. Η. Das Staatsministerium hat nach Anhörung eines Ausschusses des Staatsrats und mit Zustimmung eines Aus- schusses des Landtags den Zuschlag unter Berücksichtigung der Verhältniszahl (§ 1 des Gesetzes zur Anpassung der Steuergesetze an die Geldwertänderung vom 31. Juli 1923, Gesetzsamml. S. 361) abzuändern1).

(3) Als bebaut gilt ein Grundstück nicht, wenn die Zweckbestimmung des darauf errichteten Gebäudes gegenüber der Zweckbestimmung des Grund und Bodens von untergeordneter Bedeutung ist.

(4) Der Wert der Grundstücke, deren Bestand sich seit der Ergänzungs- steuerveranlagung für den Veranlagungsabschnitt 1917/19 (Abs. 2) geändert hat oder deren Wert für die Ergänzungssteuer nicht festgesetzt worden ist, ist nach den Grundsätzen und Werten festzusetzen, die bei der Veranlagung zur Ergänzungs- steuer für den Veranlagungsabschnitt 1917/19 massgebend waren. Dieser Wert ist den Bestimmungen des Abs. 2 b entsprechend zu erhöhen*).

(5) Eine Neufestsetzung des für die Ergänzungssteuerveranlagung fest- gesetzten Wertes findet nicht statt, wenn die Veränderungen im Bestände des Grundstücks zusammen diesen Wert um weniger als 5 ν. Η. erhöht oder ver- mindert haben.

(e) Aenderungen im Umfange des lebenden und toten Inventars, Kul- tivierungen von Oedland oder Unland und andere Meliorierungen, die seit der Ergänzungssteuerveranlagung für den Veranlagungsabschnitt 1917/19 (Abs. 2) vorgenommen sind, bleiben unberücksichtigt.

§3*).

Bei Berechnung der Steuer sich ergebende Bruchteile einer Mark sind auf volle Mark nach oben2) abzurunden.

§ 43)· (*) Schuldner der Steuer ist a) für das Grundstück einschliesslich der Bestandteile, bei dauernd land-

oder forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken auch einschliess- lich des lebenden und toten Inventars4), der Eigentümer,

b) im Falle, dass Gebäude oder Werke auf fremdem Grund und Boden errichtet sind, für den auf die Gebäude oder Werke entfallenden Steueranteil ihr Eigentümer und

c) bei Ausnutzung eines Erbbaurechts der Erbbauberechtigte auch für das Erbbaugrundstück5).

(2) Miteigentümer sind Gesamtschuldner. (3) Der Nutzniesser oder Niessbraueher haftet für die Steuer neben dem

Eigentümer als Gesamtschuldner; ebenso haftet neben dem Eigentümer als Ge- samtschuldner der Pächter, der Eigentümer des lebenden und toten Inventars ist, im Verhältnisse des Wertes des lebenden und toten Inventars zum Gesamt-

J) Dieser Absatz wurde durch das erwähnte Gesetz vom 31. Juli 1923 zugefügt. Nach § 1 dieses Gesetzes ist bei Anpassung der Steuern an die Geldwertänderung nach Massgabe einer Verhältmiszahl von dem Stande am 1. April 1923 auszugehen. Die Verhältniszahl wird viertel- jährig vom Staatsministerium festgesetzt und dient für die Bemessung der einzelnen Steuer- arten als Höchstzahl, von der Bruchteile festgesetzt werden können. Die jeweilige Verbältnis- zahl darf im Verhältnisse zu dem zugrunde gelegten Stande vom 1. April 1923 nicht höher sein, als der Goldzollaufschlag der Reichszollverwaltung zur Zeit der Veröffentlichung dieser Verhältniszahl im Verhältnisse zu dem Goldzollauf schlage vom 1. April 1923 sich darstellt.

*) Entwurf: „auf volle 100 M. nach unten". 3) Entwurf: § 5. Als § 4 enthielt der Entwurf folgendes: „Neubauten, Umbauten

und Wiederaufbauten, die nach dem l. Januar 1922 bewohnbar werden, bleiben während der Geltungsdauer dieses Gesetzes bei der Veranlagung unberücksichtigt, soweit und solange die Bauten Wohnzwecken dienen." Siehe dafür unten § 16 Abs. 2.

4) Entwurf: «der Betriebsmittel" statt -des lebenden nnd toten Inventars". ß) Entwurf: „für den Grund und Boden14. *) Siehe unten S. 208 die Abiinderungen.

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Page 4: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v.Grundvermög. V. 14. Febr. 192S/31. Juli 1923. J 73

werte. Wird die Verteilung der Steuer erforderlich, so ist sie auf Antrag durch den Steuerausschuss vorzunehmen. Seine Entscheidung ist endgültig1).

§5.

(*) Jeder Katasteramtsbezirk bildet einen Veranlagungsbezirk. In be- sonderen Fällen kann der Finanzminister die Bildung mehrerer Veranlagungs- bezirke in einem Katasteramtsbezirk oder die Zusammenlegung mehrerer Kataster- amtsbezirke zu einem Veranlagungsbezirk anordnen. Kreisfreie Städte bilden einen Veranlagungsbezirk für sich.

(*) Für jeden Veranlagungsbezirk ist ein Steuerausschuss für die Steuer vom Grundvermögen zu bilden, dessen Vorsitzender der Vorsteher des Kataster- amts ist und dessen übrige Mitglieder teils von dem Regierungspräsidenten ernannt, teils von der Kreisvertretung und in Stadtkreisen von der Gemeindevertretung gewählt werden. Die zu wählenden und die zu ernennenden Mitglieder müssen je zur Hälfte Grundbesitzer und Nichtgrundbesitzer sein2).

(3) Das Amt eines Ausschussmitglieds ist ein Ehrenamt; jedoch kann eine angemessene Entschädigung für Aufwand und Zeitverlust zugebilligt werden.

(*) Die Zahl der zu ernennenden und zu wählenden Mitglieder wird für die einzelnen Veranlagungsbezirke mit Rücksicht auf deren Grosse und die Ver- schiedenartigkeit des Grundbesitzes von dem Regierungspräsidenten in der Art bestimmt, dass die Zahl der zu ernennenden Mitglieder einschliesslich des Vor- sitzenden die Hälfte der zu wählenden Mitglieder nicht überschreitet.

(6) Erstreckt sich ein Veranlagungsbezirk über mehrere Kreise, so verteilt der Regierungspräsident die Zahl der zu wählenden Mitglieder auf die einzelnen Kreise.

(β) Für die Steuerausschüsse gelten sinngemäss die Bestimmungen in den §§ 27-31 der Reichsabgabenordnung vom 13. Dezember 19193) (R.G.B1. S. 1993) mit Ausnahme^des zweiten Satzes im Abs. 1 des § 30. Die dem Finanzamt und dessen Vorsteher, dem Landesfinanzamt und dem Reichsminister der Finanzen übertragenen Befugnisse stehen dem Vorsitzenden des Steuerausschusses, dem Regierungspräsidenten und dem Finanzminister zu.

(7) Für den Vorsitzenden des Steuerausschusses ernennt der Finanzminister einen Vertreter. Er kann diese Befugnis auf den Regierungspräsidenten über- tragen. Für die Mitglieder des Steuerausschusses sind Stellvertreter entsprechend dem Abs. 2 zu ernennen bzw. zu wählen.

(8) Die §§175 Abs. 1 und 188 der Reichsabgabenordnung finden auf die Veranlagung der Steuer vom Grundvermögen sinngemäss Anwendung.

§6.

(x) Für jeden Regierungsbezirk und den Bezirk Berlin wird ein Beruf ungs- ausschuss für die Steuer vom Grundvermögen gebildet.

(2) Der Vorsitzende des Berufungsausschusses und sein Vertreter werden vom Finanzminister ernannt.

(3) Die übrigen Mitglieder des Berufungsausschusses und ihre Vertreter werden teils von dem Regierungspräsidenten ernannt, teils vom Provinzialaus-

i) Abs. 3 lautet im Entwurf: „Der Nutzniesser oder Niessbraucher haftet für die Steuer neben dem Eigentümer ; ebenso haftet neben dem Eigentümer der Pächter, der Eigentümer der Betriebsmittel ist, im Verhältnis des Wertes der Betriebsmittel zum Gesamtwerte. Weist der Eigentümer nach, dass er Erstattung der Steuer oder des Steueranteils von dem Nutzniesser oder Niessbraucher oder Pächter nicht erlangen kann, so zieht die Steuerbehörde den Betrag von diesem nach den Vorschriften über die Beitreibung im Ver- waltungszwangsverfahren ein. Die Verpflichtung des Eigentümers zur rechtzeitigen Ent- richtung der Abgabe wird hierdurch nicht berührt. Wird die Verteilung der Steuer er- forderlich, so ist sie auf Antrag durch den Steuerausschuss vorzunehmen. Seine Ent- scheidung ist endgültig."

2) Im Entwurf lautet der letzte Satz : „Die zu wählenden Mitglieder müssen mindestens zur Hälfte Grundbesitzer sein."

3) Mitgeteilt im Finanzarchiv 28 (1921) S. 321. 525

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Page 5: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

174 Preuss· Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. U. Febr. 1923/31. Juli 1923.

schusse gewählt1). Die Mitglieder des für Berlin zu bildenden Berufungsausschusses werden teils von dem Oberpräsidenten ernannt, teils von dem Magistrat gewählt. Die zu wählenden und die zu ernennenden Mitglieder müssen je zur Hälfte Grund- besitzer und Nichtgrundbesitzer sein2).

(4) Die Zahl der Mitglieder des Berufungsausschusses wird für jeden Bezirk vom Finanzminister mit Rücksicht auf die Grosse des Bezirkes und die Ver- schiedenartigkeit des Grundbesitzes in der Art bestimmt, dass die Zahl der er- nannten Mitglieder einschliesslich des Vorsitzenden die Hälfte der gewählten Mitglieder nicht überschreitet. Die Bestimmungen im § 53) Abs. 3 und 6 finden entsprechende Anwendung.

§7· (1) Die Steuer vom Grundvermögen wird durch den Steuerausschuss ver-

anlagt. Zur Veranlagung gehört auch der Beschluss über die Steuerpflicht eines Grundstücks und über dessen Einordnung in den Abschnitt a oder b des §2 Abs. 2*).

(2) Das Ergebnis der Veranlagung ist dem Steuerschuldner unter Belehrung über das zulässige Rechtsmittel mitzuteilen.

§ 8. (*) Als Rechtsmittel im Veranlagungsverfahren sind dem Steuerschuldner

gegeben: a) der Einspruch gegen den Veranlagungsbeschluss des Steuerausschusses;

über den Einspruch entscheidet der Steuerausschuss; b) die Berufung gegen die Einspruchsentscheidung des Steuerausschusses;

über die Berufung entscheidet der Beruf ungsausschuss ; c) die Rechtsbeschwerde gegen die Berufungsentscheidung des Beruf ungs-

ausschusses4) ; über die Rechtsbeschwerde entscheidet das Oberverwaltungsgericht. (2) Dem Vorsitzenden des Steuerausschusses steht das Recht der Berufung

gegen den Veranlagungsbeschluss oder gegen die Einspruchsentscheidung des Steuerausschusses zu. Dem Vorsitzenden des Berufungsausschusses steht die Rechtsbeschwerde zu.

(3) Die Rechtsmittel sind nicht gegen die Wertermittlung zulässig, wenn die für die Ergänzungssteuerveranlagung von 1917/19 endgültig festgesetzten Werte für die Steuer vom Grundvermögen massgebend sind (§2).

(4) Dem nach § 45) Abs. 3 in Anspruch genommenen Nutzniesser, Niess- braucher oder Pächter stehen dieselben Rechtsmittel zu wie dem Eigentümer. Die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerforderung ihm gegenüber geltend gemacht worden iste).

§9. Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, a) dass die Entscheidung auf Nichtanwendung oder unrichtiger Anwendung

des bestehenden Rechtes oder auf einem Verstosse wider den klaren Inhalt der Akten beruhe, oder

b) dass das Verfahren an wesentlichen Mängeln leide.

§ 10. (*) Auf das Rechtsmittelverfahren finden die Bestimmungen der §§ 228 - 237,

242 und 297 der Reichsabgabenordnung sinngemäss Anwendung; an die Stelle !) Entwurf: „vom Provinzialausschusse - mindestens zur Hälfte aus den Kreisen der

Grundbesitzer - unter möglichster Berücksichtigung der verschiedenen Arten des Grund- besitzes eewählt."

2) Dieser Satz fehlt im Entwürfe. 3) Entwurf: S 7. 4) Der Entwurf enthält noch den Zusatz: „sofern der Wert des Streitgegenstandes

mindestens 100 M. beträgt. Diese Einschränkung gilt nicht bei Streitigkeiten über die Steuerpflicht (§ ö)."

6) Entwurf: „§ 5". «) Entwurf: „des Tages, an dem ihm der Beschluss über seine Heranziehung be-

kannt gemacht worden ist." *) Siehe unten S. 208 die Abänderungen.

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Page 6: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preuss- Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grund vermög. V. 14. Febr. 1923/31. Juli 1923. jyg

des Finanzamts, Finanzgerichts und des Reichsfinanzhofs treten dabei der Steuer- ausschuss, der Berufungsausschuss und das Oberverwaltungsgericht.

(2) Die Frist für die Einlegung der Rechtsmittel durch den Vorsitzenden beginnt mit dem Ablaufe des Tages des angefochtenen Beschlusses und währt 2 Wochen.

(3) Das Oberverwaltungsgericht erlässt seine Entscheidungen in nicht- öffentlicher Sitzung der Regel nach ohne vorherige mündliche Anhörung des Steuerschuldners. Es kann jedoch dem Steuerschuldner von Amts wegen oder auf Antrag Gelegenheit zur persönlichen Verhandlung über den Gegenstand der Be- schwerde gewähren. Bei seiner Entscheidung ist es an diejenigen Gründe nicht ge- bunden, die zur Rechtfertigung der gestellten Anträge geltend gemacht worden sind.

(4) Erachtet das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde für begründet, so kann es die Angelegenheit zur anderweiten Entscheidung an den Berufungs- ausschuss zurückgeben oder selbst die Steuerfestsetzung berichtigen. Im ersten Falle sind die von dem Gerichtshof über die Auslegung und Anwendung der gesetz- lichen Vorschriften gegebenen Weisungen zu befolgen.

(5) Im übrigen finden auf das Verfahren zum Zwecke der Entscheidung über die Rechtsbeschwerden die über das Verwaltungsstreitverfahren auf Klagen vor dem Oberverwaltungsgerichte bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, ins- besondere diejenigen des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetzsamml. S. 195), betreffend die Verfassung der Verwaltungs- gerichte usw. vom 3. Juli 1875, 2. August 1880 (Gesetzsamml. 1880 S. 328) und der Gesetze zur Abänderung des § 29 bzw. der §§ 26-30 des letzteren vom 27. Mai 1888 (Gesetzsamml. S. 226) bzw. vom 26. März 1893 (Gesetzsamml. S. 60) mit der Mass- gabe sinngemäss Anwendung, dass bei der Berechnung der Kosten des Verfahrens die Erhebung eines Pauschquantums auch dann stattfindet, wenn die Entscheidung ohne vorherige mündliche Verhandlung erfolgt ist1).

§ Π.

(x) Die gesetzlichen Bestimmungen, die bei der staatlichen Veranlagung und Fortschreibung der bisherigen Grund- und Gebäudesteuer

a) über die Pflichten der Steuerschuldner und anderer Personen sowie der Behörden, sowie

b) über Steuerveränderungen gelten, sind auf die nach diesem Gesetz erfolgende Veranlagung der Steuer vom Grundvermögen sinngemäss anzuwenden.

(2) Die Bestimmungen im § 2 Abs. 5 und 6 finden auf die Fortschreibung der Steuer vom Grundvermögen entsprechende Anwendung2).

§ 12. Für Nachveranlagungen kann der Finanzminister ein vereinfachtes Ver-

fahren vorschreiben. § 13.

(*) Die Steuer ist in vierteljährlichen Beträgen in der ersten Hälfte des zweiten Monats eines jeden Vierteljahrs an die im Steuerbescheide zu bezeichnende Empfangsstelle abzuführen*).

(2) Der Finanzminister kann die Zustellung der Veranlagungsbescheide ( § 7 Abs. 2), die Erhebung der Steuer und andere Geschäfte Gemeinden oder Gemeindeverbänden gegen eine von ihm festzusetzende angemessene Entschädigung übertragen3).

!) Der Entwurf hatte noch den Zusatz: „und dass Anwaltsgebühren nicht ersetzt werden"

2) Im Entwurf lautete der Abs. 2 : „Veränderungen im Bestände des Grundvermögens, die zusammen den Wert (§ 2 Abs. 2) um weniger als 5 ν. Η. erhöhen oder mindern, bleiben für die Geltunersdauer dieses Gesetzes unberücksichtigt."

3) Abs. 2 lautete im Entwurf: „Der Finanzminister kann die Erhebung der Steuer Gemeinden oder Gemeindeverbänden gegen eine von ihm festzusetzende angemessene Ent- schädigung übertragen."

*) Siehe unten S. 208 die Abänderungen. 527

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Page 7: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

176 Preuss.Ges.Ub.dieErheb.ein.vorl.Steuerv.Grundvermög. V.ll.Febr.l9S3|Sl.Julil923.

§14. Der Finanzminister kann für einzelne Fälle die Steuern, deren Einziehung

nach Lage der Sache unbillig wäre, ganz oder teilweise erlassen oder erstatten» insbesondere

a) wenn der für die Ergänzungssteuerveranlagung festgesetzte Wert1) (§2 Abs. 2) des Grundvermögens infolge höherer Gewalt seit der Ergänzungssteuer- veranlagung für 1917/19 um mehr als ein Viertel gemindert worden ist und wenn der entstandene Schaden nicht durch Versicherung oder durch eine andere Ent- schädigung gedeckt ist,

b) wenn der Wert des Grundvermögens infolge von Eigentumsbeschrän- kungen gesetzlicher Art seit der Ergänzungssteuerveranlagung für 1917/19 ge- mindert worden ist,

c) wenn Gebäude, die wirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, infolge der Einstellung des Betriebs mindestens 1 Jahr lang nicht mehr benutzt worden sind8).

§ 153). (*) Die Steuer wird nicht erhoben von allen denjenigen Grundstücken oder

Grundstücksteilen, die nach § 24 Abs. 1 b bis k und Abs. 3 des Kommunalabgaben- gesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsamml. S. 152) den Steuern vom Grundbesitze nicht unterliegen.

(a) Der Finanzminister hat die Steuer von Grundstücken oder Grundstücks- teilen, die der Besiedlung des platten Landes oder der Schaffung gesunder Klein- wohnungen für Minderbemittelte zu dienen bestimmt sind und im Eigentume von Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder solcher Personenvereinigungen sich befinden, die sich mit den genannten Zwecken befassen, ganz oder teilweise zu erlassen, jedoch nur für die Zeit der Vorbereitung der Besiedlung bzw. für die Bauzeit des Wohnhauses, und zwar höchstens auf 3 Jahre. Den Personen- vereinigungen wird die Steuer nur dann erlassen, wenn der Reingewinn ihres Unternehmens satzungsgemäss auf eigene Verzinsung von höchstens 5 ν. Η. des Nennwerts der Kapitaleinlagen beschränkt, bei Auslosungen, Ausscheiden eines Mitglieds und für den Fall der Auflösung der Vereinigung den Mitgliedern nicht mehr als der Nennwert ihrer Anteile zugesichert und bei der Auflösung der etwaige Rest des Vermögens für gemeinnützige Zwecke bestimmt ist.

