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Natürlich mehr leisten! || Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

Date post: 14-Dec-2016
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87 Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern 6.1 Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten – 91 6.1.1 Management des Alltags – 94 6.1.2 Steuerung des idealen Leistungszustandes – 97 6.1.3 Umgang mit Stressoren – 99 6.2 Natürliche Leistungsprinzipien – 100 6.2.1 Der Rhythmus – das Wellenprinzip aus Belastung und Entlastung – 100 6.2.2 Die richtige Dosis – 103 6.2.3 Peaks setzen – 105 6.2.4 Trainingsbereiche unterscheiden – Komfort-, Stretch- und Stresszone – 106 6.3 Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren – 110 6.3.1 Mentale und emotionale Fitness – 110 6.3.2 Mentale und emotionale Fitness trainieren – Ausgangspunkte – 112 6.3.3 Grundlagentraining: die Selbstregulationsfähigkeit erhöhen – 118 6.3.4 Training der Wettkampfstabilität – Umgang mit innerem und äußerem Druck – 121 6 J. Leidenfrost, A. Sachs, Natürlich mehr leisten!, DOI 10.1007/978-3-642-35321-5_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
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Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6.1 Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten – 91

6.1.1 Management des Alltags – 946.1.2 Steuerung des idealen Leistungszustandes – 976.1.3 Umgang mit Stressoren – 99

6.2 Natürliche Leistungsprinzipien – 1006.2.1 Der Rhythmus – das Wellenprinzip aus Belastung und

Entlastung – 1006.2.2 Die richtige Dosis – 1036.2.3 Peaks setzen – 1056.2.4 Trainingsbereiche unterscheiden – Komfort-, Stretch- und

Stresszone – 106

6.3 Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren – 110

6.3.1 Mentale und emotionale Fitness – 1106.3.2 Mentale und emotionale Fitness trainieren – Ausgangspunkte – 1126.3.3 Grundlagentraining: die Selbstregulationsfähigkeit erhöhen – 1186.3.4 Training der Wettkampfstabilität – Umgang mit innerem und äußerem

Druck – 121

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J. Leidenfrost, A. Sachs, Natürlich mehr leisten!, DOI 10.1007/978-3-642-35321-5_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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Trainingstagebuch

Wie gestalte ich meinen Trainingsplan? Wie und mit wem übe ich regel-mäßig? Welcher Rhythmus tut mir gut? Wie balanciere ich eine gute Dosis von Grenzen erweitern, Anspannung und Regeneration? Wie stabilisiere ich nachhaltig meine physische, mentale und emotionale Fitness? Wie komme ich nach schwierigen, belastenden Situationen schnell wieder in meine Mitte? Welche Einstellungen und Rituale unterstützen meine klei-nen Flow-Erlebnisse im Alltag?

» Ein großer Tag für Mercedes und ein großer Tag für die Familie Ros-berg. Nach 111 Rennen gewinnt Nico Rosberg seinen ersten Grand Prix in Shanghai. »Das ist natürlich der absolute Hammer. Alles hat perfekt gepasst. Das ist echt cool und ein tolles Gefühl«, sagte Rosberg, der als achter Deutscher eine Pole-Position eroberte und darauf bis zum 111. Rennen warten musste – länger brauchten nur drei andere der nun 83 Pole-Starter in der Geschichte der Formel 1. Deswegen ist der Triumph von Rosberg in vielerlei Hinsicht eine Erlösung. Zunächst für den 26-Jährigen selbst, der im 111. Anlauf endlich die Vorschusslorbee-ren rechtfertigte, einer der talentiertesten Piloten im Feld zu sein. (Die Welt online, am 15.04.2012) «Wie viele Trainingsstunden und Trainingsrunden mögen zwischen dem Wunsch, einmal ganz oben zu stehen, und dem heutigen Erfolg von Nico Rosberg gelegen haben? Wie viel Übung steckt wohl hinter all dem Talent?

Wenn die Medien von Sportlern und deren Abenteuern berichten, dann stehen meist die Triumphe und Siege im Vordergrund. Auch deren große Visionen, und manchmal auch das Scheitern daran, bietet viel Stoff für eine emotionsgeladene Berichterstattung. Über die täg-liche Übung und die konsequente Umsetzung der eigenen Vorhaben wird hingegen selten fokussiert. Dabei liegt genau darin, die eigent-liche Expertise jedes Sportlers. Es scheint wie bei anderen Experten auch, als ob die Grundlagen wie das tägliche Training, die gezielte Vorbereitung auf einen Jahreshöhepunkt oder auch ihr gesamtes Konzept eines umfangreichen Selbstmanagements in Fleisch und Blut übergegangen seien. Körperliche und mentale Fitness, ebenso wie konsequenter Ausgleich und Balance, gehören schlichtweg dazu. Jeder Sportler weiß, wie wichtig die Regenerationszeiten für die eigentliche Leistungsfähigkeit sind, und dass der Muskel im Regenerationszu-stand wächst. Je nach Sportart und individuellem Typ stellt man sich seinen Trainingsplan zusammen und beachtetet dabei die Steuerung der Belastungsdosis ebenso wie den Rhythmus von Training und Wettkampf oder die Auswertung der jeweiligen Tagesergebnisse. Im Trainingstagebuch, heutzutage in elektronischer Form, werden zahl-reiche Beobachtungen rund um die tatsächliche Leistung, das körper-liche Befinden sowie wesentliche Empfindungen und Rahmenbedin-gungen notiert. Für Sportler ist diese Art der Selbstbeobachtung und des Selbstmanagements gewissermaßen »Berufsalltag«. Keiner würde auf die Idee kommen, »blind drauf los zu funktionieren«, geschweige denn immer mit demselben Prinzip!

Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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89 6Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

Für den Beobachter von außen mag es nach einem konstanten Wachstum von: »höher, schneller, weiter« aussehen. Doch das ist im besten Falle das Ergebnis einer gelungenen Potenzialentfaltung und exzellent angewendeter Prinzipien von Leistungssteuerung. Natürlich mehr leisten? Ja, doch nur unter Berücksichtigung der Natürlichkeit des Menschen und damit der Berücksichtigung dessen, wie langfristig und dauerhaft Gesundheit und Leistungsfähigkeit erhalten bleiben können.

In der Wirtschaft läuft es heute ähnlich wie im Sport. Es ist wie eine Aneinanderreihung von Sprints, wie eine Tour de France mit täglichen Bergankünften. Körperliche und mentale Fitness sind ent-scheidend, um die Anstrengungen von Reisen, Meetings und den be-lastungsreichen Alltag energiereich und gesund zu überstehen. Fitte Menschen regenerieren schneller. Umso mehr muss man darauf ach-ten, wie der Mitarbeiter mit der gestiegenen Intensität zurechtkommt. Der persönliche Kontakt ist eine der wesentlichsten Kraftquellen, doch gerade die Kommunikation mit den Mitarbeitern ist in Zeiten virtueller Führung zunehmend schwierig. Selten steht ein so umfang-reiches und hochwertiges Team täglich zur Verfügung, dadurch wird die Selbstverantwortung und Selbststeuerung der Mitarbeiter zuneh-mend essenziell.

Natürlich mehr leisten, ist in diesem Sinne das Motto, denn die einseitig wettbewerbsorientierte Auseinandersetzung führt im Sport ebenso schnell an seine Grenzen wie in der Wirtschaftswelt. Viel-leicht können sich viele von uns das kaum anders vorstellen, denn in unserer Gesellschaft ist in den letzten Jahren eine sehr einseitige und extreme Leistungsentwicklung betrieben wurden. Eine Entwicklung, die begonnen hat mit der immer weiter optimierten Nutzung von Ressourcen und dem Ziel der höchsten Effizienz sowie maximaler Gewinne. Natürliches wird durch Maschinelles ersetzt. Lebendigsein durch Funktionieren. Doch wir sehen zunehmend die Grenzen dieser Entwicklung, denn jede Einseitigkeit reduziert sich irgendwann von selbst. Wir zahlen auf vielen Ebenen hohe Kosten für diese Über-treibungen. Und auch erfolgreiche Sportler kennen solche Phasen, in denen man sich durch »Missmanagement« und ein »Zu-viel-Wollen« weit von seiner Mitte entfernt hat und den Preis durch Verletzungen, Leistungseinbruch, Überforderung oder Erschöpfung bezahlt. An die-sen Stellen einer Sportlerkarriere zeigt sich häufig der Rückbezug auf die eigenen Werte und die Fähigkeit, adaptiv auf geänderte Anforde-rungen zu reagieren. Gerade in diesen Zeiten ist der »ganze« Mensch mit Körper und Geist wieder gefragt, so dass er zurückfindet zum Einklang seines Wesens und zu einem balancierten Umgang mit all den Kräften, die auf ihn einwirken.

» Die Erwartungshaltung im Sport ist teilweise etwas, was Dich auch richtig hemmen kann, vor allem wenn man meint, man müsste seinen Selbstwert an den Leistungen messen. Der Umgang mit den Medien ist dann nicht immer leicht, weil, wenn Du zweiter oder dritter bist, wollen sie von Dir nicht wissen, dass Du zufrieden bist, sondern ein

Selbstverantwortung, Selbststeuerung

Grenzen höchster Effizienz und maximaler Gewinne

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Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

Sportler will, soll, muss gewinnen. Und ich hatte eine Zeit, da habe ich mich zu stark mit dem Sport identifiziert, da wird man dann nahezu abhängig von seinen Erfolgen. Was für mich in diesen Zeiten immer eine wichtige Stütze ist, ist die Familie. Wenn ich die nicht gehabt hätte, dann wäre ich vielleicht auch schon mal ausgebrannt. Ich hatte zum Beispiel mal die extremen Saisonen 2008 und 2009, das war die vorolympische Saison und 2007 war ich Weltmeister und dann war 2008 die Weltmeisterschaft in Oberhof (meiner Heimbahn). Da war natürlich der Anspruch, wieder Weltmeister zu werden. Ich bin dann zweiter geworden, was für mich ein super Ergebnis war, aber die Er-wartungen nicht erfüllt hat. Eigentlich mag ich die Bahn in Oberhof nicht, doch irgendwie habe ich mich so ein bisschen mit Gewalt in die Favoritenrolle reden lassen. Und so habe ich halt gemeint, ich müsste für die WM 2009 extrem pushen, also Input gleich Output, und so war es dann so, dass ich mir zwei Wochen vor der WM einen Kreuz-bandriss zugezogen habe, weil ich mir so viel zugemutet hatte. Und im Nachhinein sehe ich Zusammenhänge. Ich habe damals mit einer neuen Trainerin zusammengearbeitet und die war total fit und gut und hat ebenfalls viel ausprobiert. Und so haben wir beide uns an-einander hochgeschaukelt und haben völlig ignoriert, dass es natür-liche Grenzen vom Körper gibt. Naja, und dann ist halt kurz vor der WM das Kartenhaus zusammengefallen. Damals hat mir dann meine Freundin viel geholfen, die hat mir einfach den Spiegel vorgehalten. Doch das ist wie im richtigen Leben auch, Du kriegst dann Botschaf-ten, wo Du merkst, Du musst etwas verändern und wenn Du es dann nicht machst, kriegst Du die nächstheftigere Botschaft. (David Möller, 07.04.2012, persönliche Mitteilung) «Die Interviewausschnitte beschreiben sehr gut, wie stark auch bei Sportlern, angesichts der immer größer werdenden Anforderungen, des wachsenden medialen Interesses und des Konkurrenzdenkens, der Druck und die Belastung zunehmen. Gleichwohl beschreiben die Zeilen, dass es Wege gibt, gesund damit umzugehen. Gelingen diese Wege der Selbstreflexion und Veränderung nicht, dann bietet der Sport, wie andere Felder der Höchstleistungskultur auch, viel-fältige Ursachen, um auszubrennen. Für diese schleichenden Burn-out-Prozesse sind vor allem hoch identifizierte und der Aufgabe verpflichtete Menschen gefährdet; d.  h., Seelen von ehemals »ent-flammten« Menschen werden strapaziert. Im metaphorischen Sinne »… eine lang andauernd zu hohe Energieabgabe für zu geringe Wir-kung bei ungenügendem Energienachschub …« (Burisch 2006, S. 7). Im Kern stehen immer bestimmte Bedürfnisse, Ziele und Wünsche. Diese werden oft gar nicht oder nur unter Vernachlässigung von an-deren, wichtigen Bedürfnissen erreicht. Pausen werden gestrichen, andere Lebensumfelder vernachlässigt oder Signale der Erholungs-bedürftigkeit überhört. So bleiben letztlich Erwartungshaltung UND Kraftaufwand hoch, um die gesteckten Ziele umzusetzen, bis irgend-wann die Kraftreserven aufgebraucht sind, der Körper und der Geist chronischem Stress unterliegen und ein Erschöpfungszustand eintritt.

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91 66.1 • Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten

Die Anpassungsmechanismen des Körpers schlagen zunächst fehl, den durch die Trainingsreize entstandenen psychophysiologischen Stress zu verarbeiten. Das Dilemma besteht nach Burisch (2006) vor allem darin, weil es demnach gleichzeitig unmöglich ist aufzugeben und unmöglich, in diesem Zustand das Ziel zu erreichen. Und selbst wenn es erreicht würde, wäre die damit erhoffte Belohnung unmög-lich so hoch, dass sie alle gebrachten »Opfer« und Kosten aufwiegen könnte. Wir ahnen in diesen Momenten, dass wir, egal wie wir es drehen und wenden, eine schmerzliche Erfahrung machen werden.

Wir Autoren wollen an dieser Stelle nicht näher auf die Sympto-me, wie chronischen Stress, Burn-out oder die unendliche Spirale des Dopings eingehen, sondern uns vielmehr an wesentliche Grundlagen unserer körperlichen, mentalen und emotionalen Fitness erinnern so-wie wesentliche Grundprinzipien einer gesunden Leistungssteuerung fokussieren. Für Höchstleister aller Art sind diese Grundlagen sozu-sagen die langfristige Lebensversicherung. Denn der Umgang mit Un-sicherheit, mit Druck und Stress wird zum entscheidenden Faktor für nachhaltigen Erfolg. Es sind zusätzliche Fähigkeiten gefragt, um die heutigen Anforderungen, auch im Sinne einer ganzheitlichen Work-Life-Balance, stabil und ausgeglichen zu bewältigen bzw. den »Akku« regelmäßig aufzuladen. Statt Ressourcennutzung und Ressourcenaus-nutzung ist ein gesundes Verständnis von Leistung gefragt. Es gehört zu unseren ganz menschlichen Potenzialen, auf allen Ebenen fit zu sein und das in unterschiedlichster Form auszudrücken, so wie es auch für Sportler gilt! Folgende Trainingszugänge für eine gelingende Umsetzung von Zielen und ein gutes Selbstmanagement wollen wir nachfolgend anschauen:1. Den idealen Leistungszustand steuern und damit Energie lang-

fristig erhalten (7 Abschn.  6.1).2. Natürliche Leistungsprinzipien erkennen und bei der Umsetzung

von Vorhaben berücksichtigen (7 Abschn.  6.2).3. Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und

trainieren (7 Abschn.  6.3).

Sie alle unterstützen Anpassungsprozesse, die wir trainieren können, um mit hohen Anforderungen flexibel umgehen zu können und nach-haltig für eine große Lebensbalance und eine kleine Alltagsbalance zu sorgen. Diesen Prinzipien und Grundlagen einer ganzheitlichen und nachhaltigen Fitness wollen wir im letzten Kapitel der individuellen Erfolgsfaktoren auf die Spur kommen.

6.1 Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten

»Der gesunde und leistungsfähige Mensch ist immer ruhig und ent-spannt«, dieser Ansicht sind viele Menschen. Doch wiederum aus dem Sport kennt man einen anderen Zusammenhang zwischen Leis-tung und Aktivierungsniveau. Ein Sportler, der vor dem Start eines

Grundlagen körperlicher, mentaler und emotionaler

Fitness

ideale Zone optimaler Funktionsfähigkeit

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92 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Wettkampfes nicht ein gewisses erhöhtes Energieniveau (den sog. Vorstartzustand) erreicht und der stattdessen, so entspannt wie nach einem guten Saunagang ist, wird nach dem Startschuss kaum in der Lage sein, seine Höchstleistung zu vollbringen. Wenn er jedoch um-gekehrt, so stark nervös und angespannt ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, auf die Trainingserfahrungen zurückzugreifen (ähnlich wie beim »Prüfungsblackout«), dann wird die Leistung ebenfalls ge-ring sein. Im optimalen Bereich zwischen Über- und Unterspannung liegt die Zone der idealen Funktionsfähigkeit. Wer in diesem Bereich seine Leistung abruft, wird ein Höchstmaß davon erzielen. Diesen Zusammenhang zwischen Aktivierungsniveau (i. S. d. Anspannung) und Leistungsfähigkeit (i. S. d. Produktivität und Energie) bezeich-net man als »Yerkes-Dodson-Gesetz« und wird u.  a. im Sport als Grundlage für die Steuerung des idealen Leistungszustandes genutzt (. Abb. 6.1)

Das heißt, das Ziel der Sportler ist einerseits die gezielte Energie-steigerung, andererseits die effiziente Regeneration und Entspannung sowie dazwischen einen möglichst langen in der sog. IZOF (ideale Zone der optimalen Funktionsfähigkeit) zu verbringen. Sportler wis-sen, dass bei einer mittleren Aktivierung und in diesem Sinne »Erre-gung« das Verhalten am effektivsten und flexibelsten ist. Dann haben sie die Fähigkeit, ihre Erfahrungen, Fähigkeiten und Wissen optimal zu nutzen. In einem solchen Zustand ist optimale Leistung möglich. Erst wenn die Anspannung weiter ansteigt und damit sozusagen die Nebenwirkungen der Stressreaktion auf allen Ebenen »greifen«, sind die eigenen Ressourcen (Wissen, Fähigkeiten etc.) wie verschüttet und nicht zugriffsbereit. Die Leistung sinkt. Eine gesunde Fitness, im körperlichen wie im mentalen Sinne, erreichen wir demzufolge, wenn es uns gelingt, unter verschiedenen Anforderungen, die »rechte

. Abb. 6.1 Der Zusammenhang zwischen Aktivierungsgrad und Leistungsfähig-keit als Grundlage für den idealen Leistungszustand (auf der Basis des Yerkes-Dodson-Gesetzes). (Mod. nach Yerkes et al. 1908)

Aktivierung(Anspannung)

Yerkes-Dodson-GesetzVerhaltens-e�ektivität

hoch

hoch

mittelniedrigniedrig

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Spannung« auszutarieren, im idealen Leistungszustand zu sein. Wenn wir also anpassungsbereit und anpassungsfähig bleiben und sowohl Routine als auch Überforderung und Unterforderung in optimaler Weise zusammenbringen.

