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Nüsslin. Rede des heiligen Basilius des Grossen an christliche Jünglinge, über den rechten...

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    BasiliusRede des heiligenBasilius

    65B34^41333

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    Rededes heiligen

    Basilius, des Grossena n

    eil ristliche Jnglinjje,ber den

    rechten Gebrauch der heidnischen Schriftsteller,

    bersetzt und erlutert

    von

    Friedr. Aug. Ms^^iiiiv.

    Beilage zu dem Mannheimer Lyceumsprogramme von 1838.

    MANNHEIDI.Druckerei von J. Kaufmann.

    18 3 8.

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    /:-^

    Man sprlclit von profanen Kenntnissen ; solche gibt es eigent-llcli nicht ; jede Kenntniss ist heilig in sich selbst ; sie ist die Tochterdes ewigen Lichtes.'

    Teqner.

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    Einleitung.

    Jjer edle und fromme Basllius*), dessen berhmteste Redehier zum ersten Male, unseres Wissens, in deutscher Spracheerscheint, darf mit andern Mnnern dieses Namens, vonwelchen er sich durch den Beinamen des Heiligen undGrossen unterscheidet, nicht verwechselt werden. Der Sohnangesehener und frommer christlicher Eltern wurde er zuCasarea, dem alten Mazaca in Kappadocien, um 329 un-serer Zeitrechnung gehren, und erhielt seine erste Erzie-hung von seinem trefflichen Vater, einem ausgezeichnetenSachwalter und Lehrer der Beredsamkeit. Seine fernerewissenschaftliche Ausbildung suchte der hochbegabte Jng-ling bei den berhmtesten Lehrern seiner Zeit zu Csarea,Konstantinopel, und vorzglich zu Athen, noch damalsder herrlichsten Bildungssttte, dem tausendjhrigen Wohn-sitze aller Wissenschaft und Kunst, wie alles Grossen undSchnen in dem Leben. Da fand er unter seinen Mitstu-direnden, welche er alle durch lebendigen Eifer und be-wunderungswrdige Fortschritte bertrolfen haben soll, dengeistvollen, spter zur Kaiserwrde erhobenen Prinzen Ju-

    *) Eigentlich Basileios.

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    lian, und vorzglich den trefflichen Gregorius von Nazian-zus, welcher fortan isein treuster Lebensgefhrfe und Theil-nehmer an seinem eifrigsten Streben nach Erkenntniss undFrmmigkeit geworden ist, denselben dem wir auch diewarme Lobrede auf den frher gestorbenen Freund ver-danken. Ausgerstet mit allen geistigen Schtzen grie-chischer Weisheit, die ihm Athen in so reicher Flle dar-bot, widmete sich asilius in seiner Heimath der christli-chen Theologie mit solchem Ernste, dass er sich, nachkurzer Verwaltung eines weltlichen Lehramtes in eine kl-sterliche Einsamkeit zurck zog und erst na^^jh einem viel-jhrigen, ganz dem Studium der heiligen Schriften undden strengsten, frommen Uebungen gewidmeten Aufent-halte daselbst, wieder zu einer ffentlichen Wirksamkeitals Lektor und, nach einer abermaligen, kurzen Abwesen-heit, als Presbyter in seine Vaterstadt zurck kehrte. Diefernem Schicksale seines viel bewegten Lebens bis zu sei-ner Ernennung zum Bischfe in seiner Vaterstadt und zumMetropoliten des Landes, seine uneigenntzige, frommeHingebung an den schwersten Beruf in den schwerstenZeiten, sein edles und muthiges Kmpfen fr die wahreLehre, deren grsster Hort er ward, so wie alle Verfol-gungen und andere schwere Prfungen welche ihn trafen,sind bei Garnier und in Schroeckh's Geschichte der christ-lichen Kirche, T. XIII, p. 1 220, auf welche wir ver-weisen, ausfhrlicli erziilt.

    Fr den lichten und gebildeten Geist, die ausgezeich-nete Gelehrsamkeit und Beredsamkeit dieses seltenen Man-

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    lies, der im Jahr 379 sei edles Leben endete, zeugen,ausser seinen .Schriften, alle seine christlichen Zeitgenos-sen, die ihn als ihr Vorbild erkennen; ja selbst der grssteund beredteste Kunstrichter jener Zeit, Libanius, sein fr-herer Lehrer, der, obgleich Heide, kein Bedenken trgt,dem h. Basilius von Seiten der schnen und geschmackvol-len Darstellung im Briefstile den Vorrang vor sich einzu-rumen. (Epist, 1583. if.) Den Adel seines Charakters, seinelautere Frmmigkeit und Rechtglubigkeit, bei der mildes-ten Gesinnung, muss uns schon der einzige Umstand hin-reichend verbrgen, dass beide Kirchen, die rmische wiedie griechische, ihn unter ihre grssten Heiligen zhlenund jene den 14. Juni, diese den ersten Januar seinemAndenken gewidmet hat.

    Was nun seine vorliegende Rede betrifft, so fhrt siegewhnlich den unpassenden Titel einer Homilie ; auch dereiner Rede, im antiken Sinne des Wortes, gebhrt ihrnicht: es ist vielmehr eine trauliche Belehrung, welcheder wrdige Mann einigen nahe mit ihm verwandten Jng-lingen auf die Frage ertheilt, wie sie die heidnischen, ei-gentlich griechischen Schriftsteller denn die rmischenkennt er nicht mit Nutzen lesen sollen, eine Anwei-sung ganz in dem Tone gehalten, wie er sich fr dasAlter und Ansehen des vterlichen Rathgebers und frdie jugendliche Fassungskraft seiner Zuhrer am besteneignet. Seine Lehren erscheinen in dem einfachen Ge-wnde der Wahrheit, jedoch nicht ohne jenen Hauch derSchnheit, der einem Manne nicht fehlen durfte, welcher

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    in der Sprache der Musen und Grazien schrieb und in derHeimath alles Schnen seine beste Jugendzeit verlebt hatte.Allein gerade dieser Vorzug verliert sich grossentheils injeder Uebertragung, und wenn selbst der geistvolle Rmervon sich klagte, dass er aus dem Griechischen in dasBarbarische bertragen msse,

    Philcmo scripsil , Platitus vortit barbare,welches Zeugniss hat da vollends auch die gelungensteUebersetzung aus dem Griechischen in eine der neuernSprachen zu erwarten, die alle der rmischen Sprache anWohlklang wie an Schnheit berhaupt so weit nachstehen !Mit vollem Rechte rafig es da von den Griechen heisscn :

    ,, Sie hauchen ihre GeistertneUnd ivir verhrpcrn sie alsdann. "

    Ja selbst die verheisene Belehrung gewhrt uns diese Redenur zum Theile ; wir finden darin kaum ein Wort von demmchtigen und vielseitigen Einflsse der classischen Studienauf die Bildung des Geschmackes, auf die Entwickelung",Erleuchtung und Belebung aller geistigen Anlagen ; nurihre sittlich veredelnde Kraft, und auch diese nur insofernsie an guten Lehren und Beispielen eine zweckmssige undschne Vorbung fr die christliche Lehre gewhren , hebtBasilius mit sichtbarer Liebe hervor. Allein gerade dieserGesichtspunkt war der wichtigste in einer Zeit, worin sichdie unselige Meinung, als msse die Beschftigung mit denheidnischen Schriftstellern fr die Sitten und den Glaubender christlichen Jugend in den gelehrten Schulen gefhrlichwerden, zum ersten Male laut aussprach, in einer Zeit

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    ferner, worin die zahlreich sich verbreitenden Mnche *)den classischen Schriftstellern einen unversnlichen Hassgeschworen hatten. Gegen diese ungerechten und blindenAngriffe mn.sste der heilige asilius das kstlichste Kleinodmenschlicher Bildung, nchst uusern heiligen Schriften,mit welchen sie ihre einzige Gefahr, die des Missbrauchesgemein haben, zu vertheidigen und zu schirmen suchen.Und wer war berechtigter zu diesem edeln Unternehmen alsder Mann, der durch seine hohe classische Bildung, seineungeheuchelte Frmmigkeit und Gottesfurcht, so wie durchseine strenge orthodoxe Glubigkeit die Leuchte und Richt-schnur seiner und spterer Zeiten geworden ist ? Wo liessesich zu allen Zeiten eine Autoritt fr diese Sache finden,welche der seinigen vergleichbar wre ? Gewiss nebeneinem solchen 3Ianne mssen alle Mkler an den classi-schen Studien verstummen, und wir knnen das Wort einesalten Weisen mit vollem Rechte auf ihn anwenden :

    Der Eine wiegt der Tausende dreissig andrer auf.Uebrigens werden dieselben Grnde, welche den heiligenBasilius zur Ausarbeitung seiner Rede veranlassten, auchunsere Uebersetzung derselben als ein zeitgemsses Unter-

    st) Diesen zunchst gilt folgende Stelle aus der Lobrede desheiligen Gregorius von Nazianzus auf den heiligen Basilius :..Die wissenschaftliche Bildung behauptet unter allen mensch-lichen Gtern den ersten Rang. Ich rede nicht blos vonunserer hhern, christlichen Erkeuutniss, sondern aucli vonder ussern (heidnischen), eiche der unwissende Haufeunter den Christen hasst, weil er whnt, dieselbe sej'schdlich und gefhrlich und fhre ab von Gott."

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    vmnehmen rechtfertigen. Ist doch selbst in unsern inasten,so aufgeklrt gepriesenen Tagen dieselbe Meinung, welcheBasilius bekmpft, mit naiver Zuversicht von neuem auf-getreten, um alle lichtscheuen Hrer, falls sich solchefinden, mit glhendem Hasse gegen das griechische Heiden-thum zu erfllen ! Wer mchte diese neu aufgefrischten,von den sachkundigsten Mnnern lngst entkrfteten An-klagen, wie leicht es auch wre, noch einmal widerlegen?wer sich ber das Missbehagen ihrer leidenschaftlichen Ur-heber an dem reinen Lichte, welches die griechischenSchriftsteller in jedem wohlorganisirten Geiste, der sichmit ihnen befreundet, unfehlbar entznden, nur im Mindestenwundern ? Wird es ja selbst dem kalten und weltklugenErzfeinde alles Schnen, dem Mephistopheles unheimlichzu Muthe, sobald er den heitern Himmel von Hellas er-blickt ; nur in dem dumpfen Gewhle auf seinem nordi-schen Hexenberge fhlt er sich heimisch und behaglich,

    Im Dster t'sf er um- zu Hause."Gm he, T. 41, p. 142. ff.Um so erfreulicher und lehrreicher ist es aber die fr alleZeiten gltigen Grnde zu vernehmen, welche ein ebenso erleuchteter als frommer und vorurtheilsfreier Zeuge,wie der heilige Basilius gegen eine so befangene oder,was schlimmer wre, befangen sich stellende Ansicht wr-dig und ohne Leidenschaft in der folgenden Rede ausspricht.

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    Rede.\ iele Grnde bestimmen mich, Hebe Shne, Euch meinenbesten Rath zu ertheilen, dessen Befolgung- Euch zuver-lssig' ntzen wird. Denn mein jetziges Alter, meine be-reits erworbene Uebung in so vielen Geschften und zu-mal meine hinlngliche Erprobung in dem beraus lehr-reichen Wechsel von Glck und Unglck haben mir soviel Erfahrung in den menschlichen Angelegenheiten ge-geben, dass ich Euch den sichersten Weg fr das Lebenin welches Ihr jetzt tretet, wohl anzudeuten vermag. Auchbin ich Euch nach den Eltern der Nchste durch die Bandeder Natur, so dass ich selbst kein geringeres Wohlwollenals das eines Vaters fr Euch empfinde, und auch Ihr werdet,wofern meine Meinung von Euerer Zuneigung mich nichttuscht, bei dem Gedanken an mich Euere Eltern nichtvermissen. Wenn Ihr also meine Worte gern vernehmet,so wird Euch der zweite Rang unter Jenen gebhren,welchen Hesiodos Lob ertheilt ; wo nicht, so werde ichEuch wenigstens nichts Unangenehmes verknden. Ihrselbst erinnert Euch wohl ohne Zweifel jener Verse, Avorin

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    2 er sagt:

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    3 fen wir alle unsere Vorbereitungen. Was uns nun zudiesem Ziele frdern kann, das behaupte ich, mssen wirlieben und mit aller Kraft erstreben, was nicht bis dahinreicht, das muss man als wer(hlos unbeachtet lassen.

