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Persönlichkeitsdiagnostik im DSM-5; Personality assessment in DSM-5;

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Psychotherapeut 2013 · 58:455–465 DOI 10.1007/s00278-013-1009-1 Online publiziert: 23. September 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Johannes Zimmermann 1  · Cord Benecke 1  · Donna S. Bender 2  · Andrew E. Skodol 2  ·  Robert F. Krueger 3  · Daniel Leising 4 1  Institut für Psychologie, Universität Kassel 2  Department of Psychiatry, University of Arizona College of Medicine, Arizona, USA 3  Department of Psychology, University of Minnesota, Minnesota, USA 4  Fachrichtung Psychologie, Technische Universität Dresden Persönlichkeitsdiagnostik  im DSM-5 Im Mai 2013 erschien nach langjäh- rigen Vorarbeiten die fünfte Ausga- be des Diagnostischen und Statisti- schen Handbuchs Psychischer Störun- gen (DSM-5). Das DSM-5 enthält in Sektion III („Emerging Measures and Models“) ein alternatives Modell zur Klassifikation von PS. Dieses ergänzt das bisherige Modell aus dem DSM- IV-TR, das praktisch unverändert in Sektion II („Essential Elements: Dia- gnostic Criteria and Codes“) über- nommen wurde. Das „zweigleisige“ Vorgehen der Amerikanischen Psych- iatrischen Vereinigung (APA) hat den Sinn, die Kontinuität zur bisherigen diagnostischen Praxis sicherzustellen und gleichzeitig die Grundlage für ein neues Paradigma von klinischer Per- sönlichkeitsdiagnostik zu schaffen. Warum ist ein neues Modell überhaupt nötig? Die bisherigen Modelle zur Klassifika- tion von PS im DSM-IV-TR (American Psychiatric Association 2000) und in der 10. Revision der Internationalen statisti- schen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD- 10; World Health Organization 1992) sind in mehrerer Hinsicht unbefriedigend. Erstens ist die (faktorielle) Zuordnung der einzelnen Kriterien zu den 10 kate- gorialen Diagnosen empirisch nicht halt- bar (Sheets u. Craighead 2007; Wright u. Zimmermann 2013). Dies trägt z. B. da- zu bei, dass Patienten häufig die Krite- rien für mehr als eine PS erfüllen (Zim- merman et al. 2005), dass Patienten mit der gleichen Diagnose sehr unterschied- liche Probleme haben (Wright et al. 2013) und dass viele Patienten ein individuelles Muster an Problemen aufweisen, dass sich keiner umschriebenen PS zuordnen lässt (Verheul et al. 2007). Zweitens fehlt ei- ne explizite Skala zur Einschätzung des Schweregrads der PS. Dies ist ungünstig, weil Unterschiede im Schweregrad einer PS für die Prognose und Behandlungspla- nung möglicherweise ebenso wichtig sind wie Unterschiede in der spezifischen in- haltlichen Ausprägung der PS (Crawford et al. 2011; Hopwood et al. 2011). Drittens ist unklar, welche normativen Vorstellun- gen von einer „gesunden“ Persönlichkeit den diagnostischen Kategorien zugrun- de liegen. Es wäre wünschenswert, im- plizite Normen des DSM-IV-Modells wie z. B. „Sei selbstständig und unabhängig“, „Habe dich selbst im Griff “ oder „Genie- ße soziale Beziehungen und Aktivitäten“ einer expliziten wissenschaftlichen Dis- kussion zugänglich zu machen (Leising et al. 2009). Darüber hinaus ist eine Rei- he weiterer Schwächen des DSM-IV-Mo- dells bekannt, die sich z. T. mit den be- reits genannten Punkten überschneiden, beispielsweise die mangelnde Integration von Befunden aus der grundlagenwissen- schaftlichen Persönlichkeitspsychologie, insbesondere zur dimensionalen Struktur von Persönlichkeitsunterschieden (Wi- diger u. Trull 2007), die größtenteils ar- biträre Festlegung von diagnostischen Schwellenwerten (Cooper et al. 2010), die geringe zeitliche Stabilität der Diagnosen (Morey u. Hopwood 2013) oder die Ver- mischung von Beschreibung und Bewer- tung von Persönlichkeitsmerkmalen (Lei- sing u. Zimmermann 2011; eine ausführ- lichere Diskussion findet sich z. B. bei Clark 2007; Widiger u. Trull 2007; Wright u. Zimmermann 2013). Die genannten Schwächen des DSM-IV sind nach An- sicht der Autoren keineswegs trivial oder Ausdruck von intellektueller Spitzfindig- keit, sondern haben konkrete negative Auswirkungen auf Forschung und Pra- xis: Beispielsweise führen die große He- terogenität innerhalb einzelner PS-Ka- tegorien und die hohe „Komorbidität“ verschiedener PS-Kategorien dazu, dass Forschungsergebnisse zu einzelnen PS schwer interpretierbar sowie PS-Diagno- sen für die individuelle Fallformulierung und Therapieplanung häufig wenig nütz- lich sind (Krueger 2013). Alternatives Modell in Sektion III des DSM-5 Aufgrund dieser unbefriedigenden Situa- tion hat die DSM-5-Arbeitsgruppe zu Per- sönlichkeit und Persönlichkeitsstörungen ein alternatives Modell zur Klassifikati- on von PS entwickelt (American Psych- iatric Association 2013; Skodol 2012; ei- ne deutschsprachige Rezeption des ersten Entwurfs findet sich bei Herpertz 2011). Dieses Modell wurde im Laufe seiner Ent- wicklung in zahlreichen Fachzeitschriften kontrovers diskutiert und letztlich vom Kuratorium („Board of Trustees“) der American Psychiatric Association (APA) nicht in den Hauptteil des neuen Manu- als (d. h. Sektion II) übernommen. Mit 455 Psychotherapeut 5 · 2013| Originalien Redaktion M. Cierpka, Heidelberg B. Strauß, Jena
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Psychotherapeut 2013 · 58:455–465DOI 10.1007/s00278-013-1009-1Online publiziert: 23. September 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Johannes Zimmermann1 · Cord Benecke1 · Donna S. Bender2 · Andrew E. Skodol2 · Robert F. Krueger3 · Daniel Leising4

1 Institut für Psychologie, Universität Kassel2 Department of Psychiatry, University of Arizona College of Medicine, Arizona, USA3 Department of Psychology, University of Minnesota, Minnesota, USA4 Fachrichtung Psychologie, Technische Universität Dresden

Persönlichkeitsdiagnostik im DSM-5

Im Mai 2013 erschien nach langjäh-rigen Vorarbeiten die fünfte Ausga-be des Diagnostischen und Statisti-schen Handbuchs Psychischer Störun-gen (DSM-5). Das DSM-5 enthält in Sektion III („Emerging Measures and Models“) ein alternatives Modell zur Klassifikation von PS. Dieses ergänzt das bisherige Modell aus dem DSM-IV-TR, das praktisch unverändert in Sektion II („Essential Elements: Dia-gnostic Criteria and Codes“) über-nommen wurde. Das „zweigleisige“ Vorgehen der Amerikanischen Psych-iatrischen Vereinigung (APA) hat den Sinn, die Kontinuität zur bisherigen diagnostischen Praxis sicherzustellen und gleichzeitig die Grundlage für ein neues Paradigma von klinischer Per-sönlichkeitsdiagnostik zu schaffen.

Warum ist ein neues Modell überhaupt nötig?