Einerseits können immer wiederkehrende mentale (wie auch kör-perliche) Anforderungen einfach zur Sättigung führen (wir »sind es leid«, haben das Gefühl, auf der Stelle zu treten, oder fühlen, wie sich ein immer größerer innerer Widerstand gegen eine sich wiederholen-de oder lang anhaltende Aufgabe aufbaut). Diese Sättigung tritt auch dann ein, wenn wir eine komplexe und große Aufgabe ohne Pausen erledigen wollen: Das Kleben an einer Aufgabe weckt den Widerstand gegen sie! Andererseits kommt es einfach zur Erschöpfung, wenn die Anforderungen, seien es äußere oder innere, unsere individuel-len Leistungsmöglichkeiten dauerhaft übersteigen. Unsere Konzen-trationsfähigkeit (Wachheit i. S. von Reaktionsmöglichkeiten) sinkt, Schläfrigkeit, Leistungsschwankungen und -abnahme setzen ein.

» Wer den Bogen nicht kräftig spannt, wird nie einen Pfeil ins Ziel bekommen. Wer ihn überspannt, zerbricht ihn. (Schmidbauer 2002, S. 55) «Das heißt auch, dass der Umgang mit den Anforderungen des beruf-lichen und privaten Lebens nichts Statisches sein kann. Wir brau-chen Achtsamkeit auf uns selbst: Wo stehe ich gerade mit mir selbst (meiner Leistung, meiner Zufriedenheit und meinem Wohlbefinden)? Und wir brauchen Training, denn dosierte Beanspruchung und Be-lastung bringt körperliche, geistige und soziale Übungs- und Lern-effekte. Erst wenn ein dauerhaftes Missverhältnis zwischen Routine, Über- oder Unterforderung entsteht, dann tritt Monotonie, Sättigung, Ermüdung, Leistungsabnahme oder insgesamt ein Zustand herabge-setzter Wachheit und Leistungsfähigkeit ein.

Meist sind wir uns dieser Zusammenhänge sehr wohl bewusst – spüren wir sie doch am eigenen Leibe und sehen sie an unseren Mitarbeitern. Das Gefährliche an Überstress liegt darin, dass dieser als normal empfunden wird und ein schleichender Sucht- sowie Ab-fallprozess bis zum steilen Burn-out-Absturz einsetzt. Ein Teufelskreis mit zunehmendem Energie- und Sinnverlust setzt ein.

Bei jeder Umfrage zu diesem Thema würde man ähnliche Ent-deckungen machen: Die meisten arbeitenden Menschen sind heute körperlich nur wenig beansprucht, dafür mental umso mehr! Ärger, Stress, Zeitdruck, Erschöpfung, zu viel auf einmal, Dilemmata usw. gehen uns nicht nur mental, sondern irgendwann auch im wahrsten Sinne des Wortes körperlich »an die Nieren«. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass v.  a. drei Grundsituationen immer wieder zu hohen mentalen Anforderungen führen (Eberspächer 2002, S. 23):1. Situationen, in die man mit hohen, als verbindlich erlebten Er-

wartungen hineingeht:

6.1 • Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten

Grundsituationen als Basis mentaler Beanspruchung

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94 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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»Ich muss diese Präsentation unbedingt gut gestalten, sonst er-halten wir den wichtigen Auftrag nicht!« (z. B. Veränderungs-prozesse in Unternehmen).

2. Konkurrenzsituationen: »Wenn ich mich in dieser Diskussion nicht gegen die anderen

Kollegen behaupten kann, werde ich in diesem Kreis nicht mein Karrierepotenzial beweisen können.«

3. Situationen mit ungewissem Ausgang, aber hoher persönlicher Bedeutung:

»Ich weiß noch nicht, wie sich das Ganze entwickeln wird, aber das Ergebnis ist für mich von großer Bedeutung!«

Wir können uns diesen täglichen Beanspruchungen nicht entziehen, im Gegenteil – wie im Sport auch – ist eine dosierte Beanspruchung das Grundprinzip jedes sinnvollen Trainings und bringt schließlich Übungs-, Lern- und Trainingseffekte. Doch wie bereits oben betont: es geht um einen bewussten Umgang mit diesen Leistungsprinzipien!

» Ich sehe das immer wieder in den Abschlussphasen des Studiums. Da haben die Sportler parallel ihre intensivste Ausbildungszeit und gleichzeitig Trainingszeit. Alle Sportler sagen mir dann, »ach, wie gut wäre es, wenn endlich diese Studienzeit vorüber ist, weil dann können wir uns besser auf den Sport konzentrieren«. Doch in diesen Jahren habe ich noch nicht einmal erlebt, dass die sportliche Leistung in dieser Zeit schlechter geworden ist. Ganz im Gegenteil. Wenn Du in der Lage bist, körperlich Deine Grenzen zu verschieben, dann kannst Du es auch geistig. Und umgekehrt. Bist Du einmal in diesem Kreis-lauf drin, dann hast Du den Ausgleich vom Körperlichen im Geistigen und wenn dann genug geistige Arbeit war, freust Du Dich auf ein körperliches Training. Danach kannst Du Dich wieder besser konzent-rieren. Körperliches und Geistiges beeinflussen sich absolut gegensei-tig. (Mark Kirchner, 14.06.2012, persönliche Mitteilung) «Unser idealer Leistungszustand braucht bewusste Steuerung und hier haben wir entscheidende Ansatzpunkte (. Abb. 6.2). In den folgen-den Kapiteln laden wir Sie ein, die einzelnen Dimensionen genauer nachzuvollziehen und Möglichkeiten kennenzulernen, um gezielt zu intervenieren.

6.1.1 Management des Alltags

» Ich glaube für viele Menschen ist die Grundlage für eine gute Re-gulationsfähigkeit überhaupt erstmal, ihren Körper kennenzulernen und wieder einen Bezug zu ihrem Körper herzustellen. Für uns Sport-ler ist der Körper unser Hauptarbeitsmittel. Wir nehmen jedes Ding wahr, was in unserem Körper passiert. Ich glaube, wenn sich mehr Menschen einfach trauen, sich »jetzt mal die Zeit zu nehmen«, sich

idealer Leistungszustand braucht bewusste Steuerung

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trauen loszulassen, einfach mal in die Natur raus gehen und wieder eine Erfahrung machen, was ihnen gut tut, dann machen sie auch zunehmend die Erfahrung, wie sich der Körper wieder reguliert und ausgleicht. Nur wer seinen Körper kennt, kann ihn auch regulieren! (Mark Kirchner, 14.06.2012, persönliche Mitteilung) «Wie bereits erwähnt, ist die effiziente und schnelle Regeneration heute ein Erfolgsfaktor im Sport. Denn die Trainingsumfänge sind im Spit-zenbereich ganz ähnlich, ebenso wie die Trainingsmethoden. Früher konnte man mit einem Unterschied von 1.000en von Radkilometern in einer Trainingssaison noch einen Unterschied zu seinen Wettbe-werbern machen, heute lassen sich Trainingsumfänge, ohne Schaden zu nehmen oder Doping anzuwenden, einfach nicht mehr natürlich steigern. Das Ausnahmeniveau ist zum Standard geworden und die Toleranzgrenzen solcher hoch beanspruchten Organismen und Sys-teme sind sehr gering. Das ist stark vergleichbar mit unseren hoch effizienten Organisationen! Das heißt, im Sport wie auch in der Wirt-schaft gilt, je früher und intensiver wir wieder belasten können, desto höher fällt die Leistungskurve aus.

In der Essenz geht es darum, die verfügbare Zeit mit dem höchsten Energieniveau zu bestreiten, im idealen Leistungszustand zu arbeiten und das individuelle Leistungspotenzial auch im Arbeitsalltag hoch-qualitativ abzurufen. Das Management des Alltages ist dabei die Basis: d.  h., gezielte Unterschiede in der Beanspruchung zu machen und Eintönigkeit und Einseitigkeit rauszunehmen.

Häufen sich die unerledigten Arbeiten am Schreibtisch und weiß man nicht, wo man zuerst ansetzen soll, geht zusätzliche Ener-gie verloren. Heutzutage hat zu vieles erste Priorität. Es lohnt sich, in der Früh ein Ranking der Aufgaben zu machen und dieses dann Punkt für Punkt abzuhaken. Gezielte Steuerung der Aufgabenblö-cke mit festgelegten Zeiträumen für wichtige strategische Arbeiten,

. Abb. 6.2 Ansatzpunkte zur Steuerung des idealen Leistungszustandes

GezielteEnergiesteigerung

2. Steuerung des ILZ

Entspannung

angespanntentspannt

vielEnergie

wenigEnergie

IZOFFokussierung

3. Umgang mitStressoren

1. Management des Alltags

6.1 • Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten

Management des Alltags

Gewichtung der Aufgaben

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96 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Als Datei zum Download: http://extras.springer.deoder »http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene «

für dringende administrative Arbeiten und für wichtige aber nicht so dringende Arbeiten wie persönliches Coaching von Mitarbeitern können helfen, eine Gewichtung in die Aufgaben zu bringen und für bestimmte Zeiträume die Gedanken auf spezifische Tätigkeiten zu fo-kussieren. So ist das Gehirn nicht gezwungen, ständig hin und her zu schalten und kann zu entsprechender Höchstleistung ansetzen. Ohne Fokussierung gibt es eben keine Höchstleistung.

Es gilt, Möglichkeiten für bewusstes Umschalten von einem The-ma zum nächsten zu schaffen. Kurze Rituale können helfen, sich wie-der zu sammeln und dem Organismus die Möglichkeit der Selbst-organisation und Regeneration zu geben. Pausen mit moderater Be-wegung pumpen Sauerstoff in das Gehirn. Wenn wir davon ausgehen, dass unser Organismus ca. alle 90 Minuten eine Pause braucht, vor allem mental, weil in diesen Zeiten sog. »autonome Heilreaktionen« stattfinden, d.  h. wir uns wieder ausbalancieren, dann wissen wir auch, wie diese Zeiten unmöglich mit Kaffee, Cola, Süßigkeiten oder vermehrter Anstrengung langfristig ausgeglichen werden können. Eine starke Impulskontrolle zeichnet Sportler ebenso aus wie andere Höchstleister, doch die größte Herausforderung ist es, diese Impuls-kontrolle flexibel einzusetzen. Die Arbeitslast gilt es vernünftig und effizient zu verteilen, aber auch die innere Akzeptanz für das Wort STOPP ist entscheidend; letztlich die Beziehung und der Umgang mit uns selbst. Sind wir »streng« und »hart« zu uns oder »milde« und positiv »einfühlsam«? Das Ziel ist, dass sich Stress im Laufe des Tages nicht unnötig addiert und wir in einem guten, balancierten inneren Zustand bleiben.

Wer kennt das nicht: Terminkalender werden unüberschaubar, Puffer- oder Pausenzeiten fehlen völlig, Einzeltermine dauern län-ger als geplant und es verschiebt sich alles Nachfolgende. Assistenten rufen an und suchen händeringend nach Ausweichterminen und für Ungeplantes ist über Monate hinweg gar kein Spielraum mehr. Das damit verbundene Lebensgefühl entspricht nicht mehr dem natürli-chen Leisten, sondern eher dem natürlichen Verschleißen. Auf Dauer helfen da nur entschlossene und konsequente Schritte, das Lebens-steuer wieder selbst in die Hand zu nehmen. Kurzfristig hilft zum Aussteigen aus dem Hamsterrad, neben dem Gang in die Natur, auf jeden Fall jede Menge Humor.

Das ist mitunter leichter gesagt als getan, denn viele Menschen er-leben ihren Alltag eher als fremdbestimmt und weniger steuerbar aus eigenem Antrieb heraus. Hier lohnt es sich, ganz bewusst den eigenen Tagesablauf einmal zu reflektieren und Ansatzpunkte für einen Wech-sel der Tätigkeiten bzw. optimale Zeiträume für Ausgleichsstrategien im Sinne einer gesunden Anspannung zu erkennen.

Übungen dazu finden Sie in unserem Trainingsplan (7 Mein per-sönliches Tätigkeitsprofil im Alltag) unter http://extras.springer.com oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene

balancierter innerer Zustand

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6.1.2 Steuerung des idealen Leistungszustandes

Diesen guten inneren Zustand, d. h., ein mittleres Spannungsniveau und unseren idealen Leistungszustand zu stabilisieren, ist ein Ziel, das für viele Sportler grundlegend ist. Dabei merken wir alle, egal ob Sportler oder nicht, dass jede Tätigkeit ihr eigenes optimales Span-nungsniveau hat und auch jeder Mensch ein anderes Spannungs-gleichgewicht. Wichtig ist, dass wir uns den idealen Leistungszustand eher als Zone und als etwas durchaus Dynamisches vorstellen. Es ist ein statischer Zustand, der nicht fix gehalten wird, sondern eine Art Fließgleichgewicht darstellt, in das wir uns immer wieder hinein- und herausbewegen. Ähnlich wie eine ähnlich wie eine geringe Herz-rhythmusvariabilität als Krankheitsanzeichen gilt und eine gesunde Flexibilität als Anzeichen eines guten Gleichgewichtes. Diese Flexibi-lität im Umgang mit ihrer inneren Spannung trainieren Sportler ganz speziell, denn es gilt, sich unter verschiedensten Bedingungen, wie auch unter Druck und im Wettkampf, zu stabilisieren.

Dabei können gerade durch Mentaltechniken oft schnellere Fort-schritte erzielt werden. Je besser trainiert der Sportler ist und je mehr Techniken er zur Verfügung hat, desto leichter kann er sich mobilisie-ren, entspannen und regenerieren bzw. den idealen Leistungszustand modellieren. Je länger man das Gefühl für seinen Körper behält, desto früher können Veränderungen und Anspannungen wahrgenommen und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden (7 Kap. 3).

Cube (2003b) ist davon überzeugt, dass Leistung und Lust wich-tig sind und zwar aus einem einfachen Grund: Menschen haben ein Anstrengungs- und ein Lustprogramm, und wenn eines davon nicht erfüllt wird, geht es uns schlecht. Das sei also kein Glück. Wenn man aber beide Programme miteinander verbinde – wenn man also in der Anstrengung Lust empfinde –, dann sei das eigentlich das Optimale. Er sehe das auch in der Praxis bestätigt, dass Menschen, die etwas leis-ten und diese Leistung gerne und mit Lust erbringen, die glücklichs-ten sind. Lust an Leistung sei damit nicht nur für das Unternehmen lukrativ, sondern vermittle auch Lebensqualität. Das sollte keinem Menschen vorenthalten werden.

Cube spricht hier im Grunde vom idealen Leistungszustand, denn es ist der Bereich, in dem wir unsere Potenziale gerne entfalten und an Aufgaben wachsen. Dieses Gleichgewicht über den Tag hinweg immer wieder einzurichten, ist die Grundlage für natürliche Leistung. Spit-zensportler verbringen 95 % der Zeit mit Training und Üben. In der Wirtschaft ist es genau umgekehrt. Dabei wäre es bei entsprechendem Bewusstsein auch in der Wirtschaft gar nicht so schwer. Bewegungs-abläufe werden durch Training automatisiert. Vom Leistungsschwim-mer wird jede Länge beim Techniktraining auf der Schwimmbahn mit einem anderen Bewegungsdetail fokussiert, bis es nach 3 Längen wie-der zum Gesamtprozess zusammengesetzt wird. Auch die Steuerung des idealen Leistungszustandes will geübt sein! Denn nicht nur Be-wegungsabläufe folgen, wenn es »rund läuft«, einem ganz bestimmten

6.1 • Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten

Training des eigenen Spannungsniveaus

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98 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Energetisieren, Fokussieren, Regenerieren

Rhythmus und einer genauen Abfolge, sondern auch unser idealer Leistungszustand: erstens mobilisieren und energetisieren, zweitens stabilisieren und fokussieren und drittens regenerieren. Diese Rhyth-misierung ist Teil der bewussten Steuerung unseres idealen Leistungs-zustandes und wir werden in 7  Abschn.  6.2 detaillierter darauf ein-gehen. Das Training rund um den eigenen idealen Leistungszustand rankt sich dabei vor allem um die gezielte und bewusste Ansteuerung verschiedener Spannungszustände. Bei Sportlern ist das gerade vor Wettkämpfen gut zu beobachten. Sie nutzen verschiedene Rituale oder Techniken, um sich z. B. auf das stimmige Spannungsniveau zu mo-bilisieren.

