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Nr. 17 / Mai-August 2014 Nachrichten der Initiative ... · Seite 3 Nachrichten der Initiative...

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enkma i l Nr. 17 / Mai-August 2014 www.initiative-denkmalschutz.at – Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien – Telefon: +43 (0)6991024 4216 – eMail: [email protected] Die Initiative Denkmalschutz ist ein unabhängiger Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter in Österreich [] ISSN 2219–2417 | 8 € Bauernhöfe haben über Jahrhunderte hindurch die ländliche Kulturland- schaft geprägt, mittlerweile dürfte aber wohl das Einfamilienhaus an ihre Stelle getreten sein. Das Bild des Bauernhofs, wie es vielfach verklärt noch immer in unseren Köpfen prä- sent ist, existiert in der Realität kaum mehr. Alte Höfe, wie sie in so großer Mannigfaltigkeit in Österreich einst bestanden, sind mittlerweile Objekte von Seltenheitswert, und der Denk- malschutz steht im Wettlauf mit der Zeit, diese letzten erhaltenen Origi- nale zu erfassen und zu schützen. Denn noch immer wird unbekümmert abgerissen, ein drastisches Beispiel ist der im Kern noch aus dem Mittel- alter stammende Hof Mang in St. Peter am Kammersberg (Bez. Murau), der jüngst Opfer eines Abris- ses wurde. Dem bedrohten Bestand an Bauern- höfen in Österreich ist diese Denkma[i]l-Ausgabe gewidmet. Und weil Bauernhöfe ganze Dörfer prä- gen, und Dörfer wiederum unsere Kulturlandschaft, ist in diesem Zu- sammenhang der Radius zu erwei- tern: Mit einem Blick auf die Zukunft wird zu fragen sein, ob tradierte Hof- formen als Beispiele umgebungs- und landschaftsbezogenen Bauens nicht eine eminent lehrreiche Vorbildfunk- tion für eine nachhaltige regionale Baupraxis haben. Mag. Wolfgang Burghart Chefredakteur von „Denkma[i]l“ Editorial Gefährdete historische Bauernhöfe Nachrichten der Initiative Denkmalschutz Der Mang-Hof, vor dem Abriss (kleines Bild) und nach dem Abriss: Ein Haufen Bretter ist alles, was von dem Bauwerk mit fast tausendjähriger Geschichte übrig blieb.
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enkma i l Nr. 17 / Mai-August 2014

www.initiative-denkmalschutz.at – Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien – Telefon: +43 (0)6991024 4216 – eMail: [email protected]

Die Initiative Denkmalschutz ist ein unabhängiger Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter in Österreich

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ISSN 2219–2417 | 8 €

Bauernhöfe haben über Jahrhundertehindurch die ländliche Kulturland-schaft geprägt, mittlerweile dürfteaber wohl das Einfamilienhaus anihre Stelle getreten sein. Das Bild desBauernhofs, wie es vielfach verklärtnoch immer in unseren Köpfen prä-sent ist, existiert in der Realität kaummehr. Alte Höfe, wie sie in so großerMannigfaltigkeit in Österreich einstbestanden, sind mittlerweile Objektevon Seltenheitswert, und der Denk-

malschutz steht im Wettlauf mit derZeit, diese letzten erhaltenen Origi-nale zu erfassen und zu schützen.Denn noch immer wird unbekümmertabgerissen, ein drastisches Beispielist der im Kern noch aus dem Mittel-alter stammende Hof Mang in St.Peter am Kammersberg (Bez.Murau), der jüngst Opfer eines Abris-ses wurde.Dem bedrohten Bestand an Bauern-höfen in Österreich ist dieseDenkma[i]l-Ausgabe gewidmet. Und

weil Bauernhöfe ganze Dörfer prä-gen, und Dörfer wiederum unsereKulturlandschaft, ist in diesem Zu-sammenhang der Radius zu erwei-tern: Mit einem Blick auf die Zukunftwird zu fragen sein, ob tradierte Hof-formen als Beispiele umgebungs- undlandschaftsbezogenen Bauens nichteine eminent lehrreiche Vorbildfunk-tion für eine nachhaltige regionaleBaupraxis haben.

Mag. Wolfgang BurghartChefredakteur von „Denkma[i]l“

Editorial

Gefährdete historische Bauernhöfe

Nachrichten der Initiative Denkmalschutz

Der Mang-Hof, vor dem Abriss (kleines Bild) und nachdem Abriss: Ein Haufen Bretter ist alles, was von

dem Bauwerk mit fast tausendjähriger Geschichte übrig blieb.

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Medieninhaber und Herausgeber: Verein Initiative Denkmalschutz (ZVR-Zl.049832110), Fuchsthallerg. 11/5,1090 Wien, Österreich e-Mail: [email protected] http://www.initiative-denkmalschutz.at Mobil: +43(0)699 1024 4216Tel./Fax: +43(0)1 310 22 94

Chefredakteur: Mag. Wolfgang BurghartChef vom Dienst: Dr. Gerhard Hertenberger Redaktion: Markus Landerer, Claus SüssLayout: Ing. Viktor Zdrachal / www.bildig.atNachdruck nur mit Genehmigung der Auto-ren. Redaktionsschluss: 31. August 2014Mitgliedsbeitrag: € 25, ermäßigt: € 20(bei Zusendung von Druckwerken als PDFper e-Mail), Förderer: € 250 Bankverbindung: BLZ 20111; BIC: GIBAATWWXXX, IBAN: AT86 20111 289 387 625 00Grundlegende Richtung: Information der Vereins-mitglieder über Aktivitäten des Vereins und Pro-blematiken im Bereich des Denkmalschutzes inÖsterreich. Namentlich gekennzeichnete Artikelgeben die Meinung der Autoren wieder und stim-men nicht unbedingt mit jener der Redaktionüberein.

Bildnachweis (Abb.): Nick Albert: 107; Tho-mas Baar: 73-77; Bezirksmuseum Hietzing: 81-82; Bezirksmuseum Wieden: 62-66, 68; Bundes-denkmalamt: 1-5; Bundesdenkmalamt, MA 19:67, 69; Wolfgang Burghart: 9; Bernhard Dietrich:78; Alfons Dwors ky: 6-8; f6 - The open factory,Michaela Fidanzia: 51, 53-54, 56; Fe PressManfred Schusser: 32; Wilhelm Gabalier: 22-24;Gemeinde Götzens: 40; Thomas Hasenbichler:79; Gerhard Hertenberger: 42-44, 48, 70, 72,80, 87; Initiative Denkmalschutz: Titelfoto großund Insert: 19-21, 49-50; Initiative KulturerbeWien: 101; Doris Kittler: 102; Martin Kupf: 96;Markus Landerer: 71, 106; Tarek Leitner: 11, 12;Rainhard Maierhofer: 29, 30; Sonja Mitterer: 39;Hans Neuhold: 31, 33; Michael Neureiter: 92;Egbert Pöttler, Freilichtmuseum Stübing: 25-28;Lisa Rastl: 83-86, 88, 109; Christine Rudari: 34-38; Scheibenreif ZT GmbH: 45, 47; Erich J. Schimek: 91, 98-99; Alexander Schmiderer: 13-18; Herbert Schwingelschlögl: 100; PrivatarchivClaus Süss: 52, 55; Christian Tauß: 97; ErikaThümmel: 93; Wehdorn Architekten: 57-61, 105;Renate Weihs-Raabl: 89-90; Weinviertler Muse-umsdorf Errichtungs- und BetriebsGmbH: 46.Wikimedia commons gem. http://creativecom-mons.org/licenses/by-sa/4.0 (alle Abb. bearbei-tet von Ing. Viktor Zdrachal); Fotos mit Quellewww.wikimedia.org, Lizenz gemeinfrei, Fotograf:alpine luftbild 10; Fotos mit Quelle www.wikime-dia.org, Lizenz cc by 3.0, Fotografen: HerbertOrtner: 94; daniel villafruela: 41; Fotos mitQuelle www.wikimedia.org, Lizenz cc by sa 2.5,Fotograf: böhringer friedrich: 95; Fotos mitQuelle www.wikimedia.org, Lizenz cc by sa 3.0,Fotografen: BambooBeast: 103; Pezi: 104, 108; alle exakten Wikimedia Lizenzen im Detail unterhttp://commons.wikimedia.org/

Titelbild: Der Bauernhof vulgo „Mang“ in derObersteiermark, 2014 abgerissen; vgl. S. 32.

Seite 1 Wolfgang Burghart: Editorial - Gefährdete historische Bauernhöfe

Seite 3 Wolfgang Absenger: Bauernhöfe - eine denkmalpflegerische Herausforderung

Seite 6 Alfons Dworsky: Europäische Bauernhausforschung - Ein kurzer historischer Abriss

Seite 8 Bernd Lötsch: Regionales Bauen - Vielfalt statt Einfalt

Seite 10 Tarek Leitner: Verlust der Schönheit – Die fortschreitende Verschandelung von Österreichs Landschaft

Seite 11 Alexander Schmiderer: Die effiziente Revitalisierung ruraler Gebäude

Seite 14 Alexander Schmiderer: Politische Realität

Seite 16 Wilhelm Gabalier: Semriacher Bauernhöfe

Seite 18 Egbert Pöttler: Handwerkskunst aus Jahrhunderten für die Zukunft erhalten

Seite 20 Rainhard Maierhofer: Wider den Verfall - Erhalt vernakularer Architektur am Beispiel des Ruckergutes in Kuchl / Salzburg

Seite 21 Hans Neuhold / Wolfgang Burghart: Der Abbruch des Staberhofs in Waiern, Kärnten

Seite 22 Gerhard Hertenberger: Das Meiergut in Schlüßlberg: Abbruch eines 450 Jahre alten Einspringer-Hofes

Seite 24 Sonja Mitterer: Die Ögghöfe im Kaunertal - eines der letzten Zeugnisse der bäuerlichen Kulturlandschaft des Tales

Seite 26 Gerhard Hertenberger: Verfall und Abriss des Liedlerhofs in Götzens (Tirol)

Seite 28 Gerhard Hertenberger: Museumsdorf Niedersulz - Stillstand im Schatten eines schwarzen Eingangsquaders

Seite 32 Wolfgang Burghart: Der Mang-Hof in St. Peter am Kammersberg –Althofen: Tausend Jahre Geschichte zerstört an einem Tag

Seite 33 Ludger Wälken: Das Bankgebäude Am Hof 2 in Wien (Länderbank)

Seite 36 Manfred Wehdorn: Das Stadtpalais Liechtenstein in Wien - Eine Res-taurierung nach wissenschaftlich-denkmalpflegerischen Grundsätzen

Seite 38 Gerhard Hertenberger: Die Betonverfüllung einer Jugendstil-Bedürf-nisanstalt am Schwarzenbergplatz im Jahr 2002

Seite 42 Thomas Baar: Vom Verschwinden der Wiener Vorstädte, Teil 3: 9. Bezirk, Lichtental

Seite 45 Bernhard Dietrich: Vom Verschwinden der Wiener Vorstädte (Extra):Das Ensemble Badgasse 27 und 29

Seite 47 Edgard Haider: Unvergessen - Die Villa Maxing in Wien-Hietzing

Seite 48 Tina Zickler: Die Baukeramik der Brüder Schwadron – ein Stück Wiener Stadtgeschichte

Seite 50 Simone Schoder: Wie gut geschützt sind Baukeramikarbeiten der Brüder Schwadron?

Seite 51 Renate Weihs-Raabl: Die Villa Grottenheim vulgo Krausvilla im obersteirischen Gams

Seite 52 Kurzmeldungen

Seite 55 Veranstaltungen / Termine

Inhalt

Wir danken für einen Druckkostenbeitrag seitens des Referats Wissenschafts- undForschungsförderung der Stadt Wien (MA 7)

Hinweis: Ein Artikel über „Bauernhäuser in der Steiermark - Kulturlandschaft und Denkmal-schutz“ von DI Dr. Holger Neuwirth erschien in Denkma[i]l Nr. 05/2010, S. 17 ff.

Errata: Denkma[i]l Nr. 16 / Jänner-April 2014

Seite 20, Abb. 33: Das abgebildete Gebäude wurde irrtümlich Architekt Ernst Hiesmayr zugeschrieben.

Nr. 17 / 2014

Impressum

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

Nr. 17 / 2014

Denkmalpflege ist in einer sich rasantwandelnden Welt mit gesellschaftlich,kulturell und wirtschaftlich grundle-genden Veränderungen eine ständigeHerausforderung, von der die meis-ten Objektkategorien, ob städtischesBürgerhaus, Kirche oder Schloss, be-troffen sind. Verstärkt durch denTrend zur Urbanisierung und diedamit verbundene „Landflucht“ stelltdie ländliche Architektur ein beson-ders anspruchsvolles Denkmalpflege-Terrain dar. Bauernhöfe sind bzw. waren dieGrundlage und Matrix der ländlichenKulturlandschaft und besitzen damiteine fundamentale identitätsstiftendeFunktion für die Regionen. Da dieLandwirtschaft bis weit in das 20.Jahrhundert, bei allen regionalen Un-terschieden, im Wesentlichen extensivund kleinteilig organisiert war, warenauch die Hofanlagen architektonischentsprechend vielschichtig strukturiert(Abb. 1). Der Trend zur Spezialisierungund Industrialisierung, der trotz Ge-genströmungen bis heute anhält,sprengt häufig die räumlichen undfunktionalen Grenzen der historischenHofanlagen und Wirtschaftsgebäude.Aus diesem Grund sind vollständig er-haltene, historisch gewachsene Bau-ernhofanlagen bereits selten undmeistens dort anzutreffen, wo diewirtschaftliche Entwicklung der letztenJahrzehnte aus verschiedenen Grün-den nicht mitgemacht wurde. Darausleiten sich zwei charakteristische Er-haltungszustände von Bauernhöfenab: Einerseits stärker adaptierte Höfemit überprägter oder nur mehr rudi-mentärer Denkmalsubstanz, anderer-seits authentisch erhaltene, aber überlange Zeit vernachlässigte Höfe, nichtselten am Rande des Verfalls.Beide Situationen stellen Denkmal-schutz und Denkmalpflege vor grund-sätzliche Fragestellungen: Ist der“baulich veränderte Hof“ noch einDenkmal? Besitzt der zwar authenti-sche, aber bereits am Rande des Ver-falls stehende Hof mit hoher Denkmal-bedeutung eine Zukunftsperspektive?Natürlich sind diese Szenarien grobvereinfacht und es existieren zahlrei-che Zwischenformen und auch verein-zelt Beispiele, wo bewusst auf die tra-ditionelle Weiterentwicklung gesetztwird. Das betrifft auch die Wohnge-bäude der Höfe, die Bauernhäuser. Pa-rallel zum wirtschaftlichen Wandel fin-den ein Wandel des bäuerlichen

Selbstverständnisses und eine Verän-derung des Wohn- und Lebensstan-dards statt. Die historischen Bauern-häuser bieten dabei regional bezüglichihrer Architektur sehr unterschiedlicheEntwicklungsvoraussetzungen. Wäh-rend in manchen Regionen räumlichgroßzügige Häuser existieren, die auch

den zeitgemäßen Wohnbedarf erfüllenkönnen, dominieren in anderen Gebie-ten kleiner strukturierte Häuser, die oftals Wochenendhäuser Verwendungfinden. Dazu kommt der veränderteUmgang mit der Bausubstanz. Durchdie starken Einflüsse der Baustoffin-dustrie seit den Nachkriegsjahrzehn-ten wurde der auf Pflege und Repara-tur im bewährten Bausystem mit denBaumaterialien Naturstein, Ziegel,Holz und Kalk basierende Umgang mitder Bausubstanz alter Höfe durch einscheinbar dauerhaftes Sanieren mitbauphysikalisch problematischen undAbhängigkeit zur Industrie schaffen-den Baumaterialien, wie zementge-bundenen Putzsystemen und Kunst-stoffelementen abgelöst (Abb. 2). Die in Folge auftretenden Scha-densphänomene wurden entspre-chend dem positivistischen Fort-schrittsglauben aber nicht den Ursa-chen, sondern der vermeintlichschlechten historischen Bausubstanz

angelastet, wodurch das negative Bilddes nicht oder nur mit übermäßigemAufwand sanierbaren alten Bauern-hauses, nach dem Motto „Wer saniert,baut teuer“, entstand und den Ab-bruch oder Verfall vieler Objekte bisheute begründet. Dieser Trend wurdedurch die öffentliche Förderung und

Planung von Neubauten in den 1970erJahren massiv verstärkt. Die Ursachenzur Verdrängung der historischenländlichen Architektur sind also nichtneu, wirken in ihren Mechanismenaber bis in die Gegenwart. Auch wennder umfassende Bestand historischerHöfe als Basis einer Kulturlandschaftbereits weitgehend Geschichte ist,existieren einige bemerkenswerte Beispiele, die zeigen, dass dieErhaltung von historischen Bauern-häusern und -höfen gelingen kann unddie Denkmalpflege keinen Wider-spruch dazu darstellt. Ganz wesentlichsind örtliche Besprechungen mit denEigentümern, um die vielfach negativgeprägte Wahrnehmung alter Bausub-stanz zu korrigieren und die Qualitätensowie Entwicklungspotenziale zu ver-mitteln. Häufig ist im ersten Schritt auf dieGrunderhaltung des Objektes, d. h. imWesentlichen auf die Sicherstellungder statischen Gegebenheiten und der

Bauernhöfe - eine denkmalpflegerische Herausforderung

Abb.1: Haufenhof im Bezirk Murau, um 1930: Die Einheit von Wirtschafts- und Lebensweise, Material und Konstruktion als Merkmal von historischen Bauernhöfenund Kulturlandschaft ist meistens nur mehr auf alten Ansichten nachzuvollziehen.

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Dächer zu achten. Das Sichern derObjekte verschafft Zeit vor dem Verfallund bringt erste Impulse, sich mit demObjekt in Bezug auf mögliche Nutzun-gen zu beschäftigen. Einige unterDenkmalschutz stehende Beispiele ausder Steiermark sollen diese Prozessedarstellen.

Bauernhaus vulgo Giefer, Sankt Georgen ob Judenburg

Das oberhalb von St. Georgen ob Ju-denburg gelegene und in musealerQualität mit intakter Rauchstube erhal-

tene, unter Denkmalschutz stehendeBauernhaus befand sich bis vor weni-gen Jahren in einem fortgeschrittenenVerfallszustand. Das Dach war an vie-len Stellen undicht, aus dem Dach-raum und der Rauchstube wuchsenbereits mehrere kleine Bäume. Die Ei-gentümerfamilie wurde – wie in vielenderartigen Fällen – seitens der regio-nalen Bevölkerung zum Abbruch die-ses „Schandflecks“ gedrängt. Dass essich bei dem aus dem 17. Jahrhundertstammenden Haus um eines der letz-ten intakten Rauchstubenhäuser derSteiermark und damit ein bedeutendesKulturdenkmal handelt, wurde dabeinicht beachtet. Es ist der unbeirrbarenÜberzeugung der Eigentümerfamilie infachlicher Kooperation mit dem Bun-desdenkmalamt zu verdanken, dasseine etappenweise Sanierung begin-nend mit Dach und Statik einsetzte.Das Haus ist nach mehreren Krisen alsGebäude und Denkmal weitgehend

wiederhergestellt, auch wenn mancheArbeiten noch ausstehen. Eine Nut-zung als regionaler Veranstaltungs-und Seminarort, dem durch einenZubau in zurückhaltend zeitgemäßerFormensprache Rechnung getragenwird, wird angestrebt. Aus einemscheinbaren „Schandfleck“ wurde einregionales Vorzeigeprojekt, das nunauch von der anfangs skeptischen Ge-meinde gewürdigt wird und Eingang indie Werbefolder der Region in Zusam-menhang mit einem Themenweg ge-funden hat (Abb. 3).

Bauernhaus vulgo Schleifer,Sankt Peter am Kammersberg

Das in der Gemeinde St. Peter amKammersberg gelegene, zweigescho-ßige, in Bruchsteinmauerwerk errich-tete stattliche Haus ist ein ungewöhn-lich authentisch erhaltenes Beispieleines im Spätmittelalter und der Re-naissance geprägten ländlichen Hau-ses in der Region und stellt diesbezüg-lich ein besonders seltenes Dokumentdieser Epoche dar. Die aus dem 16.Jahrhundert teilweise erhaltenenWandmalereien mit Darstellungen vonJagdwild resultieren aus einer ur-sprünglich zumindest teilweise herr-schaftlichen Nutzung als Jagdhaus,die in den folgenden Jahrhundertendurch eine ausschließlich bäuerlicheNutzung ersetzt wurde. Dabei wurdedas Haus aber nur geringfügig adap-tiert und konnte so einen fünfhundertJahre alten Bauzustand konservieren.

Gleichzeitig mit der Übernahme durcheinen neuen Eigentümer des langeunbewohnten und eher verwahrlostenHauses mit schadhafter Dachdeckungund gravierenden statischen Proble-men kam es zu einer Prüfung derDenkmaleigenschaften durch dasBundesdenkmalamt, die die hohe ge-schichtliche, künstlerische und kultu-relle Bedeutung des Hauses bestä-tigte. Bei solchen Erstgesprächenkommt es natürlich rasch zu grundle-genden Überlegungen zum Weiterbe-stand der Gebäude und möglichen

Nutzungen. Der Eigentümer zeigtesich mit der oberflächlich fast ruinöswirkenden Bausubstanz überfordertund sprach ausschließlich von einemAbbruch und anschließendem Neubaueines kleineren Holzhauses auf demKeller des mächtigen Altbaus. MehrereBaumeister und Bausachverständigebestätigten eine Abbruchreife undsprachen von exorbitanten erforderli-chen Sanierungskosten. Der Prozessder Gewichtung zwischen Sanierungs-aufwand und Wert des Hauses dau-erte Monate und führte zum Ergebnis,dass eine Sanierung für den Eigentü-mer nicht in Frage kommen und derAbbruch bevorstehen würde. Gleich-zeitig lief das Verfahren zur Unter-schutzstellung des Hauses, das eineZerstörung des Objektes gesetzlichunterbindet. Die Situation entwickeltesich in Richtung eines unter Denkmal-schutz stehenden Hauses im Verfalls-zustand, das nach einigen Jahren die

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Abb.2: Weststeirisches Bauernhaus, das durch die jüngste Sa-nierung zwar in derGesamtform erhalten ist, aber durch mas-sive bauliche Eingriffe und die Verwendung nicht denkmalge-rechter Baustoffe seine Denkmaleigenschaften eingebüßt hat.

Abb.3: Das Bauernhaus vulgo Giefer in St. Georgen ob Juden-burg (Pichlhofen 7) zeichnet sich durch seine Material- und

Konstruktionsvielfalt sowie die deutlich ablesbarenErgänzungen und Erweiterungen aus.

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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Denkmaleigenschaften verloren hätte– eine denkbar unglückliche Situation.Der letztlich entscheidende Impuls zurRettung des Hauses lag in der Verbin-dung genauer Überlegungen zu denerforderlichen Wohnbedürfnissen ineinem Ferienhaus und den wichtigstenInstandsetzungsmaßnahmen. Durchdie Übernahme der Kosten der Dach-instandsetzung und weiterer wichtigerErhaltungsmaßnahmen seitens desBundesdenkmalamtes und des LandesSteiermark gewann das Projekt an po-sitiver Dynamik, und es folgten Res-

taurierungs- und Sanierungsmaßnah-men im Inneren und an der Fassade.Mittlerweile fügt sich die Gesamter-scheinung des Hauses wieder lang-sam zu einem geordneten Ganzen,auch wenn viele Arbeiten noch aus-stehen (Abb. 4).

Bauernhof vulgo Schirner, Waisenegg bei Birkfeld

Anfang der 1980er Jahre wurde fürdie TV-Verfilmung der Kindheit PeterRoseggers in der „Waldheimat“ ein ge-eigneter Drehort gesucht. Da dies amHeimathof Peter Roseggers in Alplnicht möglich war, musste ein ande-res, besonders authentisch erhaltenesObjekt dieses regionalen Hoftyps aus-findig gemacht werden, was mit demGehöft Schirner in Piregg, GemeindeWaisenegg bei Birkfeld, gelang. Das

intakt erhaltene, aus dem 17. Jahr-hundert stammende Rauchstuben-haus, bereits in dieser Zeit eines derletzten des Landes, sollte für dieDreharbeiten adaptiert und anschlie-ßend abgebrochen werden. Durch diemediale Präsenz des Hofes wurde dasObjekt bekannt, und eine Interventiondes Bundesdenkmalamtes konnteeine Zerstörung nach den Dreharbei-ten verhindern. Das Objekt wurde alsMuseum instand gesetzt und ist bisheute eine regionale Attraktion, einFreilichtmuseum am Originalort. Doch

nach 30 Jahren stehen nun wiedergrundsätzliche Erhaltungsmaßnah-men, wie Dachdecken und Sanierenvon Mauerwerk und Gewölben an. ImGegensatz zur ersten Instandsetzungin den 80er Jahren, in der man nochauf das tradierte handwerkliche Wis-sen der örtlichen Bevölkerung zurück-greifen konnte, sind diejenigen, diedas Dachdecken mit Stroh noch inihrer Jugend erlernt haben, entwederverstorben oder in sehr hohem Alter.Außerdem werden die für Deckungs-stroh geeigneten Getreidesortenheute nicht mehr angebaut. Die Ge-meinde Waisenegg hat sich 2013 be-reit erklärt, eine alte, als Deckungs-stroh geeignete Weizensorte anzu-bauen und in Kooperation mit Mitar-beitern des Freilichtmuseums StübingJugendlichen der regionalen Landju-gend das Strohdecken beizubringen.

Die Arbeiten befinden sich derzeit inVorbereitung und sind eine großeHoffnung für den Fortbestand hand-werklichen Wissens und des Schirner-hofes (Abb. 5).Zusammenfassend zeigen die Erfah-rungen mit den Möglichkeiten vonDenkmalschutz und Denkmalpflegeim Umgang mit Bauernhöfen, dasserst das Verständnis für deren histori-schen Wert den Willen zur Erhaltungbegründen kann und daher die Ver-mittlungsarbeit der geschichtlichen,künstlerischen und kulturellen Bedeu-

tung durch das Bundesdenkmalamtsowohl gegenüber den Eigentümern,als auch gegenüber der Öffentlichkeiteine grundlegende Rolle spielt. Dieentscheidende Frage ist: Was soll derHof, bzw. das Bauernhaus werden -welche Nutzung ist sinnvoll und demObjekt angemessen? Bei entspre-chendem Einsatz der Eigentümer infachlicher Kooperation mit dem Bun-desdenkmalamt können so echte Zu-kunftsperspektiven für die Objekteentstehen.

Dipl. Ing. Wolfgang Absenger

Dipl. Ing. Wolfgang Absenger absolvierte einindividuelles Diplomstudium für Architekturund Denkmalpflege, arbeitete mehrere Jahreim Bereich der Bauforschung und ist aktuellals Referent im Landeskonservatorat Steier-mark des Bundesdenkmalamtes mit Schwer-punkt im Bereich der historischen bäuer -lichen Architektur tätig.

Abb.4 (li.): Das mächtige, um 1590 in die heutige Form gebrachte Haus vulgo Schleifer im Ortsteil Althofen (Laasen 54) mit goti-schem Kernbau (vorderer Hausteil). Erste Instandsetzungsetappe 2012/13 mit saniertem Dach und restaurierter Giebelfassade.Erkennbar ist die Problematik stark salzbelasteter Mauerwerksbereiche – rechts im Bild – die ein Auswechseln der entsprechendenPutzflächen als Opferputze erfordern; Abb.5 (re.): Der Bauernhof Schirner in Waisenegg (Piregg 45) dokumentiert als Freilichtmu-seum am Originalort die gesamte Breite historischer bäuerlicher Materialkenntnisse und Konstruktionsweisen in der Region und dieVerbindung mit der Landschaft.

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Bauernhäuser wurden im Lauf der Ge-schichte aus sehr unterschiedlichenBlickwinkeln und nach sehr verschie-denen Erkenntniserwartungen be-trachtet und erforscht:In vorwiegend kulturwissenschaftli-cher Sicht ist das Bauernhaus, besser:der Bauernhof, die bauliche Struktur,die sich als nützlich und notwendig zurEntfaltung bäuerlicher Lebens- undWirtschaftsweisen ausgeformt hat. Inagrarwissenschaftlicher Sicht steht dieVerflechtung bestimmter Sozial- undBewirtschaftungssysteme im Fokus

des Interesses, dabei wird der engefunktionale Zusammenhang zwischenBewirtschaftungstypen, Eigentums-,Siedlungs- und Hausformen darge-stellt und untersucht. Die technikge-schichtliche Betrachtung geht von his-torischen Bauprozessen aus: Gewin-nung und werkgerechte Verarbeitungvon Baumaterial mit zweckmäßigenWerkzeugen im Bereich der bäuerli-chen Baukultur. Bei der semiotischenAnalyse schließlich wird das Bauern-haus als ein typisches und lesbaresZeichensystem betrachtet, mit demsich die bäuerliche Kultur denotiertund die soziokulturellen Strukturenkonnotiert.In der Bauernhausforschung gibt esdeshalb keine allgemein anerkannte,in sich schlüssige Methode, da Geis-tes-, Natur-, Kunst- und Sozialwissen-schaften ziemlich unterschiedlichenWissenschaftstheorien folgen. Umdies deutlicher zu machen, soll ein

Rückblick zeigen, wann man aus wel-chem Grund und mit welchem ZielBauernhausforschung betrieben hat.Das traditionelle europäische Raum-modell ist von der bipolaren Stadt-Land Struktur geprägt; die Stadt alspunktuell verarbeitendes Zentrumumgeben vom flächenhaft produzie-renden ländlichen Raum. Nur so konn-ten die sehr unterschiedlichen städti-schen und ländlichen Siedlungstypo-logien entstehen bzw. Bauernhäuserals abgrenzbare Kategorie angewen-det werden. Sehr oft wurde bzw. wird

die bäuerliche Lebensweise ideolo-gisch überhöht als die "ursprünglicheund gesunde" Alternative zum "ver-dorben und denaturiert" dargestelltenStadt- oder Palastleben gepriesen.So ist es nur folgerichtig, wenn urbaneProtestkulturen sich vom vermeintlichglücklichenLandleben, von der Ästhetik des Kar-gen und der Frage nach der "conditiohumana" zu Erneuerungsansätzen in-spirieren lassen. Dies ist nicht neu,schon Vitruv haderte mit der seinerMeinung nach seelenlos gewordenenrömisch-imperialen Massenbaukulturund empfahl dringend sich anzuse-hen, wie die Bauern bauen, wie siedas Nötige gediegen und schön ge-stalten.Die für Europa relevanten Schöp-fungslegenden erzählen, dass der Ur-vater Adam nach der Vertreibung ausdem – hauslosen – Paradies Urklei-dung, Urhütte und Urpflug hergestellt

hat, sein guter Sohn Abel gilt als Ur-bauer, Christi Geburtsstall als göttlicheUrhütte. In mittelalterlichen Paradies-vertreibungs- und Geburtsdarstellun-gen sieht man oft, wie Künstler dieihnen vertrauten Strukturformenländlich-bäuerlicher Bauten in die re-ligiöse Semantik einbinden. Der grie-chische Tempelkanon, der japanischeShintoschrein sind Nobilitierungen vonarchaischen Hütten.In der Renaissance, die man auch alserste Aufklärung sehen sollte, erwachtdas naturwissenschaftliche Interesseder gebildeten Schichten an der Land-wirtschaft, insbesondere im venezia-nischen Kulturkreis, wo ab 1450 dieSeehandelshegemonie gebrochen,das adelige Landleben modern unddie Investitionen in der terra ferma si-cher und profitabel geworden sind.Erstmalig werden in den beliebten Vil-lenbüchern Bauernhaustypen des Ve-neto abgebildet, Bestandaufnahmensind dabei von Neubautypologiennicht leicht zu unterscheiden. Gott-fried Semper wird im 19. Jahrhunderteinige dieser Gedankenmodelle mitder Behauptung aufgreifen, auch daszeitgenössische Wohnhaus sei auf dieUrhütten der Renaissancetraktatistenzurückzuführen. In der - namentlich deutschen undschweizerischen - Aufklärung um1750 erwacht erstmalig der umfas-sende Begriff von Kulturlandschaft alsGesamtheit von Landschaft, Fluren,Dörfern, Häusern mit Menschen, Tie-ren und Pflanzen. Unter einem güti-gen und weisen Patron sollte die Weltin ein produktives Gartenreich ver-wandelt werden, in dem gebildete Un-tertanen in schlichten, aber behaglich-zweckmäßigen Anwesen wohnen undwerken. Zu den Grundlagen dieser Le-bensreformmodelle gehörte es, beste-hende funktionelle Bauernhäuser zuvermessen und zu zeichnen. Die fran-zösische Revolution, und anschließenddie napoleonische Epoche in Europabeendeten sowohl die Herrschafts- alsauch die Harmoniemodelle des euro-päischen Adels.Begleiterscheinung der nachnapoleo-nischen, nationalstaatlichen Neuord-nung Europas war die Nationalroman-tik. Der Klassizismus paneuropäischerEliten wurde als volksfremd empfun-den, ab 1820 emanzipiert sich dieVolkskunde zu einer systematischenWissenschaft. Ab 1850 werden teil-weise noch vorwissenschaftliche und

Europäische Bauernhausforschung - Ein kurzer historischer Abriss

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Abb. 6: Lesachtal (Kärnten), Grünland-Waldwirtschaft, alpiner Paarhof in Streulage.Aufnahme 1973

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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romantische Arbeiten über das Bau-ernhaus publiziert, August Meitzenführte eine Siedlungsformentypologieein, die in einigen Belangen bis heutegebräuchlich ist. Sein Hauptthemaaber war die These von romanischenvs. germanischen Flurformen undBauernhäusern, die noch um 1900 vonJakob Hunziker vertreten wurde.Vom NS-Faschismus zwar wieder auf-gegriffen, war die ethnische Schuleder Bauernhausforschung jedochschon um 1920 wissenschaftlich obso-let. Um 1900 werden von schweizeri-schen, deutschen und österreichischenIngenieur- und Architektenvereinennobel ausgestattete Mappenwerke mitdetaillierten Bauernhausaufnahmenaufgelegt. Heinrich Brockmann-Je-rosch, ein Mann der systematischenBotanik, publiziert um 1930 die inte-ressante evolutionäre Theorie, dieBauernhäuser hätten sich ähnlich denPflanzen in verschiedenen Familien anverschiedenen Standorten optimalausdifferenziert und angepasst. Adal-bert Klaar erarbeitet in den 1930erJahren die umfassende "Siedlungsfor-menkarte der Ostmark" (publiziert1942!), die er als "technische For-schung" verstanden wissen wollte:Eine synoptische Karte 1:200 000 derösterreichischen Bundesländer(Reichsgaue), in der Flur-, Orts- undGehöftformen teilweise objektscharfeingetragen sind. Klaar fertigte rund300 Bauernhausaufnahmen an, wobeisein Interesse der Typologie galt.

