mehr Sprache.Entwicklungsgeschichte eines Programms für Bildungsgerechtigkeit
mehr Sprache. Entwicklungsgeschichte eines Programms
für Bildungsgerechtigkeit
Impressum
FürdenInhaltverantwortlich:
okay.zusammenleben,ProjektstellefürZuwanderungundIntegration
(VereinAktionMitarbeit),Dornbirn(Österreich)
www.okay-line.at
Text:okay.zusammenleben–Dr.EvaGrabherr,Dr.SimonBurtscher-Mathis,
Mag.CarolineManahl,Dr.EvaHäfele
MitUnterstützungvon:IsabelBurtscher,BA
LektoratundKorrektur:KORRELEKTOR,Wien
Grafik:atelierstecher,Götzis
Druck:VVA,VorarlbergerVerlagsanstalt,Dornbirn
Dornbirn(Österreich),September2017
WirdankendemLandVorarlbergfürdieUnterstützung
derProduktiondieserBroschüre.
Inhaltsverzeichnis
4 Intro – Das Programm und die Dokumentation
13 Programmschienen
16 MitElternfürdiefrühesprachlicheBildung
31 „BrückenbauerInnen“–DolmetscherinnenundDolmetscher
fürdieElternarbeitinBildungsinstitutionenundderElternberatung
38 KompetenzaufbaufürDeutschalsZweitspracheunterdenBedingungen
vonMehrsprachigkeitfürPädagoginnenundPädagogen
48 SprachkompetenztrainingsfürJugendliche
57 „NetzwerkmehrSprache“–Kooperationsplattformfüreinen
chancengerechtenZugangzuBildunginGemeinden
67 ÖffentlicheVeranstaltungen
73 Überregionales Interesse
77 Schlussbemerkung – Einordnung der Ergebnisse
FinanzierungdesProgramms
DieProgrammschienenvon„mehrSprache.“mitdeminhaltlichenFokusaufderfrühenSprach-
förderungundMehrsprachigkeitwurdenindenAnfangsjahren2008und2009imRahmendes
VorarlbergerZukunftsfondsgefördert.Seit2010werdendieseProgrammschienenzumüber-
wiegendenTeilvomLandVorarlberg(Bildung,Integration,Familie)finanziert.2008/2009
erhieltdasProgrammauchfinanzielleMitteldesEuropäischenIntegrationsfonds(EIF,via
BundesministeriumfürInneres).2012wurdeesvonderIntegrationsabteilungdesBundes-
ministeriumsfürInneres(BMI)zusätzlichfinanziert.DasAngebot„NetzwerkmehrSprache“–
KooperationsplattformfüreinenchancengerechtenZugangzuBildungwirdvondenbeteilig-
tenGemeindenundStädtenko-finanziert.
DasAngebot„SprachkompetenztrainingsfürJugendliche“wurde2010und2011imRahmendes
ProgrammsESF/3b2durchdasAMSVorarlberg,dasBundesministeriumfürArbeit,Soziales
undKonsumenten(BMASK),denEuropäischenSozialfondsunddasLandVorarlberggefördert.
2012bis2014wurdeesvomLandVorarlberggefördert,seit2014zusätzlichvonderInitiative
ErwachsenenbildungdesBundesministeriumsfürBildung(BMB)undausMittelndesEuropäi-
schenSozialfonds.
DerVereinAktionMitarbeitdanktdenFördergebernfürdieUnterstützungunddasVertrauen.
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INTRO – DAS PROGRAMM UND DIE DOKUMENTATION
„mehrSprache.“isteinumfassendesVorarlbergerBildungsprogramm,dasseitnunmehr
10JahreneineguteSprachentwicklungundSprachbildungfürKinderundJugendlicheins
ZentrumseinesEngagementsfürmehrBildungs-undChancengerechtigkeitsetzt.Initiiert
wurdees2007vomVorarlbergLandtagaufBasiseinesAllparteienbeschlusses.Konkreter
AusgangspunktfürdasProgrammwardiezunehmendeöffentlicheAufmerksamkeitfür
beobachteteSprachförderungsdefizitebeiKindern,diemitanderenErstsprachenals
Deutschaufwachsen.ProgrammezudieserBildungsherausforderungwurdenindenletzten
JahreninvieleneuropäischenLänderngestartet.1MitderKonzeptionundUmsetzung
beauftragtwurde„okay.zusammenleben“,einlandesweiterWissens-undKompetenzortfür
dieFragenvonZuwanderungundIntegration,dessenRechtsträgerderVereinAktion
Mitarbeitist.„mehrSprache.“istheuteeinProgramm,dassichinpermanenterVerbindung
vonTheorieundPraxisundimlaufendenBezugaufdieinternationaleFachdebattefürein
ganzheitlichesModelleinerfrühenunddanndurchgehendenFörderungderSprachentwick-
lungundSprachbildungmitRelevanzfüralleKinderundJugendlicheninVorarlbergein-
setzt.InseinemRahmenwurdenzahlreicheProdukteundAngebotefürEltern,Elternbera-
tungundElternbildung,PädagoginnenundPädagogen,Sprachtrainer/innen,Gemeinden
undStädtesowieJugendlicheentwickeltundumgesetzt.DerFokusderAngeboteliegtim
SegmentderfrühenFörderungvonKindern,alsoaufderSprachentwicklungvonKindernin
denerstenLebensjahrenundindenvorschulischenBildungsinstitutionen.EinigeAngebote
richtensichauchanSchulen,unddasSprachkompetenztrainingSKT+miteinemFokusauf
DeutschalsBildungssprachewurdefürJugendlicheamÜbergangvonderSchuleinden
Arbeitsmarktkonzipiert.MehrsprachigkeitistalsAusgangspunktderSprachentwicklung
vielerVorarlbergerKindersowiealsbildungspolitischesZieleinerSprachenbildungdes
21.JahrhundertsintegralerBestandteildesProgramms.
DieEntwicklungdesProgrammsmitseinemFokusaufdiefrüheunddurchgängigeSprach-
entwicklungsbegleitungunddemZiel,einenchancengerechtenZugangzuBildungzu
fördern,istimKontextderdemographischenVeränderungenunddesWandelsunserer
GesellschafthinzueinerWissensgesellschaftzuverstehen.DieAufwertungvonWissen
zumzentralenwirtschaftlichenProduktionsfaktoristauchmiteinerHöherbewertungvon
formalerBildungverbunden.DieseDynamikwirddurchdendemographischenWandel
verstärkt:WennwenigerJungeinsErwerbslebeneintretenundmehrältereMenschensich
imRuhestandbefinden,wirddieBildungsförderungbildungsfernerGruppenzumWett-
bewerbsfaktor.DamitgewinntBildungsgerechtigkeitanBedeutungundwirddeshalbauch
vonderOECDseitvielenJahrenalsLeitzielfürdiegesellschaftlicheundwirtschaftliche
Entwicklungformuliert.NebendemThemenfeld„Schulen“(hierarbeitetdieOECDv.a.mit
TestungenunddeminternationalenVergleich,StichwortPISA)bildetauchdie„Frühe
Kindheit“mitdenThemen„BildungundBetreuung“einenProgrammschwerpunktderOECD.
EinweitererwichtigerTreiberdieserEntwicklungsdynamikistdiezunehmendeDiversität
derBevölkerungunddieFragedesproduktivenUmgangsmitdenHerausforderungen,die
darauserwachsen.DasGelingenderEinbindungderunterschiedlichenBevölkerungsgruppen
unddesEinbringensihresDiversitätspotentials(MehrsprachigkeitalseinBeispieldafür)
wirdzueinemwichtigenProduktions-undWettbewerbsfaktor.Regionen,denenesgelingt,
dieDiversitätihrerBevölkerungfürihreEntwicklungzunutzen,habeninderWissens-
gesellschafteinenWettbewerbsvorteil.
WiekannmannunChancengerechtigkeitübereinBildungsprogrammkonkretfördern?Eine
zentraleVoraussetzungfürjeglichenBildungserfolgisteinegutesprachlicheEntwicklung.
DennsprachlicheRessourcenbestimmendieAnschlussfähigkeitderKinderimSchulsystem.
KinderausformalhöhergebildetenBevölkerungsgruppensindinihrersprachlichenEnt-
wicklungbesseraufdasBildungssystemvorbereitetunddamitbesseranschlussfähigals
Kinderaussozialschwächeren,formalgeringergebildetenGruppen.Deshalbhatsichdas
Programm„mehrSprache.“aufdiefrüheunddurchgängigeSprachentwicklungsbegleitung
und-förderungimKontextvonMehrsprachigkeitundsozioökonomischerBenachteiligung
konzentriert.DenFokusbildetdieGestaltungdersprachlichenInteraktionmitKindern.
DieQualität(auchdieemotionale)undQuantitätdersprachlichenInteraktionmitKindern
indenerstenLebensjahrengeltenalsSchlüsselfaktorenfüreineguteSprachentwicklung;
undauchinderpädagogischenFachdebatteistdieQualitätderpädagogischenArbeit,
konkretderGestaltungdersprachlichenBeziehungmitdenKindern,alsWirkfaktorbelegt
undanerkannt.
• UndsosollendieProgrammschienen„MitElternfürdiefrühesprachlicheBildung“und
„BrückenbauerInnen“einerseitsdiealltäglichesprachlicheFörderungzuHauseund
andererseitsdieKooperationzwischenElternundBildungseinrichtungenstärken.Wenn
ElternihreKinderzuHausein„Sprachebaden“,sprichmöglichstvielmitihnenkom-
munizieren,wirktsichdaspositivaufihresprachlicheEntwicklungaus,undzwarunab-
hängigvonihrerMuttersprache.UndwennElternundBildungseinrichtungenkooperieren,
erleichtertdiesKindernausFamilienmitformalgeringerBildungdenZugangzurSchule.
DenSchulenumgekehrterleichtertesdasVerständnisderSituationderElternundder
Kindersowie,ihnenpassendeUnterstützungsmöglichkeitenanzubieten.
• AngebotezurKompetenzerweiterungfürPädagoginnenundPädagogenfürDeutschals
ZweitspracheunterdenBedingungenvonMehrsprachigkeitunterstützendiequalitative
EntwicklungderpädagogischenArbeitinBildungseinrichtungen.Einegutesprachliche1_BeispielefindensichbeidenAngabenzudenReferenzprojektendereinzelnenProgrammschienenindieserDokumentation.
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FörderunginBildungseinrichtungenbrauchtqualifiziertePädagoginnenundPädagogen.
DasProgrammbietetmaßgeschneiderteFortbildungsangeboteundschaffteinenOrien-
tierungsrahmenfürgemeinsameStandardsundMethoden.
• DieAngebotefürdieGemeindenundStädteweitendenBlicküberdieFamilienunddie
BildungseinrichtungenhinausindenSozialraum.KinderwachsenineinerGemeinschaft
auf.NebenderFamilieunddenBildungseinrichtungenfindetdiesprachlicheEntwicklung
inderFreizeitimSozialraumstatt.WieKinderdieseZeitverbringenhängtu.a.vonden
AngeboteninderGemeindeabundobdieseAngebotewahrgenommenwerden.Kommunen
könnendieWirkungderbestehendenAngeboteerhöhen,indemsiedieseAngebote
stärkerandenBedürfnissenderZielgruppenausrichten,Kooperationenzwischenden
Akteurenfördernunddort,woessinnvollist,ergänzendeAngeboteschaffen.
• DasSprachkompetenztrainingSKT+isteinAngebotfürausgewählteZielgruppenvon
Jugendlichen,dieinderSchulekeinefürdenweiterenAusbildungs-oderberuflichen
WegausreichendeSprachkompetenzentwickelthabenundeinespezifischeFörderungim
bildungssprachlichenBereichbenötigen,umihrPotenzialinAus-undWeiterbildung
umsetzenzukönnen.DassesamÜbergangvonderSchuleindenArbeitsmarktpositio-
niertist,spiegeltdenganzheitlichenZugangzusprachlicherEntwicklungdesProgramms
„mehrSprache.“wider–derBogenspanntsichvonderfrühenSprachförderungim
KontextvonMehrsprachigkeitbiszurbildungssprachlichenFörderungvonJugendlichen
alsVoraussetzungfüreineerfolgreichePositionierungamArbeitsmarkt.
okay.zusammenlebenverfügtalsProjektstellelediglichübereinkleinesfixesTeam.
EssetztseineProgrammeindenverschiedenenThemenfeldernmit„Kompetenzteams“um,
indenensichdieExpertiseversammelt,diefürdiejeweiligenThemenbenötigtwerden.
AuchdasProgramm„mehrSprache.“wurdemiteinemsolchenthemenspezifischzusammen-
gesetztenKompetenzteamundimRahmeneinesdarüberhinausgehendenKompetenz-
netzwerksumgesetzt.DieMitgliederdesKompetenzteamsentwickelndieWissensprodukte
desProgrammsundvermittelndieseinFormvonTrainings,Seminaren,Vorträgen,Fach-
coachings,Beratungen,PapierenoderHandreichungenandieZielgruppenunsererAnge-
bote.EssetztsichausVorarlbergerExpertinnenundExpertenzusammen,dieihreKompe-
tenzinihrenjeweiligenHandlungsfeldernundInstitutionennochweniginstitutionell
gesteuert,sondernvielmehrausEigeninitiativeherauserarbeitethaben.Sieverfolgen
unterstütztauchvomProgramm„mehrSprache.“dieinternationaleFachdebatte,besuchen
FachkonferenzenundreflektierendieseBefundesowieihrePraxisimRahmendesKompe-
tenzteams.UnterstütztwerdensievonuniversitärenForscherundForscherinnen,deren
ExpertisejenachAngebotundProduktgezieltfürdiefachlicheAbsicherungderArbeit
herangezogenwird.DieseForscherinnenundForschersindauchalsVortragendeinden
AngebotendesProgrammstätig.DieStrategiederZusammenarbeitmitEntwicklerinnenund
Entwickler,welchedieVorarlbergerPraxiskennen,weilsieausihrkommen,trägtentschei-
denddazubei,dassdieProdukteundAngebotemöglichstgenaudenBedürfnissendes
Feldesentsprechen.ZugleichkannderWissens-undErfahrungsgewinn,dendieVorarlber-
gerExpertinnenundExpertendurchihreAufträgeimRahmendesProgrammsgewinnen,
inderentäglicheArbeitinVorarlbergerInstitutionenzurückfließen.Dasdienteinem
Wissens-undKompetenzzuwachsimLandsogarüberdiekonkretenAngebotedesProgramms
„mehrSprache.“hinaus.
Programmentwicklung und -management bei okay.zusammen leben
Leitung:Dr.EvaGrabherr
Dr.SimonBurtscher(bisHerbst2016)
Mag.CarolineManahl(seitHerbst2016)
Koordination: Dr.EvaHäfele
Entwicklung:ProgrammleitungundProgrammkoordination
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Programm „mehr Sprache.“
1.
Mit Eltern für die frühe
sprachliche Bildung
Richtet sich an Eltern,Community-Akteur-innenund-AkteurewieMigrantenvereine,Haupt-amtlichesowieMultiplika-torinnenundMultiplikatorenimFeldElternberatungund-bildung,Bibliothekenetc.
Bietet —Elternratgeber—Elternhandbuch—mehrsprachigeBücher-
undSpielekiste—Elternbildungsworkshops—TrainingsundWeiter-
bildungenfürMenscheninKontaktmitEltern
2.