Zum Beispiel brauchen körperlich schwer beanspruchende Tätig-keiten einen hohen Aktivierungsgrad, gerade so, als ob man Bobfah-rer vor dem Start beobachtet, wie sie sich im wahrsten Sinne des Wor-tes mit lautem Gebrüll »einheizen«. Im Unterschied dazu brauchen Sportler für eher feinmotorische, kleine und gezielte Bewegungen ein viel geringeres Aktivierungsniveau. Aus dem Sport kennen wir z. B. die Momente, wenn Golfspieler noch mit kleinsten Bewegun-gen den Schwung moderieren, bevor sie den Ball einputten. Wenn die Spannung zu hoch ist, gelingt die feinmuskuläre Regulation im Sport ebenso wenig, wie das gekonnte Formulieren von Sätzen oder eine gut modulierte Sprache in der Wirtschaft. Dann vibrieren unse-re Stimmbänder. Oder wir finden den einfachsten Weg nicht, wenn z. B. kurz vor einer Präsentation die technischen Geräte nicht zum Laufen kommen und ein Außenstehender viel schneller den Schlüssel zum Erfolg findet als wir selbst. Dieses schnelle Umschalten und die hohe Flexibilität im Spannungszustand will trainiert werden, denn es funktioniert ähnlich wie bei einem Scheinwerfer, den man lange nicht in eine andere Richtung gedreht hat, wir »rosten« und »rasten« ein, entweder auf zu hohem oder zu niedrigem Niveau. Dann verschiebt unser Organismus dauerhaft sein natürliches Gleichgewicht auf eine Überspannung oder eine Unterspannung und wir müssen mit ge-sundheitlichen Folgen rechnen.

z Der besondere TippMit folgenden Anhaltspunkten für ein gezieltes Energiemanagement knüpfen Sie täglich gesund an Ihrer Leistungsfähigkeiten und Leben-digkeit an:

5 Mobilisieren und Energetisieren! …ist der Rückenwind, um sich auf den Weg zu machen. Schritt für Schritt und manchmal einen großen Sprung zu neuen Zielen und Herausforderungen.

5 Stabilisieren und Fokussieren! …ist das Brennglas, um Energie zu entfachen und die Geschwindigkeit zu multiplizieren.

5 Regenerieren und Entspannen! …ist die Quelle, um sich weiter-zuentwickeln und zu wachsen.

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99 6

6.1.3 Umgang mit Stressoren

Dieses Wissen um den idealen Leistungszustand und die Gefährdung durch dauerhafte Belastung begleitet auch Sportler und sie achten da-her im Besonderen darauf, Beanspruchungen, die zu Stressoren und Belastungen werden können, möglichst schnell abzubauen. Erleich-ternd kommt hinzu, dass sie von einem Team von Experten betreut werden: Cheftrainer, Taktik- und sogar Kulturexperten, Konditions-trainer, Physiotherapeuten, Mentaltrainer, Ärzte und Ernährungsbe-rater kümmern sich um die kontinuierlichen Leistungsmöglichkeiten der Sportler. Nicht nur die Weiterentwicklung vorhandener Fähigkei-ten, sondern das aktuelle Abrufen des maximalen Leistungsniveaus stehen dabei im Vordergrund. Neben Messgrößen wie Herzfrequenz, Laktat- und Kreatiningehalt zur Feststellung der Muskelübersäuerung hat der Sportler vor allem sein Gefühl für den Körper als sichere Quelle für Überlastung und Überspannung. Auch in der Wirtschaft merken Mitarbeiter oder Manager, wie der Energie- und Spannungs-zustand ist. Nicht jeder Tag ist gleich, auch im Tagesablauf gibt es ent-sprechende Schwankungen mit Hochs und Tiefs. Beschäftigt man sich damit intensiver, kann man seine Haupttätigkeiten, die mehr Energie benötigen, besser in Einklang mit dem natürlichen Rhythmus und Spannungszustand des Körpers bringen. Es wäre unsinnig, adminis-trative Tätigkeiten, die wenig Anspannung und Energie benötigen, in der »persönlichen Primetime« zu erledigen. Weiterhin können die natürlichen Schwankungen im Spannungszustand dafür eingesetzt werden, um verschiedenen Tätigkeiten gut über den Tag zu verteilen. Eher assoziatives, kreativ fließendes Denken gelingt uns in eher leicht mobilisiertem Zustand, z. B. morgens, nach dem Aufstehen oder unter der Dusche oder beim Laufen. Für ein sehr zielorientiertes Vorgehen brauchen wir wiederum ein bestimmtes Maß an körperlicher Akti-vierung, weshalb es hilfreich sein kann, bestimmte Besprechungen im Stehen abzuhalten oder für eine körperliche Aktivität zu unter-brechen. Das schnelle Ausschalten von Stressoren, um wieder in einen Wohlfühlzustand zu kommen, ist die Spezialität vieler Sportler.

Wie nutzen wir im Arbeitsalltag den Spielraum, um äußere Stres-soren wie z. B. Lautstärke oder Unterbrechungen durch Telefon und E-Mail abzuschalten und wieder in einen idealen Leistungszustand einzutreten?

Time out

Mein LeistungszustandWie sieht Ihre individuelle Beanspruchungslandschaft aus? In welchen Bereichen werden Sie am stärksten beansprucht: eher körperlich oder eher mental? Im Bereich Beruf, Familie, Freizeit? Wo bestehen Spannungsfelder? Wie managen Sie Ihren Alltag? Wie viel Prozent des Alltags bewältigen Sie im idealen Leistungszustand? Wel-che verschiedenen Haupttätigkeiten beinhaltet Ihr Arbeitstag und

Nutzung persönlicher »Primetimes«

6.1 • Der ideale Leistungszustand – Energie langfristig erhalten

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100 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6

welches Aktivierungsniveau ist dafür entscheidend? Wie mobilisieren Sie sich innerhalb Ihres Tagesablaufs? Wann ist eine eher hohe, wann ein eher hohes und wann ein eher geringes Spannungsniveau not-wendig? Wie viel Zeit nehmen Sie sich zur bewussten Entspannung und Regeneration? Wie und wann leiten Sie Phasen der Regeneration bewusst ein? Wann und wie regenerieren Sie bewusst? Nach welchen Situationen oder Tätigkeiten erlauben Sie sich eine Auszeit? Wie gestalten Sie diese? Woran erkennen Sie physisch und mental, dass Sie regenerieren? Wie stabilisieren Sie eine Zeit lang eine optimale Spannung?

Jana Leidenfrost erzählt:»Weshalb startet man in einem Wettkampf? Natürlich, weil

man der/die Schnellste sein will. Wie erreicht man das? Natürlich, indem man sich am stärksten anstrengt. Das glaubte ich lange Zeit. Eines Tages, nach einem missglückten Lauf, gab mir meine Physiotherapeutin einen scheinbar ‚ungeheuerlichen‘ Hinweis: ‚Immer, wenn Du glaubst, Du müsstest schneller sein und Dich noch mehr anstrengst, lauf mal langsamer für eine Weile.‘. Es hat alle meine bisherigen Erfahrungen auf den Kopf gestellt und - zum Erfolg geführt.« (Jana Leidenfrost, 11.07.2012, persönliche Mitteilung)

Die Kenntnis und die Steuerung des idealen Leistungszustandes ist eine wesentliche Grundlage für körperliche Fitness. Finden Sie selbst die besten Wege, Techniken und Strategien für Ihre Mobilisierung, Fokussierung und Regeneration.

Übungen dazu finden Sie in unserem Trainingsplan (7  Idealer Leistungszustand – Basistraining) unter http://extras.springer.com oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene

6.2 Natürliche Leistungsprinzipien

6.2.1 Der Rhythmus – das Wellenprinzip aus Belastung und Entlastung

Im Sport werden die existierenden natürlichen Leistungsprinzipien angewendet, um Leistung dauerhaft zu stabilisieren oder zu steigern, natürlich mehr zu leisten. Das wichtigste liegt eindeutig im Wellen-prinzip, dem wechselnden Rhythmus zwischen Belastung und Ent-lastung (.  Abb.  6.3). Höchstleistungen passieren nicht zufällig. Sie sind das Produkt jahrelangen Trainings, wodurch das Talent gepaart mit Erfahrung zu Kompetenz geformt wird. Über die Trainingsjahre bildet sich die entsprechende Erfolgsverfassung. Bis in die 1980er Jah-re wurde viel und auch falsch trainiert. Laufen bis zum »Kotzen«, war ein beliebtes Trainingsprinzip. Heute wird viel spezifischer und auf Basis von Messdaten trainiert. Denn wir wissen heute, dass der Mus-

Als Datei zum Download: http://extras.springer.de oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene

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kel nicht in der Belastung, sondern in der Entlastung wächst. Deswe-gen trainieren Sportler immer unterschiedliche Muskelgruppen bzw. Bereiche hintereinander und legen dann einen Regenerationsteil ein, bevor der Rhythmus wieder von vorne, auf einem höheren Niveau beginnt.

Grundtraining eines RadfahrersDieses verläuft nach dem Rhythmus: Schnelligkeitseinheit (mehrere Sprints mit Pausen), Kraftausdauereinheit (mehrere mittlere Einhei-ten wie 4 × 20 Minuten mit Pausen), Ausdauereinheit mit 3–5 Stunden gleichmäßigem und langsamem Tempo. Danach wird ein regenerati-ver Tag gelegt.

Auch kurzfristige Regenerationen nach dem Training sind im Sport fest eingeplante Bestandteile des Tagesablaufs. Dies kann durch »Auslaufen«, Abwärmen, durch Stretchen, Sauna, Massagen, Power-napping oder anderes, bis hin zur spezifischen Ernährung erfolgen. Wichtig ist, dass man sich darüber Gedanken macht und fix im Tages-ablauf einplant.

Die Wirkungsweise des Wellenprinzips basiert darauf, den Um-fang der Entlastung bzw. Regeneration jeweils dem Umfang der Belas-tung bzw. Anspannung anzupassen. Denn je nach Intensität des Trai-nings fällt der Ermüdungseffekt entsprechend stärker aus (7 Kurven nach unten). Wird nach der entsprechenden Erholung ein neuer Trai-ningsreiz gegeben, so ist die Wirkung des Trainings besonders hoch (Strichpunkt-Kurve). Wird kein neuer Reiz gesetzt, nivelliert sich der Trainingseffekt nach einigen Tagen (fette Kurve). Wird der Reiz zu früh gesetzt, bevor der Erholungseffekt zum Wirken kommt, fällt der

. Abb. 6.3 Das Wellenprinzip aus Belastung und Entlastung

Trainingse�ekt

positiv

negativ

Regeneration2. Trainingsimpuls richtig

2. Trainingsimpulszu früh

Zeit

Belastung

Standard TrainingsimpulsIntensiver Impuls + 2. Impuls zu frühHochintensiver Trainingsimpuls + idealer 2. Impuls

6.2 • Natürliche Leistungsprinzipien

das Wellenprinzip

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102 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6

natürliche Wechsel einplanen

Trainingseffekt deutlich geringer aus (gestrichelte Kurve). So hängen die richtige Dosis einer Trainingseinheit und ein gezielter Rhyth-mus aus Anspannung und Entspannung miteinander zusammen. Der Sportler trainiert z.  B. eine Einheit, dann folgen 1–2  Einheiten Erholung, indem vielleicht geruht wird oder andere Muskelgruppen trainiert werden und danach erfolgt eine Einheit erneutes Training.

Das hängt damit zusammen, dass unser vegetatives Nervensystem, das an der Aktivierung aller Vorgänge bei Leistung und Entspannung beteiligt ist, rhythmisch arbeitet. Belastungsreize (körperlich, mental, emotional), die in einem zu kurzen Abstand aufeinander folgen, füh-ren zu einer Dauererregung im gesamten Organismus und zu einem zunehmenden Ermüdungszustand. In Summe sinkt, trotz immer neu-er Reize, das Leistungsniveau und führt den Organismus an den Rand der Erschöpfung. Umgekehrt geht das erarbeitete Leistungsniveau verloren, wenn die Belastungsreize in einem zu großen Abstand kommen. Das heißt, Dranbleiben an der eigenen Leistungsfähigkeit braucht die Anstrengung, die Belastung ebenso wie die Entlastung, das Loslassen und bewusste Regenerieren. Das gleiche Prinzip begeg-net uns beim Atmen: Einatmen ohne Auszuatmen ist nicht denkbar und umgekehrt ebenso wenig. Im übertragenen Sinne bedeutet das, dass Spitzenleistung immer gekoppelt ist an die Balance zwischen Ma-chen/Produktiv-Sein sowie Loslassen/Distanzieren. Manchmal kann das heißen, dass wir lernen müssen, mit Bruchstücken unserer Arbeit zufrieden zu sein, diese nicht zu entwerten und sich die nötige Rege-neration zukommen zu lassen, um wieder neu das nächste Bruchstück der eigenen Arbeit gestalten zu können. Mit dem Anspruch, alles erst fertig zu machen, werden wir auf Dauer nicht leistungsfähig bleiben. Kein Sportler würde am ersten Tag seines Marathontrainings gleich die Marathondistanz laufen.

In der Wirtschaft haben bewusste Überlegungen zur Regeneration oft noch den Geruch der Zeitverschwendung, sind mit schlechtem Gewissen verbunden oder werden strikt in die Freizeit verlagert. Tags-über Funktionieren und in der Freizeit kann jeder regenerieren. Das Modell Maschine ist noch weit verbreitet und je höher die Arbeitszei-ten, desto geringer der tatsächliche Raum für gesunden Ausgleich. Die Beanspruchung summiert sich und anstelle der Steigerung des Leis-tungsniveaus nimmt es langsam ab. Viele der Stresserkrankungen sind sog. Rhythmuserkrankungen, denen entweder sehr einseitige oder extreme, z. B. nur mentale oder eben dauerhafte, Beanspruchungen zugrunde liegen. Allerdings gibt es bereits auch viele fortschrittliche Firmen, die am Arbeitsplatz und nach der Arbeit verschiedenste For-men zur Entspannung und Stressabbau ermöglichen und finanziell unterstützen. Viele Studien belegen heute eindeutig, dass präventive Maßnahmen viel kosteneffizienter sind und vor allem dazu führen, dass die Mitarbeiterzufriedenheit steigt, wenn natürliche menschliche Bedürfnisse berücksichtig werden und neben der zielgerichteten Er-gebnissteuerung ebenso Einfluss finden.

Der natürliche Wechsel spielt auch für die Steuerung der eigenen Tätigkeit eine Rolle. Es ist nicht möglich, mehrere Tage durchgehend

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nur Strategie oder Konzepte zu entwerfen. Und das Verharren an einer Aufgabe weckt nur den Widerstand gegen sie. Meist lohnt es sich auch hier in Blöcken, wie der Sportler, zu agieren und zwischen Strategieblöcken, E-Mails, Telefonaten oder Gesprächen zu blocken. So geschieht einerseits eine Fokussierung auf die Tätigkeit und damit die Möglichkeit, den idealen Leistungszustand zu steuern und ande-rerseits auf die Abwechslung, um nicht einseitig zu ermüden und das Leistungsniveau ggf. eher sogar zu steigern.

6.2.2 Die richtige Dosis

Jeder Sportler trainiert nach einem Trainingsplan, der sowohl das Wellenprinzip der Leistungssteigerung als auch die richtige Dosis von Trainingsreizen berücksichtigt. Dabei wechseln sich Aufwärmen und Abwärmen, Setzen alternativer Reize auf verschiedene Muskel-gruppen, Trainieren verschiedener Trainingsschwerpunkte wie Aus-dauer, Koordination, Kraft oder Steigern der Beweglichkeit ab. Selbst unterschiedlich ambitionierte Trainingsgruppen werden aufgesucht, um die Dosis von Trainingsreizen immer wieder aufs Neue zu va-riieren. Daneben haben sich spezifische Trainingsstrategien durch-gesetzt und im Laufe der Jahre weiterentwickelt. So z. B. das mittler-weile beliebte Blocktraining, bei dem alle Trainingsintensitäten Mo-nat für Monat Platz finden, vs. dem gestaffelten Trainingsaufbau über Grundlagentraining, Entwicklungsbereiche etc., der die individuellen Bereiche systematisch über Monate bis zum Jahreshöhepunkt ent-wickelt. Konsequentes Training ist kein Honiglecken. Immer wieder geht der Sportler aus seiner Komfortzone in die Stresszone, dorthin, wo es wirklich weh tut, wo jeweils Entwicklung und Erweiterung der eigenen Fähigkeiten erwünscht ist. Dabei sind es nicht nur die vielen Stunden an Training, oft ist es die Intensität, die besonders weh tut. Manchmal die Eintönigkeit.

»Kachelnzählen«Wohl das extremste Beispiel dafür ist das berühmte »Kachelnzählen« beim Schwimmen: 25  m, 50  m rauf und runter die Schwimmbahn, 4–6 km je Training, 2-mal am Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Dafür bedarf es eines stabilen Motivationsgerüstes, um den inneren Antrieb über lange Zeit aufrecht zu erhalten und das prinzipielle Wol-len in konsequentes Tun überzuleiten.