Die bisherigen Modelle zur Klassifika-tion von PS im DSM-IV-TR (American Psychiatric Association 2000) und in der 10. Revision der Internationalen statisti-schen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10; World Health Organization 1992) sind in mehrerer Hinsicht unbefriedigend. Erstens ist die (faktorielle) Zuordnung der einzelnen Kriterien zu den 10 kate-gorialen Diagnosen empirisch nicht halt-bar (Sheets u. Craighead 2007; Wright u. Zimmermann 2013). Dies trägt z. B. da-zu bei, dass Patienten häufig die Krite-rien für mehr als eine PS erfüllen (Zim-

merman et al. 2005), dass Patienten mit der gleichen Diagnose sehr unterschied-liche Probleme haben (Wright et al. 2013) und dass viele Patienten ein individuelles Muster an Problemen aufweisen, dass sich keiner umschriebenen PS zuordnen lässt (Verheul et al. 2007). Zweitens fehlt ei-ne explizite Skala zur Einschätzung des Schweregrads der PS. Dies ist ungünstig, weil Unterschiede im Schweregrad einer PS für die Prognose und Behandlungspla-nung möglicherweise ebenso wichtig sind wie Unterschiede in der spezifischen in-haltlichen Ausprägung der PS (Crawford et al. 2011; Hopwood et al. 2011). Drittens ist unklar, welche normativen Vorstellun-gen von einer „gesunden“ Persönlichkeit den diagnostischen Kategorien zugrun-de liegen. Es wäre wünschenswert, im-plizite Normen des DSM-IV-Modells wie z. B. „Sei selbstständig und unabhängig“, „Habe dich selbst im Griff “ oder „Genie-ße soziale Beziehungen und Aktivitäten“ einer expliziten wissenschaftlichen Dis-kussion zugänglich zu machen (Leising et al. 2009). Darüber hinaus ist eine Rei-he weiterer Schwächen des DSM-IV-Mo-dells bekannt, die sich z. T. mit den be-reits genannten Punkten überschneiden, beispielsweise die mangelnde Integration von Befunden aus der grundlagenwissen-schaftlichen Persönlichkeitspsychologie, insbesondere zur dimensionalen Struktur von Persönlichkeitsunterschieden (Wi-diger u. Trull 2007), die größtenteils ar-biträre Festlegung von diagnostischen Schwellenwerten (Cooper et al. 2010), die geringe zeitliche Stabilität der Diagnosen (Morey u. Hopwood 2013) oder die Ver-

mischung von Beschreibung und Bewer-tung von Persönlichkeitsmerkmalen (Lei-sing u. Zimmermann 2011; eine ausführ-lichere Diskussion findet sich z. B. bei Clark 2007; Widiger u. Trull 2007; Wright u. Zimmermann 2013). Die genannten Schwächen des DSM-IV sind nach An-sicht der Autoren keineswegs trivial oder Ausdruck von intellektueller Spitzfindig-keit, sondern haben konkrete negative Auswirkungen auf Forschung und Pra-xis: Beispielsweise führen die große He-terogenität innerhalb einzelner PS-Ka-tegorien und die hohe „Komorbidität“ verschiedener PS-Kategorien dazu, dass Forschungsergebnisse zu einzelnen PS schwer interpretierbar sowie PS-Diagno-sen für die individuelle Fallformulierung und Therapieplanung häufig wenig nütz-lich sind (Krueger 2013).

Alternatives Modell in Sektion III des DSM-5

Aufgrund dieser unbefriedigenden Situa-tion hat die DSM-5-Arbeitsgruppe zu Per-sönlichkeit und Persönlichkeitsstörungen ein alternatives Modell zur Klassifikati-on von PS entwickelt (American Psych-iatric Association 2013; Skodol 2012; ei-ne deutschsprachige Rezeption des ersten Entwurfs findet sich bei Herpertz 2011). Dieses Modell wurde im Laufe seiner Ent-wicklung in zahlreichen Fachzeitschriften kontrovers diskutiert und letztlich vom Kuratorium („Board of Trustees“) der American Psychiatric Association (APA) nicht in den Hauptteil des neuen Manu-als (d. h. Sektion II) übernommen. Mit

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RedaktionM. Cierpka, HeidelbergB. Strauß, Jena

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der vorläufigen Platzierung in Sektion III ist der Auftrag verbunden, das neue Mo-dell in Forschung und Praxis weiter zu er-proben. Sollte es sich bewähren, besteht die Möglichkeit, dass es (ggf. mit weiteren Überarbeitungen) bei einer zukünftigen Revision des DSM in den Hauptteil ver-schoben wird.

Die zentrale Innovation des alterna-tiven DSM-5-Modells besteht darin, bei der Definition von PS 2 Komponenten zu unterscheiden: Beeinträchtigungen im Funktionsniveau der Persönlichkeit (Kri-terium A) und das Vorliegen von mala-daptiven Persönlichkeitseigenschaften (Kriterium B). Die weiteren Kriterien bezüglich der situationsübergreifenden Starrheit und zeitlichen Stabilität der Ver-haltensmuster (Kriterien C und D) sowie bezüglich des Ausschlusses verschiedener Alternativerklärungen (Kriterien E–G)1 entsprechen größtenteils den bisherigen Kriterien im DSM-IV. Das neue Modell enthält außerdem 6 spezifische PS-Di-agnosen (oder „PS-Typen“), die große Ähnlichkeit zu einigen der kategorialen PS-Diagnosen des DSM-IV aufweisen. Jede einzelne dieser PS-Diagnosen ist an-hand eines bestimmten Kriteriensets defi-niert, das sowohl spezifische Beeinträch-tigungen im Funktionsniveau der Persön-lichkeit (Kriterium A) als auch maladap-tive Persönlichkeitsfacetten (Kriterium B) umfasst. Wenn das vorliegende individu-elle Muster von Beeinträchtigungen und Eigenschaften einer Person keinem dieser 6 Kriteriensets entspricht, wird die Dia-gnose einer „traitspezifizierten“ PS verge-ben. Das Modell kann insgesamt als „hy-bride“ Konstruktion verstanden werden, bei dem die kategorialen PS-Diagnosen auf dimensionalen Einschätzungen zum Funktionsniveau der Persönlichkeit und zu maladaptiven Persönlichkeitseigen-schaften basieren. In den folgenden Ab-schnitten wird erläutert, wie die verschie-denen Aspekte des Hybridmodells opera-

1   Genauer gesagt, geht es darum sicherzu-stellen, dass das Verhaltensmuster nicht besser durch das Vorliegen einer anderen psychischen Störung (Kriterium E), die physiologische Wir-kung einer Substanz bzw. das Vorliegen eines anderen medizinischen Befunds (Kriterium F), den individuellen Entwicklungsstand oder das soziokulturelle Umfeld der Person (Kriterium G) erklärt werden kann.

tionalisiert sind und auf welcher theore-tischen sowie empirischen Basis sie ent-wickelt wurden.

Beeinträchtigungen im Funktionsniveau der Persönlichkeit (Kriterium A)

Das Funktionsniveau der Persönlich-keit wird im neuen PS-Modell anhand der Level of Personality Functioning Sca-le (LPFS; Bender et al. 2011) operationali-siert. Diese Skala steht am Anfang des dia-gnostischen Prozesses und hat die Aufga-be, zu klären, ob überhaupt eine PS vor-liegt, und wenn ja, wie schwer die PS aus-geprägt ist. Der Skala liegt die Annahme zugrunde, dass der gemeinsame Nenner aller PS in der Beeinträchtigung von ba-salen adaptiven Fähigkeiten liegt (Lives-ley 1998). Dabei werden 4 Fähigkeits-bereiche unterschieden, von denen sich Identität und Selbststeuerung auf das ei-gene Selbst sowie Empathie und Nähe auf den Umgang mit anderen Menschen be-ziehen. Mit der Fähigkeit zur Identität ist gemeint, dass sich eine Person als eigen-ständig und klar von anderen abgegrenzt erlebt, einen stabilen und positiven Selbst-wert hat, sich selbst akkurat einschätzen kann und in der Lage ist, eine relativ große Bandbreite an Gefühlen zu erleben und diese auch zu regulieren. Mit der Fähig-keit zur Selbststeuerung ist gemeint, dass eine Person sinnhafte kurz- und lang-fristige Ziele verfolgt, sich an konstrukti-ven und prosozialen Maßstäben des Ver-haltens orientiert und in der Lage ist, auf produktive Weise über sich selbst nachzu-denken. Mit der Fähigkeit zur Empathie ist gemeint, dass eine Person das Erleben und die Motive anderer anerkennt, unter-schiedliche Sichtweisen tolerieren kann und die Wirkungen des eigenen Verhal-tens auf andere versteht. Mit der Fähigkeit zur Nähe schließlich ist gemeint, dass eine Person tiefe und dauerhafte Beziehungen mit anderen Menschen eingehen kann, sich wünscht und in der Lage ist, anderen Menschen nahe zu sein, und respektvoll mit diesen umgeht.