„BrückenbauerInnen“ –
Dolmetscherinnen und
Dolmetscher für die
Eltern arbeit in Bildungs-
institutionen und
der Elternberatung
Richtet sich anPädagoginnenundPädagogen,Eltern
Bietet—Dolmetschungen—Übersetzungen
3.
Kompetenzaufbau für
Deutsch als Zweitsprache
unter den Bedingungen
von Mehrsprachigkeit
für Pädagoginnen und
Pädagogen
Richtet sich anPädagoginnenundPädago-genvonderfrühenBildungbiszurPflichtschule
Bietet—Trainings,Weiterbildungen
undFachcoachings—Orientierungsrahmenfür
SprachförderunginVor-arlberg:„5BausteinefüreinePraxisumfassendersprachlicherBildung“fürPädagoginnenundPädagogeninKinder-gärten,VolksschulenundderSekundarstufeI
—AnalysevonInstrumentenzurSprachstandsbeobach-tung
—Gute-Praxis-SteckbriefeimBereichderSprach-förderunginVorarlbergerKindergärtenundSchulen
4.
Sprachkompetenz-
trainings für Jugendliche
Richtet sich anJugendlicheamÜbergangvonderSchuleindenArbeitsmarktbzw.Jugend-liche,diesichaufBildungs-abschlüssevorbereiten
Bietet—Sprachkompetenztrainings—WeitergabevonMethoden
aninteressierteTrainer-innenundTrainersowieOrganisationen
5.
„Netzwerk mehr Sprache“
Kooperationsplatt -
form für einen chancen-
gerechten Zugang zu
Bildung in Gemeinden
Richtet sich anGemeindenundStädte
Bietet—Gemeindeentwicklungs-
prozessevonderKonzep-tionbiszurDurchführung
6.
Öffentliche
Veranstaltungen
Richtet sich anFachöffentlichkeitundallgemeinInteressierte
Bietet—Veranstaltungen
undSymposien
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Expertinnen und Experten im Kompetenznetzwerk des Programms„mehr Sprache.“
Mag.ElisabethAllgäuer-Hackl
Erwachsenenbildnerin(u.a.VolkshochschuleGötzis,PädagogischeHochschuleVorarlberg);
MitarbeiterindesForschungsteams„Dyme“anderUniversitätInnsbruck(befasstsichmit
demThemaMehrsprachigkeitmitEnglisch);KoordinatorindesProgramms„okay.zusammen
lernen“vonokay.zusammenleben;langjährigeSprachenlehrerinanderHöherenLehr-
anstaltfürwirtschaftlicheBerufeRankweil
BeateBröll,BA
StudiumderErziehungswissenschaftmitSchwerpunktMigrationspädagogik,langjährige
LeitungniedrigschwelligerDeutschkurse,vonTeenachmittagenfürFrauenundvonAngebo-
tenfürdiefrühkindlicheSprachförderung,KoordinatorindesCaritasLerncaféinDornbirn
RenateGaßner
Dipl.Kindergartenpädagogin,Gestaltpädagogin,LeiterineinesKindergartensinNenzing,
arbeiteteaktivanderEntstehungundEntwicklungdesProjektes„Sprachfreude–Nenzing
sprichtmehr“mit,ReferentininderErwachsenen-undElternbildung
MichaelaHermann,BA
LeiterinderBibliothekGötzis(mitsozialintegrativemSchwerpunkt),administrativeMit-
arbeiterinundErwachsenenbildnerinanderVolkshochschuleGötzis,TrainerinfürDeutsch
alsFremdsprache
AndreasHolzknecht,MEd,MSc
Sozialpädagoge,Sozialmanager,Dialogprozessbegleiter,selbstständigerUnternehmensbera-
termitseinerFirmaOBHUT(www.obhut.at),TätigkeitsfelderimBereichSprache:Kommunal-
entwicklung,ReferentfürKindergartenpädagoginnenund-pädagogen,Konzeptentwicklung,
BeratungvonEntscheidungsträgerinnenundEntscheidungsträgern
Mag.WilmaLoitz
StudiumderErziehungswissenschaften,AusbildungGestaltpädagogik,Referentininder
Erwachsenenbildung,seit2007pädagogischeMitarbeiterininderElternbildungdesKatho-
lischenBildungswerkVorarlberg
SimoneNaphegyi,BEd,MA
SeitSeptember2017inderLehrpersonenausbildunganderPädagogischenHochschule
Vorarlbergtätig,vormalsSchulleiterinderVolksschuleLevisundmehrjährigeUnterrichts-
tätigkeitanderVolksschuleFeldkirch-OberaumitdemSchwerpunktSprachbildungund
Deutschförderung,AbsolventindesMasterstudiengangs„Erziehungswissenschaften-Schul-
entwicklung“anderInternationalenBodensee-Hochschule
BrigitteOlschnögger
LeiterineinesfünfgruppigenKindergartensinNenzing,Kindergartenpädagogin,arbeitete
aktivanderEntstehungundEntwicklungdesProjekts„Sprachfreude–Nenzingspricht
mehr“mit,ReferentininderErwachsenen-undElternbildung(u.a.fürdasKatholische
BildungswerkVorarlberg)
GerlindeSammer
Kindergarten-undHortpädagogin,FachlehrerinfürKindergarten-undHortdidaktikund
Praxis,KoordinatorinfürKinderhaus,Kindergärten,Schulen,„Mutter/Vatersein“,
„Zukunftsort“und„Sprachfreude“inderMarktgemeindeNenzing
Dr.SusanneSteinböck-Matt
LehrerinanderMittelschuleHardMittelweiherburgmitdenSchwerpunktenSprachbildung,
Deutschförderung,Bildungssprache,ReferentininderErwachsenenbildungfürSprachför-
derungundFörderungderBildungssprache(Fokus:SekundarstufeI)
ChristineTroy
LogopädinmiteigenerPraxisinDornbirnmitSchwerpunktaufSpracherwerbsstörungen,
ReferentininderErwachsenenbildungzumThemaSprachförderung,Spracherwerbund
Mehrsprachenerwerb(u.a.PädagogischeHochschuleVorarlberg)
SiiriWillam,BA
GermanistinmitLehramtsstudiumfürDeutschalsFremdsprache/DeutschalsZweitsprache
undEnglisch,langjährigeErfahrungalsSprachtrainerin(CaritasVorarlberg,Volkshoch-
schuleGötzis,WIFIDornbirn),PrüferinfürdasÖsterreichischeSprachdiplomDeutschund
denÖsterreichischenIntegrationsfonds,ReferentininderErwachsenenbildung
DieExpertinnenundExpertenausdemuniversitärenBereich,dieindieEntwicklungund
UmsetzungdesProgramms„mehrSprache.“einbezogenwurden,werdenbeideneinzelnen
Programmschienennamentlichgenannt.
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PROGRAMMSCHIENEN
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„HabenSiegewusst,dass...“–AusschnitteausdenzwölfAnregungendermehrsprachigenElternratgeber„Sprichmitmirundhörmirzu!“Sievermittelndiezentralen
ElementeeinergutenUnterstützungderSprachentwicklungkleinerKinder.
Haben Sie gewusst, dass ...
— Sie eine gute Sprachentwicklung Ihres Kindes schon in der
Schwangerschaft fördern können?
— Ihr Kind am meisten lernen kann, wenn Sie die Sprache mit ihm sprechen, die Ihnen am nächsten liegt?
— Selbstbewusstsein die beste Grundlage für die Sprach ent wicklung
Ihres Kindes ist?
— es für Kinder keine Überforderung ist, wenn sie zwei- oder
mehr sprachig aufwachsen?
— nur Kinder, die gut hören, auch gut sprechen lernen können?
— Sprache mit allen Sinnen gelernt wird? Nicht nur hören ist wichtig, auch berühren, sehen, erfahren, in die Hand nehmen, ...
— ein Zusammenhang besteht zwischen Bewegung, Spiel, gesunder Ernährung, kariesfreien gesunden Zähnen und der Sprachent -
wicklung eines Kindes?
— tägliches gemeinsames Sprechen und Spielen enorme Fort schritte
in der Sprachentwicklung bringen?
— man ein Kind nicht dauernd verbessern und zum Nachsprechen
auffordern sollte?
— Vorlesen und darüber Reden sehr wichtige Formen der Sprach förde-
rung sind und dass diese Ihr Kind gut auf die Schule vor bereiten?
— Kinder am besten im Spiel und beim gemeinsamen Tun lernen
und nicht beim Fernsehen oder am Computer?
— Kinder sehr gut Deutsch lernen können, wenn sie früh eine Freundin oder einen Freund mit dieser Sprache haben oder in die Spielgruppe oder den Kindergarten gehen?
PROGRAMMSCHIENEN
IndiesemAbschnittwerdendieAngebote,ProdukteundFormatedesProgramms„mehr
Sprache.“entlangderverschiedenenProgrammschienenausführlichbeschrieben.Eingangs
wirddieEntstehungs-bzw.EntwicklungsgeschichtedesjeweiligenProgrammbereichs
dargestellt.AnschließendwerdendieErgebnisse,dieindenletztenJahrenerzieltwurden,
präsentiert.AbschließendwerdendieWirkungen,diebeidenZielgruppendesProgramms
erreichtwerdenkonnten,beschrieben.
ZurWirkungsmessung
DaszehnjährigeJubiläumdesProgramms„mehrSprache.“warAnlassdafür,unseingehend
mitderWirkungdesProgrammszubeschäftigen.DieFragenachderWirkungvon„mehr
Sprache.“zubeantworten,istallerdingskeineleichteAngelegenheit:ZwarverfolgtdasPro-
grammeinGlobalziel,nämlichdafürSorgezutragen,dassKinderundJugendlicheungeach-
tetihrerfamiliärenHerkunftdiebestmöglicheUnterstützungbeiihrerSprachentwicklung
erhalten.Allerdingsarbeitet„mehrSprache.“zurErreichungdiesesZielskaummitKindern
undJugendlichendirekt,sondernvorallemmitMultiplikatorinnenundMultiplikatoren
(z.B.PädagoginnenundPädagogenoderGemeindebedienstete).DiepositivenWirkungen
aufderEbenevonKindernundJugendlichenentfaltensichalsoindirektüberdieQuali-
fizierungvonPädagoginnenundPädagogen,dieStärkungderKompetenzenvonElternetc.
DaherfokussiertauchdieWirkungsanalyse,dereingroßerTeildieserDokumentation
gewidmetist,primäraufdiedirektenAdressatinnenundAdressatendereinzelnenPro-
grammbereiche.IneinzelnenFällen(bspw.beidenSprachkompetenztrainings)istes
allerdingsauchmöglich,WirkungenaufderEbeneder„Endbegünstigten“–alsobeiKindern
undJugendlichen–zubeschreiben.
FürdieAnalysederWirkungenvon„mehrSprache.“konnteeinerseitsauflaufenderhobene
Evaluierungsdatenzurückgegriffenwerden(z.B.FeedbackbögenvonPädagoginnenund
Pädagogen,dieanWeiterbildungenteilnahmen,undvonJugendlichen,dieeinSprachkom-
petenztrainingabsolvierten).AndererseitswurdenFokusgruppenorganisiertundInter-
viewsgeführt,umzusätzlicheEinblickezugewinnen(z.B.mitModeratorinnenvonEltern-
bildungsworkshopsundderlangjährigenKoordinatorinder„BrückenbauerInnen“).
DieQuellen,aufdenendieAnalysenberuhen,werdenindenjeweiligenTextabschnitten
genannt.
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1. Mit Eltern für die frühe sprachliche Bildung
SprachvermögenundSprachkenntnissesindwichtigeSchlüsselkompetenzenfüreingelin-
gendesLebeninderheutigenundderzukünftigenGesellschaft,wiederenEntwicklung
derzeitgesehenwird.DieerstenLebensjahreeinesKindessindeineentscheidende
LebensphasefürdieEntwicklungdieserPotenziale.DieBeherrschungderSprache(n)der
GesellschaftunddesBildungssystemsistwichtigfürdenBildungsverlaufvonKindern.
DieFamiliensprachensicherndieBeziehungenzurHerkunftsfamilieundsindineinersich
globalisierendenWirtschaftundeinerGesellschaftmitzunehmendtransnationalenBezügen
einPotenzial,daszueinerindividuellenundgesellschaftlichenRessourcewerdenkann.
DieBildungszielederElternschienedesProgramms„mehrSprache.“umfassendaherden
gutenErwerbderLandesspracheinVerbindungmitdemErhaltundderWeiterentwicklung
derFamilien-bzw.Herkunftssprache(n).DiespezifischeZielgruppedesAngebotssindzwei-
undmehrsprachigeElternmitMigrationshintergrundundwenigBildungserfahrung.Die
Inhalte,insbesonderediederBroschüren,sindjedochfüralleinteressantundrelevant,
welchediefrüheSprachentwicklungvonKinderngutbegleitenmöchten.DieAngeboteund
InformationsproduktewendensichdirektanElternsowieanMenschen,diemitEltern
arbeitenbzw.eineKontaktstellezuihnenbilden.SosolleingemeinsamesBildderMöglich-
keiteneinergutenBegleitungderKindergeschaffenbzw.dieinhaltlicheBotschaftdes
Programmsverstärktwerden.WirmöchtenmitinhaltlichenProduktenundAngebotenauf
BasisfachwissenschaftlicherErkenntnisse,abergutverständlichinderVermittlungundmit
vielenHinweisenaufUmsetzungsmöglichkeitenindertäglichenPraxishelfen,Elternzu
befähigen,dieSprachentwicklungihrerKindervonGeburtanbestmöglichzuunterstützen.
AlleProgrammschienenvon„mehrSprache.“arbeitenaufBasiseinesgemeinsamenModells
vonSprachentwicklungundSprachförderung.DassdieUnterstützungbzw.Förderungder
Sprachentwicklung„durchgängig“erfolgt,isteinwichtigesQualitätsmerkmaldieses
Modells.KinderundJugendlichebrauchendasAugenmerkaufdieEntwicklungihrerSpra-
che(n)unddieUnterstützungdieserEntwicklungbzw.dieFörderungvondenerstenJahren
bisinsJugendalter,unddasnichtnurindenBildungsinstitutionen,sondernauchinihren
anderensozialenUmfeldern.DiesenAnspruchsetztdasProgramm„mehrSprache.“auch
durchdieProgrammschiene„Elternbildung“konkretum.EinanderesMethodenelementdes
ModellsmitbesondererRelevanzfürdiefrüheFörderungvonKindernistderganzheitliche
Ansatz:DieBegleitungundFörderungderSprachentwicklungmussunterEinbeziehungaller
SinnedesKindeserfolgen.SpracheisteinTeilbereichderEntwicklungeinesKindesund
stehtimZusammenhangmitanderenEntwicklungsprozessen.EinweitereswichtigesMetho-
denelementfürdieEntwicklungsbegleitungundFörderungvonKindernmiteinermehr-
sprachigenLebensweltsinddieAnerkennungundeinbewusstes,reflektiertesEinbeziehen
allerSprachendesKindesundseinesUmfeldes.IndieserFrageherrschteindenletzten
JahrensowohlbeiElternwieauchbeiFachpersonenUnsicherheit.DerAufbauvonSicherheit
undSouveränitätindieserFrage,unddasaufBasislinguistischer,entwicklungspsycho-
logischerundpädagogischerFachdebatten,diewirkontinuierlichverfolgen,warein
wichtigesZielderProgrammschiene.