    Die Frage jedoch, was dies nun fr ein Leben sey, wound wie wir es leben werden, diese Frage fhrte weiter alsich in dem jetzigen Vorhaben kommen knnte, und fordertgrssere Zuhrer als Ihr jetzt seyd. Mit dem einzigenWorte jedoch mchte ich Euch eine gengende Vorstel-lung davon geben, wenn ich sage, dass wer die ganzeFlle aller Glckseligkeit des ganzen Menschengeschlech-tes seit seinem Daseyn in Worte fassen und auf einenPunkt zusammendrngen wollte, dennoch linden wrde, dasssie nicht dem kleinsten Theile jener Gter gleich kme,sondern dass die Gesammtheit der hiesigen Gter demkleinsten von jenen an Werth weiter nachstnde, als einSchatten oder Traum hinter seinem wirklichen Gegenstndezurckbleibt. Vielmehr, um mich eines verwandtern Bei-spieles zu bedienen, in dem Grade als die Seele berhauptSchtzenswerther als der Krper ist, in demselben Gradezeichnet sich das eine Leben vor dem andern aus.

    Dahin nun leiten die heiligen Schriften durch Geheim-nisse uns erziehend. So lange Ihr aber wegen Eurer Ju-gend die Tiefe ihres Sinnes nicht fassen knnet, wollenwir an andern nicht ganz abweichenden Schriften, wie anSchattenbildern und in Spiegeln, mit dem Auge der Seeleeine Vorbung anstellen, nach dem Beispiele Jener, welchesich in der Taktik ben. Denn wann diese in den Bewe-

    i .

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    _ /S gungen der Hnde und im WafTenfanze Fertigkeit erlangthaben, so rndten sie in den Kmpfen den Gewinn ihrerSpiele. Uns aber ziemt der Glaube , dass wir demgrssten aller Kmpfe entgegengehen, fr den wir Allesaufbieten und, nach Krften, ringen mssen. Fr dieseVorbereitung mssen wir mit Dichtern, Geschichtschreibernund Rednern, mit allen Menschen in Verbindung treten,von welchen wir uns irgend eine Hlfe fr das Heil derSeele versprechen drfen.

    Wie nun die Frber erst durch sorgfltige Zubereitun-gen den beliebigen Stoff, welcher die Farbe aufnehmensoll, bearbeiten und dann erst die glnzende Farbe vonPurpur oder Anderm auftragen ; so mssen auch wir inderselben Art, wenn der Glanz des Schnen unverfilgbarin unserer Seele haften soll, ihm erst die Grundlage die-ser ussern (heidnischen) Bildung geben, ehe wir auf dieheiligen und geheimnissvolien Lehren horchen ; und nurAvann wir uns gewhnt haben, gleichsam die Sonne indem Spiegel des Wassers zu schauen, dann erst drfenAvir unsern Blick zu dem Lichte selbst erheben.

    Wenn nun wirklich eine Verwandtschaft zwischen bei-den (den christlichen und heidnischen) Lehren statt findet,so muss ihre Kenntniss ntzlich seyn ; wo nicht, so trgtdoch die. durch Vergleichung derselben gewonnene Er-kenntniss ihres Unterschiedes nicht wenig zur Befestigungder bessern bei. Durch welche Vergleichung mchten wirnun wohl ein richtiges Bild von der einen Erziehung ge-winnen ? Traun, es verhlt sich damit wohl wie mit der

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    Pflanze, deren eigenthmliche Bestimmung- es ist, mit reiferFrucht zu prangen ; dennoch trgt sie als Schmuck auchBltter, welche ihre Zweige umrauschen : so auch die Seele,obgleich sie vorzugsweise die Wahrheit als Frucht erzielt,so ist es doch nimmer unerfreulich, wenn sie sich mit demSchmucke der ussern Weisheit umkleidet und so fr dieFrucht gleichsam einen Schirm von Blttern und eine jugend-lich schne Erscheinung gewinnt. Soll doch der hochge-feierte Moses, dessen Name in der Weisheit gross bei allenMenschen ist, durch Uebung seines Geistes in gyptischenWissenschaften zur Erkenntniss des Wahren durchgedrun-gen seyn. Auf hnliche W^eise wie er, wiewohl in sptemZeiten, soll auch der weise Daniel in Babylon sich erstnach Erlernung der chaldischen Weisheit zu den gtt-lichen Lehren hingewendet haben. Doch fr den Beweis,dass der Gewinn an diesen ussern Erkenntnissen nichtunntz fr die Seele sey, ist schon genug gesagt ; wieIhr ihn Euch aber anzueignen habet, davon sey in demFolgenden die Rede.

    Was also zuerst die Dichter betriflft, um mit ihnen an-zufangen, so muss man bei ihrer grossen Mannigfaltigkeitnicht ohne Unterschied auf alle achten ; sondern wenn sieuns edler Mnner Thaten oder Reden schildern, dann ms-sen wir sie bewundern und preisen und ihren Vorbildernso hnlich als mglich zu werden suchen. Wenn sie aberauf schlechte Menschen zu reden kommen, so muss manvor solchen Darstellungen mit verstopften Ohren nicht min-der fliehen als Odysseus, nach jener Erzhlung, vor den

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    6 Gesngen der Sirenen that. Denn die Gewhnung anschlechte Reden ist ein Weg* zur Sache selbst. Darummssen wir die Seele mit aller Aufmerksamkeit vor denbsen Eindrcken bewahren, welche sie mit dem Wohl-gefallen an den Reden wie Jene, die das Gift mit demHonig einsaugen, unvermerkt in sich aufnehmen knnte.

    Wir werden also die Dichter nicht billigen, wenn sieSchmher oder Sptter, Buhler oder Trunkenbolde darstel-len ; noch wenn sie die Glckseligkeit nach den vollenTischen und den ausgelassenen Liedern bemessen. Amallerwenigsten werden wir ihnen Gehr geben, wenn sie etwavon den Gttern, zumal wenn sie von denselben wie wennderen viele wren reden, die nicht einmal einig sind. Lebtja hei ihnen der Bruder mit dem Bruder, der Vater mitden Shnen im Unfrieden, und fhren diese wieder mit ih-ren Erzeugern unangekndiget Krieg. Ihre Vergehungenin der Ehe ; ihre Liebesereignisse und ffentlichen Ver-bindungen, zumal des Hchsten, und Oberhauptes, wie sieselbst sagen, des Zeus: diese Handlungen, die wir vonunvernnftigen Geschpfen nicht ohne Errthen erzhlenknnten, wollen wir den Mnnern auf der Bhne berlassen.

    Dieselben Bemerkungen habe ich auch bei den Ge-schichtschreihern zu machen, zumal wenn sie fr die Er-gtzung der Leser schreiben.

    Auch die Kunst der Redner im Lgen wollen wir nichtnachahmen. Denn weder vor Gericht noch in unsern an-dern Angelegenheiten kann uns die Lge taugen, da wirden geraden und wahren Weg des Lebens fr uns erwhlt

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    7 haben und uns obliegt, mit dem Gesetze nicht zu hadern.Sondern jene ihrer Darstellungen wollen wir uns vielmehrzu Herzen nehmen, worin sie die Tugend loben, oder dasLaster tadeln. Denn wie der Mensch an den Blumen nurden Geruch oder die Farbe geniessen kann, whrend dieBiene auch Honig* daraus zu ziehen vermag : so knnenauch dort Diejenigen, welche nur das Angenehme undSchne in solchen Schriften suchen, auch einigen Gewinndaraus in der Seele niederlegen.

    Mget Ihr Euch also nach dem vollen Sinne desBildes von den Bienen mit jenen Schriften beschftigen.Sie gehen nicht an alle Blumen ohne Unterschied, nochweniger wollen sie diejenigen, nach welchen sie fliegen,ganz hinwegtragen; sondern nur so viel, als fr ihr Ge-schft dienlich ist, daraus entnehmend lassen sie dasUebrige unversehrt. Darum werden auch wir, wenn wirweise sind, das uns Frderliche und der Wahrheit Ver-wandte aus den Schriften entnehmen, das Uebrige unbe-achtet lassen, und wie wir beim Pflcken der Rosen dieDornen meiden, so werden wir auch aus jenen Schriftennur das Ntzliche rndten, vor dem Schdlichen uns hten.

    Daher ziemt es uns also gleich im Anfange jede Erkennt-nis zu prfen und mit ihrem Endzwecke in Uebereinstim-mung zu bringen, indem wir, nach dem Dorischen Sprich-worte, den Stein nach dem Senkblei richten. Und da wirunser Leben auf die Grundlage der Tugend bauen sollen,welche von Dichtern und Geschichtschreibern, und weit mehrnoch von Philosophen vielfach gepriesen wird, so mssen

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    8 wir auf solcher Mnner Schriften vorzglich achten. Dennnicht klein ist der Gewinn , wenn sich die Seelen derJnglinge an den vertrauten Umgang mit der Tugend ge-whnen. Denn das von solchen Jnglingen Erlernte pflegtunwandelbar zu haften, weil es sich bei der Zartheit ihrerHerzen tief einprgt. Welchen andern Zweck drfen wiraber dem Hesiodos bei Dichtung jener Verse, welche Allesingen, unterlegen, als den, die Jugend zur Tugend zubegeistern ? Dass nmlich rauh zuerst und schwer zuwandeln, voll reichen Sehweisses, voll Mhe und steilder Weg zur Tugend sey. Darum gelinge es nicht Jedem,die steile Hhe hinan zu klimmen, noch wenn er sie zuerklimmen suche, den Gipfel leicht zu erreichen; dochoben angelangt knne er erkennen, wie glatt und schnder Weg sey, wie leicht und bequem zum Gehen, undwie viel erfreulicher als jener , der zur Schlechtigkeitfhrt, die man, wie derselbe Dichter sagt, haufenweiseaus der Nhe ergreifen kann.Mit dieser Darstellung scheint mir nmlich der Dichternichts Anderes als eine Ermunterung zur Tugend und eineAufforderung an Alle, gut zu werden und die Warnungzu bezwecken, dass man nicht ans weichlicher Scheu vorden Mhen vor Erreichung des Zieles ermatten soll.

    Eben so wenn ein Anderer die Tugend auf hnlicheWeise besungen hat, so wollen wir seinen Schriften, weilsie Gleiches mit uns bezwecken, unsern Beifall nicht ver-sao-en. Wie ich aber von einem Manne, der stark in derErforschung des Sinnes der Dichter war, vernommen habe,

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    9 so ist die ganze Dichtung des Hoineros ein fortlaufenderJ-iObgesang auf die Tugend ; Alles zielt bei ihm auf sie,was nicht Nebensache ist. Vorzglich jedoch sey dies derFall bei jener Schilderung des Feldherrn der Kephalenier,der sich unbekleidet aus dem Schiffbruche rettet. Zuerstgewinne er durch sein Erscheinen allein die Achtung derKnigin ; so wenig habe er sich seiner Einsamkeit undBlosse zu schmen gehabt, da ihn der Dichter, statt mitKleidern, in dem Schmucke der Tugend darstelle. Darauferscheine er auch den brigen Phaken in so hohemGrade achtungswerth , dass sie der gewohnten weich-lichen Lebensweise uneingedenk alle nur auf ihn schau-ten und ihn bewunderten , und kein Phake habe da-mals einen hhern Wunsch gehegt, als den, Odysseuszu werden , und zwar Odysseus wie er sich aus demSchiffbruche gerettet. In dieser Darstellung, sagt jener Aus-leger der Gedanken des Dichters, rufe ja Homeros fast mitlauter Stimme: Sorget fr Tugend, Ihr Menschen, die jaselbst mit dem Gestrandeten den Fluten entschwimmt undihn, wenn er nackt das Land erreicht, dennoch ehren-werther erscheinen lsst, als die mit Reichthum gesegnetenPhaken. Und so ist es auch. Denn alle andern Gtergehren ihrem Besitzer nicht mehr als jedem Andern an,dem sie der Zufall in die Hnde spielt: sie werden, wiebeim Wrfelspiele dahin und dorthin umgesetzt ; nur dieTugend allein ist ein Besitzthum, welches niemand unsentreissen kann, welches im Leben und im Tode treu beiuns verweilt.