§ 16«). In den Fällen des § 14 a bis c und des § 15 kann der Finanzminister seine

Befugnis auf die ihm unterstellten Behörden übertragen.

§17. (*) Die Kosten der Veranlagung fallen der Staatskasse zur Last. (2) Die durch die Untersuchung als unbegründet abgelehnter Einsprüche

und Berufungen entstandenen Kosten sind von dem Steuerschuldner zu erstatten. § 293 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung ist sinngemäss anzuwenden.

§ 186). (x) Soweit nach den bestehenden Vorschriften in Gemeinden oder anderen

öffentlich-rechtlichen Verbänden Steuern vom Grundbesitz in Hundertteilen der

2) Entwurf: „wenn der Wert". s) Entwurf hatte noch den Absatz: „In den Fällen zu a bis c kann der Finanz-

minister seine Befugnis auf die ihm unterstellten Behörden übertragen/ 3) δ 15 fehlt im Entwurf. *) Fehlte im Entwurf. Siehe jedoch Note zu § 14. «) Im Entwurf lautete der § 18: „(«) Soweit nach den bestehenden Vorschriften öffent-

lich-rechtliche Verbände Steuern in Prozenten der staatlich veranlagten Grund- und Ge- bäudeeteuer erheben dürfen, erstreckt sich diese Befugnis auch auf die nach den Be- stimmungen dieses Gesetzes veranlagte Steuer vom Grundvermögen. Die Erhebung solcher Zuschläge bedarf der Genehmigung nach § 77 des Eommunalabgabengesetzes, sofern die

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Page 8: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvepmög. V. 14. Febr. 1923131. Juli 1923. j 7 7

vom Staate veranlagten Grund- und Gebäudesteuer erhoben werden können oder das Soll der vom Staate veranlagten Realsteuern bei der Aufbringung des Bedarfs zu berücksichtigen ist, tritt an die Stelle des bisherigen Solls das nach den Vor- schriften dieses Gesetzes ermittelte Soll in der aus § 2 Abs. 1 sich ergebenden Höhe. Die Erhebung von Zuschlägen über 200 v. H. bedarf der Genehmigung nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes*).

(2) Die staatliche Steuer vom Grundvermögen ist, wenn dieses sich über mehrere Gemeinde- oder Gutsbezirke erstreckt und für die Staatssteuerzwecke als Ganzes veranlagt ist, auf die einzelnen Gemeinde- oder Gutsbezirke nach dem Verhältnisse des Wertes der in ihnen belegenen Grundstücksteile zu zerlegen. Die Zerlegung bildet einen Teil der Veranlagung und kann ebenso wie diese an- gefochten werden. Zur Einlegung der Rechtsmittel sind auch die Gemeinden befugt, in denen das Grundvermögen belegen ist. Dabei beginnt die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels mit Ablauf des Tages, an dem den Gemeinden die Veranlagung bekanntgegeben worden ist.

(3) Die nach §§14 und 15 bewilligten Erlasse und Erstattungen gelten auch bei der Heranziehung der staatlichen Steuer vom Grundvermögen für die Zwecke der Besteuerung in kommunalen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Verbänden.

§ 19.

(*) Der § 20 des Gesetzes vom 21. Mai 1861, betreffend die Einführung einer allgemeinen Gebäudesteuer (Gesetzsamml. S. 317), wird aufgehoben mit der Massgabe, dass der Finanzminister ermächtigt wird, im Einzelfalle zur Vermeidung von Härten eine neue Veranlagung der Gebäudesteuer herbeizuführen1)*).

(2) Die §§ 18-27 des Gesetzes vom 14. Juli 1893 wegen Aufhebung direkter Staatssteuern (Gesetzsamml. S. 119) werden vom 1. April 1923 ab2) ausser Wir- kung gesetzt.

§ 20.

(*) Dieses Gesetz gilt auch für den vormals zum Lande Waldeck-Pyrmont gehörigen Gebietsteil Pyrmont3).

(a) Dieses Gesetz gilt nicht für die Insel Helgoland.

§ 21. (x) Mit der Ausführung dieses Gesetzes werden der Finanzminister und,

soweit es sich um das Kommunalabgabenrecht betreffende Bestimmungen handelt, die Minister des Innern und der Finanzen beauftragt4).

(a) Unmittelbar nach der Veranlagung der vorläufigen Grundvermögens - Steuer hat das Staatsministerium eine neue Berechnung des Wertes des Grund- vermögens auf der Grundlage des gemeinen Wertes und des Ertragswerts zur Zeit des 31. Dezember 1922 vorzunehmen und auf dem laufenden zu erhalten5).

Zuschläge die im § 54 des Eommunalabgabengesetzes in der Fassung vom 26. August 1921 (Gesetzsamml. S. 495) festgesetzte Grenze überschreiten. - (2) Besteuert ein öffentlich- rechtlicher Verband Grundvermögen in Prozenten der Grundvermögenssteuer (Abs. l), so ist die Steuer, falls das Grün» 1 vermögen sich über mehrere Gemeinde- oder Gutsbezirke erstreckt und für den Staatssteuerzweck als Ganzes veranlagt ist, auf die einzelnen Ge- meinde- oder Gutsbezirke nach dem Verhältnisse des Wertes der in ihm gelegenen Grund- stücksteile zu zerlegen. Die Zerlegung bildet einen Teil der Veranlagung und kann ebenso wie diese angefochten werden." - Auf § 18 folgte im Entwurf ein § 19 des Inhalts : „Ist Grundvermögen auf Grund eines vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossenen Vertrags ganz oder teilweise vermietet oder verpachtet, so haftet neben dem Vermieter oder Verpächter der Mieter oder Pächter für die Dauer des Mi et- oder Pachtverhältnisses ganz oder anteilig für die nach Massgabe dieses Gesetzes veranlagte staatliche Steuer. Die Anteile lichten sich nach dem Verhältnisse der Miet- oder Pachtwerte. § 5 Abs. 3 und § 10 Abs. 4 finden entsprechende Anwendung.

!) Abs. 1 fehlte im Entwurf. a) Im Entwurf fehlte: „vom 1. April 1923 ab". 3) Dieser Absatz fehlte im Entwurf. 4) Im Entwurf lautete der Absatz 1 : „Der Finanzminister ist mit der Ausführung

dieses Gesetzes beauftragt." &) Abs. 2 fehlte im Entwurf. *) Siehe unten S. 208 die Abänderungen.

Finanzarchiv. XXXX. Jahrg. 529 ΥΔ

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Page 9: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

178 p*euss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v.Grundvermög. V. 14. Febr. 1923|81. Juli 1923.

§ 221). Auf die Durchführung der Vorarbeiten § 21 Abs. 2 sind die Bestimmungen

der Reichsabgabenordnung in den §§ 22 Abs. 1, 168 Abs. 3, 17ö Abs. 1, 177, 183, 188, 191, 202, 206 Abs. 1, 224, 281, 282 Abs. 1 und 4 und 283 entsprechend anzu- wenden mit der Massgabe, dass an die Stelle der Steuerpflichtigen die Grundstücks- eigentümer, an die Stelle der Finanzämter die Katasterämter, an die Stelle des Landesfinanzamts der Regierungspräsident und an die Stelle des Reichsfinanzhofs das Preussische Oberverwaltungsgericht treten. Bei der Erteilung der Auskunft nach § 175 Abs. 1 haben die Grundeigentümer auf Erfordern Miet- und Pacht- verträge und andere zur Bewertung der Grundstücke verwendbare Schriftstücke zur Einsicht vorzulegen.

§23!). Dieses Gesetz tritt am 1. April 1926 ausser Kraft.

Das vorstehende, vom Landtage beschlossene Gesetz wird hiermit ver- kündet. Die verfassungsmässigen Rechte des Staatsrats sind gewahrt.

Begründung zum Gesetzentwurf vom 30. Norember 1921 2).

Allgemeiner Teil8). Der Staatshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1921 schliesst ab mit einem

Fehlbetrage von 2,360 Mill. M. Schon der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1920 wies einen Fehlbetrag von 1993 Mill. M. auf, und die Rechnung des Jahres 1920 wird einen Fehlbetrag hinterlassen, der aller Wahrscheinlichkeit nach den anschlagsmässigen Betrag noch übersteigt. Nach allem muss damit gerechnet werden, dass hier nicht etwa nur eine vorübergehende auf zufällige Ursachen beruhende, sondern vielmehr eine dauernde Störung des Gleichgewichts zwischen den Einnahmen und Ausgaben vorliegt, die je länger desto mehr zu einer völligen Zerrüttung der Staatsfinanzen und damit zugleich zu einer Untergrabung der Kreditfähigkeit des Landes führen muss, wenn nicht beizeiten Einhalt getan wird.

Ein Vergleich mit dem Staatshaushaltsplan 1914, also aus einer Zeit, in der die Staatsfinanzen noch geordnet, d. h. für einen gewissen Dauerzustand in ihren Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht gewesen sind, ergibt, dass es vor allem folgende Umstände sind, welche die Finanzgebarung des Staates in der Zwischenzeit ungünstig beeinflusst haben:

1. Der Uebergang der wesentlichsten direkten Steuern auf das Reich und die Regelung des Landessteuergesetzes, welches die Länder und Gemeinden zu Kostgängern des Reiches machte.

2. Die Geldentwertung und die dadurch bedingte Steigerung der persön- lichen und sächlichen Ausgabefonds, die vor allem in der Besoldungsreform ihren Ausdruck fand.

3. Die Uebernahme neuer Aufgaben auf den Staat, unter denen die stärkere Beteiligung an den erhöhten persönlichen Volksschullasten, die Einrichtung der Schutzpolizei und der Erwerbslosenfürsorge hervorzuheben sind.

Dem vorliegenden Fehlbetrage gegenüber besteht Hoffnung auf steigende Einnahmen in grösserem Umfange nur bei den Anteilen an den Reichssteuern,

!) Dieser Paragraph fehlte im Entwurf. 2) Nr. 1591. PreusB. Landtag, l. Wahlperiode, 1. Tagung 1921. 3) Bereits der verfassunggebenden Preussischen Landesversammlung ist im Jahre 1920

der Entwurf eines Gesetzes betr. die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundbesitz unterbreitet worden. Dieser Entwurf hatte bestimmt, dass vom 1. Januar 1921 ab von allen inländischen Grundstücken eine Grundsteuer in Höhe von 10 ofo des Wertes erhoben werden solle. Neben diesem festen Betrage sollten Zuschläge erhoben werden können. Dieser Entwurf, der auch bereits von der Wertveranlagung zur Ergänzungesteuer für 1917J19 aus- ging, wurde nicht mehr verabschiedet.

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grund vermög. V. 14. Febr. 1923/31. Juli 1933. 179

deren Erträge im Voranschlage für 1921 nach Abzug der Gemeindeanteile auf insgesamt 2573 Mill. M. angenommen sind. Diese Ansätze beruhen auf Ver- anschlagungen des Reiches, die mangels einer gründlich durchgeführten Steuer- veranlagung die Möglichkeit einer Ertragssteigerung offen lassen. Aber selbst, wenn man annehmen wollte, dass eine gründlichere steuerliche Erfassung in ab- sehbarer Zeit möglich sein sollte, so wird man daraus doch nur einen etwa um 40-50 % erhöhten Ertrag, also etwa 1000-1200 Mill, mehr für die Preussische Staatskasse erwarten dürfen. - Mehreinnahmen in geringerem Umfange sind vielleicht bei den Betriebsverwaltungen zu erzielen, wenn diese mehr nach ertrags- wirtschaftlichen und kaufmännischen Gesichtspunkten betrieben werden; bei den Forsten scheint allerdings die Höchstgrenze der Ertragsfähigkeit schon erreicht, wenn nicht überschritten zu sein. - Eine Einschränkung der Ausgaben wird zwar dauernd erstrebt, dürfte aber in erheblichem Umfange nicht möglich sein, wenn nicht der Staat auf die Erfüllung wichtiger kultureller und sozialer Aufgaben verzichten soll.

Nach alledem muss jedenfalls mit der Tatsache gerechnet werden, dass durch die Verschiebung der Verhältnisse gegenüber der Vorkriegszeit die Finanzen des Staates in dauernde Unordnung geraten sind. Denn wenn wirklich Mehreinnahmen aus der Beteiligung an den Reichssteuern oder aus den anderen vorhandenen Einnahmequellen fliessen sollten, so werden sie doch in starkem Masse auch zum Ausgleiche der aus der fortschreitenden Geldentwertung sich ergebenden Steigerung der persönlichen und sächlichen Ausgabefonds in Anspruch genommen werden müssen. Eine wesentliche Erhöhung werden insbesondere auch die Dotationen an die Provinzen erfahren müssen.

Um das Gleichgewicht im Staatshaushalte dauernd wiederherzustellen, bleibt daher nur die Erschliessung neuer Steuerquellen übrig. Diese Möglichkeit ist ausserordentlich beschränkt. Nachdem das Reich die Finanzhoheit der Länder im wesentlichen auf sich übernommen hat, bleibt diesen nur das enge Gebiet der im § 8 des Landessteuergesetzes vom 30. März 1920 aufgeführten Steuern; das sind die Steuern vom Grundvermögen und vom Gewerbebetriebe, die sogenannten Ertragssteuern, eine Einnahmequelle, aus der die Länder zudem noch gemeinsam mit den Gemeinden schöpfen sollen.

Preussen hatte seit dem 1. April 1895 die Grund- und Gewerbesteuern den Kommunen überlassen, weil es den eigenen Geldbedarf aus anderen Quellen decken konnte. Heute ist es hierzu nicht mehr in der Lage, muss vielmehr selbst diese Einnahmequelle wenigstens zu einem wesentlichen Teile für sich in Anspruch nehmen. Damit ist Preussen zu einem grundsätzlichen Wechsel in der Steuer- politik gezwungen. Die Miquelsche Steuerreform, deren Grundsätze bisher ge- golten haben, baute das Staatssteuersystem auf der Grundlage der persönlichen Leistungsfähigkeit auf. Die persönliche Leistungsfähigkeit findet ihren Ausdruck im persönlichen Einkommen und ergänzend in dem um die Schulden gekürzten Vermögen. Einkommensteuer und ergänzende Vermögenssteuer waren die Ein- nahmequellen, aus denen der Staat seinen Finanzbedarf schöpfen sollte. Ertrags- steuern, die nur an das Objekt gebunden und von der Persönlichkeit, von der individuellen Leistungskraft losgelöst sind, waren nach der Miquelschen Auf- fassung besser in der Hand der Gemeinden zu verwenden, da diese in der Lage erschienen, den hier neben dem Steuermassstabe der Leistungsfähigkeit geltenden Grundsatz von Leistung und Gegenleistung zur Durchführung zu bringen; ausser- dem war es ihnen in höherem Grade möglich, durch örtliche Anpassung Schärfen und Schroffheiten zu mildern und auszugleichen. Nachdem die Länder die Ein- kommensteuer und die Vermögenssteuer verloren haben und durch die §§7 und 8 des Landessteuergesetzes darauf angewiesen worden sind, zur Deckung ihres Steuerbedarfs die Ertragssteuern auszunutzen, muss auch Preussen auf diese Steuern zurückgreifen, die übrigens in fast allen anderen deutschen Ländern schon bisher für den Staat in Anspruch genommen waren. In gewisser Weise erleichtert wird dieser Schritt dadurch, dass der Wegfall des preussischen Er- gänzungssteuergesetzes eine Lücke offen lässt. Das Ergänzungssteuergesetz vom 14. Juli 1893 beruhte auf der Erwägung, dass das Einkommen, welches aus Grund-

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180 Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V.14$Febr. 1923|31. Juli 1923.

vermögen oder gewerblichem Vermögen oder Kapitalvermögen entspringt, fester begründet ist als dasjenige, das den Ausfluss der persönlichen Arbeit darstellt, und brachte demgemäss eine Vorausbelastung dieses sogenannten fundierten Einkommens gegenüber dem unfundierten. Die Ergänzungssteuer erfasste ausser dem eigentlichen mobilen Kapitalvermögen das Grundvermögen und das Anlage- und Betriebskapital von Landwirtschaft und Gewerbe. Mit der Reichsfinanz - reform hat das Reich nur eine Sonderbesteuerung des eigentlichen Kapital- vermögens durch die Kapitalertragssteuer eingeführt1). Es ist also auch aus diesem Gesichtspunkte der Zugriff des Staates auf die übrigen beiden Quellen des fundierten Einkommens naheliegend.

Bei diesem Zugriffe muss von vornherein möglichst weitgehende Rücksicht genommen werden auf den Steuerbedarf der Gemeinden, welche selbst meist in nicht geringerer Finanznot sind als der Staat. Der Verzicht des Staates auf die Ertragssteuern hatte in Preussen deren ganzes Gebiet den Gemeinden zur aus- schliesslichen und nur durch die Normen des Kommunalabgabengesetzes be- schränkten Ausnutzung überlassen. Nachdem ihnen das Reichseinkommensteuer- gesetz das Recht des Einkommensteuerzuschlags genommen hat, waren ihnen die Ertragssteuern als hauptsächlichster beweglicher Faktor für ihren Haushalt geblieben. Da aber nunmehr unvermeidbar geworden ist, dass der Staat zusammen mit ihnen aus derselben Quelle schöpfen muss, ergab sich die Frage; ob der Staat die Beteiligung sowohl an der Grundsteuer wie an der Gewerbesteuer für sich in Anspruch nehmen sollte. Die Staatsregierung hat geglaubt, sich wenigstens zunächst mit der Beteiligung an der Grundsteuer begnügen zu sollen. Die Be- teiligung des Staates nur an der einen Steuerart trägt dem Gedanken der Scheidung der Steuerquellen zwischen Staat und Gemeinden wenigstens noch einigermassen Rechnung. Auch verträgt die Grundsteuer noch eher eine Beteiligung des Staates als die Gewerbesteuer, die namentlich in den Industriegemeinden schon ausser- ordentlich stark angespannt ist; schliesslich eignet sich die Grundsteuer besser zu einer einheitlichen und gleichmässigen Regelung für das ganze Land. Natur - gemäss wird durch den Zugriff des Staates auf die Grundsteuer das bisherige Verfügungsrecht der Gemeinden an dieser Steuer erheblich eingeengt. Zwar lässt der vorliegende Gesetzentwurf den Gemeinden das ihnen in dem Kommunal- abgabengesetze gegebene Recht der Erhebung von Zuschlägen zu der staatlich veranlagten Steuer wie auch das Recht des Erlasses eigener Grundsteuerordnungen, aber sicherlich werden die Grenzen der Tragfähigkeit des Steuerobjekts bei gleich- zeitigem Zugriff des Staates den Gemeinden erhebliche Schranken auferlegen.

