15. Schmerztherapeuten-Treffen 2016 Freiburg Freitag, 18. November 2016 Markus Cybulla MD, MBA
Unklare Schmerzen:
... häufiges Symptom –
seltene Ursachen Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung der PPT-Folien bzw. der daraus erzeugten PDF-Dateien oder Teilen daraus bleiben Herrn Dr. Markus Cybulla vorbehalten und sind nur mit schriftlicher Zustimmung durch ihn zulässig. Sie dürfen die PPT-Folien bzw. PDF-Dateien nur zum Zweck der persönlichen Information verwenden und keinesfalls an Dritte weitergeben.
Vortragshonorare:
Shire, Genzyme, Roche, Pfizer, Berlin-Chemie, Abbvie, Amgen, Novartis, Alexion Travel-Grants: Shire, Roche, Berlin-Chemie, Pfizer, Sanofi, Alexion, Genzyme Advisory Bord Member: Amicus, Abbvie, Amgen Research-Grant: Shire
Offenlegungen
• ♂ , 12 Lj., stellt sich beim Hausarzt vor, bei brennenden Schmerzen in Handflächen und Füssen, Arthralgien im Bereich der Knie- und Sprunggelenke
Labor: unauffällig Therapievorschlag: Paracetamol per os – kein Erfolg
• Immer wieder Vorstellungen beim Hausarzt und anderen Fachärzten Vorschlag: Vorstellung beim Neurologen – keine auffälligen Befunde Vorschlag: Vorstellungen beim Rheumatologen Immunologisches Labor: ANA 1:400 sonst unauffällig, RF und anti-CCP negativ,
keine Entzündungskonstellation Verdachtsdiagnose: Juvenile Rheumatoide Arthritis
Der 1. Fall
• Therapieversuche mit Sulfasalazin und Leflunomid sowie Kortison ohne Erfolg
• Therapieversuch mit Methotrexat – leichte Besserung, Patient benötigt aber weiterhin NSAR, Therapie wird bis zum 18. Lebensjahr durchgeführt
• Vorstellung bei einem anderen Rheumatologen zur Zweitmeinung: Diagnose: keine systemisch entzündliche Erkrankung aus dem
rheumatischen Formenkreis, MTX abgesetzt • Mit 25 Jahren erstmals Proteinurie von > 1g/die, sowie Hypertonie
• Vorstellung beim Nephrologen. Nierenpunktion:
Der 1. Fall
Diagnose: Morbus Fabry
Literatur 1. Joseph Alroy, Sharda Sabnis, and Jeffrey B. Kopp. J Am Soc Nephrol 13: S134–138, 2002 2. Branton MH et al, Medicine (Baltimore). 2002 Mar;81(2):122-38
Elektronenmikroskopie Morbus Fabry:
Literatur 1. Joseph Alroy, Sharda Sabnis, and Jeffrey B. Kopp. J Am Soc Nephrol 13: S134–138, 2002 2. Branton MH et al, Medicine (Baltimore). 2002 Mar;81(2):122-38
Charakteristika: Nachweis von sog. Zebrakörperchen
• Lysosomale Speichererkrankung
• Vermutete Inzidenz: 1:40.000 bis 1:117.000, jedoch Arbeit aus Italien:
1:31001
• Ca. 2000 vermutete Fälle in Deutschland, davon 1000-1500 undiagnostiziert
• Erste Symptome bereits im frühen Kindesalter
• Seit 2001 steht eine Enzymersatztherapie zur Verfügung
Fakten
Morbus Fabry: unklare epidemyiologische Ausprägung Einführung
Literatur 1. Spada et al., Am J Hum Genet. 2006 Jul;79(1):31-40
Morbus Fabry: eine X-chromosomal vererbbare Multisystemerkrankung Genetik
Ursachen und Folgen Genloci: Xq22.1
• Ursache ist eine Mutation im GLA-Gen auf dem X-Chromosom (Xq22)4
• Eine der häufigsten lysosomalen Speicherkrankheiten1,2
• Mutation verursacht einen Mangel an α-Galaktosidase A3
• Diese bewirkt eine pathologische Anreicherung von Gb3
2,5 in Zellen
• Führt zu Organversagen und vorzeitigem Tod bei Männern und Frauen2,5
Literatur 1. Fuller M, et al. In: Mehta A, et al (eds). Fabry disease: perspectives from five years of FOS, 2006. 2. Barbey F, et al. Curr Med Chem Cardiovasc Hematol Agents 2004; 2: 277-86. 3. Kint JA. Science 1970; 167: 1268-9. 4. Bishop DF, et al. Proc Natl Acad Sci USA 1988; 85: 3903-7. 5. Mehta A, et al. Eur J Clin Invest 2004; 34: 236-42.