Die Skala differenziert das Ausmaß der Beeinträchtigung in diesen Fähigkeitsbe-reichen anhand von 5 Funktionsniveaus, ausgehend von keiner oder geringfügiger Beeinträchtigung (0) über leichte (1), mit-

telgradige (2), schwere (3) bis hin zu ex-tremer Beeinträchtigung (4). Um die pro-totypischen Ausprägungen der verschie-denen Fähigkeiten und Defizite verhal-tensnah erfassen zu können, steht dem Diagnostiker eine Liste mit Ankerpunk-ten zur Verfügung, in der jede Fähigkeit auf jedem Funktionsniveau anhand von 3 kurzen Textabsätzen beschrieben wird. Der Diagnostiker soll diese Merkmale mit dem konkreten Fall abgleichen und auf einer globalen Fünfpunkteskala an-geben, welches Funktionsniveau dem des Patienten insgesamt (d. h. über alle 4 Fä-higkeitsbereiche hinweg) am besten ent-spricht. Für die Diagnose einer Persön-lichkeitsstörung ist es erforderlich, dass mindestens eine mittelgradige Beein-trächtigung (Level 2) vorliegt.

Die Annahme, dass PS im Kern Stö-rungen des Selbst und der interpersonalen Beziehungen sind, steht im Einklang mit einer ganzen Reihe von unterschiedlichen und einflussreichen Theorien zur Entste-hung und Behandlung von PS (Hopwood et al. 2013; Kernberg 2012; Luyten u. Blatt 2011). Die Einführung von Kriterium A entspricht außerdem dem „Harmful-dys-function“-Konzept von Wakefield (1992): Demnach sollte die Definition einer psy-chischen Störung daran gebunden sein, dass Funktionsabläufe „defekt“ sind, die sich im Lauf der Evolution als adaptiv er-wiesen haben. Die konkrete Operationa-lisierung anhand der LPFS basiert einer-seits auf der Integration und Vereinfa-chung von 5 psychodynamisch fundierten Rating-Skalen (Bender et al. 2011), ande-rerseits auf der psychometrischen Analy-se von 2 Selbsteinschätzungsinstrumen-ten zum Funktionsniveau der Persönlich-keit (Morey et al. 2011). Ähnlich wie bei den Kriteriensets für die PS-Typen wurde der diagnostische Schwellenwert für das Vorliegen einer PS empirisch bestimmt. Grundlage war eine Pilotstudie zum neu-en DSM-5-Modell, in der 337 Kliniker je-weils einen ihrer Patienten anhand des DSM-IV- und des neuen DSM-5-Modells für PS einschätzten (Morey et al. 2013a; Morey et al. 2013b; Morey u. Skodol 2013). Der „Cut-off “-Wert von 2 auf der LPFS erreichte eine Sensitivität von 84,6% und eine Spezifität von 72,7% bei der Vorher-sage einer PS nach DSM-IV (Morey et al. 2013a).

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Für psychodynamisch orientierte Kli-niker und Forscher aus dem deutschspra-chigen Raum dürfte besonders interes-sant sein, dass die LPFS große konzeptu-elle Ähnlichkeiten zur Strukturachse der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD-2; Arbeitskreis OPD 2006) aufweist. So sind sich OPD-Exper-ten weitgehend einig, dass sich die DSM-5-Funktionsniveaus den OPD-Strukturni-veaus und die DSM-5-Fähigkeitsbereiche den OPD-Strukturfacetten relativ gut zu-ordnen lassen (Zimmermann et al. 2012). Beispielsweise entspricht eine mittelgra-dige Beeinträchtigung (Level 2) auf der LPFS in etwa einem mäßig bis gering in-tegrierten Strukturniveau (Level 2,5) nach OPD-2, und die LPFS-Fähigkeit zur Nähe wird durch die OPD-Facetten Bindungs-fähigkeit, Interessenausgleich und Schutz von Beziehungen abgebildet. Insofern ist es wenig überraschend, dass die beiden Instrumente relativ hoch miteinander korrelieren, wenn sie von unabhängigen Ratern auf Grundlage von videografierten klinischen Interviews angewendet werden (Zimmermann et al. 2013b).

Maladaptive Persönlichkeits-eigenschaften (Kriterium B)

Zur Diagnostik von maladaptiven Per-sönlichkeitseigenschaften liegt eine Ta-xonomie von 25 Persönlichkeitsfacet-ten vor, die 5 übergeordneten Domänen zugeordnet sind (Krueger et al. 2011). Bei den übergeordneten Domänen han-delt es sich um negative Affektivität, Ver-schlossenheit, Antagonismus, Enthemmt-heit und Psychotizismus. Jede dieser Do-mänen umfasst mehrere Persönlichkeits-facetten: Beispielsweise wird die Domäne Verschlossenheit durch die Facetten sozia-ler Rückzug, Vermeidung von Nähe, Anhe-donie, Depressivität, eingeschränktes Ge-fühlserleben und Misstrauen spezifiziert. Für die Domänen und Facetten liegen zu-dem kurze Beschreibungen vor, die ihren Gehalt prägnant zusammenfassen. Bei-spielsweise wird unter der Facette Miss-trauen die Tendenz verstanden, anderen Menschen böse Absichten zu unterstel-len, an der Loyalität und Ehrlichkeit an-derer zu zweifeln und das Gefühl zu ha-ben, von anderen schlecht behandelt, aus-genutzt oder verfolgt zu werden. Für die

Diagnose einer PS ist es – neben dem Vor-liegen mindestens mittelgradiger Beein-trächtigungen gemäß Kriterium A – er-forderlich, dass beim Patienten mindes-tens eine maladaptive Persönlichkeitsfa-cette oder -domäne vorliegt. Darüber hin-aus ermöglicht es das Modul zu maladap-tiven Persönlichkeitseigenschaften, im letzten Schritt des diagnostischen Prozes-ses ein individuelles Persönlichkeitsprofil zu erstellen, d. h., jede Persönlichkeitsfa-cette hinsichtlich ihrer Ausprägung ein-zuschätzen oder die charakteristischsten Facetten auszuwählen. Dies kann ebenso bei Patienten hilfreich sein, die gar keine PS im oben dargestellten Sinne haben, da die so erfassten Persönlichkeitsmerkma-le auch unabhängig von der jeweils vor-liegenden Störung direkte Auswirkungen auf den Behandlungsverlauf haben kön-nen (z. B. bezüglich Compliance) und

wichtige Informationen für die Behand-lungsplanung liefern (Harkness u. Lilien-feld 1997; Zinbarg et al. 2008).

