www.wsi.de
Überblick über Privatisierungen im deutschen Krankenhaussektor
Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Privatisierung und Ökonomisierung von Krankenhäusern in Deutschland. Eine Analyse der Ursachen, Dynamiken und Auswirkungen anhand von FallbeispielenFrankfurt am M., 22./23. Januar 2009
Inhalt
1. Entwicklung des Krankenhaussektors in Deutschland
2. Privatisierung von Krankenhäuser in Deutschland
3. Konsequenzen der Privatisierung für Beschäftigte und Patienten
2 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Strukturdaten: Krankenhaussektor in Deutschland (1991-2007)
1991 2007Veränderung
1991-2007Krankenhäuser 2.411 2.087 -13,4%
Krankenhausbetten 665.565 506.954 -23,8%
Krankenhausbetten pro 100.000 Einwohner
832 616 -26,0%
Beschäftigte (insgesamt) 1.111.625 1.074.883 -3,3%
Beschäftigte(Vollzeitäquivalente)
875.816 792.299 -9,5%
Fallzahl 14.576.613 17.178.573 +17,9%
Belegungstage 204.204.000 142.893.000 -30,0%
Verweildauer 14,0 Tage 8,3 Tage -40,7%
Bettenauslastung 84,1% 77,2% -8,2%
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
3 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Formen der Privatisierung
1. Formale PrivatisierungEigenständige und (oft) private Rechtsform
Weitgehende Autonomie des Managements
weiterhin öffentliche Trägerschaft
2. OutsourcingAuslagerung von Dienstleistungen
Private-Public-Partnerships (PPPs)
3. Materielle PrivatisierungVerkauf öffentlicher Häuser an private Träger
4 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Rechtsformen der öffentlichen Krankenhäuser (2002-2007)
231 245 287 332 367 380
121 120122
140 130 136
465 431 371 279 220 161
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
2002 2003 2004 2005 2006 2007
öffentlich rechtlich(unselbständig)öffentlich rechtlich(selbständig)privatrechtlich
5 22.01.2009Quelle: Statistisches BundesamtDr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke6
Rechtsformen öffentlicher Krankenhäuser 2007
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
privatrechtlich 56%
öffentlich rechtlich
(selbständig) 20%
öffentlich rechtlich
(unselbständig) 24%
Out- und Ingesourcte Bereiche in allen Krankenhäusern (2004-2007)
Quelle: Blum/Offermanns et al. 2007: Krankenhaus Barometer
7 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke8
Öffentliche und private Krankenhäuser in Deutschland
Quelle: Statistisches Bundesamt
677
1110
620
358
0
200
400
600
800
1000
1200
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
ÖffentlichPrivat
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke9
Trägerschaft von Krankenhäusern in Deutschland (in %)
Quelle: Statistisches Bundesamt
46,0
39,1
14,8
32,4
37,9
29,7
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
30,0
35,0
40,0
45,0
50,0
Öffentlich Freigemeinnützig Privat
1991 2007
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke10
Durchschnittliche Anzahl von Betten pro Krankenhaus (2007)
Quelle: Statistisches Bundesamt
370
225
127
0
50
100
150
200
250
300
350
400
Öffentlich Freigemeinnützig Privat
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke11
Trägerschaft von Krankenhäusern in Deutschland (in %) (2007)
Quelle: Statistisches Bundesamt
32,4
49,4
56,3
37,935,0
30,229,7
15,613,6
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
Krankenhäuser Betten Beschäftigte (inVollzeitkräften)
Öffentlich Freigemeinnützig Privat
Privatisierung von Krankenhäusern
1. Welle (ab 1991)vorwiegend in Ostdeutschland
2. Welle (ab 2000)Ost- und WestdeutschlandPrivatisierung von großen HäusernÜbernahmen/Fusionen von privaten Krankenhäusern
Zukunft ???bis zu 50% aller Krankenhäuser in privater Hand ???