DieAngebote
DieProgrammschienewirktüberfolgendeProdukteundAngebote:
• zweisprachigerElternratgeber„Sprichmitmirundhörmirzu!12Anregungenwie
wirunsereKinderbeimSprechenlernenunterstützenkönnen“
• mehrsprachigesElternhandbuch„Liesmirvorundspielmitmir!WiewirunsereKinder
spielendeinfachbeimSprechenlernenunterstützenkönnen“inKombinationmit
einerMaterialienlademitSpielenundmehrsprachigenKinderbüchern,aufdiesich
dasHandbuchbezieht
• zwölf-und15-stündigeElternbildungsworkshops„Sprichmitmirundhörmirzu!“
mitInformationsveranstaltungenimVorfeldfürdieBewerbung
• SensibilisierungundKompetenzerweiterungdurchLehrgänge,VorträgeundFach-
coachingsfürMenschen,diemitElternarbeiten:fürHauptamtlichevonElternbildungs-
undElternberatungsangeboten,inpädagogischenBerufen,derVerwaltungetc.sowie
fürSchlüsselpersonenundInteressierteinMigrantenvereinenundFamilienbegleit-
angeboten,diemitFreiwilligenarbeiten
DerElternratgeberunddasElternhandbuchstehenElternmittlerweileinsiebenSprachen
zurVerfügung:DeutschkombiniertmitArabisch,Bosnisch/Kroatisch/Serbisch,Englisch,
Portugiesisch,Russisch,SpanischundTürkisch.SiewerdenaufAnfrageoderimRahmenvon
Referenzprojekte
• „Sprich mit mir!“: Informationswebsite des
Deutschen Bundesverbandes für Logopädie
• „Griffbereit“: ein Programm für Eltern mit
Kleinkindern bis zu drei Jahren der Kommunalen
Integrationszentren Nordrhein-Westfalen
• „Rucksack“: ein Stadtteilmütter-Projekt der
Stadt Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen),
das vielfach übernommen wurde (in Österreich
bspw. von der Stadt Salzburg)
• „Schenk mir eine Geschichte“: ein Family-
Literacy-Projekt des Schweizerischen Instituts
für Kinder- und Jugendmedien
• „Spielend Sprache erwerben“: Medienkisten
für die Sprachförderung zur Ausleihe durch
Spielgruppen und Kinderkrippen, ein Angebot
der Stadtbibliothek St. Gallen, ein Literacy-
Projekt des Schweizerischen Instituts für
Kinder- und Jugendmedien
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Elternratgeber„Sprichmitmirundhörmirzu!“
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InnenseitendesElternratgebers„Sprichmitmirundhörmirzu!“
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VeranstaltungenkostenloszurVerfügunggestelltundauchzumDownloadimNetzangebo-
ten.DieInformationbasiertaufderaktuellenFachdebatte,wirdineinergutverständli-
chenSprachevermitteltundbietetvielepraktischeAnregungenundUmsetzungsvorschläge
fürdenAlltagmitKindern.EinwichtigerOrtfürdielaufendeVerteilungsinddielokalen
Bibliotheken.IhnenwurdenzusätzlichMaterialienladenmitBezugzudenElternhand-
büchernmitSpielenundmehrsprachigenKinderbüchernzurAusleiheandieElternzur
Verfügunggestellt.DieInhaltedesElternratgeberswurdenvielfachweiterverwertet.Das
KatholischeBildungswerkerarbeiteteausdenTextendesElternratgebersindeutscherund
türkischerSpracheTischunterlagenfürdenEinsatzimRahmendesProjekts„eltern.chat“.
DieMarktgemeindeRankweilschaltete2013monatlichmehrsprachigeInseratemitInhalten
desElternratgebersundbrachtedieeinzelnenKapiteldesRatgebersmehrsprachigauf
Plakatsäulenan,dieanöffentlichen,starkfrequentiertenPlätzenaufgestelltwurden.
„connexia–GesellschaftfürGesundheitundPflege“arbeitetemiteinzelnenKapitelndes
Elternratgebersals„Wand-Impulse“indenWarteräumenihrerElternberatungsstellenin
denVorarlbergerGemeindenundStädten.
DieElternbildungsworkshops„Sprichmitmirundhörmirzu!“,diezudenElternratgebern
undzumElternhandbuchentwickeltwurden,werdenlandesweitvonGemeinden,Städten,
Migrantenvereinenu.a.angeboten.2SiekönnenineinerzwölfstündigenVariante(auf
DeutschmitDolmetschleistungoderineinerdervielenSprachenvoninVorarlbergleben-
denMigrantinnenundMigranten)oderineiner15-stündigenVariante(ineinemeinfachen
DeutschalsVerkehrssprachefürMenschenmitnochgeringenDeutschkenntnissen)gebucht
werden.DieWorkshop-Leiterinnenwurdenvonokay.zusammenlebengründlichaufdie
DurchführungdieserWorkshopsvorbereitetundwerdenbeiihrerTätigkeitlaufendfachlich
begleitet.VielevonihnenhabenselbstMigrationshintergrundundkönnendieWorkshops
daherinihrenMuttersprachenanbieten.DerBesuchderlokalenBibliothekisteinfixer
BestandteildesCurriculums.ZurUnterstützungderRekrutierungderElternindenMigran-
tenvereinenundGemeindenwurdenTeaser-Veranstaltungenentwickelt.
FürdiefachlicheSensibilisierungundWeiterbildungmöglichstvielerAkteurinnenund
Akteurewurden2008und2009zumStartderProgrammschienezweiDurchgängeeines50
EinheitenumfassendenLehrgangszurFragederElternbildungfürdenfrühenSpracherwerb
unterbesondererBerücksichtigungderzwei-undmehrsprachigenEntwicklungvonKindern
durchgeführt.DerLehrgangrichtetesichanMenschen,dieElternalsHauptamtlichebeglei-
tenundberatenoderinpädagogischenBerufenmitihneninKontaktstehen,sowiean
interessierteAkteurinnenundAkteurederMigranten-Community.DieTeilnahmeandiesem
LehrgangwardieVoraussetzungdafür,indenPoolvonWorkshop-Leiterinnenund-Leitern
fürdieElternbildungsworkshopsaufgenommenzuwerden.HauptamtlichenInstitutionen
wurdenumfassendeInhouse-WeiterbildungenundFachcoachingsangeboten.FürFachinter-
essierte,aberauchfürElternwurdedasFormat„WieistdasnunmitdenMuttersprachen?“
entwickeltundangeboten.DarüberhinauslehrenundreferierendieTrainerinnenausdem
KompetenznetzwerkdesProgramms„mehrSprache.“laufendinLehrgängen,Weiterbildun-
genandererAnbieterundvorunterschiedlichenZielgruppen.
Ergebnisse
Von2009bis2016wurdenmeistüberMultiplikatorinnenundMultiplikatoreninsgesamt
über33.400ExemplarederzweisprachigenElternratgeberverteilt.31%davonwurdenan
KommunenundBibliothekenweitergegeben,24%anKinderbetreuungseinrichtungen,
Tagesmütter,Spielgruppen,KindergärtenundSchulen,21%an(Eltern-)Beratungseinrich-
tungen,(Kinder-)Ärztinnenund(Kinder-)Ärzte,LogopädinnenundLogopäden,Hebammen
etc.;6%anandereInstitutionenundInitiativen(inderRegelauflokalerEbenewiebei-
spielsweiseinderGemeinwesensarbeit,inFrauentreffsoder„eltern.chat“-Angeboten),
6%anMigrantenvereineundprivateMultiplikatorinnenundMultiplikatoren;4%anErwach-
senenbildungseinrichtungen(inkl.Elternbildungsworkshops),weitere4%anPolitikund
VerwaltungaufLandes-undBundesebene,Medienvertreterinnenund-vertretersowie
TeilnehmendeandiversenVeranstaltungenund3%anAus-undWeiterbildungseinrichtun-
genfürPädagoginnenundPädagogenundSozialarbeiterinnenundSozialarbeiter.Das
überdieGrenzenVorarlbergshinausgehendeInteresseamElternratgeber„Sprichmitmir
undhörmirzu!“zeigtsichandenLizenzverkäufenanzweiösterreichischeBundesländer
(Tirol,Steiermark),einenAkteurinWienmitstadtweitenAngeboten,zweiSchweizerKan-
tone(Luzern,St.Gallen)undanLiechtenstein.
VomsiebensprachigenElternhandbuch„Liesmirvorundspielmitmir!“wurdenknapp5.000
ExemplareanElternweitergegeben.DieMaterialienladekanninzahlreichenVorarlberger
BibliothekenundLudothekenausgeliehenwerden.ZahlreicheVorarlbergerKindergärten
habenfürihreInstitutioneneigenständigMaterialienladennachdemMusterunsererSamm-
lungvonBüchernundSpielenzusammengestellt.
2_DieDurchführungderWorkshopswurdeinKooperationmitderVolkshochschuleGötzisorganisiertundimRahmendesProgramms
„KinderindieMitte“derVorarlbergerLandesregierungfinanziellunterstützt.
Die Zusammenarbeit mit lokalen Bibliotheken
zur Unterstützung der Elternbildungsschiene
von „mehr Sprache.“ baute okay.zusammen
leben im Rahmen des EU-Projekts „Libraries for
All/Bibliotheken für Alle“ (2008 bis 2010) auf.
Elternbildung zu Fragen des frühen Sprach-
erwerbs, insbesondere für Familien mit Migra-
tionshintergrund, bildete einen von mehreren
inhaltlichen Schwerpunkten des Programms.
Details unter: www.okay-line.at/projektstelle/
doku-programme-projekte/ bibliotheken-
fuer-alle-interkulturell.html
24|25
MaterialienladezumElternhandbuch„Liesmirvorundspielmitmir!“
26|27
Elternhandbuch„Liesmirvorundspielmitmir!“inachtSprachenvorhanden.
28|29
MitdenElternbildungsworkshopshabenwir517Elternerreicht.Besondersstarknachge-
fragtwurdendieWorkshopsvonengagiertenElternausdertürkischenundlateinamerika-
nischenCommunity.ZudemwurdenimRahmenvonmehrals50Infoveranstaltungen
circa350Personenerreicht.
ZweisprachigerElternratgeber„Sprichmitmirundhörmirzu!“
(verteiltvon2009bis2016)circa33.400Exemplare
ZweisprachigesElternhandbuch„Liesmirvorundspielmitmir!“
(verteiltvon2010bis2016)circa5.000Exemplare
TeilnehmerinnenundTeilnehmerder2-bis3-stündigenInforma-
tionsveranstaltungenzuElternbildungsworkshops(2011bis2015)circa350Personen
TeilnehmerinnenundTeilnehmer
derElternbildungsworkshops(von2011bis2016)517Personen
Wirkungen
DieWirkungenderElternbildungsworkshops,dievonElternanunszurückgemeldetwurden,
könnenunterzweiFragestellungenzusammengefasstwerden:WashabendieElternausden
Workshopsmitgenommen?WasdavonhabensieimAlltagauchumgesetzt?Zudemzeigen
einigeRückmeldungenderElternauchWirkungenaufEbenederKinder.3
Einezentrale,neugewonneneErkenntnisfürdieElternistdieBedeutung,diederQuantität
undQualitätihrerInteraktionenmitKindernfürderensprachlicheEntwicklungzukommt.
EsgehtumAugen-undKörperkontaktundmöglichstvielsprachlicheBegleitungalltägli-
cherAktivitäten.Wichtigistfürsie,möglichstkonkreteVorschlägefürihreZeitmitden
Kindernzuerhalten.BesondersgeschätztwerdenIdeenfürSpieleundBastelaktivitäten
mitGegenständenundMaterialien,dieinjedemHaushaltzufindensind.DesWeiteren
meldendieElternzurück,WissenüberdieSprachentwicklungvonKindernerworbenzu
haben:SiekennennachdenWorkshopsdieBedeutungderFamiliensprachefürdiesprachli-
cheEntwicklungihrerKinderundwissen,wiesieihreKinderinderEntwicklungderErst-
sprachefördernkönnen,damiteineguteGrundlagefürdenErwerbweitererSprachen
gebildetwird.VerfügendieElternselbstübergeringeDeutschkenntnisse,kennensienach
denWorkshopsStrategien,umihreKindermöglichstfrühmitderdeutschenSprachein
Kontaktzubringen–zumBeispiel,indemgezieltKontaktmitNachbarinnenundNachbarn
gesuchtwird,Spielgruppenbesuchtwerdenetc.
FürdieModeratorinnenderElternbildungsworkshopssindbeobachteteEffektederEltern-
bildungsworkshopsmehrSicherheitderElternimUmgangmitMehrsprachigkeitundmehr
BewusstseinfürdieeigenenHandlungsmöglichkeiten:IndenWorkshopskönnenUnsicher-
heitenundÄngstebezogenaufdenGebrauchdereigenenErstspracheoderdenUmgangmit
Deutschüberwundenwerden,darüberhinauswerdendenElternzahlreicheMöglichkeiten,
diederAlltagzurFörderungdersprachlichenEntwicklungihrerKinderbietet,bewusst.
DadieWorkshopsinvierbisfünfModulenmitzeitlichemAbstandzwischendenEinheiten
umgesetztwerden,kannerhobenwerden,obdasGelernteauchimAlltagangewendetwird.
VieleDinge,welchedieElternlauteigenerRückmeldungindenWorkshopsgelernthaben,
probierensiezuHauseauchaus.DiesbetriffteinerseitswiederumdieKommunikationmit
demKindimAllgemeinen,alsobewusstesundgeduldigesZuhören,dasKindernstnehmen
undausredenlassen,LobundWertschätzungzumAusdruckbringenundnichtzuletztauf
deneigenenSprachgebrauchzuachtenunddamitfürdasKindeinVorbildzusein.Anderer-
seitswerdenVorschlägefürAktivitätenausprobiert:vorlesenundvomKindvorlesenlassen,
basteln,malen,dasKindbeimKochenundBackenoderbeianderenAufgabenimHaushalt
mithelfenlassenunddassprachlichbegleitenetc.Elternberichtenunsauch,Vereineaus-
geforschtzuhaben,diefürihrKindbzw.ihreKinderinteressantseinkönnten,eineBücherei
besuchtoderganzgenerellmehrZeitmitihremNachwuchsimFreienverbrachtzuhaben.
EinzelneRückmeldungenderElternverweisenzudemaufWirkungenderWorkshopsauf
EbenederKinder.SoberichtenEltern,dassihrgeändertesVerhalten(Körperkontakt,
KommunikationaufAugenhöhe,EinführenvonRitualen,gemeinsamesSpielen)unmittelbare
positiveReaktionenbeidenKindernhervorgerufenhat.Darauslässtsichnochnichtauf
dieWirkungderElternbildungsworkshopsaufdenSpracherwerbderKinderschließen.
Eszeigtaber,dassdieKinderaufdieveränderteQualität,mitdersichdieElternihnen
zuwenden,reagieren.Elternmeldenzurück,dassdieseReaktionensiemotivieren,mitder
neugelerntenKommunikationsweiseweiterzumachen.