Die Zellmembran Gb3
Morbus Fabry: Pathomechanismus
Natürlicher Krankheitsverlauf Klinik
Nieren
Gehirn
Herz
Ohren
Augen
GI Trakt
Haut
Periphere Nerven
Alter (Jahre: Mittelwert und SD)
Literatur 1. Beck M. In: Mehta A, et al (eds). Fabry disease: perspectives from five years of FOS, 2006. 2. Cybulla et al. Dtsch Med Wochenschr 2007; 132: 1505-09.
Ausbruch der Symptome bei 375 erwachsenen Männern aus der Fabry Outcome Survey (FOS) Datenbank.1
Typisch: Akroparästhesien
Periphere Neuropathie Klinik
Klinik
• Schmerzen sind ein frühes Symptom und führen oftmals zu Beeinträchti-gungen bei bis zu 77% der Patienten1
• Patienten leiden an Akroparästhesien und an Krisen mit brennenden oder stechenden Schmerzen1,2
• Körperliche Anstrengung, Temperatur-wechsel oder Stress können eine Schmerzkrise auslösen1,3
• Fähigkeit zum Schwitzen häufig vermindert1, dadurch verringerte körperliche Leistungs-fähigkeit und Hitzeverträglichkeit4
Literatur 1. MacDermot KD, et al. J Med Genet 2001; 38: 750-60. 2. Mehta A, et al. Eur J Clin Invest 2004; 34: 236-42. 3. Barbey F, et al. Curr Med Chem Cardiovasc Hematol Agents 2004; 2: 277-86. 4. Schiffmann R, et al. Muscle Nerve 2003; 28: 703-10.
Grau et al., Nervenarzt. 2003 Jun;74(6):489-96.
Klinisches Bild von Hautbeteiligungen
Klinik Hautbeteiligung
• Dermatologische Symptome (Telangiektasien und Angiokeratome) treten bei Morbus Fabry häufig (bei bis zu 78%) und früh auf1
• Angiokeratome befinden sich typischerweise, aber nicht ausschließlich, auf dem Rumpf und in der Leistengegend2,3
• Können sowohl einzeln als auch gehäuft und großflächig auftreten3
Angiokeratome periumbilikal Angiokeratome im Bereich des Rumpfes
Literatur 1. Mehta A. et al. Eur J Clin Invest 2004; 34: 236-42. 2. Jansen T, et al. Angiokeratoma: symptoms, diagnostics and therapy, 2006; p. 7. 3. Eisman S, et al. Clin Exp Dermatol 2003; 28: 569-70.
Cornea verticillata und Tortuositas vasorum
Klinik Augenbeteiligung
Cornea verticillata (Pfeile). Entnommen aus Sodi et al., 2006.2
Schlängelung der Bindehautgefäße (Pfeil). Entnommen aus Sodi et al. (2006), mit Genehmigung.2
Subkapsuläre Katarakt im hinteren Linsenbereich in “Propeller”-artiger Verteilung. Entnommen aus Sodi et al. (2006), mit Genehmigung.2
• Kommen bei bis zu 62% der Patienten vor1
• Die spezifischsten Kennzeichen sind:2,3
– Hornhauttrübung (Cornea verticillata)
– Auffällige Retinagefäße (Schlängelung der Gefäße)
– Linsentrübungen (subkapsuläre Katarakte im vorderen oder hinteren Linsenbereich)
Literatur 1. Mehta A. et al. Eur J Clin Invest 2004; 34: 236-42. 2. Sodi A, et al. In: Mehta A, et al (eds). Fabry disease: perspectives from five years of FOS, 2006. 3. Brady RO, Schiffmann R. JAMA 2000; 284: 2771-5.