Nach 1945 bis etwa 1960 verharrt dieweitgehend von der NS-Blut-und-Boden-Ideologie vereinnahmte Bau-ernhausforschung in Schockstarre, seies, weil die Fachleute tatsächlich kol-laboriert hatten, oder weil das Themaeinfach zu „trachtlerisch“ war.Ab 1960 entstehen in Europa etwa pa-rallel zum Strukturwandel in der Land-wirtschaft Freilichtmuseen, damit ver-bunden auch handfeste Fragen dertechnisch-historischen Bauernhausfor-schung, die u.a. von Konrad Bedal inBayern, Viktor Pöttler in der Steier-mark und Max Gschwendt in der

Schweiz bearbeitet wurden. Im Zugeder 68er-Jahre-Kritik an der Unwirt-lichkeit der modernen Stadt, derstrukturalen Gesellschaftsanalyse undaufkeimenden Ökologiebewegung en-gagieren sich besonders Städtebauerund Architekten, aber auch Verhal-tensforscher in der Bauernhausfor-schung: Roland Rainer, Otto Rauter,Edoardo Gellner, Irenäus Eibl-Eibes-feldt, und als epochaler EnzyklopädistPaul Oliver. Der Geobotaniker HeinzEllenberg vertieft um 1980 den evolu-tionistischen Ansatz zu einem ganz-heitlich ökologischen Kulturland-schaftsbegriff. Postmodern - folkloris-tische Regionalismen wurden konzi-piert, in der erhaltungsorientiertenDorferneuerung werden Gestaltungs-satzungen aus dem semantischenCode der historischen bäuerlichenKulturlandschaften abgeleitet.In jüngster Vergangenheit gilt derFolklorismus als überwunden, sub-stanziell erhaltene Bauernhäuser wer-den denkmalpflegerisch behandelt.Man fragt sich, welche Lehren man fürneue Architektur aus dem Studiumhistorischer Bauernhäuser ziehenkönnte. Die neuen Vorarlberger undGraubündener Baukulturen sind indiesem Zusammenhang weltweit be-achtete und als richtungsweisend an-erkannte Beispiele angewandter Bau-ernhausforschung.

Univ. Prof. Dr. Alfons DworskyExperte für Baukultur im ländlichen RaumAbb. 8: Wurmbrand (Waldviertel, N.Ö.), außeralpines Großangerdorf als Zentrum einer

wohlorganisierten Kulturlandschaft. Aufnahme um 1980

Abb. 7: Liebenau (Mühlviertel, O.Ö.), Grünland-Ackerbauwirtschaft,außeralpiner Tormauer-Dreiseithof in Streulage. Aufnahme 1978

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Das Klima des burgenländischen See-winkels ist eines der wärmsten undtrockensten in Europa. Unter diesenBedingungen bewähren sich rohrge-deckte Lehmhäuser mit eher kleinen,durch verstellbare Holzladen ge-

schützten Fenstern. Zusätzlich schüt-zen Giebel die Schilfdeckung vor ge-fährlichen Windböen. Auch Arkadensind dem Jahresrhythmus angepassteKlimaanlagen. Sie beschatten dieSüdfront vor der steil einfallendenSommersonne, die erwünschtenStrahlen der tief stehenden Winter-sonne hingegen lassen sie eindringen.Was für die Wüste und die UngarischeTiefebene der Lehmbau war, das istfür die waldigen Regionen die Holzar-chitektur - wobei die Bevorzugungvon Blockhaus oder Fachwerkbau überalle Sprachgrenzen hinweg auchdavon abhing, ob langwüchsiges Na-delholz für Blockbauten vorhandenwar, während in Laubholzregionen dasFachwerk dominierte. Auf alle Fälle einBaustoff, der nachwächst.Es lohnt sich, die Bauformen mit denAugen des Ökologen zu betrachten,sie als klimatische Anpassungen ver-stehen zu lernen: Klima, Boden, Be-waldung und Wirtschaftsweise, kurz:die regionalen Bedingungen wirkenstärker prägend auf Bauform undSachkultur als nationale oder gar„stammesgeschichtliche” Traditionen.

Anonymes Bauen und Architektur

Örtliche Anpassungen waren charak-teristisch für das sogenannte „ano-

nyme Bauen”, also handwerklich be-stimmte Wohn- und Wirtschaftsge-bäude, und hielten sich in fast unver-änderter Weise über viele Jahrhun-derte. Der eigentlichen Architekturhingegen waren hervorstechende

Bauaufgaben wie Sakralbau, Palastoder Rathaus vorbehalten. Hier hatteder Architekt „Zeichen zu setzen”,wobei im Gegensatz zum anonymenBauen ein Trend zum Internationalis-mus, zur Ortsungebundenheit sowieeine Abhängigkeit von modischenZeitströmungen beobachtbar ist. DerWunsch „Zeichen zu setzen” ist denArchitekten geblieben, obwohl ihreheutigen Aufgaben im Wohn- undWirtschaftsbau sich dafür gar nichteignen. Die Neigung zum überregio-nalen Stil ist heute bis ins Extrem ge-trieben, während sich ein Fischer vonErlach sehr wohl noch bemühte, denGenius loci zu berücksichtigen und inPrag ein anderes Barock zu bauen alsin Wien. Verschiedene Bauaufgabendurch architektonische Differenzie-rung nach außen sinnfällig zu ma-chen, war eine Grundforderung anfrühere Architekten. Diese von denBaumeistern bewusst (und den Bür-gern unbewusst) akzeptierten Über-einkommen, welche formalen Mittelsich für eine Kirche, ein Rathaus oderein Bürgerhaus schicken, führen nochheute dazu, dass man sich in histori-schen Stadtkernen auch als Fremdersehr rasch zurechtfindet.Genau diese - Orientierung und Ver-trautheit fördernde - Qualität ist in der

Moderne verloren gegangen. In dervon Mies van der Rohe entworfenen„School of Design” in Chicago ist esein Gesellschaftsspiel der Besuchergeworden, zu erraten, welcher der aufdem Campus verteilten Quader dieKirche und welcher das Heizhaus sei.Häufig werde die Heizzentrale für dasGotteshaus gehalten, da sie wenigs-tens über ein turmähnliches Gebildeverfüge (den Schlot). Die Kirche hin-gegen könnte dem formalen Instru-mentarium nach ein Heizwerk sein.Die Prämierung moderner Großbautenwie jene des Kongresshauses in BadGastein, die von der Mehrheit land-schaftssensibler Menschen als störendoder jedenfalls atypisch für diesenKulturraum empfunden werden, zeigtdie wachsende Kluft zwischen der Ge-schmacksbildung innerhalb gewisserArchitektengremien einerseits und derBevölkerung andererseits.Bezeichnend scheint auch der Wandelim Verhältnis zum Handwerklichen:Berührt es nicht seltsam, dass der Ar-chitekt der bedeutendsten österrei-chischen Barockstifte — Melk undSankt Florian — sich im zeitgenössi-schen Baujournal als „Jacob Prand-tauer, Maurer und Paumaister” unter-schrieb? Adelige Bauherren und Äbtebezeichneten ihn als großen Architek-ten, ihm selbst war „Maurer und Pau-maister” gut genug. Und wenn je-mand meint, dass die barocke Reprä-sentationsarchitektur keine ökonomi-schen Sachzwänge gekannt habe,lese er im Bauvertrag vom 9. Juni1701: „ ... die Materialien wirdt ErPaumaister seiner Kunst nach also an-zuwendten wissen, damit darbeynichts verschwendet werde.”Verschwendet wurde hingegen beimGasteiner Kongresszentrum. Währendahnungslose Betrachter dazu neigen,die technische Kälte dieser rohbau-ähnlichen Architektur mit der Vermu-tung einer „besonders rationellenBauweise” zu entschuldigen, hat sichdie Stadtgemeinde Bad Gastein inWahrheit durch dieses „rationelle Bau-werk” finanziell ruiniert: Der Kosten-voranschlag von 60 Millionen Schillingwurde um mehr als das Vierfacheüberschritten — Endsumme 270 Mil-lionen Schilling! Ein Stil, der sich öko-nomisch gibt, ohne es zu sein.Adolf Loos, Mies van der Rohe und dieanderen Wortführer der internationa-len Moderne verstanden sich als reini-gendes Fegefeuer für die Architektur

Regionales Bauen – Vielfalt statt Einfalt

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Abb. 9: Bad Gastein mit Kongresszentrum (vorne) und APCOA-Hochgarage: Verstö-rende Verletzungen im Panorama des einst mondänen Alpenkurortes

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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des 19. Jahrhunderts. Doch ein Fege-feuer, das so lange brennt, wird zurHölle.

Lebendige Regionalkultur

Regionale Baugesinnung hat nichtsmit kleinbürgerlicher Enge zu tun. ImGegenteil: Erst von außen erkenntman Wesen und Wert regionaler Ei-genart, begreift man, welch künstleri-sche Chance in ihrer schöpferischenWeiterentwicklung liegt.Identitätsförderndes, regionalesBauen beginnt heute oft als touristi-sche Inszenierung, wo die architekto-nische Qualität noch sehr zu wün-schen übrig lässt. Man vergleicheeinen alten Bregenzerwälder Land-gasthof mit dem benachbarten Frem-denverkehrsneubau — einem zeitge-nössischen Hotelgasthof mit „Berghof-silhouette” —, der vom Welleternit-dach über die Glasziegelwand bis zurBalkonbrüstung den Horror sämtlicherBaustoffkataloge auf sich vereinigt.Sein Besitzer glaubt vielleicht sogar,regional gebaut zu haben: der „Alpen-hut als Tarnung” (Roland Rainer), ver-mutlich im Einklang mit den baube-hördlichen Vorschriften zum „Land-schaftsschutz”.Dr. Conrad, Schöpfer des SalzburgerFreilichtmuseums, hat wiederholt da-

rauf hingewiesen, welche Typenvielfalt(nach Bauaufgaben und Regionen)das traditionelle Bauen im Alpenraumbereit hielte — die heute zur Norm er-hobene Bauernhaussilhouette sei nurein Typus unter vielen: Herrenhäuser,Pfarrhöfe, Zollhäuser, Rathäuser,Brauereien, Stifte und Schlösser -wobei sich letztere als stilistische Be-zugsquellen für Hotelbauten wesent-lich besser eignen würden als die satt-sam bekannte Aufblähung des Berg-hofes samt stereotyper Multiplikationvon Stockwerken, Fenstern und Bal-konen.Die ökologische Idee will regionalesBauen nicht als Imitation, sondernals Inspiration sehen, „kapieren stattkopieren” – eine schöpferische Nut-zung des Genius loci, wie dies begna-dete Architektenpersönlichkeiten wieHeinrich Tessenow, Lois Welzenba-cher und Clemens Holzmeister stetsvermochten.Unverwechselbare Regionalkultur be-deutet für die Einheimischen Identifi-kationsmöglichkeit und Heimatgefühl,für den Fremden wird ein Land erstdadurch interessant und liebenswert.Ein wohltuendes Gegenbeispiel zu denfortschrittstrunkenen „Manhattan-Vi-sionen” mancher Provinzbürgermeis-ter bietet das jahrzehntelange Wirken

von Bürgermeister Alfons Moser inAlpbach (Tirol). Er hat damit einementlegenen Bergdorf internationalesAnsehen verschafft.Auch viele Architekten sind inzwischenzu Verbündeten des Natur- und Denk-malschutzes geworden, wenn es umRettung und Adaptierung gewachse-ner Altsubstanz geht. Gerade auf-grund neuester baubiologischer Er-kenntnisse über Energieeffizienz,Klima- und Materialgerechtigkeit ört-lich gewachsener Hausformen, sowiedas menschliche Grundbedürfnis nachIdentifikation mit unverwechselbarerHeimat, vermögen wir ein Verhältniszu regionalen Traditionen zu finden,das sich nicht darin erschöpft, „dieAsche zu bewahren”, sondern „dieFlamme zu erhalten”.

Univ. Prof. Dr. Bernd LötschStadtökologe

Anmerkung:

Der Beitrag stellt eine stark gestraffte Fas-sung des Textes „Ökologisch Bauen fürMensch und Landschaft” dar, erschienen1992 in dem Sammelband „Die Störungder ökologischen Ordnung in den Kultur-landschaften / Humanökologie 3” , heraus-gegeben von Herbert Franz, erschienen imVerlag der Österreichischen Akademie derWissenschaften, S. 183 - 213

Abb. 10: Überdimensionaler, pseudorustikalerHotelgroßbau in Telfs (Tirol): Massentourismus

statt authentische ländliche Architektur

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Wollen wir es so, wie sich unsere Le-bensumgebung in zunehmendemMaße darstellt? Hat das jemand amPlanungstisch so vorgesehen, um unszu ärgern – oder passiert uns das alsGesellschaft? Passiert es uns, dass wirimmer mehr Transiträume schaffen,wo wir am liebsten mit geschlossenen

Augen durch wollen; wo wir uns aberniemals aufhalten wollen? Passiert esuns, dass wir Hybridräume schaffen,wo neben Hochregallagern Einfamili-enhäuser stehen und vor dem nächs-ten Diskontmarkt-Parkplatz ein einsa-mer Traktor zwei Ackerfurchen ziehenkann? Passiert es uns, dass beleuch-tete Logotürme immer höher in denHimmel wachsen und schrill in dieLandschaft schreien, dass hier Schuheverkauft werden?Warum lassen wir uns das alles gefal-len? Die Kernthese meines Buches„Mut zur Schönheit“ lautet: Wir lassenuns das gefallen, weil wir den Argu-menten der Wirtschaftlichkeit so sehrverfallen sind, dass man uns damitfast alles einreden kann. Schließlichseien diese Entwicklungen doch sehrwirtschaftlich und ermöglichen erst,dass die Region überlebt – heißt esdann. Dem Argument der Wirtschaft-lichkeit sind wir gewillt, mehr denn je,alles unterzuordnen – auch die Umge-bung, in der sich abspielt, was unsausmacht: unser Leben. Für ein paarCent mehr Ersparnis sind wir bereit,ungeheuerliche Scheußlichkeiten an

Infrastruktur hinzunehmen. Nicht,dass wir nicht sehen würden, wie ra-sant sich unsere Lebensumgebung inÖsterreich zum Schlimmen verändert.Aber wir haben schon mit der Bundes-hymne in der Schule gelernt, „begna-det für das Schöne“ zu sein – und in-fizieren uns am eigenen Schmäh. Tat-

sächlich gibt es noch die eine und an-dere Ecke in unserem Land, die schönist. Aber wir müssen das Teleobjektivimmer weiter ausfahren, um dieseOrte zu sehen, wir müssen die Per-spektive immer weiter verengen, umall die Schiachheiten rundherum aus-zublenden. Und weil wir hinter denSchallschutzwänden und den Gewer-begebiet-Speckgürteln gar nichtsSchönes mehr erwarten, müssen wiruns auf den kleinen braunen Hinweis-schildern darauf aufmerksam ma-chen, dass irgendwo doch noch ein„schönes Kircherl“ steht – oder öfterheißt es darauf: „historischer Orts-kern“.Das Problem ist, dass all diese vonuns geschützten Inseln der Schönheitzu einer touristischen Unnatürlichkeitverkommen. Über sie ist gleichsamein Glassturz gestellt, der sie von derrestlichen Umgebung abschneidet.Besonders die Hässlichkeits-Täterlegen viel wert auf Denkmalschutz.Der wird gleichsam eingepreist. Wirreißen viel weg, sagen sie sich, undrestaurieren den Kritikern ein kleinesMarterl. Es ist nur danach von seiner

natürlichen Umgebung entrückt undnicht mehr Teil unserer Lebensumge-bung, in der wir uns in aller Selbstver-ständlichkeit aufhalten. Es wird dannauch die schönste Barockkirche zuKlein-Las-Vegas, wo man ja nicht überdie Seufzerbrücke staunt, sondernseufzt, dass man nicht in Venedig ist.

Wir lassen uns um die paar Cent, wieoben erwähnt, aber nicht nur dieSchönheit abkaufen. Wir geben auchein kleines Stück Lebensglück auf.Denn die Schönheit unserer Lebens-umgebung lässt uns in der Regel auchein kleines Stück glücklicher sein.Oder haben Sie sich schon jemals beider Urlaubsplanung vorgenommen,endlich einmal dorthin zu fahren, woes richtig schiach ist? Nein – dieschöne Umgebung lässt uns auch alldie kleinen Widrigkeiten des Lebensein bisschen leichter ertragen – wiewir das von unserem Urlaub erwarten.Und daher sollten wir darum kämpfen,uns nicht nur in den 14 Tagen Ferienan einem schönen Platz aufzuhalten,sondern auch an all den anderenTagen im Jahr.

Mag. Tarek LeitnerJournalist, Moderator der meistgesehenen Nach-

richtensendung des Landes, der „Zeit im Bild“

Literatur

Tarek Leitner: Mut zur Schönheit – EineStreitschrift gegen die VerschandelungÖsterreichs. Wien: Brandstätter-Verlag2013

Verlust der Schönheit – Die fortschreitende Verschandelung von Österreichs Landschaft

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Abb. 11: Speckgürtel aus Einkaufsmärkten, das Landschaftsbild wird auswechselbar und nichtssagend; Abb. 12 zeigt den Autor

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Ein Anstoß zum Nachdenken darüber,warum wir trotz immer „besserer“Baustoffe kaum mehr ein kleinesHaus finanzieren können, und wie dietradierte ländliche Bauweise einenAusweg zeigen kann.

„Die Entscheidung gegen das Modelldes Ersatzes und zugunsten jenes derWartung ist zunächst eine kulturelleEntscheidung. In der gegenwärtigenökologischen Situation wird sie aller-dings zu einem existenziellen Impera-tiv“. Mit diesem Zitat von Vittorio Lam-pugnani wollen wir eröffnen. Die darinaufgestellte Anforderung ist die Haupt-motivation, die Triebfeder dieses Bei-trages. Denn die Entscheidung zurSparsamkeit, zur Reparatur ist eine ra-dikale, und selbst wenn ihre Entde-ckung, ihre Umsetzung für den Betrof-fenen nur sukzessive möglich ist, so istsie in der Gegenwart doch notwendig.Kein Zeitabschnitt in der Menschheits-geschichte brachte eine derartige Füllean Veränderungen, technischen undsozialen Errungenschaften, wie das20. Jahrhundert. Das mag man auchauf das 19. Jahrhundert aus damaligerSicht zutreffend finden, womöglichauch auf das 18. Jahrhundert. Lässtsich diese Zeitreihe beliebig in die Ver-gangenheit fortsetzen? Wohl kaum.Mit dem 21. Jahrhundert mehren sichdie Anzeichen, dass wir den Gipfel desprosperierenden Systems erreichtoder bereits überschritten haben. EinStagnieren der Förderung fossiler

Energieträger bei weiter exponentiellsteigendem Bedarf, eine Verteuerungessentieller Rohstoffe wie Eisen, Alu-minium und Kupfer bei gleichzeitig sin-kendem Metallgehalt pro Tonne Erzsind zwei herausgegriffene Indikatorendieser Entwicklung. Das Postulat der„Energiewende“, der Glaube an eineWeiterführung dieser Entwicklung beilediglichem Austausch des Energieträ-gers mutet zumindest infantil an underinnert an das Sinnbild der drei Affen.Erschwerend hinzu kommt das Unver-ständnis der Menschen für exponen-tielle Entwicklungen, wie anschaulichan der Fabel mit den Reiskörnern amSchachbrett darstellbar ist.Dazu kommt der Verlust einer binden-den Konvention, welche die Traditionund ihr überliefertes Vorwissen bein-haltet, als architektonische Selbstver-ständlichkeit. Die intrinsischen Infor-mationen zur optimalen Lösung desjeweiligen Architekturproblems sindeiner Architektur des dilettantischenPrototypentwurfs gewichen. Dies ent-spricht dem „modernen“ Zeitgeist,welcher dem Individuum den Glaubenschenkt, die tradierten Informationennicht mehr zu benötigen und im Indi-vidualismus und Hedonismus das See-lenheil zu finden.Basierend auf dem bereits Gesagtenkönnen wir uns aus dem existenziellenImperativ den, Neudeutsch formuliert,„Lifestyle“ der westlichen Welt nichtmehr leisten. Wir müssen daher davonausgehen, dass wir in Zukunft Häuser,

Möbel, Gebrauchsgegenstände wiederwesentlich länger, unter Umständenüber Generationen, einsetzen und re-parieren werden. Dazu braucht es al-lerdings Modelle, Systeme und Le-bensweisen, welche das möglich ma-chen. Davon sind wir im Moment nochweit entfernt, und mit jedem Einkaufs-zentrum, jeder zusätzlichen Straße,jeder neu gebauten Kleinwohnung,jedem Einweg-Tab für die Kaffeema-schine entfernen wir uns weiter. Kaumetwas ist unmoderner als die besagtenDinge. Doch wo setzen wir an?Schauen wir nach.

„Sparen lernt man von Gutsbesit-zern“ oder „Wie man einen Hof er-hält oder an einem Reihenhausscheitert“

Oft euphemistisch ist die Energiever-brauchsangabe von Passivhäusern.Beschämend ist sie, weil die graueEnergie, die Infrastrukturkosten unddie zusätzlichen Fahrkilometer zumPassivhaus im Grünen geflissentlichunerwähnt bleiben. Genauso wie derKredit, der durch die kontrollierteWohnraumlüftung und den Boden aus„Kalifornischer Eiche“ noch ein biss-chen üppiger ausgefallen ist. Für dieVolkswirtschaft ist auch keinerlei Re-duktion erkennbar, vielmehr wird derganze Irrsinn noch mittels Wohnbau-förderung kräftig unterstützt. Jahr fürJahr quälen sich mehr Autos in dieSiedlungen rund um die Ballungszen-tren. Eines ist in diesem Lebensmodell

Die effiziente Revitalisierung ruraler Gebäude

Abb. 13 u. 14: Revitalisierung der Stube am Bauernhof "Simonbauer". Der latent vorhandene Wunsch zur Sanierung des z.T. spätgo-tischen Hofes wurde jahrelang durch fehlende oder falsche Beratung („dafür müsse man im Lotto gewinnen“) unterminiert, in letzterMinute konnte der Hof gerettet werden. Ein spätgotischer Speichertrakt ist unverändert erhalten, vorne im Wohnbereich wurde einnoch zu datierender Holzbau spätestens im 18. Jhdt zum Teil in Stein neu errichtet, wobei Teile des Holzbaues erhalten blieben. In derStube im 1. OG wurden Bestandsputze mit einer Bauteilheizung versehen, Fehlstellen in Kalktechnik repariert. Die Riemlingdecke wurdeeingerichtet und zerstörungsfrei gereinigt. Die Dämmung darüber erfolgt mit hofeigenen Strohballen, vieles wurde unter Anleitung vonden Bauherren selbst gemacht.

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aber doch reduziert - die Zeit zumLeben. Also weg vom beschriebenenPassivhaus zurück zum Hofbesitzer,denn dort scheinen wir nicht fündig zuwerden.Ein Bauernhof, eigentlich ein kleinerRenaissanceansitz, ist umgeben voneiner Fläche, die für den Vollerwerbeiner Familie ausreichend ist. Über1000m² Nutzfläche, fast genauso vielDachflächen und Zimmer, die für fünfFamilien genügen. Bei der heutigenArt des Neubaus würde diese Wohnflä-che wohl mindestens 3 Millionen Eurokosten. Wohlgemerkt - beim heutigenStandard - ohne Kunsthandwerk, Ge-wölbe, kunstvolle Stiegenaufgängeund Stuckdecken. Dafür vielleicht mitgeringerem Heizenergieverbrauch,aber einer erwarteten Gebäudelebens-dauer von maximal fünfzig Jahren.Nach diesem Ansatz wären 3 Millio-nen, zuzüglich der Sanierungskosten,nach fünfzig Jahren verloren - alsomehr als € 60.000,- pro Jahr, ohne Be-triebskosten. Erschreckend genug,wenn man diese Rechnung auf einHaus mit 150m² Wohnfläche hinunter-bricht - dann sind es noch immer über€ 10.000,- pro Jahr, ohne Finanzie-rungskosten, ohne Betriebskosten,ohne Entsorgungskosten. Wenn mandiese Kosten dazuzählt, dann wird dieprekäre Situation vieler „Neuhäusel“-Bauer begreifbar. Der alte Ansitz da-gegen hat bereits 500 Jahre hintersich und womöglich noch 500 Jahre

vor sich - auf diese Zeitspanne gerech-net bleiben dann gerade einmal €3.000,- Neubau-Errichtungskostenzum Vergleich übrig. Diese Rechnungmag manchen als unzulässig reduzierterscheinen, sie ist jedoch in ihremKern anschaulich und anhand derExistenz unzähliger dieser Beispieleauch physisch greifbar. Was sind dabei die wesentlichen Un-terschiede zwischen dem Scheiternam Reihenhaus und dem erfolgreichenSanieren des Ansitzes? Es sind dieWertschätzung und Akzeptanz des Ge-gebenen als Konstante, die Möglichkeitder Reparatur und eines intelligentenWeiterbauens sowie die dahinterste-hende Philosophie, das Geschenk derVorgängergeneration an die nächsteGeneration weitergeben zu dürfen.Daraus leitet sich jene Geisteshaltung,jener metaphysische Kosmos ab, deran sich keines Kochrezeptes mehr be-darf. Dieser Kosmos kann über vieleZugänge entdeckt werden, mancheMenschen werden in ihn hineingebo-ren, manche entdecken ihn über dieBeschäftigung mit historischen Gebäu-den. Traditionelle Handwerker, ur-sprüngliche Bauern sind oft von die-sem Kosmos beseelt.Das ländliche Bauen hatte in der Ver-gangenheit immer einen sehr engenBezug zu den regionalen Gegebenhei-ten und nützte zum Bauen Materialien,die wir als tradierte Grundbaustoffebezeichnen. Unter diesen verstehen

wir jene, welche bereits über Jahrhun-derte bestanden haben oder bestehen.Es handelt sich meist um Stoffe ausder Natur, welche entweder direkt ein-gesetzt wurden, einen Arbeitsschritterfuhren oder mittels handwerklicherTechniken weiterverarbeitet wurden.Dabei sind stets die folgenden Punktegültig:

1. Der Baustoff stammt aus der unmit-telbaren Region, wo er auch einge-setzt wird.

2. Die Transportwege bis zur Anwen-dung sind kurz und mit einfachenTransportmethoden und Fahrzeugendurchführbar.

3. Der Baustoff bedarf keiner zusätzli-chen Einsatzstoffe, welche regionalnicht verfügbar sind.

4. Regionale Handwerker wissen, wieder Baustoff zu verarbeiten ist.

5. Der Baustoff und die daraus herge-stellten Konstruktionen sind repa-rierbar.

6. Die Baustoffe lassen sich, nacheinem eventuellen Abriss des Ge-bäudes entweder wieder verwendenoder unbedenklich in die Naturrückführen (dabei nehmen wir denHausverstand und nicht die Depo-nieordnung als Kriterium).

Ein in tradierter Bauweise errichtetesGebäude ruraler Prägung wurde bisvor 100 Jahren fast ausschließlich ausregionalen Baustoffen unter Anwen-dung traditioneller Handwerkskunsterrichtet. Gerade in der heutigen Zeitist das Aufgreifen dieser Bauweisenzukunftsweisend. Baustoffe waren frü-her weit teurer, jedoch die Arbeit billi-ger und besonders die Abgabenquoteexorbitant niedriger. Wenn wir dasverstanden haben, wissen wir, wie beider Sanierung anzusetzen ist:- Anwendung von tradierten Grund-baustoffen mit sinnvoller Ergänzungneuer Materialien.- Einsatz eigener Fähigkeiten bis hinzum hohen Eigenleistungsanteil. Dennjede selbst geleistete Stunde spart €30,- bis 100,-, ohne Berücksichtigungder Kreditzinsen. Wer verdient dasschon?Diese Art zu bauen ist übrigens imländlichen Bereich schon immer derStandard gewesen - mit Ausnahmeder letzten 50 Jahre. Mit einigen kon-kreten Beispielen aus der Praxis wollenwir zum letzten Teil kommen.

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Abb. 15 u. 16: Stube des Bauernhauses vulgo Koasa in Fohnsdorf: Die Bausubstanz ansich ist großartig: Spätgotischer Kern mit profilierten Steingewänden, mächtige Gewölbe,spätbarocke Stuckdecken, bauzeitliche Böden und Türen. Nach Abklärung der baulichenund finanziellen Ausgangssituation fiel die Entscheidung zur sorgsamen, bedachten Re-vitalisierung. Die gezeigte „schöne Stube“ im 1.OG wurde von den Eigentümern unterAnleitung zu 100% Prozent in Eigenleistung restauriert.

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Praxisbeispiele der nachhaltigenSanierung

Der Fußbodenaufbau: Gängige Neu-baufußböden im erdberührenden Be-reich werden mittels XPS-Dämmstoff,Dichtfolien und armierten Betonplat-ten errichtet. Fertig ausgeführt (mitRandstreifen, Bauvlies, PE-Folie, Bau-stahlgitter, XPS-Platte etc.) hat maneine Verbundplatte aus hochkomple-xen Baustoffen. Der Energie- und Roh-stoffeinsatz ist dabei enorm. Abgese-hen von der bauphysikalischen Un-tauglichkeit dieser Systeme für denAltbau sind sie zudem teuer und nichtrecycelbar. In ländlichen Altbautenwurden meist Lärchenpfosten direktauf den Erdboden gelegt, manchmalauch mit einer Lage aus Sand oderKies dazwischen. Obwohl heute un-denkbar, hielten diese Böden oft 100bis 200 Jahre. Dieses System - diffu-sionsoffen weitergedacht - führt unszum Beispiel zu Schaumglasschotter(SGS), welcher aus aufgeblähtem Alt-glas besteht. Direkt auf den Unter-grund eingebracht kann bei trockenenVerhältnissen ein selbsttragender Holz-boden unmittelbar darauf verlegt oderaber, wo nötig, eine „Estrichplatte“verlegt werden. Diese jedoch nicht ausZement, sondern aus Kalkestrich, di-rekt mit 5-8 cm Stärke auf den SGS.Deckenschotter, hydraulischer Kalkund ein bisschen Gespür führen zueinem kostengünstigen, ressourcen-schonenden und bauphysikalisch opti-malen Boden. Darauf kann idealer-weise eine Temperierung im Randbe-reich im Mörtelbett verlegt werden,darüber ist jeder Bodenaufbau mög-lich. Durch die Elastizität des Kalke-strichs sind Randstreifen aus Kunst-stoff unnötig. Wieso wird das jedochselten so ausgeführt? Längere Trock-nungszeiten, fehlendes handwerkli-ches Geschick, sowie ein unsinnigesNormkonzept sprechen dagegen.

Die Böden: Selbsttragende Böden inForm von 4 bis 5 cm starken Pfostensind bewährt und bei eigenem Bemü-hen um Holz und Bearbeitung (sägen,lagern, hobeln) unvergleichlich güns-

tig. Ein Boden für fünf Generationenum den Preis eines billigen Parketts.

Die Beheizung: In kaum einem ande-ren Bereich kann man derart Geld spa-ren wie hier. Ausgehend von der Be-heizung mit hohem Strahlungsanteil(Kachelöfen, offenes Feuer) brachtedie Zentralheizung im 20. Jahrhundertzwar einen Komfortzuwachs bezüglichder Beheizung, jedoch einen Rück-schritt in punkto Behaglichkeit (Kon-vektion anstatt Strahlungwärme). Fürden Altbau weit besser ist der Schrittzurück zu hohem Strahlungswärme-anteil, etwa durch das System „Bau-teilheizung“. Dabei werden Rohre 1-2cm unter dem Putz verlegt, wodurchdie Wand als Bauteil „thermisch akti-viert“ wird. 20-30 W/m/Rohr habensich als gute Dimensionierungsgrund-lage bewährt. Dieses System der Tem-perierung kann im gleichen Heizkreisauch zur Fußbodentemperierung imBadezimmer oder in Randstreifen erd-berührter Fußböden (im Kalkestrich)einfach kombiniert werden. Die Mate-rialkosten dieses Systems sind un-schlagbar gering (vgl. hierzu auch den„Temperierungs“-Schwerpunkt in„Denkma[i]l“ Nr. 11/2012)

Die Putzoberflächen: Die häufigePraxis des Entfernens des Bestands -putzes ist Geld- und Ressourcenver-schwendung. Die Reduzierung derFarbschichten in Eigenleistung, ge-nauso das Fräsen der Schlitze für dieBauteilheizung und weitere Installatio-

nen sind einfach zu bewerkstelligen.Hohl klingende Putzbereiche sind keinMangel, sondern normal bei Kalkput-zen. Kalk als universelles Bindemittelund für Anstrichsysteme ist extremkostengünstig, und Sumpfkalk istleicht selber herstellbar (Kalklöschen).

Diese Beispiele sollen nur einen kurzenEinblick in die Mannigfaltigkeit des„Querdenkens“ im Bau geben. Wer eseinmal verstanden hat, weiß die Denk-weise in allen Bereichen einzusetzen.Das Internet und die Möglichkeit desAustausches mit Gleichgesinntenhaben in den letzten Jahren zu einerzunehmenden Anzahl von Menschengeführt, welche sich in dieser ur-sprünglichen, logischen Art des Bau-ens ein Heim schaffen und dabei tiefeErfüllung erleben. Vom Bodenaufbaubis zur Dachdeckung gilt für eine er-folgreiche und kostengünstige Sanie-rung eines Altbaus immer das gleicheGrundrezept: Einfache und tradierteMethoden wählen, regionale und na-türliche Baustoffe verwenden, Bereit-schaft zur Eigenleistung. Die Ergeb-nisse solcher Projekte zeigen, dass derschlechte Ruf einer Altbausanierungnur aufgrund von Vorurteilen besteht,die durch die Realität beeindruckendzu entkräften sind.