ZurBeschreibungderWirkungendesElternratgebers„Sprichmitmirundhörmirzu!“
könnenwiraufkeinedirektenRückmeldungenvonElternzurückgreifen,daderElternrat-
gebernichtdirektvonokay.zusammenleben,sondernüberMultiplikatorinnenundMulti-
plikatorenandieseZielgruppeverteiltwird.WirwertenesallerdingsalsZeicheneiner
positivenResonanz,dassderRatgebernachsovielenJahrenimmernochinGemeinde-
ämternundBibliothekenaufliegt,imRahmenvonElternberatungen(wiebei„connexia“)
verteiltwird,vonArztpraxenproaktivbestelltwirdoderfesterBestandteilvon„Willkom-
menspaketen“ist,diebeiderGeburteinesKindesvonGemeindenandieElternübergeben
werden.AuchdieregelmäßigeNachfragevonLizenznehmern,denRatgeberinweitere
Sprachenübersetzenzudürfen,verweistaufdieseitJahrenbeständigeVerwendungdes
RatgebersinderArbeitvonInstitutionenmitEltern.3_Quellen:DieWirkungenderElternbildungsworkshopswurdenimJahr2014inallenWorkshopstrukturiertmündlicherhobenund
schriftlichvondenModeratorinnenderWorkshopsfestgehalten.DieseAnalysebasiertaufdiesemFeedbackderElternundauf
denRückmeldungenderModeratorinnen(erhobenimRahmeneinerFokusgruppendiskussionimFrühjahr2017).
30|31
Leitung bei okay.zusammen lebenEvaGrabherr
Inhaltliche Entwicklung der Produkte und AngeboteElisabethAllgäuer-Hackl
GerlindeSammer
Koordination ElternbildungsworkshopsMichaelaHermann,VolkshochschuleGötzis
Wir danken denWorkshopleiterinnenElisabethAllgäuer-Hackl,BeateBröll,HildegardBurtscher,
AyselDemir,FatmaKeskin,ÇiÌdemGökmen-Erden,ElizabetHintner,MaríaJoséLoyola,
ÛnciNihalÖzçan,PiaAlvarezRodríguez,GerlindeSammer,SaniyeSarpay,RuthScheyer
undHülyaSeçgin;ChristineTroyalsVortragender;denAutorinnenundAutorensowie
denÜbersetzerinnenundÜbersetzerndesElternratgebersunddesElternhandbuchs
ElisabethAllgäuer-Hackl,LidwinaBoso,FranciscoAlcirDuartePereira,BouthainaFabach,
HassanFawaz,ÇiÌdemGökmen-Erden,ColinGregory-Moores,ElmarHasovic,ElizabetHintner,
MehmedSaitKont,NinaKrieg,MaríaJoséLoyola,AmirNuhic,AlicePfeiferundGerlinde
Sammer.
2. „BrückenbauerInnen“ – Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Elternarbeit in Bildungs-institutionen und der Elternberatung
„BrückenbauerInnen“dolmetschenzwischenElternmitkeinenbzw.sehrwenigDeutsch-
kenntnissenundPädagoginnenundPädagogenoderElternberaterinnenundElternberatern.
SiestellenihreSprach-undVermittlungskompetenzfüreineErziehungspartnerschaft
dieserAkteurinnenundAkteurezurVerfügung,damitdieBildungvonKindernbesser
unterstütztwird.BrückenbauerInnensindzwei-odermehrsprachig(inkl.Deutsch),ver-
fügenüberKenntnissedesösterreichischenBildungssystemsundhabenErfahrungmit
Dolmetschen.okay.zusammenlebenführtdenPoolderBrückenbauerInnen(inkl.Weiterbil-
dung,IntervisionundSupervision)undvermitteltundorganisiertdieEinsätze.DasAnge-
botkanndenBildungseinrichtungenkostenloszurVerfügunggestelltwerden.DieAnfänge
derEntwicklunggehenbisindasJahr2006zurück.WährendindenAnfangsjahrenumdie
150Einsätzejährlichvermitteltwurden,sindesmittlerweileüber400EinsätzeproJahr.
MehrereGrundüberlegungenstandenamBeginnderEntwicklungdiesesAngebots:
AusderPädagogikkanntenwirdieBedeutung,diederErziehungspartnerschaftzwischen
ElternundPädagoginnenundPädagogenfüreinengutenVerlaufdesWegeseinesKindes
ineinerBildungsinstitutionbeigemessenwird.FürKindervonElternmitwenigBildungs-
erfahrungbzw.wenigErfahrungundWissenüberdasBildungssystem,indemihreKinder
aufwachsen,istdieserZusammenhangbesondersrelevant.Mehrnochalsanderesindsiefür
einengutenVerlaufihrerBildungsentwicklungdaraufangewiesen,dassauchihreEltern
gutinformiertundeinbezogensind.4AusunserenzahlreichenGesprächenmitPädagogin-
nenundPädagogenwusstenwir,dasseineguteKommunikationvielfachandennichtoder
zuwenigvorhandenenDeutschkenntnissenderElternscheitert.KeinKindhatEinfluss
darauf,welcheSprachenseineElternbeherrschen.DassineinerhochentwickeltenIndus-
4_InihrerEvaluationdesProgramms„BrückenbauerInnen“,sieheFußnote5,fasstIsabelBurtscherForschungsliteraturzur
BedeutungeinergutenKooperationzwischenElternund(vor-)schulischenBildungseinrichtungenzusammen.
Die Zahl der nachgefragten Sprachen hat in den
letzten Jahren zugenommen. Das Programm
spiegelt damit auch die Diversifizierung der
Zuwanderung der letzten Jahre. 2016/17 wurden
Dolmetschleistungen in folgenden Sprachen
nachgefragt: Türkisch, Arabisch, Farsi/Dari,
Russisch, Tschetschenisch, Bosnisch/Kroa-
tisch/Serbisch, Mongolisch, Spanisch, Chine-
sisch, Rumänisch, Italienisch, Armenisch, Pol-
nisch, Ungarisch, Slowakisch und Portugiesisch.
Um der Nachfrage der Bildungsinstitutionen
nachkommen zu können, arbeitet okay.zusam-
men leben mit dem Dolmetscherpool der Cari-
tas Vorarlberg zusammen.
32|33
trie-undDienstleistungsgesellschaft,wieVorarlbergeineist,mehrBildungsgerechtigkeit
nichtamFehlensolcher„Sprachbrücken“scheiternsollte,wareinzentralerGedankebei
derEntwicklungdesAngebots.
EinweitererGedankebetrafdieBevölkerungmitMigrationsgeschichteselbst:DieForde-
rung,dasPotenzialunddieKompetenzderMigrationsbevölkerungindieIntegrationsarbeit
einzubeziehenunddiesedaranzubeteiligen,isteinStehsatzderaktuellenIntegrations-
fachdebatte.WirversprachenunsdurchdieZusammenarbeitmitVorarlbergerMigrantinnen
undMigrantenüberdasDolmetscheninundausderenSprachenhinausauch,Community-
DynamikeninGangzubringenundsomehrTeilnahme,KontaktundIntegrationdieser
Bevölkerungsgruppenzuerreichen.DieselbeStrategieverfolgtenwirauchbeidenEltern-
bildungsworkshopsmitmuttersprachlichenWorkshop-LeiterinnenimRahmenderEltern-
bildungsschienedesProgramms„mehrSprache.“,fürdiewirauchBrückenbauerinnen
rekrutierenkonnten.DadasDolmetschenhonoriertwird,eröffnetdasProgrammdarüber
hinausVerdienstmöglichkeitenfürdieDolmetscherinnenundDolmetscher(dieüber-
wiegendeAnzahlvonihnenFrauen)ausCommunitys,dieehereinkommensschwachsind.
EinewichtigeMotivationfürdasProgrammwarauch,PädagoginnenundPädagogenmög-
lichstkonkretzuunterstützenunddamitzuihrerEntlastungbeizutragen.DerAustausch
mitihnenhatteunsgezeigt,dasssiediesprachlich,kulturellundsozialvielfältigeHer-
kunftderKinderundJugendlicheninihrenInstitutionenalsgroßeHerausforderungwahr-
nahmen,diezwarzunehmendöffentlichdiskutiertwurde,fürdiesieabernochwenig
konkreteUnterstützungerhielten.DiedurchunserDolmetschangebotbeidenPädagoginnen
undPädagogenfreiwerdendenEnergieressourcen,sounserGedanke,könntendieseindie
WeiterbildungfüreinegelingendeSprachförderungimKontextvonMehrsprachigkeitund
indenUmgangmitdergesellschaftlichenVielfaltinihrenInstitutioneninvestieren.
Angebote
DasProgrammumfasstfolgendekonkreteLeistungen:
• okay.zusammenlebenvermitteltaufAnfrage„BrückenbauerInnen“alsDolmetscherinnen
undDolmetscherfürdieElternarbeitanVorarlbergerBildungsinstitutionenvonder
frühenBildungbiszurSekundarstufeI.IndenerstenJahrenwurdenPädagoginnenund
PädagogenauchfürdieGestaltungderZusammenarbeitmitElternmitMigrationsge-
schichteberaten(Formate,Kommunikationsstrategienetc.).DieseBeratungwirdmitt-
lerweilekaummehrnachgefragt.HierscheinendiemittlerweilelangjährigeBeratung,
dieWeiterbildungsprogramme(auchvonokay.zusammenleben)unddieallgemeine
WeiterentwicklungdesWissensstandsinderFrageWirkungzuzeigen.ImRahmenvon
SchwerpunktprogrammenwurdenauchElternberatungsprogrammedurchdieVermittlung
von„BrückenbauerInnen“unterstützt.
• NachFeststellungderEignungerhaltendie„BrückenbauerInnen“beimEinstieginden
PooleineEinführungindieArbeit,MöglichkeitenzurWeiterbildung,dasAngebotregel-
mäßigerIntervisions-undSupervisionstermineundeinelaufendefachlicheBegleitung
beiFragen,diesichausdenEinsätzenergeben.DieWeiterbildungumfasstinhaltlichdas
DolmetschenunddasösterreichischeBildungssystem.
Das Programm „BrückenbauerInnen“ ist ein
klassisches Angebot des in den letzten Jahren
für die Bedürfnisse einer modernen Migrations-
gesellschaft neu entstandenen und zunehmend
ausgebauten Angebotsfeldes des „Dolmetschen
im öffentlichen Bereich“ bzw. des „Kommunal-
dolmetschen“, „Dialogdolmetschen“ und
„Interkulturellen Vermitteln“, so die ver-
schiedenen Begrifflichkeiten, die dafür in
Anwendung sind. Die klassischen Einsatzberei-
che dieses Feldes sind der Asylbereich, die
Polizei, der Justizbereich und das Gesundheits-
system, zunehmend auch der Bildungsbereich
und die öffentliche Verwaltung. Die Dolmet-
scherinnen und Dolmetscher in diesem Bereich
verfügen selten über die klassische akademi-
sche Ausbildung für das Konferenzdolmet-
schen. Der Typus, der zum Einsatz kommt, ver-
fügt über (bildungssprachliche) Kompetenzen
in den relevanten Sprachen und Erfahrungen
mit dem Dolmetschen. Letztere haben sie sich
oft als freiwillige Unterstützerinnen und
Unterstützer in Familien- oder Community-An-
gelegenheiten erworben. In den letzten Jahren
sind auch in Österreich universitäre Ausbildun-
gen für diesen Bereich entstanden: „Community
Interpreting“ an der Universität Innsbruck
(sprach explizit Laiendolmetscherinnen und
Laiendolmetscher an), der „Universitätslehr-
gang Kommunaldolmetschen“ an der Universi-
tät Graz und der Universitätslehrgang „Behör-
den- und Gerichtsdolmetschen“ der Universität
Wien. Mittlerweile werden auch entsprechende
Bachelor- und Masterstudien angeboten. In der
Schweiz bot die Zürcher Hochschule für Ange-
wandte Wissenschaft (ZHAW) früh Seminare für
Laiendolmetscherinnen und -dolmetscher an.
okay.zusammen leben ermöglichte den „Brü-
ckenbauerInnen“ aus dem eigenen Pool die Teil-
nahme an diesen Seminaren und organisierte
auch In-plant-Weiterbildungen mit Referentin-
nen und Referenten dieser Angebote. Auch die
zwei wichtigsten Referenzprojekte für das
„BrückenbauerInnen“-Programm stammen aus
der Schweiz: Die Stadt Schaffhausen unter-
stützt seit vielen Jahren Schulen sowie Kinder-
ärztinnen und -ärzte durch die Übernahme der
Kosten für Dolmetschangebote, die von der
Fachstelle DERMAN angeboten werden. In der
Ostschweiz unterstützen mehrere Kantone das
Angebot „Verdi. Interkulturelles Dolmetschen
in der Schweiz“ für Dolmetscheinsätze im
Gesundheitswesen, im schulischen und Bil-
dungsbereich und im Sozialwesen. Die neueste
Entwicklung in diesem Feld ist der Einsatz des
Videodolmetschens über den Gesundheitsbe-
reich hinaus auch im Bildungsbereich und bei
Angeboten der öffentlichen Verwaltung
(https://www.interpraid.org/; http://www.
videodolmetschen.com/).
34|35
Ergebnisse
EtwajeeinDrittelderEinsätzeindenletztenzehnJahrenbetrafElterngesprächein
Kindergärten(31%)undVolksschulen(32%),etwajederzehnteEinsatzfandineiner
Haupt-bzw.Mittelschule(12%)oderineinemsonderpädagogischenFörderzentrum(8%)
statt.AuchElternberatungseinrichtungen(12%)fragten„BrückenbauerInnen“starknach.
DieweiterenEinsätzeverteiltensichaufSpielgruppen,(Schul-)VerwaltungundBildungs-
einrichtungenfürKindermitbesonderenBedürfnissen.
NachRegionenbetrachtetentsprachdieNachfragean„BrückenbauerInnen“rechtgenau
derVerteilungderVorarlbergerBevölkerung:DiemeistenDolmetscheinsätzefandenim
Rheintalstatt(62%),mitdeutlichemAbstandgefolgtvomWalgau(26%),demBregenzer-
wald(5%)unddenVorarlbergerTalschaften(Laiblachtal:5%,Montafon:1%,Klostertal,
GroßesWalsertal,KleinesWalsertal:jeweilswenigerals1%).
AnzahlderDolmetscheinsätze(von2008bis2016) 2.185Einsätze
AnzahlderÜbersetzungen(von2010bis2016) 250Übersetzungen
Anzahlder„BrückenbauerInnen“(Stand:Juni2017) 54Personen
GedolmetschteSprachen(Stand:Juni2017) 16Sprachen
„BrückenbauerInnen“-Einsätze2008bis2016
Wirkungen
WasbewirktderEinsatzvon„BrückenbauerInnen“lautdenRückmeldungen,diewirvon
PädagoginnenundPädagogenindenletztenJahrenerhaltenhaben?5
DasAngebotwirdgutangenommen.DaszeigendiejährlichenSteigerungenderEinsätze.
AusdemlaufendenKontaktmitdenBildungseinrichtungendurchdieBestellungender
EinsätzeunddiezurückgesendetenFeedbackbögenderInstitutionenzujedemEinsatz
wissenwir,dassdiePädagoginnenundPädagogendasAngebotalsgroßeUnterstützung
ihrerArbeiterlebenundbewerten.FürdiejährlichenSteigerungenistsicherinersterLinie
diegestiegeneBekanntheitdesAngebotsverantwortlich.Mitgewirkthabenjedochauch
dieindenletztenJahrenerfolgtestärkereVerankerungvon(auchverpflichtender)
ElternarbeitindenBildungsplänenderInstitutionenunddieEinführungeinerstandardi-
siertenEntwicklungsbeobachtungallerVorarlbergerKindergartenkinder,inderenRahmen
„BrückenbauerInnen“diePädagoginnenundPädagogenbeiderstrukturiertenBeobachtung
derKinderunterstützen.