Ausgangspunkt für die Entwicklung der Taxonomie maladaptiver Persön-lichkeitseigenschaften waren Übersichts-arbeiten und Metaanalysen zur faktoren-analytischen Struktur von Persönlich-keitspathologie (z. B. O’Connor 2005; Wi-diger u. Simonsen 2005). Hier gibt es zu-nehmend Belege, dass sich Beschreibun-gen „pathologischer“ Persönlichkeits-merkmale gut anhand von 4 bis 5 breiten, relativ unabhängigen Faktoren modellie-ren lassen. Ausgehend von einem Review dieser Literatur erstellte die DSM-5-Ar-beitsgruppe zunächst eine Liste von 37 kli-nisch relevanten Persönlichkeitsfacetten. Für jede Facette wurden 8 Selbsteinschät-zungs-Items konstruiert, und der daraus resultierende Fragenbogen wurde sukzes-

Zusammenfassung · Abstract

Psychotherapeut 2013 · 58:455–465   DOI 10.1007/s00278-013-1009-1© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Johannes Zimmermann · Cord Benecke · Donna S. Bender · Andrew E. Skodol · Robert F. Kru-eger · Daniel LeisingPersönlichkeitsdiagnostik im DSM-5

ZusammenfassungDie im Mai 2013 erschienene 5. Ausgabe des Diagnostischen und Statistischen Handbuchs Psychischer Störungen (DSM-5) enthält in Sektion III ein alternatives Modell zur Klassifi-kation von Persönlichkeitsstörungen. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, dieses Modell im deutschsprachigen Raum vorzustellen. Hier-zu wird erstens verdeutlicht, warum ein neu-es Modell überhaupt nötig erscheint. Zwei-tens werden die verschiedenen Komponen-ten des neuen DSM-5-Modells vorgestellt, hinsichtlich ihres theoretischen und empiri-schen Hintergrunds beleuchtet und an einem Fallbeispiel illustriert. Drittens wird disku-

tiert, welche Vorteile mit dem neuen Modell gegenüber den diagnostischen Kategorien des DSM-IV verbunden sind (die in Sektion II des DSM-5 zunächst bestehen bleiben). Zum Abschluss werden offene Fragen und Prob-leme thematisiert, die weitere konzeptuelle und empirische Forschung erfordern.

SchlüsselwörterPersönlichkeitsstörungen · Persönlichkeit · Schweregrad der Beeinträchtigung · Psychometrie

Personality assessment in DSM-5

AbstractThe fifth edition of the Diagnostic and Statis-tical Manual of Mental Disorders (DSM-5) was published in May 2013 and features (in Sec-tion III) a new model for the diagnosis of per-sonality disorders. The aim of this paper is to introduce this model to a broader German-speaking readership. The article begins by ex-plaining why a new model seems necessary. Secondly, the different components of the new DSM-5 model are presented, the theo-retical and empirical background is explained and it is shown how the model works using a 

clinical case example. Thirdly, several advan-tages of the new model as compared to the DSM-IV diagnostic categories (which will be retained in DSM-5 Section II) are discussed. Finally, the article highlights some open questions and problems that require further conceptual and empirical research.

KeywordsPersonality disorders · Personality · Severity of illness index · Psychometrics

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sive in 3 großen Stichproben eingesetzt sowie anhand verschiedener psychomet-rischer Methoden gekürzt und optimiert (Krueger et al. 2012). Die oben beschrie-bene Taxonomie stellt das Ergebnis dieses Konstruktionsprozesses dar. Dabei gilt es zu beachten, dass die Autoren v. a. dar-an interessiert waren, den Inhaltsbereich möglichst vollständig abzubilden, und da-her andere Kriterien – wie z. B. die Ein-deutigkeit bei der Zuordnung von Facet-ten zu Faktoren (d. h. „simple structure“) – weniger stark gewichtet wurden (Krue-ger 2013). Dies zeigt sich darin, dass 4 Fa-cetten der Taxonomie entsprechend ihren Faktorladungen jeweils 2 übergeordneten Domänen zugeordnet sind (z. B. gilt De-pressivität als Facette von negativer Affek-tivität und Verschlossenheit).

Der entsprechende Fragebogen wird als Persönlichkeits-Inventar für DSM-5 (PID-5) bezeichnet und erfasst die 25 Per-sönlichkeitsfacetten anhand von 220 Items (Krueger et al. 2012). Inzwischen lie-gen bereits über 20 publizierte Studien zum PID-5 vor, die seine Faktorenstruk-tur und psychometrische Güte weitge-hend bestätigen (vgl. z. B. die Juni-Ausga-be 2013 der Zeitschrift Assessment). Von besonderem Interesse ist dabei der Be-fund, dass die ersten 4 DSM-5-Domänen recht klar den „negativen“ (d. h. sozial un-erwünschteren) Polen der „Big-five“-Per-sönlichkeitsdimensionen emotionale Sta-bilität, Extraversion, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit entsprechen (Trull 2012). Der Zusammenhang zwischen Psy-chotizismus (DSM-5) und Offenheit für Erfahrungen (Big five) ist dagegen we-niger eindeutig (s. Abschn. “Offene Fra-gen und Ausblick“). Außerdem entspre-chen die DSM-5-Domänen bereits beste-henden dimensionalen Modellen zu Per-sönlichkeitspathologie (z B. den „perso-nality psychopathology five“) und lassen sich recht gut in Theorien und Befunde aus biologisch orientierten Nachbardis-ziplinen integrieren (Harkness et al. 2013). Das PID-5 ist als Selbst- und Fremdein-schätzungsversion sowie als Kurzform auf der APA-Webseite frei verfügbar (http://www.dsm5.org) und eignet sich als orien-

tierendes Screeninginstrument für For-schung und Praxis.2

Spezifische Persönlichkeits-störungen (PS-Typen)

Wenn die allgemeinen Kriterien A–F für eine PS erfüllt sind, können die festge-stellten Beeinträchtigungen im Funkti-onsniveau und die maladaptiven Persön-lichkeitseigenschaften mit einigen proto-typischen Mustern abgeglichen werden. Dabei handelt es sich um die folgenden 6 spezifischen PS: antisoziale PS, vermei-dende PS, Borderline PS, narzisstische PS, zwanghafte PS und schizotypische PS. Je-de dieser PS ist anhand spezifischer Be-einträchtigungen im Funktionsniveau der Persönlichkeit (Kriterium A) und malad-aptiver Persönlichkeitsfacetten (Krite-rium B) definiert. Beispielsweise erfor-dert die Diagnose der vermeidenden PS, dass in mindestens 2 der 4 Fähigkeitsbe-reiche der LPFS mindestens mittelgradi-ge Beeinträchtigungen vorliegen und dass mindestens 3 der 4 folgenden Persönlich-keitsfacetten deutlich ausgeprägt sind: Ängstlichkeit, sozialer Rückzug, einge-schränktes Gefühlserleben und Vermei-dung von Nähe, wobei das Vorliegen von Ängstlichkeit ein notwendiges Kriterium darstellt. Im Manual wird hierzu die ty-pische inhaltliche Gestalt der Beeinträch-tigungen in den 4 Fähigkeitsbereichen nä-her erläutert. Beispielsweise bestehen die für die vermeidende PS typischen Be-einträchtigungen im Bereich Identität in einem geringen Selbstwert, verbunden mit der Selbsteinschätzung als unfähig, unattraktiv oder minderwertig sowie ex-zessiven Schamgefühlen. Zusätzlich kön-nen die PS-Diagnosen bei Bedarf anhand weiterer Merkmale spezifiziert werden. Bei der vermeidenden PS ist es beispiels-

2   Im Moment sind allerdings nur die englisch-sprachigen Originalversionen des PID-5 frei ver-fügbar. Die APA hat die Rechte für Überset-zungen des DSM-5 (inklusive aller Screening-Instrumente und Rating-Skalen) an andere Ver-lage abgetreten. Daher kann die bereits vor-liegende, validierte deutsche Forschungsversi-on des PID-5 (Zimmermann et al. 2013a) vorerst nicht offiziell verwendet werden. Dies gilt auch für die deutsche Version der LPFS (Zimmermann et al. 2013b). Wann und in welcher Form deut-sche Übersetzungen dieser Instrumente offiziell verfügbar sein werden, ist noch unklar.

weise möglich, dass weitere Persönlich-keitsfacetten aus den Domänen negative Affektivität oder Verschlossenheit vorlie-gen oder dass die Beeinträchtigungen im Funktionsniveau nicht nur mittelgradig, sondern schwer sind. Wenn das indivi-duelle Muster an Beeinträchtigungen und Eigenschaften keinem der 6 definierten Kriteriensets entspricht, kann die Diagno-se einer traitspezifizierten Persönlichkeits-störung (PS-TS) vergeben werden. Auf di-ese Weise lassen sich auch die dependente, paranoide, histrionische und schizoide PS aus dem DSM-IV abbilden, die im neu-en DSM-5-Modell nicht mehr mit eigenen Kriteriensets aufgeführt werden.