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    10 In diesem Sinne scheint mir auch JSolon in Beziehung-

    auf die Begterten zu dichten :Tauschten mit ihnen wir nie

    Unserer Tugend Besitz ; denn dauerhaft bleibet sie immer

    ;

    Rcichthum aber beglckt morgen den anderen Mann.

    Aehnlich sind auch jene Verse des Theognis, worin ersag't, der Gott, wen er nun damit meinen mag, neige denMenschen die Wagschale anders zu anderer Zeit, baldreich zu seyn, bald nichts zu haben. Ja auch der Weisevon Keos hat in seinen Schriften wohl diesem Verwandtesauf Tugend und Schlechtigkeit gedichtet ; auch auf ihnmssen wir' aufmerksam achten, denn gar nicht vercht-lich ist dieser Mann, Es lautet aber seine Rede, so weitich mich des Sinnes erinnere denn die Worte weiss ichnicht ohne Versmaass ganz einfach so : Herakles habenoch sehr jung und ungefhr in demselben Alter, worinauch Ihr jetzt seyd, ber die Frage nachgedacht, welchenWeg er jetzt wandeln solle, ob den, welcher durch Mhenzur Tugend fhrt, oder den leichtesten des Lasters ; daseyen ihm zwei Frauen genaht, die Eine sey die Tugend,die Andere das Laster gewesen. Sogleich htten sie, wie-wohl schweigend , durch ihr usseres Erscheinen ihrenverschiedenen Charakter zu erkennen gegeben. Denn dieEine durch knstlichen Putz ihre Schnheit erhhend undin Ueppigkeit aufgelsst habe den ganzen Schwann derFreude in ihrem Gefolge nachgezogen. Dieses nun habesie dem Herakles vorgewiesen und noch weit mehr als

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    11 dieses verlieissen, um ihn auf ihre Seite zu ziehen. DieAndere schlank und staubig und ernsten Blickes habeganz Anderes folgender Art zu ihm gesprochen. NichtsWeichliches, nichts Ssses habe sie ihm verheissen, son-dern tausendfltigen Schweiss und Mhen und Gefahrenauf dem ganzen Festlande und zur See, doch der Preisdavon sey fr ihn die Erhhung zu einem Gotte, so erzhltnmlich jener Mann ; an sie habe sich denn auch amEnde Herakles angeschlossen.

    Ja fast Alle, die wirklich einigen Namen durch Weis-heit erlangt haben, pllegen mehr oder minder, jeder nachKrften, in ihren Schriften die Tugend zu verherrlichen.Ihnen muss man folgen und Ihre Lehren in dem Leben an-zuwenden suchen. Denn wer die bei Andern nur bis zuWorten gehende Weisheit durch die That bewhrt,

    Der nur allein ist weise, wie Schatten flattern die Andern.

    Es ist dies aber, dnkt mir, dasselbe, wie wenn einMaler einen Mann von bewunderungswrdiger Schnheitdarstellte, der auch im Leben wirklich so wre, wie ihnjener auf der Tafel gebildet hat. Denn wer uns zwar dieTugend in glnzenden Schilderungen vor die Augen stellt,und lange Reden darber verschwendet, fr sich aber dasVergngen der Enthaltsamkeit und den Vortheil der Ge-rechtigkeit vorzieht, den mchte ich mit den Schauspielernauf der Bhne vergleichen, welche die Rollen ihres Stk-kes spielen. Sie schreiten oft als Knige und Herrschereinher und sind doch weder Knige noch Herrscher, ja

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    12 berhaupt vielleicht nicht einmal freie Leute. Und da solltezwar der Tonknstler es ungern sehen, dass seine Leiernicht stimmte, und der Chorfhrer, dass sein Chor nichtmglichst im EinWange snge, von uns aber drfte ein je-der mit sich selbst in Widerstreit gerathen und ein Lebenfhren, welches mit seinen Reden nicht bereinstimmte?Es htte zwar unsere Zunge geschworen, das Herz aberdrfte, nach Euripides, schwurlos reden, und wir wolltenuns um den Schein des guten Mannes, statt um das Seynbemhen ? Allein das ist ja gerade die usserste Grenzeder Schlechtigkeit, wofern wir Piaton glauben drfen,wenn man gerecht scheint ohne es zu seyn.

    Den Lehren also, welche Grundlagen des Schnen ent-halten, wollen wir auf solche Weise Folge leisten. Dasich aber auch edle Thaten von Mnnern des Alterthumesdurch eine Reihe von Ueberlieferungen bis auf unsere Zeitim Andenken erhalten haben, oder in Schriften von Dich-tern und Geschichtschreibern aufbewahret wurden, so wol-len wir uns auch den hieraus zu gewinnenden Vortheilnicht versagen.

    Es schmhte zum Beispiel ein Mann aus dem Haufenden Perikles ; er aber achtete nicht darauf. So dauerte esden ganzen Tag : jener berschttete ihn schonungslosmit bsen Worten, dieser aber kmmerte sich nicht um ihn.Als derselbe sich endlich, da es schon Abend und dunkelward, ungern von ihm entfernte, begleitete ihn Periklesnoch mit einem Lichte zurck, um die Uebung in weiserSelbstbeherrschung" nicht zu verlieren. Ein Anderer drohte

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    14 andern auch dar" : So wenig sollen wir uns rchen. Soauch das Beispiel des Perikles in geduldiger Ertragungseines Widersachers, und in der sanftmthigen Stimmunggegen dessen Zorn, oder des Eukleides, der seine Feindesegnet, statt ihnen zu fluchen. Denn wer sich nach sol-chen Mustern gebildet hat, der wird auch in jene (heiligenVorschriften) kein ferneres Misstrauen setzen, als wreihre Befolgung unmglich.

    Ich mchte hier Alexanders Beispiel nicht gerne ber-gehen, der die gefangenen Tchter des Dareios, obgleichman ihnen eine bewunderungswrdige Schnheit zuschrieb,nicht einmal zu sehen wnschte, weil er es fr unwrdighielt, wenn ein Sieger ber Mnner sich von Weibern be-siegen Hesse. Denn dieses Verfahren entspricht ja jenerLehre: W^er ein Weib ansiehet ihrer zu begehren, derwird, auch wenn er den Ehebruch nicht wirklich vollzie-het, dennoch von der Schuld nicht frei gesprochen, weiler die Begierde in seinem Herzen zuliess." Ja und vol-lends bei jenem Benehmen des Kleinias, eines Freundesdes . Pythagoras wird es uns schwer zu glauben dass esnur zufllig mit unsern heiligen Schriften bereinstimme,und nicht vielmehr eine absichtliche Nachahmung derselbensey. Was hat denn dieser Mann gethan? Es stand ihmfrei durch einen Eid der Strafe von drei Talenten zu ent-gehen ; er aber wollte lieber bezahlen, als einen Eid, undzwar einen wahren Eid ablegen. Er hatte, mchte ichglauben, von der Vorschrift gehrt, welche uns das Schw-ren verbietet. Doch wir kehren zu der im Anfange ge-

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    lo machten Bemerkung- zurck, dass wir uns nicht Allesohne Unterschied, sondern nur das Ntzliche aneignen sol-len. Denn es wre ja schimpflich, wenn wir zwar dieschdlichen Speisen vermieden, aher auf die Lehren, wel-che eine Nahrung fr unsere Seelen sind, keine Rck-sicht nhmen, sondern gleich einem schumenden Wald-strome Alles, was uns aufstiesse, mit fortreissend in denStrudel hinabzgen. Und wenn zwar der Steuermann denWinden nicht unbedingt nachgibt, sondern das Fahrzeugnach dem Hafen leitet, wenn der Schtze nach dem Zieleschiesst, und der Schmidt und Zimmerer nicht minder nachdem Zwecke seiner Kunst strebt, wie Hesse es sich daentschuldigen, wenn wir in der Fhigkeit das Unsrige zubersehen, sogar jenen Werkmeistern nachstehen sollten?Denn es kann doch nicht wohl fr Handwerker ein End-zweck ihrer Thtigkeit bestehen, wenn es fr das mensch-liche Leben kein Ziel gbe, welches jeder, der nicht etwaden unvernnftigen Thieren gleichen will, bei Allem,w^as er thut und redet, im Auge behalten muss. Odersollten wir ganz und gar, wie die Schiffe ohne Ballast,alles Verstandes am Steuer der Seele bar, uns aufden Wogen des Lebens aufwrts und abwrts treibenlassen ?

    Allein wie in den krperlichen und, wenn man will,auch in den geistigej.^^ Wettkmpfen, so gelten die Vor-bungen jenen Kmpfen, fr welche auch die Preise be-stimmt sind, und niemand der das Ringen oder den All-kampf bt, denkt alsdann auf Kithar- und Fltenspiel,

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    16 wenigstens Polydamas nicht, der vielmehr vor den Spielenin Olympia einen Wagen im Laufe aufhielt. und fr dieseProbe von Strke den Sieg gewann. Auch Milon liesssich vom gesalbten Schilde nicht verdrngen, sondern hieltnicht minder fest gegen die Stsse als die Bildsulen,welche mit Blei verbunden sind. So dienten Jenen ber-haupt ihre Uebungen als Vorbereitungen fr die Kmpfe.Htten sie aber den Staub und die Ringschule verlassenund die Tonstcke des Marsyas oder des Olympos unzei-tig ben wollen, so htten sie schwerlich Krnze oderRuhm erlangt, und wren kaum der Gefahr entgangen,sich von Seiten des Krpers lcherlich zu machen. Hatdoch auch Timotheos nicht der Tonkunst entsagt, um aufder Ringschule zu verweilen ; denn sonst Avre es ihmwohl nicht so sehr gelungen, sich in der Musik vor Allenauszuzeichnen. So sehr ragte er in seiner Kunst hervor,dass er durch straffe und ernste Harmonie selbst den Zornzu erregen und ihn durch eine weiche wieder zu mildernund zu besnftigen vermochte, so oft er wollte. So soller den Alexander einst durch sein begleitendes Flfenspielin phrygischer Tonweise whrend des Mahles zu Ergrei-fung der Waffen begeistert und durch Herabstinimung derTonweise wieder zu den Gsten zurckgefhrt haben. Somchtig wirkt im Gebiete der Musik und in den gymnischenSpielen die Uebung zur Erreichung ^es Zieles.

    Und was die Athleten, deren ich gedacht habe, mit ih-ren Krnzen betrifft, so unterziehen sich diese tausend-und abertausendfltigen Leiden, erhhen vielfach ihre Kraft,

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    17 vergiessen manchen Schweiss in den Leibesbungen, lassensich viele Schlge von dem Ringmeister und die schlechte Kostder Fechter gefallen und leben, um mich nicht mit dem Ein-zelnen aufzuhalten, in jeder andern Hinsicht so, dass ihrLeben vor dem Kampfe nur eine Uebung zu dem Kampfeist ; dann erst treten sie gerstet auf die Bahn und beste-hen wieder jede Mhe und Gefahr um einen Oelzweigoder Eppichkranz , oder etwas diesem Aehnliches zumLohne zu empfangen und als Sieger vom Herolde ausge-rufen zu werdqn. Uns aber, denen Kampfpreise des Lebensvon so wunderbarer Grsse und Anzahl winken, dass keinMund sie auszusprechen vermag, uns sollte, whrend wirauf beiden Ohren schliefen und uns der grssten Sicher-heit berliessen, es vergnnt seyn, solche Preise nur mitder einen Hand zu nehmen ? Dann wre wohl derLeichtsinn fr das Leben viel werth und Sardanapalostrge vor Allen den Preis der hchsten Glckseligkeitdavon, oder 3Iargites, wenn man lieber will, der wederzum Graben, noch zum Pflgen, noch zu irgend einemLebensgeschfte tauglich war, wie Homeros von ihm dichtet,wenn diese Erzhlung wirklich von Homeros herrhrt.Enthlt da nicht vielmehr das Wort des Pittakos dieWahrheit, welcher sagt, es sey schwer, ein guter Mannzu seyn ? Denn wahrlich erst nach Ueberwindung vielerund ernster Mhen mchte uns die Erwerbung jener Gterkaum gelingen, fr welche sich, nach unserer frhern Be-hauptung, in dem menschlichen Leben kein Vorbild findet.