DurchdieDolmetschleistungder„BrückenbauerInnen“könnendiePädagoginnenund
PädagogendieElternumfassendundgutinformieren,unddasineinementlastenden
SettingfüralleBeteiligten.DiePädagoginnenundPädagogenkönnensich,andersalswenn
KinderoderVerwandtedolmetschen,daraufverlassen,dassdas,wassiesagen,sachlichgut
übermitteltwird.DieElternkönnensichaufdieinhaltlichenFragenkonzentrieren.Dadurch
könnensiedieArbeitderPädagoginnenundPädagogenzuHausekonkretunterstützenund
siegelangenzugutenundvonihnendannauchverbindlichgetragenenEntscheidungen.
DiePädagoginnenundPädagogenmeldenaucheineWirkungaufdieTeilnahmederEltern
andenAgendenderKindergärtenundSchulenzurück.Siemeldenzurück,dasssichdie
TeilnahmeanElternabendenerhöhthat,dassandiesenElternabendenmehrgefragtwird
undElterndannauchinSettingsohne„BrückenbauerInnen“stärkernachfragenundden
KontaktzurSchuleoderzumKindergartenpflegen(NachfragebeimAbholenderKinder
etc.).DarüberhinausmeldensieatmosphärischeVeränderungenzurück:Eltern,diesich
durchdieDolmetscherinnenundDolmetscherausführlichmitPädagoginnenundPädagogen
unterhaltenkonnten,grüßenvertrauensvollbeiBegegnungenamSchulgeländeundauch
imöffentlichenRaum.
5_DieseWirkungsanalysestelltdieSichtderPädagoginnenundPädagogendar,davondiesenstrukturiertFeedbackgesammelt
wird.Quellen:kontinuierlichgesammeltesschriftlichesFeedbackderPädagoginnenundPädagogennach„BrückenbauerInnen“-
Einsätzen(fürdenProgrammbericht2008/2009wurdeeineersteZusammenfassungdieserRückmeldungenerstellt);
ForschungsarbeitvonBurtscher,I.(2017):WirkungdesProgrammsBrückenbauerInnenausSichtvonPädagoginnen,imAuftrag
vonokay.zusammenleben,Beidesverfügbarunter:www.okay-line.at/okay-programme/programm-mehr-sprache/programm-
dokumentation-und-wirkungsmessung.html;InterviewmitderlangjährigenKoordinatorindesProgrammbereichs,Elizabet
Hintner(imFrühjahr2017).
Die inhaltliche Arbeit mit den „Brückenbauer-
Innen“ orientiert sich an berufsethischen und
translationsmethodischen Standards, die
gemeinsam mit den „BrückenbauerInnen“ auf
der Basis von Fachliteratur entwickelt wurden.
Darunter die Kapitel „Berufsethische Bezie-
hungen“ und „Professionelles Verhalten“ von
Pöllabauer, S. in: Bundesministerium für Inne-
res et al. (Hrsg.) (2016): Dolmetschen im Asyl-
verfahren, Wien, und Hebenstreit, G.; Marics, A. :
Berufsethische Anforderungen und qualitäts-
volle Dolmetschung, in: UNCHR Österreich
(Hrsg.) (2015): Trainingshandbuch für Dolmet-
scherInnen im Asylverfahren, Wien.
2008
141 135 143200
252 266 284338
426
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
36|37
„[DieEltern]habeneineganzandereBeziehungzurSchulebekommen:Diekommen,
dierufenan,wenneinKindfehlt.[…]Weilsiesich–dasistjetztwirklichInterpreta-
tion,abereskönntesostimmen–,weilsiesichwirklichverstandenwissen.“
(EineVolksschuldirektorin,2011)
DurchdasDolmetschenerhaltendiePädagoginnenundPädagogenEinblickindieLebens-
realitätderFamilieneinerBevölkerungsgruppe,zudenensieinihremeigenenAlltagoft
wenigKontakthaben.DiePädagoginnenundPädagogenmeldenzurück,dassdadurch
LösungenzuFragenderKinderentwickeltundgefundenwerdenkönnen,dieohnediese
Einblickenichtmöglichwären.
„WirerfuhrenvonderMuttersehrvielüberdieFamiliensituationdesKindes,wasfür
unssehraufschlussreichwar.[...][DieMutter]hatunssehrvielüberdasVerhalten
desKindeszuHauseberichtetundauchwasdieÄrzteundTherapeutendesKindeszu
seinerEntwicklungsagen.“(EineKindergartenpädagogin,2015)
Siemeldenauchzurück,dasssiedurchdieGesprächeerleben,wievielGedankenundauch
SorgensichvieledieserElternumdieBildungihrerKindermachen.DashabedieEnt-
wicklungvonLösungenbeeinflusstundauchderStereotypisierungderGruppeentgegen-
gewirkt.AuchfürdieElternwerdensolcheWirkungenzurückgemeldet:Eltern,dievor
schwierigenEntscheidungenstehenwiebspw.inderFrageeinessonderpädagogischen
FörderbedarfsfürdieKinder,nehmendieSchulewenigeralsGegnerwahr,wenndurcheine
DolmetschleistungeinausführlicherAustauschzustandekommt,indemsichbeideSeiten
gutverständlichmachen.
„Ja,dasbautvieleHemmschwellenab–aufbeidenSeiten.Undichdenke,[die„Brü-
ckenbauerInnen“]förderneinfachdieVerständigungunddasfördertsicherauchden
Respektvoreinander.AlsoRespektderLehrervordenEltern,aberichdenkeauch,
dassElternauchLehrererkennenalsLeutemiteinergutenAbsicht.Alsodasistsicher,
wasderEinsatzvonBrückenbauerInnenbewirkt:dieVerständigungundderRespekt
undeinfachauchdiegegenseitigeWertschätzung,dassdieeinfachbesserwird.“
(EineSchulsozialarbeiterin,2011)
Leitung bei okay.zusammen lebenEvaGrabherr
Entwicklung und Umsetzung bei okay.zusammen lebenElizabetHintner(2007bisEnde2016)
AnnaLenaElsensohn(seit2017)
Wir danken unseren „BrückenbauerInnen“ der letzten zehn JahreMohamedAliAbadir,AhmedAhmed,GülsümAkyıldız,SedaAkyıldız,AseelAlheale,Sarah
Anasova,HayriyeAyhan,EsraBaskut,AdriennKlaraBècsi,NarinaChichan,TubaÇolak,
ElizabeteDeLima,AyselDemir,AliDjerdir,MilanaDolgueva,SelcanDurmus,EvaEgle,Vera
Ender,AnnaFilipova,ReneFixl,MatanatFrommelt,AntonioRomeroGarcìa,MarjamGelagaev,
HacerGöçen,ÇigdemGökmen-Erden,YaseminGorbach,EvrimGüllü,ElisabethHämmerle,
MarittaHartmann-Mähr,ElmarHasovic,KhamisHassanMohamedHassan,SemraI.mamoglu,
SatcitaIsakova,SevinçKapaklı,NeseKaya,FatmaKeskin,NuneKhachatryan,NalanKulil,
MostafaMohamedMaher,AmalidMahmudAli,YaseminMus,DoroteaNikolova,I.nciNihalÖzçan,
AfrimeRamadani,KarzanKaderSaleh,KatayoonSamadzadeh-Shahandi,MilanaSamchanova,
HülyaSeçgin,ElifSelvi,HülyaSimsek-Orhan,AdriennKlaraSzasz,SuzanTilki,Syuzanna
Tonoyan,SerapToydemir,ElmasTunael,AminaTurlueva,BirçanÜlker,CarmenWachter,Josef
Yalçin,EsraYanik,QiaoshanYe,GülserenYigitundTeresaZarembska.
38|39
3. Kompetenzaufbau für Deutsch als Zweitsprache unter den Bedingungen von Mehrsprachigkeit für Pädagoginnen und Pädagogen
SprachkompetenzgiltalszentralerSchlüsselfüreinengutenVerlaufvonBildungsprozes-
sen.EinegelingendeSprachförderungimKontextvonMehrsprachigkeitundeingutfunkti-
onierenderUmgangmitder(neuen)VielfaltindenBildungsinstitutionen,diedasPotenzial
derKinderundJugendlichenungeachtetihrerfamiliärenHerkunftzurEntfaltungbringen,
werdendamitzuSchlüsselkompetenzenunsererBildungsinstitutionen.EinwichtigerSchlüs-
selzumehrBildungsgerechtigkeitliegtindertäglichenpädagogischenArbeitinden
Bildungseinrichtungen.
BeiderEntwicklungdiesesProgrammbereichs(ab2007)musstenwirdavonausgehen,dass
dasGrosderPädagoginnenundPädagogennochnichtdenneuenHerausforderungen
entsprechendausgebildetwordenwaren.AuchdieEntwicklungvonFördermodellenund
-methodenfüreineSprachförderungimKontextvonMehrsprachigkeitunddieErarbeitung
undVeröffentlichungentsprechenderStudienundProgrammenahmenindenJahrenab
2000imdeutschsprachigenRaumdeutlichanFahrtauf.(DiePISA-Debattehatteinsbeson-
dereinDeutschlandeinenSchubanAktivitäteninderForschungundMaßnahmeninder
Umsetzungbewirkt.)Wirentschiedenuns,aufWeiterbildungsformatezusetzenund–aus
GründenbegrenzterMitteleinerkleinenProjektstelle–denFokusaufdenvorschulischen
Bereichzulegen.FüreineguteSprachentwicklungspieltdasAltereineentscheidende
Rolle.Jefrüherdiesegutunterstütztwird,destoerfolgreicherundnachhaltigersinddie
Wirkungen.FürdieEntwicklungderWeiterbildungsformatekonntenwirerfahrenePrakti-
kerinnengewinnen,welchedieinternationaleFachdebattebeobachtetenundlaufendin
ihreEntwicklungenmiteinbezogen.DerAnspruchwar,sowohldieneuestenErkenntnisseaus
derForschungwieauchdiereflektiertenErfahrungenimFeldeinzubeziehenundinden
AngebotendiezentralenHerausforderungenundFragenderPädagoginnenundPädagogen
konkretzuberücksichtigen.
DieseProgrammschieneunterstütztBildungseinrichtungensowiePädagoginnenundPäda-
gogenmitunterschiedlichenAngebotenindiversenFormatenbeiderErweiterungihrer
Kompetenzen,umKindernunabhängigvonihrersozialenundethnischenHerkunfteinegute
FörderungihrerSprachentwicklungzuermöglichen.
Angebote
• BereitsimJahr2008konnteinFormdesKompetenztrainings„DeutschalsZweitsprache
unterdenBedingungenvonMehrsprachigkeit“fürdenKindergartenunddieVolksschule
einerstesFormatzurVerfügunggestelltundbis2012achtmalerfolgreichangeboten
werden.ImJahr2013wurdedasTrainingscurriculuminleichtadaptierterFormzur
DurchführungandasKindergarteninspektoratübergeben.SeitherfindetdasTrainingim
RahmendesFortbildungsprogrammesfürKindergartenpädagoginnenund-pädagogen
statt,stehtaberauchweiterhinKindergartenassistentinnenund-assistentensowiedem
PersonalvonKinderbetreuungseinrichtungenoffen.
Umfang(Stand2017):14HalbtageplusLiteraturstudiumbzw.selbstständigesLernen,
beiBedarfzusätzlichesFachcoachingdurchdieTrainerinnen
• UnsereExpertinnenimKompetenznetzwerkdesProgramms„mehrSprache.“,diedasKom-
petenztrainingentwickelthabenundseitvielenJahrenumsetzen,bringendieTrainings-
inhaltemittlerweileinzahlreicheWeiterbildungenandererAnbieter(insbesonderefür
denvorschulischenBereich)inVorarlbergein(z.B.SchlossHofenoderBFIderArbeiter-
kammerVorarlberg).
• NebendemlandesweitenKompetenztraining,dasfürdasPersonalvonBildungseinrich-
tungenausallenGemeindenzugänglichist,werdeninden„NetzwerkmehrSprache“-
Gemeinden(mehrdazuimKapitel„NetzwerkmehrSprache“)bewusstauchTrainingsund
WeiterbildungenaufkommunalerEbeneangeboten.DieTrainingsangeboteindenGe-
meindenstellensicher,dassganzeEinrichtungenundihreTeamsanderselbenWeiter-
bildungteilnehmenkönnen.DamitwerdengemeinsameStandardsaufEbenederTeams
unddieVerbindlichkeitinderUmsetzunggefördert.
Umfang:jenachBedarf(voneinmaligenVeranstaltungenbiszumehrtägigenTrainings)
Wichtige Referenzen für die Entwicklung
dieses Programmbereichs:
• Das Modellprogramm „Förderung von Kindern
und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“
(FörMig) der Universität Hamburg wurde von
2004 bis 2009 durchgeführt und legte seine
Schwerpunkte auf Sprachdiagnostik, koope-
rative Sprachförderung, Sprachfördernetz-
werke, Sprachförderung an Übergängen im
Bildungssystem, Sprachförderung im Unter-
richt und Mehrsprachigkeit als Ressource.
Dabei wurde stark auf die Qualifizierung von
Pädagoginnen und Pädagogen gesetzt.
Anschließend an das Programm wurde im Jahr
2010 das „FörMig“-Kompetenzzentrum an
der Universität Hamburg eingerichtet.
• Das Programm „Sag’ mal was“ der Baden-
Württemberg Stiftung verfolgt das Ziel, die
sprachliche Bildung und den Spracherwerb
von Kindern bereits ab dem Kleinkindalter zu
stärken. Dabei wird stark auf Sprachförde-
rung im vorschulischen Bereich gesetzt,
wobei Mehrsprachigkeit besondere Aufmerk-
samkeit und Wertschätzung erfährt. Unter
anderem wurden zahlreiche Materialien für
die Sprachförderung und das Diagnoseinstru-
ment „LiSe-DaZ – Linguistische Sprachstand-
serhebung. Deutsch als Zweitsprache“ entwi-
ckelt, das „Netzwerk Sprache“ initiiert und
eine Vielzahl von Publikationen veröffent-
licht.
40|41
1.
Sprache und Kommunika-
tion: Grundlagen der
interkulturellen Kommuni-
kation
DieTeilnehmerinnenund
Teilnehmersetzensichmit
verschiedenenModellender
Kommunikationauseinander
undkönnenihrerworbenes
WisseninkonkretenSitua-
tionenimArbeitsalltag
umsetzenundihreeigenen
Kommunikationsstrukturen
reflektieren.Siewerden
sensibilisiertfür„Stolper-
steine“inderKommunika-
tionmitPersonenauseinem
anderenkulturellenUmfeld.
EinegelungeneKommunika-
tionsetztgegenseitige
Akzeptanzvoraus.Sprachen
lehrenundlernenistin
einerwertschätzendenUm-
gebungerfolgreich.Das
Kommunikationsverhalten
derLehrendenistgleich-
zeitigeinModellfürden
SpracherwerbderKinder.
2.
Wahrnehmung und
Sprache: Sprache mit allen
Sinnen lernen
DieTeilnehmerinnenund
Teilnehmerwissenüberdie
Funktionsweisederverschie-
denenWahrnehmungskanäle
undderenBedeutungfür
denSpracherwerb,das
Sprachverständnisunddie
SprachproduktionBescheid.
AufderpraktischenEbene
bedeutetdaszuerfahren,
wiemöglichstvieleWahr-
nehmungskanälebeiKindern
angesprochenwerden
können.