Die bisherige gesetzliche Grundlage für die Besteuerung des Grundvermögens in Preussen bilden die drei Gesetze vom 21. Mai 1861, nämlich das Gesetz betr. die anderweite Regelung der Grundsteuer ( Gesetzsamml. S. 253), das Gesetz betr. die Einführung einer allgemeinen Gebäudesteuer (Gesetzsamml. S. 317), und das Gesetz betr. die für die Aufhebung der Grundsteuerbefreiungen und Be- vorzugungen zu gewährende Entschädigung (Gesetzsamml. S. 327). Für den Staat haben diese Gesetze ihre Bedeutung im wesentlichen verloren, nachdem er mit dem Gesetz betr. die Aufhebung direkter Staatssteuern vom 14. Juli 1893 (sogenanntem Aufhebungsgesetz), auf die Erhebung von Ertragssteuern für die Staatskasse verzichtet hat. Die Veranlagung nach den genannten Grund- und Gebäudesteuergesetzen dient heute in der Hauptsache nur noch dem Zwecke der kommunalen Besteuerung. Sie ist veraltet und erscheint für die veränderten Verhältnisse nicht mehr brauchbar. Die Veranlagung zu der eigentlichen Grund- steuer, welche alle ertragsfähigen Grundstücke mit Ausnahme der der Gebäude- steuer unterliegenden umfasste, erfolgte in den sechziger und siebziger Jahren nach der Ermittlung der „Grundsteuerreinerträge" der einzelnen Parzellen. Die Steuer war kontingentiert und der Ertrag im voraus auf eine bestimmte Summe (13,2 Mill. Taler) festgesetzt, die nach dem Reinertrag auf die einzelnen Grund-

ig Nach dem Gesetz vom 8. April 1922 (Finanzarchiv 39, 1922, S. 238 f.) hat das Reich auch eine Vermögenssteuer und eine Vermögenazuwachssteuer. Die Kapitalertragsteuer wird nach dem Gesetz vom 20. März 1983 von den nach dem 3. April 1923 fälligen Kapital- erträgen bis auf weiteres nicht mehr erhoben. Siehe Finanzarchiv 40 (1923) S. 284 § 6.

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v.Grundvermög. V. U. Febr. 1923J31. Juli 1923. J gj

stücke verteilt wurde und eine Belastung der damaligen Werte mit etwa 10 ν. Η. des Reinertrags ergab. Die Einreihung der Grundstücke in Bonitierungsklassen erfolgt nach der physikalischen Beschaffenheit des Grund und Bodens. Es wurde die Ertragsfähigkeit des einzelnen Grundstücks festgestellt, ohne dass dabei auf seinen wirtschaftlichen Zusammenhang mit anderen Grundstücken, dem Wirt- schaftshof oder gewerblichen Anlagen Rücksicht genommen wurde. Dazu kommt, dass die Einschätzung seit ihrer ersten Durchführung nicht erneuert worden ist, so dass sie sich nicht mehr in Uebereinstimmung mit den heutigen wesentlich geänderten Ertrags- und Wertverhältnissen befindet. Die Gebäudesteuerver- anlagung, welcher die Gebäude und die dazu gehörigen Hofräume und Hausgärten unterliegen, ist etwas besser auf dem laufenden, als die Grundsteuer Veranlagung, weil sie nach gesetzlicher Vorschrift alle 15 Jahre zu revidieren ist. Die letzte Revision ist in den Jahren 1908 und 1909 ausgeführt worden und am 1. Januar 1910 in Kraft getreten. Die Gebäudesteuer wurde nicht wie die Grundsteuer nach dem Reinertrage, sondern nach dem „Bruttonutzungswert" eingeschätzt und betrug für Wohngebäude 4 v. H., für gewerbliche Gebäude 2 v. H. dieses Wertes. Der Bruttonutzungswert würde aber für die heutigen Verhältnisse auch als veraltet gelten müssen. Ausserdem hat die Gebäudesteuer vor allem den Mangel, dass die dem Landwirtschaftsbetriebe dienenden Gebäude, Ställe, Scheunen u. dgl. nicht mit veranlagt wurden, weil ihr Nutzungswert schon bei der Veranlagung der Grundstücksreinerträge erfasst sein sollte.

Erweisen sich demnach die Veranlagungen zu der Grund- wie zu der Gebäude- steuer auf Grund der Gesetze von 1861 für die heutigen Verhältnisse als ungeeignet, so muss anderseits der vorliegende Entwurf doch davon absehen, einen neuen endgültigen Steuermassstab zu bringen. Zwar ist die Vorbereitung einer wirklich organischen Neuregelung der Grundvermögenssteuer durch ein endgültiges Gesetz in Angriff genommen, aber das vielseitige Problem einer der Jetztzeit angepassten Grundvermögenssteuer erfordert grosse Vorarbeiten sowohl hinsichtlich der Aufstellung der Veranlagungsgrundsätze als auch der völligen Neuschätzung der heutigen Werte der Liegenschaften. Zu diesen eingehenden Vorarbeiten fehlt es an Zeit. Der Ertrag der neuen Steuer muss schnell fliessen, und schleuniges Handeln ist nötig, wenn nicht die Finanzgebarung des Preussischen Staates aufs äusserste gefährdet werden soll.

Der Entwurf sieht deshalb als vorläufige Besteuerungsgrundlage eine andere, schon vorhandene Wertermittlung vor, die wenigstens für eine Uebergangszeit einigermassen brauchbar erscheint. Es ist dies die Wertermittlung nach dem Preussischen Ergänzungssteuergesetz vom 14. Juli 1893/19. Juni 1906/26. Mai 1909, die letztmals für den Veranlagungsabschnitt 1917/19 im Winter 1916/17 erfolgt ist. Handelt es sich hier zwar um eine persönliche Vermögenssteuer, so lässt sich doch das für sie hinsichtlich des Grundvermögens gesammelte Material auch für eine Realsteuer verwenden. Grundlage für die Berechnung und Schätzung des steuerbaren Vermögens ist hier im allgemeinen der „gemeine Wert". Bei den Grundstücken aber, die dauernd land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt sind - einschliesslich der dazu gehörigen denselben Zwecken dienenden Gebäude und des Zubehörs - , wird der „Ertragswert" zugrunde gelegt. Als Ertragswert gilt das 25fache des Reinertrags, den die Grundstücke als solche nach ihrer wirtschaftlichen Bestimmung bei gemeinüblicher Bewirtschaftung im Durchschnitte nachhaltig gewähren können (§11 des Ergänzungssteuergesetzes in der Fassung vom 26. Mai 1909). Diese Bewertungsnorm übernimmt der Ent- wurf des vorläufigen Gesetzes, ohne dass damit der in dem endgültigen Gesetze zu entscheidenden Frage, ob bei dem land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitze die Steuer nach dem Ertragswert oder nach dem gemeinen Werte zu bemessen ist, vorgegriffen werden soll. - Auch der Umfang des Steuerobjekts soll dem Ergänzungssteuergesetz entlehnt werden. Er umf asst ausser den Liegen- schaften bei den land- oder forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grund- stücken die „Betriebsmittel", d. h. das lebende und tote Wirtschaftsinventar sowie die sonst zum Anlage- und Betriebskapitale gehörenden Werte einschliess- lich der den gewerblichen Nebenbetrieben dienenden Gegenstände. Dass auch die

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182 Prensa. Ges. üb. die Erheb . ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923/31. Juli 1923.

landwirtschaftlichen Betriebsmittel in den Kreis des Grundvermögens einbezogen sind, rechtfertigt sich schon daraus, dass dieses Steuerobjekt nach Fortfall der Ergänzungssteuer heute steuerlich nicht mehr besonders erfasst ist. Während bei den Betriebsmitteln des Gewerbebetriebs das Gewerbesteuergesetz eingreift, muss bei den Betriebsmitteln der Land- und Forstwirtschaft die Grundvermögens - Steuer diese Aufgabe übernehmen. Ausserdem entspricht die Heranziehung der landwirtschaftlichen Betriebsmittel dem Gedanken der Grundsteuer als einer Ertragssteuer, die im Wege der Bruttobesteuerung die Gesamtheit des den Ertrag liefernden Objekts erfassen will. Die Betriebsmittel bei den landwirtschaftlichen Grundstücken sind von entscheidender Bedeutung für den Ertrag des Grund- stücks, und anderseits haben die Betriebsmittel ihren Wert und ihre wirtschaft- liche Bedeutung im wesentlichen in ihrer Eigenschaft als Zubehör des Grund und Bodens. - Dass die Veranlagung zur Ergänzungssteuer bei dem Grundvermögen die landwirtschaftlichen Betriebsmittel miteinbezog, und dass sie ferner die Steuer- objekte nach wirtschaftlichen Einheiten - also die landwirtschaftlichen Parzellen zusammen mit dem Wirtschaftshof - erfasste, war hauptsächlich bestimmend für den Entschluss, sie zur Grundlage für die vorläufige Grundvermögenssteuer zu nehmen. - Dagegen musste das obengenannte Prinzip der Bruttobesteuerung dazu führen, das Grundvermögen hier - im Gegensatze zu der Ergänzungssteuer - ohne Abzug der Hypothekenschulden als Steuerobjekt zu erfassen. Auch das aus fremden Geldern beschaffte Kapital wirkt zum Ertrage mit; die subjektiven Beziehungen, die zwischen Kapital und Objekt bestehen, müssen bei den Ertrags- steuern ausser Betracht bleiben. Dies entspricht auch dem § 9 des Landessteuer- gesetzes, der vorschreibt, dass die Ertragssteuern nicht wie Einkommensteuern ausgestaltet werden dürfen, und dass Besteuerungsmerkmale, die auf die Berück- sichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen abzielen, nicht zugrunde gelegt werden sollen.

Für die Höhe der Steuer muss in erster Linie die Finanzlage des Staates massgebend sein, wobei anderseits die Rücksicht auf das wirtschaftlich Erträg- liche nicht ausser acht gelassen werden darf. Der Entwurf sieht, ausgehend von dem 10 v. H. -Satze der Kapitalertragssteuer, eine Belastung mit 10 v. H. des Ertrags des Grundvermögens vor. Die Steuer soll deshalb (unter der Annahme einer 4%igen Verzinsung des Objekts) 4 v. T. des Wertes betragen.

Die letzte Bewertung zur Ergänzungssteuer erfolgte im wesentlichen unter Zugrundelegung der Preise und Werte der letzten Friedensjahre, allenfalls noch des 1. und 2. Kriegsjahrs. Diese Werte sollen der jetzigen Besteuerung nicht unverändert zugrunde gelegt, sondern es soll dem inzwischen infolge der Geld- entwertung und Verschiebung der wirtschaftlichen Verhältnisse gestiegenen Geld- werte dieser „Realwerte" wenigstens einigermassen Rechnung getragen werden. Das soll in der Weise geschehen, dass bei den land- oder forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken das 3fache, bei den übrigen Grundstücken das P/gfache des letzten Ergänzungssteuerwerts angenommen wird. Inwiefern sich diese Durchschnittsmultiplikationssätze im grossen und ganzen rechtfertigen lassen, wird in der Sonderbegründung zu § 2 des Gesetzes näher ausgeführt. Zwar mag die vorgesehene Art der Duichschnittsmultiplikation als roh erscheinen, und man mag es besonders bedauern, dass eine Differenzierung des Wertmass- stabs innerhalb der verschiedenen Arten des nicht landwirtschaftlichen Grund- besitzes - Einfamilienhäuser, Miethäuser, Bauplätze, gewerbliche Grundstücke - infolge der nun einmal zu übernehmenden Unterlage der Ergänzungssteuerver- anlagung nicht möglich ist. Aber ohne zeitraubende und die Veranlagungsbehörden überlastende Vorarbeiten und Ermittlungen lässt sich nichts Besseres an die Stelle dieser Durchschnitts- Wertsteigerungssätze setzen. - Der Satz der Steuer soll ein einheitlicher sein. Es musste aus Zweckmässigkeitsgründen davon abgesehen werden, einzelnen Grundstücksklassen, wie etwa dem Miethausbesitz oder den Kleinsiedlungen, die Vergünstigung eines ermässigten Steuersatzes zu gewähren, weil derartige Vergünstigungen das Steuererträgnis erheblich schmälern, ausser- dem in der Praxis zu ausserordentlichen Schwierigkeiten in der Veranlagung und doch wieder zu Ungerechtigkeiten und Berufungen führen würden.

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v.Grundvermög. V. 14. Febr. 1923J31. Juli 192«. Jg3

Der Ertrag der Steuer ist auf 948 Mill. M. veranschlagt, wie die Anlage 3 in Verbindung mit den Anlagen 1 und 2 ergibt. An diesem Aufkommen würden die land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke, deren Wert bei der Ergänzungssteuerveranlagung auf rund 38 Milliarden M. festgesetzt ist, und deren Steuerwert nach dem Gesetzentwurf 114 Milliarden M. betragen würde, mit rund 456 Mill. M. beteiligt sein; die übrigen Grundstücke würden bei einem Ergänzungs- steuerwert von 82 Milliarden und einem hier zu veranschlagenden Werte von 123 Milliarden etwa 492 Mill. M. zu tragen haben. Das voraussichtliche Steuer- aufkommen deckt also den Fehlbetrag des Haushalts noch nicht zur Hälfte. Wodurch der noch verbleibende Fehlbetrag gedeckt werden soll, und ob ins- besondere der Staat auch auf die Gewerbesteuer greifen muss, wird wesentlich von der Gestaltung der finanziellen Beziehungen zwischen Reich und Ländern abhängen.

Wie die Steuer auf die verschiedenen Arten des Grundbesitzes wirkt, ist in den Anlagen 4 bis 6 dargestellt.

Es lässt sich nicht verkennen, dass die Steuer in manchen Fällen eine starke Belastung bedeuten wird, gerade weil sie auch die Schulden des Vermögens un- berücksichtigt lässt und ihren Abzug nicht gestattet. Es muss damit gerechnet werden, dass der Eigentümer des Grundvermögens nicht immer in der Lage sein wird, die Steuer selbst zu tragen, und sie auf die Schultern anderer abwälzen muss. Dabei ist in erster Linie an den städtischen Miethausbesitz zu denken, der wegen der zurzeit noch bestehenden Beschränkung der Mietzinshöhe an einer den heutigen Verhältnissen entsprechenden Ausnutzung seines Grundbesitzes gehindert ist. Auch der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz wird namentlich da, wo er noch verschuldet ist, nicht die Steuerlast zu seinen sonstigen Verbindlichkeiten unbedingt übernehmen können. Eine Abwälzung der Steuer auf die Mieter und auf die Konsumenten der landwirtschaftlichen Erzeugnisse wird sich nicht voll- ständig umgehen lassen. Für laufende Pacht- und Mietverträge schafft § 19 des Entwurfs ausdrücklich die Möglichkeit einer Abwälzung, wie sie übrigens für die Vermietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen auch der Entwurf eines Reichs- gesetzes über Regelung der Mietzinsbildung (Reichsmietengesetz) vorsieht.

Bei der Entscheidung der Frage, welchen Behörden die Verwaltung der preussischen Steuer vom Grundvermögen zu übertragen sei, war mit Rücksicht auf die an sich in jeder Hinsicht zu erstrebende Einheitlichkeit der Steuerver- waltung und auch aus finanziellen Gründen zunächst an die Reichsfinanzverwaltung zu denken, die gemäss § 19 der Reichsabgabenordnung verpflichtet ist, alle Landes - steuern zu verwalten. Der Reichsfinanzminister hat es aber abgelehnt, die Durch- führung der Steuer den ihm unterstellten Reichsfinanzbehörden zu übertragen. Trotz Anerkennung der im § 19 der Reichsabgabenordnung geschaffenen Ver- pflichtung weist er darauf hin, dass diese Behörden durch eigene Arbeiten zu sehr belastet seien, als dass sie noch Landesaufgaben übernehmen könnten. Hierzu kommt, dass die Reichsfinanzbehörden wenigstens heute noch nicht in der Lage sind, Grundstücksbewertungen aus eigener Kraft auszuführen. Es fehlen ihnen hierzu sowohl die erforderlichen Unterlagen wie das geschulte Personal. Sie müssten, wie dies auch bei der Veranlagung von Grundstücken zu Reichssteuern geschieht, wieder auf diejenigen preussischen Landesbehörden zurückgreifen, die bisher die Grundstücksbewertung ausgeführt haben. Das sind die Katasterämter. Will Preussen schnell zu Einnahmen aus der Grundvermögenssteuer kommen, so bleibt nur die Möglichkeit, die Katasterämter unter Ausbau zu Steueraus- schüssen mit ihrer Verwaltung zu betrauen. Sie haben die Grundstücksbewertung auch für die Veranlagung der preussischen Ergänzungssteuer bereits seit fast 30 Jahren ausgeführt, verfügen über die notwendigen geschulten Kräfte und besitzen in ihren Kaufpreissammlungen, Schätzungsmerkmalen usw. das für die Wertermittlung unentbehrliche Material. Allerdings könnte auch daran gedacht werden, die Verwaltung den Städten und Kreisen zu übertragen. Dies erschien aber deswegen bedenklich, weil die Gleichmässigkeit und Einheitlichkeit der Ver- anlagung nicht gesichert wäre, da die Schätzung der Grundstückswerte örtlichen Einflüssen unterliegen würde. Ueberdies verfügen wohl nur einzelne grössere

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Page 15: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

184 Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923(31. Juli 1 92 S .

Städte über ein für derartige Arbeiten geeignetes Beamtenpersonal, während andere Städte und die Kreise ihr früheres Steuerpersonal abgegeben oder ein- geschränkt haben. Unter diesen Umständen kommen für die Verwaltung der Grundvermögenssteuer nur die Katasterämter in dem vorgesehenen Ausbau in Betracht.

Besonderer Teil.

Zu § 1.

Gegenstand der Steuer ist das Grundvermögen. Als steuerbares Grund- vermögen im Sinne des Gesetzes gelten die Grundstücke einschliesslich aller Bestandteile, die dauernd land- oder forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücke auch einschliesslich der Betriebsmittel1).

Das Gesetz schliefst sich hinsichtlich der näheren Bestimmung des den Gegenstand der Steuer bildenden Grundvermögens der Ausdrucksweise des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Nach diesem gehören zu den Bestandteilen des Grundstücks der Grund und Boden, die mit ihm verbundenen Sachen (insbesondere Gebäude) sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen (§ 94 B.G.B.) ; ferner Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstücke verbunden sind (§ 96 B.G.B.), z.B. Grunddienstbarkeitèn (§ 1018 B.G.B.), dingliche Vorkaufsrechte (§ 1094 Abs. 2 B.G.B.), Berechtigungen aus Reallasten (§ 1105 Abs. 2 B.G.B.) und Ueberbau- und Notwegrenten (§§ 912 Abs. 2, 913, 917 B.G.B.).

Nach § 1 Abs. 3 stehen, den Grundstücken gleich diejenigen Gebäude und Werke, die auf Grund eines Erbbaurechts oder eines sonstigen Rechtes an einem fremden Grundstück oder nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind. Derartige Gebäude und Werke, die nach § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören, stehen wirtschaftlich den sonstigen Gebäuden gleich und sollen daher als selb- ständiger Gegenstand der Steuer vom Grundvermögen unterliegen.

Die Gründe, die dazu geführt haben, die Betriebsmittel der dauernd land- oder forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücke der Steuer vom Grundvermögen zu unterwerfen, sind bereits im allgemeinen Teile der Begründung erörtert worden. Der Begriff „Betriebsmittel" ist der Reichsabgabenordnung vom 13. Dezember 1919 (R.G.B1. S. 1993) - § 152 Abs. 4 - entnommen. Er deckt sich mit dem Begriffe „bewegliches Inventar", der in Art. 6 der technischen Anleitung vom 26. Dezember 1893 für die erstmalige Schätzung des Wertes der Grundstücke zur Ergänzungssteuerveranlagung erscheint. Betriebsmittel sind das lebende und tote Wirtschaftsinventar sowie die sonst zum Anlage- und Betriebs- kapital gehörigen Werte einschliesslich der den gewerblichen Nebenbetrieben dienenden Gegenstände. Unter den „sonst zum Anlage- und Betriebskapital gehörigen Werten" sind zu verstehen: Saatgut, Brotgetreide, Futtermittel, Brenn - und Beleuchtungsmittel, Düngemittel, ferner auch bares Geld, das zur Aufrecht- erhaltung des Betriebs erforderlich ist, und Aussenstände, aber unter Abzug der Verbindlichkeiten, die der Betrieb mit sich bringt.