Das wichtigste Argument für die In-tegration der 6 PS-Typen besteht dar-in, die Kontinuität zur bisherigen dia-gnostischen Praxis sicherzustellen und einen fließenden Übergang im Rahmen des neuen Modells zu ermöglichen (Mo-rey u. Skodol 2013). Dabei war es von An-fang an das erklärte Ziel der DSM-5-Ar-beitsgruppe, die Anzahl der PS-Typen zu reduzieren, u. a. um das Problem der ho-hen „Komorbidität“ zu lösen (Skodol et al. 2011). Zur Auswahl der 6 PS-Typen wur-den verschiedene Kriterien berücksich-tigt, wie z. B. eine hohe Prävalenz, ein ho-hes Ausmaß an negativen psychosozialen Konsequenzen und das Vorliegen einer großen Anzahl von Forschungsbefunden (Skodol 2012). Der Entwicklungsprozess der PS-Typen war mit einigen Sackgas-sen und Umwegen verbunden (Krueger 2013): Beispielsweise wurde in den DSM-5-Feldstudien statt mit Kriteriensets zu-nächst mit einem „Prototype-matching“-Ansatz gearbeitet, bei dem der Diagnosti-ker einschätzen sollte, wie sehr der kon-krete Fall einer prototypischen narrativen Beschreibungen jedes einzelnen PS-Ty-ps ähnelt (Skodol et al. 2011). Außerdem wurde die narzisstische PS zunächst nicht mehr als spezifischer PS-Typ berücksich-tigt, schließlich aber doch in (gegenüber dem DSM-IV) konzeptuell überarbeitet-er Form aufgenommen, um sowohl gran-diose als auch vulnerable Erscheinungs-formen besser abzudecken (Skodol et al. 2013).

Die Kriteriensets der einzelnen PS-Ty-pen wurden in einem schrittweisen Pro-zess erstellt. Dieser umfasste u. a. ein Re-view einschlägiger Metaanalysen (Sa-

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muel u. Widiger 2008; Saulsman u. Page 2004), eine Integration von Befunden zu den DSM-5-Persönlichkeitseigenschaften (Krueger et al. 2012) sowie erste Datenana-lysen zur Übereinstimmung der PS-Mo-delle in DSM-IV und DSM-5, Sektion III (Hopwood et al. 2012; Morey u. Skodol 2013). Die oben erwähnte Pilotstudie mit Klinikern (Morey u. Skodol 2013) war zu-dem Grundlage für die Entwicklung der finalen diagnostischen Schwellenwerte und Regeln (die festlegen, wie viele Per-sönlichkeitsfacetten vorliegen müssen, welche davon notwendig sind usw.). Das vorrangige Ziel war hierbei, eine mög-lichst hohe Übereinstimmung zu den ka-tegorialen DSM-IV-Diagnosen herzustel-len. Zusätzlich wurden weitere Kriterien berücksichtigt, z. B. die Konstanthaltung der Prävalenzraten, eine möglichst ho-he diskriminante Validität bezüglich der anderen PS-Typen sowie möglichst hohe Zusammenhänge mit psychosozialer Be-einträchtigung. Die mittlere Übereinstim-mung zwischen den spezifischen DSM-5- und DSM-IV-PS-Diagnosen ist mit einem κ=0,54 etwas größer als die Übereinstim-mung zwischen DSM-III- und DSM-III-R-PS-Diagnosen, was von Morey u. Sko-dol (2013) im Sinne einer zufriedenstel-lenden Kontinuität interpretiert wird.

Fallbeispiel

Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen dem alten DSM-IV- und dem neuen DSM-5-Modell für PS anhand eines Fallbeispiels veranschaulicht. (Fall-beispiele mit adoleszenten Patienten fin-den sich bei Schmeck et al. 2013.) Grund-lage hierfür ist ein OPD-Interview (Ar-beitskreis OPD 2006) mit einer 26-jäh-rigen Patientin, die zum Zeitpunkt des Interviews in stationärer psychothera-peutischer Behandlung war. Die Patientin berichtet, aktuell an schwerer Müdigkeit und Erschöpfung zu leiden. Sie habe ihr Studium abgebrochen und ihren Haushalt nicht mehr bewältigen können; stattdes-sen habe sie stundenlang einfach auf der Couch gelegen, und ihre Mutter habe sie versorgt. Während sie diese „depressiven Phasen“ von früher kenne, seien die Pa-nikanfälle, die aus heiterem Himmel kä-men, völlig neu für sie. Vor ein paar Jah-ren sei sie schon einmal in einer Klinik ge-

wesen; damals sei sie nach dem Tod ihres schwer kranken, jüngeren Bruders „zu-sammengebrochen“. Die Patientin gibt an, sie habe sich extreme Vorwürfe gemacht und Schuldgefühle gehabt, weil sie sich „gewünscht“ habe, dass der Bruder ster-be, damit das Leiden für „uns alle endlich vorbei ist“. Nach dem Klinikaufenthalt und anschließender ambulanter Psycho-therapie sei es ihr dann wieder etwas bes-ser gegangen. Die Therapie habe sie aber nicht weitergeführt, weil die Therapeutin sie nicht wirklich verstanden habe.

Die Patientin berichtet, dass sie sich schon immer als „Außenseiterin“ gefühlt habe und in der Schule jahrelang „das Mobbing-Opfer Nr. 1“ gewesen sei. Die anderen hätten gesagt, sie sei ein „Freak“ und „komisch“. Sie sei von einem Mit-schüler auch geschlagen worden, habe sich aber gewehrt. Daraufhin hätten die Lehrer sie bezichtigt und ihr schlechte Noten gegeben, sodass sie die Schule ge-wechselt habe. Von da an habe sie aggres-siv auf Anfeindungen reagiert und sei in Ruhe gelassen worden. Sie habe schon immer eine Mauer um sich gezogen und könne Menschen nicht an sich heranlas-sen. Einerseits traue sie sich nicht, Kon-takt aufzunehmen, da sie denke, dass sie unerwünscht sei. Andererseits habe sie ihr Leben lang Angst vor dem Verlust ihres Bruders gehabt; das müsse sie nicht auch noch mit anderen haben. Bevor sie wie-der verlassen werde, lasse sie sich lieber gar nicht erst auf andere ein.

Eine Liebesbeziehung habe sie noch nicht gehabt. Es habe zwar Männer ge-geben, die sie interessiert hätten. Wenn diese aber „schneller wollten“, habe sie sie „weggejagt“. Sie habe eine „furchtbare Pa-nik davor“, dass ihr jemand wirklich na-he komme, „dass er mich so gut kennen-lernt, dass er mir bis auf den Grund mei-ner Seele gucken kann“. Dabei sei es egal, ob es um eine Freundschaft oder eine Be-ziehung gehe. Sie signalisiere dann „Bleib mir fern!“ und verhalte sich aggressiv und abweisend. Sie habe eine einzige Freun-din, aber auch nur, weil diese sich „un-glaublich verbissen“ um sie bemüht habe. Die Patientin ist davon überzeugt, dass andere Menschen offenbar deshalb Pro-bleme mit ihr hätten, weil sie ein so gro-ßes Allgemeinwissen und ein so gutes Ge-dächtnis habe; das habe schon die Mit-

schüler gestört und später auch die Män-ner. Seit 5 Jahren habe sie keine Versuche mehr unternommen, jemanden kennen-zulernen.

