Date post: | 17-Sep-2016 |
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Buchbesprechung
M. F. Wullimann, B. Rupp, H. Reichert: Neuroanatomy of the zebrafish brain. A topological atlas. Birkhauser Verlag Basel, Boston - Berlin 1996. 144 Seiten, 64 Abbildungen. DM 198, -, sfr.168,-, 6S1445,40, ISBN 3-7643-5120-9
Einfache Modelle bilden in allen Forschungsberelchen einen wichtigen Ausgangspunkt, urn von diesen Beobachtungen auf komplexere Systeme zu beziehen, in den en dann die Modelleigenschaften gezieher identifiziert und verifiziert werden k6nnen. Handelt es sich urn ein Modell, das sich in der Nahe des Zielsystems befindet kannen die Beobachtungen mit graBerer Sicherheit auf dieses bezogen werden. Dieser Ansatz wird augenfallig, wenn man, urn nur wenige zu nennen, die Modellorganismen Drosophila melanogaster, Caenorhabditis elegans, Xenopus laevis und seil kurzem Danio rerio (Hauptgattung), den Zebrafisch (Zebrabarbling . Querstreifenbarbling), ehemals Brachydanio rerio, betrachteL Der SUl3wasserfisch ist ein typischer Vertreter der Aquarienfische und lebt unter natUrlichen Bedingungen im sUd- und ostasiatischen Raum. Der Zebrafisch geMrt zum Unterstamm der Vertebrata und befllldet sich damit naher an den Primaten als die UbrigenModeliorganismen. Dies ist ein Grund, weshalb er sieh zunehmender Beliebheit erfreu!. Weitere sind die relativ kurze Entwicklungszeit und Anspruchslosigkeit, die sich u. a. im GenuB von Drosophila-Larven auGert sowie die Erzeugung relativ groBer, transparenter Embryonen. Obg\eich die Qualitaten des Zebrafisches mindestens seit 970 In der Arbeitsgruppe urn George Streisinger und Charles Kimmel u. a. an der University of Oregon bekannt sind, gelang es de l lelllen Nobe\preistragerin Christiane NUsslein-Volhard und Ene Wieschaus vom Max-Planck-Institut fUr Entwicklungsbiologie III TUbingen, mittels saturation mutagenesis ein effzientes iVlutagene-S\Stem zu entwickeln, das als Grundlage fUr gezielte genetj,che'\nalysen darstellt. Die interessantesten neuronalen Mutantell, die aus umfangreichen Mutationsexperimenten hervorgingen wiesen Entwicklungsstorungen bei der Axonsprossung relmaler Neurone zum Tectum auf, die als pathfinding mutants bezeiclmet wurden.
Das Zebrafisch-ZNS ist inzwischen ZlJ einem bedeutenden Objekt fUr Entwicklungsstudien und Untersuchungen IU genetischen Regulationsmechanismen avancier!. Dies gilt ,owohl fur terrestische Experimente als auch extraterrestische, Wit aus dem Entwicklungsbiologie Programm der NASA hervorgehl, in clem die Basismechanismen von Gravitationseffekten aut frllhe embryonale Entwicklungsstadien untersucht werden sollen. I nzw lschen gibt es Zebrafish-Symposien und Meetings sowie cincn eigens fUr Zebrafisch-Studien eingerichteten Zebrafisch Server 1m Internet an der University of South Carolina (http://zebra.sc.l'du),
Die neurobiologischen Fragestellungcn Il1 del' Zebrafischforschung betreffen u. a. die Differenzierung del ersten sieh entwickelnden Neurone und die Ausbildung von Tractll' und Commissuren, die Neuromeren-Entstehung und die ExpreSSIon regulatorischer Gene im Embryonalstadium sowie, Wit: eHlgangs bereits erwahnt, die Erzeugung und Untersuehung von Zebra!'i.s; ·Mutanten mittels saturation mutagenesis. Eine wichtige Grundlage Z\I diesen Untersuchungen ist zweifelsohne cine Kartierung ut 'S genetischen Kodes, wie sie von John Postlethwait unci MiLarbeltern 1994 (Science 264,699 -703) vorgelegt wurde. l.ur F rkennung und Beur· teilung phanotypiseher Veranderungen des l.NS iSi seibsl verst andlich eine genaue morphologische Kanierung IWI wendig tllese wird
nun erstmals, Jahre nach Zelebrierung des Zebrafisch Modells als "This year's model" (Science, 1990,250,34-35), von Wulliman und Mitarbeitern vorgelegt.