DI Dr. Alexander Schmiderer selbständig tätig in der Altbaurevitalisierungund der Entwicklung ökologischer Baustoffe,

hält regelmäßig Vorträge in den BereichenOrtsentwicklung und Ressourceneffizienz

Abb. 17 u. 18: Sanierung des Kellerbe-reichs eines barocken Getreidekastensbeim Hof vulgo „Brugger“: Mittels diffusi-onsoffener Konstruktion und Bauteiltem-perierung konn te ein Wellnessbereich ver-wirklicht werden. Der originale „Nockerl-boden“ wurde wieder verlegt, die Barock-tür erhalten. Die Arbeiten wurdenvollständig in Eigenleistung durchgeführt.

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Die gesetzlichen Rahmenbedingungenzur Erhaltung und Entwicklung derKulturlandschaft im ländlichen alpinenRaum lesen sich auf den ersten Blickvielversprechend. In der 1992 völker-rechtlich ratifizierten „Alpenkonven-tion“ wurden umfangreiche Ziele zumSchutz der Alpen definiert. Diese in

sehr konkret festgelegten Durchfüh-rungsprotokollen definierten Ziele be-treffen in großem Maße die BereicheRaumplanung, Kultur, Landschafts-pflege sowie Berglandwirtschaft.Gerade was den Bereich des baukultu-rellen Erbes betrifft, sind die Texte klarund unmissverständlich formuliert. Soheißt es etwa im Protokoll „Raumpla-nung“, Punkt 3 Siedlungsraum:“...dass es für die Raumplanung undnachhaltige Entwicklung auf der ambesten geeigneten territorialen Ebeneund nach Maßgabe der jeweiligenräumlichen Gegebenheiten (...) gilt,die charakteristischen Siedlungsfor-men zu erhalten sowie die charakte-ristische Bausubstanz zu erhalten undwiederherzustellen." In den 2006 zu-sätzlich unterfertigten Ministerdeklara-

tionen wird die Bewohnung und In-standsetzung von Strukturen und „Ge-bäuden mit historischem und architek-tonischem Wert“ noch einmal explizitangeführt.Die Umsetzung dieser klaren Ziele indie regionalen Regelwerke (z.B.Raumordnungsgesetz, Baugesetz) ist

jedoch völlig unzureichend bzw. wer-den diese nur unzureichend ange-wandt oder judiziert. Das trifft am Bei-spiel Steiermark besonders auf den §43 (4) zu, wo es heißt, dass „ein Bau-werk derart geplant und ausgeführtwerden muss, dass es in seiner gestal-terischen Bedeutung dem Orts- undLandschaftsbild gerecht wird. Hierbeiist auf Denkmäler und hervorragendeNaturgebilde Rücksicht zu nehmen“.Wie das in der Realität (nicht) umge-setzt wird, kann auf einer beliebig ge-wählten Strecke durch die Steiermarkwahrgenommen werden. Die Diskre-panz wird besonders deutlich bei dervergleichsweisen Betrachtung derAkribie, mit welcher etwa die bautech-nischen Anforderungen in Bauver-handlungen eingefordert werden.

Besonders schlimm steht es um denErhalt jener Gebäude, welche auf-grund von Ersatzbauten leer stehenund/oder ob ihrer oft im Original er-haltenen Bausubstanz als „nicht sa-nierbar“ beschrieben werden. Geradebei diesen Gebäude wird in anderenRegionen, z.B. in der Schweiz, in Süd-

tirol oder in vielen anderen BereichenItaliens deren kulturgeschichtlicherWert, sowie die meist robuste Bausub-stanz erkannt und dem Objekt neuesLeben eingehaucht. In Österreich hin-gegen ist es um diese Gebäudeschlecht bis sehr schlecht bestellt. Oftist es Unwissen, sind es Vorurteile inKombination mit einem degeneriertenEmpfinden für die eigene Kultur undderen Ausprägungen. Die Baukultur istdabei nur eine Facette innerhalb einesproblematischen „Zeitgeistes“, eine je-doch sehr sichtbare. Baukultur warimmer in Wandlung begriffen, ein Blickin eine Kulturlandschaftsaufnahme ausdem 19. Jahrhundert zeigt jedoch,dass das Streben nach Harmonie, dasselbstverständliche Einfügen des ein-zelnen (Bauwerks) in die Gesamtheit

Politische Realität

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Abb. 19: Abbruch des sogenannten "Bürgermeisterhauses" im Jahr 2012. Die Steirische Krakau nennt sich „Bergsteigerdorf“ - eine Ini-tiative, welche eng mit der Alpenkonvention verknüpft ist. In anderen Bereichen scheint diese den Entscheidungsträgern allerdingsfremd zu sein. Im Bild geht der Eigentümer mit schlechtem Beispiel voraus: Weg muss das alte Haus, „wir brauchen Förderungen fürIndustrie, Gewerbegebiete und eine Autobahn“ schallt es dem Autor beim Fotografieren entgegen. „Wir brauchen“ anstatt „wir haben“,„wir machen“ und „wir können“ scheint ein Credo des regionalen Entwicklungskonzepts zu sein. Für ein barockes, regionaltypischesBauernhaus gibt es dabei offensichtlich keine Verwendung.

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heutzutage vielfach verloren gegan-gen ist. Eine Rückkehr in dieses Ord-nungssystem scheint nicht einfachplanbar zu sein. In unserem aktuellenGesellschaftssystem ist das nur durchBildung, Vorzeigeobjekte, positive Vor-gaben und Hilfestellung von Seitenderjenigen, die es besser wissen soll-ten (Baufirmen, Architekten) oder dieaufgrund ihrer Position in der Ge-meinde die Möglichkeit dazu haben(Bürgermeister, Bausachverständige),möglich. Dazu müsste aber ein politi-scher Grundkonsens, eine Werteüber-einkunft existieren. Ob er es tut,scheint fraglich.Die politische Realität zeigt vielmehr,dass es oft gerade genau jene obengenannten Personengruppen sind, dieunmittelbar mit der Zerstörung derkulturellen Werte verknüpft sind unddas im persönlichen Gespräch auch als„richtig“ artikulieren. Am (offenen)Ende daher drei Beispiele aus der Rea-lität der Zerstörung ländlicher Baukul-tur in Österreich:

Fall 1: Kundenservice einer örtlichenBaufirma: Extra am Abend wird ein ei-gentlich auf einer anderen Baustelleverplanter Bagger für einen hastigenAbbruch abgestellt. Die Tage sind jalang. Alle Beteiligten wissen genau,um welches Denkmal es sich handelt.Eine Nacht später ist der Bauplatz fürden Neubau schon hergerichtet, sogar

schon erhöht planiert für diesen „be-sonderen“ Platz. Platt gemacht wurdenüber 1000 Jahre Geschichte (siehe Ti-telbild und Artikel auf S. 32).

Fall 2: Eine regionale Kulturveranstal-tung zeitgenössischer Kunst. Nebeneinem denkmalgeschützten Bauernhofwird eine futuristische Aluigel-Skulpturaufgestellt (Abb. 20). Skurrilerweisegehört diese Inszenierung zum The-menbereich „Naturraum“ dieser Kul-turveranstaltung - wahrscheinlich soll

die Skulptur im absichtsvollen Kon-trast zur unberührten Natur diesesOrtes stehen. Während der mehrwö-chigen Veranstaltung rückt die mo-derne Skulptur jedoch in den Schattendes Bauernhauses, welches eines derbeliebtesten Fotomotive wird. DasHaus hat Glück - trotz des sanierungs-bedürftigen Zustands steht es noch,weil unter Denkmalschutz. Ein Hauseinige hundert Meter weiter hat weni-ger Glück. Trotz wesentlich besserer,auch kunstgeschichtlich bemerkens-werter Ausstattung gibt es diesesHaus ein paar Wochen später nichtmehr. Der Eigentümer des Hauses:Der Sohn des Bürgermeisters der Ge-meinde. Der Blockbau wird von einerSüdtiroler Firma abgeholt und wohl ineiner „Altholzsauna“ verbaut.

Fall 3: Eine Gemeinde wird wegen„Einsturzgefahr“ eines - für das Orts-bild immens wichtigen - Hauses unterDruck gesetzt (Abb. 21). Die grundso-lide Substanz war bis vor kurzem be-wohnt, nun rät der aus Graz kom-mende Architekt und Baumeister zumAbbruch und einer „zeitgemäßen“(teuren) Neubebauung. Der Ersatzbauwird sich auf Grund von Abstandsre-geln nicht mehr in die Bebauung ein-fügen können, eine „Zahnlücke“ imOrtsverband droht, der Baumeisterhätte es wissen sollen. Kommt nun ein„modernes“ Pultdachhaus, 10m vonder Baulinie zurückgesetzt?

DI Dr. Alexander Schmidererselbständig tätig in der Altbaurevitalisierung

Abb. 21: Das in der Mitte ersichtliche, direkt gegenüber der Pfarrkirche und unterhalbdes Pfarrhofs gelegene Gebäude weist zumindest barocke, solide Bausubstanz auf. Diesehätte eine gute Revitalisierungsbasis geboten, der Baumeister riet jedoch dringend zumAbbruch. Die Politk scheint machtlos, eine Bebauung auf gleicher Stelle ist nach Baugesetzfast unmöglich. Das Haus wurde im Sommer 2014 abgerissen.

Abb. 20: Installation eines „Aluminiumigels“ in der Steirischen Krakau während der Regionale XII 2012. Fotografiert wurde von den Besuchern allerdings bevorzugt das linksam Bild ersichtliche, denkmalgeschützte Haus. Der Igel liegt verstaubt im Lager, in dasdenkmalgeschützte Haus regnet es noch immer hinein.

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Nur noch in wenigen Gebieten derSteiermark gibt es ein so dichtes Netzvon historischen Bauernhöfen wie imGemeindegebiet von Semriach (Bez.Graz-Umgebung). Nicht nur die Zahlan Objekten ist bemerkenswert, son-dern auch die hervorragende baulicheQualität vieler Höfe.

Die Höfe sind historisch häufig bis insMittelalter zurück zu verfolgen, ihreBausubstanz stammt aus der Renais-sance oder dem Barock, teilweiseauch aus der Zeit der Gotik, als derBergbau in der Region langsam füreinen wirtschaftlichen Aufschwungsorgte. Viele Häuser und Hofanlagen sindstattliche Bauten, die oft herrschaftli-chen Ursprungs sind, und vermittelnden typischen Charakter obersteiri-scher Bauernhöfe alpiner Prägung. Inmehr oder weniger ursprünglicherForm erhalten haben sie sich in derKatastralgemeinde Präbichl, wo vonden etwa 30 historischen Hofstellenca. 20 noch zum Teil nur wenig über-prägte Ursprungsbauten aufweisen. Obwohl der Architekt Holger Jungwirtkonstatiert, dass von den fünfzehnvon der Technischen Universität Grazin den 70er Jahren des 20. Jahrhun-derts befundeten Höfen mit Sgrafitto-fassaden in der KatastralgemeindeSemriach-Windhof, die allesamt Da-tierungen um 1600 aufwiesen, heute

keine mehr vorhanden sind, gibt es imGemeindegebiet weitere interessanteObjekte mit Sgraffitodekor, die bisdato noch weitgehend unbekanntwaren und die es zu erforschen gilt. Auch wenn es sich „nur“ um Bauern-häuser handelt, die nicht als Objekteder Hochkultur eingestuft werden,

gab es dazu schon früh eindeutigeAufwertungstendenzen seitens nam-hafter Denkmalpfleger: „Der Denk-malpflege sind heute nicht nur dieSpitzenleistungen künstlerischer Ver-gangenheit Ziel und Aufgabe, sonderngerade auch das Typische, wie es das(…) Bauernhaus durch Jahrhundertebewahrt hat“ meinte etwa Walter vonSemetkowski 1940.Die Schlichtheit der Bauernhäuser istoft von bestechender Schönheit undZeugnis funktionaler Gestaltungsfor-men, wobei darauf hingewiesen wer-den muss, dass es sich bei vielenSemriacher Häusern auch um Objektemit zum Teil gehobenen Funktionenhandelt, die die Raffinesse ruraler Ar-chitektur und Formensprache wider-spiegeln, aber auch nicht ganz ent-koppelt von städtischen Bauentwick-lungen betrachtet werden können.Charakteristisch ist die durchgehende,gewölbte Labn mit dem Eingang ander Traufseite. Die Bezeichnung„Labn“ = Laube für den Flur enthältdie Erinnerung an das ursprüngliche

Vorhallenhaus wach, das nachträglichzu einem dreiteiligen Gehäuse mit deralten Rauchstube im Kernbau und derjüngeren Kachelstube auf der Gegen-seite der Laube wurde. Den zentralenRaum bildete eben diese Rauchstube,meist mit mächtigem Trambaum undRiemendecke. Die sichtbaren Holzde-cken sind Gegenstand der Ausschmü-ckung. Da sich diese Häuser vorwie-gend auf geneigten Flächen befinden,ist der hintere, gemauerte Teil desHauses (das Stockl) in den Hang ge-baut. Diese Gebäudeteile sind stetsgewölbt, galten als feuersicher undwurden oft als eine Art Keller oder La-gerraum genutzt. Im oberen Geschoßbefinden sich die Schlafzimmer. In rei-cher gestalteten Häusern finden sichauch hier große Räume mit Holztram-decke und gewölbtem Flur.Für diese Region typisch ist dasSchopfwalmdach oder auch Krüppel-walmdach, das fast immer strohge-deckt war, aber auch Bretterdächerund Holzschindeldeckungen kamenzur Anwendung. Viktor von Gerambbezeichnet diese Dachform als soge-nannten „Mittelsteirischen Giebel“.Ein bedeutender und nahezu uner-forschter Semriacher Bauernhof istder Hof vulgo Völkl (Abb. 22). Die Hof-stelle wird 1527 urkundlich erstmalserwähnt und lässt sich als Haufenhofbezeichnen. Die Hofelemente sindzwar nicht nach symmetrischen Para-metern positioniert, ergeben aber inAnbetracht ihrer Nutzungsanforderun-gen ein logisches Gefüge. Die vorallem kunsthistorisch interessantenFassadendetails sowie der wenigüberprägte Urzustand des Wohnhau-ses mit originalen Baukonstruktionenund lediglich marginalen Bauschädenmachen es zu einem sehr interessan-ten Objekt vernakulärer Architektur.Es ist ein typisches Mittelflurhaus aufrechteckigem, langgestrecktemGrundriss, steht quer zum Hang undbildet das zentrale Element im Hofver-bund. Es ist zweigeschoßig und glie-dert sich längsseitig in sieben Fenster-achsen; querseitig ist es durch dreiFensterachsen unterteilt.Baugenetisch sind hier zwei Bereichezu unterscheiden: ein Teil dürfte ver-mutlich aus der Renaissance stam-men, der andere Teil aus dem Barock.Neben schönen Gewölben, Ringgitternund Riemlingsdecken ist vor allem dasoriginal erhaltene Sgraffitoband, wel-

Semriacher Bauernhäuser

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Abb. 22: Fragmente des bis in den Giebel reichenden Sgraffito-Bandes am Völkl-Hof in Semriach

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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ches in Dreiecksform von der Mauer-krone bis in den First verläuft, hervor-zuheben. Es ist ein bedeutendes Bei-spiel für „eine vom Zierrat heimischerRenaissance beeinflusste Schmuck-freude an den Schauseiten des Wohn-teiles“ der Großhöfe in der Gegendzwischen Graz und Bruck, wie Semet-kowski konstatiert. Dieses giebelsei-tige Sgraffito-Friesband ist sehrkunstvoll und präzise ausgeführt. Mitgroßer Wahrscheinlichkeit stammt esaus dem 16. Jahrhundert. Es zeugtvom wachsenden bäuerlichen Selbst-bewusstsein dieser Zeit und war ge-wissermaßen ein Statussymbol rei-cher Bauernhöfe. Ein vorgelagerterhölzerner Anbau hat es über Jahrhun-derte konserviert. Nur bei den schrägzum First verlaufenden Bändern sindgrößere Verwitterungsspuren zu er-kennen. Das zentrale Motiv ist das so-genannte „Wasserwogenband“ (Abb.23). Es wird auch als „Laufende Welle“oder „Laufender Hund“ bezeichnet.Geometrische Formen liegen demMotiv zugrunde: So ist der LaufendeHund laut dem Ornamentiker FranzSales Meyer wahrscheinlich eine ein-fache Übertragung der Mäanderlinieins Runde.Bei diesem Band lässt sich die Wellebesonders gut erkennen. Sie ist instrikter symmetrischer Manier ausdem bzw. in den Putz gekratzt. Dieüberfallenden Wellenspitzen leiten ineine Art Auge oder Rosette über. Diekreisrunde Fläche der Rosette istwindradähnlich gestaltet. Drei helleund drei dunkle Flächen unterteilendas Auge, das zwischen den Wellensitzt.

Die regelmäßigen Wellen sind immerin gleicher Weise hintereinander ge-reiht. Außerdem haben sie kleine,ausgenommene Kratzer, die schwung-voll die Wellenrichtung unterstreichen.Ein durchlaufender horizontaler Strichteilt das Friesband scheinbar in zweiHälften und durchdringt dabei stetsden Mittelpunkt der Augen. Die Wellenselbst sind die erhabenen Flächen,den Hintergrund bildet der ausgenom-mene Bereich. Am unteren Rand derWellen gibt es ein dreiteiliges Band;ein sich aus abwechselnd stehenge-bliebenen und abgekratzten Putzteilen

ergebendes Zackenmuster bildet diemittlere Linie in Form von weißen hän-genden und dunkleren stehendenDreieckszacken. Dieser Bereich wirdvon schräg angekratzten Bändern be-grenzt. Oberhalb der laufenden Wellenwiederholt sich das Schema der ein-fassenden dreiteiligen Bänder. Hiergibt es statt des Zackenmusters aller-dings ein Würfelband, das abermalsmit hellen und dunklen Flächen spielt.Dieses Sgraffitoband kann aber auchaus einem symbolischen Blickwinkelheraus betrachtet werden. Die Abhän-gigkeit des bäuerlichen Lebens vonden Tageszeiten und den Sonnen- undMondzyklen wird in dem dekorativenFries widergespiegelt. Symbolischsteht es für den ewigen Wechsel vonTag und Nacht, von Sonne und Mond,die auf- und untergehen und den bäu-erlichen Tagesgang und Jahreslaufprägten.

Mag. Wilhelm GabalierKunsthistoriker und Tänzer

iD-Tagesfahrt für 2015 in Planung

Literatur:

Wilhelm Gabalier: Alte Semriacher Bauern-höfe im Kontext von Kunstwissenschaftund Denkmalpflege. Diplomarbeit: Univ.Graz 2013

Abb. 23: Detail des sogenannten "Wasserwogenbandes", auch"Laufender Hund" genannt, am Völkl-Hof

Abb. 24: Sgraffito-Band, Völkl-Hof in Semriach

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Über gemeinsame Herausforderungenvon Denkmalschutz und dem Öster-reichischen Freilichtmuseum Stübing(Steiermark)

Die heutige Zeit fordert wohl stärkerdenn je eine - hoffentlich kritische -Auseinandersetzung mit den einpräg-samsten Zeugnissen unserer materiel-

len kulturellen Entwicklung, den be-oder entstehenden Zeugnissen derBaukultur der Menschheitsgeschichte.Es sei erlaubt hier exemplarisch einallen bekanntes Meisterwerk der Tech-nik, den 828m hohen Burj Khalifa inDubai (2007) einem bescheidenen Ge-treidekasten vom Silberberg (1452),der heute im Österreichischen Frei-lichtmuseum Stübing steht (Abb. 27),gedanklich gegenüberzustellen. Dieseswahrlich ungleiche Paar repräsentiertdie extreme Dichotomie, der wir unszu stellen haben. Der dramatisch inden Himmel ragenden technischenHochleistung steht die nicht minderbeeindruckende Schlichtheit des funk-tional Minimalistischen gegenüber;unbegreifbare Gigantomanie der be-scheidenen Harmonie menschlicherMaßstäblichkeit; staunende Bewunde-rung einer nicht minder verwundern-den Vertrautheit. Der Mensch suchtzwischen den Extremen nach dem in-dividuell Adäquaten und hat zu lernen,mit der Vielfalt des heute Möglichen

zurecht zu kommen. Diese Spaltungführt historisch in die zweite Hälfte des19. Jahrhunderts an den Beginn derIndustrialisierung zurück und brachteaus ein und demselben Unbehagenüber den Verlust des historisch Ge-wachsenen zwei unterschiedliche Lö-sungsansätze zur Bewahrung des ar-chitektonischen Kulturerbes hervor:

Der Denkmalschutzbewegung zur Be-wahrung von noch im Alltagsleben in-tegrierbarer historischer Bausubstanzin situ, die durch gesetzliche Rahmen-bedingungen sowie nationale und in-ternationale Verbände getragen wird,steht die 1891 erstmals realisierteIdee der Gründung einer zu dieser Zeitvöllig neuartigen Form eines kulturhis-torischen Museums unter freiem Him-mel zur Seite. Durch Letzteres solltenursprünglich vor allem in situ gefähr-dete bäuerliche Bauensembles geret-tet und in einem geschützten Arealmuseal erhalten werden. Steht für denDenkmalschutz die weitere Nutzungdes Bauwerkes im Mittelpunkt sowurde den Freilichtmuseen auch dieganzheitliche, möglichst authentischeDarstellung der jeweiligen historischenLebens-, Wirtschafts- und Arbeitsver-hältnisse der einstigen Bewohner die-ser Bauten als Ziel gesetzt, wobei auchdie historischen Bau- und Arbeitstech-niken zum Forschungsziel wurden. Dasursprünglich romantisch verklärte Be-

streben wurde durch klare wissen-schaftliche, museologische Aufgaben-stellungen ersetzt, die Freilichtmuseenheute zu regionalen oder nationalenArchiven unter freiem Himmel werdenlassen, in denen unwiederbringliche,einzigartige und kulturhistorisch über-aus wertvolle Zeugnisse der über Jahr-hunderte hinweg erbrachten Leistung

unserer Vorfahren bewahrt werden. Wurde für den Denkmalschutz ein zu-gegebenermaßen noch ausbaufähigergesetzlicher Rahmen geschaffen, sowerden Freilichtmuseen leider nachwie vor durch unsichere Rahmenbe-dingungen bedroht und genießen inÖsterreich keinen mit dem restlichenEuropa vergleichbaren Stellenwert.Zumindest das durch die österrei-chische Bundesregierung 1962 ge-gründete zentrale FreilichtmuseumÖsterreichs, das Österreichische Frei-lichtmuseum Stübing, das heute rund100 historische Bauten aus allen Bun-desländern erhält, wurde 1987 unterden besonderen Schutz der Rechts-form einer Bundesstiftung gestellt. Diemusealen Aufgaben des Sammelns,Bewahrens, Erforschens und Vermit-telns, für die die strengen Regeln desICOM/UNESCO zur Anwendung kom-men, übertreffen wohl die Ziele desDenkmalschutzes. Die Verbindung bei-der Institutionen bleibt dennoch einegrundlegende, steht doch gleicherma-

Handwerkskunst aus Jahrhunderten für die Zukunft erhalten

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Abb. 25 (li.): Das Rauchstubenhaus „Sallegger Moar“ (1404/1775) wurde 1963 als erstes Baudenkmal in das Museumstal übertra-gen. Das Insert-Foto zeigt den Hof an seinem ursprünglichen Standort in Sallegg bei Birkfeld (Stmk); Abb. 26 (re.): Auch die authentische Gestaltung des Umlandes der Gehöfte im Ensemble ist wichtig, weshalb beispielsweise die Techniken des Zaunbindenstradiert werden (oben: Bänderzaun, unten Schrankzaun)

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ßen die arbeitstechnisch historischexakte Erhaltung der Kulturdenkmaleim Fokus der Aufgabe. Waren die Techniken zur Translozie-rung der Baudenkmale der ersten Ge-neration von Museumsmitarbeitern imWesentlichen sogar noch vertraut, sobrachte dies mitunter das Problem mitsich, dass der für die zukünftige Erfül-lung dieser Kernaufgaben unverzicht-baren Dokumentation dieses immate-riellen Kulturerbes zu wenig Aufmerk-samkeit zuteil wurde. Die nachkom-mende Generation fand noch die Mög-lichkeit vor, von authentischem Wissenzu profitieren, wobei, mitten in derPhase des technischen Fortschritts-glaubens der 1970er und 80er Jahre,moderne Arbeitstechniken bewusst"verlernt" werden mussten. Auchdiese Generation nähert sich unauf-haltsam dem Pensionsalter und esstellt sich eine neue Herausforderung.Möglichst umgehend müsste die Zahlder Spezialisten des Museums verdop-pelt werden, um den jungen Nachrü-ckenden noch ausreichend Gelegen-heit zu geben, das historische Wissenüber unverzichtbare handwerklicheTechniken vom einfachen Holzbeilenoder Schindelkleben, über die unter-schiedlichen Dachdeckungsarten vonden harten Schindel- oder Bretterdä-chern bis hin zu jenen der weichenStroh- oder Schilfdeckungen, der Er-neuerung von Wasserrädern, Grindelnund deren Lagern, der Ausbesserungvon Kopf- oder Malschrotzimmerungenoder der Reparatur eines Bundwerkes,eines Feuerhutes oder eines Bänder-zaunes in ausreichendem, d.h. mehr-maligem gemeinsamen Tun tradiert zu

bekommen (Abb. 28 / Strohdach undAbb. 26 / Zäune-2-Fotos). Das Ver-ständnis für die dahinter liegenden Zu-sammenhänge, Bedingtheiten undmaßgeblichen Kriterien bei der richti-gen Materialauswahl kann zwar doku-mentiert und festgehalten werden. DieNutzbarkeit dieses Wissens beruhtaber wie in sehr vielen Bereichen aufder reichen praktischen Erfahrungdurch dessen mehrjähriger, routine-mäßiger und persönlicher "Erpro-bung". Woran erkennt man, ob derzum Kauf angebotene Roggen auf demFeld auch das für die Deckung der Mu-seumsbauten ausreichend geeigneteStroh liefern wird? Länge, Halmstärkeund Biegsamkeit müssen exakt richtigeingeschätzt werden, da hier heutenicht mehr ein alljährlich anfallendes"Abfallprodukt" der eigenen ArbeitVerwendung findet, sondern vielmehrein Spezialprodukt teuer erworbenwerden muss, das die möglichst lange,ohnedies durch klimatische Verände-rungen immer kürzer werdende Halt-barkeit dieser im wahrsten Sinne desWortes goldenen Dächer von Stübinggewährleisten soll. Der hohe finan-zielle Einsatz bleibt unvermeidbar,denn die historische Aussage des Ge-höftes würde durch die Verwendungeiner alternativen, günstigeren De-ckung ebenso zerstört werden wie diegrundlegende Aufgabe des Museums.Dies stellt nur eines von vielen Bei-spielen handwerklicher Fertigkeitendar, die Freilichtmuseum und Denk-malschutz gleichermaßen zur Erfüllungihrer Aufgaben benötigen und deshalbals Kompetenzzentren für die Zukunftzu bewahren haben.

Natürlich könnte nun der Einwand er-hoben werden, ob bei diesen großenAnstrengungen die Erhaltung des his-torischen Wissens gleichermaßen wiejene der alten Bauten sinnvoll sei, wo-durch die anfangs angesprochene Ver-unsicherung wieder zum Thema wird.Ganz abgesehen von der wohl generellunbestrittenen Notwendigkeit, dieZeugnisse der kulturellen Entwicklungder eigenen Gesellschaft zu erhalten,zeigt nachstehende und abschließendeSchilderung wohl auch den Wert deszugrunde liegenden Wissens für dieZukunft. Im Rahmen eines For-schungs- und Bildungsprojektes wur-den im Museumstal von Stübing mitder Abschlussklasse einer anerkann-ten Holzfachschule u.a. die traditionel-len Verarbeitungstechniken des Werk-stoffes Holz erforscht. Am Ende einesanstrengenden Tages des Fällens,Holzrückens, Schöpsens, Beilens,Zweimannsägens u.a. m. erhielten wirsinngemäß folgende Rückmeldung derangehenden Holzbauingenieure: "Wirwissen eigentlich alles über Bäume,Sträucher und den Werkstoff Holz. Wirlösen jede Bauaufgabe am Computerund das Sägewerk liefert jeden Teil fürdas Abbinden automatisch ganz exakt.Aber seit heute verstehen wir erst,was Holz wirklich ist."

Mag. Egbert PöttlerDirektor des Österreichischen

Freilichtmuseums Stübing

iD-Tagesfahrt für 2015 in Planung

Österreichisches FreilichtmuseumStübing � www.stuebing.at

Abb. 27 (li.): Der Getreidekasten vom Silberberg bei Großstübing, mit gotischem Spitzfenster auf der Rückseite, wurde dendrochrono-logisch in das Jahr 1452 datiert und ist damit ähnlich alt wie die ältesten Bauwerke im Weltkulturerbe Graz; Abb. 28 (re.): Strohdächerstellen durch Material und Arbeitstechnik eine besondere Herausforderung bei der Erhaltung der authentischen Bausubstanz dar.

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Die ländliche Region stellt neben demstädtischen Umfeld mit ihren bauli-chen Gegebenheiten einen entschei-denden Beitrag zur kulturellen Ent-

wicklung einer Gesellschaft dar. Im 20.Jahrhundert wurde das Augenmerkder Denkmalpflege verstärkt auf denstädtischen Kontext und die Erhaltungder dort vorzufindenden Gebäude ge-legt. Nach dem Verlust zahlreicher his-torischer Gebäude im bäuerlichen Um-feld ist ein Trend zur Erhaltung ländli-cher Strukturen erkennbar. Die Charta von Venedig - die inter-nationale Charta über die Konservie-rung und Restaurierung von Denkmä-lern und städtischen bzw. ländlichen

Ensembles - beschreibt, dass Denk-mäler als Zeugnisse jahrhundertealterTradition eine geistige Botschaft derVergangenheit vermitteln. Die

Menschheit sieht in den Denkmälernein gemeinsames Erbe und ist daherfür dessen Bewahrung gemeinsamverantwortlich.Heute ist die Denkmalpflege längstnicht mehr nur auf monumentale undsakrale Bauwerke anzuwenden. Wie Arendt (s. Literatur) beschreibt,handelt es sich bei Denkmalen um„Studienobjekte“, welche bautechni-schen Gesetzmäßigkeiten entspre-chen. Ein Denkmal wurde für Men-schen gebaut und seit seiner Errich-tung durch Nutzung und andere, teil-weise schwere äußere Eingriffe, verän-dert. Diese Umbauten sind das Resul-tat von sich verändernden sozialenund/oder wirtschaftlichen Bedürfnis-sen. Gerade durch diese Umbautenwird die eigentliche Qualität eines Ge-bäudes bestimmt.Gebäude, welche geschichtlichen Hin-tergrund besitzen, sind grundsätzlichauf deren Denkmalwürdigkeit zu prü-fen. Die Denkmalwürdigkeit eines Ge-genstandes ergibt sich aus dessenZeugniswert. Dieser setzt sich aus denInformationen, dessen Träger derBaukörper ist und aus dem Ausmaß,in welchem diese Informationen ver-anschaulicht werden, zusammen.Idealerweise ergänzen sich die beidenKomponenten. Fehlt es an der An-

schaulichkeit, so muss die historischeBotschaft einen entsprechend größe-ren Stellenwert einnehmen. Daran gemessen verfügt das 1398erstmals urkundlich erwähnte Rucker-gut in Kuchl über historische Informa-tionen in unveränderter Form, teil-weise jedoch in schlechter Veran-schaulichung. Nach entsprechenderUntersuchung des sich am Ruckergutbefindlichen Tennengauer Einhofes istein barocker Baukern erkennbar. Diefreigelegte Jahreszahl an einem De-ckenbalken nennt 1687 als Entste-hungsjahr. Stuckaturen an den Innen-decken sind größtenteils erhalten. Kat-zenköpfe, welche als Abwehrsymbolegegen Seuchen und Krankheiten ge-dient haben dürften, sind originalge-treu erhalten. Der spätbarocke Wirt-schaftstrakt und der Dachstuhl datie-ren von 1779, spätere Erweiterungenfolgten 1890 (Wiederkehr) und um1918 (Austrag). Diese kurze Beschrei-bung mag ansatzweise darlegen, dasses sich beim Ruckergut um ein erhal-tenswertes Ensemble handelt. DasBauwerk ist jedoch nicht denkmalge-schützt und wird gegenwärtig nichtgenutzt.Im Salzburger FreilichtmuseumGroßgmain ist ein dem Untersu-chungsobjekt ähnlicher TennengauerEinhof vorzufinden. Der für Besucherfrei zugängliche Hof wurde einerTranslozierung (dokumentierter Abbauund möglichst originalgetreuer Wie-deraufbau an einem anderen Ort) un-terzogen. Ein Objekt wird dabei jedochunweigerlich aus seinem ursprünglichvorzufindenden Kontext genommen. Angeregt werden soll daher eine Nut-zung von denkmalwürdigen Ge-bäude(teilen) in der vorzufindendenörtlichen Lage. Dazu bedarf es der Ini-tiative und des Engagements zum Er-halt des lokalen Bauerbes - wider denVerfall.

DI (FH) Rainhard Maierhofer

Literatur:

Arendt, Claus (2003): Modernisierung alterHäuser. Planung, Bautechnik, Haustechnik,München, Deutsche Verlags Anstalt Maierhofer, Rainhard (2010): Bauernhaus-ensemble – Bestandsanalyse und Ent-wurfsplanung für die Neunutzung histori-scher Bausubstanz anhand eines Beispielsim Salzburger Tennengau.

Wider den Verfall - Erhaltung vernakularer Architektur am Beispiel des Ruckergutes in Kuchl / Salzburg

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Abb. 29: Ein typischer Tennengauer Einhof, das Ruckergut in Kuchl (Bez. Hallein, Salz-burger Land). 1398 wurde das Gut erstmals erwähnt, Bausubstanz mindestens von1687 stammend

Abb. 30: Original erhaltene hölzerne„Katzenköpfe“, die zur Abwehr von Seu-chen und Krankheiten dienen sollten

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Mit dem Abbruch des Staberhof-En-sembles im Dezember 2013 verlorWaiern, Ortsteil von Feldkirchen inKärnten, ein historisches Baudenkmalund zugleich sein kommunikativesHerzstück. Jahrelang betrieb HermannPuschitz hier als Pächter die Landwirt-schaft Staberhof der Diakonie Waiern.Als Obmann der DorfgemeinschaftWaiern hatte er hier ein soziales Kom-munikations- und Veranstaltungszen-trum betrieben. Der Staberhof verkör-perte den Kern des gewachsenen Bau-bestands dieser Ortschaft, deren ur-sprüngliches Ortsbild durch zahlreichemoderne Siedlungs-Großbauten be-reits schwerwiegend verändert wurde.