12 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Marktanteil der privaten Krankenhäuser nach Betten (2007)
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke13 Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
0,0%4,7%
5,6%6,8%
11,6%14,9%15,6%16,5%17,3%17,3%
19,2%23,4%
27,2%29,9%
36,1%51,8%
55,0%
0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0%
Saarland
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Rheinland-Pfalz
Baden-Wüttemberg
Bayern
Deutschland insgesamt
Berlin
Sachsen-Anhalt
Niedersachsen
Hessen
Sachsen
Brandenburg
Schleswig-Holstein
Thüringen
Mecklenburg-Vorpommern
Hamburg
Private Krankenhauskonzerne in Deutschland und Europa (2007)
Kliniken Beschäftigte Umsatz (in Mio. €)
Deutschland30.400
26.800
25.700
12.400
22.900
14.150
Rhön-Klinikum AG 45 1.934
Helios Kliniken Gruppe (Fresenius AG) 56 1.673
Asklepios Kliniken GmbH 72 1.600
Sana Kliniken 33 792
EuropaGénérale de Santé (Frankreich) 196 1.651
Capio (Schweden) 100 1.229
14 22.01.2009Quelle: Stumpfögger 2007: Krankenhausfusionen und Wettbewerbsrecht
Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
„Vorteile“ privater Krankenhäuser
Geringere PersonalkostenAbkehr vom TVÖDhöhere LohnspreizungStärkeres Outsourcing von Service-Tätigkeiten
Arbeits- und LeistungsverdichtungGeringere Fallkosten
hoher Anteil an kleineren Häusern mit spezialisiertem Versorgungsprofil
Effizienteres Management ???Vorteile durch Verbundseffekteinnerhalb des Konzerns
Mehr Investitionen15 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke16
Anteil der Personalkosten an den Brutto-Gesamtkosten in Krankenhäusern (2007)
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
61,2%60,9%
57,5%
55,0%
56,0%
57,0%
58,0%
59,0%
60,0%
61,0%
62,0%
Öffentlich Freigemeinnützig Privat
Tarifbindung von Krankenhäusern in Deutschland*
Öffentlich Freigemein-nützig
Privat
Öffentlicher Dienst (TVÖD/TV L)
85,7% 8,1% 14,1%
Haustarifverträge 3,1% - 20,3%
Sonstige Tarifverträge** 10,7% 17,3% 41,6%
Sonderregelungen in kirchlichen Krankenhäusern
- 73,6% -
Kein Tarifvertrag 0,5% 1,0% 24,0%
*bezogen auf alle Beschäftigten mit Ausnahme der Ärzte
**einschließlich des Branchentarif-vertrages mit dem so genannten Christlichen Gewerkschafts-bund
Quelle: Blum/Offermanns et al. 2007: Krankenhaus Barometer17 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
18 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Durchschnittliche Kosten pro Vollzeitkraft in privaten in % der entsprechenden Kosten in öffentlichen Krankenhäusern
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
101,4
100,0
96,0
95,5
95,1
94,1
91,9
91,4
90,9
84,4
Ärztliches Personal
Verwaltungsdienst
Insgesamt
Klinisches Hauspersonal
Medizinisch-technischer Dienst
Wirtschafts- und Versorgungsdienst
Technischer Dienst
Pflegedienst
Funktionsdienst
Sonderdienste
Anzahl der durchschnittlich pro Vollkraft zu versorgenden Belegungstage (2007)
999
454
936
1 329
503
1 540
1 283
518
1 461
0
200
400
600
800
1 000
1 200
1 400
1 600
1 800
Ärzte Pflegekräfte Med.-techn. Personal
Öffentlich Freigem einnützig Privat
19 22.01.2009Quelle: Statistisches BundesamtDr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Belegungstage pro Vollkraft bei unter-schiedlicher Bettenanzahl (2007)
1275
502
1505
1287
513
1603
1272
521
1621
793
421
697
1072
469
1258
979
505
1218
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
Ärztlicher Dienst Pflegedienst Med.-techn. Dienst
Öffentlich 200-499BettenFreigemeinnützig200-499 BettenPrivat 200-499 Betten
Öffentlich mehr als500 BettenFreigemeinnützigmehr als 500 BettenPrivat mehr als 500Betten
22.01.2009Quelle: Statistisches BundesamtDr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Kosten pro Behandlungsfall(2007)
4.470 €
3.470 €3.822 €
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
Öffentlich Freigemeinnützig Privat
21 22.01.2009Quelle: Statistisches BundesamtDr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Auswirkungen der Privatisierung auf die Qualität der Versorgung
Politisch geförderte Ökonomisierung von Krankenhausleistungen
Widerspruch von ökonomischen und medizinischen HandlungsanforderungenFallpauschalen führen zu kürzeren Krankenhausaufenthalten (blutige Entlassungen)
Schlechtere Personalschlüssel von Ärzten/Pflegepersonal zu PatientenHöhere PatientenunzufriedenheitGefährdung einer wohnortnahen Versorgung
22 22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke
Ausblick: Forderungen des Bundesverbandes deutscher Privatkliniken
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke23
Radikale Vermarktlichung:Abschaffung der Landeskrankenhausplanung keine Vorgaben für Bettenzahl und LeistungsumfangVollständige Konkurrenz um Patienten und Leistungen
Abschaffung der Defizitausgleiche öffentlicher TrägerAbschaffung der Steuervorteile für freigemeinnützige Krankenhäuser
Bald:
Dr. Thorsten Schulten &Nils Böhlke24 22.01.2009
Weitere Informationen …
… zum aktuellen EU-Projekt„Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen“ (PIQUE):
www.pique.at
22.01.2009Dr. Thorsten Schulten & Nils Böhlke