    So drfen wir also nicht sorglos seyn und nicht jene2

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    18 lioheii Erwartungen fr den trgen Genuss einer kurzenFrist verscherzen, wenn wir iiiclit Schimpf und Strafeleiden wollen, und zwar nicht blos bei den Menschenhienieden, (wiewohl der verstndige Mann auch diesesnicht gering" anschlagen wird), sondern auch vor jenemRichterstuhle, mag er sich nun unter der Erde, oder anirgend einem andern Orte des Weltalles befinden. Dennfr unfreiwillige Pflichtversumung mag wohl jemandGnade vor Gott finden ; wer aber vorstzlich das Schlech-tere erwhlt hat, den kann keine Entschuldigung vorvielfach grsserer Zchtigung bewahren.

    Was sollen wir also thun? so knnte jemand fragen.Was Anderes, als mit Beseitigung aller brigen Dinge frdie Seele sorgen ? Wir drfen also nicht dem Krperfrhnen, wo es nicht durchaus nthig ist. Der Seeleaber mssen wir das Beste darbringen, indem wir sie ausder Gemeinschaft mit den Leidenschaften des Krpers, wieaus einem Gefngnisse, durch die Philosophie erlsen, undzugleich auch dem Krper den Sieg ber die Leidenschaf-ten gewhren ; indem wir zuuial den Magen mit demNothwendigen, nicht mit dem Angenehmen bedienen, wieJene thun, die sich nur nach Kchen und Tafelvirtuosenumsehen und Land und Meer (nach leckern Speisen) durch-spren, wie wenn sie an einen harten Herrn Steuern ent-richten mssten. Erbarmungswerthe 3Ienscheu mit ihrerelenden Geschftigkeit ! Mit nicht ertrglichem Qualen sindsie behaftet, als die armen Snder in der Unterwelt: dasFeuer selber spaltend, Wasser in einem Siebe tragend, und

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    19 eia durchlchertes Fass vollschpfend finden sie ihrer Peinkein Ende. Auch die das Nothwendige berschreitendengstliche Sorge fr Haarputz und Bekleidung ist, nachDiogenes Ausdruck, ein Geschft fr unselige Menschenoder Missethter. Darum mssen solche Leute das Amtund den Namen eines Putzschtigen fr ehen so ungezie-mend halten als das Buhlen und Stren fremder Ehen.Denn was kann einem verstndigen Manne daran liegen,ob er in einen Talar gehllt, oder im geringen Kleide ein-hergehe, so lange er dessen nicht zum Schutze gegen Klteoder Hitze bedarf? Auch im Uebrigen muss man eben soden Krper nicht mehr hegen und pflegen, als nthig undder Seele frommt. Denn es ist gleich unwrdig fr einenMann, welcher diesen Namen wirklich verdient, ob er demPutze und dem Leibe ergeben, oder irgend einer andernunedeln Leidenschaft verfallen ist. Denn wer seine ganzeThtigkeit auf das mglichst grosse Wohlbefinden seinesLeibes verwendet, der verrth Mangel an Selbstkenntnissund versteht nicht jenes weise Wort, dass nicht das Sicht-bare der Mensch ist, sondern dass es einer hhern Weis-heit bedarf, vermge deren jeder von uns sich selbst er-kennen wird. Allein diese Erkenntniss ist fr Diejenigen,welche ihre Seele nicht gereiniget haben, schwerer als derBlick in die Sonne fr das Triefauge. Die Reinigung derSeele aber, um es allgemein und Euch gengend aus-zudrcken, besteht darin, dass man die sinnlichen Lsteverschmht, das Auge nicht an ungeziemendem Schauge-prnge der Gaukler weidet, noch an sinnlichen Bildern

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    20 welche den Stachel der Begierde in die Seele senken;dass man auch nicht durch das Gehr die Wirkungen einersittenverderbenden Dicht- und Tonkunst in die Seele auf-nimmt. Denn durch solche Arten der Musik pflegen sichunfreie und unedle Leidenschaften in der Seele zu erzeu-gen und darin festzuwurzeln. Der andern mssen wir unsvielmehr widmen, der hessern und zum Bessern fhrendenMusik, mit deren Hlfe auch David, der Dichter jenerheiligen Gesnge den Knig, wie man erzhlt, von demWahnsinne hergestellt hat.

    So soll auch Pythagoras dem Aufzuge berauschterSchwrmer begegnend dem Fltenspieler, welcher den Zuganfhrte, befohlen haben, die Tonvveise zu ndern und ih-nen dorisch vorzuspielen ; da seyen sie durch die Melodiewieder so zur Besinnung gekommen, dass sie die Krnzevon sich warfen und beschmt nach Hause zurckkehrten.Andere dagegen gerathen durch die Flte in Korybantischeoder Bakchische Wuth. So verschieden ist die Wirkung jenachdem wir von einer gesunden oder verdorbenen Musikergriffen werden ; so dass Ihr Euch also mit der jetztherrschenden weniger befassen drfet, als mit irgend einerandern hsslichen Sache. Wer aber Dfte jeder Art,welche dem Gerche schmeicheln, unter die Luft mengtund sich mit wohlriechenden Oelen salbt, der verrichtetvollends ein so unmnnliches Geschft, dass ich mich selbstdes Verbotes schmen wrde. Was htte aber jemand berdie Warnung zu sagen, dass man nicht nach den Gens-sen des Schmeckens und Betastens trachten soll? Was

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    21 Anderes als dass sie diejenigen, welche auf die Jagd der-selben ausgehen, zu einem Leben zwingen, worin siegleich dem Viehe nur dem Bauche und dem sinnlichenTriebe frhnen mssen. Mit einem Worte, man muss ber-haupt den Blick ber den Leib erheben, wenn man nichtin dessen Lsten wie in einem Sumpfe versinken will,oder man muss sich, wie Piaton sagt, nur so weit damitbefassen, als die Philosophie seiner Dienste bedarf. AuchPaulos drckt sich hnlich darber aus in jener Mahnung,dass man des Leibes nicht so warten soll, dass er derBegierde Vorschub leiste.

    Oder wie unterschieden sich diejenigen, welche fr desKrpers mglichstes Wohlseyn sorgen, und die Seele, welchesich desselben bedienen soll, als wre sie ohne Werth, un-beachtet lassen, von Jenen, welche sich zwar um Werk-zeuge bemhen, aber die Kunst, welche durch dieselbenwirken soll, vernachlssigten? Ganz im Gegentheile alsomuss man ihn casteyen und seine Begierden wie die eineswilden Thieres im Zaume halten, und alle Unruhen, welchesich durch ihn in der Seele erheben, gleichsam mit derGeissei der Vernunft beschwichtigend dmpfen, nicht aberalle Zgel der Lust lsend die Vernunft, gleich einemWagenlenker, von ihnen wie von unbndigen, wild auis-reissenden Rossen schleifen lassen. Auch an Pythagorasmuss man denken. Als er nmlich bemerkte, dass einerseiner Anhnger sich durch Bewegung und Speisen grosseBeleibtheit verschaifte, sprach er zu ihm: Wirst du nichtaufhren dir deinen Kerker selbst zu erschweren?

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    2-2 Darum soll auch Piaton, weil er den nachtheiligenEinflssen des Krpers vorbeugen wollte, jene ungesundeGegend von Attika, die Akademie absichtlich gewhlt haben,um die zu grosse Ueppigkeit des Krpers wie den ber-flssigen Wuchs der Rebe zu beschrnken. Ja wie ichvon Aerzten g'ehrt habe, so ist ein zu grosses Wohlseyndes Krpers sogar gefhrlich. \\'enn also gerade diebertriebene Sorge fr den Krper ihm selbst nachtheiligund der Seele hinderlich wird ; so ist das Bestreben ihmganz unterwrfig und dienstbar zu werden, vollends reinerWahnsinn. Gewhnten wir uns vielmehr ihn gering zuachten, so wrden wir kaum noch etwas Anderes unterden menschlichen Dingen bewundern. Denn ich sehe nichtein, wozu uns der Reichthum ferner ntzen sollte, wennwir die sinnlichen Vergngungen verschmhten ; es msstedenn etwa, wie bei den Drachen in der Fabel, das Wachenber vergrabenen Schtzen eine Lust gewhren. Wer aberdurch seine Bildung eine wahrhaft freie Ansicht von sol-chen Dingen gewonnen hat, der ist weit entfernt in Wortoder That je eine niedrige und entehrende Wahl zu tref-fen. Alles, was seinen Bedarf berschreitet, und wenn eslydischer Goldstaub oder der goldtragenden Ameisen Arbeitwre, wird er um so mehr verachten, je weniger erdasselbe vermisst. Den Bedarf selbst wird er ohne Zweifelnach den unabweisbaren Forderungen der Natur, nicht nachdem Vergngen bestimmen. Denn wer die Grenzen desNothwendigen berschreitet, dem geht es wie Jenen, welcheeinen steilen Weg hinabfahreu : sie finden keinen Ruhepunkt

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    zum Aussteigen und knuen der vorwrts treibenden Be-wegung nirgends Einhalt thun : so auch Jener, wenn er auchden grssten Vorrath um sich angehuft hat, so bedarf erimmer noch eben so viel und noch mehr zur Befriedigungseiner Begierde, wie Selon, des Exekestidas Sohn ge-diclitet

    :

    Reiclithum kennet nicht Maas, nicht Ziel bei den sterblichenMenschen.

    Wir mssen also den Theognis hier zum Lehrer whlen,welcher sich so ausdrckt

    :

    Reichthum locket mich nicht, fern sey er, beglcke mich lieberWeniger Habe Genuss; Leid jedoch trbe nicht den!

    Darum bewundere ich auch an Diogenes jene Geringschtz-ung aller menschlichen Dinge zumal. Zeigt er sich ja reicherals der grosse Knig darin, dass er weniger Bedrfnissefr das Leben, als jener, hatte.

    Uns aber wird kein Reichthum gengen, wenn wirnicht jene Summen des Mysiers Pythios und so viele, undwieder so viele Strecken Landes und ganze Schaaren vonHeerden, mehr als mau zhlen kann, besitzen. Und dochziemte es uns, dnkt mir, den abwesenden Reichthumnicht zu begehren, und ist er da, weniger auf seinen Be-sitz als auf das Bewusstseyn ihn edel zu gebrauchen,stolz zu seyn. Denn sehr gut bemerkt Sokrates, bei Er-whnung eines reichen Mannes, der auf sein Vermgenstolz war, er werde ihn nicht eher bewundern, bis ererprobt habe, ob derselbe es auch gut zu gebrauchen ver-

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    an-stehe. Htten sich ja Pheidias und Polykleitos durch Ein-bildung* auf das Gold und Elfenbein, woraus jener seinen Zeusfr die Eleer, dieser seine Hera fr die Argeier bildete, lcher-lich gemacht, weil sie sich mit fremdem Gute gebrstet undaufeine Kunst verzichtet htten, durch welche das Gold selbstan Schnheit und Werth gewonnen hatte. Und da solltenwir uns durch die Meinung, als sey die menschliche Tugendan sich ein unzureichender Schmuck, eines minder besch-menden Vergehens schuldig glauben ? Doch vielleichtwollen wir uns nicht um Reichthum bekmmern und diesinnlichen Lste verschmhen ; aber der Schmeichelei und Un-terthnigkeit wollen wir huldigen und nach der schlauenund listigen Gewandtheit des Fuchses bei Archilochos stre-ben ? Allein es gibt ja nichts Verabscheuungswrdigeresfr den edeln und besonnenen Mann als ein Leben, wel-ches nur dem Scheine frhnt und ngstlich nach dem Bei-falle der Menge haschend nicht die wahre Lebensansicht zurRichtschnur seines Strebens macht, vermge welcher er viel-mehr allen Menschen widersprechen und sich jeder Schmachund Gefahr fr die Wahrung des Guten und Schnen aus-setzen sollte, ehe er sich bewegen liesse das Mindeste vondem, was er fr recht und gut erkannte, zu ndern. Odersollte sich ein nicht so gesinnter Mann von dem gypti-chen Sophisten etwa unterscheiden, der sich in eine Pflan-ze, ein Thier, in Feuer oder Wasser, in jede andere Ge-stalt, so oft er wollte, verwandelt hat? Ja wenn ein sol-cher Mensch in einem Augenblicke die Gerechtigkeit vorihren Verehrern selbst preist, so wird er in einem andern

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    die entgegengesetzte Rede fhren, wenn er die Ungerech-tigkeit in Ehren sieht. Das ist ja der Schmeichler vSitte, wieder Polype seine Farbe nach seiner Stelle wechseln soll, sondert er nach der jedesmaligen Umgebung seine Gesinnung.