Geschichte

Der Staberhof, früher Wairer Hof(Waiern, Turracher Straße 8), warüber dem Eingang mit der Jahreszahl1659 bezeichnet. Er war ein landtäfli-ches Gut, das heißt, als freier Gutsbe-sitz keiner Grundherrschaft untertä-nig. Der ursprünglich kleinadelige An-sitz wurde 1732 von Franz Anton Las-sacher, Ritter von Weyersberg, an denBauern Georg Durrnig verkauft unddamit zum Bauernhof. Im 19. Jahrhundert war der WairerHof im Besitz der Familie Staber underhielt so seinen Vulgonamen. 1899kaufte Pfarrer Ernst Schwarz den Sta-berhof mit Spenden des Kaisers undetlicher Wohltäter aus Zürich undMeran im Auftrag des noch zu grün-denden evangelischen Hilfsvereins.1901 wurde der zugehörige Stadelfertig gestellt.Der Hausforscher Dr. JohannesSchwertner charakterisierte in seinemGutachten den Staberhof als „frühenTyps eines gemauerten Stöcklhauses“und meinte weiter: „Ein Abbruch desWohngebäudes samt Stadel wärenicht nur für die Ortsgemeinschaft eingroßer Verlust“

Vergebliche Rettungsbemühen

Der das Ortsbild prägende Hof sei ein-sturzgefährdet, behauptete der Eigen-tümer, die evangelische Diakonie,nachdem im Winter 2012/13 eine Auf-hängung in der Decke des Staberhofsgebrochen war. Im Jänner 2013wurde der defekte Dachstuhl desWohngebäudes durch Steher gestützt.DI Jürgen Moravi vom Bundesdenk-malamt Klagenfurt untersuchte imMärz den Staberhof im Hinblick aufeine mögliche Unterschutzstellung im

Sinne des Denkmalschutzes. Die Ar-chitektur spräche dafür, so sein Fazit,die Bausubstanz sei allerdings im obe-ren Stockwerk durch Um- und Einbau-ten verändert. Im Raum stand dieMöglichkeit, den Stadel mit seinenkunstvollen Ziegelfenstern in das Ge-bäudeensemble miteinzubeziehen.Leider konnte man sich letztlich abernicht zur Unterschutzstellung durch-ringen.Eine daraufhin ins Leben gerufene Un-terschriftenaktion der Ortsgemeindezur Rettung des Staberhofs blieb da-nach ergebnislos. Die Diakonie zeigtewenig Verständnis für den histori-schen Wert und auch kein Engage-ment bei der Suche nach neuen Nut-zungs- und Erhaltungsmöglichkeiten.Aus ihrer Sicht waren die Sanierungs-kosten schlicht zu hoch, der Stadl „un-sanierbar“ und der Aufwand, eineneue Verwendung für das Gebäudemitzutragen, zu groß. Im Septemberbeantragte man schließlich den Ab-rissbescheid, der von der Stadt Feld-kirchen auch genehmigt wurde.Im Dezember 2013 schließlich fuhren

die Bagger auf und zerstörten Wohn-haus und Stadl. Für das Gelände gibtes derzeit keine neuen Bebauungs-pläne, betont die Diakonie. Von Her-mann Puschitz wurden zwei hölzerneArl (Pflüge), zwei Wagenräder und einlenkbarer Radsatz aus dem zum Ab-bruch bestimmten Stadel geborgenund dem Museumsverein zur Präsen-tation im Amthofmuseum Feldkirchenübergeben. Eines der markanten Zie-gelfenster wird möglicherweise ineiner Mauer unweit des ehemaligenStandortes einen neuen Aufstellungs-ort finden.1

Dr. Hans Neuhold Langjähriger Obmann des Museumsvereins

Feldkirchen in Kärnten

Mag. Wolfgang Burghart Chefredakteur der Initiative Denkmalschutz

Anmerkung1 Vgl. zur Thematik Ziegelfenster den Ar-

tikel „Der Verein Stadelfenster- und Zie-gelkultur im Alpen-Adria-Raum“ inDenkma(i)l Nr. 11/2012, S. 36-37,sowie die Website des Vereins unterwww.stadelfenster.at/verein

Der Abbruch des Staberhofs in Waiern, Kärnten

Abb. 31-33: Der Staberhof und das zugehörige Wirtschaftsgebäude mit seinen cha-rakteristischen Ziegelgittern vor dem Abriss (oben) und nach dem Abriss (u.re.)

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Anfang November 2013 begannenBagger in Schlüßlberg nahe Grieskir-chen (Oberösterreich) mit dem Ab-bruch des Meierhofes, des (abgesehenvom Schloss) einzigen historisch wert-vollen Bauwerks des Ortes. Dem Bür-germeister war nur ein "Umbau" an-gekündigt worden, doch die Gemeindeschritt nicht ein."Meierhöfe" gehörten herrschaftlichenGutsverwaltern, sie waren größer alsandere Höfe. Schon 1449 wird derSchlüßlberger Meierhof "In der Au" im

Urbar Wallsee genannt, sowie 1569 inden Pfarrmatrikeln von Grieskirchen,und 1699 als "Meierhof" des weit ent-fernten Stifts Schlierbach („Mayrhoffin der Illingau“). Eine zur Gänze die-sem Hof gewidmete Diplomarbeit (Ma-rion Hamann, 1993, Institut für Bau-kunst und Bauaufnahme der TU Wien)hält Wurzeln des Hofs im 14. Jahrhun-dert für denkbar, wofür auch die „Erd-ställe“ (unterirdische Gänge) unterdem Hof sprechen.

Traditionsreiche Baukultur

Das Besondere am Schlüßlberger Hofwar der Typus des sogenannten „Ein-springers“, also eines „Beinahe-Vier-kanters“, bei dem das vierte Eck frei-gelassen wird, was daher kommt, dassin jener Region Vierkanter durch das„Zusammenwachsen“ mehrerer ur-sprünglich selbständiger Bauten ent-standen sind. Beispielsweise war dereinst eigenständige Wohntrakt im Nor-den in Stube, Küche und Stall (!) drei-

geteilt. Nördlich vom Hof lag ein altesBrotbackhaus, das bis zuletzt nochden alten Backofen enthielt. Nach derDemolierung dieser Bauten erinnertjetzt nur noch eine vor 1900 aus selbsthergestellten Ziegeln errichtete unver-putzte „Hütte“ für Wagen, Geräte undGetreidespeicher an den alten Hof,sowie ein letztes verbliebenes Marterl.

Deckenstuck

Vom Vorhaus mit Tonnengewölbe,Stichkappen und Hausbrunnen ge-

langte man in die „kleine Stube“ mitoriginal erhaltener Deckenstukkatur,wo außer der Jahreszahl 1790 die Ini-tialen der damaligen Eigentümer undeine Darstellung der „Heiligen Dreifal-tigkeit“ zu sehen war.Der Pferdestall im Wohntrakt trug einlanggezogenes Gewölbe mit korbbo-genförmigen Gurten und darüber einsogenanntes Sperrhaxendach. ImKuhstall im Südtrakt wiederum stan-den entlang der Längsachse vier Gra-nitsäulen, von denen korbbogenför-mige Gurtbögen zu den Außenwändenhinüberführten. Auch die Eingangs-und Hoftüre waren durch Graniteinfas-sungen gerahmt, auf denen die Jah-reszahl 1790 lesbar war.Zwar gab es im Lauf der Jahre (rever-sible) Änderungen, beispielsweisewurden 1960 und 2005 wärmedichteFenster eingesetzt, die kein Fenster-kreuz mehr aufwiesen, und die einsti-gen Strohdächer wurden vor Jahr-zehnten durch Ziegel (Wohntrakt)

bzw. Eternitplatten ersetzt. Die eigent-liche Bausubstanz und Raumaufteilungwurde jedoch bei den Sanierungen1999 bis 2008 nicht angetastet. Vor-schläge für Nutzungen gab es viele,zuletzt beherbergte der Hof ein Gast-haus, Geschäfte und mehrere Mieter.

„Anlegerwohnungen“

Als ein „Immobilienentwickler“ Ge-meinden nach älteren, zu verkaufen-den Liegenschaften fragte, vermittelteder Schlüßlberger Bürgermeister den

Kontakt zum Besitzer. Entwickler undBürgermeister sprachen nie von einemAbriss, nur von einem „Umbau“. Ob dem Eigentümer die gravierendenUmbaupläne bewusst waren, ist un-klar. Er unterschrieb im April 2011 denKaufvertrag. Im Sommer 2011 prä-sentierte der Entwickler dem Bauaus-schuss der Gemeinde das Projekt, daseinen Teilabbruch ausgerechnet derzwei komplett sanierten Trakte imSüden und Osten vorsah. Auch derRest hätte, wie die Projektgrafik zeigt,mit der Optik eines Bauernhofes keineÄhnlichkeit mehr gehabt: Aus demaufgeplatzten Dach quellen Balkone,und die Seitentrakte des Hofes werdenvon Loggia-artigen Strukturen zerteilt.In den historischen Hof 28 Wohnungenzu pressen, schien schwer vorstellbar.Als der Eigentümer einer im Hof auf-gewachsenen Verwandten im Septem-ber 2011 vom Verkauf erzählte, kon-taktiere diese sogleich das Landeskon-servatorat Oberösterreich des Bundes-

Das Meiergut in Schlüßlberg: Abbruch eines 450 Jahre alten Einspringer-Hofes

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Abb. 34: Der 450 Jahre alte Meierhof von Schlüßlberg (Adresse Au 1 / Au 2): Zerstört im November 2013

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denkmalamts (BDA). Der Einspringer-Vierkanter stehe zwar in einer internenListe schutzwürdiger Objekte, sei abernicht unter Denkmalschutz, wurde ihrgesagt. Die BDA-Mitarbeiterin kün-digte an, in der kommenden Wochezum Bürgermeister der Gemeinde,einem einflussreichen Ex-Landtagsab-

geordneten, zu fahren. Danach be-hauptete sie angeblich, dass der Hofdoch nicht in der internen BDA-Karteiangeführt sei. Laut KURIER (5.12.2011) argumentierte die O.Ö. Landes-konservatorin des BDA, Ulrike Knall-Brskovsky, dass die Bedeutung desHofes „noch nicht groß genug sei“, daes genug ähnliche Bauernhöfe gäbe.Auch die Initiative Denkmalschutz ver-suchte die Bemühungen um den Erhaltdes Hofes im Rahmen ihrer Möglich-keiten zu unterstützen. Unter Mitwir-kung von Architekt Viktor Zotter, demdamaligen iD-Landesobservator, wur-

den 680 Unterschriften für die Erhal-tung des Meierhofs gesammelt undAnfang 2012 dem Bürgermeisterübergeben. Dieser erklärte die Unter-schriften allerdings für „wertlos“(www.meinbezirk.at, 2.2.2012). Dievon einem Notar beglaubigten Namender Unterzeichner wurden dem Bür-

germeister nicht mitgeteilt, da in klei-nen Landgemeinden ein Protestverhal-ten manchmal unvorteilhaft sein kann.

„Gott sei Dank von keinem Spekulanten erworben!“

In den „Gemeindenachrichten“ vomNovember 2011 freute sich der Bür-germeister: „Endlich ist es gelungen,einen Bauträger zu finden, der den Hofnicht nur erworben hat, sondern die-sen auch weitgehend in seinem ur-sprünglichen Bestand erhält. Somitwird das gewohnte Ortsbild grundsätz-

lich erhalten, wie die beigefügte An-sicht des Projekts zeigt. Der Hof wurdeGott sei Dank von keinem Spekulan-ten erworben.“ Viele Ortsbewohnerbefürchteten jedoch einen heimlichenAbbruch. Tatsächlich erkundigte sichdie Gemeinde im Jahr 2012 beim BDA,ob der Hof denkmalwürdig sei, und er-

hielt die schwammige Empfehlung,„alte Teile des Hofes stehen zu lassen“.Dr. Georg Spiegelfeld, Präsident desVereines „Denkmalpflege in O.Ö.“, be-zeichnete den befürchteten Abriss alsArmutszeugnis für die Gesellschaft(Bezirksrundschau, Dez. 2011). DerEntwickler brachte im Februar 2012gegen den immer noch im Hof woh-nenden einstigen Eigentümer eineRäumungsklage ein.

Umbau oder Totalabbruch?

Die Baubewilligung vom 11.11.2011erlaubte lediglich "Umbau und Teilab-

Abb. 35 (li.o.): Das "fehlende" Eck eines Beinahe-Vierkanters: typisch für einen "Einspringer-Hof" jener Gegend; Abb 36 (re.o.): Nord-trakt: Tonnengewölbe, Stichkappen und ein Hausbrunnen im Eingangsflur; Abb. 37 (li.u.): Deckenstuck mit der Jahreszahl 1790, denInitialen der damaligen Eigentümer und der "Heiligen Dreifaltigkeit"; Abb. 38 (re.u.):Westtrakt: Stadel mit fünf großen Toren, linkshinten die "Hütte" aus handgemachten Ziegeln

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bruch“ von zwei Trakten. Am 20. 10.2013, rund zwei Wochen vor Baube-ginn, widersprach der Bürgermeisterin einer Stellungnahme den Befürch-tungen, dass ein Totalabriss geplantsei. Gleiches verkündete der Entwick-ler. Doch im November 2013 zerstör-ten Bagger alle vier Trakte des Meier-hofes – übrigens in direkter Sicht- undHörweite zum Gemeindeamt. Die Ge-meinde teilte mir mit, dass der nichtangemeldete Totalabbruch am Wo-chenende erfolgt sei, sodass man nichteinschreiten konnte. Zeugen behaup-ten jedoch und untermauern diesdurch datierte Fotos, dass der Abbruchwesentlich länger dauerte und die Ge-meinde einschreiten hätte können.

Am 1.12.2013, der Hof war längstzerstört, übermittelte der Immobi-lienentwickler der Gemeinde einenachträgliche Totalabbruchsanzeige,angeblich wegen "Feuchtigkeit, bau-technischer Baufälligkeit und wirt-schaftlich nicht sinnvoller Sanierung“.Merkwürdig, dass bei einer amtlichenBegehung ein Jahr zuvor nichts der-gleichen festgestellt wurde. Am 19.12.2013 nahm die Gemeinde „den To-talabbruch zur Kenntnis“, und am 23.12.2013 erließ der Bürgermeistereinen nachträglichen Totalabbruchbe-scheid mit Auflagen - der Anfang amSchluss sozusagen.

„Bedeutung für das Orts- undLandschaftsbild“

Im § 35 Abs. 1 der OÖ Bauordnung(1994) wird festgelegt, dass im Falldes Abbruchs von Gebäuden die Bau-bewilligung zu versagen ist, wenn des-sen Instandhaltung oder Instandset-zung wirtschaftlich vertretbar sei undan der Erhaltung des Gebäudes wegenseiner Bedeutung für das charakteris-tische Orts- und Landschaftsbild einöffentliches Interesse bestehe. Diesgelte auch für einzeln stehende Bau-ten, deren Abbruch nicht bewilligt,sondern bloß vorher (!) angezeigt wer-den müsse.Zwei Monate vor Baubeginn wurde beider Linzer Direktion für Inneres undKommunales (DirIK), Abteilung Bau-recht, eine Aufsichtsbeschwerdegegen die Gemeinde Schlüßlberg ein-gebracht und vor einem Totalabbruchgewarnt. Die DirIK stellte am 14. 5.2014 in Bezug auf den Abbruch desMeierhofes mehrere Missstände fest.Beispielsweise habe der Bürgermeisterbei der Bauverhandlung am 11.11.2011 den § 35 nicht geprüft („Bedeu-tung für das Orts- und Landschafts-bild“). Weiters hätte der vorher nichtangemeldete Totalabbruch vom Bür-germeister an die Bezirkshauptmann-schaft Grieskirchen gemeldet werdenmüssen, um die Sache verwaltungs-

strafrechtlich beurteilen zu lassen.Was den § 35 betrifft, hatte der Bür-germeister bereits am 20.10.2013,kurz vor dem Totalabbruch, gegenüberder DirIK argumentiert, dass beimMeierhof „von einer charakteristischenPrägung für das Ortsbild“ nicht ge-sprochen werden könne, da sich rund-herum „lauter neu errichtete Bau-werke“ befänden - eine originelleDenkweise. Die Missstandsfeststellun-gen der Linzer Direktion für Inneresund Kommunales blieben trotzdemohne Folgen, wie die DirIK in Linz ar-gumentierte: "Sonstige taugliche Auf-sichtsmittel (etwa ein Wiederherstel-lungsauftrag) stehen der O.Ö. Landes-regierung als Aufsichtsbehörde nichtzu." Also ein Freibrief für ähnlicheFälle?Was bleibt, ist die Erinnerung an einen2013 zerstörten Hof, der rund ein hal-bes Jahrtausend lang existierte, sowiedie Freude des Bürgermeisters, dass„das gewohnte Ortsbild grundsätzlicherhalten bleibt, weil der Hof Gott seiDank von keinem Spekulanten erwor-ben wurde“. Und es bleibt die Verwun-derung über das BDA, das dem Ein-springerhof nach einem Gespräch mitdem einflussreichen Bürgermeisterplötzlich die Denkmalwürdigkeit ab-sprach.

Dr. Gerhard HertenbergerJournalist und Buchautor

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Das Kaunertal zweigt im Tiroler Ober-land als erstes großes Seitental rechtsdes Inntales Richtung Osten bzw.Süden ab. Das Tal erstreckt sich übereine Länge von insgesamt 39 km undbildet politisch eine Gemeinde mit inmehreren Weilern angesammeltenHöfen, der Hauptort ist Feichten. Die Tallandschaft ist bis zur Mitte des20. Jahrhunderts ausschließlich bäu-erlich geprägt. Erst mit dem Bau desKaunertalkraftwerkes in den Jahren1961 – 1964 mit dem Gepatschstau-see und der Erschließung des Glet-schergebietes setzt der wirtschaftlicheund touristische Aufschwung im Talein und bringt somit auch für die Kul-turlandschaft einschneidende Verän-derungen mit sich. Ein Steuerkataster aus der Mitte des18. Jahrhunderts listet im Kaunertal80 Höfe auf. In Feichten mit den Wei-

lern Mühlbachl, Ögg und Grasse sindes laut dem Franziszeischen Katasterzur Mitte des 19. Jahrhunderts nochum die 30 Hofstellen. Hier sind beson-ders die vielen geteilten Höfe auffällig,die auf das im Tiroler Oberland vor-herrschende Erbrecht mit materiellerTeilung hinweisen. Heute sind imOrtsbild von Feichten keine histori-schen Bauernhöfe mehr zu erkennenund nur an wenigen Gebäuden istbaulicher Altbestand zu erahnen. Le-diglich die Ögghöfe thronen weitge-hend unverändert auf der rechten Tal-seite in 1.444 Meter Seehöhe und prä-gen aufgrund ihrer exponierten Lageauf einem Geländerücken und der un-veränderten Einheit von Landschaftund Gebautem wesentlich die Talan-sicht Richtung Süden.Das Ensemble Ögghöfe setzt sich ausdrei von Osten nach Westen hinterei-

nander in den Hang gestellten und zu-sammengebauten Wohngebäudenund entsprechend drei freistehendenWirtschaftsgebäuden im Norden undWesten zusammen. In den Wohnge-bäuden sind nur die Küchen im Erdge-schoß gemauert, jedoch nicht über-wölbt, sondern mit dicht an dicht lie-genden Holzbalken überdeckt. Die üb-rigen Gebäudeteile mit Stuben imErdgeschoß und Kammern im Dach-geschoß sind in eng gefügter Kant-blockbauweise errichtet.Über die Errichtungszeit der Höfe unddie Entwicklungsgeschichte des En-sembles ist derzeit nur wenig be-kannt. Im östlichsten, talseitigen Ge-bäude wird der Ursprungshof vermu-tet, bevor aufgrund der materiellenErbteilung das heutige Ensemble ent-steht. Möglich ist jedoch auch, dassder heutige Bestand bereits ursprüng-

Die Ögghöfe im Kaunertal - eines der letzten Zeugnisse der bäuerlichen Kulturlandschaft des Tales

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lich für mehrere Parteien errichtetwird. So sind im östlichsten Gebäudezwei Küchen, je eine daran anschlie-ßende, zugehörige Stube und je eineKammer im Dachgeschoß unter einemDach zusammengefasst.Um die Geschichte des Ensembles undinsbesondere des östlichsten Hofesnäher zu beleuchten und den Bestandzu dokumentieren wurden dieÖgghöfe im Mai 2014 von Studentender Architekturfakultät Innsbruck imRahmen der Lehrveranstaltung „Me-thodik und Praxis der Bauforschung“eingehend untersucht. Der planeri-sche Umgang mit historisch wertvol-len aber auch anonymen Architektu-ren stellt heute einen wesentlichenAufgabenbereich des Architekten darund setzt eine umfassende Kenntniseines Gebäudes hinsichtlich Bauge-schichte, Konstruktion, Material undZustand voraus. In der Seminarwochesollte den Studenten an einem kon-kreten Objekt der Blick für den histo-rischen Bestand geschärft werden undin interdisziplinärer Zusammenarbeitmit anderen Fachleuten der Umgang

mit historischen Gebäuden aufgezeigtwerden. So wurden die Dokumentati-onsarbeiten durch dendrochronologi-sche Untersuchungen an ausgewähl-ten Bauhölzern ergänzt, um die vor-gefundenen Bauphasen näher ein-grenzen zu können (Universität Inns-bruck, Institut für Geographie, KurtNicolussi, Thomas Pichler). Dokumen-tation und Holzproben sind derzeitnoch in Ausarbeitung bzw. Auswer-tung. Anhand stilistischer Elementeund in Abgleich mit den historischenDaten dürfte der Kern des Gebäudesjedoch im 16 Jahrhundert entstandensein. Die letzten baulichen Verände-rungen sind mit der Inschrift an einerStubentäfelung um 1840 belegt.Noch heute haben die Ögghöfe meh-rere Besitzer, davon ausgehend wirdden Höfen mit unterschiedlicher Wert-schätzung begegnet und sie genügenzur Zeit unterschiedlichen Anforde-rungen: Während ein Hof als Ferien-wohnung genutzt wird, dient ein wei-terer als persönlicher Ruheort. Derdritte Hof steht leer. Einer der Besitzerebenso wie auch die Gemeinde Kau-

nertal haben den kulturellen Wert derÖgghöfe inzwischen erkannt und be-mühen sich um den Erhalt des En-sembles in seinem Originalzustand.Die von den Studenten erarbeiteteDokumentation wird nach Fertigstel-lung dem Bundesdenkmalamt Tirol alsEntscheidungsgrundlage für weitereSchritte zur Verfügung gestellt. Füreine mögliche Unterschutzstellungund etwaige folgende Maßnahmen zurRestaurierung und Konservierungmüssen jedoch zuerst die verschiede-nen Haltungen und Ansprüche ge-meinsam abgestimmt werden. DasEnsemble muss als zusammengehö-rendes Ganzes betrachtet und ge-schätzt werden: denn fällt auch nurein Gebäude – so unbedeutend es alseinzelnes auch scheint – bedeutetdies doch eine unwiederbringlicheLücke in der über die Jahrhundertegewachsenen Einheit.

DI Sonja MittererFreischaffende Architektin

und Bauforscherin, InnsbruckLehrbeauftragte an der Universität Innsbruck

Abb. 39: Ögghöfe im Kaunertal. Jahrhunderte alte Höfe in über 1400 Metern Höhe

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Welche Rolle spielten Gemeinde undLand beim Verlust des 310 Jahrealten Bauernhof-Juwels?

Und warum versagt das Denkmal-schutzgesetz in solchen Fällen?

In Götzens, südwestlich von Inns-bruck, stand in der Kirchstraße 13seit Jahrhunderten der sogenannteLiedlerhof, ein prachtvoller Bauernhofvon überregionaler Bedeutung. 2003wurde der Denkmalschutz aufgeho-ben, 2006 erfolgte der Abbruch, uman seiner Stelle einen Supermarkt zuerrichten.

Die Ursachen für diesen unwieder-bringlichen Verlust sind komplex, unddie Recherchen ergaben mindestensdrei einander widersprechende Ver-sionen der Ereignisse bis zum Ab-bruch, wobei nicht alle Widersprücherestlos geklärt werden konnten. Zieldes Artikels ist nicht eine Schuldzu-weisung, sondern die Suche nachLehren für die Zukunft, um solcheTragödien künftig zu vermeiden.

Die Rückfront des Liedlerhofs trug dieJahreszahl 1693 (Baujahr), und mitseiner partiellen Holzfassadeschmückte der Hof seit Jahrhunder-ten das Ortsbild. Er war ein typischerMittertennhof, bei dem Wohn- undWirtschaftstrakt parallel in einem Bauvereint sind und man von der befahr-

baren Tenne das Heu direkt auf denDachboden werfen kann. Der Giebelvon 1776 trug Inschriften der Besit-zer, und die Vorderfront schmücktenein Rundbogenportal und Ochsenau-gen über den Obergeschoßfenstern.

1975 wurde das Bauwerk unterDenkmalschutz gestellt, und schondamals wäre laut Bundesdenkmalamt(BDA) eine Dachrestaurierung sinn-voll gewesen. Ab hier widersprechensich die Versionen meiner vielen Ge-sprächspartner. Eine Version behaup-tet, dass sich der Eigentümer angeb-lich trotz intensiver Bemühungen desBDA und der Behörden den Ermunte-rungen zu einer Restaurierung wenigzugänglich zeigte, obwohl das Land,eine Stiftung und Sondermittel desMinisteriums geholfen hätten. Sogardie Politiker Erhard Busek und FranzFischler seien vor Ort gewesen. Be-hördliche Weisungen hätten nur mi-nimale Erhaltungsmaßnahmen be-wirkt. Es habe verschiedene Nut-zungsvorschläge gegeben, von einemHeimatmuseum bis zu Geschäftenund Wohnungen.

Eine andere, sehr glaubwürdige Dar-stellung der Dinge besagt, der Eigen-tümer habe sehr wohl substanzielleRestaurierungen durchgeführt, nursei er letztlich finanziell von der Ge-meinde (etwa bei einer Umwidmungan anderer Stelle) und von anderenBehörden im Stich gelassen worden.Man habe für eine Dachsanierungvom Eigentümer 12 Millionen Schil-ling Eigenmittelleistung erwartet, umlächerliche 20.000 Schilling als Sub-vention anzubieten.

Definitiv gab es ein extrem schlech-tes Gesprächsklima zwischen demBürgermeister und dem Eigentümer.Eine Version besagt, dass der Eigen-tümer „von den Schikanen der Be-hörde so genervt war“, dass er ange-sichts der potenziellen Restaurie-rungskosten und der mangelnden fi-nanziellen Unterstützung einfachnicht mehr „weiter machen wollte“und irgendwelche Bescheide igno-rierte. Der Bürgermeister verhängtedaraufhin über den nicht mehr be-wohnten Hof ein Benützungs- undBetretungsverbot. Mehrere meinerGesprächspartner sehen darin eineunnötige Schikane, der Bürgermeis-

ter sieht darin auch heute noch einebedauerliche Notwendigkeit wegen„Einsturzgefahr“.

Die Mauern selbst seien bis zuletzt inerstaunlich gutem Zustand gewesen,erfuhr ich von anderer Seite, in kei-ner Weise habe Einsturzgefahr be-standen. Fest steht jedenfalls, dassdie Initiative zum Abbruch nicht vomEigentümer ausging, sondern vomBürgermeister. Dieser ließ im Jahr2003 mittels Einschaltung der Be-zirkshauptmannschaft einen behörd-lichen Abbruchauftrag des denkmal-geschützten Hofes einleiten. Um demunmittelbar drohenden, teuren be-hördlichen Abbruch zuvorzukommen,veranlasste der Eigentümer daraufhineinen (billigeren) privaten Abbruch-antrag.

Das BDA ersuchte deswegen am2.5.2003 den Denkmalbeirat um eineStellungnahme, „da aufgrund der vor-liegenden Ermittlungsergebnisse be-absichtigt ist, dem Abbruchantragstattzugeben“, wie es im dürftigenProtokoll des Denkmalbeirates ohnejede nähere Erklärung heißt. DerDenkmalbeirat fungiert als externesBeratungsgremium des Kulturministe-riums, das vor der Erteilung einer Be-willigung zur Zerstörung zu hören ist. Die Zusammenkunft des Denkmal-beirates verzögerte sich jedoch, dader zuständige Vorsitzende wegeneiner schweren Erkrankung im Spitallag und keine Sitzung einberufenkonnte. Ein vom Beirat beauftragterExperte aus Feldkirch sollte im Sep-tember 2003 ein Einzelgutachtenüber den Liedlerhof anfertigen. Dochdazu kam es nicht mehr: Der Rechts-anwalt der Eigentümerfamilie hatteherausgefunden, dass zwischen Be-auftragung des Denkmalbeiratesdurch das BDA und Beauftragung desGutachters durch den Beirat knappmehr als die erlaubten drei Monateverstrichen waren, innerhalb dererder Denkmalbeirat verpflichtet ist,sich zu äußern. Mit Schreiben vom25.8.2003 teilte der Eigentümer-Rechtsanwalt mit, dass die Nicht-Re-aktion des Denkmalbeirates inner-halb der Frist als Zustimmung zumAbbruch zu werten sei. Leider ist dasösterreichische Denkmalschutzgesetzin dieser Hinsicht mangelhaft und un-terstützt den Abbruch historischer

Verfall und Abriss des Liedlerhofs in Götzens (Tirol)

Abb. 40: Ausschnitt einer historischenAnsicht

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Bauten wesentlich effizienter als dieAnliegen des Denkmalschutzes. Un-gewöhnlich schnell, bloß drei Tagespäter, am 28.8.2003, erließ das BDAden Bescheid zur Aufhebung desDenkmalschutzes und stimmte derZerstörung des 310 Jahre alten Bau-ernhofes zu.

Ob das BDA wirklich machtlos war,und warum nach Intervention desAnwalts so hastig ein Abbruch erlaubtwurde, ist schwer zu beurteilen. Derdünne Bericht des Beirats behauptet,dass das BDA „aufgrund des fehlen-den Gutachtens das Objekt zum Ab-bruch freigeben musste“. Dass eineFristüberschreitung des Denkmalbei-rates von wenigen Tagen den Unter-gang eines architektonischen Juwelsbewirken kann, diese Lücke im Denk-malschutzgesetz kann nur Kopfschüt-teln auslösen.Das Liedlerhof-Areal ist übrigensnoch immer unbebaut: Nach dem Ab-bruch im Jahr 2006 wurde jahrelangdiskutiert, ob ein 600 m2-Großmarktmit 100 Parkplätzen in einem Dorfwirklich sinnvoll sei, zumal dernächste Markt dieser Gruppe nur 3km entfernt ist.

Abgesehen von den nicht hilfreichenpersönlichen Spannungen involvier-ter Personen steht die Zerstörungvom 310 Jahre alten Liedlerhof sym-bolisch für ein grundlegendes Pro-blem in Österreich: Das Denkmal-schutzgesetz verbietet zwar theore-tisch den Abbruch geschützter, histo-risch wertvoller Bauwerke, aber esverpflichtet Gemeinden, Land undBund nur völlig unzureichend zu einerfinanziellen Unterstützung der Eigen-tümer bei der Erhaltung. Der Eigen-tümer muss jeden Umbau mit demBDA abstimmen, finanziell wird eraber im Regen stehen gelassen -buchstäblich, wenn beispielsweisedas Dach schadhaft ist wie beim Liedlerhof.Umgekehrt gibt es auch keine ausrei-chende Möglichkeit, vom Eigentümer,kombiniert mit entsprechender finan-zieller Unterstützung, wirksame Sa-nierungsmaßnahmen einzufordern.Als beinahe einziges Land in Europaschafft Österreich es seit 30 Jahrennicht, die 1985 unterzeichnete Euro-parats-Konvention von Granada zumSchutz des architektonischen Erbeszu ratifizieren und in heimische Ge-

setze umzuwandeln, was als Peinlich-keit und Schande eingestuft werdenmuss. Dieses Übereinkommen soll u.a. verhindern, dass ein Eigentümerein geschütztes Kulturdenkmal ausGeldmangel oder anderen Gründenverfallen lässt, bis es nicht mehr zuretten ist.

Während fast alle Länder EuropasMaßnahmen vorsehen, um den Ver-fall von Kulturdenkmälern zu stop-pen, wartet die heimische Politik seit30 Jahren ab, weil die „unantastbarePrivatsphäre“ höher gewertet wird alsder Schutz von Kulturgütern, undweil vor allem keine wirkliche Bereit-schaft besteht, Eigentümern bei derErhaltung finanziell unter die Arme zugreifen.

Wenn nicht rasch die rechtlichen Rah-menbedingungen verbessert werden,wird der Verlust an wertvoller histo-rischer Bauernhofarchitektur ebensorasant voran schreiten wie die Zer-störung denkmalwürdiger Bauten inden Städten.

Dr. Gerhard HertenbergerJournalist und Buchautor

Abb. 41: Die historische Fassade des 310 Jahre alten Liedlerhofes in Götzens im August 2000. 2003 wurde der Denkmalschutzaufgehoben, 2006 der Hof abgerissen

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Mit der Übernahme des WeinviertlerFreilichtmuseums Niedersulz durchdas Land Niederösterreich im Jahr2008 endete die Rettung historischerBauten. Stattdessen wurde ein 3 Mil-lionen Euro teurer, monumentalerschwarzer Quaderbau hinzugefügt.