Der Atlas ist in 10 Kapitel gegliedert und wird durch ein Kapitel Uber den Stellenwert des Zebrafisch-Models sowie die oben erwahnten Forschungsschwerpunkte eingeleitet. Ein kurzer taxonomischer AbriB leitet dann zu einer kurzen Beschreibung der praparativen Techniken und photographischen Dokumentation uber. Fur die Schnittserien wurden ganze, aus den Zebrafischkopfen praparierte Gehirne verwendet, die in Paraffn eingebettet wurden. 10 ~m dieke Schnitte wurden nach Bodian versilbert und mit Kresyviolett gegengefarbt. SchlieBlich wurden 3 Schnittserien hergestellt: eine transversale, eine sagittale und eine horizontale Schnittserie.
Einen Uberblick Uber die Architektonik des Gehirns von Danio rerio wird im 4. Kapitel gegeben, wahrend die Autoren im 6. Kapitel auf die funktionelle Neuroanatomie eingehen.
Zunachst werden im 5. Kapitel42 Frontalschnitte in diskontinuierlicher Reihenfolge wiedergegeben. Wie vor den folgenden Atlaskapiteln steht zu Beginn der Serienschnitte ein Ubersiehtsschema mit den eingezeichneten Schnittlokalisationen, Die Schnitte sind jeweils mit einer einseitigen Photographie und einem daneben stehenden Schema wiedergegeben. Unter dies en oberen Abbildungsteilen findet sich noch einmal die Schnittlokalisation in bezug auf das ganze Gehirn und ein AbbiidungsmaBstab, was die Orientierung wesentlich erleichtert. Neben den Abbildungen sind die in den Schemata benutzten AbkUrzungen alphabetisch erklart. 1m folgenden Abschnitt sind 6 ausgesuchte Sagittalschnitte, gefolgt von 7 Horizontalschnitten wiedergegeben.
Am Ende des Buches sind in zwei alphabetischen Indizes jeweils die lateinischen Termini, deren Ubersetzung ins Englische, die dazugehbrige Abkurzung und die entsprechenden Schnittnummern und Seitenzahlen angegeben, so daB sich bestimmte Strukturen sehr leicht wiederfinden lassen. Der zweite Index flihrt die Termini in sprachlich umgekehrter Reihenfolge nochmal auf. AbschlieBend ist eine Literaturubersicht mit uber 200 Arbeiten angegeben.
Sicherlich muB dieser Atlas als Referenzwerk des Zebrafisch-Gehirns gewertet werden, obgleich Verbesserungen notwendig erscheinen. Probleme treten vor aHem beim genaueren Betrachten der sehr komplexen Sagittalschnitte auf, in denen zahlreiche unterschiedliehe Bahnen und Kerne gleichzeitig angeschnitten sind. Details lassen sich hier nur erahnen. Eine starkere Vergr6Berung und eventuell jeweils einfache Bodian- und Kresylviolettfarbungen hatten hier wahrscheinlich zu mehr Ubersieht geflihrt. Detailaufnahmen bei haherer Verg6Berung waren eine weitere M6glichkeit gewesen, besonders detaildichte Regionen deutlicher darzusteHen. Ferner gestaltet sich gerade der Gebrauch von nicht glanzend bestrichenem Papier hinsichtlich der Abbildungskontraste in Atlanten als nachteilig. Da den Autoren sehr sch6ne Schnittserien vorliegen, ware es wUnschenswert, wenn zumindest ein paar einfache Gr6Benangaben zum Gehinvolumen, der Gehirnoberflache und Langengr6Ben gemacht werden, die sieh eventuell als erste Hinweise bei der Suche nach neuronalen Mutanten als zweckdienlich erweisen k6nnten.
Der Atlas besticht durch seine Aktualitat nicht weniger als durch seine groBzUgige Aufmachung. Aus neuroanatomischer Sieht darf dieses Werk als ein gelungener Beitrag zur Darstellung des Zebrafischgehirnes angesehen werden.
Oliver Schmitt, LUbeck
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