MRI: Nachweis von „White matter lesions“
• MRI: „White matter lesions“ • MR-Angio: cerebrale
Vaskulopathie
DD: Vaskulitis
Fellgiebel et al. Lancet Neurol. 2006 Sep;5(9):791-5
Klinik Neurologie: Zentrale Neuropathie
ZNS-Befunde
Schlaganfall
• Prävalenz von Morbus Fabry bei Patienten mit krypto-genem Schlaganfall (18-55 J) Bei Männern -> 4,9 %
Bei Frauen -> 2,4 %
Rolfs A, et al., Lancet. 2005 Nov 19;366(9499):1794-6
Kardiovaskuläre Befunde • Linksventrikuläre Hypertrophie
(überwiegend konzentrisch) • Linksventrikuläre Dysfunktion
(systolisch und diastolisch) • Herzklappenstörungen
(Mitralinsuffizienz) • Störung der Erregungsleitung • Fortgeschrittenes Stadium: kompletter
Verlust der Muskelstruktur mit zunehmender Fibrose
• Angina pectoris, Infarkt, Herzinsuffizienz
• Folge: plötzlicher Herztod
Schiffmann et al. Virchows Arch. 2006 Mar;448(3):337-43
Klinik Kardiale Beteiligung
Histologisches Bild renaler Schädigung
Nierenbeteiligung Klinik
Merkmale
• Bis zu 84% der Patienten leiden an einer Nierenschädigung1
• Ablagerung von Gb3 in den Glomeruli und Tubuli der Nieren2
• Progressiver Verlauf bis hin zum chronischen Nierenversagen
• Lebenserwartung um 20 (m) bis 15 (f) Jahre reduziert
• Rein renale Form von M. Fabry?4 Nierengewebe (1 μm Ausschnitt). Dunkel gefärbtes Speichermaterial in den parietalen und viszeralen Epithelzellen der Niere (dicke Pfeile) und etwas begrenzter in den interstitiellen Zellen und den Endothelzellen der Kapillaren (dünne Pfeile). Ablagerungen finden sich auch in den distalen Tubuli (Pfeilkopf). Entnommen aus Brady und Schiffmann (2000), mit Genehmigung.2
Literatur 1. Beck M, et al. Eur J Clin Invest 2004; 34: 834-44. 2. Brady RO, Schiffmann R. JAMA 2000; 284: 2771-5. 3. Branton MH, et al. Medicine 2002; 81: 122-38. 4. Cybulla et al., Am J Kidney Dis. 2005 May;45(5):e82-9
Diagnosestellung
Klinische Symptome
Biopsien (Haut, Niere, Herz)
Enzymaktivität im Blut
Gb3 im Urin
Lyso-Gb3
Genetische Untersuchung
Familienstammbaumanalyse
Diagnosemöglichkeiten
Therapie Seit 2001 steht den Patienten eine Enzymersatztheapie zur Verfügung
Infusionszeit: 40 - 60 min.
Dosierung: 0,2 mg/kg/KG
Menschliche Fibroblasten
Replagal® (agalsidase alfa) Firma Shire
Infusionszeit: 4 Stunden Dosierung: 1 mg/kg/KG Ovarialzellen des chinesischen
Hamsters
Fabrazyme® (agalsidase beta) Firma Genzyme
Therapie Galafold® - eine neue Therapie-Option zur Behandlung von Morbus Fabry
• Galafold®: Hartkapsel, jede Kapsel enthält 123 mg Migalastat als Migalastat HCl
• Empfohlene Dosierung: 1 Kapsel (123 mg Migalastat) jeden zweiten Tag zur gleichen Uhrzeit
• Einnahme ≥ 2 Std. vor oder nach einer Mahlzeit
Dosierung und Art der Anwendung
• ♂ , 57 Lj., stellt sich in der Rheumaambulanz vor, bei
• Leichte Erschöpfbarkeit
• Oberbauchbeschwerden
• Knochen- und Muskelschmerzen, an verschiedenen Stellen, meist in den Beinen, nicht genau lokalisierbar
(„Drückeberger Trias“)
(„Drückeberger-Trias“)
Der 2. Fall
Symptome:
•Bei intensiverem Befragen gibt der Patient dumpfe, ziehende Knochenschmerzen in den Beinen sowie Kniegelenksschmerzen an
•Er habe als Kind immer wieder „Knochenentzündung“ gehabt, tagelang zuhause bleiben müssen
•Eine Milzvergrößerung und schlechte Blutwerte seien länger bekannt
•Gelegentliches Nasenbluten
•Oft blaue Flecken
•Neigung zu grippalen Infekten
Der 2. Fall
Laborbefunde:
•Hb 11.1 g/dl
•Thrombozyten 36.000/µl
•Leukozyten 3.830/µl
•Lymphozyten 24 rel.%, Eosinophile 9.2 rel.%, Monozyten 9.2 rel.%