Am Anfang stand eine Idee des 1949in Niedersulz geborenen, für die Erz-diözese Wien arbeitenden Kirchenma-lers Josef Geissler: Immer wieder sah

er den Abriss wunderschöner bäuerli-cher Bauten in Weinviertler Dörfern.1970 richtete er ein Heimatmuseumein, und 1979 begann er, vom Abrissbedrohte Bauten nach Niedersulz zutransferieren und auf einer Wiese wie-der aufzubauen. Was erhalten werdenkonnte, Türen, Fensterstöcke, Holzde-cken und Inneneinrichtung, wurdewieder verwendet. Nur die Lehmmau-ern mussten nach alter Methode neuerrichtet werden.Anfangs hielten die DorfbewohnerGeissler für einen „Spinner“ – warumsollte man Häuser auf einer Wiese neuaufbauen? Doch im Lauf der Jahre, alsdie Dörfer der Umgebung immer mehrverödeten und alte Bauernhäuserdurch gesichtslose Einheitsbauten er-setzt wurden, entwickelte sich das„Weinviertler Dorfmuseum“ zu einemabsoluten Juwel, zu einem richtigenkleinen Dorf. Man ging zwischen altenHäusern herum, konnte Bauernstuben

mit ihren bemalten Kästen betreten,und man hatte den Eindruck, das Dorfsei bewohnt, die Bewohner seien bloßgerade nicht zuhause.Dies war die Stärke des Museums-dorfs bis 2008: Das engagierte Teamrund um den inzwischen zum Profes-sor ernannten Josef Geissler hatte mitviel Gespür und Liebe zum Detailetwas Authentisches geschaffen. EinHaus am Rand enthielt Kassa undkleine Verwaltungsräume, ein Stück

weiter wartete ein Dorfwirtshaus, woman essen und trinken konnte, undman war sich nicht so ganz sicher, obman in einem Museum war, oder viel-leicht doch in einem echten Weinviert-ler Dorf.Der private Verein, der mit unglaubli-chem ehrenamtlichem Engagementarbeitete und von allen Seiten vomAbriss bedrohte Bauernhäuser ange-boten bekam, übersiedelte zwischen1979 und 2008 etwa 70 WeinviertlerBauten, die ansonsten zerstört wor-den wären – vom Stadel und Schwei-nestall bis zum gewaltigen Vierseithofaus Wultendorf, erbaut im Kern 1740.Somit wurden pro Jahr im Durch-schnitt 1 bis 3 Bauwerke vor der Zer-störung gerettet.Als Beispiel die Liste der 1990 über-siedelten Bauten: Ein Weinviertler Ha-kenhof aus Kettlasbrunn, zwei Längs-stadel aus Hörersdorf und Bernhards-thal, ein Jägerhaus aus Hohenau, ein

Schüttkasten aus Dörfles, ein Kuku-ruzspeicher aus Spannberg, ein Kel-lerstöckl aus Erdpreß und ein Press-haus aus Ottenthal. Und im Folgejahr1991: Ein Weinviertler Hakenhof ausHörersdorf, ein Kleinhäusler-Haus ausUnterstinkenbrunn und ein Schüttkas-ten aus Patzmannsdorf.

Das Land schaltet sich ein

Die anfallenden Kosten waren trotzehrenamtlicher Arbeit beachtlich, derfinanzielle Druck stieg, und so schienes einige Jahre nach der Jahrtausend-wende wie eine glückliche Fügung,dass das Land Niederösterreich in dasProjekt einsteigen wollte und ver-sprach, die unvermeidlichen finanziel-len Verbindlichkeiten des privatenTeams zu bezahlen. Die gewaltigen fi-nanziellen Möglichkeiten des Landesschienen dem bereits blühenden Mu-seumsdorf einen neuen Impuls zuversprechen.Doch es kam ganz anders: Im Jahr2008 wurde das Museumsdorf voneiner „Weinviertler Museumsdorf Nie-dersulz Errichtungs- und Be-triebsGmbH“ übernommen, deren Ge-schäftsführer seither immer wiederwechselten. Sie untersteht der 2007gegründeten „Kultur.Region.Nieder-österreich GmbH“, die unter anderemMusikschulen, Volkslieder und Museenbetreut. Ihr Hauptsitz ist Atzenbrugg,am Zweitstandort Brandlhof in Radlb-runn, Heimatort des Landeshaupt-manns, wurde in einem ehemaligenSchweinestall ein Seminarzentrum fürMuseumsmanagement eingerichtet.Die vom Abriss bedrohte, alte Dorf-schule von Gaiselberg, die 2008 nochvon Geisslers Team ins Museumsdorfübersiedelt wurde, war das letzte ge-rettete Bauwerk. Das Land Nieder-österreich hatte für das Museumsdorfzunächst ungeheure 14 Millionen Euroeingeplant, durch die Auswirkungender Finanz- und Spekulationskrise2008 schrumpften diese auf immernoch beachtliche 9 Millionen Euro. EinDrittel davon wurde für den Bau einesmonumentalen Eingangsbauwerks amHügel oberhalb des Freilichtmuseumsreserviert. Josef Geissler hatte einst für diesenStandort einen prachtvollen barockenSchüttkasten vorgesehen. Doch diepolitischen Entscheidungsträger ent-

Museumsdorf Niedersulz – Stillstand im Schatten eines schwarzenEingangsquaders

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Abb. 42: Idyllisches Museumsdorf Niedersulz (09/2000): Links der Pfarrhof von Potten-hofen, dahinter Längsstadel aus Niedersulz, rechts Wirtshaus (Jägerhaus aus Hohenau)

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schieden sich gemeinsam mit demLeiter der „Kultur.Region.Niederöster-reich“, Dr. Edgar Niemeczek, für einEingangsbauwerk im modernem Stil.

Monolithischer Öko-Betonkörper

Der NÖ Landtag gab die insgesamt 9Millionen Euro frei, und eine Jurywählte den schwarzen Quader einesWaldviertler Architektenbüros aus.Laut der Broschüre „Bauen für Nieder-österreich“ handelt es sich bei demBauwerk um einen „im Hang situierten[…] Öko-Betonbaukörper“, der miteiner verglasten Holzkonstruktionüberbaut sei. Diese „entlehnt ihre Ma-terialität von bäuerlichen Stadeln undnimmt somit Bezug auf das Museums-dorf“. Die Architekturwebseite nextroom.at schwärmt: „Der monolithi-sche Baukörper weist in seinem Zen-trum eine große Öffnung auf, durchdie der Blick des Besuchers bereits beiseiner Ankunft auf die Dächer deralten Häuser geleitet wird. Somit ent-steht eine harmonische Wechselwir-kung zwischen dem zeitgemäßen Ein-gangsgebäude, welches das Muse-umsdorf durch entsprechende Fern-wirkung selbstbewusst nach Außen hinpräsentiert, und den „gerahmten“, his-torischen Ausstellungsobjekten.“ Imdrei Millionen Euro teuren Bauwerksind Kassa, Shop und ein Café unter-gebracht, sowie „Arbeitsplätze“ undein Saal für Reisegruppen. Nachhakenund ein Lokalaugenschein zeigten,dass das Café dauerhaft geschlossenist, sofern nicht eine Reisegruppe esmietet („sonst wäre es eine Konkur-

renz für das Wirtshaus im Dorfmu-seum“), und dass die „Mitarbeiterar-beitsplätze“ maximal vier bis fünf Per-sonen beherbergen.Leider kann ich aufgrund meiner ver-traulichen Gespräche keine Namennennen, aber offenbar waren fast alleReaktionen auf den schwarzen Quadernegativ. Ein extra eingeladener hoch-rangiger Alt-Politiker soll spontan ge-sagt haben: „Was habt Ihr denn da füreinen D***k hingebaut! Das passtnicht dazu!“ Und eine führende Personaus dem Denkmalschutzwesen fandfür das Bauwerk Worte, die beim bes-ten Willen nicht abgedruckt werdenkönnen.

Massentourismus statt Schönheit

Von verschiedenen Seiten hörte ichKritik, dass der neue Ein- und Aus-gang am Berg für ältere und gehbe-hinderte Menschen mühsam sei. Frü-her konnte man unten im Dorf be-quem ins Museumsdorf gelangen.Heute müssen ältere Menschen undRollstuhlfahrer am Ende einer langen,ermüdenden Besichtigung den steilenWeg hinauf zum schwarzen Aus-gangsquader zurücklegen, wenn siezurück zum Auto oder Bus wollen.Unten existiert noch der alte Ausgang,Eintrittskarten werden jedoch nuroben verkauft.2004 dachte man noch an einen sanf-ten Tourismus: Der seit 1988 einge-stellte Personenverkehr bis zumBahnhof „Sulz-Museumsdorf“ wurdewieder in Betrieb genommen, es gabTagesausflügler mit und ohne Fahr-rad, gelegentlich auch stilecht miteinem dampfbetriebenen Sonderzug.Doch dann wurde auf Massentouris-mus gesetzt: Ende 2010 wurde derBahnbetrieb stillgelegt (eventuell wirdein privater Betreiber künftig Zügeführen), 2012 wurde beim neuen Ein-gangsquader ein Parkplatz für hun-derte Autos und Busse errichtet. Pas-send dazu wurde bei der nach Nieder-sulz führenden Autobahnabfahrt„Hochleithen“ das bereits 1723 er-wähnte Wirtshaus „Kasanwirt“, woschon Kaiser Karl VI. einkehrte, 2009als „nicht mehr zeitgemäß“ abgeris-sen und durch eine McDonalds-Rast-stätte ersetzt. Abb. 44: Sanfter Tourismus: Mittagessen im ehemaligen Jägerhaus aus Hohenau

(Sept. 2000)

Abb. 43: Schwarzes, bauklotzförmiges Eingangsbauwerk, eröffnet vom Land NÖ imJahr 2012. Davor Asphaltfläche mit Weg zum Großparkplatz.

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Oft wird argumentiert, dass Besucherfrüher mit ihren Autos Niedersulz „zu-geparkt“ hätten. Leute aus dem Ortberichteten mir allerdings, das Pro-blem sei nicht gravierend gewesen,und man hätte es weitaus behutsamerlösen können.

Bauhof mit Bauernkästen

Im Gegensatz zum überdimensionier-ten Eingang macht der ebenfalls neuerrichtete „Bauhof“ einen gewissenSinn, da dort Werkstätten und Depot-bereiche untergebracht sind. Optisch

wirkt der außerhalb vom Museumsa-real errichtete, fast fensterlose Bauhofallerdings wie eine große Garage,trotz Lärchenholzverkleidung. Undman fragt sich, ob angesichts derdörflichen Umgebung und der Nähezum Freilichtmuseum nicht ein etwasdezenterer Bau sinnvoll gewesenwäre.Originellerweise werden im Bauhofzahllose wertvolle Bauernmöbel ge-hortet. Ursprünglich waren diese vomGeissler-Team authentisch passend inMuseumsdorfhäusern aufgestellt wor-den, und es gab eigene Führungen zurBemalung von Bauernkästen. Nachder Übernahme durch das Land wollteman diese anscheinend „katalogisie-ren und restaurieren“. Jetzt stehen sieunzugänglich im 900 m² großen,fensterlosen Depot.

Wo ist das Geld?

Wie aber kann es sein, dass ein priva-tes Team um Geissler 30 Jahre langextrem erfolgreich rund 70 wertvolle

Bauernhäuser retten konnte, währendmit der Übernahme durch das Land2008 trotz 9 Millionen Euro Budgetder Aufbau des Museumsdorfs been-det wurde? Die Zahlen sprechen fürsich: Im Jahrzehnt 1979 bis 1988 hatdas Team um Josef Geissler 25 Bau-werke gerettet, 1989 bis 1998 sogar33 Bauten, und von 1999 bis 2008weitere 11 Bauwerke (Kleinstbau-werke wie Schweineställe wurdennicht mitgezählt, und manche Bautensind mehrteilig, sodass die Gesamt-zahlen noch höher sein dürften). Auch

wenn im dritten Jahrzehnt das Wachs-tum des Dorfes etwas langsamerwurde, findet man unter den 11 Ob-jekten große mehrteilige Ensembleswie den Vierseithof aus Wultendorf(der als ein Objekt gezählt wird),sowie malerische Kleinhäusler-Bau-ernhäuser, zwei Kapellen, eine Volks-schule und ein Presshaus.In den sechs Jahren von 2009 bis2014 wurde kein einziges historischesBauernhaus mehr gerettet – und das,obwohl im gesamten Weinviertel stän-dig wertvolle alte Bausubstanz abge-rissen wird, weil die Besitzer nicht be-reit sind, in deren Erhaltung zu inves-tieren und stattdessen einen Neubaubevorzugen. Handlungsbedarf gäbe esalso genug. Ich telefonierte mich durch in höhereEbenen der Behördenhierarchie. Wirk-lich klare Antworten erhielt ich nicht.Angeblich war das Restaurieren vonHäusern so teuer, dann aber hieß es,die Restaurierungen hätten kaum be-gonnen, auch würde das Land eben

teurer arbeiten als Privatleute. Teuersei auch die Einleitung von Strom indie Häuser gewesen (auch wenn dieOriginale um 1850 wohl keinenStromanschluss hatten), und die bis-her teilweise aus Erde und Rasen be-stehenden Wege im Dorf habe manbesucherfreundlich mit Kies abge-deckt (was wohl auch nicht dem Zu-stand um 1850 entspricht).Auf meine Frage, warum man nichteinfach das Geissler-Team (vielleichtverstärkt durch jungen Nachwuchs)professioneller, preisgünstiger und mit

mehr Gespür für die Sache weiter ar-beiten ließ, unterstützt durch finan-zielle Landesmittel, erhielt ich auswei-chende Antworten. „Es sei halt eineandere Zeit jetzt“, erfuhr ich ratlos.

„Mäh und Muh“ aus dem Lautsprecher

Das einzige, was im Museumsdorfwirklich gut funktioniert, ist die hüb-sche Gestaltung der Bauerngärten. Daman, außer den abstoßenden Neu-bauten, kaum wirklich Neues präsen-tieren kann, werden die Gärten über-dimensional stark beworben und alsHauptattraktion in den Vordergrundgestellt.Auch gibt es einige Ausstellungen(„Lehmbau“, „Bauernleben – von derGrundherrschaft zur modernen Agrar-politik“) und Veranstaltungen(„Dirndlgwandsonntag mit Frühschop-pen“), und Pflügen mit Pferd wird„live“ vorgeführt, was ganz interes-sant sein mag, aber ein wenig ein Dis-neyland-Gefühl weckt – ähnlich wie

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Abb. 45 (li.): "Bauhof" für Lagerung und Restaurierung: Garagenähnliche Architektur ohne Fenster; Abb. 46 (re.): früher in denMuseumsdorf-Häusern aufgestellt, jetzt unzugänglich im fensterlosen 900 m2 großen Depot versteckt

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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im „Archäologiepark Carnuntum“, woverkleidete Römer kämpfen, anstattdass Grabungsergebnisse präsentiertwerden. Am 18. Juni bekam man imMuseumsdorf überdies um stolze 119Euro pro Person ein Haubenkochessenmit Weinbegleitung serviert, was zumAmbiente der schlichten Bauernhäu-ser so gut passt wie die sprichwörtli-che Faust aufs Aug. Hoffentlich gab esdamals keinen Regen, weil laut An-kündigung in diesem Fall das Abend-essen vom Dorfplatz in den schwarzenEingangsquader verlegt werden sollte.

Ganz schlimm sind Ausrutscher wiezum Beispiel die peinlichen Haustier-Attrappen, die neuerdings in einigenStallbauten aufgestellt wurden, woLautsprecher „Muh“ und „Mäh“ er-schallen lassen. Zumindest dort hätteman sich das (angeblich so teure) Ein-leiten von Strom ersparen können.

Barocker Schüttkasten

Dabei hätte es ganz andere Gestal-tungsmöglichkeiten gegeben: Auf denHügel, wo jetzt der schwarze Quaderthront, hätte nach den Plänen vonProf. Geissler ein prachtvoller baro-cker Schüttkasten übersiedelt werdensollen. Der Graf von Poysbrunn, er-zählt Geissler, habe ihm 2008 seinenSchüttkasten angeboten. Das ein-drucksvolle Bauwerk hätte viele Auf-gaben übernehmen können, die nunim Quader untergebracht sind, eshätte als stilvoller Veranstaltungsraumdienen und Arbeits- und Archivräumeaufnehmen können. Doch von derÜbertragung weiterer historischer Ar-

chitektur ist nun keine Rede mehr. Of-fiziell wurde verkündet, Prof. Geisslerhabe „seinen wohlverdienten Ruhe-stand“ angetreten, jedoch hört manvon ihm und von vielen seiner Wegge-fährten, dass er den von ihm selbstgegründeten „Verein der Freunde desMuseumsdorfes Niedersulz“ durchausunwillig verließ und in Wirklichkeit vol-ler Tatendrang ist. Dieser sogenannte„Freundesverein“ wird nun vom ehe-maligen zweiten niederösterrei-chischen Landtagspräsidenten HerbertNowohradsky geleitet.

Sakralsammlung im Pfarrhof Niedersulz

Während das Museumsdorf seit 2008stark an Authentizität verloren hat,restaurierte Prof. Geissler 2011 mitungeheurer Energie den verfallenenPfarrhof von Niedersulz. Die Außen-mauern stammen noch von einemalten Herrenhaus, da die HerrschaftNiedersulz Jahrhunderte lang demStift Heiligenkreuz gehörte.

Seit dem Tod des letzten Pfarrers1986 war das Haus unbewohnt oderFlüchtlingsquartier, nun ist es wiederein Schmuckstück und enthält seit2013 im Oberstock die von Prof.Geissler zusammen getrageneSammlung sakraler Kunstgegen-stände, die von Gruppen auf Anfragebesichtigt werden kann. Einst wareine Präsentation in einem künftigenObjekt des Museumsdorfes vorgese-hen, aber dort herrschen jetzt anderePrioritäten.

„...nicht jedes alte Haus retten“

Während das kleine, aber mit feurigerBegeisterung, Fachwissen und vielFeingefühl tätige Team um JosefGeissler bis 2008 mit wenig Geld un-geheure Meisterleistungen schuf,haben die bürokratischen Strukturenvon „Kultur.Region.Niederösterreich“und dem jetzigen „Freundesverein“mit einem Millionenbudget wenig er-reicht und dem Museumsdorf viel vonseinem Charme genommen. Ob jewieder Weinviertler Bauten gerettet

werden, steht in den Sternen – vagespricht man von einer Wagnerei imwestlichen Weinviertel, die gerettetwerden könnte, falls es frisches Geldgibt.Ob es denn nicht schlimm sei, dasstrotz Verbrauch von neun MillionenEuro seit 2008 kein einziges Bauern-haus mehr gerettet und ins Museums-dorf übersiedelt worden sei, obwohlan allen Ecken und Enden wertvollehistorische Weinviertler Architekturabgerissen wird, fragte ich den jetzi-gen Obmann der „Freunde des Wein-viertler Museumsdorfes Niedersulz“.Seine Antwort verschlug mir kurz dieSprache: „Man kann ja nicht jedesalte Haus retten“, sagte mir der Herr.Ob das ein gutes Motto ist für den Ob-mann vom Museumsdorf-Freundes-verein, will ich nicht beurteilen.

Dr. Gerhard HertenbergerJournalist und Buchautor

iD-Tagesfahrt für 2015 in Planung

Abb. 47 (li.): Das in Abb. 44 abgebildete Wirtshaus im Jahr 2014: stilfremder Großzubau für den Massentourismus;Abb. 48 (re.): Peinliches Museumsdorf-Entertainment: Ziegenattrappe mit Mäh-Lautsprecher

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Es wäre in gewisser Weise beruhi-gend, wenn Fälle wie der Abriss desBauernhofs vulgo Mang in der Obers-teiermark als trauriger Einzelfall ein-zuordnen wären. Tatsächlich aber er-fahren wir mit unschöner Regelmä-ßigkeit von Fällen, in denen so wiehier erhaltenswerte historische Ob-jekte aufgrund einer Verkettung ver-hängnisvoller und nicht ganz durch-sichtiger Umstände abgerissen wer-

den und der Denkmalschutz dasNachsehen hat.Das mächtige Bauernhaus vulgoMang (auch Freithofer-Hof genannt)in der Gemeinde St. Peter am Kam-mersberg im Ortsteil Althofen (Nr.20), war eines der prägenden Ge-bäude des Ortes. Es handelte sichgleichzeitig um eines der geschicht-lich ältesten ländlichen Bauwerke derSteiermark, das auf einen karolingi-schen Großhof (Königshof) des 9.Jahrhunderts zurückgeht, von demsich letztlich auch der Ortsname ab-leitet. Das Gebäude wies teilweisemittelalterliche Substanz mit goti-schen Baudetails wie eng liegendenBalkendecken und Eisentüren mitOriginalschlössern auf. Andere Bau-teile wie der Dachstuhl stammten ausdem Barock. Eine Besonderheitwaren die beiden Türkenfiguren ausdem Jahr 1792 am Dachgiebel, derenOriginale schon vor einiger Zeit ins

Murauer Stadtmuseum transferiertwurden. Ende Juli wurde das ge-schichtsträchtige Gebäude dem Erd-boden gleichgemacht.

Wie unser Verein in einer Presseaus-sendung ausführte, hatte das Denk-malamt bereits im Mai vorigen Jahreserfahren, dass das Bauernhaus abge-rissen werden soll und verhängte da-raufhin wegen „Gefahr im Verzug“

eine sofortige Unterschutzstellungmittels Mandatsbescheids (§ 57AVG), d. h. das Ermittlungsverfahrenwurde nachgereicht. Im Septemberschließlich erließ das Bundesdenk-malamt (BDA) einen endgültigen Be-scheid, gegen den vom Eigentümerberufen wurde. Mit Spruch vom 23.Juni 2014 wurde dieser Bescheid vomzuständigen Bundesverwaltungsge-richt aus Formalgründen aufgehoben,da der Mandatsbescheid vom 10. Mai2013 in der Hektik des Dienstschlus-ses an einem Freitag Nachmittagnicht mehr ordnungsgemäß mit einer(elektronischen) Amtssignatur verse-hen werden und damit nicht rechts-konform zugestellt werden konnte.Unter Berufung auf eine neueSpruchpraxis, der zufolge Gefahr imVerzug deutlich begründbar seinmuss, entschied sich das BDA, keinenneuerlichen Mandatsbescheid zu er-lassen. Zu der - offensichtlich fal-

schen - Entscheidung hatte unter an-derem der Umstand geführt, dass dieBestandsfähigkeit des Objektes mitder vom BDA geförderten Dachsanie-rung hergestellt worden sei. Letztlichwar es aber nicht gelungen, den Ei-gentümer vom Wert des Objekts zuüberzeugen (vgl. ORF, 29.7. 2014).In eiliger Weise wurde vor wenigenWochen der Abbruch organisiert, uman derselben Stelle einen Neubau er-

richten zu können.Was bleibt ist zunächst Wehmut überdas Verlorene, die sich im Fall desMang-Hofes bis nach Hamburg er-streckt – so berichtete uns die Ham-burger Ärztin Kirsten Barra über idyl-lische Ferienaufenthalte, die sie inden 1960er Jahren als Kind im Mang-Hof verbracht hat – inklusive Kühemelken und Brot backen. Die Zerstö-rung von wertvollem Kulturgut wegeneines Formfehlers ist besondersschmerzhaft angesichts des bereitsradikal reduzierten ländlichen Kultur-erbes in Österreich. Trotzdem scheintaber immer noch eine Gesinnungverbreitet, wonach Altes zu erhaltenmit Rückständigkeit gleichgesetztwird und Werte jenseits des Momen-tanen und Monetären schlicht igno-riert werden.

Mag. Wolfgang BurghartChefredakteur „Denkma[i]l“

Der Mang-Hof in St.Peter am Kammersberg – Althofen: Tausend Jahre Geschichte zerstört an einem Tag

Abb. 49 (li.): Der Mang-Hof mit Bauelementen aus Gotik und Barock, im Sommer 2014 kurz vor seiner Zerstörung; Abb. 50 (re.):Ende Juli 2014: Nach dem hastigen Abbruch erinnern nur noch Jahrhunderte alte Holzbalken und Schutt an das historische Bauwerk

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Das Bankgebäude Am Hof 2 in Wien (Länderbank)Baugeschichte und Sanierung

Die Geschichte des Bauplatzes be-ginnt bereits in der Römerzeit. Im 12.Jahrhundert entstand hier die Resi-denz der Babenberger, die damalsihren Hof von Klosterneuburg nachWien verlegt hatten. Im Zuge vonAusgrabungen wurden im Jahr 2013aus diesen Epochen von der Stadtar-chäologie Wien wichtige Funde gesi-chert und dokumentiert.Am Standort des jetzigen Bankgebäu-des bestand einst das Kloster und Kol-leg der Jesuiten, nach Aufhebung desJesuitenordens fanden der Hofkriegs-rat und das Kriegsministerium hierihren Sitz. 1913-15 schließlich wurdeanstelle des Ministeriums ein Bank-und Geschäftshaus für die Nieder-österreichische Eskompte-Gesell-schaft errichtet.Dessen Architekten, Ernst Gotthilf undAlexander Neumann, zählen zu denmeistbeschäftigten Architekten derSpätphase der Donaumonarchie.Neben vielen anderen Arbeiten be-stand ihr wesentliches Betätigungsfeldin der Planung von Bankgebäuden.Die bewusste Absetzung vom Jugend-stil und Secessionismus einerseits unddem späten Historismus andererseitsmanifestierte sich in dem speziell fürdiese Bauaufgabe entwickelten archi-tektonischen Stil. Dieser ist geprägtvon einem noblen Neoklassizismus,

der, in edlen Materialien realisiert,nicht nur den hohen Repräsentations-ansprüchen der damaligen Bauherr-schaft entsprach, sondern in seinemfest gefügten Traditionalismus auchSeriosität und Wertbeständigkeit sug-gerierte. Formal der traditionellen Formenspra-che verhaftet entwarf das Architek-tenduo konstruktiv unkonventionellund planungsoffen ein äußerst moder-

nes Gebäude. Durch den konsequen-ten Einsatz von neuer Technologie (Ei-senbeton) wurde ein Höchstmaß anFlexibilität innerhalb der Bürobereicheermöglicht. Das Gebäude wurde 1938 durch dieLänderbank Wien erworben, die 1948in der Österreichischen Länderbankund 1991 schließlich in der Bank Aus-tria aufging. Im Zweiten Weltkrieg be-schädigt, wurde das Haus in den1970er Jahren erstmals generalsa-niert. In Anlehnung an die Original-pläne wurde 1995-97 in der Bogner-gasse die Geschäftsfassade erneuertund ein neuer Eingang zum Kassen-saal geschaffen.

Baulicher Zustand vor demUmbau

Das Gebäude Am Hof 2 wurde im Jahr2008 unter Denkmalschutz gestelltund im gleichen Jahr von der SIGNAerworben. Das Haus befand sich ineinem sehr gepflegten Zustand, dieKonstruktion hatte weder Risse nochFeuchtigkeitsschäden. Alle histori-schen Kastenfenster aus Holz warenfunktionsfähig und im Originalzu-stand. Die historischen Holzvertäfe-lungen und Deckenverkleidungen inder Prunketage hatten nach knapp100 Jahren Benutzung lediglich leichteGebrauchsspuren.Für das Objekt wurde ein 5-Sterne-Hotel – das „Park Hyatt Vienna“ ge-

Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

Abb. 51: Prunkfassade des ehemaligen Bankhauses der Eskompte-Gesellschaft, späterSitz der Generaldirektion der Österreichischen Länderbank / Bank Austria

Abb. 52: Der Festsaal, historische Aufnahme

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plant, das im Juni dieses Jahres eröff-net wurde. Ergänzend wurden in derSockelzone Lokal- und Geschäfts-räume situiert.Vor den geplanten Umbau- und Res-taurierungsarbeiten wurde das Ge-bäude von einem großen Team erfah-rener Restauratoren bauteilweise er-fasst. Das Ergebnis dieser umfangrei-chen Grundlagenermittlung warenBaualter-Pläne, hochauflösende Fotossämtlicher historischer Bereiche sowiedetaillierte Beschreibungen sämtlicherBauteile durch die jeweiligen Fachres-tauratoren.Aufgrund der geänderten Nutzungwurden zahlreiche Maßnahmen umge-setzt, die beim Blick von außen nichterkennbar sind. Eine wesentliche sta-tische Maßnahme bestand im Einbauvon drei biegesteifen neuen Stiegen-hauskernen, die gemeinsam mit hori-zontalen und vertikalen Bauteilen desHauses eine erdbebensichere Strukturim Sinne der gültigen Erdbebennormergeben.

Der Brand am 18.11.2011 unddie vollständige Rekonstruktionder Prunketage

In den frühen Morgenstunden des 18.November 2011 zerstörte ein Groß-feuer die Prunketage. Der Brandwurde höchstwahrscheinlich infolgevon Abbrucharbeiten ausgelöst.Schnell stand fest, dass die zerstörten

Räume rekonstruiert werden sollen.Auf Basis der detaillierten Grundla-genermittlung des Restauratoren-teams, die ursprünglich der Restaurie-rung dienen sollte, gelang eine virtu-elle dreidimensionale Rekonstruktionder zerstörten Bereiche am Computer.In vielen Einzelschritten wurden sämt-liche Ornamente von Künstlern undKunsthandwerken modelliert und ge-meinsam mit den Restauratoren solange schrittweise verbessert, bis demBundesdenkmalamt eine Planung vor-gelegt werden konnte, die mit sehrhoher Genauigkeit dem Original ent-sprach.

Im Zuge der Fassadensanierungwurde in Abstimmung mit dem Bun-desdenkmalamt auch die Sockelzonean historische Ansichten des Gebäu-des angepasst. Parallel dazu wurdenin die Sockelfassade der Seitzergassedie Portale der neuen Verkaufsflächenunter Berücksichtigung des ursprüng-lichen Fassadenkonzepts integriert. Die bestehende Ast-Molin-Beton -konstruktion des Dachgeschoßeswurde abschnittsweise abgebrochenund bauphysikalisch dem Stand derTechnik entsprechend in Leichtbau-weise als Stahlkonstruktion wieder-hergestellt. Für die Herstellung derDachflächenfenster und deren formaleIntegration in die bestehende Dach-landschaft galt es einen Einklang mitden Anforderungen aus der Nutzung

heraus und den Vorgaben und Zielendes Bundesdenkmalamts zu finden.Eine Vielzahl an Material- und Farb-studien bzw. Bemusterungen aus derNähe und vom Hochhaus in der Her-rengasse gesehen waren erforderlichum den gewünschten Effekt der "Un-sichtbarkeit vom Straßenraum aus"bei gleichzeitig freier Aussicht auf dieStadt vom Innenraum aus zu erzielen. Im Inneren des Gebäudes erfolgtenteilweise größere Eingriffe in die be-stehende Bausubstanz, um die Front-of-house-Flächen entsprechend denAnforderungen gestalten zu können.Die Innenraumplanung wurde durchdas niederländische Designerbüro FGstijl geplant, arbeitet mit Anspielun-gen an den neoklassizistischen Stildes Gebäudes bzw. akzentuiert diesenbewusst mit modernen Ausstattungs-elementen und Mobiliar. Die Erweiterung des Eingangsberei-ches stellt solch einen maßgeblichen

architektonischen und baulichen Ein-griff dar, der für die Organisation derEingangszone des Hotels bedeutendwar. Eine Seitenwand wurde geöffnetund die denkmalgeschützten Oberflä-chen an die Stirnseite des so geschaf-fenen neuen Rezeptionsbereiches ver-schoben. Die Wandverkleidungenwurden hinsichtlich Materialwahl und

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Abb. 53: Rekonstruierter Festsaal (Ballsaal), ohne Gobelin

Abb. 54:Kassetten- und Wanddetails aus dem Festsaal

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Farbgebung exakt auf die des Be-stands abgestimmt. VerschiedeneBar- und Loungebereiche, wie bei-spielsweise eine Cigar Lounge undeine Whisky Bar, wurden im Hochpar-terre um den Eingangsbereich herumangeordnet. Im ehemaligen Kassensaal befindensich nunmehr der Restaurantbereichund die Show Kitchen. Technisch be-sonders anspruchsvoll gestaltete sichdie Erhaltung der „auf Knirsch“ verleg-ten historischen Wandverkleidungen,da unterhalb des Saals eine Zwischen-decke des ehemaligen Tresorbereichsabgebrochen und Stützen ausgewech-selt wurden, um den Einbau einesSchwimmbeckens im Spabereich zuermöglichen. Die Auswechslung er-folgte mittels Stahlträgern, wobei dieProblematik eines setzungsfreien Ein-bringens durch den Einsatz hydrauli-

scher Pressen, die den Gebäudebe-reich bis zum kraftschlüssigen Ver-bund der Stahlträger mit dem Ge-bäude anheben, erfolgte. Die Verfor-mungskontrolle wurde durch Laserpräzise und laufend durchgeführt. AlsEyecatcher und in Reminiszenz zurehemaligen Nutzung als Bankgebäudewurden die alten Tresortüren in die In-nenraumgestaltung integriert. In der originalgetreu rekonstruiertenBeletage befinden sich der Festsaal,diverse Tagungsräume und das zuge-hörige Foyer. Durch die bis ins kleinsteDetail dokumentierte Bestandsauf-nahme und die integrale Planung wares möglich die ca. 200 renommiertenKunsthandwerker mit entsprechen-dem Planmaterial zur Ausführung zuversorgen. Die Arbeitsschritte für dieRekonstruktionsarbeiten stellten einlogisches Ineinandergreifen tradierterTechniken und modernster Methodendar. So wurden beispielsweise aus Or-thofotos heraus generierte dreidimen-sionale Computermodelle erstellt, diedie Basis für CNC-gefräste Kunststoff-modelle bildeten. Diese Modelle wur-den von Kunsthandwerkern per Handnachbearbeitet und anschließend 3D-gescannt. Das endgültige Werkstückwurde, basierend auf diesen Scans,durch eine CNC-Fräse vorgefertigt undabermals per Hand nachbearbeitet.