Zentral ist dabei immer die Aufrechterhaltung bzw. die Steigerung oder die Erweiterung der eigenen Leistungsfähigkeit. Kein Sportler kommt auf die Idee, seine Ergebnisse in den Wettkämpfen unabhängig vom gezielten und bewussten Umgang mit seiner Leistungsfähigkeit zu sehen. Je konsequenter dann bereits im Training mit dem Wellen-prinzip und einem gezielten Wechsel der Dosis gearbeitet wurde, d. h. je höher die eigene Variabilität im Umgang mit Beanspruchungen

6.2 • Natürliche Leistungsprinzipien

Trainingsdosis variieren

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104 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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ist, desto leichter fällt es, in entscheidenden Situationen (wie z. B. im Wettkampf) daraus einen Nutzen zu ziehen.

» Das ist eigentlich ganz einfach, doch manchmal nicht so leicht um-zusetzen. Denn als Sportler weißt Du genau, wenn Du merkst, es geht heute nicht im Laufen, Du willst aber unbedingt und hängst Dich jetzt erst recht rein, dann bist Du spätestens in 2 Minuten so was von am Ende und am Ende des Wettkampfs bist Du Neunzigster! Doch, wenn wir einen Weltcup laufen, dann geht es manchmal auch einfach darum, nicht weitere Punkte zu verlieren und vielleicht Platz 15 zu erreichen. Das hat dann wieder viel mit mentaler Stärke zu tun. Wenn Du also merkst, Du bist am Limit und heute nicht konkurrenzfähig, versuchst Du dann noch alles zu geben oder eher mal umzuschalten und locker zu lassen? Es hat auch immer wieder diese Sportler gege-ben, die auf der zweiten Runde losgelassen haben und in der dritten dann wie Max aus der Kiste wieder vorne dabei waren. Doch für all das musst Du Dich wirklich mit der Materie beschäftigen, Dich gut kennen und vor allem einen Plan B haben! (Mark Kirchner, 14.06.2012, persönliche Mitteilung) «Vielleicht liegt darin der größte und konsequenteste Unterschied zwi-schen Sport und Management. Im Management wird oft das Ziel ver-einbart oder ist schlichtweg gesetzt und dann ist es den Abteilungen und Teams weitestgehend selbst überlassen, wie es erreicht wird. Dazu kommt eine extrem hohe Ambition in den Zielen, so dass diese nur unter Routinebedingungen erreichbar sind und jegliche Störungen, Verzögerungen in den Abläufen oder Abweichungen schnell zur Über-forderung werden. Lineares Denken und extreme Standardisierungen führen dazu, dass die bestehenden Ressourcen und Leistungsmög-lichkeiten schnell ausgereizt sind und es kaum Toleranzen und Mög-lichkeiten der Rhythmisierung oder Dosisgestaltung gibt. Manchmal entwickeln sich aus diesen Ambitionen, oft schleichend und schwer erkennbar, eher »Hamsterradkulturen« mit »heiß gelaufenen Moto-ren« und »schwirrenden Köpfen«. Hiermit verschenkt man sich nicht nur die Chance auf Höchstleistungen, sondern auch die Lust an der Leistung. Wenn die Grundlagen eines gesunden und integrierten Leistungsprinzips in derartig ausgerichteten Organisationen zu wenig beachtet werden, dann verändern auch stärkende Weiterbildungspro-gramme oder unterstützende »Hilfsmaßnahmen« wenig. Sie können zwar helfen, Mitarbeiter kurzfristig eine Distanz zum Geschehen zu ermöglichen und Energie aufzutanken, doch für langfristige Verände-rungen gilt es an den Ursachen anzusetzen und weniger an den Sym-ptomen. Integrierte Hochleistungskulturen setzen daher am Bewusst-sein über die gesunden Leistungsprinzipien und deren gezielten An-wendung an. Statt zu funktionieren bestehen dann gute Chancen, sehr lebendig und anpassungsbereit, immer wieder das Leistungsniveau natürlich zu steuern und sogar darüber hinaus, Leistungsspitzen für besondere Zeiträume im Jahresverlauf zu erreichen.

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6.2.3 Peaks setzen

Kein Sportler kann täglich seine Höchstform bringen und es gilt da-her gezielt auszuwählen, auf welche Wettkämpfe oder Trainingsein-heiten man sich mit maximaler Leistungsfähigkeit fokussieren will. Es gibt größere und kleinere Wettkämpfe, wichtigere und unwichtigere, kürzere und längere Saisons.. Manche Sportarten wie Tennis sind zu einem Ganzjahressport geworden. Andere, wie die Footballsaison in den USA, findet gerade 3–4 Monate, von Oktober bis anfangs Feb-ruar, statt. Selbst die Wettkampfsaison der Skifahrer ist länger und reicht von Ende Oktober bis Mitte März. Die Triathlonsaison kann sich mittlerweile über das ganze Jahr erstrecken, um die notwendigen Punkte für die Ironman-Weltmeisterschaft in Hawaii zu sammeln. Manche Sportler haben damit viele Trainingsmöglichkeiten, um mit dem Wettkampfstress umzugehen; manche haben nur ganz wenige Events, Rennen oder Spiele. Ein Marathonläufer kann max. 1, evtl. 2 Rennen in Höchstform bestreiten, der Sprinter hat deutlich mehr Optionen.

Für »Vielstarter« ist es wichtig, sich Start für Start zu motivieren, um die individuelle Höchstleistung bringen zu können. Fußball ist sicherlich ein gutes Beispiel, wie die mehrfache Belastung über die motivierende Champions League, die Standperformance in der natio-nalen Liga und das Antreten in den oft ungeliebten Cups zu körper-lichen und mentalen Grenzen führen und so große Überraschungen, gerade im Cup, möglich werden. Für diejenigen, die auf einzelne Hö-hepunkte hin trainieren, ist ein bewusster Aufbau der körperlichen, mentalen und emotionalen Fitness auf diesen Zeitpunkt hin wichtig. Doch, egal wie oft eine Leistung abgerufen werden soll, jeder Sportler unterscheidet zwischen Wettkampf und Training. Damit kann auch die Erwartung fallen gelassen werden, dass zu jedem Zeitpunkt die eigene Leistungsfähigkeit in voller Höhe sichtbar sein muss. Man weiß einfach, es gibt Aufbauzeiten, unmittelbare Wettkampfvor-bereitung und auch Monate des Ausgleichs oder der Regeneration. Wesentliche Änderungen an Material oder Technik werden dann in den Zeiten vorgenommen, in denen nicht täglich die Höchstleistung erbracht werden muss. Raum zum Reifen, Wachsen und Gedeihen ist sozusagen gegeben.

Gleichwohl werden auch während des Trainings immer wieder wettkampfähnliche Bedingungen geschaffen, um den Charakter die-ser besonderen Situationen zu trainieren. Das Elfmeterschießen unter Druck lernt man nicht erst im entscheidenden Spiel. Die Auswertung dieser Trainingseinheiten ist von besonderem Wert, denn hieraus ent-stehen neue Hinweise für das nächste Training. Vielleicht muss man seinen Plan anpassen oder neue Trainingselemente einbauen.

Gerade von Wirtschaftsleuten hören wir oft, dass sie sich wie »Vielstarter« fühlen und immer die gleich hohe Belastung haben und immer in Höchstform sein müssen. Sinngemäß sagte eine Führungs-kraft dazu: Wir sind wie zu einem Sprint gestartet und unterwegs ist

6.2 • Natürliche Leistungsprinzipien

Aufbau körperlicher, mentaler und emotionaler Fitness für

einen bestimmten Zeitpunkt

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106 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6

Regenerationsphasen fest einbinden

Balance zwischen Belastungs- und Erholungsphasen

es ein Marathon geworden. Mit einem erweiterten Blickwinkel kön-nen jedoch auch in der Wirtschaft Anhaltspunkte gefunden werden, um spezielle Peaks einzuführen. Denn auch das Wirtschaftsjahr ist in Jahreszyklen gegliedert, vom Geschäftsabschluss über den Jahresplan bis zur Urlaubssteuerung. Damit ist es möglich, das Jahr in Schwer-punkte zu gliedern. In der Buchhaltung sind dies die Monats- und Jahresabschlüsse, im Marketing die Produkteinführungen, im Ver-kauf die Verkaufskonferenzen bzw. Jahresverhandlungen, im Perso-nal die Lohnverhandlungen, im Topmanagement die Bilanzpresse-konferenzen, Strategieverabschiedungen und Budgetverhandlungen mit der Konzernspitze. Für diese wichtigen Schwerpunkte sollte es eine gezielte Vorbereitung inhaltlicher, emotionaler und mentaler Art geben; idealerweise sogar gestaffelt. Zunächst z. B. das Training in die Stresszone (7 Abschn. 6.2.4 ) hinein, so als ob ca. 8 Wochen vor einem Marathon schon einmal mind. 2/3 der Distanz bewältigt werden. Bei Projekten in der Wirtschaft sind das oft Zeiten, in denen bereits das »Go Live« simuliert wird oder ausdauernd an speziellen Lösungen gearbeitet wird. Danach gehört im Sport eine Phase der aktiven Re-generation vor wichtigen Höhepunkten dringend dazu. In der sog. unmittelbaren Wettkampfvorbereitung werden alle Stoffwechselspei-cher mit ausreichend Nährstoffen gefüllt und der gesamte Organis-mus ausschließlich mit leichtem Training belastet. Parallel erfolgt die mentale Einstellung auf den Höhepunkt. Auch im Wirtschaftsumfeld können diese Zeiten geschaffen werden, wenn z. B. vor wichtigen Ab-schlüssen das gute Gefühl eintreten darf, dass alles vorbereitet ist und nun einfach eine kurze Zeit der Distanzierung mit anderen Routine-tätigkeiten oder inspirierenden Perspektivwechseln sowie bewusste körperliche Regeneration erfolgen können.

Allerdings sollte diesen neu angestrebten Zielen eine kurze Re-generationsphase vorausgehen. Aber auch nach solchen Spitzenzeiten sollten regenerative Tage, evtl. sogar Urlaube gelegt werden und nicht gegen den natürlichen Rhythmus weitergepowert werden. Natürlich schafft man dies auch, einige Zeit, allerdings geht dies zu Lasten der Energiereserven. Dies ist nicht so linear wie beim Nachtanken beim Auto. In den Energiereserven ist man in der Regel langsamer unter-wegs und es dauert beim menschlichen Körper länger diese Reserven wieder aufzubauen.

6.2.4 Trainingsbereiche unterscheiden – Komfort-, Stretch- und Stresszone

Der Sportler erreicht seine Spitzenleistung, indem er das Jahr über gezielt Trainingseinheiten in den individuellen Bereichen absolviert. Rechtzeitig vor der Wettkampfperiode werden die intensivsten Ein-heiten als höchster Reiz absolviert (7 oben), bevor es in das sog. Ta-pering, die unmittelbare Wettkampfvorbereitung geht. Hierbei wer-den die Trainingsreize vor dem Hauptwettkampf gegen regenerative,

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kraftbringende Einheiten getauscht. Die Gewichtung zwischen Bela-stungs- und Erholungsphasen je nach Trainingsschwerpunkt und Sai-sonplanung machen einen Erfolgsfaktor aus. Natürlich werden diese nach Sportart durchaus unterschiedliche Intensität einnehmen (ein Sprinter muss eben anders trainieren als ein Marathonläufer).

Im Prinzip kann man im Sport 3 Trainingsbereiche unterschei-den, die Komfort-, die Stretch- und die Stresszone (. Abb. 6.4). Das Empfinden der Zonen ist ein subjektives Maß, als ungefähre Vorstel-lung bieten wir Ihnen eine Parallele zum Ausdauertraining an:1. die Komfortzone, vergleichbar mit dem Regenerationsbereich

bzw. stabiler Gesundheit, bis 60 % der max. Herzfrequenz;2. die Stretchzone, aerobe Zone, umfasst die Grundlagenausdauer

60–75 % der max. Herzfrequenz mit aktivem Fettstoffwechsel (Zone des umfangreichen Basistrainings, das die nachhaltige Grundlage für Spitzenleistungen liefert);

3. die Stresszone umfasst den gemischten Bereich zwischen 75–85 % und für High-performance-Athleten auch den anaeroben Bereich 85 % der max. Herzfrequenz und darüber, (der Bereich der intensiveren Wettkampfausdauereinheiten bzw. extensiven Intervalleinheiten und in Spitzen den intensiven Intervallbe-reich, das sogenannte Salz in der Suppe).

Der Sportler verbringt weite Teile seines Trainings im Stretchbereich, nur wenige Einheiten in der Regeneration, d. h. in der Komfortzone. Die dauerhafte Komfortzone ist die »Todeszone«, wenn das über-geordnete Ziel die Entwicklung und Leistungssteigerung ist. Je nach Sportart und nach Jahreshöhepunkt werden dann die Einheiten in der Stresszone intensiver. Doch wird beachtet, dass die Umfänge gerin-ger werden, wenn man in die Entwicklungsbereiche, d. h. intensiven

6.2 • Natürliche Leistungsprinzipien

Komfort-, Stretch- und Stresszone

. Abb. 6.4 Zonen-Modell zur Unterscheidung der Trainingsbereiche und der täglichen körperlichen, mentalen, emotionalen Beanspruchung

Herausforderung

Flow

Kompetenzen

Komfortzone

Stretchzone

Stresszone

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108 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6

Leistungssteuerung durch sparsame, rhythmische und gezielte Ressourcennutzung

Bereiche vorstößt. In der Wirtschaft wird meistens beides parallel ge-steigert und Grundprinzipien der Leistung sträflich negiert.

» Die Schildbürger hatten einst ein sehr tüchtiges, williges Pferd im Stall. Doch es störte sie, dass das Pferd immer noch Zeit verbrauchte, um zu fressen. Daraufhin beschlossen sie, die Haferrationen Tag für Tag um einen Halm zu vermindern und damit die Arbeitszeit zu er-höhen. Sie fütterten weniger und weniger und endlich – eines Tages – nahte der Zeitpunkt, als das Pferd endlich haferfrei war. Voller Stolz marschierten sie in den Stall, um leider festzustellen, dass das Pferd tot im Stall lag. (Schmidbauer 2002, S. 57) «Professionalisierung der Arbeit in Höchstleistungsorganisationen ge-winnt damit einen neuen Fokus. Denn Professionalisierung ist da-mit auch ein Prozess, bei dem es gelingt, Kräfte in unterschiedlichen Situationen bewusst zu steuern. Was unterscheidet demnach einen Anfänger vom Profi?

Im Sinne der Leistungssteuerung bedeutet Professionalisierung damit auch, ein Auge und ein Gefühl für das richtige Maß und für den richtigen Rhythmus zwischen Aufhören und Weitermachen zu entwickeln. Dieses Gefühl entsteht nicht von heute auf morgen, denn es braucht viel Erfahrung mit sich selbst, seinem eigenen Körper und seinen eigenen Grenzen, um Schritt für Schritt das Auge für ein gutes Maß zu gewinnen. Eben jenes Gefühl braucht es auch für das Team, die Abteilung oder die Organisation. Dranbleiben ist also auch ein Reifeprozess für eine sparsame, rhythmische und gezielte Ressourcen-nutzung. Vielleicht gelingt es uns immer öfter, die Grundprinzipien einer gesunden Leistungssteuerung und -steigerung einzusetzen und immer wieder an das Gesetz einer professionellen Reife anzuknüpfen, indem wir uns MIT den Wellen von Anspannung und Entspannung, einem guten Rhythmus und einer gelungenen Dosis zwischen Kom-fort-, Stretch- und Stresszone bewegen. Wer jeden Tag etwas hinzu-lernen kann, die eigenen Ressourcen besser auszunutzen und mit der eigenen Kraft schonender zu arbeiten, kann erheblich zufriedener arbeiten. Dann sind Leisten und Leben gut verbunden, ja ein und dasselbe und wir können unsere natürlichen Potenziale entfalten – ganz gleich auf welchem Niveau!

Auch im Wirtschaftsleben geht es darum, dass jeder regelmäßig die Komfortzone verlässt. Wer heute Mittelmaß ist und sich nicht weiterentwickelt, wird mittel-, langfristig nicht überlebensfähig blei-ben. Nur die richtigen Reize bringen eine Verbesserung der Leis-tungsfähigkeit, im Sport und in der Wirtschaft. Natürlich erfordern diese Grundprinzipien des Sports eine Übersetzung und Anpassung für die Welt der Wirtschaft, aber die Grundgedanken haben Gültig-keit. Nur wer sich in Stresszonen begibt, ist durchtrainiert und damit meist besser als die Mitbewerber. Dazu benötigt es vor allem wieder die grundsätzliche Einstellung, eine mentale Landkarte, die auf »high

Professionalisierung der Arbeit

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performance« ausgerichtet ist und eine emotionale sowie körperliche Spannkraft, diese Einstellung zum Leben zu erwecken.

Echte Leader, Branchenführer sind ohne Zweifel auf 8.000er-Linien unterwegs (Bachler 2003). Sie geben sich nicht mit Mittel-maß zufrieden. Sie fordern sich selbst und ihre Teams immer wieder, Grenzen zu überdenken, sich an Grenzen zu nähern und ebenso sich daran zu freuen, wenn es gelungen ist. Danach regenerieren sie und peilen das nächste Ziel an. Ein bewusster Umgang mit Stress sowie psychischen und physischen Beanspruchungen ist gefragt!