Zu § 22). Der § 2 regelt den Steuersatz und die Besteuerungsgrundlage. Der Steuer-

satz beträgt nach Abs. 1 vier vom Tausend des Wertes. Den jetzigen Wert der Grundstücke einigermassen richtig zu ermitteln, ist mit besonderen Schwierig- keiten verknüpft, weil bei der gegebenen wirtschaftlichen Gesamtlage die Werte und Preise sich in ständiger Bewegung befinden. Jeder Versuch, solche Ermitt- lungen vorzunehmen, würde geraume Zeit und umständliche Feststellungen er- fordern. Die Steuer muss aber mit Rücksicht auf die überaus ernste Finanzlage

i) Das Gesetz hat diese eingeschränkt auf das lebende und tote Inventar. 2) Der Entwurf hat erhebliche Aenderungen im Gesetz erfahren Siehe § 2 des Ge-

setzes und die Note dazu. 53C

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Page 16: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V . 14. Febr. 1923131. Juli 1923. j gg

schleunigst zum Fliessen gebracht werden. Deswegen sieht der Entwurf die Be- nutzung einer bereits vorhandenen Veranlagung vor, die entsprechend der ver- änderten Wirtschaftslage berichtigt werden soll. Es sollen die Werte der letzten rechtsgültig gewordenen Ergänzungssteuerveranlagung - das ist diejenige für die S teuer jähre 1917/19 - zugrunde gelegt werden. Diese haben auoh schon bei der Durchführung der Veranlagung einiger Reichssteuern als Anhalt gedient. Die Bewertung für die Ergänzungssteuerveranla,gung von L917/19 ist in den Jahren 1916/17 durchgeführt worden. Ihr liegen die Preise der letzten Friedens jähre und der ersten Kriegs jähre zugrunde.

Wenn die damals festgesetzten Werte entsprechend der seitdem veränderten Wirtschaftslage, insbesondere entsprechend dem gesunkenen Geldwert umge- reechnet werden sollen, muss zunächst geprüft werden, ob und inwieweit dies Veränderungen bei dem Verkehr mit Grundstücken und in ihren Erträgen einen Ausdruck gefunden haben. Die angestellten Ermittlungen haben leider unbedingt sichere Ergebnisse nicht gehabt. Was zunächst die land- und forstwirt- schaftlich sowie gärtnerisch genutzten Grundstücke anlangt, so ergibt sich aus Anlage 7, dass die Preise der landwirtschaftlichen Produkte etwa auf das 16fache gestiegen sind. Aber einmal steht der Umfang der landwirtschaft- lichen Produktion noch nicht durchweg wieder auf der Friedenshöhe, auch lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, um wieviel er dahinter zurückbleibt. Dies ist bei gutem und schlechtem Boden sowie bei grossen und kleinen Besitzungen verschieden. Anderseits lässt sich die Steigerung der Betriebskosten landwirt- schaftlicher Grundstücke nicht so zutreffend ermitteln, dass mit bestimmten Zahlen gerechnet werden könnte. Nach den zugänglich gewordenen Unterlagen beträgt sie (Anlage 8) etwa das 13fache der Vorkriegszeit. Auch hier ist aber ohne weiteres klar, dass diese Zahl keinesfalls auf grosse und kleine Besitzungen sowie auf gute und schlechte Bodenarten gleichmässig angewendet werden kann. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass der Besteuerung die Erträge der neuesten Zeit nur dann zugrunde gelegt werden dürften, wenn es als sicher anzunehmen wäre, dass diese Erträge nachhaltig sein werden. Alle diese Erwägungen haben dahin geführt, die Ergänzungssteuerwerte der dauernd land- oder forstwirtschaft- lich oder gärtnerisch genutzten Grundstücke nicht mehr als auf das Dreifache zu erhöhen. Es darf angenommen werden, dass diese Erhöhung durchweg erreicht ist und als ein Mindestmass angesehen werden kann. Diese Erhöhung deckt sich nach den hier vorgenommenen Ermittlungen auch mit der Steigerung der Kauf- preise land- und forstwirtschaftlicher Besitzungen, die seit der Friedenszeit ein- getreten ist. Die Ermittlungen erstrecken sich auf 141 Kauffälle, bei denen die Käufer Berufslandwirte waren, die Grundstücke zur eigenen Bewirtschaftung er- standen hatten. Liebhaberpreise sind nicht berücksichtigt worden.

Was oben von der Schwierigkeit der Wertermittlung der land- und forst- wirtschaftlichen sowie gärtnerischen Grundstücke gesagt worden ist, gilt in gleicher Weise von den übrigen Grundstücken, insbesondere vom städtischenMiet- hausbesitz. Hier sind die Erträge zurzeit durch das staatliche Eingreifen im allgemeinen Interesse erheblich eingeschränkt worden, so dass sie keinen richtigen Anhalt für die Wertermittlung bieten. WTie aber bisher schon eine all- mähliche Steigerung der Zuschläge zu den Friedensmieten eingetreten ist, so lässt auch die Begründung zum Entwürfe des Reichsmietengesetzes ei kennen, dass die Rücksicht auf die whtschaftliche Lage der Miethausbesitzer und vor allem auf die bauliche Erhaltung der Wohnhäuser eine Aenderung der bisherigen Mieter- schutzbestimmungen notwendig machen wird. Jedenfalls erscheint die Bewertung des Miethausbesitzes mit dem I1/2fachen der Ergänzungssteuerwerte als eine nur massige Berücksichtigung der veränderten Wirtschaftslage und insbesondere des veränderten Geldwertes, und zwar um so mehr, als die Werte bei der Ergänzungs- steuerveranlagung durchweg recht niedrig angenommen worden sind. Im übrigen ist der schwierigen Lage des städtischen Miethausbesitzes besonders dadurch Rechnung getragen worden, dass im § 19 die Möglichkeit geboten wird, auch bei laufenden Mietverträgen die Steuer auf die Mieter abzuwälzen.

Bei den gewerblichen Grundstücken soll ebenso wie bei den 537

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186 PreU3S- Ges· **>· die Erheb, ein. vorl. Steuer ν. Grundvermög. Y. H. Febr. 1923/81. Juli 1923*

Wohnungsgrundstücken nur ein Zuschlag von 50 v. H. des Wertes angesetzt werden. Gegen eine höhere Bewertung sprechen erstens der Umstand, dass die gewerb- lichen Grundstücke auch der Gewerbesteuer unterliegen und zweitens technische Gründe. Es gibt sehr viele Grundstücke, die teils gewerblichen und teils Wohn- zwecken dienen. Es würde also, wenn man die Wertveränderung der gewerblichen Grundstücke anders als die der Wohngrundstücke annähme, eine Sonderung der Grundstücksteile erforderlich werden, die die Fertigstellung der Veranlagung stark verzögern würde.

Es wird darauf Bedacht genommen werden, für die Erhebung der Steuer vom Grundvermögen den wirklichen Wert der Steuergegenstände sobald als mög- lich zu ermitteln. Mit Rücksicht hierauf, und da Aenderungen in den Wertver- hältnissen der einzelnen Grundstücksarten auch schon vor der endgültigen Regelung der Grundvermögenssteuer eintreten können, ist in § 2 Abs. 2 vorgesehen, dass die Werte nur „bis auf weiteres" gelten sollen.

Die Schwierigkeiten, die die Wertermittlung des Grundvermögens mit sich bringt, sind auch bei den Grundsteuerregelungen in anderen Bundesstaaten auf- getreten. Baden will, wie aus Anlage 9 hervorgeht, einen ähnlichen Weg wie Preussen einschlagen. Hessen hat die Differenzierung nicht bei den Werten, sondern bei den Steuersätzen vorgenommen.

Aus der Vorschrift, dass der Wert der Ergänzungssteuerveranlagung von 1917/19 für die Grundsteuerveranlagung massgebend sein soll, ergibt sich, dass der Grundsatz der Ergänzungssteuerveranlagung, die Steuerobjekte nach wirt- schaftlichen Einheiten zu erfassen, bei der Veranlagung der Grundvermögens- steuer anzuwenden ist. Dieser Grundsatz ist bei den Grundstücken, deren Er- gänzungssteuerwert nach § 2 Abs. 2 Satz 1 für die Grundvermögenssteuer mass- gebend ist, bereits durchgeführt. Er soll aber auch bei denjenigen Grundstücken, die nach § 2 Abs. 2 Satz 2 neu zu bewerten sind, beobachtet werden. Zu den im Satz 2 des § 2 Abs. 2 genannten Grundstücken, deren Werte nach den für die Ergänzungssteuer Veranlagung 1917/19 massgebenden Grundsätzen und Werten neu festzustellen sind, rechnen namentlich diejenigen, die seit dem Jahre 1917 in ihrer Fläche durch Zukauf oder Abverkauf vergrössert oder verkleinert, oder deren Werte infolge Aenderung im Gebäudebestande gestiegen oder gefallen sind, und ausserdem diejenigen, deren Eigentümer nicht ergänzungssteuerpflichtig waren (ζ. Β. nichtphysische Personen), sowie Veränderungen im Bestände der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit (Einheit) des Grundstücks. Diese neu er- mittelten Werte sind um das drei- bzw. eineinhalbfache zu erhöhen.

Ueber die Frage, was als wirtschaftliche Einheit aufzufassen ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine grosse Zahl von Entscheidungen ge- troffen, so dass über diese Frage kaum mehr Zweifel bestehen können. Die Ent- scheidungen des Oberverwaltungsgerichts stimmen auch im allgemeinen mit der Bestimmung in § 137 der Ausführungsordnung überein: „Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden; die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Uebung sowie die Zweckbestimmung und wirtschaftliche Zusammengehörigkeit oder Abhängigkeit der einzelnen Gegen- stände sind zu berücksichtigen." Die Frage der wirtschaftlichen Einheit ist also in erster Linie nach objektiven Gesichtspunkten und danach zu entscheiden, ob die Besitzung von jedermann als Einheit bewirtschaftet werden würde.

Die Einordnung in die Abschnitte a oder b des § 2 Abs. 2 ergibt sich im allgemeinen schon daraus, ob das Grundstück bei der Ergänzungssteuerveran- lagung nach dem Ertragswert oder gemeinen Wert eingeschätzt worden ist. Un- abhängig hiervon soll aber nach § 9 Abs. 1 Satz 2 die Einordnung vom Steuer- ausschusse vorgenommen werden können.

Zu den land- und forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücken gehören auch diejenigen, die der Viehzucht, dem Obst- oder Weinbau, der Fisch- zucht, Teichwirtschaft usw. dienen. Es sind alle diejenigen Grundstücke gemeint, die nach den Grundsätzen der Ergänzungssteuerveranlagung nicht nach dem gemeinen Werte, sondern nach dem Ertragswerte zu besteuern waren.

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. 8teuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923J31. Juli 1923. jgy

Zu § 4. Durch die neue Steuer soll das Bauen von Wohnungen nicht erschwert

werden. Wenn Neubauten, Umbauten und Wiederaufbauten, die nach dem 1. Januar 1922 bewohnbar oder benutzbar werden, bei der Veranlagung für die Dauer des vorliegenden Gesetzes unberücksichtigt bleiben sollen, so soll mit dieser Vorschrift nicht etwa eine dauernde Steuerfreistellung ausgedrückt werden. Sie ist nur als eine die jetzigen schwierigen Verhältnisse des Wohnungsmarkts berücksichtigende, vorübergehende Massnahme zu betrachten. Die Vergünstigung ist beschränkt auf die Bauten und Teile von solchen, die Wohn zwecken dienen. Sie ist also nicht denjenigen Gebäuden oder Gebäudeteilen eingeräumt, die Nicht- wohnzwecken dienen. Ein Neubau, der teils Wohn-, teils gewerblichen oder anderen Zwecken dient, ist nur hinsichtlich der Wohnräume steuerfrei und nur so lange, wie die Räume Wohnzwecken dienen. Das gilt sinngemäss auch von dem Umbau oder Wiederaufbau.

Die Steuerfreiheit bezieht sich nur auf die durch den Neubau, Umbau oder Wiederaufbau eingetretene Wertveränderung. Für ein bisher unbebautes Grund- stück, das jetzt mit einem Wohnhause bebaut wird, bleibt also der Grund und Boden - ohne den Neubau - steuerpflichtig. Wird ein Wohnhaus umgebaut, so ist das Grundstück weiterhin nach dem Werte zu besteuern, den es vor dem Umbau gehabt hat. Der Fall, dass durch den Umbau eine Wertverminderung eingetreten ist, dürfte nicht vorkommen. Abbruche werden nach § 13 berück- sichtigt.

Zu § 5 (Ges. § 4). Es entspricht dem Grundsatze der Besteuerung der wirtschaftlichen Einheit,

dass der Eigentümer Steuerschuldner auch für alle Bestandteile des Grundstücks, bei land- oder forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken auch für die Betriebsmittel ist. Da, wo ein gesondertes Eigentum an auf fremdem Grund und Boden errichteten Gebäuden oder Werken besteht, soll Steuerschuldner der Eigentümer dieser Bauwerke sein. Der Erbbauberechtigte soll, so lange er das Erbbaurecht nicht durch Errichtung von Gebäuden oder Werken ausnutzt, der Einfachheit und der Geringfügigkeit des Wertes halber nicht zur Steuer heran- gezogen werden. Sobald er aber das Erbbaurecht ausnutzt, soll er nicht nur hin- sichtlich des Erbbaurechts und der Bauwerke, sondern auch hinsichtlich des Grund und Bodens Steuerschuldner sein, und der Eigentümer soll freigelassen werden. Diese Regelung entspricht der Erwägung, dass clas Erbbaurecht, sobald es ausgeübt wird, an wirtschaftlicher Bedeutung dem Eigentumsrecht inhaltlich nahesteht.

Ferner erschien es gerechtfertigt, den Nutzniesser und Niessbraucher neben dem Eigentümer für die Steuer haften zu lassen und ebenso auch den Pächter, der Eigentümer der Betriebsmittel (insbesondere des toten oder lebenden In- ventars) ist, im Verhältnis des Wertes dieser Betriebsmittel zum Gesamtwerte der wirtschaftlichen Einheit. Nach dem Gedanken des Gesetzentwurfs sollen letzten Endes diese Nutzungsberechtigten die Steuer bzw. den Steueranteil tragen. Die Abwälzung auf sie wird dem Eigentümer auch in der Regel gelingen. Um ihm aber für die Fälle, wo ihm die Abwälzung Schwierigkeiten machen sollte, zu Hilfe zu kommen, sieht das Gesetz eine Verteilung der Steuer durch den Steuerausschuss und ferner eine gesamtschuldnerische Haftung des Nutzniessers oder Niessbrauchers bzw. Pächters für die Steuer neben ihm vor (vgl. übrigens auch Reichsabgaben- ordnung § 95). Auf dieses Gesamtschuldnerverhältnis finden die Vorschriften der §§421 flg. des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Die Steuerbehörde kann also nach ihrem Belieben sich an jeden der Gesamtschuldner halten. Sie wird die Steuer aber mit Rücksicht darauf, dass es sich um eine Realsteuer handelt, in erster Linie von demjenigen einziehen, der das Grundstück der Substanz nach vertritt, und wird sich an den Nutzniesser, Niessbraucher oder Pächter nur dann halten, wenn der Eigentümer nachweist, dass er Erstattung der Steuer oder des Steueranteils von diesem nicht erlangen kann, und es soll seine Verpflichtung .zur rechtzeitigen Entrichtung der Steuer nicht berührt werden.

Dem für die Steuer Haftenden wären gegen die Veranlagung die Rechts« 639

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188 P*euss· Ges- üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer ν. Grundvermög. V. Η. Febr. 1923/31. Juli 1923.

mittel in demselben Umfange zuzugestehen, wie dem Eigentümer. Die hierüber in § 10 Abs. 4 getroffene Regelung entspricht dem § 99 der Reichsabgabenordnung.

Zu § 6 (Ges. § 15 Abs. 1). Da seit 1895 die Grund- und Gebäudesteuer staatlicherseits nur für die

Zwecke der Gemeindebesteuerung veranlagt wird, werden die Grundstücke hin- sichtlich ihrer Steuerpflicht oder Steuerfreiheit nach den Bestimmungen des § 24 des Kommunalabgabengesetzes in den Katasterbüchern nachgewiesen. Um Ver- wirrungen zu vermeiden, und da die Gründe, aus denen die Befreiungen der im § 24 aufgeführten Grundstücke gewährt wurden, auch für eine Freistellung von der Grundvermögensteuer sprechen, erscheint es zweckmässig, diese Vorschriften in das vorliegende Gesetz zu übernehmen. Etwaige Aenderungen bleiben für das endgültige Gesetz vorbehalten. Die Steuerfreiheit wird im vorliegenden Entwürfe „den Königlichen Schlössern, einschliesslich der zugehörigen Nebengebäude, Hofräume und Gärten" ( § 24 Abs. 1 a des Kommunalabgabengesetzes) mit Rück- sicht auf die veränderte Regierungsform nicht gewährt. Soweit die ehemals Königlichen Schlösser dem Staate gehören und zu einem öffentlichen Dienste oder Gebrauche bestimmt sind, sind sie nach § 24 Abs. 1 c des Kommunalabgaben- gesetzes steuerfrei.

Das Reich geniesst nach § 2 des Reichsbesteuerungsgesetzes vom 15. April 191 11) (R.G.B1. S. 187) Freiheit von allen zur Hebung gelangenden Staatssteuern mit Ausnahme der Abgaben von Malz und Bier. Es unterliegt mithin der Steuer- pflicht nach diesem Gesetze nicht. Von Gemeinden und weiteren Kommunal- verbänden kann es dagegen nach § 3 a. a. 0. in demselben Umfange wie der ein- zelne Bundesstaat zu Realsteuern vom Grundbesitze herangezogen werden.

Zu §§ 7 und 8 (Ges. §§ 5 und 6). Da nach der Stellungnahme der Reichsregierung die Verwaltung der Grund-

vermögenssteuer eigenen staatlichen Behörden übertragen werden muss, sind hierfür die Katasterbehörden in Aussicht genommen, die schon seit etwa 60 Jahren die Grund- und Gebäudesteuer verwalten, und die auch seit etwa 26 Jahren Vor- schläge für die Grundstücksbewertung bei der preussischen Ergänzungssteuer gemacht haben. Die Katasterämter sollen für die Zwecke der Grundvermögens - Steuer dadurch erweitert werden, dass ihnen Steuerausschüsse angegliedert werden, deren Vorsitzender der Vorsteher des Katasteramts ist. Grundsätzlich soll jeder Katasteramtsbezirk einen Veranlagungsbezirk bilden. Die Organisation soll sich derjenigen anlehnen, die bei der preussischen Einkommen- und Ergänzungssteuer bestand, und sie entspricht im wesentlichen auch dem Vorgange der Reichs- abgabenordnung. An der Stelle der Finanzämter stehen die Vorsitzenden des Steuerausschusses für die Grundvermögenssteuer, an der Stelle der Landesfinanz- ämter die Regierungspräsidenten (für Berlin der Präsident der Ministerial-, Militär- und Baukommission) und an der Stelle des Reichsministers der Finanzen der preussische Finanzminister. Dem Ausschusse beim Finanzamt entspricht der Steuerausschuss, dem Finanzgerichte beim Landesfinanzamte der Steuerberufungs- ausschuss und dem Reichsfinanzhofe das Oberverwaltungsgericht.