3.
Bedeutung von Sprache
und Sprachentwicklung
für die Persönlichkeit
des Kindes: Selbstwert
und Sprache
DieTeilnehmerinnenund
Teilnehmersetzensichmit
demVerlaufdesErstspra-
cherwerbsauseinander,
erkennendessenBedeutung
fürdiesozial-emotionale
EntwicklungdesKindessowie
dessenBedeutsamkeitals
GrundgerüstfürdenErwerb
jederweiterenSprache.
DieWertschätzungderSpra-
cheneinesKindesistdie
Grundlagefürdieweitere
sprachlicheEntwicklung
unddasSelbstwertgefühl
bzw.dasSelbstbewusstsein
desKindes.
4.
Spracherwerb:
Einsprachigkeit, Mehr-
sprachigkeit und Sprach-
entwicklung
DieTeilnehmerinnenund
TeilnehmererwerbenGrund-
kenntnissefüreinegezielte
Beobachtungdersprachlichen
EntwicklungderKinder
alsBasisfüreinesystema-
tischereSprachförderung:
—PhänomenederMehr-
sprachigkeit,früheund
spätereZweitsprachent-
wicklung
—nachhaltigeSprachent-
wicklungbiszurPubertät
—MeilensteinederEntwick-
lung
5.
Mehrsprachigkeit in
Klassen bzw. Gruppen,
Sensibilisierung der
Kinder für Sprachen
Direkteundindirekte
Thematisierung(Sichtbar-
machung)derinderGruppe
vorhandenenSprachen.
DieTeilnehmerinnenund
TeilnehmersollendenWert
derBeschäftigungmit
Sprachenerkennen,die
KindermitihrenSprachen
aufnehmenundwertschätzen
unddieunterschiedlichen
Muttersprachendamitauf-
werten.Dazudientaucheine
Reflexionüberdieeigene
Sprachentwicklung(Sprach-
biografie).
6.
Elternarbeit: Wie können
Eltern den Spracherwerb
unterstützen?
DieTeilnehmerinnenund
Teilnehmersetzensichmit
derEinbindungderElternin
diesprachlicheFörderung
ihrerKinderauseinander
(z.B.Vertrauenaufbauen,
Mitarbeiteinfordern,
Begegnungsräumeschaffen)
undgebenkonkreteHilfe-
stellungen.
7.
Konkrete Förderung
DieTeilnehmerinnenund
Teilnehmersindsensibili-
siertdafür,welcheSitua-
tionensichfürdieSprach-
förderungeignen,und
verfügenübereinausrei-
chendesHandlungsreper-
toire,umspontanKinder
lustvollundganzheitlich
zufördern.
Themen und Inhalte des Kompetenztrainings
„Deutsch als Zweitsprache unter den Bedingungen von Mehrsprachigkeit“
(wiebis2012vonokay.zusammenlebenangeboten)
Zur Vertiefung der Trainingsinhalte werden Fach-
coachings durch die Trainerinnen und Trainer
sowie „Interessengruppen“ (Wahlmodule in Form
von Abendeinheiten) angeboten.
Ein weiterer Schwerpunkt der Trainings liegt auf
Materialien- und Praxisaustausch.
Die „5 Bausteine für eine Praxis umfassender
sprachlicher Bildung“ sind ein Modell, das einen
Rahmen für die Sprachförderung und -bildung
auf allen Stufen des Bildungssystems (vom Kinder-
garten bis zum Ende der Pflichtschule) bieten soll.
Wie der Name schon sagt, identifiziert das Modell
fünf wesentliche Bereiche einer umfassenden
Sprachbildung:
Innere Bilder und Konzepte
Das Erleben der Welt, die uns umgibt, der damit
verbundene Aufbau von inneren Bildern und
Konzepten und die Verknüpfung von sprachlichen
Bezeichnungen mit diesen Erfahrungen bilden einen
zentralen Grundbaustein der gesamtsprachlichen
Entwicklung. In welcher Sprache der Konzeptaufbau
passiert, ist nicht von Bedeutung. Wichtig ist nur,
dass er in ausreichendem Maße passiert, denn die-
ses Wissen kann in der Folge in jede andere Sprache
transferiert werden.
Umgang mit Vielfalt
bezieht sich auf die Haltung von Pädagoginnen und
Pädagogen gegenüber der kulturellen, sozioöko-
nomischen und sprachlichen Vielfalt der Kinder.
Das bewusste Einbeziehen von Vielfalt als Res-
source kann helfen, das Von- und Miteinanderler-
nen zu aktivieren.
Mehrsprachigkeit
ist nicht der Störfall, sondern Normalfall. Mehr-
sprachigkeit im Unterricht zu nutzen und Sprachen
vernetzt zu lernen und zu lehren – mitgebrachte
Sprachen genauso wie in der Schule vermittelte –
braucht daher vor allem eine Haltungsänderung
aller Beteiligten. Die selbstverständliche Einbin-
dung aller Sprachen aller Kinder bzw. Schülerinnen
und Schüler fördert nicht nur deren Sprachkompe-
tenzen, sondern auch deren Selbstwertgefühl
und damit eine der wichtigsten Voraussetzungen
für erfolgreich verlaufende Bildungsprozesse.
Deutsch
Mündliche und schriftliche Sprachhandlungsfähig-
keit, der Aufbau von grammatikalischen Strukturen
und der Ausbau des Wortschatzes sind wesentliche
Teile des Bausteins „Deutsch“. Dabei wird eine Ver-
knüpfung von alltagsintegrierter mit spezifischer
Deutschförderung angestrebt, die je nach Bedürf-
nis der Kinder bzw. der Schülerinnen und Schüler
gestaltet wird. Ein wesentlicher Aspekt dieses
Bausteins ist der Erwerb der bildungssprachlichen
Ebene von Deutsch.
Sprach(en)bewusstsein und Sprachlernbewusstsein
Darunter werden unterschiedliche Phänomene
zusammengefasst, z. B. das Bewusstsein von und
über Sprachen, das Wissen, wie sie funktionieren,
was man mit Sprache(n) alles machen kann und wie
Sprachen in der Gesellschaft wahrgenommen wer-
den. Kinder, die mit mehreren Sprachen aufwachsen,
entwickeln ihr Sprach(en)bewusstsein früher als
monolinguale Kinder und erlernen daher weitere
Sprachen oft schneller als einsprachige Kinder.
Dieses sprachliche Wissen kann für alle weiteren
über die Sprache vermittelten Bildungsprozesse
den Boden bereiten. Der bewusste Umgang mit Spra-
chen und Sprachvarianten (wie bspw. auch mit Dia-
lekten und Registern einer Sprache) ist daher für
alle Beteiligten ein Gewinn – auch für monolingual
aufwachsende Kinder.
(Quelle:Allgäuer-Hackl,E.,Naphegyi,S.(2016):WennausWörtern
LandkartenwerdenundGrammatikSinnstiftet,in:Erziehung
undUnterricht,Nov./Dez.9–10,2016.AbHerbst2017imDetail
nachzulesenindenGrundlagenpapieren„5Bausteinefüreine
PraxisumfassendersprachlicherBildung“.)
Deutsch
Mehrsprachig
keit
Umgangmit
Vielfalt
Sprach(en)bewusstsein
Sprachlernbewusstsein
Innere Bilder undKonzepte
42|43
• UmauchdemPersonalvonKinderbetreuungseinrichtungeneineWeiterbildungimBereich
derfrühenSprachförderunganbietenzukönnen,wurdedasSeminar„Deutschals
ZweitspracheunterdenBedingungenvonMehrsprachigkeit“entwickeltundbis2013
fürLeiterinnenundLeitervonEltern-Kind-ZentrenundSpielgruppenangeboten.
Umfang:einTag
Seit2013stehtdasweitumfangreichereKompetenztraining(siehevorherigeSeite)
auchMitarbeiterinnenundMitarbeiternvonKinderbetreuungseinrichtungenoffen.
• AlsimSommer2015deutlichwurde,dassLehrpersonenanPflichtschuleninFolgeder
hohenAsylantragszahlenabHerbstmitzahlreichenKindernundJugendlichenaus
Krisen-undKriegsgebieteninihrenKlassenkonfrontiertseinwerden,wurdeeinedrei-
teiligeWorkshopreihefürdieseZielgruppeentwickelt.DieInhaltedieserWorkshopreihe
orientiertensichandenInhaltendervorangegangenenTrainings,wurdenaberspeziell
fürdieSprachförderungvon„QuereinsteigerinnenundQuereinsteigern“adaptiert.
Umfang:dreiNachmittageàdreiStunden
• NebenderFrage,wieSprachförderunginBildungseinrichtungenambestengestaltet
werdenkann,wurdeindenletztenJahreninderFachweltwiederBildungspolitikauch
dieFragenachderBeobachtungihrerWirkungeneingehenddiskutiert.Zahlreicheunter-
schiedlicheInstrumentezurSprachstandsbeobachtungvonKindernwurdenindiesem
Kontextentwickelt.ImRahmendesProgramms„mehrSprache.“beauftragtenwir
2011/2012unsereExpertinnen,diezumdamaligenZeitpunktwichtigstenBeobachtungs-
instrumentestrukturiertnachverschiedenenKriterienzuevaluieren.DieAnalyse
kamzudemErgebnis,dassalleuntersuchtenInstrumentespezifischeTeilbereicheder
Sprachentwicklungbeobachten.DiezeitgleichdurchgeführteStudiedesMercator-Insti-
tutsfürSprachförderung6kamzueinemähnlichenResultat.Wirentschiedenunsfür
dieEmpfehlung,dass,solangekeineeinheitlichebildungspolitischeEntscheidungfür
einspezifischesInstrumentgetroffenwird,PädagoginnenundPädagogendiepassenden
InstrumentedemjeweiligenBedarfentsprechendauswählensollten.DieErgebnisse
unsererAnalyse,dieEmpfehlungenundHandlungsvorschlägeflossendanninunsere
WeiterbildungenundBeratungen(z.B.aufGemeindeebene)ein.SoistdieEmpfehlung,
diepraktizierteSprachförderungstrukturiertzubeobachten,aucheinElementder
StandardsundLeitlinienunsererProzessarbeitmitdenGemeindenundStädtenim
RahmendesAngebots„NetzwerkmehrSprache“–Kooperationsplattformfüreinen
chancengerechtenZugangzuBildunginGemeinden.
• ImJahr2016wurdenwirvonderVorarlbergerLandesregierungbeauftragt,dasModell,
dasVorarlbergerKindergärtenundSchulenalsgemeinsamerOrientierungsrahmenfür
dieSprachförderungdienensoll,zubeschreiben.Darausentstandendie„5Bausteine
füreinePraxisumfassendersprachlicherBildung“,dieabHerbst2017alsBroschürenin
6_Mercator-InstitutfürSprachförderungundDeutschalsZweitsprache(2013):DieQualitätvonSprachstandsverfahrenimElemen-
tarbereich.EineAnalyseundBewertung,verfügbarunter:www.mercator-institut-sprachfoerderung.de/publikationen.
44|45
jeeinerVersionfürKindergärten,VolkschulenunddieSekundarstufeIzurVerfügung
stehen.EinerSammlungvonGute-Praxis-SteckbriefenimBereichderSprachförderung
sollkünftigbeiderVermittlungder„5Bausteine“einewichtigeRollezukommen.
Ergebnisse
Insgesamtnahmenvon2008bis2016circa1.500PädagoginnenundPädagogensowie
AssistentinnenundAssistentenausKinderbetreuungseinrichtungen,Kindergärtenund
SchulenanunserenWeiterbildungenimRahmendesProgramms„mehrSprache.“teil.
NichtmitgezähltsinddabeidiePädagoginnenundPädagogen,dieanSchulungenund
VeranstaltungenmitunserenExpertinnenundExpertenimRahmenvonAngebotenandere
Anbieterteilnahmen.DasProgrammhatdamitzueinervorallemimvorschulischenBereich
flächigenSensibilisierungundQualifizierungbeigetragen.
Kompetenztraining„DeutschalsZweitspracheunterdenBedingungenvonMehrsprachigkeit“(von2008bis2016)
237Personeninvonokay.zusammenlebenorganisiertenTrainings,93PersoneninvomKindergarten-inspektoratorganisiertenTrainings
Weiterbildungsangebotein„NetzwerkmehrSprache“-Gemeinden(von2011bis2016)
1.041Personen
SeminarefürLeiterinnenundLeitervonEltern-Kind-ZentrenundSpielgruppen(imJahr2015)
77Personen
WorkshopreihefürPflichtschulpädagoginnenund-pädagogen(von2015bis2016)
95Personen
Gesamt 1.543Personen
Wirkungen
PädagoginnenundPädagogeninKindergärtenundSchulen,AssistentinnenundAssistenten
sowieBetreuungspersonalinKindergärtenundKinderbetreuungseinrichtungenberichten
überpositiveEffektedesKompetenztrainings„DeutschalsZweitspracheunterdenBedin-
gungenvonMehrsprachigkeit“unddeninhaltlichdaranangelehntenFortbildungenauf
Gemeindeebene.SienehmenbeisichselbsteinenverändertenZugangzumThemaMehrspra-
chigkeitwahrundberichtenübereineverändertePraxisderSprachförderung.Sieseheneine
VerbesserunginihrerElternarbeit,dasieimRahmenderTrainingsVorurteileabbauenund
mehrOffenheitfürdieVielfaltdervonihnenbetreutenKinderundderenFamilienentwickeln
konnten.DieTeilnehmerinnenundTeilnehmeranunserenWeiterbildungenberichtenzudem,
sichnunbeiderSprachförderungundbeiderElternarbeitsichererzufühlen.7
DieErgebnisseimDetail
DiePädagoginnenundPädagogen,AssistentinnenundAssistentensowieBetreuerinnenund
BetreuerseheneinepositiveWirkungderTrainingsinderVeränderungihresZugangszu
Mehrsprachigkeit.EswirdvonmehrWertschätzungbzw.Offenheitberichtet:Mehrsprachig-
keitwirdalsBereicherungfürdiealltäglicheArbeitwahrgenommenundnichtmehrals
Bedrohung.DamitinZusammenhangstehendnehmendieTrainingsteilnehmerinnenund
-teilnehmerbeisichauchmehrOffenheitfürKinderundElternmitMigrationshintergrund
wahr.UnsereTrainerinnennehmeneinesolcheHaltungsänderungbesondersstarkin„Netz-
werkmehrSprache“-Gemeindenwahr.8MitdiesenGemeindenwirdüberJahrehinwegintensiv
zudenThemenSprachförderungundMehrsprachigkeitgearbeitetundTeamsganzerBil-
dungseinrichtungenwerdentrainiert.DadurchscheintsichdieWirkungvonFortbildungs-
maßnahmendeutlichzuverstärken.
„WerfeeigeneVorurteileüberBord;Vorurteilewerdeneinembewusst;
Blickweitetsich.“
DieTrainingsinhaltefindenauchEinzugindenAlltagvonSchulen,KindergärtenundKin-
derbetreuungseinrichtungen.DieTrainingsteilnehmerinnenund-teilnehmerverändernihre
KommunikationmitdenKindern–siewählendieWörterundihreAusdrucksweisebewusster
undsehensichstärkeralssprachlicheVorbilder.DerbewusstereUmgangmitSprache
manifestiertsichu.a.auchimbewusstenZuhörenundimSichzeitnehmenfürdieKommuni-
kationmitdenKindern.