Dipl.Ing. Ludger WälkenProjektleiter des Umbaus Park Hyatt Hotel

Abb. 55 (o.): der Kassensaal einst; Abb. 56 (u.): Kassensaal 2014, nun Restaurant des Hyatt Hotel

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Zur Wiedereröffnung – Ein Prolog

Nach rund vierjähriger Restaurierungfand am 9. April 2013 die feierlicheWiedereröffnung des Majoratshausesder Fürsten von und zu Liechtensteinin Wien (Innere Stadt, Bankgasse 9)statt. Seither stehen die Prunkräumedes Stadtpalais Liechtenstein für ex-klusive Veranstaltungen zur Verfü-gung, sind aber auch für eine breiteÖffentlichkeit im Rahmen von Führun-gen bzw. nach Anmeldung zu besich-tigen. Neben den Prunkräumen um-fasst die neue Nutzung die Räumlich-keiten der LGT-Bank und ein dreige-schoßiges Kunstdepot, das im Zugeder Umbauarbeiten unter dem Innen-hof abgesenkt wurde; darüber hinausgibt es auch noch Räume, die derfürstlichen Familie, wenn sie sich inWien aufhält, zur Verfügung stehen. Die Restaurierung besitzt aus derSicht Denkmalpflege einen besonde-ren Stellenwert für Wien: Sie ist diegrößte, erfolgreich abgeschlosseneRestaurierung in der Stadt nach wis-senschaftlich-denkmalpflegerischenGrundsätzen und gilt zweifellos be-reits heute als Maßstab für die Restau-rierung gleichwertiger Bauten auf eu-ropäischer Ebene. Unmittelbar nachFertigstellung wurde das Palais alsvorbildliche Bauleistung von der MA19 – Architektur und Stadtgestaltung– gewürdigt; es erhielt eine besondereWürdigung im Rahmen des Europa-Nostra-Preises 2014 und erst vor we-

nigen Wochen erhielt es bzw. seinePlaner den Deutschen Lichtpreis fürdie neue Lichttechnik.

Zur Baugeschichte

Aus historischer Sicht ist zunächst an-zuführen, dass das Objekt als erstesBauwerk des Hochbarock in Wien gilt.1691, acht Jahre nach der ZweitenTürkenbelagerung, begann DominikAndreas Graf Kaunitz, Staatskanzlerund Kunstmäzen, mit der Errichtungdes Palais nach Plänen von Enrico Zu-calli. 1694, noch während des Baus,erwarb Fürst Johann Adam Andreas I.von Liechtenstein das Gebäude undließ es als Majoratshaus nach Plänendes römischen Architekten DomenicoMartinelli, unter Einsatz bedeutenderKünstler wie dem Stuckateur SantinoBussi, dem Bildhauer Giovanni Giulianiund den Malern Andrea Lanzani undAntonio Bellucci vollenden. Fürst Johann Adam Andreas I. hattedas Palais als Familienresidenz ge-plant: Im ersten Stock befanden sichdie fürstlichen Appartements, derzweite Stock diente als Schauflächefür die damals schon umfangreichefürstliche Sammlung; im Erdgeschoßund Keller lagen die Nebenräume, wieKüche, Bäckerei und Wohnungen fürdie Dienerschaft; im Keller waren aberauch – wie in der Barockzeit durchausüblich – die Pferde untergebracht, dieüber eine Reiterrampe unterhalb derPrunktreppe dorthin geführt werdenkonnten.

Der das Stadtpalais heute noch prä-gende Umbau erfolgte jedoch erst inder Biedermeierzeit unter Fürst AloisII. von Liechtenstein 1836 bis 1847nach Plänen von Peter Hubert Desvi-gnes. Die Neugestaltung war die ersteim Stil des „Zweiten Rokoko“ in Wienund gilt als die bedeutendste ihrer Art.Für die Innenausstattung zeichnetenCarl Leistler und Michael Thonet alsausführende Handwerker verantwort-lich; sie schufen nicht zuletzt dieprachtvollen Intarsien-Parkettböden.Das weitere Schicksal des Stadtpalaisist rasch erzählt: 1945, in den letztenKriegstagen, führten Bombentrefferund ein in das Dach gestürztes Flug-zeug zu schweren Schäden. Das Stie-genhaus wurde im Deckenbereich deszweiten Stocks total zerstört, die da-neben gelegenen Prunkräume starkbeschädigt. In den ersten Nachkriegs-jahren führte man provisorische Si-cherungsarbeiten durch und behobdie schlimmsten Beschädigungen.Wegen der großen Vermögensverlusteder Familie im Zusammenhang mitden Kriegsereignissen konnte eineerste, auch damals noch von wirt-schaftlichen Zwängen geprägte In-standsetzung erst 1974/76 erfolgen,die vor allem die Schaffung von Büro-räumen für eine Vermietung des Pa-lais zum Ziel hatte.

Zur statischen Sanierung

Zum Baubestand muss festgehaltenwerden, dass sich das Stadtpalais vorInangriffnahme der Sanierung auf-grund historischer Setzungen ineinem sehr schlechten statischen Zu-stand befunden hatte. Die statischeSanierung erfolgte einerseits durchein Stahlskelett, das die Trakte wie einGürtel umschließt, anderseits aberauch durch den dreigeschoßigen De-potbau unter Hofniveau. Dieser unter-irdische Baukörper, der den ganzenHofraum einnimmt und mit ca. 17,75m annähernd so hoch wie das Palaisbis zum Hauptgesimse ist, wirkt kon-struktiv wie eine "biegesteife" Beton-schachtel, die ebenfalls wesentlich zurSicherung des nunmehr endgültig sa-nierten statischen Gefüges beiträgt.

Die restauratorischen Arbeiten

Erst nach diesen technisch notwendi-gen Arbeiten konnte die eigentlicheRestaurierung einsetzen, die – als

Das Stadtpalais Liechtenstein in Wien - Eine vorbildliche Restau-rierung nach wissenschaftlich-denkmalpflegerischen Grundsätzen

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Abb. 57: Stadtpalais Liechtenstein in der Bankgasse 9 - Fassade nach der Fertigstellung

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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Grundprinzip der Denkmalpflege – aufdem Einsatz authentischer Materialienund der originalen Bautechnik aufbau-ten. So wurden beispielsweise die Fas-sadenfarben in Kalk, einem Freskoähnlich, auf den noch feuchten Kalk-putz aufgetragen, die weltberühmtenThonetböden, dort, wo sie schadhaftwaren, in minutiöser Detailarbeit inHolzeinlege-Handarbeit intarsiert undfür die Nachwebung einzelner Tapisse-rien der Ankauf eines Webstuhls mitrund 22.000 (!) Kettfäden veranlasst. Das Stadtpalais Liechtenstein warstets ein "modernes" Gebäude: Spä-testens seit der Biedermeierzeit gabes ein ausgeklügeltes Warmluftsys-tem; es wurden „automatische“ Tür-öffner und versteckte Orchesterlogen

eingebaut. Die Türen des großenTanzsaales konnten hochgezogen,aber auch vertikal gedreht werden,wobei jeweils eine Seite der Türen inWeiß-Gold, die andere aber in Spie-gelglas gehalten sind, so dass sich derRaum in Sekunden von einer einheit-lichen, prunkvoll vergoldeten Ausstat-tung in einen "Spiegelsaal" verwan-deln konnte. Die Tradition der "modernen Technik"wurde auch bei der Revitalisierungweitergeführt: Das gesamte Haus istvollklimatisiert und die Lösung der Si-cherheitsaspekte entspricht denhöchsten Anforderungen. Auch die

barrierefreie Erschließung aller Räumewar eine der Grundvoraussetzungenfür den Ausbau des Palais. Eine be-sondere Herausforderung bestand inder Lichtplanung und insbesondere inder Wiederbeschaffung der originalenLuster und Wandleuchten. Bereits imZuge der Vorplanung – also vor mehrals fünf Jahren – wurde entschieden,zumindest die Prunkräume mit LED-Licht auszustatten. Und dies zu einemZeitpunkt, in dem die Zukunft derLED-Technik zwar von niemandem be-zweifelt wurde, die notwendigenLeuchtmittel aber auf dem Markt nochnicht erhältlich waren. WesentlicherGrund für diese mutige Entscheidungwar auch das Wissen, dass LED-Leuchtmittel eine mittlere Lebens-

dauer von 50.000 Stunden besitzen,wodurch sich die laufende Erhaltungwesentlich kostengünstiger darstellt.

Das Palais als Beispiel einernachhaltigen Sanierung

Die wenigen in diesem Beitrag darge-stellten Problemkreise zeigen, dassdie Restaurierung des Palais Liechten-stein als eine nachhaltige Sanierungangesehen werden darf, bei der öko-logische sowie ökonomische undsozio-kulturelle Aspekte gleicherma-ßen zum Tragen kamen. Das betrifftauch den Bereich der thermischen Sa-nierung. Die entsprechende Däm-

mung der obersten Decken und Dach-räume ist in der Zwischenzeit Selbst-verständlichkeit und wurde natürlichauch beim Palais Liechtenstein durch-geführt. Besonderes Schwergewicht wurde derKonzeption der neuen Fenster gewid-met, die zwar dem historischen Er-scheinungsbild mit Einscheiben-Ver-glasung folgen, wärme- und sicher-heitstechnisch aber dem höchstenStandard entsprechen. Der große per-sonelle und materialtechnische Auf-wand, basierend auf wissenschaftli-chen Untersuchungen, hat jedenfallsdem Stadtpalais Liechtenstein in mehrals vierjähriger Baudauer wieder dieEleganz des Barock und den Farben-frohsinn des Biedermeier zurückgege-

ben. Nur dem Mäzenatentum desFürstenhauses Liechtenstein ist esletztendlich zu verdanken, dass diePracht des Palais in der Bankgasse inihrer Authentizität wieder hergestelltwerden konnte.

Arch. Univ. Prof. Manfred WehdornArchitekt und Denkmalpfleger,

Planung, Projektsteuerung und ÖBA der Generalsanierung Stadtpalais Liechtenstein

Termin

� iD-Führung: Stadtpalais Liech-tenstein, 14.11.2014 (siehe S. 55)

Abb. 58-61: Tanzsaal (ganz links) und Bouquetsaal im zweiten Stock (2.v.l.)nach der Fertigstellung; Thonetboden im Bouquetsaalvor (re.o.) und nach (re.u.) der Restaurierung

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Im Untergrund des Schwarzenberg-platzes, zwischen dem „Haus der In-dustrie“ (Nr. 4) und dem „Haus derKaufmannschaft“ (Nr. 14), wurde 1909eine außergewöhnlich schöne Jugend-stil-Bedürfnisanstalt eröffnet. WC-Ka-binen aus Eichenholz, Schiebetürenmit Zählwerken, Pissoirstände ausSchiefergestein und wunderschöneDekorfliesen mit Jugendstilornamen-ten und -beschriftungen prägten dasErscheinungsbild. Die Anlage über-

stand zwei Weltkriege weitgehend un-beschädigt, wurde jedoch am30.11.1969 geschlossen. Die Stiegen-abgänge wurden mit Holzbohlen abge-deckt. Eindringendes Regenwasserverursachte eine Korrosion der eiser-nen Deckenträger, sodass die Deckeinnen Mitte der 1980er Jahre mit Holz-stehern abgestützt wurde.Am 21.2.1986 präsentiert ArchitektProf. Manfred Wehdorn sein im Auftragder Magistratsabteilung 19 (Stadtge-staltung) abgefasstes Gutachten. Ab-gesehen von den Deckenträgern, diezu erneuern wären, weist Wehdorndarauf hin, dass fast alle Dekorfliesenund ein Großteil der restlichen Fliesen

in brauchbarem Zustand seien. Ein Teilder hölzernen Decke sei zwar von derzuständigen Magistratsabteilung 48(Abfallwirtschaft) erst kürzlich entferntworden, die hölzernen Trennwände,Schiebetüren und die Metallbeschlägeseien jedoch noch original vorhanden. Die Anlage sei nicht nur in besseremZustand als jene am Graben vor derenRestaurierung, sondern sie sei inBezug auf die Ausstattung sogar nochwertvoller und bemerkenswerter. Nur

in diesen beiden Anlagen sei noch vielOriginalsubstanz zu finden, währenddie 1912/13 an der Ecke Amerling -straße/Mariahilfer Straße errichteteAnlage inzwischen stark verändert undsomit denkmalpflegerisch nicht mehrvon Interesse sei. Wehdorn weist darauf hin, dass dieAnlage durch ihre Positionierung in derRingstraßenzone eine besondere Be-deutung besitze. In Paris und Londonhabe man bereits erkannt, dass dasStadtbild nicht nur von „Denkmälern“im landläufigen Sinn bestimmt werde,sondern auch von Straßenlaternen,Parkbänken, Geländern und techni-schen Anlagen.

Somit sei die Erhaltung dieses Jugend-stil-WCs aufgrund der baukünstleri-schen und kulturellen Werte im öffent-lichen Interesse, und die Anlage sei alsBestandteil des Wiener Stadtbildes,und damit auch als touristischer Fak-tor, anzusehen. Sie müsse daher insitu erhalten werden. Wehdorn rech-nete mit Sanierungskosten im Bereichvon 4,5 Mio. Schilling. Und er warnt,dass eine damals angedachte Verle-gung der wertvollen Bauelemente sehr

teuer sein könnte (rund eine halbeMio. Schilling) und man mit dem Zer-brechen vieler wertvoller Dekorfliesenrechnen müsse.

Abbruchwünsche der Stadt Wien

Am 15.5.1986 teilt die zuständige MA48 dem Bundesdenkmalamt (BDA)mit, dass sie über Weisung der Magis-tratsdirektion – Stadtbaudirektion be-auftragt wurde, die Aufhebung desDenkmalschutzes zu beantragen.„Überlegungen jeder Art für eineeventuelle Erhaltung seien zu unter-lassen“, betont die MA 48. WertvolleEinrichtungsteile könnten gegebenen-falls in Stationen der künftigen U-

Das Ende zweier historischer Bedürfnisanstalten in Wien, Teil 2:Die Betonverfüllung einer Jugendstil-Bedürfnisanstalt am Schwarzenbergplatz im Jahr 2002

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Abb. 62-65: Jugendstil-Beschriftungen in der Bedürfnisanstalt unter dem Schwarzenbergplatz, die Bretter stützen die instabile Decke;Jugendstil-Dekorfliesen der Firma Villeroy & Boch in Mettlach bei Trier, gestaltet vom Jugendstil-Architekten Josef Maria Olbrich; Muse-umskustos Michael Heindl bei der vorsichtigen Rettung von Fliesen mit Beschriftung und Dekorelementen (Sommer 1998).

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Bahn-Linie U3 ausgestellt werden.Weiters habe die Stadtbaudirektion dieMA 48 angewiesen, eine Abtragungs-bewilligung zur Entfernung der Ju-gendstil-WC-Anlage zu beantragen.Der damalige Wiener Landeskonserva-tor Dr. Peter Pötschner stellt am8.7.1986 zwar Schäden an Holzein-bauten durch eindringendes Oberflä-chenwasser fest, an den Verfliesungengäbe es jedoch nur kleine Schadstel-len, die ornamentierten Fliesen seiensogar komplett erhalten, und der Er-haltungszustand sei (wie schon Weh-dorn betont hatte) besser als bei derähnlichen Jugendstil-WC-Anlage amGraben vor deren Sanierung. Eine De-montage der wertvollen Teile zwecksWiedereinbau an anderem Ort sei nurdann akzeptabel, wenn das Gesamt-ensemble ohne große Beschädigungentransferiert werden könne. Intern ver-merkt das BDA, dass nach einer er-folgreichen Sanierung und Wiederer-öffnung des Graben-WCs die StadtWien auch für eine Restaurierung desSchwarzenbergplatz-WCs offener seinkönnte. Dass die nahen Straßenbahn-gleise ein Hindernis für die Restaurie-rung seien, wird vom BDA nur als Vor-wand angesehen. Eine Instandsetzungwürde kaum auf größere Schwierigkei-ten stoßen, resümiert das BDA, eineDemontage von Teilen sei hingegensinnlos. Am 23.1.1987 übermittelt dasBDA Kulturstadtrat Franz Mrkvickaeine Kopie der Stellungnahme vom 8.Juli. Es wird zusätzlich angemerkt,dass Verkehrsstadtrat Johann Hatzlam 15.10.1986 im BDA angerufen undgemeint habe, es gäbe ein neues Ver-kehrskonzept für den Schwarzenberg-platz, und das Jugenstil-WC stehe derVerlegung der Straßenbahngleise imWege. Zwei Tage später teilt das BDAHerrn Hatzl mit, dass man ohnehinauch eine Verlegung der Anlage fürmöglich erklärt habe, sofern dieseohne größere Zerstörungen machbarsei. Stadtrat Hatzl sicherte für denNotfall eine solche Verlegung der An-lage zu.

Gesinnungswandel im BDA

In bewährter Wiener Tradition passiertnun elf Jahre lang nichts: Keine Ver-füllung, aber auch keine Restaurie-rung. Der Verfall schreitet fort, sodasssich das Problem gewissermaßen vonselber erledigt.Am 3.3.1998 teilt die inzwischen alsWiener Landeskonservatorin tätigeFrau Dr. Eva-Maria Höhle der MA 19

mit, dass nach einer Begehung derAnlage „wesentliche, das Gesamter-scheinungsbild prägende Ausstat-tungsstücke – etwa die Geländer imBereich des Abgangs oder die abge-hängte Glasdecke im Inneren – verlo-rengegangen bzw. „völlig zerstört“worden seien. Nach ihrer Einschätzungsei somit etwa 80 Prozent der Original-substanz verloren oder nicht mehr in-standsetzbar. Daher erfülle das Objektnicht mehr die in § 1 Denkmalschutz-gesetz geforderten Kriterien, sodassseine Erhaltung laut Dr. Höhle nichtmehr im öffentlichen Interesse liege.Ob bei dieser Begehung Fotos ge-macht wurden, ist unklar. 2014 exis-

tieren im Bundesdenkmalamt keineFotos dieser Anlage, die älter sind alsSeptember 2000. Im Sommer 1998 erhält der enga-gierte Leiter des BezirksmuseumsWien-Wieden, Herr Regierungsrat FelixCzeipek, die hochamtliche Bewilligung,gemeinsam mit Kustos Michael Heindlim einstigen WC Fotos zu machen undnach Möglichkeit Dekorfliesen und Be-schriftungen für das Museum zu ret-ten. Vieles, etwa die schönen Metall-beschläge, konnten jedoch nicht de-montiert werden. In den Vitrinentex-

ten im Museum gerät Czeipek zuRecht ins Schwärmen: „...bis inskleinste Detail künstlerisch durch-dacht!“, „...Marken-Keramik, messing-gefasste Butzenglasfenster, geschlif-fene Spiegel, messinggerahmte Natur-schieferplatten an den Pissoirwänden,rutschfeste Dekor-Bodenfliesen!“Und dann entdeckt er eine Sensation:Auf der Rückseite abmontierter Dekor-fliesen findet sich der Stempel derSaarländischen Porzellan- und Mosaik-fabrik Villeroy & Boch in Mettlach beiTrier. Czeipek kontaktiert die nochexistierende Firma, wo man im ArchivAkten findet, denen zufolge die Dekor-fliesen etwa um 1900 von der Ge-

meinde Wien in Auftrag gegeben undvom berühmten JugendstilarchitektenProf. Josef Maria Olbrich (1867-1908)gestaltet wurden. Was für eine Über-raschung: Olbrich war Schüler des be-rühmten Otto Wagner und von Carlvon Hasenauer. Bei ersterem arbeiteteer ab 1893 im Büro, wo er vermutlichviele Detailpläne der legendären Wie-ner Stadtbahnarchitektur ausarbei-tete. Als Gründungsmitglied der Wie-ner Künstlervereinigung „Secession“

Abb. 66 u. 67: Letzte Erinnerung: Originale,gereinigte Fliesen der Bedürfnisanstalt

Schwarzenbergplatz in einer Vitrine im Be-zirksmuseum Wieden (Foto 2014); „Stark

reduzierter Erhaltungszustand“ (Zitat Bun-desdenkmalamt): Im Akt des Bundesdenk-

malamts vorliegende offizielle Dokumentati-onsfotos der Anlage, angefertigt von der MA19 im September 2000 nach (!) der Entfer-

nung der Dekorfliesen.

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entwarf er 1897 als erstes eigenesgroßes Werk deren imposantes Ju-gendstil-Ausstellungsgebäude mit dercharakteristischen goldenen Lorbeer-kugel nahe des Karlsplatzes. Die im Bezirksmuseum Wieden aufbe-wahrten Fotos von MuseumsdirektorFelix Czeipek, angefertigt im Sommer1998, sind offenbar die ältesten undeinzigen, die den Zustand der Anlagevor der Demontage der Dekorfliesenzeigen.

Fotodokumentation nach (!) derDemontage

Am 15.9.2000 versammeln sich Be-amte von MA 48, MA 19, Bezirksvor-stehung, BDA und Wiener Linien vorOrt. Im nachfolgend angefertigten„Aktenvermerk über die Hinterfüllungder oben angeführten öffentlichen Be-dürfnisanstalt“ wird mitgeteilt: „WegenUmbaumaßnahmen an der Oberfläche(Gleisverlegung) ist es notwendig, dieunterirdische WC-Anlage mit geeigne-

tem Material zu hinterfüllen.“ Die MA19 will Fotos machen und einige De-korfliesen retten (obwohl dies längstgeschehen ist), die Wiener Linien wol-len „hinterfüllen“, und die Bezirksvor-stehung in Gestalt eines Bezirksrateshat keinen Einwand. Die MA 19 übergibt einige Wochenspäter dem BDA und der MA 48 „an-lässlich der geplanten Hinterfüllungder oben angeführten Jugendstil-WC-Anlage […] die letzten Fotoaufnahmen

des Objektes zu Ihrer persönlichenVerwendung und als Erinnerung“.Diese mir vorliegende Fotodokumen-tation zeigt keinerlei originale Wand-beschriftungen, und statt der schöns-ten Dekorelemente sieht man nur Lö-cher im Fliesenbelag. Wahrscheinlichwar es eine seltsame Idee, die amtli-che Fotodokumentation erst nach (!)der Rettung fast aller Dekorfliesen undBeschriftungen durchzuführen. DasBDA besitzt nur diese „offizielle“ Foto-dokumentation und stützt sich ab nunin der Argumentation des „stark redu-zierten Erhaltungszustandes“ auf dieseFotos.

Kritik regt sich

Die Stadt Wien präsentiert im Dezem-ber 2001 die Umbaupläne für denSchwarzenbergplatz und erwähnt bei-läufig die bevorstehende Verfüllungdes Jugendstil-WCs. Bereits wenigeTage später, am 18.12.2001, wendetsich ein hochrangiger Wiener Frem-denverkehrsexperte schriftlich an Pla-nungsstadtrat Rudi Schicker und be-schwert sich. Der Entwurf des Archi-tekten Alfredo Arribas für den umge-stalteten Schwarzenbergplatz enthaltenur „modernistische Schauwerte“, hin-gegen würden wichtige infrastruktu-relle Hintergrundelemente wie z.B. Toi-letten für täglich tausende Passantenund nicht zuletzt für Radfahrer von den

Planern vernachlässigt, sodass dann inPermanenz scheußliche improvisierte„Ab-Orte“ aufgestellt werden müssten,schreibt der Herr. Das Jugendstil-WCsolle saniert und erhalten bleiben.

Das Stadtratbüro leitet das Schreibenin die Stadtbaudirektion weiter, vonwo es der heutige Weltkulturbeauf-tragte Rudolf Zunke am 14.1.2002 andie MA 19 übermittelt. Die MA 19 wie-derum wendet sich am 17.1. an dasBDA mit der Bitte um Informationen.Fünf Tage später teilt die damaligeWiener Landeskonservatorin Hofrat Dr.Eva-Maria Höhle der MA 19 mit, dasssich „die in Formen des Jugendstils ge-haltenen gusseisernen Einfriedungenim Bereich der Abgänge nicht mehr er-halten haben und auch die unterirdi-schen Räume sich in einem fortge-schrittenen desolaten und devastier-ten Zustand befinden.“ Aufgrund des„stark reduzierten Erhaltungszustan-des“ könne der Anlage nicht mehr diein § 1 Denkmalschutzgesetz gefor-derte historische, künstlerische undsonstige kulturelle Bedeutung zuer-kannt werden. Frau Dr. Höhle weistaber auf die Erinnerungsfotos hin,sowie auf den Vorschlag, Beschrif-tungstafeln in Bezirksmuseen verbrin-gen zu lassen.Die MA 19 teilt dem Mann schließlich

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Abb. 69: Eingangsbereich der Damen-Seite, Dokumentationsfoto der MA 19 vomSeptember 2000, im Hintergrund die längstabmontierten Dekorelemente

Abb. 70: Restaurierter Eingangsbereich derJugendstil-Bedürfnisanstalt am „Graben“(Innere Stadt), wo es allerdings keinerleiDekorfliesen und nur wenige Jugendstil-Be-schriftungen mehr gibt.

Abb. 68: Klassenunterschiede auch amWC: Ein Toilettenbesuch zweiter Klasse wardamals etwas billiger.

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mit, das BDA habe bei einer Begehungim Februar 1998 festgestellt, dass dieAnlage „nicht renovierungswürdig“ sei.Im Zuge der Umbauarbeiten desSchwarzenbergplatzes werde der„Hohlraum“ geschlossen und die Ober-fläche neu hergestellt. Im Text diesesSchreibens wird das Jugendstil-WCnur mehr als „Hohlraum“ und „Anlage“bezeichnet.Im Juli 2002 wendet sich eine Dameaus der Wirtschaftskammer Wien andas BDA und fragt wörtlich, ob dieZerstörung der historischen Toilettenam Schwarzenbergplatz eigentlich „imSinne des Denkmalschutzes“ sei. FrauDr. Barbara Neubauer, die in jenemJahr das Wiener Landeskonservatoratübernommen hat, teilt der Dame am21.8. mit, man habe im Rahmen einerBegehung festgestellt, dass „die An-lage mehrfach baulich verändert und

reduziert“ worden sei. Sie erwähnt u.a. die fehlenden Geländer an der Stra-ßenoberfläche und den schlechten Zu-stand von Fliesen und hölzernen Zwi-schenwänden, wobei sie sich vermut-lich auf die Fotos bezieht, die nach derDemontage sämtlicher Dekorfliesenaufgenommen wurden. Die „Reste dereinstigen Anlage“, so Neubauer, muss-ten deshalb „aus dem Denkmalschutzentlassen werden“. - Welch ein Unter-schied in der Bewertung, wenn manmit dem Wehdorn-Gutachten ver-gleicht! Da mir von 1986 keine undvon 2000 nur minderqualitative Fotosvorliegen, kann ich nur raten, ob sichder Zustand des einstigen Juwels indieser Zeit massiv verschlechtert hat,oder ob sich die denkmalschützeri-

schen Bewertungsmaßstäbe in diesemZeitraum grundlegend änderten.Die schönste unterirdische Jugendstil-Toilettenanstalt Wiens, die mehr als 30Jahre lang sehenden Auges dem Ver-fall preisgegeben war, wurde 2002 mitBetonmasse verfüllt und unter derStraßenoberfläche begraben.

Resümee und Bedeutung für andere Anlagen

Für die Zukunft lassen sich aus diesenbeiden traurigen Geschichten (HoherMarkt, siehe Teil 1 im vorigen Heft,und Schwarzenbergplatz) mehrereLehren ableiten.Erstens wäre ein generelles Recht aufAkteneinsicht insbesondere für fach-lich mit dem Thema befasste NGOsund engagierte Bürger wünschens-wert, damit es (wegen des Amtsge-heimnisses) nicht Monate dauert, bis

man in Entscheidungsprozesse öffent-licher Institutionen Einsicht erhält.

Zweitens sollten die zuständigen Insti-tutionen und Medien den Blick der Be-völkerung in Bezug auf den Wert vonhistorischen Baudenkmälern schärfenund transparent und öffentlich disku-tieren, ob zum Beispiel neue Boden-platten in einer Fußgängerzone oderFarblichtstreifen in der Karlsplatzpas-sage tatsächlich wichtiger sind als einarchäologisches Zentrum zur Ge-schichte Wiens am Hohen Markt.

Drittens ist die Qualität zahlreicherFotos, die amtlicherseits vor der Ver-füllung der historischen Aborte ange-fertigt wurden, bedauerlicherweise alssehr unterdurchschnittlich anzusehen.

Teilweise handelte es sich um Sofort-bildkamerafotos mit Blitzreflex ohnegeeignete Beleuchtung, die anschlie-ßend eingescannt wurden. Ich habegemeinsam mit professionell fotogra-fierenden Kollegen dem BDA angebo-ten, für solche Fälle mit unserer Aus-rüstung zur Verfügung zu stehen, er-hielt jedoch bisher keine Rückmel-dung.Viertens war es wirklich enttäuschend,in der Anfangsphase meiner Recher-chen immer wieder Informationen zuerhalten, die sich bei der späteren Ein-sicht in die Akten (wohl unbeabsich-tigt) als völlig falsch herausstellten(„aus denkmalpflegerischer Sichtnichts mehr original vorhanden“,„nicht einmal eine einzige Boden-fliese“, „nur mehr Reste der ursprüng-lichen Ausstattung“, „stark reduzierterErhaltungszustand“, „Hohlraum“).

Und fünftens wäre es möglicherweisesinnvoll, die offizielle fotografische Do-kumentation eines zur Zerstörung frei-gegebenen Denkmales vor, und nichtnach dem vollständigen Abmontierenwertvoller Gestaltungselemente anzu-fertigen. Insbesondere dann, wennanschließend anhand der Fotos der Er-haltungszustand beurteilt wird.

Dr. Gerhard HertenbergerJournalist und Buchautor

Anmerkung:

Die Grundlage zu diesem Artikel bildet dieeingesehene Aktensammlung im Bundes-denkmalamt Wien. Sämtliche direkten undindirekten Zitate entstammen diesem Korpus.

Abb. 71 u. 72: Hier liegt unter dem Straßenpflaster eine mit Flüssigbeton verfüllte Jugendstil-Bedürfnisanstalt „begraben“. Für denDenkmalschutz in Wien ist dieses Kapitel wohl kein Ruhmesblatt; Zustand vor (links) und nach (rechts) der Verfüllung. Die Anlage amSchwarzenbergplatz war laut Landeskonservator Peter Pötschner (1986) besser erhalten und „wertvoller“ als jene am Graben.

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Aus aktuellem Anlass ist diese Folgeden vor 1840 errichteten Wohngebäu-den der ehemaligen Vorstadt Lichten-tal gewidmet (vgl. S. 45f.). Die Vor-stadt Lichtental (heute „amtliche“Schreibweise, früher Liechtenthal oder

Lichtenthal), wurde um 1700 von Jo-hann Adam Andreas Fürst Liechten-stein gegründet. Die ab 1694 errich-tete Brauerei, die im Norden des Ge-biets im Bereich der heutigen Rezni-cekgasse, Liechtensteinstraße, Ne-waldgasse und Althanstraße lag (ab-gebrochen um 1850) war ein potenterArbeitgeber, zudem wurden den Sied-lern Steuererleichterungen gewährt.Innerhalb weniger Jahrzehnte wurdedas bis dahin unbesiedelte, zuvorgerne „auf der Wiese“ genannte Ge-biet, zunächst von der heutigen Sal-zer-, Bad-, Fechter- und Reznicek-gasse begrenzt, dicht verbaut. Mit derEingemeindung der Vorstädte 1850wurde es Bestandteil des heutigen 9.Wiener Gemeindebezirks1.Zuletzt war die Vorstadt Lichtental wiefolgt begrenzt: Fechtergasse, Liech-tensteinstraße bis Nr. 115, hinaus zurNußdorferstraße bis Nr. 68, zur Ruf-gasse, Althanstraße bis Fechtergasse2.Ihre zuletzt über 200 Häuser wurdenin der Gründerzeit erst relativ spät(etwa ab Mitte der 1880er Jahre3) vor-nehmlich an den Rändern durch Neu-

bauten ersetzt. In der Zwischen-kriegszeit wurden zahlreiche Altbau-ten durch große Gemeindebauten er-setzt. Von Bomben im 2. Weltkriegnicht wesentlich dezimiert4, hielt sichim Zentrum des Gebiets bis zu Beginn

der 1960er Jahre ein bemerkenswertgeschlossener Bestand aus Wohnhäu-

sern des 18. und frühen 19. Jahrhun-derts. Wenn auch aus heutiger Sichtals malerisch geschätzt, befanden sichdie Gebäude allerdings zu einem gro-ßen Teil, nicht zuletzt gerade wegenihres hohen Alters, in schlechtem Zu-stand. Die Gemeinde Wien beschlossdaher im Jahr 1962 die Assanierungdes Gebiets: Schleifung und Neubaudes desolaten Altbestands. Für die Al-ternative einer Sanierung, wie sie eingutes Jahrzehnt später bei den ähnlichalten und desolaten Gebäuden amSpittelberg begonnen wurde (Erklä-rung zur Schutzzone 1973), war dieZeit damals offenbar noch nicht reif.