Für besondere Fälle ist vorgesehen, dass der Finanzminister die Bildung mehrerer Veranlagungsbezirke für einen Katasteramtsbezirk oder die Zusammen- legung mehrerer Katasteramtsbezirke zu einem Veranlagungsbezirk anordnen kann. Dies erscheint angezeigt, wenn ζ. Β. zu einem Katasteramte neben einer kreisfreien Stadt auch ländliche Gemeinden gehören, oder wenn es sich um eine zwar nicht kreisfreie, aber grössere Stadt handelt, oder wenn der Katasteramts- bezirk Gemeinden mit sehr ungleichen Verhältnissen (Industrie- und rein land- wirtschaftlichen Gemeinden, oder Höhe und Niederung) umfasst. Besteht eirte Stadt aus mehreren Katasteramtsbezirken, so bildet selbstverständlich jeder Katasteramtsbezirk einen Veranlagungsbezirk, sofern der Finanzminister nicht etwas anderes anordnet.

!) Mitgeteilt nebst Entwurfsbegründung im Finanzarchiv 29 (1912) S. 317. 540

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. 8teuer v. Orundvermög. V.U. Febr. 1923/31. Juli 1923. J89

Die Einzelvorschriften über die Bildung und Zusammensetzung der Aus- schüsse in den §§7 und 8 sind den Vorschriften des preussischen Einkommensteuer- gesetzes über die Veranlagungskommissionen und die Berufungskommissionen nachgebildet.

Nach dem 4. Absatze darf die Zahl der zu ernennenden Mitglieder ein- schliesslich des Vorsitzenden die Hälfte der zu wählenden Mitglieder nicht über- schreiten. Hat also ein Steuerausschuss ausschliesslich des Vorsitzenden 6 Mit- glieder, so wird vom Staate - abgesehen von dem Vorsitzenden - nur ein Mit- glied ernannt, während 5 Mitglieder von der Kreis- und Gemeindevertretung gewählt werden. Diese Bestimmung sichert den Selbstverwaltungsbehörden einen erheblichen Einfluss auf die Veranlagung. Die Wahrung der Interessen der grundbesitzenden Bevölkerung wird durch die Bestimmung im 2. Satze des 2. Absatzes § 7 gesichert, wonach die zu wählenden Mitglieder mindestens zur Hälfte Grundbesitzer sein müssen.

Zu § 9 (Ges. § 7). Bei der Veranlagung ist zwischen denjenigen Grundstücken zu unterscheiden,

deren Wert bei der Veranlagung zur Ergänzungssteuer bereits festgesetzt worden ist, und den übrigen, bei denen dies nicht der Fall ist ( § 2). Bei ersteren bezieht sich die Veranlagung zur Grundvermögenssteuer nur auf die Frage der Steuer- pflicht (§6), auf die Einordnung des Grundstücks in die Abschnitte a oder b des § 2 Abs. 2 und auf die etwaige Zerlegung der Grundsteuer für Kommunalsteuer- zwecke in den im § 18 Abs. 2 genannten Fällen. Wegen der übrigen Grundstücke vgl. die Begründung zu § 2.

Die Veranlagung soll für die Dauer der Geltung dieses Gesetzes oder bis zur Abänderung durch Gesetz gelten.

Zu §§ 10-12 (Ges. § 8-10). Das Rechtsmittelverfahren ist im allgemeinen nach den Grundsätzen der

Reichsabgabenordnung geregelt. Als Rechtsmittel sind der Einspruch, die Berufung und die Rechtsbeschwerde gegeben. Rechtsmittelbehörden sind der Steueraus- schuss, der Berufungsausschuss und das Oberverwaltungsgericht.

Dem Steuerschuldner steht, wenn für die Steuer vom Grundvermögen nach § 2 die für die Ergänzungssteuer ver anlagung von 1917/19 endgültig festgesetzten Werte massgebend sind, das Rechtsmittel nur in der Frage der Steuerpflicht (§6), in der Frage der Einordnung des Grundstücks in die Abschnitte a oder b des § 2 Abs. 2 und in den Fällen des § 18 Abs. 2 gegen die Höhe der auf die einzelnen 'Gemeinden zerlegten Werte des Grundstücks zu. Die Wertfestsetzung ist im übrigen unanfechtbar.

Die Rechtsmittelbehörden sind - mit Ausnahme des Oberverwaltungs- gerichts - gemäss § 228 Reichsabgabenordnung, der nach § 12 Abs. 1 des Ent- wurfs Anwendung findet, an die Anträge dessen, der das Rechtsmittel eingelegt hat, nicht gebunden und können, mit Ausnahme des Oberverwaltungsgerichts, den Bescheid auch zu seinem Nachteil ändern, wenn und soweit neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt geworden sind, die eine solche Aenderung rechtfertigen, oder wenn diese Aenderung sich auf eine abweichende rechtliche Beurteilung gründet.

Nach § 10, 1 c darf die Rechtsbeschwerde beim Oberverwaltungsgerichte nur erhoben werden, sofern der Wert des Streitgegenstandes mindestens 100 M. beträgt. Durch diese Bestimmung soll eine mit der wirtschaftlichen Bedeutung des Streites nicht im Einklänge stehende, zu starke Belastung des Oberverwaltungs - gerichts verhütet werden. Die Einschränkung gilt nicht bei Streitigkeiten über die Steuerpflicht (§ 6).

Der § 11 des Entwurfs stimmt mit § 267 der Reichsabgabenordnung überein. Die rein tatsächliche Würdigung, namentlich die Würdigung der Beweise, ist hiermit dem Oberverwaltungsgericht entzogen. Sie ist der Vorinstanz ausschliess- lich überlassen und das von dieser festgestellte Ergebnis ist für das Oberverwal-

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290 Preasg. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grund vermög. V. 14. Febr. 1928/31. Juli 1923,

tungsgericht massgebend, insoweit es nicht etwa auf einem Verstosse wider den klaren Inhalt der Akten beruht oder das Verfahren gesetzwidrig war. Das Ober- verwaltungsgericht hat schon bisher die Aktenwidrigkeit als wesentlichen Ver* fahrensmangel betrachtet. Dieser Grundsatz soll jetzt gesetzlich sichergestellt werden.

Die Abs. 3-5 des § 12 sind gleichlautend mit den §§ 51, 52 und 54 des preussischen Einkommensteuergesetzes.

Zu § 13 (Ges. § 11). Es ist zweckmassig, entsprechend dem sonstigen engen Anschluss an das

bisherige Grund- und Gebäudesteuerkataster auch die gesetzlichen Bestimmungen, die bei der staatlichen Veranlagung und Fortschreibung der bisherigen Grund- und Gebäudesteuer

a) über die Pflichten der Steuerschuldner und anderer Personen sowie der Behörden, sowie

b) über Steuerveränderungen gelten, in das vorliegende Gesetz als einstweilige Regelung zu übernehmen, wenn auch für das endgültige Gesetz eine neue Bearbeitung in Aussicht genommen ist.

Die im Abs. 1 genannten Bestimmungen finden sich in folgenden Gesetzen: Grundsteuergesetz vom 21. Januar 1839 für die westlichen Provinzen

(Gesetzsamml. S. 30), Gesetz betr. die anderweite Regelung der Grundsteuer, vom 21. Mai 1861

(Gesetzsamml. S. 253), Gesetz betr. die Einführung einer allgemeinen Gebäudesteuer, vom 21. Mai

1861 (Gesetzsamml. S. 317), Gesetz betr. die definitive Unterverteilung und Erhebung der Grundsteuer

in den sechs östlichen Provinzen des Staates, vom 8. Februar 1867 (Gesetzsamml. S. 185),

Gesetz betr. die Ausführung der anderweiten Regelung der Grundsteuer in den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau, sowie in dem Kreise Meisenheim, vom 11. Februar 1870 (Gesetzsamml. S. 85),

Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 (Gesetzsamml. S. 152). Die Bestimmung des zweiten Absatzes bezweckt, bei geringfügigen Ver-

änderungen die umfangreichen Arbeiten einer Nachveranlagung zu vermeiden.

Zu § 14 (Ges. §12). Nachveranlagungen gegenüber der erstmaligen Veranlagung auf Grund

dieses Gesetzes treten bei Veränderungen ein. Sie sind nötig, wenn sich der Steuer- gegenstand in seinem Bestände geändert hat, also wenn die Fläche des Grund- stücks grosser oder kleiner geworden ist, wenn sich der Bestand an Gebäuden vermindert (Abbruch, Abbrand), und wenn sich der Bestand an gewerblichen Gebäuden oder Räumen vergrössert hat (Aenderung an Wohnräumen bleibt nach § 4 unberücksichtigt) ; ferner wenn eine Aenderung in der Steuerpflicht ( § 6) oder in der Abgrenzung der Gemeinden ( § 19 Abs. 2) eingetreten ist, und wenn Irrtümer entdeckt oder nachgewiesen werden (vgl. § 32 des Unter Verteilungsgesetzes vom 8. Februar 1867 Gesetzsamml. S. 185). Der Eigentumswechsel unveränderter Grundstücke hat keine Nachveranlagung zur Folge.

Das in § 14 in Aussicht genommene vereinfachte Verfahren für Nachyer- anlagungen soll hauptsächlich darin bestehen, dass bei Nachveranlagungen nicht immer der ganze Steuerausschuss beschliessen muss, sondern die Beteiligung nur einiger Mitglieder genügt. Es soll auch von der mündlichen Verhandlung abgesehen, die Entscheidung vielmehr auf Grund schriftlicher Gutachten nur einiger Mitglieder herbeigeführt werden können. Dies ist zur Arbeite-, Kosten- und Zeitersparnis notwendig.

Zu § 15 (Ges. § 13). Als Steuerhebestellen sind die Gemeindekassen in Aussicht genommen. Auf

Grund des § 16, Abs. 2 des Aufhebungsgesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsamml. 642

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Prense. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v.GrundvermÖg. Y. 14. Febr. 1923/31. Juli 1923. ^ 9 1

S. 119) ist den Gemeinden und selbständigen Gutsbezirken durch § 1 der Ver- ordnung vom 22. Januar 1894 (Gesetzsamml. S. 5) die Verpflichtung auferlegt, in ihren Bezirken die Einzelerhebung der sämtlichen direkten Staatssteuern (usw.), sowie die Abführung der erhobenen Beträge an die zuständigen Staatskassen ohne Vergütung zu bewirken. Die Uebertragung der unentgeltlichen Erhebung der staatlichen Grundvermögenssteuer auf die Gemeinden liesse sich also recht- fertigen, um so mehr als den Gemeinden, die ja doch durchweg auch ihrerseits Grundsteuer erheben, durch die Miterhebung der staatlichen Grundvermögens- steuer keine erhebliche Mehrarbeit erwachsen dürfte. Der Entwurf sieht jedoch, um der schwierigen Finanzlage der Gemeinden auch hier Rechnung zu tragen, vor, dass der Finanzminister ihnen für die Erhebung der Grundvermögenssteuer eine von ihm festzusetzende angemessene Entschädigung gewährt. (Vgl. § 22, Abs. 2 der Reichsabgabenordnung).

Zu § 16 (Ges. § 14). Der Entwurf enthält keine Bestimmungen darüber, dass die Steuer ganz

oder teilweise gestundet werden darf, und dass geringfügige Steuerbeträge nieder- geschlagen werden dürfen. Die meisten neueren Reichssteuergesetze enthalten solche Bestimmungen. Für die Stundung und Niederschlagung der preussischen Steuern genügen aber die Vorschriften der §§17 und 18 des Staatshaushalts- gesetzes vom 11. Mai 1898 (Gesetzsamml. S. 77) und des Königlichen Erlasses vom 24. Juli 1906. Der Entwurf regelt im § 16 den Erlass oder die Erstattung der Steuern aus Billigkeitsgründen entsprechend dem § 108 der Reichsabgaben- ordnung und gibt drei besondere Arten von Fällen an, in denen der Finanzminister die Steuer erlassen oder erstatten kann.

Zu a: Wertminderung durch höhere Gewalt kann bei Ueberschwemmungen, Windbruch, Feuerschaden und in anderen Fällen eintreten. Nach den bisherigen Gesetzen konnte die Grundsteuer nur dann erlassen werden, wenn der Ertrag von Liegenschaften infolge von Ueberschwemmungen für längere Zeit ganz oder zu einem erheblichen Teile verloren gegangen war (Gesetz vom 15. April 1889, Gesetzsamml. S. 99). Es entspricht der Billigkeit, diese Vorschrift auf alle durch höhere Gewalt eingetretenen Wertminderungen auszudehnen.

Bei den unter b genannten Wertminderungen, die auf Eigentumsbeschrän- kungen gesetzlicher Art beruhen, ist z. B. an diejenigen gedacht, die durch das Gesetz betr. Verbandsordnung für den Siedlungsverband Ruhrkohlengebiet, vom 5. Mai 1920 (Gesetzsamml. S. 286) entstanden sind oder entstehen können (Sicherung und Schaffung grösserer von der Bebauung freizuhaltender Flächen wie von Wäldern, Heide-, Wasserflächen und ähnlichen Erholungsflächen).

Zu c. Die Vorschrift bezweckt, die Steuer für Gebäude von stillliegenden Betrieben zu erlassen. Die gleiche Ermächtigung für unbewohnte Wohngebäude zu geben, liegt bei dem heutigen Wohnungsmangel kein Anlass vor.

Die Vorschriften über den Steuererlass sollen nur die staatliche Grund- vermögenssteuer betreffen. § 11 des Aufhebungsgesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetz- sammlung S. 119), wonach die Ermächtigung zum Erlass und zur Ermässigung veranlagter (Gemeinde-) Steuern den Gemeinden zusteht, wird dadurch nicht berührt.

Zu § 17. Wenn auch an der Veranlagung der Grundvermögenssteuer alle diejenigen

öffentlich-rechtlichen Verbände, die Zuschläge zu ihr erheben (§18 Abs. 1), ein wesentliches Interesse haben, so übernimmt der Staat doch die Kosten der Ver- anlagung völlig. Hierdurch wird die Vorschrift in § 14, Abs. 1 des Aufhebungs- gesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsamml. S. 119) hinsichtlich der Geschäfte, die den Gemeinden für die weitere Veranlagung der alten Grund- und Gebäude- steuer übertragen sind, und für welche die Kosten den Gemeinden zur Last fallen, nicht berührt.

Der Abs. 2 sieht bei unbegründeten Einsprüchen und Berufungen in Ueber- einstimmung mit § 11 Abs. 2 des Gebäudesteuergesetzes vom 21. Mai 1861 nur

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192 Pieuse. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1983/31. Juli 19iS.

eine Erstattung der entstandenen Kosten vor, während die Reichsabgabenordnung (§ 289) auch noch die Erhebung einer Gebühr vorschreibt, die nach dem Werte des Streitgegenstandes nach § 8 des Gerichtskostengesetzes zu berechnen ist* Eine solche Gebühr soll bei der vorläufigen Steuer zur Vereinfachung der Ge- schäfte nicht erhoben werden.

Die Kosten bei Rechtsbeschwerden regelt § 12 Abs. 5 des Entwurfs.

Zu § 181). Den Gemeinden ist durch § 25 des Kommunalabgabengesetzes die Ein-

führung besonderer Steuern vom Grundbesitze gestattet. Soweit solche be- sonderen Steuern nicht eingeführt sind, soll nach § 26 des Kommunalabgaben- gesetzes die Besteuerung in Prozenten der vom Staate veranlagten Grund- und Gebäudesteuer erfolgen. Die Zahl der Gemeinden, die von der Erlaubnis des § 25 des Kommunalabgabengesetzes Gebrauch gemacht haben, ist bisher, obwohl die Staatsregierung wiederholt dazu angeregt hat, recht klein geblieben. Von den rund 37 000 Stadt- und Landgemeinden waren es nach einer Ende 1918 vor- genommenen Untersuchung nur 528 (darunter 206 im Regierungsbezirke Potsdam). Alle übrigen haben an der staatlich veranlagten Grund- und Gebäudesteuer, obwohl sie wussten, dass diese veraltet ist, festgehalten, weil sie die Arbeit der selbständigen Veranlagung scheuten oder sich einer solchen Aufgabe nicht ge- wachsen fühlten. Der in der neueren Zeit erheblich gestiegene Finanzbedarf der Gemeinden hat zur Folge gehabt, dass in letzter Zeit viele Gemeinden die Absicht bekundet haben, eine besondere Grundsteuer nach § 25 des Kommunalabgaben- gesetzes einzuführen. Sie würden hiervon sicherlich gern Abstand nehmen, wenn die gesetzliche Möglichkeit bestände, ihre Steuern vom Grundbesitze nach der vom Staate auf Grund des vorliegenden Gesetzes festgesetzten Grundvermögens - Steuer umzulegen. Diese Möglichkeit soll den Gemeinden durch § 18 gegeben werden. Durch die Bestimmung soll auch eine Gleichmässigkeit in der Bewertung des Grundbesitzes bei der Staats- und Gemeindegrundsteuer erzielt werden.

In Zukunft können also die Gemeinden a) entweder eine besondere Grundsteuer oder b) Zuschläge zur alten staatlich veranlagten Grund- und Gebäudesteuer oder c) Zuschläge zu der vorläufigen Steuer vom Grundvermögen nach Mass-

gabe dieses Gesetzes erheben. Hierzu wird bemerkt, dass der Staat neben der Steuer vom Grund- vermögen bis auf weiteres auch die bisherige Grund- und Gebäudesteuer veran- lagen wird, damit die öffentlich-rechtlichen Verbände auch fernerhin in der Lage sind, Zuschläge zu diesen Steuern zu erheben.

Die Erhebung von Zuschlägen zu der Grundvermögenssteuer durch Ge- meinden unterliegt der gleichen Beschränkung wie die Erhebung von Zuschlägen zu der bisherigen staatlich veranlagten Grund- und Gebäudesteuer, d. h. sie bedarf der Genehmigung nach § 77 des Kommunalabgabengesetzes, sofern die Zuschläge die im § 54 des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung vom 26. August 1921 festgesetzte Grenze überschreiten. Die im § 54 genannte Grenze von „500 ν. Η. der staatlich veranlagten Realsteuern' ς bezieht sich natürlich auf die bisherige staatlich veranlagte Grund- und Gebäudesteuer. Es muss also gegebenen Falles eine Umrechnung erfolgen.

Aus der Bestimmung des § 18 Abs. 1 folgt, dass, wenn die öffentlich-recht- lichen Verbände Zuschläge zur staatlichen Grundvermögenssteuer erheben, sich die Besteuerung auf diejenigen Steuergegenstände in ihrem ganzen Umfang er- streckt, die der Grundvermögenssteuer gemäss § 1 des Entwurfs unterliegen, also auch - in Abweichung von § 24 des Kommunalabgabengesetzes - auf die Betriebsmittel.