Time out

Natürliche Leistungsprinzipien anwendenWelche Energiespender nutzen Sie bereits täglich? Welche Rhythmen können Sie in Ihrem Tagesablauf, in Ihren Projektzyklen oder Orga-nisationseinheiten nutzen? Wie kann der natürliche Rhythmus der Natur Ihr eigenes Wohlbefinden positiv beeinflussen? Welche Trai-ningsreize setzen Sie und wie wechseln bestimmte Tätigkeiten ab? Wie oft arbeiten Sie in der Stretchzone, wie oft in der Stresszone?

Welche Zeichen von Ermüdung kennen Sie von sich, kurzfristige und langfristige? Welchen Wechsel an Beanspruchung können Sie sich z. B. über das Jahr hinweg organisieren? Welche Möglichkeiten nutzen Sie selbst, um sich in kürzester Zeit wieder zu entspannen und zu regenerieren? Welches sind Ihre »Kurzurlaube« im Alltag und wie können Sie diese schnell herstellen?

Wolfgang Fasching äußerte dazu:»Durch Entspanntheit funktioniert‘s. Locker, leicht, dazu habe

ich lange gebraucht, um mich in diese entspannte Haltung zu begeben. Den Weg zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Wenn ich mir den Druck nehme und mich auf mich kon-zentriere, bleibe ich bei mir. Es gilt, den Gegner zu beobachten, aber volle Konzentration auf mich. Dann gebe ich mir Kraft und Energie und ich stärke mich und nicht den Gegner. Mir persönlich hilft Musik. Das ist mein Motivationspartner, da bin ich ganz bei mir. Speziell in schwierigen Situationen, um mich in die richtige Stimmung zu versetzen und dran zu bleiben. Manchmal lege ich mich auch nur kurz 10 Minuten neben die Straße und nehme mir Auszeit für den Kopf. Schon die kleine Pause hilft enorm, um wie-der einen freien Kopf zu haben.« (Wolfgang Fasching, 07.03.2012, persönliche Mitteilung)

Wenn wir unsere Jahres-, Monats- oder Wochenrhythmen einmal be-wusst reflektieren, entdecken wir oftmals viele Möglichkeiten, um die eigene Energie gezielter einzusetzen. Die Produktivität erhöht sich entscheidend und wir gehen mit dem natürlichen Rhythmus, statt dagegen. Wir laden Sie ein, solche Zeiträume und Chancen für sich selbst und ihr Team zu erkunden und zu nutzen.

6.2 • Natürliche Leistungsprinzipien

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110 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6

Übungen dazu finden Sie in unserem Trainingsplan (7  Rhyth-misierung meiner Tätigkeiten) unter http://extras.springer.com oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene.

6.3 Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

6.3.1 Mentale und emotionale Fitness

Die körperliche Fitness baut sich mit der richtigen Dosis an Trainings-reizen über Jahre hinweg auf. Die Muskeln werden gestärkt. Parallel dazu trainieren Sportler auch ihren Geist, denn dieser ist die Grund-lage für die Steuerung des optimalen Leistungszustandes und die er-folgreiche Umsetzung der Visionen und Ziele. Mentale und emotio-nale Fitness lässt sich auf den ersten Blick nicht so schnell ablesen, wie eine sichtbare körperliche Fitness, doch man kann die Vielseitigkeit dieser Fähigkeit umschreiben (Eberspächer 2001; Loehr 2006):

5 die Fähigkeit, sein gesamtes Potenzial an Talent und Technik ab-zurufen (auch im Wettkampf)

5 die Fähigkeit, sich an der oberen Leistungsgrenze bewegen zu können (auch im Wettkampf)die Fähigkeit, den optimalen Leis-tungszustand steuern zu können;

5 die Fähigkeit, in jeder Situation (auch des Wettkampfs) Kraft spendende Emotionen auslösen zu können;

5 die Fähigkeit, letztlich immer wieder einen sehr guten emotiona-len und physischen inneren Zustand herstellen zu können.

»Auch Gedanken und Emotionen sind real und genauso wichtig für die Leistung wie Talent und Können« (Loehr 2006, S. 22). In diesem Sinne ist mentale und emotionale Fitness letztlich an der Leistung ab-zulesen und vor allem an der inneren Haltung, in der die Leistung er-bracht wird. Denn mental und emotional fit gelingt es uns den gesam-ten Organismus unter verschiedenen Bedingungen zu beruhigen und einen kohärenten, stimmigen Zustand zu entwickeln, aus dem heraus wir unsere Potenziale erfolgreich abrufen können. Darüber hinaus ge-schieht vor allem die Integration von emotional-affektiven Prozessen und kognitiv-rationalen Prozessen in unserem Hirn, so dass Beob-achter folgendes von außen bei uns erkennen können (Loehr 2006):

5 emotionales Engagement (»Emotional engagierte Sportler sind während des Wettkampfes nicht feindselig, abweisend oder gleichgültig. Fehlendes emotionales Engagement verrät einen Mangel an mentaler Stärke.«; ebenda, S. 19);

5 emotionale Stärke – Zuversicht und Motivation, zu kämpfen (»Die Unfähigkeit, emotional zu kämpfen, ist praktisch gleichbe-deutend mit mangelnder mentaler Stärke.«; ebenda, S. 19);

5 emotionale Spannkraft – sich schnell von Enttäuschungen und Fehlern erholen, vergebene Chancen wegstecken und Konzentra-

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mit mentaler Fitness zur optimalen Leistung

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tion wieder aufnehmen (»Langsame emotionale Erholung zeugt von mangelnder mentaler Stärke.«; ebenda, S. 20);

5 emotionale Flexibilität – sich schnell auf neue Situationen ein-stellen Du und ausgeglichen bleiben (»Unflexible Sportler sind in emotionalen Krisen verkrampft und aufbrausend und unter-liegen deshalb häufig ihren Gegnern.«; ebenda, S. 19).

Auf das Wirtschaftsleben übersetzt, bedeutet mentale und emotionale Fitness alles das, was man einem positiven und produktiven Bewusst-seinszustand zuschreiben kann. Manchmal sprechen wir auch einfach davon, dass jemand »ganz in seiner Mitte ist« und eben Eigenschaften wie: Konzentration, Zuversicht, Flexibilität, Kreativität, Eindeutigkeit und Klarheit, Fokussierung, positive Einstellung, Resilienz, Disziplin, Problemlösungskompetenz, Visionsfähigkeit, Umsetzungsstärke und Emotionsregulation oder schlichtweg Freude ausstrahlt. All das sind Qualitäten mentaler und emotionaler Fitness, die einem bestimmten inneren Zustand entspringen und die durch unsere Erfahrungen ge-prägt wurden (7  Kap.  4). Peltin u. Rippel (2009) nennen es »high performance mindset«.

Erfolgreiche Sportler wissen, dass auf Seiten der physischen Kompetenz schlichtweg biologische Grenzen gesetzt sind und dar-über hinaus die Umfänge, die im Spitzensport trainiert werden bzw. die Trainingspläne, auf die zurückgegriffen wird, kaum mehr einen Unterschied bzw. einen Wettbewerbsvorteil zulassen. Die Wachstums-chancen und die, im wahrsten Sinne, unbegrenzten Möglichkeiten liegen im Bereich der Psyche!

Der Körper folgt dem Geist und der Geist wird wiederum durch den Körper beeinflusst. Sportler können motorische Abläufe auch unter Druck mittels mentaler Fähigkeiten stabil halten, und so mit-hilfe des »Muskels zwischen den Ohren«, die Leistungsmöglichkeiten der anderen Muskeln abrufen. Was einstmals eine begleitende Unter-stützung zum körperlichen Training war (Entspannungstechniken oder Wahrnehmungstraining), ist heute die hohe Schule, um Erfolge zu finalisieren. Denn, was umgangssprachlich der Kopf vor allem er-möglicht, ist die optimale Nutzung aller vorhandenen Ressourcen und eine höchste Anpassungsfähigkeit an unterschiedlichste Situationen.

Mentale und emotionale Fitness, regelmäßig trainiert, kann spür-bare Auswirkungen zeigen. Man kann:

5 den Berufsalltag ausgeglichener, leistungsfähiger und erfolgrei-cher gestalten,

5 Ziele besser integrieren und positiv emotional aufladen, 5 Problemsituationen anders bewerten, 5 auf mögliche Störfaktoren besser vorbereitet sein, 5 leichter (auch unter Druck) die Qualität der eigenen Handlungen

sicherstellen, 5 Schwierigkeiten oder gar Krisen schneller bewältigen, 5 Verhandlungen besser durchstehen oder 5 den eigenen Geist effizienter nutzen.

6.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

»high performance mindset«

Wachstumschancen liegen im Bereich der Psyche!

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112 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6Als Datei zum Download: http://extras.springer.de oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene

Aufmerksamkeit fokussieren, auswählen können und bewusst handeln

Schnell die Mitte findenEin junger Schüler der Samurai fragte eines Tages seinen Meister: »Meister, Sie sind immer gelassen und hoch konzentriert, wenn ich Sie sehe. Kommen Sie denn nie aus Ihrer Mitte?« Und der Meister schmun-zelt und sagt: »Doch schon. Nur finde ich sie so schnell wieder, dass Du es gar nicht bemerkst.«

Sicher haben Sie sich beim Durchlesen selbst schon an Situationen erinnert, in denen Sie sich mental und emotional wirklich fit gefühlt haben. Nutzen Sie unsere Checkliste im Trainingsplan, um sich selbst besser kennenzulernen. Woran erkennen Sie selbst, dass Sie in einer optimalen inneren Haltung für die Umsetzung Ihrer Vorhaben sind?

Übungen dazu finden Sie in unserem Trainingsplan (7  Meine Merkmale mentaler und emotionaler Fitness) unter http://extras.springer.com oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene

6.3.2 Mentale und emotionale Fitness trainieren – Ausgangspunkte

Mehr noch, unsere mentale und emotionale Fitness bewusst auszu-bauen, ist eine der menschlichsten Fähigkeiten überhaupt. Denn die-jenige Hirnregion, von der alles ausgeht, ist der Frontallappen oder auch Frontalhirn genannt. Es ist die am stärksten entwickelte Region im ganzen Nervensystem. Direkt hinter der Stirn sitzend dienen die vier Anteile des Frontalhirns als Kontrollzentrum, das Interferenzen filtert, Aufmerksamkeit fokussiert, den Organismus wieder beruhigt, wenn unsere Sinneswahrnehmung überladen ist und uns verbunden hält mit der inneren und äußeren Welt. Verglichen mit einer Unmenge von Reizen, die auf uns einströmen und Millionen von Synapsen, die innere und äußere Signale verarbeiten, ist unser Hirn aktiviert wie bei einem riesigen Gewitter mit Sturm, Blitz, Donner und Regen. Doch all das spüren wir nicht, weil es wie z. B. jetzt beim Lesen gelingt, uns auf einen Moment zu besinnen und alle anderen Signale auszublenden, wie die Geräusche um uns, die Schmerzen im Rücken etc. bis wir nur noch unsere innere Stimme hören, die den Textzeilen folgt. Dies ist das Ergebnis unseres Frontalhirns. Wir sind in der Lage, unsere Auf-merksamkeit zu fokussieren.

Mit unserem Frontalhirn sind wir außerdem in der Lage, eine Wahl zu treffen und unser Verhalten Schritt für Schritt zu steuern. Jetzt die Seite umblättern, sich neu hinsetzen usw. Und mehr als alles andere, können wir bewusste, absichtsvolle Entscheidungen treffen und unserem Handeln Sinn und Zweck hinzufügen. Wir können die Zukunft planen, uns selbst beobachten und uns immer wieder neu an inneren Bildern ausrichten. Mit den modernen Forschungsverfahren wurde deutlich, dass gerade diese Region der menschlichste Teil unse-res Hirns ist, der Sitz unserer Wahlfreiheit (»choice«), unserer Absicht

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113 66.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

(»intent«) und vollen Aufmerksamkeit (»awareness«). Vielleicht ist es nur Zufall, dass früher den Oberhäuptern eine Krone genau dahin gesetzt wurde und Sportler und große Denker mit einem Lorbeer-kranz gekrönt wurden?

z Der besondere TippVerschaffen Sie sich als Basis ein »AHA«-Erlebnis:

5 A für »Anhalten«: Distanz zum Geschehen und Raum für sich selbst verschaffen!

5 H für »Hinschauen«: Selbstreflektieren und Perspektivenwechsel einnehmen. Was liegt unter meiner Kontrolle und was nicht

5 A für »Akzeptieren« und »Agieren«: Akzeptieren, was nicht zu ändern ist. Neu fokussieren und 100 % geben für das, was in meiner Kontrolle steht.

Im besten Fall gelingt durch jede, wie auch immer hergestellte Form, der Distanzierung und des Perspektivenwechsels eine Neubewertung der Situation und meist auch eine Neubewertung der eigenen Person bzw. des Umfeldes. Mit dieser Neubewertung bzw. neuen Wahrneh-mung kommt auch dem gesamten Organismus eine Beruhigung zu-gute und die verschiedenen emotional- affektiven als auch rational – kognitiven Prozesse können vom Frontalhirn aus, neu integriert werden. Denn auch die Steuerung der Bedürfnisse unseres Körpers erfolgt von da aus, weil das Frontalhirn am stärksten mit allen anderen Hirnregionen verbunden ist. Diese Grundberuhigung und sogenann-te Kohärenz zwischen Gefühlen und Gedanken ist Voraussetzung für jegliche Form des mentalen Trainings. Auf dieser Grundlage kön-nen neue Bilder, Bewegungsabläufe, Entspannungssequenzen oder Zielsetzungen mental und emotional verankert werden (.  Tab.  6.1 und 7 Abschn.  6.2 bis 7 Abschn.  6.3.4).

Nachfolgend ein Beispiel, mit welchen unterschiedlichen Techni-ken sich Andreas Sachs auf das Race Across America vorbereitet hat (. Tab. 6.1).

Für das Training selbst, benötigen wir vor allem neue bzw. un-gewöhnliche Aufgaben Denn nur neuartige Reize werden in dieser Frontalhirnregion verarbeitet. Vor diesem Hintergrund ähneln die Trainingsreize die ein Sportler für seine körperliche Fitness setzt, ganz stark denen, die er für die mentale Fitness setzt. Immer wieder geht es darum, sich ein neues Ziel zu setzen, unterschiedlichste Si-tuationen zu trainieren und mithilfe mentaler Prozesse erwünschte Handlungsmuster zu stabilisieren. Dafür braucht es eine eindeutige Absicht und Fokussierung.

Die Erkenntnisse im Umgang mit dem eigenen Geist sind derweil nicht neu und auf den Sport beschränkt, denn schon seit vielen tau-send Jahren wird meditiert und werden Geisteshaltungen trainiert. So unterschiedlich die Zugänge sein mögen, verbindend ist eines: Es führt kein direkter Weg zum Können, sondern nur der Umweg über gezieltes Training und laufendes Üben.

AHA-Erlebnis

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114 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6

Buddhistische MeditationLangjährig praktizierende buddhistische Mönche wurden bei der Me-ditation beobachtet. Ihnen war es möglich, sich auf einen einzigen Ge-danken des Mitgefühls zu fokussieren und diesen zu halten. Während der Übung waren die Mönche in der Lage ihre Gehirnaktivitäten stär-ker zu koordinieren und zu organisieren als eine Kontrollgruppe (Lutz 2004). Man konnte sehen, dass die Aktivität des Frontalhirns extrem erhöht war. Speziell die produzierten Gammawellen waren so stark, wie es die Wissenschaftler nie gesehen hatten. Die Gammawellen wiederum sind vor allem dann zu beobachten, wenn das Hirn neue Verknüpfungen erstellt. Gleichzeitig waren die Regionen im linken Frontallappen, die mit freudvollem Sein verbunden sind, extrem aktiv. Die Forscher sagten, hier muss es sich um die glücklichsten Menschen der Welt handeln.

»What we found is that the longtime practicioners showed brain activation on a scale we have never seen before. Their mental practice is having an effect on the brain in the same way golf or tennis practice will enhance performance. What we found is that the trained mind, or brain, is physically different from the untrained one.« (Dispenza 2007, S. 65).

Muskeln und Frontalhirn haben also eines gemeinsam, sie können in ihrer Funktionalität trainiert werden. Lediglich zeigen sich Unter-schiede im Ergebnis. Während Muskeln wachsen, erweitert sich beim Frontallappen eher die Spanne unserer Aufmerksamkeit und es er-höht sich die Fähigkeit zur Selbstregulation, ohne dass das Gehirn im Eigentlichen wächst. Es erhöht sich die Anzahl der Verknüpfungen wodurch größere Areale verfügbar werden, die gleichzeitig arbeiten, was zu mehr Effizienz und Integrationsmöglichkeiten führt.