Zusätzlich zum OPD-Interview wur-den mit der Patientin Strukturierte Kli-nische Interviews für psychische Stö-rungen (SKID-I; Wittchen et al. 1997) und Persönlichkeitsstörungen (SKID-II; Fydrich et al. 1997) nach DSM-IV durch-geführt. Gemäß SKID-I leidet die Pati-entin aktuell unter einer rezidivierenden depressiven Störung und einer komorbi-den Panikstörung. Im SKID-II-Interview stellte sich heraus, dass sie für keine der spezifischen PS-Diagnosen nach DSM-IV die Kriterien voll erfüllt. Eine „nicht näher bezeichnete PS“ (PS-NNB) wur-de ebenfalls nicht codiert, wäre aber auf-grund des hochproblematischen Persön-lichkeitsmusters der Patientin wohl ver-tretbar gewesen.

Im Rahmen eines aktuellen For-schungsprojekts wurde das Interview mit dieser Patientin 22 Beurteilern gezeigt, die die Persönlichkeit der Patientin anhand einer deutschsprachigen „Multi-item“-Version der LPFS und der Fremdeinschät-zungsversion des PID-5 beurteilten (Zim-mermann et al. 2013b). Die Beurteiler ka-men übereinstimmend zu dem Schluss, dass bei der Patientin mindestens mittel-gradige Beeinträchtigungen im Funktions-niveau der Persönlichkeit vorliegen, Kri-terium A also erfüllt ist. (Der Mittelwert des LPFS-Gesamtwerts betrug 2,1.) Die-se Einschätzung erscheint klinisch plau-sibel: Die Patientin weist insbesondere in ihrer Fähigkeit zur Nähe schwere und seit Langem anhaltende Beeinträchtigungen auf (z. B. kaum positive Bindungen; tief-sitzende Angst vor Verlassenwerden und Zurückweisung). Auch die Fähigkeit zur Empathie erscheint zumindest mittel-gradig beeinträchtigt (z. B. übermäßige Selbstbezogenheit; Unterschätzung der Wirkung des eigenen feindseligen Ver-haltens auf andere). Hinsichtlich der Fä-higkeitsbereiche Identität und Selbststeu-erung ist das OPD-Interview weniger er-giebig, aber zumindest bezüglich Identi-tät sind mittelgradige Beeinträchtigungen wahrscheinlich (z. B. vulnerabler Selbst-wert, der zwischen Selbstabwertung und Selbstüberschätzung schwankt; starke Wut bei Bedrohungen des Selbstwerts).

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Originalien

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Bezüglich des Kriteriums B kamen die Beurteiler zu dem Schluss, dass bei der Pa-tientin die maladaptiven Persönlichkeits-facetten Vermeidung von Nähe, sozialer Rückzug, Misstrauen, Anhedonie und Feindseligkeit besonders ausgeprägt sind. (Der Mittelwert dieser PID-5-Skalen war jeweils >2.) Dieses individuelle Persönlich-keitsprofil, bei dem Facetten aus den Do-mänen Verschlossenheit, Antagonismus und negative Affektivität kombiniert wer-den, erscheint klinisch ebenfalls weitge-hend nachvollziehbar. Der Eindruck von Anhedonie lässt sich möglicherweise bes-ser durch die aktuelle depressive Episode erklären. Unabhängig davon scheint aber klar, dass keins der 6 spezifischen Krite-riensets für die umschriebenen PS-Typen des alternativen DSM-5-Modells auf die Patientin zutrifft. Insofern würde man in diesem Fall die Diagnose einer traitspezi-fizierten PS vergeben und könnte, darauf aufbauend, die spezifischen Beeinträch-tigungen und maladaptiven Persönlich-keitsfacetten zur Fallformulierung und Behandlungsplanung verwenden.

Vorteile gegenüber dem DSM-IV-Modell

Die einzelnen Komponenten des Hybrid-modells sind mit einer Reihe von Vortei-len verbunden: Die Skala zur Erfassung des Funktionsniveaus der Persönlichkeit (LPFS) ermöglicht eine globale Einschät-zung, ob überhaupt eine PS vorliegt, und wenn ja, wie schwer die PS ausgeprägt ist. Damit wird zum ersten Mal ein allge-meines Schweregradmaß für PS zur Ver-fügung gestellt, das – wie die Ergebnisse der Pilotstudie zum neuen DSM-5-Mo-dell nahelegen – mit der Anzahl der er-füllten Kriterien nach DSM-IV sowie Ein-schätzungen zu Prognose, Risiko und not-wendiger Behandlungsintensität korre-liert und von Klinikern als nützlich ein-gestuft wird (Morey et al. 2013a). Außer-dem bringt die LPFS mit ihren Beschrei-bungen „ungestörten“ Funktionierens (d. h. eines Funktionsniveaus mit „keiner oder geringfügiger Beeinträchtigung“) erstmals eine Explikation zugrunde lie-gender normativer Vorstellungen von ei-ner „gesunden“ Persönlichkeit. Dadurch wird es möglich, sich über solche norma-tiven Vorstellungen – z. B. im Hinblick auf

ihre Begründung – offen auseinanderzu-setzen, anstatt solche konzeptuell-phi-losophischen Fragen so wie bisher ein-fach auszuklammern (Leising et al. 2009; Zachar u. Kendler 2010).

Mit dem Modul zu maladaptiven Per-sönlichkeitseigenschaften wird eine Brü-cke zu derjenigen Tradition der Persön-lichkeitsforschung geschlagen, die mit Ab-stand über die stärkste Datenbasis verfügt: die „Big five“ (Digman 1990; Goldberg 1993; John et al. 2008). Empirische For-schung hat vielfach gezeigt, dass sich die Skalen aller möglichen Messinstrumen-te für Persönlichkeitspathologie zuverläs-sig 4 bis 5 Faktoren zuordnen lassen, die denjenigen, die in der Forschung zur „un-gestörten“ Persönlichkeit gefunden wur-den, inhaltlich sehr ähnlich sind (Leising u. Zimmermann 2011; Markon et al. 2005; Widiger u. Trull 2007). Quasi nebenbei wird so auch der Umstand berücksich-tigt, dass der Übergang von normalen zu problematischen Ausprägungen von Per-sönlichkeitseigenschaften offenbar eher quantitativ (d. h. fließend) als qualitativ ist (Trull u. Durrett 2005). Die erwiesene faktorielle Validität dieses empirisch sehr gut abgesicherten Modells kann wahr-scheinlich helfen, das eingangs beschrie-bene Problem der Überlappung zwischen verschiedenen Formen von Persönlich-keitspathologie abzumildern. Allerdings wurde kritisiert, eine Erfassung von PS an-hand der Big five sei aufgrund der inhalt-lichen Breite dieser Faktoren zu abstrakt und unspezifisch, um klinisch nützlich zu sein (Clark 2007; Leising u. Zimmer-mann 2011). Auch diesem berechtigten Einwand trägt das neue DSM-5-Modell für PS Rechnung, indem darauf hinge-wiesen wird, dass eine klinisch nützliche Beschreibung von Persönlichkeitspatho-logie auf dem sehr viel feiner differenzie-renden Niveau der Persönlichkeitsfacetten (z. B. Grandiosität, Verantwortungslosig-keit) stattfinden muss.

Die PS-Typen haben hauptsächlich die Funktion, die Kontinuität zum DSM-IV-Modell herzustellen. Wie die einigerma-ßen akzeptablen κ-Werte und vergleich-baren Prävalenzraten aus der Pilotstudie nahelegen (Morey u. Skodol 2013), konn-te dieses Ziel – trotz der Umstellung von einfachen auf hybride Kriteriensets – we-nigstens teilweise erreicht werden. Die Re-

duzierung von 10 auf 6 spezifische PS-Di-agnosen macht zudem das Auftreten „ko-morbider“ Diagnosen unwahrschein-licher. Wie das Fallbeispiel verdeutlicht, besteht der größte Vorteil gegenüber dem DSM-IV-Modell vermutlich in der Ein-führung der „traitspezifizierten“ PS, die es erlaubt, die vielen „untypischen“ Fälle von Persönlichkeitspathologie auf infor-mativere Weise zu beschreiben als bisher.