Zu § 19 (fehlt im Gesetz). Wie schon in der allgemeinen Begründung angegeben, wird die Steuer-

belastung in vielen Fällen, insbesondere bei dem städtischen Miethausbesitz, die

l) Das Gesetz weicht vom Entwurf ab. Siehe oben Note zu § 18. 614

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923/31 . Juli 1923. j gg

wirtschaftlichen Kräfte des Eigentümers übersteigen. Er wird deshalb darauf Bedacht nehmen, die Steuer abzuwälzen, der ländliche Grundbesitz auf die Kon- sumenten, der städtische auf die Mieter. Diese Abwälzung wird im allgemeinen dem freien Spiele der wirtschaftlichen Kräfte überlassen werden können. Wo jedoch die Nutzung des Grundvermögens durch Pacht oder Mietvertrag auf einen dritten übergegangen ist, steht der Inhalt der Miet- oder Pachtverträge einer solchen Abwälzung entgegen. Die Preussische Höchstmietenanordnung vom 9. Dezember 1919 ( Gesetzsamml. S. 187) und die Preussische Pachtschutzver- ordnung vom 3. Juli 1920 (Gesetzsamml. S. 363) bzw. vom 25. Januar 1921 (Gesetzsamml. S. 121) geben nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit der Ab- wälzung. Deshalb soll § 19 für die bei dem Inkrafttreten des Gesetzes laufenden Miet- oder Pachtverträge dem Eigentümer die Abwälzung ermöglichen. Die Regelung im einzelnen ist analog der im § 5 bezüglich der Nutzniesser oder Niess- braucher oder Pächter mit eigenen Betriebsmitteln getroffenen gedacht; es kann hier auf die Begründung zu § 5 Bezug genommen werden. Bei § 19 handelt es sich nur um eine Uebergangsbestimmung für laufende Verträge, die bei der Ver- mietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen überflüssig werden wird, wenn die in Aussicht stehende Regelung eines Reichsmietengesetzes Gestalt gewinnt.

Zu § 20 (Ges. § 19). Durch § 5 des Grundsteuergesetzes vom 21. Mai 1861 (Gesetzsamml. S. 253)

wurden die bis dahin von der Steuer befreiten oder bei der Steuer bevorzugten Grundstücke unter Gewährung einer Entschädigung (Entschädigungsgesetz vom 21. Mai 1861, Gesetzsamml. S. 327) zur Grundsteuer herangezogen. Als der Staat die Grundsteuer durch Gesetz vom 14. Juli 1893 (Gesetzsamml. S. 119) gegenüber der Staatskasse ausser Hebung setzte, verlangte er, dass die geleisteten Entschädigungen an die Staatskasse zurückerstattet wurden. Den Verpflichteten stand es frei, die Entschädigung durch Kapitalzahlung oder durch eine Tilgungs- rente zu entrichten. Bei weitem die meisten Verpflichteten haben von letzterer Zahlungsart Gebrauch gemacht. Da der Staat jetzt wieder eine Grundsteuer einführt, darf er die Grundsteuerentschädigungsrenten für die Dauer der Er- hebung dieser Steuer nicht erheben.

Zu § 21. Für Helgoland galten bisher weder die Grund- und Gebäudesteuergesetze

noch das Kommunalabgabengesetz. Mit Rücksicht darauf, dass das vorliegende Gesetz die Grundsteuer nur vorläufig regeln soll, sowie mit Rücksicht darauf, dass die Helgoländer Grundstücke vom Staate noch nicht für Steuerzwecke be- wertet worden sind, soll das vorliegende Gesetz für Helgoland nicht gelten. Mit dieser Bestimmung soll aber der künftigen Regelung im endgültigen Gesetze nicht vorgegriffen werden.

Aus dem Ausschußbericht vom 5. Dezember 1922 (Drucksache Nr. 4020 A)1),

Auf Anfragen erwiderte ein Regierungs Vertreter, dass mit den Vorarbeiten für die Veranlagung der Grundvermögenssteuer schon im vorigen Jahre begonnen worden sei. Die Schätzungsbogen, die die Grundlage für die Veranlagung bildeten, seien fortgeführt worden. Offen geblieben sei nur die eigentliche Bewertung des Besitzes, soweit sie gegenüber der Ergänzungssteuerveranlagung von 1917/19 nachgeholt werden müsse. Die Arbeiten, die bis zur Aufstellung der Hebelisten

!) Die Erörterungen im Ausschuss bewegten sich in den verschiedensten Richtungen, besonders war es aber die Frage des Ertragswerts und gemeinen Werts, die lebhaft ven- tiliert wurde; es kann aber hier nicht auf alle Einzelheiten eingegangen werden. Nur Einiges wird hervorgehoben.

Finanzarchiv. XXXX. Jahrg. 545 13

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1 94 Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. arundvermög. V. 14. Febr. 1923,81. Juli 1923.

noch zu erledigen wären, würden ungefähr in 4 Monaten erledigt werden können, nachdem der Landtag das Gesetz verabschiedet habe. Dazu würden noch die Arbeiten in den Gemeinden kommen, die Ausfertigung der Steuerbescheide und die Einziehung, so dass man damit rechnen könne, dass die Steuer ungefähr 6 Monate nach der Verabschiedung des Gesetzes fliessen werde.

Die zweite Frage beziehe sich auf die Dauer der Veranlagung für den Fall, dass die Grundsätze der Ergänzungssteuerveranlagung beibehalten würden, aber eine neue Bewertung stattfände. Dann wäre also nicht einfach der Ergänzungs- steuerwert von 1917/19 zu vervielfachen. Es müssten die neuesten Werte ermittelt werden, wo der gemeine Wert die Besteuerungsgrundlage bilde, während man - entsprechend der Definition des Ertragswerts im Ergänzungssteuergesetz - den nachhaltigen und durchschnittlich zu erzielenden Normalreinertrag zu er- mitteln und mit 25 zu vervielfachen haben würde, wo der Ertragswert zugrunde gelegt werden solle. Der gemeine Wert müsse nach den neuesten Kaufpreisen ermittelt werden. Dabei liege aber die Schwierigkeit vor, dass die Kaufpreise überhaupt nicht mehr richtig angegeben würden. Man könne auch nicht ohne weiteres jeden Kaufpreis verwenden, weil Liebhaberpreise nicht dem gemeinen Werte entsprächen. Ebensowenig könnten Kaufpreise berücksichtigt werden, die auf die Ueberfremdung des Grundbesitzes zurückzuführen seien und durch die schlechte Valuta besonders hoch seien. Die Wertentwicklung schreite ununter- brochen fort, so dass die einmal gefundenen Werte bald wieder überholt würden.

Die Definition des Ertragswertes nach dem Ergänzungssteuergesetz sei sehr schwer auszulegen; denn der nachhaltig im Durchschnitt zu erzielende Rein- ertrag sei etwas Zukünftiges. Die Zukunft sei aber unbestimmt, und man müsse sich daher an die Vergangenheit halten. Da entstehe die Frage, welche Jahre man der Bewertung zugrunde legen solle. Bei der Veranlagung des Reichsnotopfers sei über diese Frage ein grosser Streit entstanden.

Wenn also die Werte neu ermittelt werden sollten, würden die Kaufpreis- und Pachtpreissammlungen der Katasterämter neu verarbeitet werden müssen. Das würde einige Monate in Anspruch nehmen. Das Ziel würde sein, für einzelne Bezirke Einheitssätze für die Bewertung aufzustellen. Diese Arbeit würde 3 bis 4 Monate mehr erfordern als die in dem ersten Fall herausgerechnete, so dass in diesem zweiten Falle die Steuer etwa nach einem Jahre zum Fliessen kommen würde.

Die Veranlagung nach dem gemeinen Wert würde ungefähr ebensolange dauern wie eben berechnet, wenn man von einer Neubonitierung absehe. Aber etwas Gutes könne man nur schaffen, wenn man den Boden neu bonitiere. Eine solche Arbeit verursache natürlich einen grossen Zeitaufwand, voraussichtlich 3 - 4 Jahre.

Der Ergänzungssteuer nach dem Gesetz vom Juli 1893 habe das gesamte Vermögen der physischen Personen unterlegen. Dabei habe man zwischen Grund- vermögen, Betriebsvermögen und Kapitalvermögen unterschieden. Die Vor- arbeiten für die Veranlagung des Grundvermögens seien der Katasterverwaltung übertragen worden. Dazu sei am 26. Dezember 1893 eine technische Anleitung für die Bewertung des Grundbesitzes zu dieser Steuer herausgegeben worden.

Bei der Bewertung des Grundbesitzes habe man drei Besitzgruppen unter- schieden,

Gruppe A: Haus- und Zinsbesitz einschliessüch der Bauplätze und des Baugeländes,

Gruppe B: den sogenannten Hof besitz - in der neueren Statistik nenne man diesen Besitz „Landgüter" - ,

Gruppe C: Landbesitz - in der neueren Statistik mit e„ Stückländer eien" bezeichnet - .

Diese Unterscheidung habe den Zweck gehabt, durch gleichartige Behandlung gleichartiger Besitzungen die Ermittlung dea Wertes zu erleichtern.

Das Schätzungsverfahren sei bei der ersten Bewertung des Grundbesitzes im Jahre 1894 in folgende Hauptabschnitte zerfallen:

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Prense. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1928|81. Juli 1923. jgg

Abschnitt 1 habe die Sammlung möglichst zahlreicher Kauf- und Taxpreise betroffen. Diese Preise seien mit ortskundigen Personen, besonders den Gemeinde- vorstehern, eingehend durchgesprochen und richtiggestellt worden. Man habe die Kauf- und Taxpreise ungefähr aus den letzten 10 Jahren genommen und auf Grund dieser Besprechungen die reinen Kauf- und Taxpreise ermittelt.

Im Abschnitt 2 habe man Musterbesitzungen aufgestellt, in denen die gemein- gewöhnlichen Verhältnisse zur Anschauung kamen, und möglichst genau den gemeinen Wert dieser Muster besitzungen geschätzt, und zwar für jeden Kreis und für die verschiedenen Landarten, auch für den Hausbesitz, für Bauplätze usw.

Der Abschnitt 3 habe dann die Ableitung allgemeiner Schätzungsmerkmale aus diesen Musterbesitzungen und den daraus sich ergebenden Werten umfasst. Die Werte aus den Musterbesitzungen seien in den einzelnen Kreisen natürlich sehr verschieden gewesen, und dieses verschiedenartige Material der Katasterämter sei im Finanzministerium zu den „Schätzungsmerkmalen" verarbeitet worden.

Die Schätzungsmerkmale für die Besitzgruppe Β hätten enthalten den ge- meinen Wert in Mark für einen Hektar einschliessfich der Gebäude und des beweg- lichen Inventars nach Grössenklassen und nach dem durchschnittlichen Rein- ertrage. Ζ. Β. zeige die Tabelle der Schätzungsmerkmale eines Regierungsbezirks für eine Besitzung von 20 ha mit einem durchschnittlichen Reinertrage von 4 Talern pro Hektar einen Einheitssatz von 1200 M.

Die Schätzungsmerkmale seien für jeden Regierungsbezirk gesondert auf- gestellt. Sie enthielten auch die Normalsätze des Gebäude- und des Inventar- wertes in Prozentsätzen des Gesamtwertes. Ζ. Β. ergebe sich im Regierungsbezirk Bromberg bei einer Besitzung von 20 ha und 4 Talern Reinertrag für das Gebäude ein Betrag von 27 ν. Η. des Gesamtwertes, für das bewegliche Inventar ein Betrag von 14 ν. Η.

Endlich sei im Anschluss an die Einheitssätze als letzter Abschnitt des Schätzungsverfahrens der gemeine Wert jeder einzelnen Besitzung festgestellt worden.

Die Einheitssätze für die Besitzgruppe A seien angegeben für 1 M. Gebäude- steuernutzungswert bei Gebäudebesitz und für 1 ar bei unbebautem Besitz.

Auf den Schätzungsbogen sei angegeben worden die Grosse der Besitzung, der durchschnittliche Grundsteuerreinertrag für 1 ha, der Gebäudesteuernutzungs- wert usw.

Die Katasterkontrolleure hätten mit Hilfe der 'Schätzungsmerkmale den Wert der Besitzungen ermittelt. Es sei aber immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die Schätzungsmerkmale nur als Hilfsmittel dienen sollten, um grobe Missgriffe zu verhindern und die Einzelschätzungen zu erleichtern. Bei ihrer Anwendung auf die einzelne Besitzung werde der Wert zunächst nur in roher Annäherung entsprechend gemeingewöhnlichen mittleren Verhältnissen gefunden unter Vermeidung einer mechanischen Anwendung. Die Kataster- kontrolleure könnten ja die meisten Besitzungen ihres Kreises genau beurteilen. Trotzdem seien aber ortskundige Personen bei den Vorarbeiten zugezogen worden.

Der Katasterkontrolleur habe auf jedem Schätzungsbogen einen Vorschlag für die Bewertung machen müssen. Für jeden Veranlagungsbezirk habe dann ein Schätzungsausschuss bestanden, dessen Vorsitzender in der Regel der Vor- sitzende der Veranlagungskommission gewesen sei. Der Katasterkontrolleur habe dem Schätzungsausschuss entweder als Auskunftsperson oder als Mitglied angehört. Dieser Schätzungsausschuss habe die Bewertung des Grundbesitzes zu prüfen und ein Gutachten abzugeben gehabt. Finanzminister Miquel habe schon nach der erstmaligen Durchführung der Arbeit dem Landtage mitgeteilt, dass - zumal in Berlin - der Schätzungsausschuss sich durchweg den Vorschlägen der Kataster- kontrolleure angeschlossen habe.

Nominell habe diese Bewertung dann noch der Nachprüfung durch die Ver- anlagungskommission unterlegen. Aenderungen seien aber wohl kaum noch vor- genommen worden.

Das Ergänzungssteuergesetz sei zweimal geändert worden. 1906 sei bestimmt worden, dass für den land- und forstwirtschaftlichen Besitz der gemeine Wert

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igg Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer ν. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923|31. Juli 1923.

nach den Kauf- und Pachtpreisen aus den letzten 10 Jahren zugrunde gelegt werden sollte. 1909 sei in § 11 des Gesetzes bestimmt worden, dass für den land- und forstwirtschaftlichen Besitz der Ertragswert zugrunde zu legen sei. Die Er- mittlung des Ertragswertes sei nicht leicht, und man habe alles mögliche auf diesem Gebiete versucht. Man habe an die Buchführungsergebnisse gedacht, aber gefunden, dass sie keine sichere Grundlage bildeten, weil auch bei der Buch- führung zu viel auf Schätzung beruhte, z. B. der Wert der Produkte, die in der eigenen Wirtschaft verbraucht würden, das Entgelt für die Arbeitskraft von Frau und Kindern usw. Diese Möglichkeit habe also ausscheiden müssen.

Als Grundlage für die Ermittlung der Ertragswerte habe man die Pacht- preise der landwirtschaftlichen Besitzungen benutzt. Die meisten Pachtpreise, über die man verfüge, bezögen sich aber auf Stückländereien. Diese könne man natürlich nicht bei grossen Gütern verwenden. Deswegen habe das Finanz- ministerium nur die Pachtpreise für ganze Besitzungen in Betracht gezogen. Deren Zahl sei gering; auf jede 92. Besitzung habe man nur einen Pachtpreis. Als man die Pachtpreise aus den Jahren 1902 - 1908 zusammenstellte und verar- beitete, habe man gefunden, dass sich Normen kaum aufstellen liessen. Schliess- lich habe man den einzigen möglichen Ausweg gewählt, die Pachtpreise in Be- ziehung zum gemeinen Wert zu setzen, und man habe danach Einheitssätze aufgestellt.

Die Verarbeitung der Pachtpreise im Jahre 1910 habe ergeben, dass bei kleineren Besitzungen der Ertragswert grosser gewesen sei als der gemeine Wert, bei mittleren Besitzungen beide etwa gleich, bei grossen Besitzungen der Ertrags- wert etwas niedriger, aber nicht viel.

Bei der Abschätzung der für die jetzige Grundsteuerveranlagung nötigen Zeit müsse man berücksichtigen, dass nicht für alle Besitzungen die Ergänzungs- steuerveranlagung benutzt werden könne. Wo Bestandsveränderungen vorge- kommen seien, müsse eine Neubewertung stattfinden. Ferner bestehe ein Unter- schied in der Steuerpflicht nach dem Ergänzungssteuergesetz und nach dem Grundsteuergesetz. Nach dem ersten seien nur die Besitzungen der physischen Personen steuerpflichtig, nach dem Grundsteuergesetz, das in diesem Punkte auf das Kommunalabgabengesetz zurückgehe, sei der Kreis grosser. Auch da müssten neue Werte ermittelt werden. Die Ergänzungssteuer habe erst bei einer gewissen Höhe des Vermögens begonnen. Infolgedessen seien die kleinen Besitzungen nicht eingeschätzt worden. Auch das müsse nachgeholt werden.

Die für die Veranlagung notwendige Zeit sei ohne weiteres schwer zu schätzen. Aber er glaube, eher zu gering als zu hoch geschätzt zu haben und die Veranlagung nach dem von ihm vorher erörterten zweiten Falle würde vielleicht sogar IV2 Jahre dauern, weil ja neue Schätzungsmerkmale und Einheitssätze aufgestellt werden müssten.

In Ergänzung seiner ersten Ausführungen müsse er noch darauf hinweisen, dass zurzeit nur sehr wenige brauchbare Kaufpreise vorhanden seien. Wenn ζ. Β. in einer mittleren Stadt ein Einfamilienhaus für das zehnfache des Friedenswertes verkauft werde, so könne man doch nicht den ganzen Hausbesitz dementsprechend einschätzen. Meist lägen den Kaufpreisen besondere Umstände zugrunde, die nicht gestatteten, daraus allgemeine Schlüsse zu ziehen.

Mit der Ergänzungssteuerveranlagung seien allerdings ganz andere Ziele erstrebt worden als mit dem vorliegenden Entwurf. Aber hier handelte es sich doch nur um eine vorläufige Regelung, und wenn man die Steuer bald nutzbar machen wolle, müsse man sich an eine vorhandene Veranlagung halten.

Die Katasterverwaltung bekomme die neuesten Kaufpreise von den Amts- gerichten. Da die Auflassung erst erfolgen könne, wenn die Grunderwerbssteuer sichergestellt sei, so verzögere sich die Auflassung, und infolgedessen bekomme die Kataster ver waltung die Kaufpreise sehr spät. Es liege eine Zusammenstellung aus dem Zeitraum vom 1. Oktober 1920 ungefähr bis zum 1. Oktober 1921 vor. Aus ihr ergebe sich gegenüber den Ergänzungssteuerwerten von 1917/19 eine Steigerung auf das Dreiviertelfache.

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1928|31. Juli 1923. j g 7

Im ganzen habe man 3429 Kauffälle untersucht. Man habe diese nach Grössenklassen gruppiert und folgendes Resultat erhalten:

Zahl der Fälle Wertsteigerung unter 5 ha 1034 4,42fach 5-20 ha 1460 4,20 „ 20-100 ha 718 3,88 „ über 100 ha .... 217 3,42 „

Durchschnitt 3,78fach. Es wurden nur solche Kaufpreise verwendet, die Berufslandwirte zahlten, welche selbst wirtschafteten, nicht aber Kaufpreise, die Kriegsgewinnler zahlten.