•Gesamteiweiß 8.3 g/dl, γ-Globuline 16.1 rel.%, monoklonale Gammopathie IgG/Kappa
•BSG 29 mm n. W., konventionelle klinische Chemie unauffällig
Der 2. Fall
Untersuchungsbefunde:
•Leber sonographisch deutlich vergrößert, homogen
•Milz 19,7 x 6,3 cm (Längs- x Querdurchmesser)
•Die Untersuchung von Herz- und Kreislaufsystem zeigt keine Besonderheiten
Diagnose:
•Splenomegalie unklarer Genese •Panzytopenie •Monoklonale Gammopathie unklarer Genese
Der 2. Fall
Diagnose: Morbus Gaucher
(Bild: Dr. Mengel, Univ.-Kinderklinik Mainz)
• Aktivität der ß-Glucocerebrosidase in Leukozyten: 1.1 nmol/(mg
x h) (Normbereich 10-25)
• Damit ist die Diagnose des M. Gaucher auch biochemisch gesichert, sie wird durch eine Sequenzierung des GBA1-Gens bestätigt (N370S/L444P kombiniert-heterozygot)
• ACE-, saure Phosphatase-Aktivität, Ferritinkonzentration im Serum meist oft massiv erhöht
• Chitotriosidaseaktivität im Plasma 6740 nmol/(ml x h), (Normbereich 0-200)
Weitere Labordiagnostik
Radiologische Diagnostik: MRT
Radiologische Diagnostik: MRT
Inhomogene, fleckförmige Signalbsenkungen in der MR-Tomographie der unteren Extremität
Befund MRT
Pathomechanismus
Glucocerebrosid
Glucose Ceramid
Glucose Ceramid
Glucocerebrosidsynthase
Glucocerebrosidase
Substratreduktionstherapie, SRT miglustat
Enzymersatztherapie, ERT imiglucerase
www.sphingomap.org
Pathophysiologie
Enzymdefekt
Makrophagen
Leber Knochen Lunge
Milz Knochenmark
Therapie Es steht den Gaucher-Patienten eine Enzymersatztheapie zur Verfügung
Infusionszeit: 1 Std.
Dosierung: 15 - 60 U/kg/KG
Menschliche Fibroblasten
VPRIV® (velaglucerase alfa) Firma Shire
Infusionszeit: 1-2 Std., 14-tägig Dosierung: 60 U/kgKG Gewinnung aus Ovarialzellen des
chinesischen Hamsters
Cerezyme® (imiglucerase) Firma Genzyme
Therapie Alternativ steht eine Substratreduktionstherapie zur Verfügung
Kapseln: per os Dosierung: 100 mg (1 Kapsel) dreimal täglich
Zavesca® (miglustat) Firma Actelion
Anamnese:
•♀ , 58 Lj., stellt sich beim Rheumatologen vor, chronische Schmerzen im ganzen Körper, vor 14 Jahren sei die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms gestellt worden. Dieses habe sich über die Jahre mehr und mehr verschlechtert. Aktuell müsse sie an Stöcken gehen. Gelenke seien keine geschwollen oder gerötet. Sie habe vor allem auch muskuläre Probleme. Labor: unauffällig Therapievorschlag: NSAR per os – kein Erfolg
•Vorstellungen beim Orthopäden – unauffällige Befunde Vorstellung beim Neurologen – unauffälligen Befunde Radiologische u. nuklearmedizinische Untersuchungen – unauffällige Befunde •Tender points negativ
Der 3. Fall
Laboruntersuchungen:
Unauffällig Befunde: BB, Leberwerte, Nierenwerte, E´lyte, CRP, BSG Auffällige Befunde: Harnsäure zwischen 6,0 und 8,0 mg/dl, Massiver Vit.D-Mangel Immunologische Befunde ANA positiv (Titer 1:800), ENA-Differenzierung negativ, ds-DNS-AK negativ ANCA negativ Rheumafaktoren ≈ 30 IU/ml Verdachtsdiagnose: chronisches Schmerzsyndrom unklarer Genese
Der 3. Fall
Laboruntersuchungen:
Mehrere Wiederholungen der Laboruntersuchungen, dabei viel auf: Alkalische Phosphatase: 35 und 39 U/l (Norm: 35 bis 106 U/l) Erweiterung der Diagnostik: Pyridoxal-Phophat im Plasma: 80 ng/ml (Norm: 5 – 30 ng/ml) Pyridoxal-5-Phosphat im Urin: 1,5 ng/ml (Norm: < 0,7 ng/ml)
Verdachtsdiagnose: Hypophosphatasie (PPH)
Der 3. Fall
Genetische Untersuchung:
Mutationsanalyse: ALPL:c.[119C>T];[=] Die klinisch-radiologische Diagnose wurde molekulargenetisch bestätigt!!