Aus einer übergreifenden Perspekti-ve ist festzuhalten, dass mit dem Hybrid-modell zum ersten Mal in der Geschich-te der diagnostischen Manuale gezielt die wichtigsten bestehenden Forschungs- und Therapietraditionen zum Thema Persön-lichkeitspathologie zusammengeführt werden. So steht die LPFS mit ihrem Fo-kus auf Beeinträchtigungen im Funktions-niveau für denjenigen Ansatz, der traditi-onell von psychodynamisch orientierten Klinikern favorisiert wird (Arbeitskreis OPD 2006; Doering u. Hörz 2012; Kern-berg 2012; ein inhaltlich verwandter An-satz im Rahmen der Verhaltensthera-pie findet sich bei Stenzel et al. 2010). Die maladaptiven Persönlichkeitseigen-schaften dagegen repräsentieren eindeutig den Einfluss der grundlagenwissenschaft-lichen Persönlichkeitsforschung (Widiger u. Costa 2012; Widiger u. Trull 2007). Die 6 umschriebenen PS-Typen schließlich geben der Sichtweise derjenigen Theo-retiker und Praktiker Raum, die die Di-agnostik von Persönlichkeitspathologie vorrangig als einen Prozess des Abgleichs konkreter Fälle mit prototypischen Kon-figurationen von Persönlichkeitsmerkma-len verstehen (Westen et al. 2012). Inter-essanterweise fand zwischen den Vertre-tern dieser verschiedenen Ansätze bis in die jüngere Vergangenheit kaum produk-tiver wissenschaftlicher Austausch statt. In dieser sehr politischen Hinsicht kann die Zusammenführung der verschiedenen Traditionen im neuen DSM-5-Modell als großer Schritt nach vorn bewertet wer-den.

Schließlich ist das neue DSM-5-Mo-dell auch mit einer Reihe von Chancen für die praktische therapeutische Ar-beit verbunden. Die beiden Komponen-ten zu Beeinträchtigungen im Funktions-niveau der Persönlichkeit und maladap-tiven Persönlichkeitseigenschaften bil-den Merkmale ab, die nachweislich den

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Erfolg von Psychotherapie beeinflussen können (z. B. Koelen et al. 2012; Quilty et al. 2008) und die sich mit etablierten Konzepten aus der Therapie von PS wie z. B. „dysfunktionalen Annahmen“ ver-knüpfen lassen (Hopwood et al. 2013). So macht das Fallbeispiel deutlich, dass das individuelle Profil an Beeinträchtigungen und Eigenschaften die therapeutisch rele-vanten Persönlichkeitsaspekte der Patien-tin wesentlich besser aufgreift und syste-matisiert als die unspezifische Restkate-gorie der PS-NNB. Der Therapeut kann das neue Modell beispielsweise dazu nut-zen, um bestimmte Fähigkeitsbereiche (z. B. Nähe) oder Persönlichkeitsfacetten (z. B. Misstrauen oder Feindseligkeit) als Behandlungsfokusse auszuwählen, ent-sprechend systematisch zu bearbeiten und Veränderungen der Patientin (z. B. in der Bewusstheit oder im Umgang mit diesen Schwierigkeiten) im Lauf der Be-handlung im Blick zu behalten (s. Arbeits-kreis OPD 2006 für ein ähnliches Vorge-hen). Auf diese Weise könnte das neue DSM-5-Modell zu einer effizienteren In-tegration von Diagnostik, Therapiepla-nung und Prozess-Monitoring beitra-gen. Sollte es sich (ggf. auch in revidierter Form) langfristig durchsetzen, könnte di-es auch Auswirkungen auf die Psycho-therapielandschaft insgesamt haben. Bei-spielsweise wäre denkbar, dass sich ver-stärkt Behandlungskonzepte für Patienten mit einem bestimmten Schweregrad der Beeinträchtigung etablieren oder dass „transdiagnostische“ Behandlungsmanu-ale entwickelt werden, die Module zu be-stimmten maladaptiven Persönlichkeits-facetten enthalten.

Offene Fragen und Ausblick

Das neue DSM-5-Modell trägt zweifellos zur Lösung einiger der eingangs benann-ten Probleme bei, wirft selbst aber auch neue Probleme und Fragen auf. So wur-de das Modell im Lauf seiner Entwicklung von verschiedenen Forschern z. T. heftig kritisiert (einschließlich einiger Autoren dieses Beitrags; Leising u. Zimmermann 2011; Livesley 2013; Shedler et al. 2010; Ty-rer 2012; Widiger 2011; Zimmerman 2012) und schließlich vom Kuratorium der APA in Sektion III des Manuals zurückgestellt, um weitere Forschungsergebnisse oder

konzeptuelle Präzisierungen abzuwarten. Im Folgenden wird eine Reihe von mög-lichen Problemen und Fragen erläutert, die aus Sicht der Autoren am dringends-ten einer Klärung bedürfen, vorrangig durch empirische Untersuchungen.

Die LPFS ist im Moment als eindimen-sionale Skala konzipiert, deren inhaltliche Binnendifferenzierung im Wesentlichen auf theoretischer und klinischer Plausibi-lität beruht. Hier stellt sich die Frage, in-wiefern sich diese Struktur auch empi-risch nachweisen lässt und ob die Verwen-dung eines globalen Ratings der Beein-trächtigungsschwere überhaupt psycho-metrisch gerechtfertigt ist. Beispielswei-se ist vorstellbar, dass Beeinträchtigungen in der Empathiefähigkeit nur unwesent-lich mit Beeinträchtigungen im Bereich der Selbststeuerung korrelieren, was eher gegen ihre Aggregation in einer gemein-samen Skala spräche. Erste Ergebnisse aus der Pilotstudie zur LPFS legen zwar na-he, dass alle 4 Fähigkeitsbereiche ähnlich stark (d. h. um r=0,50) mit dem globalen Rating korrelieren (Morey et al. 2013a), al-lerdings sind hier weitere Studien mit un-abhängigen Beurteilern unerlässlich (z. B. um Haloeffekte auszuschließen). Zudem wurde mehrfach bemängelt, dass die in der LPFS beschriebenen Merkmale rela-tiv komplex sind und dass ihre kompe-tente Einschätzung daher ein großes Aus-maß an theoretischem Vorwissen und klinischer Erfahrung erfordert (Leising u. Zimmermann 2011; Pincus 2011; Tyrer 2012). Diese Sorge konnte in einer eige-nen Pilotstudie jedoch recht klar wider-legt werden (Zimmermann et al. 2013b). In dieser Studie zeigte sich, dass auch un-geschulte Beurteiler ohne klinische Vor-erfahrungen die LPFS mit akzeptabler Beurteilerübereinstimmung verwenden können und dass so gewonnene Urteile mit Urteilen erfahrener Kliniker auf in-haltlich verwandten Skalen (wie z. B. der OPD-Strukturachse) konvergieren.

Das Modul zu maladaptiven Persön-lichkeitseigenschaften ist bereits zum jet-zigen Zeitpunkt recht gut untersucht, aber auch hier gibt es weiteren Forschungsbe-darf. Beispielsweise ist der Zusammen-hang zwischen Psychotizismus und der Big-five-Dimension Offenheit für Erfah-rungen noch nicht ausreichend verstan-den. Jüngste Ergebnisse legen nahe, dass

bestimmte Aspekte von Offenheit (z. B. Intellekt) eher negativ mit Psychotizis-mus korrelieren, während andere (z. B. Fantasie) positive Zusammenhänge auf-weisen (Chmielewski et al. 2013). Auf me-thodischer Ebene ist zu bemängeln, dass viele der aktuellen Studien lediglich auf Selbsteinschätzungen von Studierenden basieren. Inzwischen gibt es aber zumin-dest erste Hinweise, dass die Faktoren-struktur auch in klinischen Stichpro-ben oder aus der Beurteilungsperspek-tive von Bekannten oder Klinikern (an-nähernd) replizierbar ist (Markon et al. 2013; Morey et al. 2013b; Zimmermann et al. 2013a). Schließlich stellen sich auch weitergehende konzeptuelle Fragen, bei-spielsweise inwiefern bei der Einschät-zung von maladaptiven Persönlichkeits-eigenschaften Beschreibung und Bewer-tung vermischt werden und welche Kon-sequenzen dieser Umstand für die Vali-dität der Einschätzungen hat (Leising u. Zimmermann 2011).