. Tab. 6.1 Race Across America 2009: Beispiel für ein Mentaltraining nach Andreas Sachs

Herausforderungen Lösungen Trainingsort Technik

Wüste Kältemantel Auf der Couch zu Mittag

Oben angekommen am Berg

Visualisierung

Berg Rückenwind

Berg als Freund

Im Training

Auf der Couch

Auf jedem Berg

Visualisierung

Innerer Dialog

Aufstehen Selbstbefehl

Faust ballen =: sofort wach plus

Energieübungen

Üben 4 h früh - immer vor dem Aufstehen aus dem Bett

Selbstbefehl plus körper-licher Anker

Kinesiologie

Gegenwind Entzwei schneiden Im Training auf dem Rad

Auf der Couch

Visualisierung

Monotonie Hinterrad verfolgen

Weißer Linie folgen

Im Training auf dem Rad

Auf der Couch

Fokussierung

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Der Ursprung des mentalen Trainings lag vor allem, wie 7  Abschn.  6.3 beschrieben, in der bewussten Imagination von spezifischen Bewegungsabläufen, so dass diese schneller erlernt und verinnerlicht werden: das Salto des Turmspringers, der Sprung der Eiskunstläufer, der Parcours der Skirennläufer, die Eisbahn der Bob-fahrer und so weiter. Wo immer es stabile Routinen braucht und konsequente Kopplungen von »wenn Situation X, dann Handlung Y« hilfreich sind, unterstützt das mentale Training die Übungsfrequenz zu erhöhen, Handlungsmuster zu automatisieren und schneller ab-zurufen, denn das Gehirn kann die bewusste Vorstellung und das tatsächliche Tun nicht unterscheiden. Das Konzept aus den Neuro-wissenschaften, das dahinter steht, ist das Hebb-Lerngesetz, bei dem er nachweist, dass Nervenzellen, die durch Reize gemeinsam ange-sprochen werden, auch Verknüpfungen im Hirn bilden (sinngemäß: »what fires together, wires together«; Hebb 1949).

Davon zeugt folgendes Beispiel:

Auf den Spuren HebbsVier Gruppen von Menschen wurden in einem Klavierspielexperiment involviert. Die Gruppe 1 lernte und erinnerte eine spezifische Ein-Hand-Fünf-Finger-Sequenz und übte diese am Klavier je zwei Stunden täglich für fünf Tage. Die Gruppe  2 wurde gefragt, einfach nach eigenem Er-messen und Gefühl für je zwei Stunden täglich an fünf Tagen am Klavier zu spielen. Sie hatten keine bestimmte Sequenz, keine Vorgaben. Die Gruppe 3 wurde gebeten, der ersten Gruppe zuzuschauen, bis sie die Sequenz mental konnten, so, als ob sie selbst spielen würden, und übten dann mental ohne Klavier jeweils genauso lang wie die erste Gruppe. Die vierte Gruppe tat gar nichts; sie war die Kontrollgruppe. Nach fünf Tagen wurde mittels Magnetresonanz- und anderen Messverfahren die Hirnaktivität und Verknüpfung gemessen. Dabei zeigte sich, dass die Gruppe 1 und 3 beinahe ähnliche Auswirkungen zeigten wie z. B. eine Expansion und Verknüpfung ähnlichster neuronaler Netzwerke, wäh-rend sich bei Gruppe 2, die zwar täglich, aber unfokussiert spielte, kaum Veränderungen im Hirn zeigten. Die Zufälligkeit ihrer Aktivitäten stimu-lierte keine neuen Verknüpfungen in regelmäßiger Form.

Mentale und emotionale Fitness zu trainieren, bedeutet in diesem Sinne, dass neue Erfahrungen, die wir machen wollen, im Vorfeld gesamtheitlich im inneren Kino durchgeführt werden, als ob man die Erfahrung tatsächlich macht. »It is mentally seeing our self physically do the action step by step.« (Dispenza 2007, S. 391). Anstelle mit unse-ren Gewohnheiten und emotionalen Abhängigkeiten zu reagieren, können wir uns in Vorbereitung auf neue Verhaltensweisen, auf neue Erfahrungen, Einstellungen etc. selbst einen inneren Film drehen.

» There is only one admirable form of the imagination: the imagina-tion that is so intense that it creates a new reality, that it makes things happen. (Dispenza 2007, S. 381). «

bewusste Imagination spezifischer Bewegungsabläufe

6.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

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116 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6Grundlagen des mentalen Trainings

bewusster Perspektivenwechsel

aktivierter Wille und Taten

Aber auch äußere Rahmenbedingungen können anders gestaltet wer-den. Genannt sei hier der Kältemantel von Wolfgang Fasching, der sich bereits im Vorfeld die Temperaturen eines Kühlautos suggerierte und in seinem Kältemantel speicherte, um bei gegebenem Anlass in der Wüste ein wenig Kälte der Hitze entgegensetzen zu können. Aber auch Andreas Sachs konnte beim Race Across Australia spontan eine Bildkorrektur ausprobieren:

» Ich stellte mir vor, dass die unendlich lange Gerade vor mir eine kleine Neigung hatte. In der Tat konnten meine Begleiter hinter mir im Auto eine deutliche Steigerung des Tempos feststellen und hoben meine Leistung nach der Einheit besonders hervor. Das Geheimnis des Turbos habe ich erst danach gelüftet. (Andreas Sachs, 30.01.12, persönliche Mitteilung) «Im Sport wird diese Art des mental-emotionalen Trainings vor allem in der Vorbereitung auf wichtige Wettkampfsituationen angewendet. Entscheidend sind dabei einige Grundlagen, die vielleicht selbstver-ständlich scheinen, doch wahrscheinlich den Wenigsten von uns ge-läufig sind:

5 Aufmerksamkeit und Konzentration bewusst einsetzen: Sport-ler trainieren als Grundlage den bewussten Perspektivenwechsel zwischen der Umwelt (external) und dem eigenen Organismus (internal) sowie zwischen Fokussierung (eng) und Öffnung (weit). Anfangs gehört dazu ganz einfach die Wahrnehmung verschiedener Sinnesqualitäten in der Umwelt oder die gezielte Wahrnehmung des eigenen Körpers. Dieser Perspektivenwech-sel wird später bewusst genutzt. Langstreckenläufer variieren z. B. während des Laufes zwischen dem nächsten Schritt, der eigenen Atmung, dem Horizont oder dem Läufer vor sich. Je nach Fokus, hat die Wahrnehmung andere Auswirkungen. An einem steilen Berg wird jeder nächste Schritt fokussiert. Auf einer langen Ebene den eigenen stabilen Atemrhythmus zu spü-ren, kann Stabilität und Kraft für den langen Weg geben. Das Ziel am Horizont zu sehen und damit bildlich zu verschmelzen, gibt Zugkraft.

5 Absicht mit Aktion verknüpfen: Wenn das Frontalhirn arbeiten soll, brauchen wir eine bewusste Wahl, einen aktivierten Wil-len und Taten. Anfangs ist es der Willen – später führen erste Erfolge dazu, dass die Veränderungen, die wir anstreben, Sinn machen und uns der Sinn leitet. Unsere Absicht, die Bedeutung, die Intention sind also Kernwörter für das Frontalhirn. Sobald wir eine bewusste Wahl getroffen haben, um in dieser oder jener Weise vorzugehen, aktivieren wir dieses. Die Intention die wir setzen, hilft uns zu fokussieren, die Aufmerksamkeit zu halten oder zurückzuholen, wenn unser Geist sich zerstreut. Für den Sportler ist dies die Grundausrichtung, das Ziel, dessen Errei-chung so vielversprechend und lohnend ist, dass man auch die harten Phasen der Vorbereitung in Kauf nimmt.

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5 Bei der Visualisierung die Aufmerksamkeit von der äußeren Welt abziehen: Aufmerksamkeitssteuerung ist ein psychischer Prozess und kostet ebenso Energie wie Problemlösungen oder anderes. Das Einüben neuer innerer Bilder braucht also Ruhe, denn sobald Ruhe gegeben ist, kann sich das Frontalhirn ganz auf das Gewünschte fokussieren. Sobald wir die Aufmerksam-keit dahin richten, geschehen schnell neue Vorgänge, manchmal sogar tranceartige Zustände, bei denen auch der Körper ganz ruhig wird/ist.

5 Wiederholungen: Dann braucht es, ähnlich der Klaviersequenz, ein ideales Bild, was wir wiederholen wollen. Dazu gehören kon-krete Qualitäten und Vorstellungen, wie z. B. welche Gefühls-qualitäten ich in dieser Situation habe, wie ich zu mir denke und rede, welche Körperwahrnehmung ich habe, wie es um mich herum aussieht, welche Handlungen ich ausführe etc. Eberspä-cher unterschiedet hier zwischen drei Möglichkeiten, mental zu wiederholen (Eberspächer 2001, S. 82)a. der Bewegungsablauf wird sich per Selbstgespräch vorgesagt

(»anlaufen, in die Knie gehen und Sprung« oder »eins, zwei, drei, Drehung«)

b. vor dem verdeckten Auge wird aus einer Beobachterrolle der innere Film abgespult (z. B. Zieleinlauf visualisieren)

c. hier versucht der Athlet sich in die Bewegungsabläufe selbst hineinzuversetzen und nachzuempfinden (die Bobbahn mit ihren Kurven und den eigenen Bewegungen etc.)

Auch in der Wirtschaft können durch Mentaltechniken Handlungs-muster stabilisiert werden. Standardargumente als Einwandbehand-lung werden in jedem Verkaufsgespräch angewendet und wurden meist unbewusst über die Jahre gefestigt. Blättert man ab und zu wieder in alten Verkaufsunterlagen von diversen Seminaren erinnert man sich schnell an viele Feinheiten, die nie in den täglichen Alltag übernommen wurden, sei es aus Mangel an Bewusstheit, Mangel an konsequentem Training, Mangel an Reflexion. So bleibt man einfach auf einem gewissen (Mittel)Maß stehen, anstatt sein Potenzial voll zu entfalten. Vielleicht wird es gar nicht gefordert, vom Chef, von der Fir-ma. Es ist, wie wenn Talente schlummern und nicht geweckt werden.

Sportler legen sich in diesem Sinne, ähnlich wie für das physische Training, auch für das mental-emotionale Training feste Routinen zu. Gleicher Ort, gleiche Übungssequenzen, regelmäßige Zeiten etc. Denn unser Organismus braucht deutliche Signale:1. eine Unterbrechung zum Vorherigen,2. ein Umschalten auf etwas Neues,3. das Neue trainieren (z. B. die bewusste Regeneration, das Ziel-

bild etc.).

Routinen werden etabliert und so kann die Zeit jeweils sehr effektiv genutzt werden.

das Einüben neuer innerer Bilder braucht Ruhe

6.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

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118 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

6

Training der Regulationsfähig-keit

Wir empfehlen Ihnen ein ähnliches Vorgehen, wenn Sie selbst mit dem Training Ihrer mentalen und emotionalen Fitness beginnen wollen.

6.3.3 Grundlagentraining: die Selbstregulationsfä-higkeit erhöhen

» Das Mentale ist der Vermittler zwischen uns und der Welt. Unser Körper und seine Lebensvorgänge beeinflusst die Dinge und Men-schen um uns herum und wir handeln stets vermittelt durch unsere mentalen Prozesse. Das sind etwa unsere Wahrnehmungen, Bewer-tungen, Gefühle und Motivationen, Erwartungen oder Ziele. So ver-standen werden zum Beispiel Gefühle prinzipiell regulierbar. Sie sind nicht gottgegeben, sondern über Wahrnehmen und Bewerten, also über mentale Prozesse, vermittelt und damit von uns selbst veränder-bar. (Eberspächer 2002, S. 16) «Wie stark die Vermittlung des Mentalen zwischen uns und unserer Umwelt ist, zeigen besonders die Beispiele der sog. Trainingswelt-meister. Im Training fahren sie den Kollegen »um die Ohren«, laufen Bestzeiten oder springen große Weiten. Im Wettkampf dann, wenn besondere Bedingungen wie Lärm, Presse, Erwartungen, Autogram-me, Interviews, Applaus, Anspannung und besondere Bewertungen der Situation dazu kommen, können sie ihre beste Leistung nicht ab-rufen. Alleine die innere Bewertung, dass es »ernst« ist und persönlich bedeutungsvoll, verändert unser Empfinden stark. Das kennen wir alle, ohne dass wir Sportler sein müssen.

Durch Training der Regulationsfähigkeit können unterschiedli-che Ziele erreicht werden:1. grundsätzlich das Erregungsniveau absenken;2. Auslösung des Entspannungsniveaus erleichtern3. Erregungsschub bewusster und gezielter gestalten (Emotionen

und Gedanken steuern)4. Pausen nutzen, um das Spannungsniveau kontinuierlich zu sen-

ken und sich aufzutanken

Alle Trainingsziele helfen, den idealen Leistungszustand speziell in Wettkampfsituationen, aber auch im Alltag zu modellieren und vor allem die Regulationsfähigkeit des Organismus zu erhöhen. Häufig haben wir uns im Laufe des Lebens unwillkürliche Regulationsfor-men von innerer Spannung angewöhnt, die vor allem unter Hoch-leistungssituationen nicht dienlich sind. Wer kennt sie nicht, die sog. Übersprungshandlungen, wenn wir uns vor lauter Anspannung nicht konzentrieren können. In Prüfungszeiten werden statt zu lernen und sich zu fokussieren, ganze Wohnungen umgeräumt und Schränke ge-putzt, einfach, weil man keine Ruhe findet. Oder die Momente nach langen anstrengenden Arbeitstagen, an denen der Körper eigentlich

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nach Entspannung und Regeneration verlangt, doch der Kopf ein-fach nicht abschalten kann. Die Gedanken laufen weiter und selbst ein Schlaf bringt uns nur mäßige Erholung, weil der Geist weiter auf Hochtouren läuft. Angespannte Müdigkeit ist ein weit verbreiteter Zustand in unseren Organisationen und viele von uns haben die Fä-higkeit verlernt, tief zu regenerieren. Man stelle sich einen Sportler vor, der die kurzen freien Zeiten, die er hat, nicht automatisch und direkt zur Regeneration nutzen kann? Die Leistungsfähigkeit würde rapide abfallen. Deshalb werden im Sport alle diejenigen Handlungs-muster und grundlegenden Regulationsfähigkeiten durch mentales Training geübt und automatisiert. Alles, was der optimalen Regu-lation von innerer Erregung und Hemmung (die beiden grundle-genden Prinzipien des Nervensystems eines Menschen) dient, wird zieldienlich durch verschiedene Techniken unterstützt. Das betrifft unser willkürliches/zentrales und unwillkürliches/vegetatives Ner-vensystem.

Entspannungsverfahren, die zu den Hauptansatzpunkten für das Training der Regulationsfähigkeit gehören, können speziell im Be-reich des vegetativen Nervensystems positive Veränderungen erzie-len. Dazu gehören z. B. eine Senkung der Herz- und Atemfrequenz, Förderung der Durchblutung der peripheren Hautgefäße (die Haut wird strahlend), Förderung einer positiven Stimmungslage und eine Veränderung der subjektiven Bewertung von Belastungsfaktoren, das Kontrollerleben in einer Situation kehrt zurück, die Konzentrations-fähigkeit erhöht sich und eine bessere Informationsverarbeitung ist möglich. Das führt wiederum zu einer Stärkung des Selbst und der eigenen Regulationsfähigkeit.

Sportler besitzen einen starken Willen und eine hohe Belastbar-keit. Bereits an anderen Punkten haben wir darauf hingewiesen, dass sie sich sehr gut fokussieren können und andere Impulse und Bedürf-nisse zeitweilig einfach ausschalten. Dafür wird wieder das Frontal-hirn aktiv. Impulskontrolle verhindert, dass hoch emotionale Reak-tionen stattfinden und impulsive Entscheidungen getroffen werden.

Wolfgang Fasching zu diesem Thema:

» Locker sein ist die Kunst!! Mit Leichtigkeit agieren! Das hat auch lange bei mir gebraucht. Erst durch die gewisse Entspanntheit funk-tioniert‘s, durch Verkrampfung geht gar nichts. Ich habe mit der Zeit den Weg gefunden zwischen Anspannung und Entspannung. Das funktioniert wirklich nur wenn ich locker genug bin. Beim RAAM hat´s von weit hinten funktioniert, wenn ich langsam gestartet bin, da bin ich locker und leicht Rad gefahren. Ich bin bei den ersten 4 RAAMs immer von hinten gekommen, habe aber trotzdem 97 gewonnen. Im Umgang mit Druck habe ich gelernt, diesen abzulegen. Erstmalig habe ich in 2000 mit großem Vorsprung gewonnen. Ich habe in diese Richtung meinen Leitspruch adaptiert: »Gebe dein bestes. Das ‚müs-sen‘ habe ich eliminiert aus meinen Gedanken, einfach gestrichen. Ich konzentriere mich ausschließlich auf mich, ich fahre immer meine

6.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

Entspannungsverfahren wirken im Bereich des vegetativen

Nervensystems

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120 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Dauerbelastung: chronisches Ungleichgewicht zwischen Aktivierung/Anspannung und Regeneration/Entspannung

Atemtechniken einsetzen

Geschwindigkeit, nie die des Gegners. (Wolfgang Fasching, 07.03.2012, persönliche Mitteilung) «Umgekehrt sind auch Sportler, ebenso wie Hochleister in anderen Branchen, mitunter in Gefahr, ihre Impulse zu stark zu kontrollie-ren. Je extremer ein diszipliniertes Verhalten ausgeprägt ist, desto stärker brauchen auch Sportler bewusste Zeiten der Regulation und Entspannung. Werden diese Zeiten nicht genutzt, verschiebt sich das vegetative Gleichgewicht und führt zu Störungen im Organismus. Die Koordination der einzelnen Organfunktionen »entgleist«. Aufgrund eines permanent erhöhten physiologischen und psychologischen Erregungsniveaus, das nicht mehr ausreichend abgebaut wird (»wir stehen dauerhaft unter Dampf; sind ständig auf Achse; finden keine Ruhe etc.«), wächst die Gefahr für ein chronisches Ungleichgewicht im Körper und für zahlreiche körperliche, v. a. psychosomatische Er-krankungen.