Diagnose: Hypophosphatasie (PPH)
Der 3. Fall
• Die Hypophosphatasie (=HPP) ist eine seltene angeborene Erkrankung des Knochen- und Mineralstoffwechsels1,2 mit häufig schwerem, bisweilen tödlichem Verlauf.
• Ursache sind inaktivierende Mutationen des Gens für die gewebeunspezifische Alkalische Phosphatase (tissue-nonspecific alkaline phosphatase=TNSAP)1.
• Nicht-abgebaute TNSAP-Stoffwechselprodukte akkumulieren, wie anorganisches Pyrophosphat, das aktiv die Knochenmineralisierung hemmt2.
• Die HPP kann autosomal-rezessiv oder -dominant vererbt werden3.
• Es werden mehrere klinische Subtypen mit hoher Morbidität unterschieden, die fließend ineinander übergehen3,4,5.
• Die Diagnose wird durch Labor- und Röntgenuntersuchungen, sowie durch humangenetische Tests gesichert.2
Fakten
Hypophosphatasie (HPP) – was ist das?? Einführung
1Whyte MP. et al. In Glorieux F, Pettifor J, Juppner H (Eds.), Pediatric Bone, Second Edition. New York, NY: Elsevier. 2012. Chap 28. 2Beck C. et al. Klin Pädiatr 2009. 221:219-26. 3Whyte, MP. In Thakker R, Whyte M, Eisman J, Igarashi T (Eds.), Genetics of Bone Biology and Skeletal Disease. New York, NY: Elsevier. 2013. Chap 22. 4Rockmann-Greenberg C. Pediatr Endokrinol Rev. 2013. 10(2):380-8. 5Wenkert D et al. J Bone Miner Res. 2011. 26(10):2389-98.
• Die HPP-Inzidenz beträgt (geschätzt): 1:100.000 / Einwohner1.
• Die Prävalenz bei Kindern liegt bei ca. 200 in Deutschland1.
• Studien konzentrieren sich auf schwere (perinatale und infantile) HPP-Formen – deswegen liegen wenig epidemiologische Daten vor.
• Die Diagnosestellung ist aufgrund der Seltenheit / Vielfältigkeit der HPP-Symptome schwierig.
• Die Dunkelziffer milder Formen ist hoch.
Fakten
Hypophosphatasie (HPP) Epidemiologie
1Beck C. et al. Klin Pädiatr 2009. 221:219-26. 2Rockmann-Greenberg C. Pediatr Endokrinol Rev. 2013. 10(2):380-8. 3Mornet E. et al. Ann Hum Genet. 2011. 75(3):439-45. 4Fraser D. Am J Med. 1957 22(5):730-46. 5Watanabe A. et al. J Hum Genet. 2011. 56(2):166-8. 6Taketani T. Arch Dis Child. 2013. 99(3):211-5.
Pathophysiologie Im Fokus: Knochen
Bei der Knochenmineralisierung dephosphoryliert die AP auf Osteo-blastenmembranen anorganisches Pyrophosphat (PPi). Es entsteht an-organisches Phosphat (Pi). Pi und Ca2+ bilden Hydroxylapatit-Kristalle.