7_Quellen:DieseAnalysebasiertaufdemschriftlichenFeedbackvon444PädagoginnenundPädagogen,dieab2008amKompetenz-
training„DeutschalsZweitspracheunterdenBedingungenvonMehrsprachigkeit“oderaninhaltlichandasKompetenztraining
angelehntenFortbildungenaufkommunalerEbeneimRahmendesProgramms„NetzwerkmehrSprache“teilgenommenhaben.
8_Quelle:AustauschsitzungzurWirkungdesProgramms„mehrSprache.“imMärz2017.
46|47
SprachförderungwirdnachdenTrainingswenigerals„Sonderprogramm“,sondernmehrals
alltäglichePraxiszumNutzenallerKinderbegriffen.GleichzeitigwirddieSprachförderung
strukturierterundkonsequenter:VerschiedeneMethodenundInstrumentezurSprach-
förderungwerdeneingesetzt(beispielsweisedievorgestelltenGeschichten,Spieleund
Reime).DieTrainingsteilnehmerinnen-teilnehmerberichtenvonmehrSensibilitätfürdie
sprachlicheEntwicklungdervonihnenbetreutenKinder.Diesewirdaufmerksamerverfolgt
undvermehrtmithilfevonBeobachtungsinstrumentendokumentiert,dieindenKompe-
tenztrainingskennengelerntwurden.SokannindividuelleraufjedeseinzelneKindeinge-
gangenwerden.
„IchredemitdenKindernandersalsvordemKompetenztraining.
Versuche,vielindenAlltageinfließenzulassen.“
„Ja,ichbeobachtemichselbervielmehrinmeinerWortwahl,Fragestellung,
AusspracheimAlltag.IchgehebewussteranBilderbücherheran.“
EinweitererBereich,indemdieTrainingsteilnehmerinnenund-teilnehmervonpositiven
VeränderungendurchdieFortbildungberichten,istdieElternarbeit.Einerseitsführen
diePädagoginnenundPädagogendiesaufeinenAbbauvonunreflektiertenVorannahmen
zurück.AndererseitsfühlensiesichdurchihrenKompetenzaufbauimBereichderSprach-
förderungbesserfürdieElternarbeitgerüstetundeswirdalspositiverlebt,dassneu
erworbenesWissenandieElternweitergegebenwerdenkann.DurchdieTrainingshatdie
ElternarbeiteinenanderenStellenwerterhalten.Daszeigtsichu.a.aneinemintensiveren
KontaktderPädagoginnenundPädagogenmitdenEltern.
„MehrEnergieundneueIdeenfürweitereSprachfördereinheitenundElternarbeit“
„MehrSicherheit;mehrWissen;kannElternnunbesservermittelnoderantworten
aufihreFragen.“
AbernichtnurinderElternarbeitfühlensichdieTrainingsteilnehmerinnenund-teil-
nehmersicherer.DurchdasKompetenztrainingfühlensiesichinihremTunbestärktund
insbesondereinderSprachförderungselbstsicherer.DaszeigtsichauchinderArbeit
imTeam:SoberichtenPädagoginnenundPädagogenbeispielsweise,sichnunaktiverfür
dieSprachförderungeinzusetzen.
„BestärktmichimTunalsSprachförderin.“
EinweitererMehrwertderTrainingswirdimAustauschmitanderenPädagoginnenund
Pädagogen,AssistentinnenundAssistentensowieBetreuerinnenundBetreuerngesehen.
DieserAustauschunterstütztdieReflexionüberdieeigeneArbeit,machtunterschiedliche
Zugängesichtbar(z.B.inderElternarbeit)undbringtneueIdeen.Nichtzuletztführendie
TrainingsbeivielenTeilnehmerinnenundTeilnehmernzumehrMotivationfürdieArbeit
undmehrFreudeandieser.
WährendamKompetenztraining„DeutschalsZweitspracheunterdenBedingungenvon
Mehrsprachigkeit“undandendaranangelehntenFortbildungeninden„Netzwerkmehr
Sprache“-GemeindenüberwiegendPädagoginnenundPädagogensowieAssistentinnenund
AssistentenausKindergärtenteilnehmen,richtetesichdieindenJahren2015und2016
veranstalteteWorkshopreihe„SprachlicheFörderungvonQuereinsteigerInnen(Kinderund
JugendlicheausKrisenregionen)mitSchwerpunktaufdenDeutscherwerb“anLehrpersonen
inderPflichtschule.DafürwurdendieInhaltedesKompetenztrainingsfürVolksschul-und
Sekundarstufe-I-Pädagoginnenund-Pädagogenadaptiert.AuchdiesesehendenNutzender
Fortbildungsehrstarkdarin,mehrSicherheitbeiderSprachförderungihrerSchülerinnen
undSchülerbekommenzuhaben–einerseitsdurcheinbesseresWissenüberdenSprach-
erwerbunddieMöglichkeitenderSprachförderungundandererseitsdurchdiezahlreichen
praktischenÜbungen,diemitwenigAufwandimUnterrichtumgesetztwerdenkönnen(wie
bspw.Arbeitsblätter,Buchtipps,Spiele,Bildgeschichten).9
Leitung bei okay.zusammen leben SimonBurtscher-Mathis
Inhaltliche Entwicklung der Angebote und Vermittlung durch Expertinnen des Kompetenznetzwerks von „mehr Sprache.“ ElisabethAllgäuer-Hackl
SimoneNaphegyi
GerlindeSammer
SusanneSteinböck-Matt
Wir danken den weiteren Referentinnen und Referenten BeateBröll,MustafaCan,GülayDemirkir,MartineDurig,BouthainaFabach,RenateGassner,
MargaretheKopf-Lerch,ElisabethKössler,KhamisHassan,ChristaLissy-Rauch,Brigitte
Olschnögger,ElkeSchlösser,LenkaSkerdova,ChristineTroyundSiiriWillam.
FürdieZusammenarbeitimRahmender„5BausteinefüreinePraxisumfassendersprachli-
cherBildung“undbeiderEvaluierungderInstrumentezurSprachentwicklungsbeobachtung
dankenwirVerenaBlaschitz(UniversitätWien),KatharinaBrizic(UniversitätFreiburg),
UlrikeJessner-Schmid(UniversitätInnsbruck)undEvaVetter(UniversitätWien).
9_Quellen:SchriftlicheRückmeldungenderTeilnehmerinnenundTeilnehmeramEndederWorkshopreihenindenJahren
2015und2016.
48|49
4. Sprachkompetenztrainings für Jugendliche
VieleJugendlichescheiternaufgrundmangelnderbildungssprachlicherKompetenzeninder
LandesspracheDeutschamAbschlussderPflichtschuleoderamÜbergangineineweiter-
führendeAusbildung.IndenletztenJahrensinddiesejungenMenschenvermehrtals
sogenannteRisikoschülerinnenundRisikoschüleroderalsfrüheSchulabgängerinnenund
SchulabgängerinsZentrumderAufmerksamkeitgerückt.EinhäufigesMerkmaldieser
Jugendlichenist,dasssiesichzwarimAlltagverständigenkönnen,abernichtüberdie
sprachlichenKompetenzenverfügen,ummit(Fach-)Textenzuarbeiten.DaskannJugend-
lichemitundohneMigrationshintergrundbetreffen.FürdieseZielgruppeeinpassendes
Angebotzuentwickeln,warAusgangspunktunsererÜberlegungenzumProgrammbereich
„Sprachkompetenztrainings“(SKT).Zielwares,einTrainingzuentwickeln,dasaufdas
„Entschlüsseln“vonTextenfokussiert,derenVerständnisfürdasErreichenbzw.dasNach-
holeneinesSchul-bzw.AusbildungsabschlussesVoraussetzungist.DamitsollenJugendli-
chezurWeiterführungihresBildungswegesbefähigtwerden.
Angebote
DasersteSprachkompetenztraining(„Sprachkompetenztrainingklassik“)wurdeimJahr
2009entwickelt.Esumfasste45ÜbungseinheitenundwurdealsZusatzangebotimRahmen
vonProjekten,dieJugendlicheamÜbergangvonderSchuleindenArbeitsmarktbetreuten
(z.B.inüberbetrieblichenAusbildungszentren),angeboten.
DieimTrainingverwendetenMethodenzurFörderungderbildungssprachlichenKompeten-
zenbasierenaufdenArbeitenvonUdoOhm,ChristinaKuhn,HermannFunk,SabineSchmöl-
zer-Eibinger,NorbertLeisenundKieranEgan,diesichmitsprachsensiblemFachunterricht
undderFörderungvonTextkompetenzeninmehrsprachigenKlassenbefassen.10
Das „Sprachkompetenztrainings klassik“
wurde im Rahmen der folgenden Maßnahmen
am Übergang zwischen Schule und Arbeits-
markt angeboten:
• WerkZeit Bludenz/Bregenz
(gemeinnütziges Beschäftigungsprojekt)
• Überbetriebliches Ausbildungszentrum
Rankweil/Hohenems
(Berufsausbildungsprojekt)
• Startbahn Feldkirch/Bludenz (niedrig-
schwelliges Jugendbeschäftigungsprojekt)
• Offene Jugendarbeit Dornbirn
• Dornbirner Jugendwerkstätten (gemein-
nütziges Beschäftigungsprojekt)
• JugendWerkStadt Bregenz (niedrigschwelli-
ges Jugendbeschäftigungsprojekt)
10_DasTrainingsmodell,dasSKT+zugrundeliegtunddieMethoden,diezurAnwendungkommen,wurdevorKurzemalsMethoden-
papierveröffentlicht;verfügbarunter:www.okay-line.at/file/656/methodenhandreichung-skt.pdf.
ImJahr2012wurdedasSprachkompetenztrainingumzusätzlicheElementeausdemBereich
derBasisbildung(mathematischeGrundkompetenzenunddigitaleElementarbildung)
erweitertundumfasstseither100Übungseinheiten.
Dieseserweiterte„Sprachkompetenztrainingplus“(SKT+)basiertaufsechsSäulen:
Methodische Grundlagen der Sprach-
kompetenztrainings:
• Egan, K. (2005): An Imaginative Approach
to Teaching. San Francisco: Jossey-Bass
Publishers.
• Leisen, J. (2010): Handbuch Sprachförde -
rung im Fach. Sprachsensibler Fachunter-
richt in der Praxis. Bonn: Varus-Verlag.
• Ohm, U.; Kuhn, Ch.; Funk, H. (2007): Sprach-
training für Fachunterricht und Beruf.
Fachtexte knacken – mit Fachsprache arbei-
ten. Münster: Waxmann, FörMig Edition 2.
• Schmölzer-Eibinger, S. (2008): Lernen in der
Zweitsprache. Grundlagen und Verfahren
der Förderung von Textkompetenz in mehr-
sprachigen Klassen. Tübingen: Narr.
6 Säulen des SKT+
Sp
rach
lich
e
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mp
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50|51
PlakatundFlyerderSprachkompetenztrainings,2013
52|53
MitdieserErweiterungwurdendieTrainingsauchausihrerEinbettunginandereProjekte
amÜbergangzwischenSchuleundArbeitsmarktgelöst.SeitherrekrutierendieSKT-Trainer-
innenund-TrainerselbstständigJugendlicheunddieTrainingskönnenüberallinVorarl-
bergangebotenwerden.InzwischenhatsichSKT+alswichtigesBrückenangebotzuPflicht-
schulabschlusskursenetabliert.
MitderZunahmederFluchtmigrationnachVorarlbergwerdendieSprachkompetenztrainings
verstärktvonjungenFlüchtlingen,diesichaufdasNachholenvonBildungsabschlüssen
vorbereiten,nachgefragt.UmdenBedürfnissendieserZielgruppe,dieinderRegelerstseit
sehrkurzerZeitDeutschlernt,gerechtzuwerden,wurdendieTrainingsinhalteadaptiert.
AufgrunddesgroßenInteressesandenMethodendesSprachkompetenztrainingswurden
indenletztenJahrenwiederholtWissenstransfersdurchgeführt.ImRahmendieserWissen-
stransferswurdendieMethoden,dieindenSprachkompetenztrainingsverwendetwerden,
strukturiertanTrainerinnenundTrainerbzw.ArbeitsanleiterinnenundArbeitsanleiter
andererEinrichtungenvermittelt,damitsieauchindiesenInstitutionenzurAnwendung
kommen.
Ergebnisse
Seit2010wurdenimRahmender„Sprachkompetenztrainingsklassik“undder„Sprachkom-
petenztrainingsplus“763JugendlicheimRahmenvonetwa7.300Übungseinheitentrainiert.
Insgesamtnahmen87PersonenandenWissenstransfersteil,indenenderFokusaufder
Methodenvermittlunglag.
SKTklassik(2010–2013) SKT+(2012–2016)
SprachkompetenztrainingsfürJugendliche
AnzahlderTeilnehmerinnenundTeilnehmer 297Personen 466Personen
AnzahlderGruppen 40Gruppen 55Gruppen
Trainingsstunden circa1.800Stunden circa5.500Stunden
WissenstransfersfürTrainerinnenundTrainersowieArbeitsanleiterinnenund
ArbeitsanleiterandererInstitutionen
AnzahlTeilnehmerinnenundTeilnehmer 60Personen 27Personen
Wirkungen
DieWirkungenderSprachkompetenztrainingskönneninzweiBereichenidentifiziertwer-
den:einerseitsbeidenJugendlichen,dieandenTrainingsteilgenommenhaben,undande-
rerseitsbeidenInstitutionen,mitdenendieSKT-TrainerinnenundTrainerseitvielen
Jahrenengzusammenarbeiten.11
DieWirkungaufEbenederJugendlichen
JugendlichesehendieWirkungderSprachkompetenztrainingsvorallemaufdreiEbenen:
• imBereichSprachkompetenz
• imBereichsozialeKompetenzen
• imBereichSelbstvertrauenundSelbstwirksamkeit
DieindenTrainingsentwickeltenbzw.gestärktenFähigkeitenkönnendieJugendlichenin
derFolgefürihreBildungs-undBerufswegenutzen.DamitwerdendieJugendlichen
zusätzlichinBereichengestärkt,diefürdiegesellschaftlicheTeilhaberelevantsind.
DieErgebnisseimDetail
Sprachkompetenzen
DieTrainingswirkensichpositivaufdieSprachkompetenzenderJugendlichenaus–neues
Wissenwirderworben,bereitsGelernteswirdaufgefrischtundvertieft.Dasspiegeltsich
klarindenRückmeldungenderJugendlichenwider:DieJugendlichenmeldenVerbesserun-
genihrerLese-undSchreibkompetenz,ihrerGrammatikkenntnisseundihresWortschatzes
zurück.Sieberichtendavon,flüssigerundsinnerfassenderlesenzukönnen.IhreKennt-
nissederRechtschreibungundGrammatikhabensichverbessert.SiekönnenleichterSätze
bildenundsiesindsichererimUmgangmitverschiedenenTextsorten(z.B.Briefen,E-Mails
undBewerbungsschreiben).
„[...]Ichhabevielgelernt.UndichhabemeineSchriftundDeutschverbessert.“
„IchhattefrüherAngst,einenTextlautzulesen,undeinfachzureden.
DieAngstistinmirverschwunden.“
„IchhabewährenddesSprachkompetenztrainingsgemerkt,womeineSchwächenund
StärkensindinderdeutschenSprache.DieSchwächenwerdeichinZukunftverarbeiten.“
11_Quellen:schriftlichesFeedbackderJugendlichenamEndederTrainings(2010–2016);FokusgruppemitLeiterinnen
undLeiternsowieTrainerinnenundTrainerlangjährigerKooperationspartner(imFrühjahr2017).