    Doch dies Alles werden wir wohl auch in unsern heiligenSchriften vollkommener erkennen. Nur gleichsam einen Schat-tenriss der Tugend wollen wir fr jetzt aus profanen Kennt-nissen entwerfen. Denn wer das Erspriesliche aus jederSache msig sammelt, dem strmt, wie den grossen Fls-sen, aus vielen Quellen reiches Wachsthum zu. Gilt ja jenesWort des Hesiodos : Wer Kleines zu Kleinem legt",wie wir mit Recht von dem Dichter erwarten drfen, nichtminder von dem Gewinne an Erkenntniss jeder Art alsvon der Geldvermehrung. Darum erwiedert auch Bias sei-nem nach Aegypten reisenden Sohne auf die Frage, womiter ihm wohl die grsste Freude machen knne : Wenndu dir ein Zehrgeld fr das Alter zurcklegst. Indem erdie Tugend unter diesem Worte verstand wies er ihr dieseengen Grenzen darum an, weil er ihren Wirkungskreisnach dem Umfange des menschlichen Lebens bezeichnenwollte. Allein es denke sich auch jemand das Alter desTithonos, oder des Arganthonios oder selbst unseres Methu-salem, der am lngsten, nmlich dreissig Jahre wenigerals tausend gelebt haben soll, ja selbst den ganzen Zeit-raum, seit dem es Menschen gab; so msste ich berdiese Annahme wie ber einen kindischen Einfall lachen,wenn ich auf die Unendlichkeit der Zeit schaue, die nie al-tert, ber welche hinaus sich Nichts denken lsst, so we-

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    20 nig als man der unsterblichen Seele ein Ende voraus be-stimmen kann. Euch fr diese Zeit berall, wo sich nurimmer ein Gewinn fr dieselbe darbietet, die nthigen Reise-vorrthe zu sammeln, dazu mchte ich Euch, alle Steine, wiedas Sprichwort sagt, bewegend ermahnen. Auch die Be-trachtung, dass ein solches Unternehmen schwer und m-hevoll ist, darf uns nicht davon abschrecken, wir mssenvielmehr jener Ermahnung gedenken, dass jeder selbst dasbeste Leben erwhlen und in der Erwartung, dass Ge-wohnheit es ihm auch angenehm machen werde, nach demBesten streben msse. Unwrdig wre es ja die gegenwr-tige Zeit unbenutzt zu lassen und etwa, wann sie vorber ist,zurckzuwnschen, wo uns keine Reue mehr fruchten wird.

    So htte ich Euch denn theils jetzt schon gesagt, wasich fr das Beste halte, theils werde ich es Euch imweitern Fortgange des Lebens rathen. Ihr aber erwecketnicht den Verdacht, als wret Ihr unter drei mglichenKrankheiten gerade in die unheilbare verfallen, nmlichin eine Seelenkrankheit welche dem Zustande jener Men-schen gleicht, die an krperlichen Leiden unrettbar darnie-der liegen. Denn die leicht Erkrankten gehen selbst zudem Arzte ; die durch grssere Leiden Geschwchtenrufen die Aerzte zu sich, die in Trbsinn ganz Versun-kenen nehmen nicht einmal die Besuchenden an. Diesesdarf Euch jetzt nicht begegnen ; Ihr werdet Euch weisemRathe nicht entziehen.

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    Anmerkung e n.

    Die folgenden Anmerkungen sind zunchst fr junge Freunde desclassischen Alterthumes und fr solche gebildete Mnner bestimmt,M'elche die vorangehende Rede und die darauf bezglichen Stelleuaus den griechischen Classikern nicht in der Grundsprache lesenknnen. Diese Bestimmung derselben wird ihre Form rechtferti-gen, oder wenigstens entschuldigen. Jedoch wnschten wir auchjenen gelehrten Kennern, welche unlngst unsere Bearbeitung derPlatonischen Apologie des Sokrates so wohlwollend aufgenommenhaben, durch diese Arbeit nicht zu missfalleu. Aber dringenderals dort mssen wir ihre freundliche Nachsicht zu Gunsten einerUebersetzung, fr welche kein belehrendes Vorbild vorhandenwar, und einer Erklrung erbitten, welche wir grsstentheils ausdem geringen Vorrathe unseres eigenen Wissens schpfen und inden wenigen, von anstrengenden Berufspflichten brigen Musse-stunden niederschreiben mussten.

    DieHlfsmittel, welche uns vor dem Drucke der Uebersetzungzu Gebot standen, sind

    1) die Ausgabe dieser Rede von Sturz mit seinen eigenen,unwichtigen und den bedeutendem Noten vonDucaeus sammtGarnier's Varianten zu dem griechischen Texte;

    2) die lateinische Uebersetzung des h. Basilius, Cln 1617,welche von Fehlern wimmelt;

    3) die vortreffliche Arbeit von Fr. Combefis: Basilius Mag-nus ex integro restitutus etc. Paris 1679.

    Nach dem Drucke der Uebersetzung hatten wir Gelegenheitdie Ausgabe von Garnier und die smmtlichen Basler Ausgaben,

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    28unter diesen jedoch vorzglich die folgende Ausgabe unserer Redezu vergleichen: D. Basilii M. de instituenda studiorum ratioue aduepotes suos oratio asil. per Henricum Petruni 1537, mit we-nigen und meist unbrauchbaren Noten.

    In unserer Uebersetzung folgten vir dem Texte von Sturz,jedoch nicht ohne Ausnahmen, welche in den Anmerkungen ge-rechtfertiget werden, und wobei uns die Varianten von Garnierund die Bemerkungen von Combefis, durch Belehrung, oderdurch Besttigung unserer Ansicht, wesentliche Dienste geleistethaben. In den Anmerkungen haben wir mit der fr die oben be-zeichneten Leser bestimmten Erluterung auch die bis jetzt garnicht, oder nur unvollstndig versuchte Angabe der Quellen ver-bunden , aus welchen der edle Basilius geschpft hat. Unter die-sen nimmt Piaton, den er selbst nennt, den ersten Rang ein; dochsind die entlehnten Gedanken nicht immer unmittelbar aus den Werkendieses grossen Denkers, sondern meistens aus Plutarchs philoso-phischen Schriften genommen, wo wir sie, wie aus unsern An-merkungen erhellen wird, gewhnlich mit denselben Worten undin derselben Ideenverbindung wieder gefunden haben. Ja, Avennwir Freund von H3 pothesen wren , so wrden wir unbedenklichdie Vermuthung aussprechen , dass der h. Basilius unmittelbar vorAbfassung seiner Rede jene Schriften gelesen und das fr seinenZweck Brauchbare daraus entlehnt und sich angeeignet habe. Diein der Rede angedeuteten Stellen aus der heiligen Schrift wirdjeder gebildete Christ, dem die Quellen seiner Religion bekanntseyn mssen, selbst finden.

    Auch die Angabe der classischen Stellen mag fr manchenLeser unwesentlich scheinen, fr den gelehrten Beurtheiler aberwird sie, wir hoffen es wenigstens, nicht ohne Werth seyn.

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    30dem Meere heidnischer Belehrung halten lassen, an den unsittli-chen Lehren aber, wie an den gefhrlichen Klippen der Sirenen,mit verstopften Ohren vorberfahren. Etwas minder bedenklichspricht Horatius Epist. I, 1, 15. einen hnlichen Gedanken aus.

    S. 8. Z. 19. Nichtige Sache. Diese ernstliche, christlicheAnsicht, welche eine heitere und dankbare Liebe zu dem irdischenLeben, dieser freundlichen Gewohnheit des Dasejns und Wirkensnicht ausschliesst , sondern sie nur heiliget, theilt auch Piaton mitdem frommen Basilius. Auch er verlangt mit hohem Ernste , dasswir den Werth des Lebens nicht nach der kurzen Frist unseresirdischen Daseyns, sondern nach seiner unendlichen Dauer bemes-sen und in diesem Sinne benutzen und geniessen sollen. Rep. p. 486.

    S. 3. Z. 17. Schatten. Noch erschtternder nennt PindarP. VIII, 136. den Menschen selbst nur den Traum eines Schattens,eber die kleine Ausbeute von reinem Glcke, welche auch daslngste und gesegnetste Menschenleben darbietet, s. Plat. Apol.p. 40. und unsere Anmerkung dazu S. 104.

    S. 3. Z. 26. Schattenbildern. Hier hat Basilius offenbarPlaton's unvergleicldicjie , unsern Zustand auf Erden darstellendeSchilderung jener Gefangenen vor Augen, welche in einer Hhlegefesselt am krglichen Schimmer einer Lampe nur die Schattender Gegenstnde wahrnehmen knnen. Wenn ein Solcher der Haftentnommen und an das Tageslicht gebracht wird , so lernt er nurlangsam und allmhlig dessen Glanz ertragen. Er bedarf derGewhnung Menn er das , was oben ist, erblicken soll; zuerstwird er am leichtesten die Schatten der Dinge, spter erst dieDinge selbst erkennen u. s. w. Rep. p. 515. cf. 403, C. 510, A.

    S. 4. Z. 1. Waffentanz, gewhnlich Pyrrhiche genannt,ein kriegerischer Tanz der Spartaner, der beschrieben wird inPlat. Legg. p. 815. Garnier bemerkt, Basilius wolle sagen, derchristliche Jngling werde durch das Studium der heidnischen Schrift-steller zu seinem eigentlichen Zwecke auf hnliche Weise gefr-

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    5i dert, wie der Krieger zum Kampfe durch die vorangehenden Waf-fenbungen.

    S. 4. Z. 4, Kmpfe. Die Vergleichung des Lebens mit ei-nem Kampfe in den heiligen Festspielen, und mit dem Strebennach ihren Preisen , deren Erlangung fr den ehrliebenden Grie-chen das hchste Glck auf Erden war, ist zu bekannt um einerErluterung zu bedrfen.

    S. 4. Z. 6. Geschieht schreib er n. Es ist zu bemerken,dass das griechische Wort auch Fabeldichter und Verfertiger vonwahren und erdichteten Reden , und Geschichtenmacher heissenkann; allein ein spter gebrauchter Ausdruck fr dieselbe Sachebeweisst, dass unsere Uebersetzung richtig ist.

    S. 4. Z. 14. nver tilgbar. Dieser Gedanke ist fast wrt-lich aus Piaton, Rep. p. 429. entlehnt, wo die Wchter des Staatesdurch Gymnastik und Musik, d. i. durch alle krperlichen und gei-stigen Uebungen so vorbereitet werden , dass die Begriffe chterTapferkeit und jeder Tugend mit unauslschbareu Farben in ihrenSeelen haften, was durch folgendes Bild anschaulich gemacht wird:So weisst du denn, dass die Frber, wenn sie der Wolle diechte Purpurfarbe geben wollen, zuerst unter den vielfarbigenWollen nur die weisse aussuchen, diese dann durch nicht geringeZubereitungen so bearbeiten, dass sie fr die Aufnahme der gln-zenden Farbe mglichst empfnglich wird. Eine auf diese Weisegegebene Farbe bleibt unvertilgbar und kein Waschen, sei esmit oder ohne Lauge, kaun ihr den Glanz benehmen u. s. w."Ueber diese Frbung der Purpurgewuder s. des ehrwrdigen Hee-ren Ideen I , p. 870.

    S. 5. Z. 2. Schmck. Wir htten gewnscht, dass Basiliusbei diesem schnen Bilde neben den Blttern auch die Blthc undihre hohe Bedeutung fr die werdende Frucht erwhnt htte , frwelche sie das Brautbett oft so wundervoll zu schmcken pflegt,dass uns die Blthe nicht selten mehr als die Frucht erfreut. Wer

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    52 Mrde z. B. nicht die prachtvoll sich entfaltende llose der von ihrerzielten Frucht vorziehen? Ist auch das Letzte liit;r unaiiwend-bar, so behlt darum nicht minder die nithe ihren eigenen Werth.Doch mgen Gedanken wie jene, welche Plutarch T. VIII. p. 562.angibt, den heiligen Basilius zur Beschrnkung des Bildes veran-lasst haben.