Bei geringer AP-Aktivität akkumuliert extrazelluläres PPi - ein starker Inhibitor der Knochenmineralisierung.
PPi verbindet sich außerhalb der Osteoblasten mit Kalzium, wird in Gelenken, Muskulatur, Arterien und Nieren abgelagert und führt zur Versalzung von Geweben3.
Fakten Die Pathomechanismen
1Millan JL. et al. J Bone Miner Res. 2008. 23(6):777-87. 2Rockmann-Greenberg C. Pediatr Endokrinol Rev. 2013. 10(2):380-8. 3Beck C. et al. Klin Pädiatr 2009. 221: 219-26.
Historische Klassifikation klinischer Hypophosphatasie-Subtypen1,2,3
Hypophosphatasie (HPP) Klassifikation
Klinische HPP-Subtypen Alter bei Auftreten erster Symptome / Beschwerden
Perinatale Form der HPP in utero und bei Geburt
Infantile Form der HPP < 6 Monate
Kindliche Form der HPP ≥ 6 Monate – 18 Jahre
Adulte Form der HPP ≥ 18 Jahre
HPP-Sonderformen Alter bei Auftreten erster Symptome / Beschwerden
Odonto-HPP Jedes Alter, einzige klinische Auffälligkeit ist eine Erkrankung der Zähne
Perinatal gutartige HPP in utero, postnataler Verlauf kann von der infantilen Form bis zur Odonto-HPP reichen
1Rockmann-Greenberg C. Pediatr Endokrinol Rev. 2013. 10(2):380-8. 2Whyte, MP. In Thakker R, Whyte M, Eisman J, Igarashi T (Eds.), Genetics of Bone Biology and Skeletal Disease. New York, NY: Elsevier. 2013. Chap 22. 3Wenkert D et al. J Bone Miner Res. 2011. 26(10):2389-98.
Prognose der unterschiedlichen Subtypen
Hypophosphatasie (HPP) Klassifikation
Klinische HPP-Subtypen
Perinatale Form der HPP Prognose intrauterin / perinatal infaust1
Infantile Form der HPP
Prognose infaust oft im 1. Lebensjahr1
50 % der Kinder versterben. Häufigste Todesursache ist respiratorisches Versagen.
Manchmal spontan deutliche Besserung, besonders bei Überleben des Säuglingsalters2
Kindliche Form der HPP Verbesserung bei Schluss der Wachstumsfugen möglich2 , jedoch bleibende
Beeinträchtigungen Skelettale Beschwerden können im Erwachsenenalter wieder auftreten2
Adulte Form der HPP wiederkehrende und anhaltende orthopädische Beschwerden oft progressiv und beeinträchtigend
HPP-Sonderformen
Odonto-HPP Einzige Auffälligkeit: Zahnveränderungen
Perinatal gutartige HPP Langzeitverlauf / Prognose unklar1
1modifiziert nach Beck C. et al. Klin Pädiatr 2009. 221:219-26. 2Whyte MP. Ann. N.Y. Acad. Sci. 1192. 2010.190-200.