Abbruchwelle ab 1962

Seither wurden von den 62 vorgrün-derzeitlichen Häusern der ehemaligenVorstadt Lichtental, die 1955 noch ge-standen waren5, 54 abgebrochen undim Wesentlichen durch Gemeindebau-ten ersetzt. Der Block südlich der Kir-che (Lichtentaler-, Markt-, Fechter-und Wiesengasse), der ehemals aus22 dicht gedrängten Häusern bestan-den hatte (die allerdings nicht mehralle gestanden waren) wurde unver-baut belassen und als Grünfläche(Lichtentaler Park) gestaltet.Die Gemeinde Wien hatte bereits seitMitte der 50er-Jahre Liegenschaften in

Vom Verschwinden der Wiener Vorstädte, Folge 3: 9. Bezirk, Lichtental

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Abb. 73: Marktgasse 34, 1969: letzter Rest der Bebauung auf dem Gelände desheutigen Lichtentaler Parks, im Hintergrund: Marktgasse 25; Fotograf unbekannt

Abb. 74: Wiesengasse 14, Februar 1973; Fotograf unbekannt, Archiv des Autors

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diesem Gebiet angekauft. Bis Endeder 60er Jahre erwarb sie nahezu alleheute verschwundenen „Bürgerhau-ser“6 und ließ sie demolieren. Amlängsten konnte sich der Assanierungim Bereich des heutigen Parks daslanggestreckte, einstöckige HausMarktgasse 34 (18. Jh.) widersetzen.Es stand zuletzt völlig freigestellt aufder durch die umliegenden Abbrücheentstandenen „Gstättn“ (Abb. 73) undfiel erst 1970. Die Gemeinde Wienhatte 1969 nur eine Hälfte der Liegen-schaft erwerben können. Die andereHälfte, die offenbar nicht leicht zu be-kommen war, erwarb sie erst 1979.Das hinter der großen neuen Freiflä-che, neben dem bereits abgebroche-nen gründerzeitlichen Eckhaus Wie-sengasse 16/Lichtentalergasse 16 iso-liert aus der Baulinie hervorstehendeeinstöckige Haus Wiesengasse 14(Anfang 19. Jh.) wurde schließlich1973 abgebrochen (Abb. 74)Dann dürfte fast ein Jahrzehnt Ruhegewesen sein. 1980 erwarb die Ge-meinde Wien das Ende des 18. Jahr-hunderts errichtete Haus Althanstraße49/Newaldgasse 8, das am nördlichenEnde der Vorstadt hinter der ehemali-gen Brauerei lag. Im Jahr daraufwurde es demoliert und 1984-85durch einen Gemeindebau ersetzt.Dieser ist nach dem KunstschlosserAlexander Nehr (1855-1928) be-nannt, der bis zu seinem Tod Eigentü-mer des alten Hauses gewesen war, indem er auch seine Werkstatt betrie-ben hatte. Bekannt war er durch dieHerstellung des Rathausmannes 1882geworden7. Das 1787 errichtete Haus Marktgasse12 lag zwar – streng genommen –nicht mehr in der ehemaligen VorstadtLichtental, sondern bereits jenseitsder die südliche Grenze bildendenFechtergasse am Thurygrund. Esstellte jedoch einen typischen Vertre-ter der alten Bebauung dar und sollhier Beachtung finden, da es sich, alsletztes Altobjekt am Südende des Ge-biets, bis ins Jahr 2005 halten konnte.Die Gemeinde Wien war offenbarschon lange auch an dieser Liegen-schaft interessiert, da sie auch hiereine Hälfte bereits 1970 erworbenhatte. Die andere Hälfte kaufte imJahr 2004 der Wiener Bodenbereit-stellungs- und Stadterneuerungs-fonds. Anfang 2005 wurde das (frei-lich reichlich desolate) Haus abgeris-sen (Abb. 75f.). Die Eigentümer ver-kauften den Bauplatz 2006 an die

BUWOG, die ein Wohnhaus errichteteund dieses in Form von Eigentums-wohnungen verkaufte.Wie sich die heute noch mehr oderweniger inselhaft bestehenden Lie-genschaften den Assanierungsbestre-bungen der Gemeinde Wien nachhal-tig widersetzen konnten, ist nicht be-kannt. Heute ist es aber offenbar nichtmehr die Gemeinde, die im Lichtentalkauft und abreißt: 2013 erwarb dieIMMORENT Österreich GmbH die ne-beneinander gelegenen Liegenschaf-ten Badgasse 27 und 29. Anfang Mai2014 machten drei Mitarbeiter einerAbbruchfirma mit Hilfe eines Baggers

die beiden einstöckigen Häuser inner-halb weniger Tage dem Erdbodengleich (vgl. S. 45f.).

Heutiger Bestand

Angesichts der Vielzahl der Verluste indieser einst an altem Gemäuer rei-chen Gegend fällt eine Bestandsauf-nahme der Bürgerhäuser, die dasgroße Demolieren in Lichtental bisheute überstanden haben, reichlichübersichtlich aus:

- Badgasse 21 („Zum Meerfräulein“):erbaut um 1800, von der alten Sub-stanz nur mehr der Straßentrakt er-

Abb. 75 u. 76: Marktgasse 12 vor Beginn, bzw. während des Abbruchs im Jänner 2005

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halten, dieser nach früheren Umbau-ten zuletzt 2013 stark umgestaltet,Dach modern ausgebaut, letztesebenerdiges Haus. Eigentum natür-licher Personen (Abb. 77).

- Marktgasse 25: erbaut Anfang 19.Jh., einstöckig, ehemaliges Gasthaus„Zum Küss den Pfennig“, Dach mo-dern, aber dezent ausgebaut, Lokalzur Zeit leer, sonst gepflegter Zu-stand, unter Denkmalschutz; Eigen-tum natürlicher Personen.

- Marktgasse 408: dreistöckiger Pfarr-hof von Lichtental aus der zweitenHälfte des 18. Jhs., unter Denkmal-schutz; Eigentum der römisch ka-tholischen Pfarrkirche zu den 14Nothelfern.

- Reznicekgasse 12 („Zur Alster“):einstöckig mit ausgebautem Mansar-dendach, erbaut zweite Hälfte 18.Jh., unter Denkmalschutz, Eigentumeiner natürlichen Person.

- Reznicekgasse 14 („Zur goldenenKugel“): einstöckig, erbaut 1. Hälfte19. Jh., modern ausgebautes Dach,Eigentum einer natürlichen Person.

- Reznicekgasse 16 (= Wiesengasse29; „Zu den drei Hasen“): einstöcki-ges Eckhaus mit großem Hof undEinfahrtstor, erbaut 2. Hälfte 18. Jh.,altes Dach, unter Denkmalschutz,Eigentum einer natürlichen Person.

Die drei Gebäude in der Reznicek-gasse bilden das letzte zusammen-hängende Ensemble alter Wohnhäu-ser und sind in gepflegtem Zustand,eine Schutzzone wurde nicht einge-richtet.

- Wiesengasse 26 („Zur goldenen Ga-leere“): erbaut Ende 18. Jh., einstö-ckig mit altem(?) Dach, gepflegterZustand nach Sanierung, unterDenkmalschutz, Privateigentum na-türlicher Personen.

- Wiesengasse 28 („Zum heiligenPeter“): erbaut Ende 18. Jh., einstö-ckig mit altem Dach, jedoch nurmehr Restbau nach Abbruch der lin-ken Haushälfte in den 50er Jahren,sanierungsbedürftig, unter Denk-malschutz, Privateigentum natürli-cher Personen.

Auch die beiden Häuser in der Wie-sengasse bilden zusammen mit derrückwärtig angrenzenden Liegen-schaft Badgasse 21 in gewisser Weise,jedoch von außen nicht wahrnehmbar,ein Ensemble. Das Eigentum an dendrei Liegenschaften ist in einer priva-ten Hand vereint.

Ausblick

Von den auf dem Gebiet der ehemali-gen Vorstadt Lichtental heute nochstehenden acht „Bürgerhäusern“ ste-hen sieben in privatem und eines in

kirchlichem Eigentum. Aus dem äuße-ren Erscheinungsbild bzw. der Funk-tion ist abzuleiten, dass sämtliche Ei-gentümer am Fortbestand ihrer Ob-jekte Interesse haben dürften. Zudemstehen sechs unter Denkmalschutz.Von den privaten Häusern erscheintein einziges vernachlässigt, diesessteht jedoch unter Denkmalschutzund im Eigentum derselben Personenwie zwei angrenzende gepflegte Häu-ser. Der Autor schließt diesen Beitragin der Zuversicht, dass er das Ver-schwinden dieses allerletzten Restsder „ganz“ alten Wiener Wohnhäuserin absehbarer Zeit nicht dokumentie-ren müssen wird.

Mag. Thomas BaarAktives Mitglied der Initiative Denkmalschutz

Anmerkungen

1 Zur Geschichte der Vorstadt Lichtentalsiehe u.a.: Alfred Wolf, Alsergrund-Chro-nik, Selbstverlag des Autors, Wien 1981,S.60f.; Lichtental Chronik 1723–1973,Festschrift 250 Jahre Pfarre Lichtental,Eigenverlag der Pfarre Lichtental, Wien1973; Robert Messner, Topografie vonAlt-Wien, Teil 2, Verlag Verband der wis-senschaftlichen Gesellschaften Öster-reichs, Wien 1968, S.59, 96f. und 177ff.

2 Hans Mück, Quellen zur Geschichte desBezirks Alsergrund, in: „Forschungenund Beiträge zur Wiener Stadtge-schichte“ (Hg. Felix Czeike), Band 3,Wien 1978, S.7

3 Mitteilungsblatt des Museumsvereins Al-sergrund, Heft 12, Dezember 1962, S.8

4 Online-Stadtplan Wien/Kulturgut/“Kriegssachschäden“:http://www.wien.gv.at/kulturportal/ pu-blic/

5 Diese Zahl ist das Ergebnis aus dem Ver-gleich der Aufstellung der ehemals zurVorstadt Lichtental zählenden Häuser inRenate Wagner-Rieger, Das Wiener Bür-gerhaus des Barock und Klassizismus,Gebrüder Hollinek, Wien 1957, S.285-304 (Stand: Sommer 1955) mit demheutigen Bestand.

6 Historisches Grundbuch der Katastralge-meinde Alsergrund beim BezirksgerichtJosefstadt

7 Nicht zuletzt deswegen widmete AlfredWolf ihm und dem Altbau in der 87. Aus-gabe des Mitteilungsblatts des Museums-vereins Alsergrund im Mai 1981 Fotosvom Abbruch auf der Titelseite und einenausführlichen Bericht auf den Seiten 13f.

8 Streng genommen handelt es sich dabeinicht um ein (reines) Wohnhaus, WagnerRieger hat das Gebäude aber in ihren Ka-talog (aaO, S. 293) aufgenommen.

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Abb. 77: Badgasse 21ff. ca. 1960, weiter hinten die im Mai 2014 abgebrochenen Häu-ser Badgasse 27 und 29, dahinter Reste der alten Bebauung in der Althanstraße

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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Vom Verschwinden der Wiener Vorstädte – Extra: 9. Bezirk, Lichtental - Das Ensemble Badgasse 27 und 29

Wien Lichtental, Badgasse 29, um1805: Ein hungriger Gast betritt daskleine Gasthaus „Zur heiligen Anna“im Erdgeschoß. Kurze Zeit später töntes lautstark: „Ja, ist denn sonst nir-gends ein Bratel zum Haben als da beimir?“ Urheber dieser groben Worte istder „Bierwürth“ Johann Lochner, derim Jahr 1800 Haus und Grund erwor-ben hatte. In den folgenden Jahrensollte er noch etwas anderes erwer-ben: den Ruf, seinen Gästen stets mit„lustigen Grobheiten“ aufzuwarten,die ihm den Spitznamen „Narrendat-tel“ einbrachten. Und obwohl ihm seinpolterndes Verhalten einmal eineGeldstrafe von hundert Gulden einge-bracht haben soll – Gäste und Künst-ler liebten ihren „Narrendattel“. Diesschlug sich nicht nur in zahlreichenLiedern und Theaterstücken (selbstFerdinand Raimund erwähnte ihn inseinem Stück „Die gefesselte Phanta-sie“) nieder, sondern auch in der Tat-sache, dass Lochner bei seinem Tod1819 fast 5.000 Gulden Aktivvermö-gen hinterließ.

Sein ehemaliges Haus in der Bad-gasse 29 wurde im Mai 2014 abgeris-sen. Zur Zeit Lochners war es fasthundert Jahre alt. Es wurde im Jahr1716, das Nachbarhaus Badgasse 27im Jahr 1722 erbaut. Wie zu jener Zeitüblich, erhielten die Gebäude Hauszei-chen und Hausnamen: Nr. 29 hieß zu-nächst „Zum Blumenstock“, ab spä-testens 1726 ist der Name „Zur heili-gen Anna“ überliefert. Der Name

„Zum Blumenstock“ wurde an dasneuere Haus Nr. 27 „abgegeben“, einin jener Zeit nicht seltener Vorgang.Auch das Grundstück Nr. 29 selbstwurde öfters „abgegeben“: beim Kaufdurch Johann Lochner 1800 hatte esimmerhin schon viermal den Besitzergewechselt, bis zum Abriss 2014sollte es dies noch weitere zwölf Maltun.

Die Gebäude Badgasse 27 und 29standen auf je nur etwa 270m²Grund. Da jeweils auch ein kleinerGarten bestand, wiesen die Häuserselbst noch geringere Grundflächenauf: nur etwa 150m² waren jeweilsbebaut. Dies war typisch für die dicht

gedrängte Baustruktur in der VorstadtLichtental, wo manche Gebäude sogarüber weniger als 100m² Grundflächeverfügten. Diese kleine, bis nach dem2. Weltkrieg noch umfangreich erhal-tene Struktur wurde spätestens durchdie Assanierungsbestrebungen derGemeinde Wien in den 1960er-Jahrenvielen Althäusern zum Verhängnis: oftwurden Parzellen zusammengezogenund größere Gemeindebauten errich-tet. Nur wenige Althäuser entgingenden Ankaufsbestrebungen der StadtWien und repräsentierten weiterhindas vordergründerzeitliche Lichtental.Auch Badgasse 27 und 29 gehörtendazu.

Hinzuweisen ist auf die veränderteFassadengestaltung von Nr. 29, die inden 1880er-Jahren erfolgte: dabeiwurden größere Fensterstöcke einge-baut und die Fenster mit Keilsteinrah-men versehen. Die Fenster selbstwurden mehrere Male getauscht, zu-letzt waren moderne Kunststofffenstereingebaut. Anders bei Nr. 27: an derAußenseite dieses Hauses waren biszuletzt sehr alte, dreigeteilte Kasten-fenster in originalen Fensterstöckenzu bewundern. In beiden Häusern be-fand sich im Erdgeschoß ein (aufge-lassenes) Geschäftslokal: in Nr. 29 daserwähnte Gasthaus „Narrendattel“,das bis ca. 2000 existierte; in Nr. 27ein Baufachhändler. Beide Gebäudeverfügten über einen kleinen, baum-bewachsenen Garten sowie je ein

Abb. 78: Badgasse 27 (links) „Zum Blumenstock“ und 29 „Zur heiligen Anna“- einStück Vorstadt aus der Zeit um 1720 im 9. Wiener Gemeindebezirk

Abb. 79: Hinterhofidylle von Badgasse 29 und 27, Ende April 2014, kurz vor dem Abbruch

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Wirtschaftsgebäude an der rückwärti-gen Grundstücksgrenze. Im Gartenvon Nr. 29 existierte zumindest um dieJahrhundertwende zwischen Kasta-nien- und Nussbäumen auch eine Ke-gelbahn, die wie der Rest des Gartensvom Gasthaus genutzt wurde.

Lenobel‘s Häuser-Kataster 1911 führtfür Nr. 27 und 29 je fünf Wohnungenan, was bei der zur Verfügung stehen-den Grundfläche eine beachtliche Zahlergibt. Vor dem Abriss dürfte in denbeiden Obergeschoßen lediglich nurmehr eine Wohnung gewesen sein.Innen war Nr. 29 zuletzt größtenteilsmodern renoviert (Einbau von sanitä-ren Einrichtungen, neuer Elektrik,neuem Boden). Im Gegensatz dazupräsentierte sich das Haus Nr. 27innen in weiten Teilen unrenoviert. Biszuletzt gelangte man über eine im Hoffrei liegende, enge Treppe ins Oberge-schoß. Dort existierten gut erhalteneReste einer offenen Feuerstelle. NachAuflassung der Feuerstelle wurde un-mittelbar davor eine Toilette einge-baut.

1911 befanden sich die Gebäude nochin verschiedenen Händen. Der Eigen-

tümer des Hauses Nr. 29 kaufte aller-dings noch vor dem Ersten Weltkriegauch das Nachbarhaus, bis nach demZweiten Weltkrieg blieben die beidenGebäude in seinem Eigentum. Er ver-erbte die Gebäude 1947 an zwei un-terschiedliche Linien seiner Familie. Inden folgenden Jahrzehnten wurden

die Gebäude mehrfach weitervererbt,blieben aber im Wesentlichen bis 2007in der Hand dieser Familien. In diesemJahr änderten sich die Eigentumsver-hältnisse an Nr. 29, das Grundstückwurde an einen Privaten weitergege-ben. Auch das Haus Nr. 27 wechseltein diesem Jahr den Besitzer.

Im Frühjahr 2013 wurde Haus Nr. 27zum Verkauf ausgeschrieben. LautAnrainerberichten legte daraufhin derprivate Eigentümer von Nr. 29 ein An-gebot, das Nachbarhaus zu kaufen.Die Immorent AG (Immobiliensparteder Ersten Bank), überbot ihn jedochund konnte das Haus Nr. 27 erwerben,worauf der Eigentümer von Nr. 29 ver-mutlich seine Pläne verwarf und seinGrundstück in Folge ebenfalls zumVerkauf stellte. Auch dieses wurdeschließlich von der Immorent AG er-worben.

Über ein Jahr, bis zum Abriss im Mai2014, standen die Gebäude leer. Be-dauerlicherweise wurden die Zeichender Zeit von Politik und Denkmalamtnicht erkannt, weder Denkmalschutznoch Schutzzone waren für das En-semble eingerichtet. Gemäß der Zei-

tung „Der Standard“ waren für denfehlenden Denkmalschutz laut Fried-rich Dahm, Leiter des Bundesdenk-malamts, bei Nr. 29 die umgebautenFensterstöcke, bei Nr. 27 der angebli-che Fakt, das Haus sei ein Torso undals solches nicht schutzwürdig, aus-schlaggebend. Dass Nr. 27 jedoch

kein Torso, sondern bis zuletzt voll-ständig erhalten war, lässt sich an-hand von Vergleichen mit historischenPlänen und Quellen problemlos erse-hen. Hier könnte eine Verwechslungmit dem Haus Wiesengasse 28 im sel-ben Baublock vorliegen, das, ebenfallsaus vorgründerzeitlicher Zeit stam-mend, in den fünfziger Jahren des 20.Jahrhunderts halb abgebrochenwurde. Heute steht nur mehr dierechte Haushälfte.

Im Frühjahr dieses Jahres ist esschließlich soweit: Nur 48 Stundennach der Warnung des Autors dieserZeilen in einem Artikel der Online-Be-zirkszeitung, der Abriss des vorgrün-derzeitlichen Gebäudeensembles im9. Bezirk stehe unmittelbar bevor,werden Anfang Mai 2014 in einerBlitzaktion von nur drei Tagen die Bie-dermeierhäuser Badgasse 27 und 29abgerissen. Zurück bleibt nicht nureine Baulücke, sondern der schmerz-liche Verlust zweier charakteristischerGebäude Alt-Lichtentals.

Das Gebäudeensemble in der Bad-gasse legte hervorragendes Zeugnisdavon ab, in welch bescheidenen Ver-hältnissen das Volk im 18. und 19.Jahrhundert unweit der habsburgi-schen Repräsentativbauten lebte.Nach Durchführung einer behutsamenRenovierung wäre es möglich gewe-sen, diesen selten gewordenen Typusdes Vorstadthauses, der Wien-Lich-tental jahrhundertelang maßgeblichprägte, für die Nachwelt zu erhaltenund dennoch zeitgemäßen Wohnraumzu bieten. Es bleibt zu hoffen, dass dietraurige Geschichte des EnsemblesBadgasse 27 und 29 sich in absehba-rer Zeit in der Umgebung nicht wie-derholt.

Mag. Bernhard DietrichJournalist und Anrainer

Quellen

Thomas Baar, AV Abriss Badgasse 27 & 29,2014.Edeltraud Schönbauer, Beiträge zur Ge-schichte der Vorstadt Liechtenthal, 1951Alfred Wolf, Sagen, Haus- und Geschäfts-zeichen vom Alsergrund, 1969.Helga Maria Wolf, Ansichtskarten und Fo-tografien als Quelle zur Kulturgeschichtedes Wiener Stadtbezirkes Alsergrund um1900, 1980Historische und aktuelle Grundbuchsaus-züge beim Bezirksgericht Josefstadt.

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Abb. 80: Abriss der Häuser Badgasse 29 und 27 im Mai 2014

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Ein Ort, der keiner ist: So nenntProf. Gunther Martin das dem Ma-xing gewidmete Kapitel in seinenreizvollen „Hietzinger Geschichten“.Es ist also keine Nachlässigkeit,wenn diesmal keine Adresse unterdem Namen des behandelten Ob-

jekts steht. Es existiert lediglich einPark mit steilem Gefälle und eineStraße (früher Hetzendorferstraße),die den Namen Maxing führen, siehtman von einem Stellwerk der ÖBBmit gleichem Namen ab. ErzherzogMaximilian (eigentlich Ferdinand Ma-ximilian), der jüngere Bruder KaiserFranz Josephs, erhielt 1850 das Ge-lände zwischen Fasangarten undHetzendorf geschenkt. Als Namenfür sein Buen Retiro wären „Maximi-lianslust“ oder „Maximiliansruh“nach Vorbildern aus der Barockzeitnahe liegend gewesen. Doch der da-mals 18-Jährige entschied sich füreinen ungewöhnlichen Namen: Ernahm die Kurzform seines Vorna-mens und verband ihn mit der zwei-ten, dem Bajuwarischen entstam-menden Endung von Hietzing. Aufder Anhöhe des Geländes ließ er sichein Holzhaus im „Schweizer Style“nach eigenem Entwurf bauen. Einweit vorkragendes Satteldach, voneinem mächtigen Querbalken ge-stützt, und ein umlaufender Balkonmit reich geschnitztem Geländergaben ihm sein Gepräge. Ein Neben-

trakt mit überdachter Aussichtster-rasse diente als „Bellevue“, bot alsoeinen prächtigen Ausblick auf dieReichshaupt- und Residenzstadt. AlsVilla kann das Maxing nur mit Vorbe-halt bezeichnet werden, denn esdiente nicht als dauernder Wohnsitz,

sondern als Ausflugsziel mit Unter-kunftsmöglichkeit. Der kaiserlicheJüngling träumte von weit mehr:Seine eigene Residenz direkt nebenSchloss Schönbrunn wollte er hierverwirklichen. Ein Schloss mit Re-präsentationsräumen, Hallen für dieerzherzoglichen Sammlungen, Ge-wächshäusern und Fontänen im Parksollten hier entstehen. Geplant warauch eine eigene Habsburgerhalleals patriotisch-dynastisches Monu-ment nach dem Vorbild der Fran-zensburg in Laxenburg, eine Schöp-fung des Großvaters, Kaiser Franz I.Doch der Plan von „Neu-Maxing“blieb Chimäre. Das Schicksal führteMaximilian nach Italien, wo er alsOberkommandierender der österrei-chischen Marine und auch als Gene-ralgouverneur des zu Österreich ge-hörenden Königreichs Lombardo-Ve-netien wirkte. Was er für seine Wie-ner Residenz geplant hat, verwirk-lichte er - Liebhaber alles Maritimen- beim Bau von Schloss Miramar beiTriest. 1864 wollte er seinen Träu-mereien weitaus größere Taten fol-gen lassen. Der Griff nach der ima-

ginären Kaiserkrone von Mexiko en-dete für Maximilian vor dem Erschie-ßungspeloton in Queretaro. Als Toterkehrte er 1867 nach Wien heim undfand in der Kaisergruft im Kreise derAhnen seine letzte Ruhe. Sein Ma-xing hatte er bereits 1859 der da-

mals noch eigenständigen GemeindeHietzing geschenkt, verbunden mitder Auflage, daraus einen öffentli-chen Park zu machen. Seither exis-tiert der Maxing-Park, der damalsnoch große Teile des heutigen Hiet-zinger Friedhofs umschloss. Das ori-ginale Holzhaus existierte noch bis1955. Es sei unwirtschaftlich und ar-chitektonisch wertlos, wirke zudemwie ein Fremdkörper, befanden diedamaligen Gutachter. Das Todesur-teil für den originellen Bau war damitgesprochen. Die eiserne Wetter-fahne mit der Jahreszahl 1850 istdas einzige erhaltene Relikt. Siekann heute im Bezirksmuseum Hiet-zing besichtigt werden. Und nichtsaußer dem Namen Maxing erinnertan „die Utopien eines ungestümenjungen Prinzen, einer habsburgi-schen Cherubino-Gestalt.“ (GuntherMartin)

Dr. Edgard HaiderHistoriker und Buchautor

Literatur

Gunther Martin: Hietzinger Geschichten.Wien: Jugend & Volk 1989

unvergessenDie Villa Maxing in Wien-Hietzing

Abb. 81 (li.): Ein letztes Relikt: Die Wetterfahne der Villa Maxing im Bezirksmuseum Hietzing; Abb. 82 (re.): Villa Maxingim Maxingpark bei Schloss Schönbrunn, errichtet 1850, abgerissen 1955 (historische Ansichtskarte)

Im Jänner 2013 - kurz nach meinerÜbersiedlung von Berlin nach Wien –besuchte ich eine Ausstellung derBAWAG-P.S.K. Contemporary und warbegeistert von der verspielten zauber-haften Fliesendecke im ersten Raumder Galerie. Vom Ausstellungspersonalerfuhr ich von der Firma BrüderSchwadron, die ab 1905 an diesemOrt residierte, und begab mich aufderen Spuren (Abb. 83). Gegründet wurde der Betrieb von denjüdischen Brüdern Victor und AdolfSchwadron, deren Familie ursprünglichaus dem damaligen Galizien stammte.Victor Schwadron wurde am 3. Feb-ruar 1865 in Draganówka geboren.Sein Bruder Adolf erblickte am 3. März1868 in Tarnopol das Licht der Welt.1894 erlangte Victor Schwadron dieBaumeisterkonzession in Wien. SeinBruder Adolf war als Ingenieur im ge-meinsamen Unternehmen tätig. Dererste Eintrag der Brüder Schwadronim Wiener Gewerberegister datiertvom 1. April 1899 und zeigt den Han-del mit Tonwaren an. Das Unterneh-men residierte zunächst in der Woll-zeile 24.Die Brüder Schwadron agierten vonAnfang an unternehmerisch sehr er-

folgreich, denn bereits fünf Jahre nachGründung waren sie in der Lage, eineParzelle auf dem Gelände der ehema-ligen Kaiser-Franz-Joseph-Kaserne zuerwerben. Der Architekt Julius Gold-schläger plante das fünfstöckige Hausam Franz-Josefs-Kai 3, in welches dieFirma 1905 von der Wollzeile übersie-delte. Die Firma unterhielt zudem La-gerhäuser auf dem Nordbahnhof (VIKohlenhof). Im Erdgeschoß des Ge-bäudes baute das Unternehmen seineTätigkeitsfelder aus und betrieb fol-gende Abteilungen: Bäderbau und sa-nitäre Einrichtungen, Wand- und Bo-denbeschläge, Baukeramik und Kana-lisationen aus Steinzeugrohren. Auchein Bildhaueratelier war Teil ihrerkunstkeramischen Werkstätten. Nacheigener Darstellung machte es sichdas Unternehmen zur Aufgabe, bauke-ramische Materialien zu vertreibenund dieselben durch fachlich geschulteSpezialarbeiter zu verarbeiten. In Ko-operation mit renommierten Künstlernwie beispielsweise Robert Obsieger,Hans Adametz, Herta Bucher, WillibaldRuss und Viktor Lurje wirkten sie alsVerleger und boten u. a. Brunnenele-mente, Vasen, Kachelöfen, Grab- undGedenksteine an. Zwischen 1899 und

1938 gestaltete das Unternehmenviele Wiener Vestibüle und Stiegen-häuser mit glasierten Wandplatten undkeramischen Bodenbelägen. Von An-fang an faszinierte mich die sinnlicheQualität der von ihnen gestaltetenFliesen und die Meisterschaft ihresHandwerks. Spannend fand ichzudem, dass sie ihre Werke wohl vonAnfang an „brandeten“, d.h. sie miteiner sogenannten „Signaturfliese“kennzeichneten und somit vor Ort eineVisitenkarte hinterlegten (Abb. 84)

Gesamtkunstwerke des Jugendstil

Viele der Vestibüle sind von beste-chender handwerklicher Qualität, unddas Zusammenwirken der Fliesen mitder Gestaltung der Haustüren, Luster,Aufzugskabinen und Fenster im Stie-genhaus ergibt eine einmalige Atmo-sphäre – es sind Gesamtkunstwerke.In einigen Hauseingängen offenbartsich der Zahn der Zeit, und die Fliesenzeigen massive Gebrauchsspuren, d.h. sie sind teilweise beschädigt undwurden bisweilen wenig feinfühlig er-gänzt. Beim Bau von Zinshäusern arbeitetendie Brüder Schwadron mit vielen Ar-chitekten zusammen: Ludwig Bau-mann, Siegfried Theiss & Hans Jaksch,Ludwig A. Fuchsik, Gustav Josef Lud-wig, Ignaz Reiser, Jakob Gartner,Anton Hein, Pietro Palumbo, Ely Was-serstrom, Oskar Marmorek, MichaelRosenauer, Leo Kammel sen., AugustScheffel, Carl Bittmann, Rudolf Göbel,Ernst Zeschitz, Hans Prutscher, ArthurBaron, Leopold Fuchs, Julius Wohl-muth, Anton Schwarz, Johann Miedel,Ernst Ornstein, Carl Steinhofer, ArpadMogyorosy, Rudolf Erdös und AugustJohann Belohlavek.Darüber hinaus stattete das Unterneh-men viele öffentliche Gebäude und In-dustriebauten baukeramisch aus. Im„Städtewerk - Das neue Wien“ von1927 bilanzieren die Brüder Schwad-ron ihr fast 30-jähriges Schaffen auf-schlussreich und benennen dafür u.a.folgende Hotels und Banken in Wien:Grand Hotel, Bristol, Regina, Park-Hotel, Nationalbank, Anglo-Bank undBritisch-österreichische Bank. Durch die professionelle Diversifizie-rung ihres Unternehmens empfahlensich die Brüder Schwadron für kom-plexe Bauaufgaben wie die Ausstat-

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Die Baukeramik der Brüder Schwadron – ein Stück Wiener Stadtgeschichte

Abb. 83 (li.): Fliesendecke in den ehemaligen Verkaufsräumen der Brüder Schwadron,Franz-Josephs-Kai 3, Wien-Innere Stadt (erb. 1904 von Julius Goldschläger); Abb. 84(re.): Signaturfliese der Brüder Schwadron, Stubenring 24, Wien-Innere Stadt (erb. 1902von Jacob Gartner)

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Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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tung des Dianabads (1915-1917) unddes Amalienbads (1923-1926), wasihnen bravourös gelang. FolgendeKünstler haben an der prachtvollenGestaltung des Dianabads mitgewirkt:Otto Prutscher, Michael Powolny, Antonvon Kenner, Leopold Forstner undGeorg Leisek. Im Amalienbad, dasunter Denkmalschutz steht, kann mannoch heute die Arbeiten der BrüderSchwadron bewundern (Abb. 85).Auch die Söhne Victors – Ernst undWalter – stiegen in das Familienunter-nehmen ein. Ernst Schwadron, der am1. Juli 1896 in Wien geboren wurde,studierte 1918/19 an der WienerKunstgewerbeschule in der Keramik-klasse Michael Powolnys und begannab Ende der 20er Jahre auch als Archi-tekt zu arbeiten. Sein jüngerer BruderWalter kam am 21. Mai 1898 zur Weltund wurde Ingenieur. Bereits 1934verließen Adolf und Ernst Schwadrondas Unternehmen. Adolf Schwadronbeging im März desselben JahresSelbstmord durch Fenstersturz. DieMachtübernahme der Nationalsozialis-ten und die zu erwartenden Repressa-lien zwangen Victor und WalterSchwadron 1938 dazu, ihr Unterneh-men zu verkaufen, um einer Enteig-nung zuvorzukommen. Im April 1938verkauften sie die Firma an WaldemarOdelsky, Fritz Bock und Josef Polese.Sowohl Odelsky als auch Bock waren

langjährige Mitarbeiter der Firma Brü-der Schwadron. Victor Schwadron wardanach üblen Schikanen durch dieneuen Machthaber ausgesetzt. Er wardamals bereits 74 Jahre alt und eineFlucht kam für ihn offenbar nicht mehrin Frage. Laut den Matriken der IKGWien starb er 1942 krankheitsbedingtin Wien. Seine Söhne Ernst und Walterhatten hingegen 1938 die Kraft unddie Energie, das Land zu verlassen undsiedelten sich in den USA an. Das aus meinen Recherchen resultie-rende interaktive Ausstellungsprojekt„BRÜDER SCHWADRON call to mind“wurde im Jänner 2014 in den ehema-ligen Räumen des Unternehmens amFranz-Josefs-Kai 3 gezeigt. Ziel desAusstellungsprojekts war es, die imVerschwinden begriffenen Spuren desUnternehmens ins Bewusstsein derÖffentlichkeit zu rücken – eine künst-lerische Intervention wider das Ver-gessen. Die Fotografin Lisa Rastl hatfür die Ausstellung 20 Wiener Zinshäu-ser aufgenommen, deren Vestibülevon den Brüdern Schwadron baukera-misch gestaltet wurden. Darüber hi-naus zeigte das Ausstellungsprojekteine Bildstrecke von öffentlichen Ge-bäuden, die nachweislich von derFirma Brüder Schwadron ausgestattetwurden: Amalienbad, Wirtschaftskam-mer, Gasthaus Reinthaler sowie dasgrößte Fass im Kaiserlichen Weinkeller.

Diese illustrieren den mannigfaltigenWirkungskreis des Unternehmens undseinen Beitrag zur Blüte des Kunst-handwerks zwischen Späthistorismusund Jugendstil. Der OPEN CALL lud alleWienerinnen und Wiener zur Partizipa-tion ein, d.h. Fotos ihres persönlichenUmfelds, das Spuren des Schwadron-schen Wirkens zeigt, per Email einzu-reichen. Diese wurden in der Ausstel-lung präsentiert und sind nun auf derWebsite zu entdecken.

Tina ZicklerDiplom-Kommunikationswirtin, Initiatorin des

interaktiven Ausstellungsprojekts „BRÜDER SCHWADRON call to mind“

www.projekt-schwadron.at

� iD-Führung: BaukeramikSchwa dron, 7. März 2015, 10 Uhr

Da die Ausstellung ein großer Erfolgwar – der Katalog mit Beiträgen vonMarkus Kristan, Andreas Lehne und An-dreas Nierhaus ist bereits vergriffen –wird das Projekt fortgesetzt. Die zweiteAusstellung "BRÜDER SCHWADRONneue Orte & Spuren" wird vom 5. bis30. November 2014 im Forum des MAK- Österreichisches Museum für ange-wandte Kunst / Gegenwartskunst prä-sentiert und zeigt neben neuen Fotosvon 25 Zinshäusern in Wien und Badenauch Originalobjekte.