    S. 5. Z. 4, Die Wahrheit, d, i. hier die christliche, wahreLehre.

    S. 5. Z. 6. Aeussern, d. i. heidnischen, wrtlich Weisheitvor der Thiire. nmlich des Tempels oder des Allerheiligsten,welches nur der Hohepriester betreten durfte.

    S. 5. Z. 6. Umkleidet oder umgrtet, wie sich bei Pindar.0. I, 14. der Lobgesang mit den Gedanken der Weisen umgrtetoder schmckt.

    S. 5. Z. 20. Dichter. Die grossen Dichter galten den Altenbis in die sptesten Zeiten fr heilige Barden und Propheten , de-ren Stimme sie mit Andacht horchten; denn sie waren ihnen, nachPiaton, Vter der Weisheit und Fhrer zur Weisheit. Hier magder einzige Hr atius die Achtung des Alterthums fr seine Dich-ter aussprechen:

    Ist es nichtDer Dichter, der des Knides frhes LallenZu Sprache bildet ? der von -ppelhaften RedenSein znrtes Ohr entwhnt, dann allgemachDurch Lehren, die der Iteiz der IlarmonieUnd Diehtttnq freundlich macht, sein Herz der TutfeudGewinnt , von Eigensinn und Neid und ZornDen nahcn heilt, mit edeln Thaten'ihnVertraulich macht , der (jerjenwrtitjen ZeitVerworrne Rthsel durch der altern TVeltBeispiele ihm entwickelt utid in IS'othUnd hranken Tatjen Trost und Liudrunr/ schafft ?

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    34lieh fehlen drfen, zur Warnung und sittlichen Frderung desJnglinges benutzt werden knnen und mssen.

    S. 6. Z. 1. Sirenen. Der h. Basilius deutet hier, nach Plu-archs Vorgang T. VI, p. 53. auf jene bekannte Erzhlung (Ho-mer. Odj'ss. XII, 39.1, dass der weise Odj'sseus bei dem Vorber-schiffen vor den Klippen der Sirenen, nach dem Rathe der zaube-rischen Kirke, die Ohren seiner Geflirten mit Wachs verstopfthabe, damit sie die verfhrerischen Tne der reizenden Bewohne-rinnen des gefhrlichen Gestades nicht vernehmen konnten. DieseSirenen sind nach der gewhnlichen Erklrung Buhldirnen oder,wie der herrliche Kenner und Darsteller des Alterthumes Fr. Ja-cobs im vierten Bande seiner Schriften sich ausdrckt, Hetren,welche die Kunst verstehen , einen Menschen dahin zu bringendass er unvermerkt in Lust und Freude zu Grunde geht. Eineandere sinnreiche Erklrung gibt Cicero Fin. V, 18. Eine voll-stndige literarische Nachweisung ber dieselben findet man bei dentrefflichen Erklreru des Horatius, Schmidt u. Obbarius, Epist.I. 8, 23. Vgl. was Plutarch T. VI, p. 136, ber das Verwahren der Oh-ren junger Leujte gegen bse Reden Beachtungsvverthes mittheilt.

    S. 6. Z. 5. Gift. Aehulich lehrt Plutarch T. VII, p. 834,wenn selbst wackere Mnner uns zu solchen fhren wollen, diees nicht sind, so drfen wir ihnen nicht folgen, damit Mir nicht,wie das Gift im Honig, den schlechten durch den guten Freund er-werben. Die Quelle dieser Vergleichung ist in Plat. Legg. p. 659,E. mit dem Unterschiede jedoch, dass hier dem kranken Kinde dieheilsame Arznei in sssen Speisen und Getrnken dargebrachtwird. Dieser letzten Darstellung folgt Max. Tyr. T. I, p. 177.Reisk. Lucret. I, 935. und Tasso in den schnen Versen, Moriner sich entschuldiget, dass er die gttlichen Wahrheiten mit demReize irdischer Poesie zu umkleiden wage.

    S. 6. Z. 8. Schmh er. Die Nachweisung der hier getadel-tenDarstelluugen ist fr gelehrte Leser berflssig und fr unge-

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    35 lehrte wenigstens liier nicht geeignet. Wir hoffen sie knftig ineinem grssern Werke zu erwhnen, wo wir, nach PlutarchsR.'ith, neben das Gift auch die heilende Arznei legen werden. Hiermag die Bemerkung geniigen , dass Basiliiis die Anklagen wieder-holt, w eiche Piaton (Rep. p. 378. 387. 390. 396.) gegen solche Dar-stellungen ausfhrlich erhebt.

    S. 6. Z. 19. Handlungen, Bei Einschaltung dieses W'orteshatten Avir nicht blos die grssere Deutlichkeit, sondern auch die

    oii^J abweichende Lesart im Auge, welchedurch fnf Manuscripte vertheidigt wird. S. Garnier.

    S. 7. Z. 6. Biene. Das Gleichniss ist aus Plutarch T. VI,p. 108. 116. 150 und 295., wo es auf den Dichter Simonides zurck-gefhrt wird.

    S. 7. Z. 24. Dorischen. Das Sprichwort heisst bei Plutarch T.VI, p. 281. vollstndiger: Man muss den Stein nach der Richtschnurund nicht diese nach dem Steine setzen; und p. 319: Diejenigen,welche im Guten fortschreiten und so zu ihrem Leben, wie zueinem Tempel oder einem kuiglichL-u Pallaste den goldnen Grundder Tugend gelegt haben, die lassen nichts von dem Entstehendenblindlings zu, sondern bringen jeden Beitrag, gleichsam nach derRichtschnur der Vernunft, in Uebereinstimmung mit dem Vorigen.

    S. 7. Z. 26. Bauen. lieber das schwierige griechische Wortgibt Lob eck zu Aiac. v. 248. belehrende Auskunft.

    S. 8. Z. 2, Umgang. Wir erinnern hier, wo uns eine Aus-fhrung des wichtigen Gedankens nicht erlaubt ist, nur an dasWort eines wrdigen Freundes: Was wir lieben, das sind wir,"und an das bekannte , Dum lego Antiquos, antiquior fio,ein Gedanke den Piaton oft mit denselben, Demosthenes Ol.III, p. 37., mit etwas andern Worten so ausdrckt: Wie die Be-schftigungen der Menschen, so auch ihre Gedanken." Es ergibtsich daraus von selbst der Schluss, wie Michtig es sey die frhhere Wirkungskreise bestimmte Jugend nur mit dem Edelsten

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    3G und Schnsten zu bcscliftigeu , damit sie einen Talisman gegendie Herz und Geist ertdtenden Erfahrungen und Sorgen des ge-meinen Lebens gewinne und unter den tglichen Berufsgeschf-ten nicht fr jede hhere Richtung des Geistes ersterbe. Vgl.Plat. Rep. p. 444. und Gthe T. XVIII, p. 191.

    S. 8. Z. 7. Hesiodus ertheilt diese im ganzen Alterthumegepriesene Lehre in seinen Tagewerken v. 263:

    Leicht ist des Bsen Gewinn und haufenweise zu finden,Eiben fhret der JVeg , und nah' auch Jtfletjt es zu -wohnen;I^or die Tugend jedoch setzt Schiveiss der Ewigen JVeishcit

    ,

    Lang ist der Pfad und steil, der auf zu ihr sich erhebet.Doch nur im Anbeginn; wann die Hhe du mhsam erreicht tutst.Leicht dir wird er sofort , ivie schwer er auch vorher gewesen.

    Diese Verse sind hier dem heiligen Basilius nicht unmittelbar,sondern, wie der Zusammenhang lehrt, durch Plat. Rep. p. 364. inErinnerung gekommen. Unser frommer Geliert umschreibt siein seinem bekannten Liede:

    Des Lasters Bahn ist anfangs zwar u. s. w.S. 9. Z. 2. Lobgesang. Es verschlgt uns wenig, ob die

    hier geusserte Ansicht ber Homer, der wegen seiner unerreich-baren Vortrefflichkeit vorzugsweise der Dichter heisst CPlutarchT. Vlir, p. 652.) von dem gelehrten und geistreichen Libaniusdessen Unterricht Basilius in Koiistantinopel genossen haben soll,oder von irgend einem andern unbekannten Kenner herrhre ; esgengt uns, dass der weise und fromme Basilius sie zu der sei-nigen macht. Er hat hierin zu Vorgngern nicht blos die grss-ten Dichter, GescUichtschi'eiber, Redner und Philosophen , sondernauch die grssten Feldherrn und Staatsmnner des Alterthumes,welche alle in Homer nicht blos den Sittenmaler ohne Gleichen,sondern auch den grossen Sitteulehrer verehren. Die Schriftenvon Piaton, Xenophou , Aristoteles, Strabon, Arrian , Simplikios,Libanios, Maximos von Tyros , Dio Chrysostomos und Andern lie-

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    57 fern den reichlichsten Beleg fr diese Behauptung, ja die beidenletzten beweisen sie in mehrern besonderu Abhandlungen ; auchder geistreichste rmische Dichter, Horatios spricht dieselbe An-sicht an vielen Orten^, vorzglich jedoch in seiner zweiten Epistelaus, welche ganz diesem Gegenstande gewidmet ist. Um so be-fremdender ist es daher, dass diese wichtige Ansicht, einzelneAeusserungen von Lipsius, Lessing, Gthe und Herder abgerech-net, spter mehr und mehr in Vergessenheit gerieth, bis sich inder neusten Zeit berkluge Geister fanden, welche den Homersogar besser verstehen, als ihn Pindar, Piaton und Aristoteles ver-standen haben, und sich daher berechtiget glauben, jede Hervor-hebung des sittlichen Elementes in dem grssten und weisestenDichter aller Zeiten als ein thrichtes Unterfangen zu bezeichnenund dem Spotte preis zu geben. Da jedoch hier eine ausfhrlicheDarlegung der Sache nicht am Orte wre, so verweisen wir vor-lufig auf unsere Anmerkungen zu Platon's Apologie des Sokrates,S. 62 und 73, wo gezeigt ist, wie die Homerischen Helden selbstdem weisesten und besonnensten Manne des Alterthumes als Musterseines eigenen Thuns und Leidens vorgeleuchtet haben.

    S. 9, Z. 4. Feldherru der Kephalenier, d. i. Odysseus,zu dessen Reiche die Insel Kephalenia gehrte. Die Begebenheit,von welcher hier die Rede ist, wird von Homer, Odjss. 6. bis 13.Gesang erzhlt.

    S. 9. Z. 6. gewinne die Achtung. Der griechischeText bietet, je nachdem man das Wort Basilida in subjektiver oderobjektiver Beziehung nimmt, die doppelte Bedeutung dar,

    1) Die in unserer Uebersetzung ausgedrckte,2) Die folgende: Zuerst, jedoch blos bei seinem ersten Er-

    scheinen habe sich Odysseus, nmlich wegen seiner Blosse, vorder Knigin gescheut. Dieser Sinn findet einen Vertheidiger inimserm lateinischen Uebersetzer, welcher die Stelle so gibt:Primum quidem reginam apparentem solum veritum esse, tanti

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    38modestiam ac nuditatis verecundiam existiniasse. Allein davonabgesehen, dass dieser Uebersetzer das nicht beneidenswertheTalent besitzt, den Sinn jeder schwierigen Stelle zu verfehlen,so spricht fr unsere Erklrung Odyss. VI, 187. 239 246, undder Zusammenhang unserer Stelle selbst. Denn Basilius willoffenbar zeigen , dass Odysseus ohne alles blendende Beiwerk vonkostbarer Kleidung und Kleider machen ja Leute ! und ohneGefolge, durch seine edle Persnlichkeit allein die Achtung derFrstin gewonnen habe, weil ihn der Dichter in dem herrlichemSchmucke der Tugend darstelle, die allein wahren und unvergng-lichen Wei-th habe. Fr unsere Ansicht stimmen auch Sturz,Combefis, Ducaeus, Garnier und Andere. Was das Nackteanbetrifft, welches die andere Erklrung veranlasst haben mag, sofand, wie wir sehen, selbst der heilige Basilius keinen Anstossdaran, denn dem Reinen ist alles rein und ein Solcher weiss sichunbefangen in die Darstellungen fremder Zeiten und Zustnde zuversetzen. Uebrigens war die arglose Ansicht der Griechen vonder unbekleideten Natur schon ihren barbarischen, zumal denasiatischen Zeitgenossen ein wahrer Greuel, ohne dass darumihre Tugend in dem Maasse gewachsen wre , als sie das seideneund wollene Bollwerk derselben vermehrt haben ; w ie denn auchunsere jetzige, gut und mehr als gut gekleidete Jugend wohl nichtzchtiger und gesitteter ist als die nackten Kinder der krftigenalten Germanen. Ja der edle Jacobs zeigt in seinen lehrreichenWerken IV, p. 278, was auch aus der Schilderung des verlornenParadieses erheUt, dass man die Blosse der Natur erst dann ver-schleiern lernte, als die Sitten unheilbar verdorben waren. Vergl.damit die geistreiche Belehrung, welche Demokritos den, in Wor-ten berzchtigen Abderiten ber diese Sache ertheUt: Wieland,T. XIX, p, 101 ff., woraus wir nur folgende Worte entlehnen:Nicht die Gegenstnde, sondern unsere Meinungenvon den-selben sind die Ursachen unordentlicher Leidenschaften."