Klinik Hypophosphatasie
Hypomineralisierung
Kraniosynostose
Rachitis, Skelettdeformationen
Osteomalazie
Frakturen −nicht-traumatisch −rekurrent −nicht-heilend
Knochenschmerzen
Chronische Knochenentzündung
Kleinwuchs
Skelett1,2,4-11, 20-22 Hypotonie
Nicht-progressive proximale Myopathie Muskelschmerzen
Immobilität, Gehhilfe
erforderlich (z.B. Stock, Krücken, Rollator, Rollstuhl)
Verzögerte oder nicht
erfolgte motorische Entwicklung
Muskulatur1,3,4,19
Chondrokalzinose
CPPD*-
Ablagerungen Pseudogicht
Gelenkschmerzen
*Kalzium Pyrophosphatdihydrat
Rheumatologisch17
1Balasubramaniam S. et al. J Inherit Metab Dis. 2010. 33(3): 25-33. 2Collmann H. et al. Childs Nerv Syst. 2009. 25: 217-23. 3Seshia S. et al. Arch Dis Child. 1990. 65: 130-1. 4Beck C. et al. Rheumatol. Int. 2011. 31: 1315-20. 5Whyte MP. et al. NEJM. 2012. 366:904-13. 6Barvencik F. et al. Osteoporos Int. 2011. 10:2667-75. 7Coe JD. et al. J Bone Joint Surg Am. 1986. 68:981-90. 8Kozlowski K. et al. Pediatr. Radiol. 1976 5:103-17. 9Moulin, P. et al. Eur J Pediatr. 2009. 168:783-8.10Whyte M. Poster Session presented at the meeting of the European Calcified Tissue Society, Stockholm, Sweden. 2012. 11Weinstein, R. Arch INtern Med. 1981. 141, 727-31. 12Baumgartner-Sigl S. et al. Bone. 2007. 6,1655-61. 13Silver MM. et al. Pediatr Pathol. 1988. 8:483-93. 14Teber S. et al. Indian J Pediatr. 2008. 75:186-8. 15Mohn A. et al. Acta Paediatr. 2011. 100:1-4. 16Eade AW. et al. Ann Rheum Dis. 1981. 40:164-70. 17Chuck AJ. et al. Ann Rheum Dis. 1989 48(7):571-6. 18 1Whyte MP. et al. In Glorieux F, Pettifor J, Juppner H (Eds.), Pediatric Bone, Second Edition. New York, NY: Elsevier. 2012. Chap 28. 19Seefried L. Poster session presented at the meeting ASBMR, Seattle, Washington. 2014. 20Caswell AM. et al. Crit Rev Clin Lab Sci. 1991. 28:175-32. 21Berkseth KE. et al. Bone. 2013. 54:21-7. 22Schlesinger B. et al. Proc Roy Soc Med. 1954. 47, 541. 23Auron A. et al. Pediatr. Nephrol. 2005. 20:1143-5.
Therapie
Aktives Zentrum der TNSAP
Fc-Fragment des humanen IgG1
Deca-Aspartat-Rest mit hoher
Knochen-Bindungsaffinität
Exprimiert in gentechnisch veränderten Ovarzellen des Chinesischen Hamsters (CHO-Zellen)
Asfotase alfa = Aufbau des Moleküls
Deca-Aspartat
TNSAP
Fc
Gelenk
Ca2+
IgG1 Fc
Aktives Zentrum
N-terminale α-Helix Crown Domaine
CH2
CH3
D10 D10
Asfotase alfa ist ein zielgerichtet am Knochen wirkendes humanes, rekombinantes TNSAP-Fusionsprotein, das als Ersatz für verminderte / fehlende Enzymaktivität entwickelt wurde.
Millán JL. et al. J Bone Miner Res 2008. 23:777–787.
Zusammenfassung
Bei unklaren Schmerzen auch an seltene, genetische Erkrankungen denken
Krankheit Enzymmangel Speichermaterial Manifestations- alter
Kommentar Häufigkeit
M. Fabry α-Galaktosidase A Globotriaosylceramid Kindheit Häufigste LSD 1 : 40.000 bei Männern 1 : 20.000 bei Frauen
M. Gaucher Saure β-Glukosidase Glucosylceramid von Kindheit bis Erwachsenenalter
Häufiger bei Ashkenazi Juden
1 : 57.000
M. Hunter Iduronat-2-sulfatase (I2S)
Glykosaminoglykane (GAGs)
Kindheit Progredient, somatische Symptome nehmen mit dem Alter zu
1,3 : 100.000 bei männlichen
Lebendgeburten
M. Pompe Saure α-Glukosidase Glykogen Kindheit oder spätes Einsetzen
Neuromuskuläre und kardiomyopathische Probleme
1 : 14.000 – 1 : 300.000
Hypophosphatasie (HPP)
Mangel an gewebeunspezifische Alkalische Phosphatase (tissue-nonspecific alkaline phosphatase=TNSAP)
Anorganisches Pyrophosphat (PPi)
Kindheit bis Erwachsenenalter
Häufig muskuläre und Gelenkschmerzen im Verlauf progredient, kann bis zur Immobilität führen
1:100.000 / Einwohner Die Prävalenz bei Kindern liegt bei ca. 200 in Deutschland