Der Finanzminister erklärte, dass durch § 2 keine Entscheidung über die Vorzüge oder Nachteile des gemeinen Wertes oder des Ertragswertes gefällt werden solle. Man habe nur vorhandene Grundlagen benutzt, um die Steuer möglichst schnell zum Fliessen bringen zu können. 1909 hätten wegen der Einführung des Ertragswertes an Stelle des gemeinen Wertes in die Ergänzungssteuer scharfe Kämpfe stattgefunden und der damalige Finanzminister Freiherr von Rheinbaben habe sich gegen die Einführung des Ertragswertes sehr gewehrt. Die aus Kon- servativen und Zentrum bestehende Mehrheit des Abgeordnetenhauses habe aber gesiegt. Es sei interessant, dass diese Bewertung nach dem Ertragswerte seitdem Schule gemacht habe. Das Reichsbesitzsteuergesetz von 1913 und die Reichsabgabenordnung hätte sie übernommen und auch auf den städtischen Besitz ausgedehnt. Er verweise auf § 152 der Reichsabgabenordnung, dem der Reichstag 1919 in seiner grossen Mehrheit zugestimmt habe. Er folgere daraus nur, dass die Frage „Ertragswert oder gemeiner Wert" doch nicht nur vom politischen Standpunkte aus beurteilt werden könne. Der Ertragswert und der gemeine Wert müssten eigentlich übereinstimmen, weil doch derjenige, der ein Grundstück kaufe, wenn er nicht Spekulant sei, selbstverständlich fragen müsse, was er aus dem Grundstück herauswirtschaften könne, und danach den Wert bestimme. Wenn in vielen Fällen andere Gesichtspunkte ausserdem in Betracht kämen, so dürfe man das nicht verallgemeinern.

Die Schwierigkeit liege wohl auch mehr in dem Punkte, mit welcher Zahl man den Ertrag vervielfältigen müsse, um den Wert zu bekommen. Die Zahl 20 bedeute eine Verzinsung von 5 ν. Η., 25 eine solche von 4 ν. Η. Wenn man die Sicherheit der Anlage eines Kapitals in Grund und Boden berücksichtige, so sei im allgemeinen eine geringere Verzinsung gerechtfertigt, eine Verzinsung etwa mit 3V2 - 3y3 ν. Η., so dass man den Ertrag am richtigsten mit 33 vervielfältigen würde, um den Ertragswert zu erhalten. Wenn man diese Zahl einsetzte, würden vielleicht viele der Zugrundelegung des Ertragswertes zustimmen können, die jetzt für den gemeinen Wert seien.

Wenn man den gemeinen Wert sehr viel höher annehme als den Ertragswert, wie er ihn eben berechnet habe, so besteuere man einen Wert, den der Boden für den Besitzer tatsächlich nicht habe, sondern erst bekommen könne, wenn er ihn nicht mehr besitze. Dieser Standpunkt sei grundsätzlich falsch. Er wider- spreche der elementarsten steuerlichen Gerechtigkeit, führe aber auch dazu, dass der landwirtschaftliche Besitz mobilisiert werde. Die Steuer müsse nach der Leistungsfähigkeit bemessen werden, nicht aber nach einem zukünftigen Werte des Objekts.

Auf die Dauer werde es auch ganz unmöglich sein, bei Steuergesetzen im Reiche und in Preussen von verschiedenen Werten auszugehen, vor allem weil dadurch viel unnötige Arbeit entstehe. Deshalb müsse man sich fragen, wie es augenblicklich im Reich stehe. In dem Entwurf des Reichsvermögenssteuergesetzes sei noch keine Entscheidung über die Wertgrundlage getroffen. Er verweise auf § 17 des Entwurfes1). Er halte es aber für ausgeschlossen, dass der gemeine Wert in diesen Entwurf hineinkomme. Der Reichswirtschaftsrat wolle bei der ersten Veranlagung zur Reichs Vermögenssteuer von dem für den Wehrbeitrag festge-

0 Siehe jetzt § 15 des Vermögenssteuergesetzes. Finanzarchiv 39 (1922) S. 233. 549

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jQg Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V.U. Febr. 1923|31T7uli 1928.

stellten Werte ausgehen, und der Reichsfinanzminister werde sich mindestens für landwirtschaftliche Grundstücke dem anschliessen.

Wenn man davon ausgehe, dass nur ein Provisorium geschaffen werden solle, so brauche man aber gar nicht zu der grundsätzlichen Frage endgültig Stellung zu nehmen. Man lasse das am besten dahingestellt, um möglichst bald etwas zustande zu bringen. Die vorhandene Grundlage sei brauchbar. Wenn man sie nicht benutze, werde man viel mehr Zeit brauchen, um die Steuer zum Fliessen zu bringen, und man werde kaum dauernd eine zuverlässigere Grundlage schaffen können.

Zu Beginn der dritten Lesung erklärte Staatssekretär Dr. Weber, dass das Ministerium nach dem Abschluss der zweiten Lesung draussen im Lande festgestellt habe, wie die Beschlüsse wirken würden, und zwar seien solche Fest- stellungen gemacht worden in den Provinzen Hannover, Hessen-Nassau, Pommern, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen. Man habe mit den Kataster- ämtern, mit den Landräten und mit den Regierungspräsidenten verhandelt. Er selbst sei im Hannoverschen und in Kassel gewesen, aber die Feststellungen aus den anderen Landesteilen deckten sich mit den seinigen. Allgemein halte man die Grundsteuer bei der jetzigen Markentwertung für sehr niedrig,- und es sei angeregt worden, sie zu erhöhen.

Seine Feststellungen seien im Calenberger und im Hildesheimer Lande gemacht, wo guter Weizen- und Roggenboden sei. Der Preis für den Morgen sei dort von 1917 - 1919 mit rund 900 M. festgestellt worden. Es sei aber gegenwärtig ein Morgen guten Bodens kaum unter 100,000 M. zu haben.

Wenn man von den Vergünstigungen des § 2 absehe und den Besitz über 20 ha ins Auge fasse, so ergebe sich als Steuergrundlage für den Morgen eine Summe von 7200 M. Davon würden 6 vom Tausend erhoben, also 43.20 M.

Er habe eine Besitzung im Calenberger Lande in Grosse von 45 ha besichtigt. Sie habe in diesem Jahre einen Ertrag von rund 15 Ztr. Weizen pro Morgen gehabt. Er betone von vornherein, dass er nicht beabsichtige, scharf gegen die Landwirt- schaft vorzugehen, sondern was er ausführen werde, stehe in vollem Einvernehmen mit dem, was die Besitzer selbst sagten, und die Besitzer selbst hätten zugegeben, wenn die Lage im allgemeinen so schlimm sei, wie er sie geschildert habe, dass sie sich dann nicht gegen diese Steuern wehren dürften. In jener Gegend bleibe den Besitzern ausser dem Umlagegetreide noch freies Getreide. Wenn man den Preis des freien Getreides mit 12,000 M. zugrunde lege, so komme man auf einen Ertrag vom Morgen von 180,000 M. Bei einem solchen Ertrage hätten die Be- sitzungen unter 5 ha, die ja ihr Getreide frei absetzen könnten, 21.60 M. Steuern zu zahlen.

Bei der vorerwähnten Besitzung habe der jetzige Besitzer mit 20 Jahren den Hof vom Vater, und zwar 1916, übernommen. Nach dem Testament habe er den Geschwistern je 60,000 M. ausgezahlt. Eine Schwestei sei mit ihren 60,000 M. Kleinrentnerin und werde vom Staate unterstützt. Der Bruder könne mit dem Ertrage der 60,000 M. nicht die höhere Schule in Hildesheim besuchen, weil die Pension zu teuer sei. Der Besitzer selbst aber verfüge über 180 Morgen, die nicht für 18 Mill. M. verkauft werden würden, und zwar ohne Inventar, für das noch 50 ν. Η. gerechnet werden könnten. Für diesen Mann würde eine Steuer von 43.20 M. pro Morgen wohl erträglich sein.

Die Beschlossene Staffelung werde merkwürdige Ergebnisse bringen. Er habe ζ. Β. folgendes festgestellt. Ein Besitzer habe 70 Morgen Eigenland und bewirtschafte dazu seit 40 Jahren 15 Morgen Pfarrland in Pacht. Sein Betrieb sei also auf 85 Morgen eingestellt. Er brauche aber nur drei Viertel der Steuer zu zahlen, während derjenige, der 82 Morgen Eigenland habe, die ganze Steuer zahlen müsse. Dieser Unterschied werde im Lande nicht verstanden.

Er habe dann eine andere Besitzung nach dem Kataster geprüft, und zwar im Kreise Springe. Grosse 63 Morgen, zur Ergänzungssteuer veranlagt mit 58,000 M. Diese Besitzung wäre zu veranlagen mit 348,000 M. und davon 6 vom Tausend, also 2088 M. Steuer. Der Besitzer habe 2 Pferde, 1 Ochsen, 8 Kühe und 4 Schweine. Die Steuer repräsentiere den Wert von 2 Pfd. Butter, während

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Page 30: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preuss. Ges.üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923J81 Juli 1983. jgg

die 8 Kühe im Jahre 2400 Pfd. Butter brächten. Selbst wenn der Mann die volle Steuer zahlen müsste, würde das nur 2700 M. ausmachen, während der Hafer für die beiden Pferde für einen Tag 2080 M. koste. In solchem Falle sei ein Steuer- privileg nicht gerechtfertigt, und er bitte, diese leicht tragbare vorläufige Steuer so einfach wie möglich zu gestalten.

Er habe dann noch im Kreise Springe eine kleine Besitzung eines Chaussee- arbeiters geprüft. 8 Morgen Land, die zur Ergänzungssteuer mit 12,000 M. ver- anlagt seien. Die Steuer würde nach den Beschlüssen des Ausschusses 288 M. betragen. Das sei der Wert von 4 Eiern. Der Mann verdiene täglich 590 M. - vor dem 1. Oktober - dazu 25 % Akkordzuschlag, 40 M. Kinderzulage für ein Kind und 20 M. Haushaltszulage täglich. Er habe 2 Ziegen, 3 Schweine, Gänse und Hühner. 2 Morgen seien mit Kartoffeln bestellt und hätten nach seiner Meinung neben Saatgut je 90 Ztr. gebracht. 30 Ztr. werde er selbst verbrauchen. Es blieben 150 Ztr., von denen man 50 für die Schweine rechnen müsse. Er könne also 100 Ztr. verkaufen. 2 Morgen seien mit Roggen bestellt. Er rechne pro Morgen neben dem Saatgut auf 10 Ztr. Ertrag. Wenn man 9 Ztr. für seinen Eigenverbrauch rechne, dann blieben ihm 11 Ztr., die er für rund 150,000 M. verkaufen könne. 2 Morgen seien mit Gemüse und Obst bestellt, 1 Morgen mit Weizen, der bei 10 Ztr. Ertrag 135,000 M. bringe. Für die Ziegen habe er einen Morgen Wiese. Stroh behalte er 3000 kg übrig. Das bedeute wieder einen Betrag von 300,000 M. Wenn man die Lebenshaltung dieses Mannes berücksichtige, dann könne man es nicht für gerechtfertigt ansehen, dass er in der Steuer irgendwie bevorzugt werde. Es könnte eingewendet werden, dass dieser Besitzer gegenüber dem Gross- grundbesitzer geschont werden müsse. Er sei auch dafür, dass man Steuern progressiv gestalte. Die Grundsteuer halte er aber für wenig geeignet zur Pro- gression. Man müsse dabei berücksichtigen, dass ein Pächter, wenn er ζ. Β. von einem Besitzer pachte, der mehr als 20 ha habe, eine höhere Steuer bezahlen müsse, als wenn er von einem kleineren Besitzer pachte. Die kleineren Besitzer unter 5 ha seien umlagefrei und könnten ζ. Β. bei der Viehhaltung viel besser ihren eigenen Interessen dienen als Grossgrundbesitzer, die auf fremde Leute angewiesen seien. Eine bessere Arbeitsleistung sei dem kleinen Besitzer auch oft möglich. Reparaturen könne er vor allem im Winter selbst ausführen, seinen Besitz könne er besser übersehen. Alles dieses spreche gegen eine Steuer- erleichterung.

Man könnte nun Befürchtungen aus einer Agrarkrisis bei eventueller Sta- bilisierung der Mark herleiten. In solchem Falle würden aber auch die grossen Besitzungen, die Körnerfrüchte produzierten, am schwersten getroffen werden, weil sie mehr mit fremdem Gelde arbeiteten und z. B. sehr grosse Ausgaben für künstlichen Dünger hätten. Der kleine Besitzer werde die Krise leichter überstehen.

Allerdings habe der kleine Besitz auch Nachteile, indem er ζ. Β. das Inventar nicht genügend ausnützen könne usw. Der Geldüberfluss habe dazu geführt, dass das Inventar - an sich erfreulicherweise - gut, vielfach zu wertvoll sei. Eine andere Folge sei die Abstossung der Hypotheken, die manchmal auf sonderbare Weise vor sich gehe. So habe ein Bauer eine Hypothek von 35,000 M. abgestossen, indem er 2 Goldstücke zum Goldkurse verkaufte und dabei nach Auszahlung der Hypothek noch 17,000 M. übrig behalten habe. Solche Fälle erzeugten natürlich in anderen Kreisen Verärgerung. Im allgemeinen seien die Bauern bestrebt, ihre Hypotheken abzustossen.

Er bitte nach diesen Erfahrungen, zu erwägen, ob man nicht zweckmässig die Staffelung beseitigen sollte1), die ja auch historisch nicht gerechtfertigt sei.

J) In 1. und 2. Lesung war folgende Staffelung beschlossen worden: a) bei bebauten Grundstücken, die nicht dauernd land- oder forstwirtschaftlichen

oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, das l^fache (2. Lesung ebenso); b) bei Grundstücken unter 2 ha (2. Lesung 5 ha) Flacheninhalt, die dauernd land-

oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, und bei unbebauten Grundstücken, die nicht dauernd land- oder forstwirtschaftlichen oder gärt- nerischen oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, das 4fache; c) bei Grundstücken von 2-10 ha (2. Lesung 5-20 ha) Flächeninhalt, die dauernd land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, das 6 fache ;

d) bei allen übrigen Grundstücken das 8 fache. 551

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Page 31: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

200 Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923/31. Julil923.

Er wisse, dass bodenreformerische Bestrebungen die Staffelung wünschten. Aber bei einer so geringen Steuer wie dieser vorläufigen, sei die Staffelung nicht an- gebracht, und man sollte die Steuer so schnell und so einfach wie möglich in Wirksamkeit treten lassen.

Der bebaute Grundbesitz, der unter der Zwangswirtschaft stehe und vor allem auch die Wohnungsbauabgabe zu tragen habe, könne keine weitere Belastung ertragen. Er bitte zu erwägen, ob man nicht für die Stadt das Eineinhalbfache, für das Land das Achtfache des Wertes nach § 2 der vorläufigen Steuer zugrunde legen sollte.

Ein Ausschussmitglied (Dn) bezweifelte, dass die Grundsteuer diejenige Stelle sei, an der man dem allgemeinen Problem der Geldentwertung zu Leibe gehen könne. Das würde möglich sein, wenn die Verhältnisse, die der Staats- . sekretär geschildert habe, symptomatisch wären. Das sei aber nicht der Fall. Hildesheim sei eine der reichsten landwirtschaftlichen Gegenden, und wer den preussischen Osten kenne, namentlich die ärmeren Teile, der komme zu ganz anderen Resultaten. Dort sei von einer Prosperität der Landwirtschaft keine Rede. Die wachsende Vermögensbesteuerung, die Umlage usw., habe dahin geführt, dass viele Landwirte nicht mehr über das nötige Betriebskapital ver- fügten, um so intensiv zu wirtschaften, wie es nötig sein würde. Ein Waggon Stickstoff koste über 2 Mill. M., dagegen bringe ein Waggon Roggen nach den erhöhten Umlagepreisen für das erste Drittel nur 0,43 Mill. M. Dieses Missver- hältnis habe dazu geführt, dass oft der Stickstoff abbestellt werden müsse, weil ihn die Landwirte nicht mehr bezahlen könnten.

Sympathisch sei ihm die Beseitigung der Differenzierung. Die landwirt- schaftliche Produktion, namentlich an Getreide müsse unter allen Umständen gesteigert werden. Das sei aber nicht möglich, wenn man den Hauptproduzenten des Getreides, den ostelbischen Grossgrundbesitzer wirtschaftlich totschlage. Im Osten brächten oft 100 Morgen nicht so viel Reinertrag wie im Westen 10 oder 20 Morgen. Infolgedessen wirke dort die Steuer ganz anders.

Wenn man den Grossgrundbesitz in Kleinbesitz verwandle, dann gehe die Getreideproduktion zurück. Im Kreise Königsberg in der Neumark sei 1919 das Rittergut Zellin durch die eigene Scholle parzelliert worden. Es habe 2000 Morgen Wald, 2700 Morgen landwirtschaftliche Fläche gehabt. Heute seien 4000 Morgen davon in Wirtschaften von 40 - 50 Morgen umgewandelt, und es sei noch ein Restgut vorhanden, das den Wald umfasse und rund 700 Morgen Acker. Nach amtlichen Zahlen habe das Grossgut 1917 abgeliefert 1100 Ztr. Getreide, 1918: 12,477 Ztr. Getreide und 7042 Ztr. Kartoffeln, 1919: 7918 Ztr. Getreide, 1920 nur noch 1800 Ztr. Getreide von dem Restgut, 1921 : 2166 Ztr. Das Gut sei heute im wesentlichen Zuschussgebiet für die Getreideversorgung geworden. Durch die Zunahme der Einwohnerzahl lasse sich die Differenz nicht rechtfertigen.

Es komme alles darauf an, gerade den ärmeren Teilen des preussischen Ostens nicht die Möglichkeit erhöhter Getreideproduktion durch eine allzu hohe Steuer zu nehmen. Die Zahlen, die der Staatssekretär genannt habe, dürften nicht verallgemeinert werden. Ζ. Β. sei der Ertrag auf dem guten Boden des Kreises Königsberg in diesem Jahre nur 4 oder 5 Ztr. Weizen gev/esen. Seine Freunde seien unter allen Umständen bereit, dem Staate und den Gemeinden zu geben, was ihnen gebühre, aber der Bogen dürfe nicht überspannt werden, man dürfe nicht Einzelfälle verallgemeinern. Die Grundsteuer müsse gerecht sein, ungerechtfertigt hohe Einkommen aber müssten durch andere Steuern erfasst werden, ζ. B. durch die Einkommensteuer oder die Vermögenssteuer. Boi der Grundsteuer würde der Versuch, sie besonders heranzuziehen, unzweifel- haft zu einer Produktionshemmung führen.

Ein anderes Ausschussmitglied (VSd) erinnerte daran, dass seine Freunde von Anfang an gegen den Gesetzentwurf grosse Bedenken gehabt hätten, die durch den Verlauf der Beratungen nicht vermindert, sondern vermehrt worden seien, so dass in der Fraktion der Gedanke ausgesprochen worden sei, es lasse sich vielleicht überhaupt nicht verantworten, den Entwurf noch zum Gesetz zu erheben, weil der Ertrag der Steuer nicht mehr in einem gesunden Verhältnisse

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Preuss. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923|31. Julil933. 201

zu dem Geldbedarf des Staates stehe und bei den gewaltig gestiegenen Ausgaben des Staates für die Beamten die Durchführung des Gesetzes vielleicht mehr Kosten verursache, als durch die Steuer aufgebracht werden könne.