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    39 S, 9. Z. 18. Sorget. Aehnlich ist das berhmte Wort des

    Philosophen Aristippos. Durch Schiffbruch an die Insel Rhodosverschlagen und nichts als das nackte Leben rettend trat er in dieSchulen der Hauptstadt und ward dort fr seine geistreiche Beleh-rung so sehr beschenkt, dass er seine Unglcksgefhrten mit allemfr die Heimreise Nthigeu versehen und mit der Ermahnung ent-lassen konnte, ihren Kindern solche Gter und solche Reisemittelzu erwerben, die auch im Falle eines Schiffbruches mit ihnen andas Land schwimmen knnten. Nicht minder treffend ist seineAntwort auf die Frage, wie sich ein gebildeter Mensch von einemungebildeten unterscheide: Schicke sie beide nackt in ein unbe-kanntes Land, du wirst es bald erfahren." Vitruv. VI. Praef.Diog. Lgert. II, 73.

    S. 10. Z. 1. Solon. Die folgenden Verse des grossen Ge-setzgebers finden sich gewhnlich in Theoguis Gedichten, dochnennt auch Plutarch. T. I, p. 318. VII, p. 847 u. a. a. O. den Solonals ihren Verfasser.

    S. 10. Z. 6. Theognis. Die hier erwhnten Verse dieseslyrischen , vorzglich in Trauergesngeu grossen Dichters vonKeos aus dem fnften Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnunglauten so

    :

    Pfeifjet ja Zeus zu anderer Zeit dir anders die fj^aye

    ,

    Reichthuin tjibt er dir bald, bald auch ein diirftitjes Laos-Theognis hat hier, wie der grosse Aeschjlos von sich sagt,

    Brosamen von Homer's Gttertafel gesammelt, wo zumal das Bildvon der Wage, worauf Zeus die Schicksale der Menschen undVlker gegeneinander abwgt, wiederholt vorkommt. So be-stimmt er II. VIII, 69 das Geschick beider kriegfhrender Vlkerauf diese Weise ; und in der erhabenen Darstellung II. XXII, 209.legt er das Todesloos des glorreichen Hektor auf die sinkendeAVagschale, worauf des Helden grosse Seele, von ihrem Genius

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    40 verlassen, dem Hades anheim fllt. Klopstock, der frommedeutsche Snger gebraucht dasselbe Bil(i in seiner rhrenden 0(leauf Fanny, deren hienieden ihm versagten Besitz er jenseits zuerlangen hofft

    :

    Dann ivird ein Tay seyn, den werd' ich auferstelin

    ,

    Dann wird ein Tag seyn, den wirst du aitfersteh'n-Dann trennt kein Schicksal mehr die Seelen,Die du einander , Natur , bestimmest-Dann wgt die IVagschal iti der gehobnen HandGott Glck und Tugend gegen einander gleichJVas in der Dinge Lauf jetzt missklingt

    ,

    Tnt in ewigen Harmonieen.S. 10. Z. 9. Weise, wrtlich Sophist von Keos, d. i. Pro-

    dikos, dessen lierrliche Erzhlung von des Herakles Lebenswahlbei Xenophon, Mem. II, 1 zu lesen ist. Mit Unrecht nimmtSturz das Wort Sophist, d. i. ein der Weisheit Beflissener, inseinem sptem, bsen Sinne, der eben so sehr dem Zusammen-hange bei Basilius als dem ehrenwerthen Charakter des Prodikoswidersprechen wrde. Vgl. uns. A. zu Plat. Apol. S. 59.

    S. 10. Z. 14. weiss ich nicht. In unserer Uebersetzungfehlen die Worte: ausser dass er sagt. Wir haben uns imAnfange und am Ende der Rede eine hnliche Freiheit in Auslas-sung einiger fr unsere Sprache berflssiger Wrter erlaubt.

    S. 11. Z. 10. fast alle, nmlich heidnische, griechischeSchriftsteller, eine Wahrheit, die wir durch Hunderte von Beispie-len erhrten knnten.

    S.U. Z. 16. allein. Dieser Homerische Vers aus Odj-ss.X, 496 bezieht sich auf den Seher Teiresias, welcher allein seinenbesonnenen Geist in der Unterwelt bewahrt habe, deren brigeBewohner wie Schatten, d. i. als Wesen ohne Bewusstseyn undsittlichen Werth umher irrten. Denselben Vers wendete der alteKato auf den jungen Scipio vor Karthago an, in welchem er

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    41 schon damals Roni's grssten Mann erkannte. Plutarch. VI,p. 754. XIII, p. 953. IX, p. 211.

    S. 12. Z. 3. Chorfhrer. Diese Stelle ist aus Plat. Gorg.p. 482. Vgl. uns. Arnn. z. Kriton, S. 27, cf. S. 3.

    S. 12. Z. 8. Euripides, in seinem Hippolytos v. 612.S. 12. Z. 12. gerecht scheint. Piaton, wie Sokrates, ein

    erklrter Feind aller Falschheit und alles Scheines , zchtiget je-doch am unbarmherzigsten jene Heuchler, welche bei lasterhaf-tem Innern die Maske der Gerechtigkeit und Frmmigkeit anneh-men und weist ihnen, wie nach ihm Dante und Fenelon, dieunterste Stelle in seiner Hlle an. Die von Basilius augefhrteStelle findet sich in Rep. p. 461, A. Vgl. Gorg. p. 527, B. Plutarch.T. VI, p. 185. IX, p. 392. Cic. OfF, I, 13. fin.

    S. 12. Z. 22. P e r i k 1 e s. Nicht minder bezeichnend fr dieerhabene Gesinnung dieses in seiner ganzen Persnlichkeit Mohlunerreichten Mannes ist folgender Zug.

    Nachdem er vierzig Jahre hindurch mit der uneigenntzigstenAufopferung das geistreichste, freiste und auf seine Freiheit eifersch-tigste Volk der Erde nur durch die Allmacht seines Geistes und seinerRede fast unumschrnkt beherrscht, und in Wissenschaft, Kunstund Leben zu einer Herrlichkeit erhoben hatte, wie sie vor undnach ihm nie gesehen worden ist, da erlag auch er wenig Jahrenach jener frchterlichen Pest, welche Athen seiner edelstenMnner beraubt und den Untergang des bewunderungswrdigstenStaates hei'beigefhrt hat. Um sein Sterbelager sammelten sichdie noch brigen Freunde und jammerten, da sie ihn schon frbewusstlos hielten , ber den unersetzlichen Verlust des Mannes,dessen grosse Thaten sie erwhnten. Da erhob der grosse Mannnoch einmal sein sterbendes Haupt mit dem Bemerken, es be-fremde ihn, dass sie solche Verdienste an ihm rhmend, die ermit dem Glcke und mit andern Mnnern theile, diis Schnste,ihm Eigenthmliche bergangen htten, dass nmlich durch ihn

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    42 kein einziger Athenischer Brger veranlasst wordensej', ein schwarzes Kleid anzuziehen, d. i. whrend sei-ner vierzigjhrigen Herrschaft, durch ihn gekrnkt, unglcklichgemacht oder in Trauer versetzt worden sey. Plutarch. T. I,p. 669. VIII, p. 148.

    S. 18. Z. 22. dauerte, wir nehmen hier das griechischeWort, im Gegensatze mit Combefis und Garnier, unpersnlichund beziehen es auf den ganzen Satz zurck.

    S. 12. Z. 21. aus dem Haufen, wrtlicher, von demMarkte, oder mitten aus der daselbst gehaltenen Volksversamm-lung: so nimmt es Plutarch. T. I, p. 396, welcher diese Sacheerzhlt.

    S. 12. Z. 26. begleitete. Das griechische Wort erlaubtauch die ebersetzung: er liess begleiten, deducendum curavit,wie Plutarch ausdrcklich sagt. Wir entschieden uns fr den an-dern Sinn, weil Basilius als Zweck von Perikles Benehmen dieUebung in Selbstbeherrschung bezeichnet, die durch das persn-liche Geleite, welches er dem Schmher angedeihen lsst, inihrem vollen Lichte erscheint. Wer dennoch die andere Erkl-rung vorzieht, dem werden wir darum nicht bse seyn.

    S, 13. Z. 1. Eukleides aus Megara ist nicht der berhmteMathematiker, sondern einer der eifrigsten Zuhrer von Sokrates,dessen Unterricht er, vegen eines Athenischen Verbotes gegendie Megarer, tglich mit Lebensgefahr suchen musste. Plutarch.T. VII, p. 907. und p. 812. erzhlt die von Basilius erwhnte Ge-schichte so : Auf die unvernnftige und brutale Drohung seinesBruders Ich will des Todes sejn , wenn ich mich nicht an dirrche" erwiederte Eukleides Und ich will des Todes seyn, wennich dich nicht zwinge von deinem Zorne zu lassen und mich wie-der zu lieben, wie vorher."

    S. 13. Z. 7. Trauerspiele, nmlich in dem Rhesos vonEuripides v. 84.

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    45 S. 13. Z. 11. Zgel. Diese in der Folge wiederliclirende

    Vergleichung der Leidenscliaften mit wilden Rossen, und der Ver-nunft mit deren Reiter oder Wagenlenker ist dem Piaton eigen-tlinilicli, wie schon aus jener wundervollen Schilderung deshimmlischen Gespannes im Phrlros erhellt. Vgl. Cic. Off. I, 26.

    S. 13. Z. 16. Sokrates. Vgl. Plutarch. T. VI, p. 33.S. 14. Z. 9. Alexander. Die unmittelbare Quelle dieser

    Erzhlung ist hier Plutarch. T. VIII, p. 71. Die keusche undzarte Aufmerksamkeit des jungen und feurigen Alexander gegendie gefangene Knigin , die schnste Frau in Asien und ihreschnen Tchter, und seine kindliche Verehrung fr die Muttereines Feindes, welcher Meuchelmrder gegen ihn ausgesendethatte, geben uns ein ganz anderes Bild von diesem grossen Zg-linge des weisen Aristoteles als jenes ist, welches einige Ge-schichteverflscher von ihm entwerfen , die nur einen unerstt-lichen und planlosen Eroberer in ihm sehen, und von seinem gros-sen, weltbeglckenden Plane, Asien durch das Band hellenischerWissenschaft, Kunst und Staatseinrichtungen mit Europa brder-lich zu verbinden, auch nicht die leiseste Ahnung haben. Vgl.unseres trefflichen Schlosser Gesch. d. alten Welt I. 3, p. 91 ff.und die dort angefhrten Quellen.

    S. 14. Z. 19. Kleinias als Freund und Zuhrer des Pj^tha-goras lebte fnfhundert Jahre vor unserer Zeitrechnung und be-folgte dessen Vorschrift, nicht zu schwren, sondern so zu leben,dass man ihm ohne Schwur glauben msse. Diog. Lsert. VIII, 28.Die Summe von drei Talenten, die er durch einen wahren Eidersparen konnte, betrgt 7817 fl. 29 kr. und nach dem jetzigenGeldeswerthe das Zehnfache davon. Vgl. ber ihn Athen. XIV, 5.und Aelian. V. H. XIV, 23.