Auswahl und Implementierung der PS-Typen wurden vermutlich von allen Komponenten des Hybridmodells am kontroversesten diskutiert, auch inner-halb der DSM-5-Arbeitsgruppe selbst (Livesley 2013; Tyrer 2012; Zimmerman 2012). Die aus Sicht der Autoren entschei-dende Frage ist dabei, inwiefern sich die 6 PS-Typen auch empirisch im Sinne von distinkten Konfigurationen von Persön-lichkeitsmerkmalen (bzw. „latenten Klas-sen“ von Personen) nachweisen lassen. Die Ergebnisse aus der grundlagenwis-senschaftlichen Persönlichkeitspsycholo-gie stimmen hier eher skeptisch, da Per-sönlichkeitstypen bisher häufig nicht über Stichproben oder Beurteiler hinweg repli-ziert werden konnten (Leising u. Zimmer-mann 2011). Aus klinischer Perspektive hat kürzlich Peter Tyrer, Leiter der ICD-11-Arbeitsgruppe zu PS, darauf hingewie-sen, dass es z. B. für die Borderline-PS im Sinne einer distinkten Konfiguration von Persönlichkeitsmerkmalen kaum empi-rische Evidenz gibt (Tyrer 2009). Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die Be-einträchtigungen und maladaptiven Per-sönlichkeitsfacetten, die per Konvention mit dem Begriff „Borderline“ in Verbin-dung gebracht werden, klinisch unbedeu-tend sind oder nicht existieren. Allerdings scheint es für ihr gemeinsames, systema-

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tisches Auftreten in dieser spezifischen Konfiguration weniger Belege zu geben als häufig angenommen wird. Unter an-derem deshalb enthält der erste Entwurf der ICD-11-Arbeitsgruppe zu PS lediglich Module zum Schweregrad der PS und zu maladaptiven Persönlichkeitsmerkmalen, nicht aber zu PS-Typen (Tyrer et al. 2011). Im Lauf der nächsten Jahre wird sich zei-gen, ob die PS-Typen im neuen DSM-5-Modell mehr sind als ein Zugeständnis an die bisherige diagnostische Praxis.3

Schließlich wurde mehrfach die Sor-ge geäußert, dass das neue DSM-5-Mo-dell zu kompliziert sei, um in der täg-lichen Praxis Anwendung zu finden (Lei-sing u. Zimmermann 2011; Livesley 2013; Tyrer 2012). Auf einer oberflächlichen Ebene lässt sich diese Frage recht einfach z. B. anhand einer Umfrage zur „Benut-zerfreundlichkeit“ des Modells beantwor-ten (Morey et al. 2013a). Die konzeptuell wichtigere Frage ist allerdings, inwiefern sich die 3 Komponenten des Hybridmo-dells inhaltlich überschneiden und die da-durch entstehende Redundanz dem wis-senschaftlichen Gebot der Sparsamkeit widerspricht. So könnten z. B. viele der In-haltsbereiche, die sich in der LPFS finden, ebenso gut als Persönlichkeitsfacetten for-muliert werden oder umgekehrt. Außer-dem sind die 6 PS-Typen letztlich nichts anderes als klinisch vertraute Kombina-tionen der anderen beiden Modellkom-ponenten. Zugespitzt formuliert könnte es durchaus sein, dass die 3 Komponen-ten im Grunde dieselben Inhalte in 3 ver-schiedenen Aufbereitungsformen – je-weils für eine spezifische Adressatengrup-pe (s. oben) – beinhalten. Insofern besteht eine der dringendsten Aufgaben zukünf-tiger Forschung darin, die diskriminante und inkrementelle Validität der 3 Kompo-nenten zueinander zu untersuchen.

3   Neben Cluster- oder latenten Profilanalysen sind natürlich auch andere Verfahren denkbar, um PS-Typen empirisch abzusichern: bespiels-weise der Nachweis, dass den Merkmalen eine gemeinsame Ursache zugrunde liegt Leising u. Zimmermann 2011; Zapolski et al. 2012), dass die Merkmale bei der Vorhersage von negativen Konsequenzen interagieren (Morey u. Skodol 2013) oder dass die Merkmale auf individueller Ebene in dynamischer Wechselwirkung stehen (Os et al. 2013).

Fazit für die Praxis

Das DSM-5 enthält in Sektion III ein alter-natives Modell zur Diagnostik von PS. In diesem Modell werden PS anhand von Beeinträchtigungen im Funktionsniveau der Persönlichkeit (Kriterium A) und der Ausprägung maladaptiver Persönlich-keitseigenschaften (Kriterium B) defi-niert. Zur Diagnose einer spezifischen PS wird das individuelle Muster an Beein-trächtigungen und Eigenschaften mit 6 prototypischen Konfigurationen ver-glichen. In „untypischen“ Fällen wird die Diagnose einer traitspezifizierten PS vergeben. Das neue Modell hat gegen-über den bisherigen Modellen in DSM-IV und ICD-10 eine Reihe von Vorteilen. Die praktische therapeutische Arbeit könn-te dabei v. a. davon profitieren, dass Dia-gnostik, Therapieplanung und Prozess-Monitoring besser integrierbar sind. Al-lerdings wirft das Modell auch neue Fra-gen auf, die einer empirischen Klärung bedürfen. Die Autoren hoffen, dass die offizielle deutsche Übersetzung des DSM-5 bald verfügbar sein wird und empfehlen, das alternative Modell zu PS, einschließlich der entsprechenden Scree-ninginstrumente und Rating-Skalen, in den nächsten Jahren in Forschung und Praxis ausgiebig zu erproben.

Korrespondenzadresse

Johannes ZimmermannInstitut für Psychologie, Universität KasselHolländische Str. 36–38, 34127 [email protected]

Danksagung.  Die Autoren bedanken sich bei Hen-ning Schauenburg für die Bereitstellung des OPD-Interviews sowie bei der Zentralen Forschungsför-derung (ZFF) der Universität Kassel für die finanziel-le Unterstützung eines Forschungsprojekts zur Persön-lichkeitsdiagnostik im DSM-5.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  Johannes Zimmermann, Cord Benecke, Donna S. Bender, Andrew E. Skodol, Robert F. Krueger und Daniel Leising geben an, dass kein Inter-essenkonflikt besteht. Alle im vorliegenden Manuskript beschriebenen Untersuchungen am Menschen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der De-klaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, über-arbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.

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Originalien

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Schwerpunktthemen

Das Herausgebergremium der Zeitschrift Psychotherapeut lädt Autorinnen und Autoren ein, an den geplanten Schwerpunkten mitzuarbeiten und geeignete  Manuskripte einzureichen. Diese werden dem üblichen Reviewverfahren unterzogen.  Darüber hinaus freuen wir uns über die Zusendung freier (unaufgeforderter)  Originalia zu selbstgewählten Themen. Bitte schicken Sie Ihren Beitrag an die Redaktion:  [email protected]

Die Schwerpunktplanung ist vorläufig und kann kurzfristig umdisponiert werden.

Heft 2/14:  Kulturwandel in der Psychotherapie (Deadline 30.10.2013)

Heft 3/14:  Integrationskultur in der Psychotherapie (Deadline 30.12.2013)

Heft 4/14:  Stigma und Stigmatisierung (Deadline 30.02.2014)

Heft 5/14:  Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen (Deadline 30.04.2014)

Heft 6/14:  DSM-5/JCD-11 (Deadline 30.06.2014)

Heft 1/15:  Selbstbeschädigung und Symptomatik autoaggressiven Verhaltens (Deadline 30.08.2014)

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