Die Bedenken seien durch die Ausführungen des Staatssekretärs noch ver- stärkt worden, der ja seine Beispiele nicht als Durchschnittsbeispiele hingestellt habe, sondern nur als Kennzeichnung des heutigen Zustandes und der teilweise geradezu lächerlichen Ergebnisse, die die Erhebung der Steuer haben würde. Da von einem Totschlagen des ostelbischen Grossgrundbesitzes zu sprechen, sei ganz unangebracht; denn wenn dem so wäre, so müssten Hunderte von Grossgrund- besitzern schon längst wirtschaftlich ruiniert sein. Die Steuer mache ja nur den 15. Teil dessen aus, was ζ. Β. der Pommersche Landbund von seinen Mitgliedern als Beitrag erhebe. Vorläufig fehle jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Steuer gegenüber auch nur einer Gruppe von Grundbesitzern überspannt sei, im Gegen- teil, es sei zu befürchten, dass sie zu einer Farce geworden sein werde, wenn sie in Kraft trete, wenn es nicht gelinge, den Ertrag noch einigermassen der Wert- veränderung anzupassen.

Für eine Aenderung der Steuer kämen zwei Wege in Betracht, der eine sei die Vereinfachung zum Zwecke der Verbilligung der Steuererhebung. Daneben aber müsse der zweite Weg beschritten werden, die Erhöhung der Sätze. Der Gedanke der Staffelung müsse bei dieser vorläufigen Steuer zurückgestellt werden, und seine Freunde seien bereit, dieses Opfer zu bringen, um dadurch den Boden für eine wesentliche Verbesserung der Steuer zu bereiten. Seine Freunde brächten zu diesem Zweck den Antrag Nr. 98 ein, der gleichzeitig der wachsenden Not der städtischen Bevölkerung gerecht werden wolle, insbesondere mit Rücksicht darauf, dass in der nächsten Zeit wohl kaum mit einer Besserung unserer all- gemeinen Lage gerechnet werden könne. Man dürfe nicht dazu beitragen, die jetzt schon unerträgliche Notlage der städtischen Bevölkerung, der Verbraucher zu verschlimmern. Anderseits sei eine Erhöhung der Steuern für die Landwirt- schaft in den wirtschaftlichen Verhältnissen begründet. Damit der Ertrag der Steuer nicht vermindert, sondern erhöht werde, schlügen seine Freunde einen höheren Steuersatz vor.

Ein weiteres Ausschussmitglied (Z) erklärte sich mit der Beseitigung der Staffelung einverstanden, weil die Staffelung bei Realsteuern nicht zulässig sei. Durch Beseitigung der Staffelung werde man die Erhebungskosten bedeutend vermindern. Nicht konsequent sei es, bei Beseitigung der Staffelung den höchsten Satz stehen zu lassen.

Seine Freunde ständen nach wie vor auf dem Boden, dass sämtliche Real- steuenuden Gemeinden für ihre Zwecke verbleiben müssten. In rein ländlichen Verhältnissen sei die Grundsteuer die Basis der Realsteuern, ebenso wie in den Städten die Gewerbesteuer die grösste Rolle spiele. Eine Verbesserung würde es sein, wenn entsprechend einem Antrage seiner Freunde wenigstens dann eine Verminderung der Staatssteuer eintrete, wenn die gesamte Besteuerung über ein bestimmtes Mass hinausgehe.

Die von dem Staatssekretär genannten Zahlen seien angreifbar. Bei der Butter- produktion müsse man ζ. Β. berücksichtigen, dass dazu unbedingt ausländische Futtermittel gekauft werden müssten. Wenn jetzt der Milch- und Buttermangel so gross sei, so Hege es daran, dass die ausländischen Futtermittel wegen der hohen Kosten nicht gekauft werden könnten. Ein Ertrag von 15 Ztr. Getreide pro Morgen sei auch äusserst selten, und mit solchen Ausnahmebeispielen dürfe man nicht operieren.

Der Finanzminister machte darauf aufmerksam, dass in dieser Sitzung zum ersten Male der Einwand erhoben worden sei, die Steuer sei zu hoch. Man habe bisher anerkannt, dass die bisherige Steuer veraltet sei, dass die neue Steuer an sich erträglich sei und auch gerecht, dass man aber nicht wolle, dass der Staat sie erhebe. Er habe in Stettin mit dem berufenen Vertreter der pommerschen Landwirtschaft gesprochen. Dieser habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass in der Landwirtschaft grosse Beunruhigung wegen der vorläufigen Grundsteuer bestehe. Es habe sich dann ergeben, dass dieser Herr von der Höhe der Grund-

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202 Preuss.Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. H. Febr. 19Î3J31. Juli 1923.

Steuer keine Ahnung gehabt habe. Als er ihm die Sätze mitgeteilt habe, habe der Herr zugegeben, dass gar kein Anlass zu einer Beunruhigung in der Landwirt- schaft vorliege.

Gleichfalls in Stettin habe er mit dem Oberbürgermeister Ackermann ge- sprochen, der ihm mitgeteilt habe, dass der Vorstand des Preussischen Städte- tages die staatliche Grundsteuer mit Freude nunmehr begrüsse, und zwar weil er zu der Ueberzeugung gekommen sei, dass eine genügende und gerechte Heran- ziehung des platten Landes zur Grundsteuer nicht erzielt werden könne, wenn man diese Steuern den Gemeinden überlasse. Die Städte hätten aber an dieser Heranziehung ein grosses Interesse, weil sie in den Kreissteuern und in den Provinziaisteuern das tragen müssten, was durch ungenügende Grundsteuern den öffentlichen Verbänden entgehe.

Ein Ausschussmitglied (Dd) stellte fest, dass die Steuer sehr leicht zu er- tragen sei, weil sie sehr niedrig sei. Seine Freunde wünschten diese Steuer im Interesse der Gemeinden, weil sie endlich eine gerechte Verteilung der Abgaben herbeiführen werde. Wenn die Steuer für den Osten als unerträglich bezeichnet worden sei, so müsse demgegenüber darauf hingewiesen werden, dass die geringere Güte des Bodens im Osten schon in der Veranlagung zur Ergänzungssteuer be- rücksichtigt sei.

Seine Freunde seien für die Staffelung, weil von der Veranlagung zur Er- gänzungssteuer ausgegangen werde, die den Ertragswert zugrunde lege.

Der Ertragswert sei bei grossem Besitz viel geringer als bei kleinem, wie die Zusammenstellung über die finanzielle Wirkung des Antrages Nr. 8 ergebe. Eine Ergänzung dieser Zusammenstellung finde sich in einem Aufsatz im Jahr- buch der Bodenreform 1917 Heft 4, und zwar an Hand von Beispielen aus Schlesien. Man sehe daraus deutlich, dass der Ertragswert um so mehr sinke, je grosser die Besitzung sei. Wenn man demgegenüber eine umgekehrt wirkende Staffelung einführe, so mache man nur ein Unrecht einigermassen gut, das bei der Veran- lagung zur Ergänzungssteuer dem kleinen Besitz zugefügt worden sei.

Die Wirkung der Staffelung bei Verpachtung und bei Abwälzung der Steuer auf den Pächter, wie sie der Staatssekretär angeführt habe, könne er nicht an- erkennen, weil jeder Verpächter soviel bei der Pacht herauszuschlagen versuchen werde wie möglich, und zwar ohne Rücksicht auf die Grosse des Besitzes. In Westfalen werde in den Pachtverträgen nicht gesagt, dass der Pächter neben der Pacht die Grundsteuer zu bezahlen habe, sondern die Pacht werde in einer Summe ausgeworfen, und zwar entsprechend der Rechtsprechung der Pacht- schutzämter.

Dass die Staffelung die Veranlagung erschweren könne, sei nicht richtig, weil die Katasterämter die Veranlagung zur Ergänzungssteuer zugrunde legten und nur je nach der Grosse des Besitzes mit verschiedenen Zahlen multiplizierten.

Er gebe zu, dass die Umlage eine starke Belastung für den Grundbesitz sei. Das vorliegende Gesetz sei aber für verschiedene Jahre berechnet, und es sei deshalb unmöglich, darin auf die Umlage Rücksicht zu nehmen, die vielleicht im nächsten Jahre nicht mehr erneuert werden werde.

Der Antrag Nr. 98 werde nicht zu einer Entlastung des städtischen Grund- besitzes führen. Was man auf der einen Seite gebe, nehme man auf der anderen Seite durch Erhöhung des Steuersatzes auf 10 vom Tausend.

Ein anderes Ausschussmitglied (DVp) wandte sich gegen die Ausführungen eines Vorredners, nach denen die Steuer eine unerträgliche Belastung der Land- wirtschaft schaffen werde.

Wer der Auffassung sei, dass der Preussische Staat die Möglichkeit haben müsse, seine Existenz und seine Bedeutung im Reiche sicherzustellen, der müsse schon aus politischen Gründen dem Staate die Mittel geben, die er brauche, um seine Existenz zu sichern. Preussen dürfe nicht nur Kostgänger des Reiches sein. Deshalb müsse die Steuer als Staatssteuer geschaffen werden.

Seine Freunde seien bereit, für die Abschaffung der Staffelung zu stimmen und für den achtfachen Betrag, dagegen lehnten sie es ab, für eine Erhöhung des Steuersatzes zu stimmen. Antrag Nr. 98 zu b 1 würden sie auch annehmen.

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Page 34: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

Preues. Ges. üb. die Erheb, ein. vorl. Steuer v. Grnndvermög. V. 14. Febr. 1923131. Juli 1923. 203

Zu dem Antrage Nr. 94 zu 2 sei zu bemerken, dass es vielleicht besser wäre, zu sagen: die vorläufige Steuer wird den Gemeinden erstattet usw.

Ein Vertreter des Ministeriums des Innern erklärte zu dem Antrage Nr. 94 zu 2, dass diese Frage beim Ausführungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz ent- schieden werden müsse. Da müsse ein Ausgleich zwischen Gemeinden und Ge- meindeverbänden herbeigeführt werden. Man könnte sich denken, dass bei der Zuweisung aus der Einkommensteuer, soweit sie nach dem örtlichen Aufkommen erfolge, unter Umständen eine Mehrzuweisung in denjenigen Gemeinden erfolge, die hohe Realsteuerzuschläge erhöben. Dieser Gedanke sei in dem Ausführungs- gesetz zum Landessteuergesetz schon enthalten, und das Ministerium würde damit einverstanden sein, wenn der Landtag eine Entschliessung im Sinne des Antrages fasste, das Staatsministerium zu ersuchen, bei dem bevorstehenden Steuerver- teilungsgesetz diejenigen Gemeinden besonders zu berücksichtigen, in denen die Grund- und Gebäudesteuer bereits besonders hoch angespannt sei.

Von anderer Seite (DVp) wurden die Ausführungen des Staatssekretärs als zu optimistisch bezeichnet. Insbesondere sei der Ertrag stark überschätzt. Im Frieden habe man an Weizen im Durchschnitt 10 Ztr. auf den Morgen geerntet, 1920 seien es nur 8 Ztr. gewesen. Der Durchschnittsertrag bei Roggen sei 1913 9 Ztr. gewesen, 1920 nur 5 - 6 Ztr. Man dürfe bei der Landwirtschaft die hohen Produktionskosten nicht vergessen. Trotzdem werde die Landwirtschaft die Grundsteuer als Staatssteuer tragen müssen. Nach seiner Berechnung ergebe sich nach den Beschlüssen der zweiten Lesung für den Regierungsbezirk Alien- stein eine durchschnittliche Belastung von 48 M. pro ha, im Regierungsbezirk Düsseldorf von 161 M., im Durchschnitt 105 M. pro Hektar. Bei der heutigen allgemeinen Not müsse man das als eine erträgliche Belastung bezeichnen. Die Zuschläge würden daran nichts ändern, weil sie jetzt schon erhoben würden.

Nach längeren Erwägungen seien seine Freunde auch zur Aufgabe der Staffelung gekommen. Er glaube aber nach wie vor, dass der Kleingrundbesitz wegen der höheren Belastung mit Gebäuden eigentlich bevorzugt werden müsste. Aber die Staffelung kompliziere das Verfahren, wenn man gerecht vorgehen wolle, ganz bedeutend.

Gegenüber den Ausführungen des Finanzministers führte ein Redner (Dn) aus, dass die Beunruhigung der Landwirtschaft nicht auf die an sich erträgliohe Prinzipalgrundsteuer zurückzuführen sei, sondern auf die Möglichkeit der Ge- meinden, unbeschränkt Zuschläge zu erheben. Bisher sei die Wirkung der Zu- schläge nicht so gross gewesen, wie sie nunmehr sein werde. Wenn nicht eine Kontingentierung der Gemeindesteuerzu&chläge vorgenommen werde, sei das Gesetz für seine Freunde unannehmbar.

Mit der Aufhebung der Staffelung seien seine Freunde einverstanden, ebenso mit dem achtfachen Satze und mit der Reduzierung des Satzes in den Städten. Dagegen müssten sich seine Freunde energisch gegen den zwölffachen Satz und den Satz von 10 vom Tausend wenden.

Vergleiche zwischen Goldmark und Papiermark, wie sie ein Vorredner ge- zogen habe, seien volkswirtschaftlich unmöglich, weil die Werte verschieden gestiegen seien. Umlagegetreide habe ungefähr den lOOfachen Preis, freies Getreide den lOOOfachen, Kartoffeln den 250fachen. Die Produktionskosten seien in noch grösserem Masse gestiegen. Das Verhältnis des Bruttoertrages zum Nettoertrage sei anders als früher. Von einer Stabilisierung der Mark sollte man heute nicht reden; denn die Stabilisierung würde uns in diesem Augenblick, bevor wir nicht zu einer positiven Zahlungsbilanz gekommen seien, vollständig ruinieren. Preussen sei insofern ohne die Grundsteuer nicht Kostgänger des Reichs, als es einen grossen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer in Preussen bekomme. Seine Freunde wünschten unter allen Umständen, dass die Realsteuern reine Kommunalsteuern würden.

Ein Vertreter des Finanzministers wies gegenüber dem Antrage Nr. 94 zu 2 darauf hin, dass der Satz von 20 vom Tausend keinen gerechten Massstab bilde für die Not der Gemeinden und für ihre Finanzbedürftigkeit. Nach Berichten

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Page 35: Preussisches Gesetz über die Erhebung einer vorläufigen Steuer vom Grundvermögen. Vom 14. Februar 1923/31. Juli 1923. Abänderungsverordnung vom 22. Oktober 1923

204 Preuss. Ges. üb. die Eiheb. ein. vorl. Steuer v. Grundvermög. V. 14. Febr. 1923/31. Juli 1923.

der Regierungspräsidenten erhöben einige ländliche Gemeinden sehr hohe Sätze. Man sei dem auf den Grund gegangen und habe festgestellt, dass in diesen Ge- meinden die Grundstücke niedrig veranlagt seien. Er müsse auch darauf hin- weisen, dass nicht alle Gemeinden die Steuer in jedem Jahre neu veranlagten.

Ein Ausschussmitglied (Z) erinnerte daran, dass seine Freunde in der zweiten Lesung einen Antrag eingebracht hätten, der dem von dem Antrage Nr. 94 er- strebten Ziele näher komme und deshalb vorzuziehen wäre, weil er die Sache nicht mehr der Willkür der Gemeinden überlasse. Wenn auf die Reichseinkommen- steuer Bezug genommen worden sei, so könne er aus den Verhandlungen über diese Steuer anführen, dass sie als Reichssteuer gestaltet worden sei, um im ganzen Reich eine gleichmässige Einschätzung zu haben.

Der Antrag Nr. 94 wurde von einem Ausschussmitgliede (Z) damit be- gründet, dass den schwer belasteten Gemeinden geholfen werden müsse. Dass die Erfassung der Werte sehr verschieden sei, glaube er nicht; denn die Ge- meinden, die die Steuer nach dem gemeinen Wert eingeführt hätten, hätten es aus der Not der Zeit heraus getan, weil sie mit dem alten Gesetz von 1861 nichts mehr anfangen konnten. Er kenne es auch nicht anders, als dass alle drei Jahre eine Ueberprüfung der Werte stattfinde, und eine laxe Handhabung könne nur in Ausnahmefällen vorliegen. Eine Entschliessung in diesem Punkte sei kein Fortschritt, weil sie erst bei der Beratung des Landessteuergesetzes wirksam werden könne. Im rheinisch-westfälischen Gebiet und in den meisten grösseren Städten habe man sich nach dem Wegfall der Zuschläge zur Einkommensteuer an die Realsteuern halten müssen und diese seien unerträglich in die Höhe ge- schraubt worden. Dafür müsse ein Ausgleich geschaffen werden. Er würde mit dem von einem Vorredner gemachten Aenderungsvorschlage einverstanden sein.

Nachtrag1· Durch VO. v. 22. Okt. 1923 (Preuss. Ges.-Samml. 1923 Nr. 65 S. 478) wurde mit Wirkung

vom 1. Nov. 1923 das Gesetz folgendermassen geändert: § 2 Abs. 1 und 2 lauten nun : „(]) die Steuer beträgt monatlich

a> bei bebauten Grundstücken, die nicht dauernd land· oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, 0,20 Μ ,

b) bei allen übrigen Grundstücken 0,25 M. für je 1000 M. des Wertes.

(*) Als Wert (Abs. 1) gilt der Wert, der für die Veranlagung zur Ergänzungssteuer nach dem Gesetze v. 14. Juli 1893 1 19. Juni 1906 | 26. Mai 1909 für den Veranlagungsabschnitt 1917|19 festgesetzt worden ist."

Nach Art. 2 der VO. erfolgt die erstmalige Feststellung der Steuer gemäss § 2 Abs. 1 und 2 durch den Vorsitzenden des Steuerausschusses. Ueber die erstmalige Feststellung der Steuer,ergeht keine besondere Mitteilung an den Steuerschuldner.

In § 2 Abs. 4 des Gesetzes wurde der Schluss^atz („dieser Wert ist den Bestimmungen des Abs. 2 b entsprechend zu erhöhen1') gestrichen.

§3 des Gesetzes erhielt folgende Fassung: „(i) Die gemäss § 2 Abs. 1 berechnete Steuer ist die Steuer in Goldwert. (2) Die Steuer ist in Banknoten, Reichskassenscheinen oder Darlehenskassenscheinen

zu entrichten, die auf deutsche Währung lauten. (3) Der Finanzminister bestimmt das Wert Verhältnis, zu dem die Zahlungen der Steuer

in deutsches Währungsgeld umzurechnen sind (Goldumrechnungssatz). (4) Erstattungen .sind in Goldwert zu bewirken. Geldstrafen sind in Goldwert zu

zahlen. Abs. 2 und 3 gelten entsprechend." In § 7 wurde „§ 2 Abs. 2" durch „§ 2 Abs. 1" ersetzt. Der § 13 Abs. 1 erhielt folgende Fassung: „(i) Die Steuer ist am 15. eines jeden Monats fällig. Sie ist an den Vorstand der

Gemeinde (Gutsbezirk), in der das Grundstück gelegen ist, unaufgefordert zu entrichten. Zahlungspflichtig für den vollen Kalendermonat ist derjenige, der zu Beginn des Monats Steuerschuldner war."

Der § 18 Abs. 1 erhielt folgende Fassung: „0 Die Erhebung von Zuschlägen über 100 ν. Η. bedarf der Genehmigung nach den

Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes. Eine Erhebung von Zuschlägen über 200 ν. Η. soll nicht stattfinden."

Jn § 19 wurden die Worte „herbeiführen zu lassen" ersetzt durch „herbeizuführen".

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