Abb. 85(li.): Damensauna im Amalienbad in Wien-Favoriten (erb. 1923-1926 von Otto Nadel und Karl Schmalhofer); Abb. 86 (re.):Wandverfliesung im Haus Weihburggasse 9, Wien-Innere Stadt (erbaut 1913 von Ignaz Reiser)

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Durch das Ausstellungsprojekt BrüderSchwadron: call to mind, das im Jän-ner dieses Jahres stattfand, und durchdie Mitwirkung von privaten Beteilig-ten, so genannten Scouts, konntenbisher 51 Arbeiten der BrüderSchwadron dokumentiert werden. Vonden insgesamt 50 in Wien bekanntenObjekten (ein weiteres wurde in Brati-slava gefunden) stehen 41 Bauwerkein einer Schutzzone nach dem Kultur-güterkataster der Stadt Wien, und ins-gesamt zwölf Objekte stehen nach dervom Bundesdenkmalamt erstelltenDenkmalliste unter Denkmalschutz.Nur sieben Objekte unterstehen kei-nem Schutz. Darunter befinden sichzwei Wohnhäuser im achten Bezirk,jeweils eines im zweiten, dritten, 14.,16., und 19. Gemeindebezirk. Die Auf-listung und Überprüfung der bisher

dokumentierten Kunstwerke er-brachte Spuren vom ersten bis zum20. Bezirk. Aus dem fünften, elften,zwölften, 13., 17. und 18. Bezirk sindbislang keine Funde bekannt. Dererste Bezirk hat dabei die höchste An-zahl an kunstkeramischen Arbeitender Brüder Schwadron aufzuweisen.Von insgesamt 13 Funden stehen hierfünf Gebäude unter Denkmalschutz,das ist nicht einmal die Hälfte. Über-raschend ist die Tatsache, dass fastalle Gebäude im vierten Bezirk, die

Spuren der Baukeramiken aufweisen,unter Denkmalschutz stehen. Da nunder gesamte erste Bezirk als Schutz-zone ausgewiesen ist, könnte mandavon ausgehen, dass jene Werkeeinem entsprechenden Schutz unter-stehen. Was bedeutet also nun dieVerortung eines Gebäudes in einerSchutzzone?Schutzzonen wurden geschaffen, umdas historische Erscheinungsbild derAltstadt zu wahren, aus diesemGrund betrifft der Schutz der jeweili-gen Objekte lediglich die Außener-scheinung. Abbrüche sind ebenfallsmöglich, allerdings werden Zerstö-rungen in Schutzzonen nur unter be-stimmten Bedingungen zugelassen.Objekte außerhalb von Schutzzonenbenötigen keine Bewilligung. Da derSchutz allerdings nur dem Erhalt des

historischen Stadtbildes dient, sinddie sich im Innern befindlichen Kera-mikarbeiten weder geschützt, nochwerden Erhaltungsmaßnahmen durchden Altstadterhaltungsfonds subven-tioniert. Dies bedeutet, dass die 41dokumentierten Baukeramiken ent-fernt werden können, und auch dasGebäude an sich kann nicht immervor der Zerstörung bewahrt werden,wie mindestens drei bekannte Ob-jekte, welche heute nicht mehr exis-tieren, beweisen. Eines dieser drei

Objekte war das in den Jahren 1913–1917 errichtete Dianabad.Bei jenen Objekten, die unter Denk-malschutz stehen, wird das gesamteBauwerk geschützt, also auch die in-nere Substanz, somit sind Verände-rungen und die Entfernung der Kera-mikarbeiten weitestgehend unterbun-den. Instandsetzungsarbeiten werdenunter der Aufsicht des Bundesdenk-malamtes ausgeführt. Bekannte Bei-spiele sind zum Beispiel die Wirt-schaftskammer am Stubenring, dasAmalienbad am Reumannplatz oderdie Schweizer Botschaft im vierten Bezirk.Da sich nun etwas mehr als die Hälfteder Keramikarbeiten der BrüderSchwadron zwar in einer Schutzzonebefinden, aber das Hausinnere nichtvor Veränderungen geschützt ist, liegt

das künftige Schicksal dieser kunst-handwerklichen Arbeiten in den Hän-den der jeweiligen Besitzer. Das Aus-stellungsprojekt Brüder Schwadron:call to mind konnte vielleicht deneinen oder anderen Eigentümer da-rauf aufmerksam machen, welcheHandwerkskunst in seinem Gebäudezu finden ist, und dazu beitragen, dieSpuren der Vergangenheit für die Zu-kunft zu erhalten.

Dipl. Ing. Simone Schoder

Nr. 17 / 2014

Wie gut geschützt sind Baukeramikarbeiten der Brüder Schwadron?

Abb. 87 (li.): Signaturfliese Schwadron in der Wurlitzergasse 13, dieses Haus unterliegt weder dem Denkmalschutz, noch befin-det es sich in einer Schutzzone; Abb. 88 (re.): Eingangsfoyer Neubaugasse 2, zwar steht das Haus in einer Schutzzone, dieseschützt jedoch nur die Außenfassade. Das Foyer und die Schwadron-Bodenkeramiken unterliegen keinem Schutzstatus

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Nr. 17 / 2014

Die Gemeinde Gams liegt im Natur-park Steirische Eisenwurzen zwischenHochschwab und dem Massiv der Ge-säuseberge und wird landschaftlichgeprägt durch den Gegensatz zwi-schen sanftem Mittelgebirge und steilaufragenden Bergen. Die geologischeGeschichte der Region lässt sich 250Millionen Jahre zurückverfolgen und

wird seit Jahrhunderten naturwissen-schaftlich erforscht. Im Geozentrumder Gemeinde Gams, auf dem Geop-fad, in der (bei Schulklassen beson-ders beliebten) Geowerkstatt, an denWassermühlen von Gamsforst und inder Kraushöhle können sich Besucherselbst davon überzeugen.Die Kraushöhle ist benannt nachihrem Erforscher Franz Kraus (1834-1897), einem Pionier der Höhlenfor-schung in Österreich. Als Sohn einesWiener Textilfabrikanten geboren,widmete sich der zum Kaufmann aus-gebildete Kraus nach dem Tod seinesVaters ausschließlich naturwissen-schaftlichen Studien. Er war 1879Gründungsmitglied des Vereins fürHöhlenkunde, der weltweit erstenspeläologischen Vereinigung, Verfas-ser des 1894 erschienenen, weltweitersten Gesamtwerkes „Höhlenkunde.Wege und Zweck der Erforschung un-terirdischer Räume“ und Beiträger des1891 von Kronprinz Rudolf herausge-gebenen Werks „Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort undBild“. Für seine wissenschaftlichenLeistungen erhielt Kraus den Titel„k.k. Regierungsrath“ und für seine

Pionierleistungen im Karst- und Höh-lenwesen sowie im Tourismus die Eh-renbürgerschaften von Gams und Pla-nina in Slowenien.1881 kam Franz Kraus nach Gams beiHieflau, um mit einem Komitee vonOrtsbewohnern die als Annerlbauern-loch ortsbekannte Höhle zu erschlie-ßen. Die Kraushöhle ist ein Natur-

denkmal und die einzige Höhle imdeutschsprachigen Raum, in der Kalkdurch Schwefelwasserstoff in Gipsumgewandelt wird. 1882 als „KrausGrotte“ feierlich eröffnet, war sie ab1883 die erste elektrifizierte Schau-höhle der Welt, die Beleuchtung be-stand aus fünf Bogenlampen zu je1000 Normalkerzen Lichtstärke, aus-geführt von der Firma Brückner, Ross& Co. aus Wien.Franz Kraus selbst wählte Gams zuseinem Sommersitz und errichtetehier die Häuser „Grottenheim“ und„Louisenhof“ sowie ein Freibad.

Das Grottenheim heute

Meine Mutter erwarb 1994 das „Grot-tenheim“ (Gams bei Hieflau Nr. 80),ein Steinhaus samt Wirtschaftsge-bäude, von den österreichischen Bun-desforsten. Sofortige Erdarbeiten unddie Dachreparatur vermieden denkompletten Verfall. Für die Hilfsbereit-schaft von Bevölkerung und Bürger-meistern sowie die Unterstützungdurch das Land Steiermark ist an die-ser Stelle zu danken. 2011 übernahmen mein Partner undich die Liegenschaft. Nur mit großem

persönlichem Einsatz war die folgendeRenovierung in dieser Form möglich. Die Haustüre und 22 Kastenfensterstammen von einer Tischlerei in Lie-zen; Boden, Wand und Decke wurdeneinem Wiener Baumeister anvertraut;aus einem Wiener Wohnhaus geret-tete Türen wurden mühe- und liebe-voll restauriert und eingebaut. Hei-

zung und Warmwasserbereitung erfol-gen über eine kombiniertePellets/Stückholzheizung. Originalpläne waren nicht vorhanden,sondern haben sich erst bei der Sanie-rung erschlossen. Doch verdanken wirgerade dieser Unkenntnis das Entste-hen von zwei getrennten Wohneinhei-ten, ein großzügiges Treppenhaus undeine sonnige Veranda samt Terrassebei unverändertem äußerem Erschei-nungsbild. Am 29.6.2013 wurde dasrenovierte Gebäude in einem kleinenFestakt vom Pfarrer geweiht. Eine vonder Gemeinde Gams gewidmete Ge-denktafel erinnert an den Ehrenbürgerk.k. Reg.Rat Franz Kraus und die Er-richtung der „Villa Grottenheim“ inden Jahren 1883-1885.Wir haben die erfreuliche Erfahrunggemacht, dass die Menschen im Ortnach Jahrzehnten wieder stolz auf die„Krausvilla“ sind, weil sie Teil ihrerTradition ist, und dass das auch alsStation in den Geopfad aufgenom-mene „Grottenheim“ mit großem In-teresse und Wohlwollen wahrgenom-men wird.

Dr. Renate Weihs-RaabliD-Mitglied, Eigentümerin der „Kraus-Villa“

Die Villa Grottenheim vulgo Krausvilla im obersteirischen Gams

Abb. 89 u. 90: Die Villa Grottenheim in Gams (Oststeiermark), links vor und rechts nach der Renovierung

Vereinspost

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Burgenland: Mattersburg – Dis-kussion um das „KUZ“

Das 1976 eröffnete Gebäude des Kul-turzentrums Mattersburg (ArchitektHerwig Udo Graf) ist in die Jahre ge-kommen. Im September muss es auf-

grund baulicher Mängel geschlossenwerden. Statt saniert zu werden solles jedoch, wenn es nach dem Willender Landesregierung geht, abgerissenund durch einen Neubau ersetzt wer-den. Dies hatte Kultur-Landesrat Hel-mut Bieler (SPÖ) im Mai verkündet –und damit prompt massiven Wider-stand ausgelöst. Eine Facebook-Gruppe gründete sich und sammelteUnterschriften zum Erhalt des „KUZ“,Landeskonservator Peter Adam hatsich klar gegen einen Abriss ausge-sprochen und bereitet die Unter-schutz-Stellung des Sichtbetonbausvor (vgl. BVZ, 16.7.2014). Die Be-deutung des Baus liegt neben seinerarchitektonischen Qualität vor allemin der zeitgeschichtlichen Dimension:Das Mattersburger Kulturhaus wardas erste seiner Art im Burgenlandund als solches modellhafter Aus-druck sozialdemokratischer Kulturpo-litik.

Kärnten: St. Veit an der Glan:Wohnungen statt Modekaufhaus

Das Hotel „Zum Weißen Lamm“ amUnteren Markt Nr. 4/5 in St. Veit ander Glan wartet auf eine neue Nut-zung. Lange Zeit war es als Standorteines Kaufhauses der Modekette „H &M“ im Gespräch, doch der damit ver-bundene massive Umbau stellte sichals unvereinbar mit der Erhaltung derhistorischen Bausubstanz heraus. DasBundesdenkmalamt, das nach Be-kanntwerden der Pläne das Haus2013 unter Denkmalschutz stellte,pochte auf die Erhaltung der teilweisegotischen Kernsubstanz und des Ar-

kadenhofs. „H & M“ zog sich daraufhinzurück, und St. Veits BürgermeisterGerhard Mock wiederholte die be-kannten und kurz gegriffenen Vor-würfe, wonach Denkmalschutz viel zu„exzessiv“ auftrete (vgl. „MeineWoche, 11.2.2014). Für St. Veit giltjedoch, was auch an vielen anderenOrten gilt: ein solches Votum sollteals Chance begriffen werden, stattder ewig gleichen und überdimensio-nierten Megaprojekten nach neuen,dem Stadtcharakter adäquaten Lö-sungen zu suchen. In St. Veit scheinteine solche Lösung mittlerweile ge-funden: Meldungen nach soll nun dieStadt als Käufer auftreten, sie willnun Wohnungen in dem historischenBauwerk errichten.

Salzburg: Hallein – Dürrnberg :Wolf-Dietrich-Berghaus ein Opfer des Klimawandels?

Auf dem Dürrnberg bei Hallein stehtdas sog. Wolf-Dietrich-Berghaus, des-sen Baujahr mit 1597/98 angegebenwird (aber wohl älter ist) und Teil desehemaligen Salzbergwerks war. Mitt-lerweile zeigt es die Spuren fortge-schrittenen Verfalls. Der Eigentümer,die Salinen Austria, betreiben seinenAbbruch – wogegen u. a. der ehema-lige ÖVP-Landtagsabgeordnete Mi-chael Neureiter auftritt, der Denkmal-schutz für das Objekt fordert. DieLandeskonservatorin von Salzburg,

Eva Hody, hat diesem Ansinnen abereine Abfuhr erteilt – mit einer Be-fremden auslösenden Argumentation(vgl. ORF, 5.5.2014): Durch die an-geblich gefährdete Lage in einemHochwassergebiet sei es dem Eigen-tümer nicht zumutbar, Geld in die Er-haltung zu stecken, da die Gefahr be-steht, dass das Haus bei der nächstenMure weggerissen werde. Eine solcheEventualität höher zu bewerten alsden historischen Wert, somit ein Ge-

bäude, das über 400 Jahre den Zeitengetrotzt hat, einfach aufzugeben, löstZweifel an der rechten Einstellung desDenkmalamtes aus. Zumal eine vomORF veranstaltete nicht-repräsenta-tive Online-Umfrage zur ThematikDenkmalschutz für das Wolf-Dietrich-Berghauses eine 75%ige Zustim-mung zur Unterschutzstellung ergab(„Glasklarer Fall. Tolles Kulturgut aufeinem ohnehin geschichtsträchtigenBerg“). Man würde sich wünschen,dass das BDA das derart artikulierteöffentliche Interesse zu Kenntnisnimmt …

Steiermark Graz – Abbruch derVilla Holzmann

Wie die „Initiative für ein unverwech-selbares Graz“ berichtet, wurde EndeAugust die Villa Holzmann im GrazerStadtteil St. Peter (Brucknerstraße100) abgebrochen. Die ungewöhnli-che, 1917-22 von Franz Holzmann fürseine Frau Rosa errichtete Villa warfast zur Gänze als Holzbauwerk er-richtet, besaß markante Schopfwalm-dächer und war mit Laubsägearbeitengeschmückt. Als Beispiel für Holzbau-weise im städtischen Umfeld wäre esvermutlich denkmalschutzwürdig ge-wesen. Das Bundesdenkmalamtwurde jedoch erst nach Vorlage desAbbruchbescheids auf die Villa auf-merksam gemacht, der Abbruch be-gann, bevor das BDA mit entspre-chenden Erhebungen beginnenkonnte.

Steiermark: Vordernberg – Be-trieb der Erzbergbahn eingestellt

Ende Mai musste die steirische 1891eröffnete Erzbergbahn in der Steier-mark ihren Betrieb zumindest vorläu-fig einstellen. Die Bahn wurde seit1980 auf der Strecke zwischen Vor-

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dernberg und Eisenerz als Museums-bahn mit Schienenbussen betrieben,Betreiber war der Verein Erzbergbahn.Nun haben die ÖBB den Pachtvertragfür die 1,9 km lange Strecke zwischen

Vordernberg Markt und VordernbergSüd gekündigt. Dadurch ist der not-wendige Betriebsverkehr zwischen derWerkstatt in Vordernberg Süd unddem Ausgangspunkt der Museums-strecke nicht mehr möglich. Die ÖBB,generell nicht gerade für ihre Traditi-onspflege berühmt, besiegelt damit

das Ende einer wertvollen touristi-schen Attraktion. Ihr Angebot, dieStrecke zum stolzen Preis von €411.000 (!) an den Verein zu verkau-fen, übersteigt die Möglichkeiten desgemeinnützigen Vereins. Letzte Hoff-nungen liegen beim Land Steiermark,das Unterstützung zugesagt hat. Auchdie Bürgermeister der Region stehenhinter dem Verein. Die Erzbergbahn,die bis 1978 als Zahnradbahn betrie-ben wurde , ist eine der landschaftlichschönsten Strecken Österreichs undgilt als steilste Normalspurstrecke in-nerhalb der EU (71 ‰). Zusätzlichmachen sie die zahlreichen Viadukteund Tunnel zu einem herausragendentechnischen Denkmal.

Tirol: Bichlbach-Berwang –Bahnhof abgebrannt

Der Bahnhof Bichlbach-Berwang ander 1913 eröffneten Tiroler Außer-fernbahn (Streckenabschnitt Gar-misch-Partenkirchen - Reutte) wurdeam 7. März dieses Jahres ein Opferder Flammen. Dabei wurde vor allemder Dachstuhl des im Stil eines TirolerBauernhauses errichteten Bahnhofsschwer beschädigt. Der Großbrandließ eine unschöne Brandruine zu-rück, und verständlicherweise will dieGemeinde diesen Zustand schnell ge-ändert haben, wie die Tiroler Tages-zeitung berichtet (7.8.2014). Wannund wie jedoch die mit „Sanierungdes Ortsbildes“ umschriebenen Maß-nahmen in die Tat umgesetzt werdensollen, ist offen, sodass unklar bleibt,ob und welche Teile des Bahnhofs er-halten werden können. Zwischen demprivaten Eigentümer - der Bahnhofwar von den ÖBB erst vor kurzemverkauft worden - und Ortspolitikernlaufen Gespräche. Der Denkmal-

schutz für den architektonisch bemer-kenswerten Bahnhof wurde jedoch in-zwischen aufgehoben.

Vorarlberg: Lustenau – Zukunftdes Ammannhauses

Das Lustenauer Ammannhaus gilt alsältestes Gebäude der Gemeinde, dieGrundmauern stammen neuesten Un-tersuchungen nach aus dem Jahr1452. Seit 1978 steht es unter Denk-malschutz. Das eindrucksvolle Holz-haus in der Hofsteigstraße 46 warzeitweiliger Wohn- und Amtssitz desLustenauer Ammanns (Amtsmann)bzw. dessen Familie und hat vondaher seinen Namen. Nachdem der

letzte Bewohner vor kurzem verstor-ben ist, überlegen dessen Erben nun,das Anwesen zu verkaufen. Die Ge-meinde hat Interesse an diesem„Stück Lustenauer Identität“ signali-siert, die Diskussion um mögliche zu-künftige Nutzungen hat gerade be-gonnen. Die Zustimmung zum Erhaltist breit, problematisch ist jedoch derschlechte Erhaltungszustand des Am-mannhauses, allein die Sicherung desBestandes dürfte eine sechsstelligeSumme betragen (Vorarlberger Nach-richten, 5.6.2014).

Wien: Hochhaus am Eislauf -verein heiß umstritten

Die Pläne für ein Hochhaus auf demGelände des Hotel Intercontinentalund des Eislaufvereins werden nunendlich breit diskutiert. Gleich drei Pe-titionen – eingebracht von unseremVerein Initiative Denkmalschutz, derÖsterreichischen Gesellschaft fürDenkmal- und Ortsbildpflege sowieder Initiative Stadtbildschutz – habenzum Ziel, das Projekt, das in derKernzone des Welterbegebietes derWiener Altstadt liegt, zu verhindern.Ein Hochhaus an dieser Stelle istschlicht unvereinbar mit dem Erhaltdes besonders geschützten Stadtbil-

Nr. 17 / Mai-August 2014kurzmeldungen

Abb. 96: Visualisierung des Hochhaus Projekts beim Wiener Eislaufverein, Blick vom Belvedere

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Nr. 17 / 2014

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des und widerspricht zudem dem2002 beschlossenen Hochhauskon-zept der Stadt Wien. Nicht zuletztwürde durch ein Hochhaus die be-rühmte Sichtachse vom Belvedere aufWien massiv beeinträchtigt. Das ge-genwärtig vorliegende Konzept be-dient einseitig Investoreninteressen,die der Öffentlichkeit außer demSchaden im Stadtbild eine Reihe wei-terer Nachteile bringen (Verlust öf-fentlicher Fläche, erhöhtes Verkehrs-aufkommen, Schattenfall). ChristophMayerhofer kommt in einem Kom-mentar in der Tageszeitung „DerStandard“ u. a. zu dem Schluss: „Wiebei anderen aktuellen Vorhaben anprominenten Standorten in Wien auch(Danube Flats, Krieau) geht es beidiesen Projekten nicht um eine sinn-volle Weiterentwicklung der Stadt indie Zukunft. Es geht vielmehr um ge-baute Finanzspekulation.“ (Der Stan-dard, 11.7.2014)

Wien – Leopoldstadt: Abriss ander Oberen Donaustraße

Die historische Bausubstanz des zwei-ten Wiener Gemeindebezirks scheintweiterhin stark gefährdet. Nachdemdie Gründerzeithäuser Taborstraße81-83 durch das Engagement einerlokalen Bürgerinitiative gerettet wer-den konnten (vgl. Denkma[i]l Nr. 16,S.49), ist dagegen das im Stil derNeorenaissance erbaute ZinshausObere Donaustraße 67a kürzlich ab-gerissen worden. Besonders schmerz-lich ist hier der Umstand, dass mitdem Abbruch eine Lücke in ein ge-schlossenes Ensemble gründerzeitli-cher Wohnbebauung gerissen wurde.In einer Presseaussendung haben wiraus diesem Anlass die anhaltende Un-tätigkeit der Gemeinde Wien, aberauch die fehlende Initiative des Be-

zirks kritisiert, Schutzzonen-Widmun-gen vorzunehmen bzw. voranzutrei-ben. Auch das betreffende Gebiet ander Oberen Donaustraße war bereits1996 als „mit hoher Wahrscheinlich-keit schutzzonenwürdig“ deklariertworden, eine entsprechende Auswei-sung war aber seitdem nicht erfolgt.

Wien – Neubau: Breite Gasse Nr. 15

Das um 1800 erbaute Haus BreiteGasse Nr. 15 steht seit Jahren leerund befindet sich in einem verwahr-losten Zustand – ein Zustand, der sei-tens des Eigentümers offenbar be-wusst herbeigeführt wurde. SeinPlan: das Haus aufzustocken und um-zubauen (vgl. Profil, 26.7.2014) DasHaus steht nicht unter Denkmal-schutz, ein entsprechendes Verfahrenwurde vor Jahren eingestellt. Nun,nachdem Abbruchgerüchte die Rundemachen, haben Grüne, SPÖ und FPÖeinen Antrag im Bezirksparlamenteingebracht, wonach das Haus, das inden vergangenen Jahren u. a. Kunst-studenten zur Verfügung gestellt wor-den war, unter Denkmalschutz ge-stellt werden soll. – Das Haus ist einweiterer symptomatischer Fall, wo einHaus einer Schutzzone durch gezielteVernachlässigung abbruchreif ge-macht werden soll, um anschließendlukrativ neu verwertet zu werden.

Wien – Währing: Abbruch desKarl-Schwanzer-Hauses

Bereits im April dieses Jahres wurdevöllig unbemerkt von der Öffentlich-keit ein wichtiges Werk Karl Schwan-zers abgebrochen: sein Wohnhaus inder Hawelgasse 23. Der neben RolandRainer wichtigste Architekt der öster-

reichischen Nachkriegsmoderne (vgl.Denkma[i]l Nr.16, S.24f.) entwickeltehier 1961/62 einen klaren Bau im Stilder internationalen Moderne mitfreiem Grundriss und großen Fenster-flächen. Der „zeittypische Purismus“(Friedrich Achleitner) war über dieJahre wenig verändert gut erhaltengeblieben.Docomomo Austria, die österrei-chische Sektion der internationalenOrganisation zum Schutz der Archi-tektur der Moderne machte bereits2011 auf den architekturgeschichtli-chen Wert des Hauses aufmerksamund regte eine Unterschutzstellungan. Leider blieb das Denkmalamt seit-dem untätig, sodass der Abbruchbag-ger nun ungehindert auffahrenkonnte.

Wien – Donaustadt: Abbruch desHopf-Hauses

Was wir im vorletzten Denkma[i]l an-gekündigt haben (Nr.14-15, S.74), istim August dieses Jahres traurigeWirklichkeit geworden: Das Jugend-stil-Haus Donaufelder Straße 241,das sog. „Hopf-Haus“ ist abgebrochenworden, um einer neuen rendite-trächtigen sechsgeschoßigen Wohn-bebauung Platz zu machen. Bürger-

proteste und eine Demonstration vorOrt hatten den Abbruch leider nichtverhindern können. Für die InitiativeDenkmalschutz ein erneuter Anlass,auf die Säumigkeit in Sachen Schutz-zonenerrichtung und bestandsge-nauer Flächenwidmungs- und Bebau-ungspläne seitens Stadt und Bezirkhinzuweisen. In unmittelbarer Umge-bung des Hopf-Hauses droht übri-gens zwei weiteren Häusern (Donau-felder Str. 217/219) aus derselbenBauepoche ein ähnliches Schicksal.

Wolfgang Burghart, Markus Landerer

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Veranstaltungen / TermineFreitag, 19. September 2014Führung durch das Wiener KonzerthausDas von Helmer und Fellner in Kooperation mit Ludwig Baumann geplanteKonzerthaus wurde am 19.10.1913 feierlich eröffnet. Nach mehreren Um-bauten erfolgte unter Arch. Hans Puchhammer 1998-2001 die General-sanierung, welche die weitgehende Wiederherstellung des Originalzustan-des zum Inhalt hatte. Eine der vielen Besonderheiten ist die größte OrgelÖsterreichs, es führt Konzerthaus-Experte Dr. Erwin Barta.Zeit: 15:30 Uhr Ort: Wiener Konzerthaus (Foyer), Lothringerstr. 20, 1030Wien, Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,-

Donnerstag, 25. September 2014Demonstration für den Erhalt unseres KulturerbesDie Zerstörungen historischer Bausubstanz und der fortschreitende Ver-lust des Wiener Kulturerbes sind Anlass dieser Großdemonstration vomEislaufverein über die Ringstraße bis hin zum Rathaus, wo ein Forde-rungskatalog an Politiker übergeben werden soll. Wir hoffen auf zahl-reiches Erscheinen! Weiterführende Infos zu den 34 beteiligten Initia-tiven finden Sie auf der website: www.kulturerbewien.at und aufwww.facebook.com/kulturerbewien - Bitte eifrig weitersagen! Zeit: 18:00-20:00 Uhr, Treffpunkt: 18:00 Uhr, vor dem Wiener Eislaufverein, Lothringer Straße 22, 1030 Wien

Sonntag, 28. September 2014 (externe Veranstaltung)Tag des Denkmals, Motto: IllusionDeckenmalereien, die uns in den Himmel blicken oder Wände, die unsin einen bezaubernden Garten eintreten lassen – Beispiele illusionisti-scher Malerei, die Schein als Wirklichkeit vortäuschen. Etwa 286 Denk-male werden für Sie geöffnet sein. Info unter www.tagdesdenkmals.at

Dienstag, 7. Oktober 2014Auf den Barockaden - "Kein Film für Untertanen!"Der Widerstandsbewegung rund um die Erhaltung des denkmalgeschütz-ten "Augartenspitzerls" wurde ein filmisches Denkmal gesetzt. Das Lang-zeit-Dokumentarfilmprojekt wurde auch von Initiative Denkmalschutzunterstützt. Diskussion im Anschluss an dem Film mit der FilmemacherinDoris Kittler, Bernd Lötsch, Stadtökologe, Helmut Hofmann, Jurist undKunsthistoriker, sowie den beiden Augarten-Aktivisten Eva Hottenroth(Obfrau Verein Freunde des Augartens) und Hannes Melichar. Zeit: 19 Uhr, Ort: Filmhaus Kino Spittelberg, Spittelbergg. 3, 1070 WienAnmeldung: tel. 01/5224814, eMail: [email protected], € 8,50

Samstag, 11. Oktober 201450 Jahre Donaupark - Auf den Spuren der WIG 64Im Donaupark finden sich einerseits an einigen Stellen die architekto-nischen und gestalterischen Reste der ersten international ausgerich-teten Gartenschau in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg. Ande-rerseits sind zahlreiche Bauten aus den 1960er-Jahren im Laufe derZeit abgetragen worden. Auf der Zeitreise im Donaupark führt der Gar-tenhistoriker und Landschaftsplaner DI Dr. Christian Hlavac.Treffpunkt: 10:00 Uhr, U1-Station Kaisermühlen VIC, vor dem Sta -tionsgebäude (südlicher Ausgang), 1220 WienAnmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,-

Mittwoch, 22. Oktober 2014Führung Palais Larisch-Mönnich (Botschaft der Republik Irak)Das von Siccardsburg und van der Nüll geplante und 1867/68 für denGroßgrundbesitzer Graf Larisch-Mönnich errichtete Palais gehört zu denHauptwerken des Historismus in Wien, altfeudal und ausschließlich für dieprivate Hofhaltung einer Familie dienend. Dipl.Ing. Oliver Schreiber vomBundesdenkmalamt wird uns über die interessante Geschichte und die er-folgte Generalsanierung dieses Hauses informieren.Zeit: 15:45 Uhr, Ort: Johannesgasse 26, 1010 Wien, bitte Lichtbild-ausweis mitnehmen! Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8.-

Abb. 101:Kulturerbe - Demonstration 25.09.

Abb. 100: Wiener Konzerthaus - Führung, 19.09.

Abb. 104: Palais Larisch-Mönnich - Führung, 22.10.

Abb. 103: Donaupark, WIG 64 - Führung, 11.10.

Abb. 102: „Auf den Barockaden“ - Filmvorführung, 07.10.

Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

Nr. 17 / 2014

Nr. 17 / 2014

Freitag, 14. November 2014Führung durch das Stadtpalais LiechtensteinDas Palais gilt als erstes bedeutendes Bauwerk des Hochbarocks in Wien.1836 - 1847 im Stil des „Zweiten Rokoko" umgestaltet, fügen sich imfrühesten Interieur dieser Stilrichtung barocke Stuckdecken, üppigesNeo-Rokoko-Interieur, Original-Möblierung, kostbare Seidenbespannun-gen sowie die raffinierten Parkettböden Michael Thonets zu einem har-monischen Ganzen, dessen Glanz uns der mit der Generalsanierung be-auftragte Architekt Manfred Wehdorn vor Augen führen wird.Zeit: 14:45 Uhr, Ort: Bankgasse 9, 1010 WienAnmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 19/17.-

Freitag, 12. Dezember 2014iD-Weihnachtsfeier im Haus WittgensteinDas "Haus Wittgenstein", 1926-1928 als Wohnpalais für M. Stonborougherbaut und von Ludwig Wittgenstein in Zusammenarbeit mit dem Archi-tekten Paul Engelmann im Stil der Moderne entworfen, war bereits zumAbbruch freigegeben. Nach heftigen Protesten unter Denkmalschutz ge-stellt, wird es nun als bulgarisches Kulturinstitut genutzt. Direktor Prof.Koneva wird uns das einzigartige Bauwerk näherbringen. Zeit: 18:00 Uhr, Ort: Parkgasse 18, 1030 Wien,Anmeldung erforderlich bis spätestens Montag, 8. Dezember 2014. Mitglieder-Führung inklusive Buffet und Getränke: € 20/18,- (Spende),Nicht-Mitglieder: ab € 30,-

Donnerstag, 8. Jänner 2015 Führung durch den Monumentalbau des Wiener BankvereinsDer 1909 -1912 für den Wiener Bankverein errichtete Monumentalbaugilt als Hauptwerk der auf Bankgebäude spezialisierten Architekten Ernstvon Gotthilf-Miskolczy und Alexander Neumann. Die Historikerin Dr. Ul-rike Zimmerl wird uns den hohen Repräsentationsanspruch dieses Bau-werks mit seiner bedeutenden Innenausstattung vermitteln. Treffpunkt: 16:30 Uhr, Schottengasse 6-8, 1010 WienAnmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,-

Freitag, 20. Februar 2015Führung durch die Wiener Akademie der Bildenden KünsteSie ist Österreichs älteste und vornehmste Ausbildungsstätte der bilden-den Künste. Ihre 1877 nach Plänen von Theophil Hansen errichtete Heim-stätte gehört zu den bedeutendsten Bauwerken der Ringstraßenzeit.Mag. Michael Rainer (Bundesdenkmalamt) wird Ihnen einen Einblick indie laufenden restauratorischen Untersuchungen in dem Gebäude geben.Zeit: 15:00 Uhr, Ort: Schillerplatz 3, 1010 WienAnmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,-

Samstag, 7. März 2015 Führung Gebrüder Schwadron BaukeramikVon 1899 bis 1933 stattete die Firma Brüder Schwadron viele Zinshäu-ser und öffentliche Gebäude mit baukeramischen Arbeiten aus und trugsomit maßgeblich zur Blüte des Kunsthandwerks zwischen Späthisto-rismus und Jugendstil bei. Tina Zickler rückt mit ihrer Ausstellung dieSpuren des Unternehmens wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeitund zeigt uns in verschiedenen Wiener Zinshäusern eine interessanteAuswahl des mannigfaltigen Schaffens.Treffpunkt: 10:00 Uhr, Franz Josefs-Kai 3, 1010 Wien Anmeldung erforderlich, Führungsbeitrag (Spende) € 10/8,-

MITGLIEDERTREFFEN20. Oktober, 1. Dezember 2014; 20. Jänner, 17. März 2015 – imVereinslokal, Ort: Fuchs thallergasse 11, 1090 Wien – Zeit: ab 18:30Uhr (jeweils Montag) – Auch Nichtmitglieder sind herzlich willkommen! Hinweise: Die Teilnahme an Veranstaltungen ist (falls nicht anders angegeben) nur Mitglie-dern möglich, für Neumitglieder ist die erste Führung gratis! Bei Mitgliedertreffen sind Gästeund Interessenten immer willkommen. Allfällige Änderungen und nähere Informationen wer-den rechtzeitig per Newsletter (e-Mail) und auf www.idms.at bekannt gegeben. Anmeldungenper eMail an: [email protected], tel.: 01/310 22 94 oder mobil: 0650/571 88 44

Veranstaltungen / Termine

Abb. 106: Haus Wittgenstein – Weihnachtsfeier, 12.12.

Abb.105: Stadtpalais Liechtenstein – Führung 14.11.

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http://www.idms.at

Nachrichten der Initiative Denkmalschutz – Nr. 17 / Mai-August 2014

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Abb. 107: Wiener Bankverein – Führung, 08.01.

Abb. 108: Akademie bildende Künste – Führung, 20.02.

Abb. 109: Schwadronsche Keramik – Führung, 07.03.


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