Unser Organismus reagiert dann wie ein Dampfkessel ohne Ven-til: Er explodiert (z.  B. mit aggressivem, gereiztem Verhalten oder Bluthochdruck), er implodiert (z.  B. mit Selbstzweifeln, Zynismus, Suchttendenzen, Kopfschmerzen, Magendrücken, Stoffwechselstö-rungen, Muskelverspannungen etc.) oder er kollabiert (z. B. mit de-pressiven Verstimmungen, Burn-out-Erscheinungen, ständiger Mü-digkeit etc.).

Wenn es uns durch bewussten Umgang gelingt, einen rhythmi-schen Zyklus von Anspannung und Regeneration zu leben, dann haben Beanspruchungen und Leistungsanforderungen einen posi-tiven Trainingseffekt: Die dosierte Belastung und entsprechende Regeneration führt uns auf ein höheres Niveau der Leistungsfähig-keit – sowohl körperlich, als auch im sozialen Bereich. Wir lernen uns durchzusetzen, mit anderen zusammenzuarbeiten, Spannungen und Unsicherheit auszuhalten oder unter hohem Druck arbeitsfähig und konzentriert zu bleiben. Vor diesem Hintergrund ist das Training der Regulationsfähigkeit eines der wichtigsten Aspekte mentaler und emotionaler Fitness und auch für die Wirtschaft ein Erfolgsfaktor.

AuftankenManche Menschen haben z. B. festgestellt, dass eine andersartig ge-nutzte Mittagspause zum wahren Regenerationsritual werden kann. Oder andere praktizieren die bewusste Visualisierung des Tages am Morgen (ich nehme mir vor) und schließen den Tag mit einer Rück-schau ab (ich nehme mich vor). Andere wiederum schlafen viel besser ein, wenn sie vorher eine kleine Runde »um den Block« gehen. Oder das berühmte Powernapping über den Mittag, nur 10–20 Minuten rei-chen aus, um komplett erfrischt zu sein. Hier ist die Variationsbreite riesig. Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen von Herzen liegen.

Simple Atemtechniken können helfen die Spannung abzubauen, den Atemfluss zu regulieren und entspannter zu agieren. Mittels

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Hautleitwertmessungen kann leicht nachgewiesen werden, wie schnell sich die Temperatur und die Muskelspannung verändert, wenn man gezielt länger aus- als einatmet und in die tiefe, entspan-nende Bauchatmung wechselt. Durch gezieltes Training von Ruhe-bildern oder Kraftbildern im Vorfeld können durch Konditionierung von Stimmungen »Anker« vorbereitet werden, mittels derer schnel-ler Aktivierungen oder bestimmte Zustände im Körper abgerufen werden können. Durch Training derer können diese Anker auch in Drucksituationen perfekt arbeiten.

Projektleiter und Chefs sollten sich in Meetings und Mitarbeiter-gesprächen ab und zu in die Adlerperspektive schwingen und auf einer Metaebene auf die Abläufe und Prozesse schauen. Sind wir noch auf Kurs, welche Muster laufen gerade, wer hat sich zurückgezogen, wer überdurchschnittlich durchgesetzt? Manchmal lohnt es sich, in die Perspektive des Gegenübers zu schlüpfen, um dessen Position bes-ser zu verstehen.

Auch die »Bordsteinminute« kann helfen, sich auf ein schwieri-ges Verkaufs- oder Mitarbeitergespräch vorzubereiten. Ich stelle mir dabei alle positiven Eigenschaften und positiven Gründe des Gegen-übers vor, um positiv gestimmt in das Gespräch zu gehen, auch wenn ich den Typen nicht ausstehen kann. Eine positive Grundhaltung zum Gegenüber macht schon den entscheidenden Erfolgsfaktor aus.

Übungen zum Training der eigenen Regulationsfähigkeit (Ab-schalten, Umschalten, Regenerieren) finden Sie in unserem Trai-ningsplan (7  Grundlagentraining: Regulationsfähigkeit stärken) unter http://extras.springer.com oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene.

6.3.4 Training der Wettkampfstabilität – Umgang mit innerem und äußerem Druck

» Es gibt eben auch Sportler, die sammeln Erfahrungen und es gibt Sportler, die haben auch nach 10 Jahren noch keine Erfahrung gesam-melt. Dieses konstante Analysieren, sich einen Plan machen, danach ausrichten, einen Plan B haben, die Ergebnisse auswerten und einfach immer wieder dranbleiben. Dieses fokussierte Üben bringt auch die Wettkampfstabilität. (Mark Kirchner, 14.06.2012, persönliche Mittei-lung) «Die Basis von Wettkampfstabilität ist Konzentrationsfähigkeit, die Fo-kussierung auf ein Handlungsziel und die Fähigkeit, die Emotionen und körperlichen Abläufe im richtigen Spannungsniveau zu regu-lieren, um den Tunnelblick solange wie möglich zu vermeiden. Das heißt, auch unter Druck noch weitere Handlungsreserven zu haben und gerade da, mental und emotional fit zu sein.

Um seine Leistung abrufen zu können, müssen alle wichtigen Faktoren im Gleichgewicht sein. Jede Sportart hat ihr spezifisches

6.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

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Basis der Wettkampfstabilität

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122 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Wettkampfsituationen simulieren

Spannungsniveau. Während sich der Schwimmer pushen muss, kommt es beim Golf auf die Konzentrationsfähigkeit an, um den Be-wegungsablauf möglichst effizient und stabil zu halten. Jede Über-spannung führt zu einer Beeinträchtigung des Bewegungsablaufes. Manchmal sind diese Abläufe scheinbar ganz einfach, wie ein 100-m-Lauf, manchmal hochkomplex wie beim Turmspringen mit 3 Saltos und 2  Schrauben. Jede Art von Übermotivation führt beim Turm-springen in der Regel durch eine veränderte Flugkurve zu vermehrten Spritzen beim Eintauchen, während der Kampfgeist beim Schwim-men schon hilfreich sein kann, um auf der letzten Länge nochmals komplett ins Sauerstoffdefizit zu pushen. Heutzutage hört man von Sportlern bei Interviews den Standardsatz: »Ich konzentriere mich auf mich selbst und darauf, meine optimale Leistung abzurufen«. Dies ist zwar auf die Dauer nicht das, was sich Reporter und auch Zuseher als spannende Aussagen erwarten, trifft aber den Kern des Herausforde-rung: Umgang mit Druck.

Mittels verschiedener Simulation der Wettkampfsituation kann man sich ein wenig besser auf die Situation vorbereiten, allerdings sind die echten Rahmenbedingungen wie Presse, Anwesenheit von Familie etc. nur schwer zu simulieren. Im Mentaltraining werden wettkampfähnliche Situationen hergestellt, indem man die Situation folgendermaßen »konstruiert« (Eberspächer 2002):

5 eine Ernst-Situation, die nicht wiederholbar ist; 5 es gibt eine (bewusste oder unbewusste) Prognose zum Ausgang

der Situation und damit eine Vorhersage des Ergebnisses; 5 die Situation zieht Konsequenzen nach sich (ideell oder

materiell).

Das positive SelbstgesprächDerartige »Wettkampfsituationen« sind uns allen wohl vertraut. Im Sport wird zur Vorbereitung auf diese Situationen neben der bewuss-ten Imagination mit dem positiven Selbstgespräch (. Tab. 6.2) ge-arbeitet. Wie nimmt sich jemand selbst wahr? Was prognostiziert je-mand von sich und seinem Verhalten in bestimmten Situationen? Wie bewertet jemand seine eigene Leistung, während sie abgerufen wird? Wir stellen uns ganz praktisch vor: »Ja, Du schaffst das! Jetzt einfach alles wie im Training abrufen. Wenn dieser Ball ins Aus gegangen ist, wird der nächste umso gezielter treffen. Eins, zwei, drei – Jetzt!«, oder auch: »Heute klappt gar nichts. Das hab’ ich noch nie gekonnt. Gegen den habe ich keine Chance. Ach, Mist, das darf nicht wieder passie-ren. Warum tue ich das alles?« und so weiter. Das positive Selbstge-spräch ist sozusagen die Grundlage des idealen Leistungszustandes und knüpft direkt an den individuellen Ausrichtungen, Visionen, Werten und vor allem auch Glaubenssätzen an. Ein positives Selbst-gespräch von »Du schaffst das!«, basierend auf einem Glaubenssatz »Wenn’s drauf ankommt, sind mir die Sachen noch nie gelungen.«, würde eine ziemliche kognitive Dissonanz produzieren. So, als wenn ein Orchester falsche Noten spielt und die Spannung im Organismus

positives Selbstgespräch

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einzelner Musiker nur erhöht. Wenn das positive Selbstgespräch im Wettkampf zusammenbricht, dann oft auf der Basis eines grundle-genden Zweifels, der in der persönlichen Ausrichtung oder auf alten Glaubenssätzen beruht.

Auch in der Wirtschaft kennen wir diese Selbstgespräche, ja wir kennen sie überall aus unserem Alltag. So, wie wir eine wertschätzen-de und stärkende Ansprache durch unsere Vorgesetzten wünschen, so wollen wir am besten auch von uns selbst »unterhalten« werden. Stress entsteht nicht per se, sondern erst durch die Bewertung unse-rer Gedanken. Ein Ereignis kann über eine positive und herausfor-dernde Bewertung zum entsprechenden Adrenalinausstoß und zu Höchstleistung führen, so lange wir die Sache als Herausforderung betrachten und uns dementsprechend innerlich »anspornen«. Be-trachten wir sie hingegen als Überforderung, geht die negative Spirale los. Wenn wir dann noch leisten wollen, müssen wir sozusagen gegen uns selbst, gegen unsere innere Einstellung oder unseren »inneren Vorgesetzten« agieren, was langfristig sogar zu Burn-out führen kann. Eberspächer beschreibt von seiner Arbeit mit Sportlern den direkten Zusammenhang zur Leistung:

» Bevor man aufgibt, kippt zunächst das Selbstgespräch, dann der Körper – dann hört man auf zu laufen. Diese Reihenfolge ist in Leis-tungssituationen niemals umgekehrt. (Eberspächer 2002, S. 65f ). «Übungen dazu finden Sie in unserem Trainingsplan (7  Positives Selbstgespräch – innere Dialoge zielführend gestalten) unter http://extras.springer.com oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene

Umgang mit ErwartungsdruckDie Rolle des Favoriten ist eine heikle. Im Abschlusstraining bei der Abfahrt wird oft taktiert und ein letzter Schwung vor dem Ziel gelegt, um sein eigenes Leistungsniveau nicht voll aufzudecken. Favoriten sind stärker unter Druck, die erwartete Leistung bringen zu müssen.

. Tab. 6.2 Race Across America: Mentaltraining; Beispiel Andreas Sachs

Bereich Positiver Selbstbefehl Zusätzliches Bild

Konzentration Aufpassen! Weißer Strich, runder Tritt

Motivation Heute ist mein Tag! Adler, der fliegt

Nervenstärke Ruhig bleiben! Zentrieren, runder Tritt

Anstrengung

SchmerzIch schaff es!

Der Berg ist mein Freund!

Der Wind ist mein Freund!

Zielbild

Bild am Gipfel

Lokomotive

Entspannung Ruh! Ruhebild

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vom Druck lösen und auf sich selbst konzentrieren

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124 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Glaube an eigenen Fähigkeiten

Nur die ganz Großen nehmen selbstsicher diese Rolle aktiv an und haben über Jahre gelernt, damit umzugehen. Der Führende nach dem ersten Durchgang gewinnt nicht unbedingt, speziell wenn er erstma-lig in dieser Position ist. Die Kunst liegt darin, sich vom Druck davon zu lösen und auf sich selbst zu konzentrieren. Das ist extrem schwer. Gehört es doch heute zum Geschäft, seine Sponsoren der Presse zu präsentieren, möglichst viel Werbewert zu kreieren und damit auch möglichst lange bei Interviews im Bild zu sein.

Das deutsche Handball-Nationalteam hat sich mit dem Projekt Gold bewusst selbst unter Druck gesetzt. Heiner Brand schrieb dazu:

» Erfolgsdruck kann zu Nervosität führen. Doch wenn ich ihn ak-zeptiere, kann er auch enorm beflügelnd wirken und damit zu vielen Siegen beitragen. (Brand u. Löhr 2008, S. 181). «Man muss seine Spieler schon gut kennen, um ihnen die richtige Do-sis zu geben. Brand ergänzt weiter: »Manche Spielertypen brauchen den Druck, um sich selbst zu Höchstleistungen zu pushen« (ebenda, S. 180). Für Siegertypen gilt eben, dass sie sich unter Druck steigern können und dann die besten Schläge auspacken. Man denke nur an die denkwürdigen Spiele von Boris Becker oder Steffi Graf im Tennis zurück.

Schwierig ist es umgekehrt oft für Favoriten, die Qualifikation oder die erste Runde zu überstehen. Einerseits will man mit seiner Energie ein wenig haushalten und möglichst effizient agieren, andererseits fehlt es dann an der notwenigen Spannung und am letzten Quäntchen Nachhal-tigkeit. Die schwersten Siege im Fußball sind die Pflichtsiege. Das Spiel gegen Underdogs, sehr oft im Pokal, die nichts zu verlieren haben und oft gegen leicht überhebliche oder zumindest im Schongang befindliche Favoriten siegen. Jürgen Klopp z. B. wurde im Februar 2012 mit Borussia Dortmund beim Viertligisten Kiel mit Hochachtung und Attitüde emp-fangen. Daraufhin konterte er für seine Mannschaft, »das seien alles so Weichmacher. Aber davon werde man sich nicht beeindrucken lassen und mit aller nötigen Härte agieren« (Barth et al. 2012, S. 46).

Oft ist es aber gar nicht der externe Druck von der Presse und der Öffentlichkeit, sondern der interne Leistungsanspruch der Athleten. Jeder Athlet setzt sich sein Ziel fürs Jahr und für jeden Wettkampf. Ambitionierte Athleten wollen gewinnen oder aufs Stockerl, sich für eine EM oder WM qualifizieren oder ganz einfach ein Zeit- oder Platzziel erreichen. Wie oft sieht man Sportler mit hängendem Kopf ins Ziel kommen, weil sie ihr persönliches Traumziel nicht erreicht haben. Das kann passieren. Wunder geschehen am Wettkampftag kei-ne mehr. Die hohe Kunst liegt darin, das persönliche Leistungsniveau an dem spezifischen Wettkampftag abzurufen. Das ist schwer genug. Der Glaube an seine Fähigkeiten nimmt dabei eine herausragende Stellung ein. Auch hier gelten die gleichen Prinzipien wie für den externen Erwartungsdruck. Sobald man an Ergebnisse und mögli-che Auswirkungen denkt, ist man abgelenkt. Die hundertprozentige

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Konzentration auf die optimale Handlung ist Voraussetzung, seine beste Leistung zu bringen. Man kann nur in wenigen Sportarten und manchmal über Taktik die Leistung des Gegners beeinflussen, in den meisten Sportarten reicht es sich selbst in einen Flow zu bringen.

Mental wird beim Umgang mit externem oder innerem Erwar-tungsdruck häufig mit Methoden des Reframings gearbeitet. Das heißt, Situationen werden unter einem neuen Blickwinkel betrachtet und verlieren damit ihre ursprünglich bedrohliche Bewertung.

Ein gutes Beispiel dafür war Pascal Hens, Teammitglied und Nr.-1-Schütze bei der Goldmedaille in Deutschland: »Ich habe nie Druck empfunden« kommentierte Hens seine Unbeschwertheit. Er habe nur Spaß gespürt, in vollen Arenen zu spielen und vom Publikum getra-gen zu werden. »Wenn man vor so einer Kulisse in ein Spiel hinein-findet, dann ist man voll fokussiert auf das Geschehen auf dem Feld« (Brand & Löhr 2008, S. 182) kommentierte Pascal Hens weiter. Zudem hatte der Trainer für eine Menge Druckabbau gesorgt indem er uns sagte: »Jungs, ihr wisst was ihr könnt. Also spielt einfach« (ebenda). WENN‘s läuft, dann läuft‘s. Dann können solche Statements entspre-chend locker gemacht werden. Das Team gibt zusätzliche Sicherheit. Anders sieht es natürlich aus, wenn man in einer negativen Spirale gefangen ist. Aber auch dann schadet zu viel nachdenken meist und die Fokussierung und Wiedererlangung des Selbstvertrauens steht im Vordergrund des Coachings.

Mit dem Reframing wird vor allem bezweckt, den negativen Ein-fluss von unproduktiven Gedanken oder schwierigen inneren Dialo-gen zu reduzieren. Perspektivenwechsel im ganz klassischen Sinne!