    S. 15. Z. 5. Nahrung der Seele. Wie der Krper sichvon irdischen Speisen nhrt, so lebt die Seele, nach antiker Dar-stellung, von dem geistigen Brode der Wissenschaft und Kunst,

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    44 von den freien Erkenntnissen zumal, welche die Alten unter demNamen der Musik begreifen. Denn die blos fr den ussernLebeusbedarf nothwendigen und nutznieslichen Gescliickliclikeitengehren bei ihnen zu der banausischen oder gemeinen Handwerks-bildung und fttern nur das Tler in dem Menschen: Siehe Wyt-tenb. zu Plutarch. I, A.

    S. 15. Z. 6. Wald Strom. Mit demselben Gedanken gehtPlutarch. T.VI, p. 508. dem h. asilius voran, nur dass er mehrvon der leiblichen Nahrung, und zwar von der Gefrssigkeit sol-cher Leute spricht, welche nur leben, um zu essen, wie jenerMaenius bei Horat. Ep. I. 15, 25. Vgl. Wesseling zu He-rodot. p. 239. Die Sprache dieses Schriftstellers ahmt Basiliushier und an andern Orten , namentlich in dem 104. Briefe in dem-jenigen nach, was er von dem Verleumder sagt, der drei Per-sonen zugleich schade.

    S. 15. Z. 8. Steuermann. Dieselbe Ideenreihe findet sichbei Plutarch. T. VI, p. 593. und VII, p. 953.

    S. 15. Z. 87. All kmpf. Dieses Wort darf uns so wenigals das ihm entsprechende griechische zu der Meinung verfhren,als seyen alle fnf Kampfarten darunter zu verstehen; es umfasstnur das Ringen und den Faustkampf. S. Sturz.

    S. 16. Z. 1. Polydamas von Scotusa ein weltberhmterAthlete, s. Diodor. Sic. T. X, p. 222. Bip. Pausanias VI,353. nennt uns unter mehrern Beweisen von seiner UngeheuernKraft auch den hier erwhnten, dass er einen bespannten Wagenso fest zu halten vermochte, dass der Kutscher die Pferde trotzalles Peitschens nicht vorwrts bringen konnte. Sturz ver-wechselt ihn mit dem beredten und klugen Troischen Heer-fhrer Polydamas und wird zu dieser unglcklichen Vermuthungdurch das Wrtchen Pro, vor, geleitet, welches er von der Zeitvor Einfhrung oder Wiederherstellung der Olympischen Spieleverstanden hat. Allein es heisst entweder vor Erffnung der da-

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    45 mals gerade Statt findenden Spiele, in welchem Falle Polydamasdurch diese Vorprobe alle Mitbewerber vom Kampfe abgeschrecktund den Preis sine certamiue (s. Hr. Ep. I. 1, 51. mit Schmidt)gewonnen htte ; oder berhaupt ehe er in den Olj^mpischen Spie-len selbst als Mitkmpfer auftrat. In diesem Falle htte er seineKraft durch solche Vorbungen, wie die von Basilius bezeichnete,so gestrkt, dass es ihm nachher leicht ward, in den Spielenselbst den Sieg zu gewinnen. Dieser Erklrung, welche der Zu-sammenhang verlangt, stimmt auch Combefis bei.

    S. 16. Z. 3. Milon aus Krotou, ein Atlilet, der, ausser an-dern Preisen, sechsmal hintereinander den Sieg in den Olympi-schen Spielen gewann, und als er zum siebenten Male auftrat,keinen Gegner mehr fand, der sich mit ihm zu messen wagte.Diodor. Sic. T. X, p. 222. und Paus an. 1. VI, 5. geben Beispielevon seiner allen Glauben berschreitenden Strke.

    S. 16. Z. 9. Marsyas und sein Schler Olymp os, zweiberhmte Dichter und Fltenspieler aus den mythischen Zeiten,von welchen die mj^thol. Wrterbcher berichten, cf. Herodot.VII, 26. Xenoph. A. I, 2, 8. Plat. Minos p. 318, B. undPhaedr. fin. Plutarch. T. X, p. 654 ff., wo auch das Nthigeber das Technische in der alten Musik zu lesen ist.

    S. 16. Z. 10. schwerlich, wrtlich, sie htten bald, odervielleicht wohl Krnze erlangt, oder htten sich wenigstens von.Seiten des Krpers nicht lcherlich gemacht. In diesem Sinnemsste Basilius, im Gegensatze zu der antiken Denkungsart,jede , auch die ruhmwrdigste krperliche Auszeichnung freine lcherliche Sache erklren und zugleich bei beiden Ath-leten grosse dichterische und musikalische Anlagen voraus-setzen, was sich weder geschichtlich noch psychologisch, beisolchen Riesenschultern und Nerven , rechtfertigen liesse. Da-gegen gibt der auch in neuern Sprachen gebruchliche iro-nische Sinn des Wortes bald" fr nie" den richtigen Ge-

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    4G danken: sie htten durch Vorbungen, welche mit ihren natr-lichen Anlagen im Widerspruche standen , ihre wahre Bestiuiniungverfehlt.

    S. 16, Z. 13. Timotheos aus Milet, Zeitgenosse von Phi-lippos und Alexander d. Gr., als lyrischer und dithyrambischerDichter berhmt, und ein Tonknstler ohne Gleichen. S. Plutarch.T. IX, p. 175. und VII, p. 322, wo die von Basilius erwhnte Ge-schichte einem andern Knstler, Namens Timagenides, zuge-schrieben wird.

    S. 16. Z. 21. Die phrygische Tonweise Mar heftig undki-iegerisch ; ber die Gewohnheit, sie in die dorische umzustim-men CS. 20. Z. 13), um die durch sie erweckten Leidenschaftenwieder zu stillen und zu besnftigen, s. Plutarch. T. IX, p. 41.Die erwhnte Geschichte wird ausfhrlich von Dio Chrysosto-mos T. I, p. 43. erzhlt.

    S. 16. Z. 26. Athleten. Vgl. Lucj-an. Anachars. T. VII,p. 159 und Hr. A. P. 412.

    S. 17. Z. 2. Schlechte, wrtlicher: sie whlen nicht dieangenehmste Kost, sondern die von den Fechtmeistern.

    Kampfpre'ise. Vgl. damit Plat. Rep. p. 612 ff. und DioChrysost. T. I, p. 44, wo derselbe Ideengang wie bei demh. Basilius vorkmmt.

    S. 17. Z. 16. S a r d a n a p a 1 s , der bekannte letzte assyrischeKnig, der an weichlicher und wollstiger Genussfhigkeit alleKnige Asiens berbot ;, wie schon die Inschrift bezeugt, welcheer, nach Athen. VIII, p. 333. selbst fr sein Grab bestimmte:Das nur ist mein, was essend und schwelgend im Tndeln der Lieb ichLustig verlebte, zurcli bleibt all der ppige Reichthum,eine Grabschrift welche, nach Aristoteles CCic. Tusc. V, lOl),fr ein Schwein geeignet wre und den reinsten Gegensatz zujenem Besitze bildet, der nach Plat. Phaed. p. 114. E. die mensch-

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    47 liehe Seele ia die Ewigkeit begleiten soll; wesshalb der Philo-soph Krates sie durch folgende wrdigere Grabschrift verdrngt:Das nur ist mein, was lernend und denkend im Kreise der SlusenSchnes ich fand.

    Plutarch T. VIII, p. 157. cf. VII, p. 294, 307, 327. und DioChrysost. T. I, p. 84, 135, 185.

    S. 17. Z. 18. Margites, ein einfltiger Taugenichts, der nurdurch ein verlornes, dem Homer flschlich beigelegtes Gedicht,welches seinen Namen trug, unsterblich geworden ist. DioChrysost. T. II, p. 362 und Eustath. Odyss. p. 395 ed. Lips.berichten einige Probestcke von seiner NichtsMrdigkeit.

    S. 17. Z. 22. Pittakos von Mitylene, einer der sieben"Weisen. Bei Piaton lesen wir die Berichtigung des hier auge-fhrten Ausspruches jenes Weisen. Der Unterschied liegt in demGutwerden, welches Simonides, und in dem Gutseyn, welchesPittakos gebraucht, wie wir aus der scharfsinnigen Erklrung desSokrates in Plat. Protag. p. 339 ff. erfahren, wo er den Dichtergegen den Tadel des Protagoras wegen dieser Verbesserung inSchutz nimmt und zeigt, dass nicht das Gutseyn, wie Pittakosmeine, sondern das annhernde, mit Wanken und Fehltritten ver-bundene Gutwerden schwer genannt werden knne, denn nur die-ses sey fr den Menschen mglich , obgleich wie alles Schneschwer, das Gutseyn hingegen sey unmglich fr den Menschen,denn niemand sey gut als Gott.

    S. 18. Z. 14. Seele sorgen. S. Plat. Phsed. p. 64, D.83, A. und ber die Erlsung des Lebens durch die Philosophie(im antiken Sinne) ib. p. 82, l). Plutarch. T. VI, p. 410.

    S. 18. Z. 24. Steuern. Die Quelle fr diesen Gedanken istPlutarch. T. VI, p. 609. Vgl. p. 514. das Wort des Theoprastos

    :

    Die Seele muss dem Krper einen theuern Hauszins bezahlen.S. 18. Z. 28. Das Feuerspalten soll eine vergebliche und

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    48 peinvolle Bemliung gleich dem Streben Jener bezeichnen, welcheden Stein der Weisen oder die Quadratur des Zirkels suchen.Das Vollschpfeu eines im Boden durchlcherten Fasses ist die be-kannte Strafe der Danaiden in der Unterwelt. S. des edeln He^- n eExcurs. 8 bis 10 zu Virg. Aen. VI.

    S. 19. Z. 19. das Sichtbare. S. die Quelle bei Plat.Phaed. p. 75. 115. mit Wyttenb. Tim. p. 58.

    S. 19. Z. 22. von uns. In unserer Uebersetzung fehlen dieWorte : wer er auch sey.

    S. 19. Z. 24. Reinigung, ebenfalls ein Platonischer Ge-danke, Rep. p. 518, B. Phaed. p. 88. cf. Plutarch. T. VII, p. 388. 698.

    S. 19. Z. 88. weidet, wrtlich: festlich bewirthet, wie Plat.Rep. p. 578, E. Phsedr. 347 etc.

    S. 80. Z. 4. Musik. Ueber ihre hohe Bedeutung in sittlicherHinsicht, zumal bei den Pythagoreru s. Plutarch. T. VII, p. 508,7.37, VIII, 814. Plat. Rep. p. 401 ff.

    S. 20. Z. 11. Aufzuge. Ueber das griechische Wort .s.Passow. W. B. und Thiersch zu Piudar. I, p. 114 und I.p. 54, was dieser berhmte Gelehrte ber die, von den uusrigenganz verschiedenen, Flten der Alten sagt.

    S. 80. Z. 14. dorisch. Die dorische Tonart wird als vorallen ernst und feierlich gerhmt, fhig, wildere Leidenschaftenzu zhmen, mnnliche Gesinnung' zu wecken und zu nhren undden Muth auch in grosser Gefahr - und Schreckniss aufrecht zuhalte.'" Thiersch 1. c. p. 44. Desshalb entfernt Platou dieIjdische und phrj'gische Tonart von der Erziehung der Jnglinge,diese, weil sie zur Wehmuth, jene, weil sie zur Weichlichkeitund Wollust verleite, Plutarch. T. IX, p. 870. Ueber ihre Um-wandlung in die dorische s. zu S. 16.

    S. 20. Z. 17. Koryban tisch. S. zu Kriton S. 41.S. 20. Z. 80. ergriffen, wrtlich: angefllt, gesttiget

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    49 werden. Es ist auch hier von einer geistigen Nahrung die Rede.S. zu S. 15.

    S. 21. Z. 3. Vi ehe. Noch verchtlicher bezeichnet Pia tonRep. p. 586. 391. die hsslichen Folgen der thierischen Gelstejener Menschen, welche, wie der Kyklope (Plutarch. T. YII,p. 712.) den Bauch zu ihrem Gotte whlen oder, wie Demost-henes p. Cor. p. 324. von ihnen sagt, die Verdauungskraft ihresMagens zum Maasstabe ihrer Glckseligkeit machen.

    S. 21. Z, 40. Trieb


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