» Nach Niederlagen kann es schon mal sein, dass man den Dingen noch nachhängt. Dann gibt es für mich nichts Hilfreicheres, als das trotzdem abzuhaken und mich nach vorne zu orientieren. Auch wenn’s manchmal hart ist. Du machst eine klare Fehleranalyse, weißt, was Du besser machen kannst, dann okay und jetzt einfach nach vor-ne gucken. Wir haben bei uns die 2-Stunden-Regel nach dem Wett-kampf. In der Zeit darfst Du Dich richtig ärgern. Danach ist es vorbei. Am nächsten Tag gibt es das nächste Rennen. Es gibt nichts Älteres als diese Ergebnisliste vom heutigen Tag, sage ich dann immer. Und ich denke, es gibt nichts Schöneres, als am nächsten Tag einen neuen Versuch zu haben! Doch das musste ich auch erst lernen. (Mark Kirch-ner, 14.06.2012, persönliche Mitteilung) «Übungen zum Aussteigen aus innerem und äußerem Erwartungs-druck finden Sie in unserem Trainingsplan (7  Reframing) unter http://extras.springer.com oder http://www.soom.eu/natuerlich-mehr-leisten/trainingsplaene.

RitualeFür Wettkampfsituationen können weiterhin gewisse Rituale sehr hilfreich sein, gerade im Vorfeld oder in Pausen zur Spannungsregula-

»Reframing«

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126 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Pre-shot-Routine

tion. Jeder Tennisspieler hat beim Wechsel nach 2 Sätzen seine eigene Methodik vor jedem Schlag. In Prinzip geht es darum,1. runterzukommen,2. sich zu regenerieren und3. sich auf den nächsten Schlag neu vorzubereiten.

Ähnliches macht der Turmspringer oder der Hochspringer vor jedem neuen Versuch. Auch im Callroom bei Leichtathletik oder Schwimm-veranstaltungen spielen sich ähnliche individuelle Rituale ab, die auch zeitlich immer gleich ablaufen.

Als Beispiel für eine Vorbereitung sei hierfür ein Verhaltensritual, eine sog. Pre-shot-Routine aus dem Golfsport genannt (Wörz 2003). Hier werden verschiedene Mentaltechniken miteinander zu einem geschlossenen harmonischen Ablauf summiert. Dieser Ablauf ist im-mer gleich, losgelöst von den äußeren Rahmenbedingungen, um so einen Anker für eine ruhige, selbstbewusste und fokussierte, trance-artige Stimmung zu lösen. Als ersten Schritt setzt der Golfer einen Marker, d. h er zieht bewusst den richtigen Schläger aus dem Golfbag. Im zweiten Schritt hilft eine autosuggestive Formel das entsprechende Selbstvertrauen abzurufen, z. B. »Du kannst es, einfach mit Freude und Sicherheit aus dem Gefühl schlagen«. Als dritter Schritt erfolgen Imitationsübungen, um sich auf den Schwung vorzubereiten und die Bewegungsabläufe zu synchronisieren und den tranceähnlichen Zu-stand auszulösen. Als vierter und letzter Schritt erfolgt die Zielvisua-lisierung und der finale Schlag aus einem optimalen Leistungszustand heraus: ganz aus dem Bauch, den Schlag genießend, voller Freude.

Ein Ritual in diesem Sinne strukturiert ganz wesentlich die eigene Handlung und ermöglicht vor allem, Emotionen in einer Handlung zu binden. Hier kommt uns zugute, dass unser Erleben immer ganz-heitlich organisiert ist. Das heißt, Gedanken, Gefühle, Körperempfin-dungen und Verhalten sind Elemente, die wie ein geschlossener Kreis-lauf aufeinander ausgerichtet sind. Was in unserem Erleben entsteht, ist nicht ein einziger Gedanke, wie z. B. »Du kannst es«, sondern es breiten sich gleichzeitig zu diesem Gedanken die entsprechenden Ge-fühle aus, eine besondere Körperspannung und ein bestimmter Atem-rhythmus. Damit wiederum sind Handlungen möglich, die z. B. einen locker gelösten Schlag ermöglichen. Psychologen sprechen hier von Mustern, die auf assoziativen Verknüpfungen aller Erlebnisebenen bestehen. Diese Erlebensmuster machen wir uns beim Ritual zunutze. Denn ähnlich wie bei einem Mobile, wenn ein Element im Mobile tanzt, zieht das die Bewegungen der anderen Elemente automatisch nach sich. Will der Sportler nun ein ganz bestimmtes inneres Span-nungsniveau abrufen, eben das Optimale für die jeweilige Situation, dann nutzt er ein Ritual, um möglichst schnell und effizient in das Er-lebensmuster von gedanklicher Ausrichtung (»alles ist gut«), gefühls-mäßiger Verankerung (»Zuversicht«), Atmung (»ruhig und tief«), Körperspannung (»positiv angeregt«) und Handlung (»fokussiert«) abzurufen. Für Musterentstehung und Musterverankerung ist dabei

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der Körper ein besonders starker Attraktor. Das heißt, die Körperhal-tung als solche zieht die anderen Elemente eines Musters nach! Man stelle sich hängende Schultern, wenig Spannung, eine zusammenge-sunkene Haltung vor und kann bereits erahnen, dass in einer solchen körperlichen Haltung einfach keine Topleistung möglich ist. Riskind u. Gotay (1982) haben dazu ein interessantes Experiment gemacht.

Die Körperhaltung als entscheidender Aspekt bei der Bewälti-gung von AufgabenSie brachten Ihre Versuchspersonen über mehrere Minuten hinweg in eine entweder aufrechte oder gekrümmte Körperhaltung. So saß eine Gruppe mit hängenden Schultern und zusammengesunken und die andere Gruppe aufrecht am Tisch. Anschließend wurden beide Grup-pen gebeten, sich in dieser Körperhaltung mit einem unlösbaren geo-metrischen Puzzle zu beschäftigen. Wie zu erwarten, empfand die ge-krümmt sitzende Gruppe bereits nach kurzer Zeit Stress, Frustration und Hilflosigkeit über die schwierige Aufgabe. Dieses Gefühl trat bei den anderen wesentlich später ein und dazwischen lagen unzählige kreative Lösungsversuche.

Der ErgonomietestStepper u. Strack (1993) luden Personen zu einem vermeintlichen Test der Ergonomie von Sitzmöbeln ein. Wiederum saßen die Einen aufrecht und die Anderen »gebückt«. Danach erhielten sie Rückmeldungen über ein besonders positives Abschneiden bei einem Intelligenztest, den sie im Voraus gemacht hatten. Bei der anschließenden Selbstein-schätzung: »Wie stolz sind Sie über dieses Ergebnis?« waren die auf-recht sitzenden Personen bei weitem zufriedener und wertschätzen-der mit sich selbst als die anderen.

So existieren zahlreiche Beispiele und Untersuchungen, dass eine pas-sende Körperhaltung die jeweils dazu »passenden« Emotionen nicht nur ermöglichen, sondern andere, »unpassende« Emotionen auch verunmöglichen.

Gerade deshalb nutzen Sportler gerne bestimmte Körperhaltun-gen und Bewegungen als Anker und das nicht nur für sich persönlich, sondern auch im Team. Die ritualisierten Bewegungen oder Hand-lungen sind damit sozusagen ein solides Gefäß für Emotionen und die beste Voraussetzung, um das eigene Erleben auf einen gewünschten Zustand fokussiert zu halten.

So erhöhen die Rituale nicht nur die Effizienz und beeinflussen die Selbstregulation besonders positiv, sondern sie sind auch mit spe-zifischem Symbolgehalt ausgestattet. Sie signalisieren dem Umfeld ganz bestimmte Qualitäten: z. B. ganz einfach Überlegenheit, Stärke und Souveränität!

Auch im Wirtschaftsalltag sind zahlreiche Rituale verankert. Oft sind sie schon unbewusst geworden und wir tun sie einfach. Im Sinne

6.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

Körperhaltungen als Anker im Ritual

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128 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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der mentalen und emotionalen Fitness lohnt es sich, die eigenen Rituale wieder einmal bewusst zu reflektieren und gerade für wett-kampfähnliche Situationen, also Momente, in denen es bei Ihnen dar-auf ankommt (Präsentationen, Besprechungen, Mitarbeitergespräche, Verhandlungen etc.), gezielte Routinen und Rituale einzuführen.

KampfgeistGemeint ist der erfolgreiche Umgang mit Herausforderungen und Stress, d. h. die Wettkampfstabilität ist letztlich ohne Kampfgeist nicht zu denken. Denn dieser entscheidet schließlich, ob und wann jemand all das Erlernte auch tatsächlich umsetzt. Im Wirtschaftsumfeld wird in diesem Sinne häufig von Umsetzungsstärke, Durchsetzungskraft und Konsequenz gesprochen. Dabei geht es weniger um Anstrengung und Ellenbogendenken, doch vielmehr um einen starken Willen und mitunter auch Ehrgeiz, an der eigenen Entwicklung dranzubleiben und selbst die größten Talente damit zu überholen. Thomas Muster, der erfolgreichste österreichische Tennisspieler war so ein Beispiel. Obwohl vom Talent anderen deutlich unterlegen, schaffte er es mit reinem Kampfgeist und Willen an die Spitze der Tenniswelt und zur Nr. 1 im ATP-Ranking. Muster war der Beweis dafür, dass der Wille, mentale Stärke und emotionale Fitness unwahrscheinliches bewe-gen können. Sowohl im Wettkampf als auch im täglichen Leben. Er kämpfte am Platz um jeden Punkt und speziell am Sandplatz mach-te er mit seinem Kampfgeist die Gegner mürbe. Jeder Punkt musste gegen ihn zwei Mal gemacht werden. Er schaffte schon aussichtslose Spiele nach Rückstand von 2 Sätzen zu gewinnen. Sobald der 5. Satz angebrochen war, wusste man, es kann nur einen Sieger geben. So gewann er die French Open in Paris und kämpfte die Tennisgrößen seiner Zeit wie Agassi oder Chang im Davis Cup nieder. Ihm gelang ein eindrucksvolles Comeback nach einem Autocrash und stellte mit 12 Turniersiegen im Jahr 1995 einen Rekord auf, den erst Roger Fe-derer 10 Jahre später egalisieren konnte.

Ein anderes legendäres Beispiel aus österreichischer Sicht ist der Kampfgeist von Herrmann Maier. Ein schwerer, heute legendärer Sturz bei der Olympiaabfahrt von Nagano 1998 konnte ihn nicht da-ran hindern, danach 2 Goldmedaillen im Super G und im Riesensla-lom zu holen. Solche Ereignisse machen Helden und der Herminator war geboren. Sein einziger Gedanke war immer zu gewinnen und nicht aufzugeben. So schaffte er es nach dem Rauswurf aus dem Nach-wuchskader auf eigene Faust zurück und krönte eine der erfolgreichs-ten österreichischen Sportkarrieren durch seinen eindrucksvollen Kampf ums Comeback nach einem schweren Motorradunfall. Wenig andere hätten wieder Ski fahren können. Er schaffte es nach einer Sai-sonpause wieder aufs Siegerpodest und in der darauffolgenden Saison zum 4. Mal, den Gesamtweltcup zu gewinnen.

Beide Sportler sind gute Beispiele für Biss im Wettkampf und im Umgang mit Krisen. Kämpfernaturen haben ein hohes Selbstvertrau-en, geben nie auf und mobilisieren durch ihre mentale Kampfkraft

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zusätzliche Motivationsschübe. Sie können ihre Grenzen weiter hi-nausschieben als andere. Komfortzone ist für sie ein Fremdwort. Die Frustrationstoleranz und emotionale Spannkraft ist extrem ausge-prägt.

Letzten Endes geht es hier um eine Haltung und Einstellung, nicht nur dem Sport, sondern dem ganzen Leben gegenüber. Diese konse-quente Wahl, sich selbst weiter zu entwickeln und an Zielen dran-zubleiben ist der Humus, auf dem die Möglichkeiten des mentalen, emotionalen und physischen Trainings gedeihen können. Denn nur dann wirken im entscheidenden Moment auch die entsprechenden Selbstbefehle, wie: »Kämpfe«, »Du schaffst es«, »Komm weiter« und können im Wettkampf erfolgreich eingesetzt werden. Manchmal hilft dabei auch der Teamkollege. Der Spruch »Quäl Dich, Du Sau«, mit dem Udo Bölts den gelben Jan Ulrich 1997 bei der Tour de France anfeuerte, als dieser in den Vogesen schwächelte, ging in die Sport-annalen ein.

Dennoch, auch Scheitern gehört dazu und kann zu sehr stärken-den Erfahrungen werden. Von Reinhold Messner werden heute im-mer die Erfolge berichtet. Er war als erster auf allen 14 Achttausendern der Welt. Allerdings hat er diese Gipfel auch 16-mal nicht erreicht. Es gab für ihn kein Scheitern und kein Aufgeben. Er ist einfach ergeb-nislos zurückgekommen. Die Denkstrukturen sind bei erfolgreichen Sportlern eben anders. Die Konsequenz und Kontinuität ist nicht nur bei Sportlern wichtig. Es gibt herausragende Beispiele auch in ande-ren Bereichen, die erst nach vielen, vielen Versuchen erfolgreich wa-ren. Im Bereich Erfindungen ist wohl das Beispiel von Thomas Edison eines der einprägsamsten.

Die Lernerfahrungen Thomas EdisonsEr war ein genialer Erfinder mit 1.093 Erfindungen. Bei der Glühbirne brauchte er überlieferterweise 2.000 Versuche. Für ihn waren dies aller-dings nie Fehlversuche sondern Lernerfahrungen bzw. fand er tausen-de von Materialien, die für diese spezielle Anforderung nicht geeignet waren.

Selbst der in den letzten Jahren immer wieder gefeierte Manager Steve Jobs musste bittere Niederlagen hinnehmen. Nach dem Ausstieg aus dem Apple-Konzern gründete er eine neue Firma NeXT Computer und war damit erneut erfolgreich. Während sein Ex-Konzern an Be-deutung verlor, war er mit NeXT so erfolgreich, dass dieser sowie Jobs Patente aufgekauft wurden. Trotzdem musste er sich zunächst erst wieder die Karriereleiter hinaufkämpfen, bis er erneut ganz oben stand und zu einem weiteren Höhenflug abhob.

Jeder einzelne Mitarbeiter kämpft immer wieder, sei es um die punktuelle Beschwichtigung eines Kunden oder den intensiveren Kampf um die Einhaltung von Deadlines in seinen Projekten. Intrin-sisch motiviert kämpfen sie um jeden Auftrag und geben sich nicht leicht geschlagen, einfach aus ihrer inneren Haltung heraus.

6.3 • Zugänge zur mentalen und emotionalen Fitness entdecken und trainieren

Motivationsschübe durch mentale Kampfkraft

Nenne es nicht Fehlversuche, sondern Lernerfahrungen

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130 Kapitel 6 • Fitness auf allen Ebenen: Umsetzung und idealen Leistungszustand steuern

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Kampfgeist ermöglicht über bestimmte Zeiträume Unmög-liches! Auf Dauer liegen einem cleveren Kämpfer immer eine gute Balance und eine beinahe unendliche mentale und emotionale Stärke zugrunde.

Time out

Der eigene KampfgeistWelche Qualitäten und Eigenschaften gehören zu Ihrer persön-lichen mentalen und emotionalen Stärke? Welche Körpersprache zeigen Sie dann? Was können Sie dann besonders gut abrufen (Hu-mor, Zusammenhänge, Flexibilität, Kreativität, Konzentration etc.)? Welche Auswirkungen in Ihrem Umfeld zeigen sich, wenn Sie so »gut drauf« sind?

Welche Dinge und Ereignisse des Tages beeinflussen Sie, in-dem sie Energie ziehen, sie nervös machen, verärgern oder ander-weitig an diesem guten inneren Zustand »zerren« und »zehren«? Wie können Sie diese umgehen, verändern oder umbewerten, so dass sie sogar gestärkt daraus hervorgehen? Wie verändern sich damit Ihr Gefühl und Ihre Leistung?

An welchen Stellen würde sich ein neues Ritual der Zentrierung empfehlen (am Tagesbeginn, vor wichtigen Meetings, vor/beim Nach-Hause-kommen, vorm Zubettgehen etc.)? Wie können Sie sich das gestalten?

Was ist Ihr Lebensmotto? Was gibt Ihnen immer wieder Kraft und Sinn, weiterzugehen? Welche Haltung trägt Sie auch durch schwieri-ge Situationen bzw. Krisen?

David Möller berichtet:»Ich habe sehr viel mental trainiert, mit allem was es gibt.

Innenperspektive und Außenperspektive, mit Video etc. Ich gehe inzwischen in ein Rennen, ohne überhaupt die Bahn in ihren Ein-zelheiten vorher noch mal abzurufen, weil ich weiß, das ist alles ganz genau abgelegt und ich kann es einfach abrufen. Du kannst mich nachts wecken, mir eine Bahn nennen und ich fahre sie Dir auf die Sekunde genau runter. Jede Kurve, wo ich lenken muss, wie ich lenken muss, Schwerpunkte usw. Das habe ich alles aufge-schrieben und bearbeitet und es ist einfach so komplex in mei-nem Kopf vorhanden, dass ich das nicht mehr üben muss. Da bin ich auch einer der Besten, die das auf der Bahn verfügbar machen können. Ich fahre also runter, rufe das alles ab und kann Dir aber gleichzeitig noch sagen, was jetzt alles am Schlitten passiert ist und was bei mir und was ich optimieren will. Bei mir ist das inzwi-schen alles eins! Ich hatte schon immer diese Sensibilität, anfangs dachte ich, das ist hinderlich, doch heute kann ich sehr gut damit arbeiten, weil ich mich zielgerichtet einstellen kann.« (David Möl-ler, 07.04.2012, persönliche Mitteilung)

Kampfgeist ermöglicht Unmögliches


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