54|55
InderVerbesserungdersprachlichenKompetenzensehenauchunserelangjährigenKoope-
rationspartnerdiegrößteWirkungderTrainings:DieSprachkompetenztrainingswerdenvon
ihnenalswertvolleVorbereitungs-undBegleitmaßnahmevonPflichtschulabschlusskursen
betrachtet,umJugendlicheimFachDeutschzufördern.
SprachkompetenzenwerdenimRahmenderTrainingsauchanhandmathematischerAufga-
benstellungengeübt.Esgehtalsonichtdarum,Rechenoperationenzutrainieren,sondern
dieArbeitmitTextaufgabensollesJugendlichenermöglichen,diesezuentschlüsseln(z.B.
Fachwortschatz,spezifischeSprachstrukturen,diebestimmteRechenoperationenimplizie-
ren).IndenSprachkompetenztrainingswerdensomitnotwendigeVorarbeitengeleistet,um
mathematischeKompetenzenüberhaupteinsetzenzukönnen.Dasspiegeltsichauchinden
RückmeldungenderJugendlichenwider.EineVerbesserunginMathematikwirdvonvielen
Jugendlichengenannt,ohnedieseVerbesserungzuspezifizieren.MancheRückmeldungen
beziehensichaberauchdezidiertaufdasVerständnisderAufgabenstellungen.
„Textaufgabenkannichjetztbesserlösen,weilichbesserlesenkann.“
IndiesemBereichsehenauchunsereKooperationspartnereinengroßenMehrwertder
Sprachkompetenztrainings.Siebeobachten,dassJugendlichenachdenTrainingsTextaufga-
benleichterverstehen,dieBedeutungvonWörterneigenständigerherleitenkönnenund
sichererAntwortsätzeformulierenkönnen.
AuchimUmgangmitInformations-undKommunikationstechnikwirdindenTrainings
Sprachegeübt.SolernenJugendlichebspw.AnwendungenwieOnlinewörterbücherkennen,
machenÜbungenimRecherchierenetc.ZudemwerdenJugendlicheinBereichengeschult,
dierelevantfürdieberuflicheIntegration(AufwelchenWebseitenkannichnachLehrstel-
lensuchen?)undfürdiegesellschaftlicheTeilhabesind(AufwelchenlokalenWebseiten
kannichwelcheInformationenfinden?WasistimUmgangmitneuenMedienzubeachten?)
(siehedazuAbschnitt„BeruflicheIntegrationundsozialeTeilhabe“).
SozialeKompetenzen
DieJugendlichensehensichdurchdieSprachkompetenztrainingsinihrensozialenKompe-
tenzengestärkt.DiesbetrifftvorallemdieSensibilitätfürverschiedeneSprachvarietäten
unddasWissendarüber,wannwelcheeingesetztwerdensoll(z.B.imUmgangmitEltern,
FreundinnenundFreunden,Vorgesetzten,imKundenkontakt).
SelbstvertrauenundSelbstwirksamkeit
ZahlreicheJugendlicheberichten,dasssiedurchdieSprachkompetenztrainingsinihrem
Selbstvertrauengestärktwurden.Dabeibeziehensiesichnichtnur,aberauchaufeinen
selbstsichererenUmgangmitSprache.DieseWirkungbestätigenauchunsereKooperations-
partner:InsbesonderezurückhaltendeJugendlichewerdenimmündlichenSprachgebrauch
selbstsicherer.
ZudemwirdvondenJugendlichenberichtet,dasssichihreSelbsteinschätzungverbessert
hat:SiesindsichihrerStärkenundSchwächenbewussterundkennenLernstrategien,uman
sichzuarbeiten.
BeruflicheIntegrationundsozialeTeilhabe
DieWirkungenindenBereichenSprachkompetenzen,sozialeKompetenzensowieSelbst-
vertrauenundSelbstwirksamkeitnutzendenJugendlicheninihrerBildungs-bzw.Berufs-
laufbahn.SowurdenüberdasÜbenunddieAuseinandersetzungmitTexten,diedenLebens-
weltenderJugendlichenentsprechen,u.a.Kompetenzengestärkt,diebeiderSuchenach
einemAusbildungsplatzrelevantsind.DieJugendlichenmeldenzurück,dasssieTipps
fürdieLehrstellensucheunddasVerfassenvonBewerbungsunterlagenbekommenhaben.
„IchkannmichbesserpräsentierenbeiBewerbungsgesprächen
undkannmichbesserunterhalten.“
VieleTeilnehmerinnenundTeilnehmerderSprachkompetenztrainingsarbeitenaufkonkrete
Ausbildungsabschlüssehin.SieziehenausdenTrainingseinenkonkretenNutzenfürihre
derzeitigeAusbildung:SoberichtenJugendliche,dievorderLehrabschlussprüfungstehen,
dassdieErweiterungihresWortschatzesumberufsspezifischeWörterfürsiehilfreichist
undsiesichbeiderErklärungvonArbeitsschrittenbestärktfühlen.UndKooperationspart-
ner,dieJugendlicheimAnschlussandieSprachkompetenztrainingsbetreuen,berichten
u.a.überdiegroßeMotivationimHinblickaufBildungsmaßnahmen,diesiebeiehemaligen
SKT-Teilnehmerinnenund-Teilnehmernwahrnehmen.
AberauchganzalltagspraktischesWissenwiez.B.dasAusfüllenvonFormularenwieMelde-
zettelnwirdvonJugendlichenalsNutzen,densieausdenTrainingsziehen,rückgemeldet.
DieWirkungaufEbenederinstitutionellenKooperationspartner
NebendenWirkungenderTrainingsbeidenJugendlichenbeobachtenunsereSKT-Trainer-
innenundTrainerundihrelangjährigenKooperationspartnerdiverseWirkungenaufder
EbeneandererEinrichtungen:
• TrainerinnenundTrainerinderErwachsenenbildung,diemitdemProjektinKontakt
warenbzw.sind,habenWissenumdieBedeutungbildungssprachlicherKompetenzen
undBewusstseindafürerworben.
56|57
• SKT-Methodenwurdeninandere(Aus-)Bildungsmaßnahmentransferiertundfinden
dortbspw.imArbeitsalltagintegriertihreAnwendung(z.B.inderDesignwerkstattder
OffenenJugendarbeitDornbirn).
• VoneinzelnenEinrichtungenwurdedasgesamteTrainingskonzeptübernommen
(z.B.vonifsStreetworkMühletorBludenz).
Leitung bei okay.zusammen lebenSimonBurtscher-Mathis(bisHerbst2016)
StefanRainer(seitHerbst2016)
Entwicklung und Umsetzung bei okay.zusammen lebenBirgitBertsch
StefanRainer
ChristianeVögel
MirelaMalagic
Fachbegleitung:SusanneSteinböck-Matt
Wir dankendenTrainerinnenundTrainernunsererlangjährigenKooperationspartner
ifsStreetworkMühletorBludenzundÜberbetrieblichesAusbildungszentrumVorarlberg:
BenjaminGunz,SimoneHopfner,SarahNatterundRafaelaSchwer.
5. „Netzwerk mehr Sprache“ – Kooperationsplattform für einen chancengerechten Zugang zu Bildung in Gemeinden
EineseitJahreninDeutschlandundderSchweizverfolgteStrategiezurFörderungeines
chancengerechtenZugangszuBildungistderAufbauvonNetzwerkenaufkommunalerund
regionalerEbene.AktivinderEntwicklungundUmsetzungsolcherNetzwerkesindrenom-
mierteBildungsakteurewiedieBertelsmannStiftung,dieDeutscheKinder-undJugendstif-
tungunddieJacobsFoundation.BeiallenAnsätzenisteineaufeinanderabgestimmteund
kooperativeVorgehensweiseallerfürdieBildungsförderungvonKindernundJugendlichen
wichtigenundzuständigenAkteureinnerhalbwieaußerhalbdesBildungssystemszentral.
DasZielist,durchdieseVorgehensweiseeinedeutlicheWirkungsverstärkungderBildungs-
förderungallerKinder,unabhängigvonihrersozialenundethnischenHerkunft,zuerreichen.
AufbauendaufErfahrungenausdemProjekt„Sprachfreude–Nenzingsprichtmehr“ver-
folgenwirim„NetzwerkmehrSprache“diesenAnsatzseit2011gemeinsammitdenGemein-
denundStädtenBludenz,Frastanz,Feldkirch,Hard,Lauterach,RankweilundWolfurt.
DasVorarlberger„NetzwerkmehrSprache“konzentriertsichinhaltlichaufdenBereichder
frühenSprachbildung,dadieSprachedieGrundlagefüreinenchancengerechtenZugangzu
BildungistunddieerstenLebensjahreeinwichtiges„Fenster“fürdieSprachentwicklung
vonKinderndarstellen.DieGrundideediesesNetzwerkesist:Eineguteunddurchgängig
abgestimmteZusammenarbeitderanderSprachentwicklungvonKindernvorOrtbeteiligten
Institutionen(Elternbildung,Familienservice,Migrantenvereine,Kinderbetreuung,Spiel-
gruppen,Kindergärten,Volksschulen,Mittelschulen,Bibliothekenetc.)kanndieQualitätfür
alleKinder,unabhängigvonihrerErstsprache,entscheidenderhöhenundzueinerstärke-
renWirkungdereinzelnenMaßnahmenbeitragen.DiesprachlichenKompetenzenvonKin-
dernalsBasisfürjeglicheweiterenBildungsprozessezustärken,isteinekonkreteMöglich-
keitfürKommunen,Chancengerechtigkeitzufördern.KommunensindimHinblickaufdieses
AnliegenAkteuremiteinerhohenGestaltungsmöglichkeit.
Referenzprojekte
• „Lokale Bildungslandschaften“ der Deut-
schen Kinder- und Jugendstiftung und
der Jacobs Foundation
• „Regionale Bildungslandschaften“ der
Bertelsmann Stiftung in Deutschland
• „Netzwerke für durchgängige Sprachbildung“,
Projekt FörMig der Universität Hamburg
• „Aufschwung für frühe Chancen“ des
deutschen Bundesministeriums für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend und der Deut-
schen Kinder- und Jugendstiftung
• „Lernen vor Ort“ des deutschen Bundes mi-
nisteriums für Bildung und Forschung ge-
meinsam mit mehreren deutschen Stiftungen
Die inhaltliche Arbeit im „Netzwerk mehr
Sprache“ findet entlang von vier Handlungs-
feldern statt:
• Früh beginnen, Elternkooperation, Eltern-
bildung: frühe Förderung von 0 bis 3 Jahren:
Die frühe Sprachförderung ist für Familien
mit Kleinkindern, unabhängig von deren
Erstsprache, eine alltägliche Aufgabe, die
sich entscheidend auf den Bildungserfolg
der Kinder auswirkt. Der frühen Kooperation
mit Eltern und spezifischen Elternbildungs-
angeboten wird im „Netzwerk mehr Sprache“
darum besondere Bedeutung beigemessen.
• Mehrsprachigkeit im öffentlichen Raum
und Öffentlichkeitsarbeit:
Mehrsprachigkeit ist für den Spracherwerb
aller Kinder eine Ressource. Die Entwicklung
der Sprachlust und der Neugierde auf andere
Sprachen ist deshalb ein zentrales Anliegen
in den „Netzwerk mehr Sprache“-Gemeinden.
• Sprachförderung in Bildungseinrichtungen:
Für eine gute sprachliche Entwicklung ist
neben der frühen Förderung in der Familie
und im sozialen Umfeld des Kindes auch eine
frühe und durchgängige Sprachentwicklungs-
begleitung in den Bildungseinrichtungen
notwendig. In den „Netzwerk mehr Sprache“-
Gemeinden wird daher ein kompetenter
Umgang mit Sprachförderung und Vielfalt in
Bildungseinrichtungen unterstützt.
• Vertikalvernetzung, Kooperationsstruktur
und Kooperationskultur:
In jeder „Netzwerk mehr Sprache“-Gemeinde
bieten unterschiedliche Akteure Möglichkei-
ten zur Förderung von Kindern und Eltern an.
Für die Verstärkung der Wirkung ist eine
Abstimmung der Angebote wichtig. Deshalb
vernetzen wir Institutionen und Akteure, die
sich im Bereich der Sprachförderung von Kin-
dern engagieren.
58|59
Angebote
Das„NetzwerkmehrSprache“ermöglichteineneffizientenAufbauvonKompetenzund
WissenfürdiedurchgängigeSprachentwicklungsbegleitungvonKindernauflokalerEbene
beimöglichstvielenAkteuren.
WirbietendafüreinefachlicheProzessbegleitungan.EntlangvoninhaltlichenLeitlinien,
dieaufdenaktuellenErkenntnissenderForschungimBereichderfrühenSprachentwick-
lungaufbauen,wirdineinemmehrerePhasenumfassendenProzess,dercircaeineinhalb
Jahredauert,dasNetzwerkinitiiertundzumArbeitengebracht.DiesesPhasenmodeller-
möglichtdenGemeinden,indieAufgabehineinzuwachsenundSchrittfürSchrittdie
VerantwortungfürdasNetzwerkzuübernehmen.ZurUnterstützungbeiderUmsetzung
stelltokay.zusammenlebenRessourcenausdemProgramm„mehrSprache.“zurVerfügung:
„BrückenbauerInnen“alsDolmetscherinnenundDolmetscher,Elternbildungsangebote,
KompetenztrainingsfürPädagoginnenundPädagogen,CoachingsdurchFachexpertinnen
undFachexpertenu.v.a.m.DieWirkungderNetzwerkarbeitkannineinemaufStandards
unddazugehörigenIndikatorenbasierendenMonitoringfortlaufenddokumentiertund
evaluiertwerden.
Durchdas„NetzwerkmehrSprache“werdenineinerGemeindewichtigeQualitäten
entwickeltundstabilisiert:
• EswirdeinelangfristigeUnterstützungderAkteureinSachenSprachförderung
aufgebaut.
• DurcheinefachlichfundierteUnterstützungvonaußenwirdeingutesFundamentgelegt.
• EswerdengemeinsameBilder,HaltungenundStandardsgeschaffen,dieinstitutionen-
übergreifendwirken.
• EswerdenklareZieleerarbeitetund–mitRessourcenundMittelnausgestattet–
umgesetzt.
• EswerdenklareZuständigkeitenvereinbart,diedieseUmsetzungvorantreiben.
• SprachförderungundSprachentwicklungwerdenvonSpezialthemenzuaufmerksam
beachtetenBreitenthemen.
Das„NetzwerkmehrSprache“istalsGemeindeentwicklungsprozesskonzipiert,derdasZiel
verfolgt,alleAkteure,dieineinerGemeindemitKindernarbeitenbzw.zutunhaben,für
dasgemeinsameAnliegeneinerbestmöglichen,frühenunddiegesamteKindheitumfassen-
dendurchgängigenSprachentwicklungsbegleitungzugewinnen.DurchdieKoordination
undSteuerungderAktivitätenentwickeltsichindiesemProzessdieGemeindeimAustausch
mitdenAkteurensowieExpertinnenundExpertenzueinerlernendenGemeinde.
60|61
Ergebnisse
TeilnehmendeGemeindenundStädte 7StädteundGemeinden
ÜberdieNetzwerkgemeindenerreichterAnteil
derVorarlbergerBevölkerung25%derBevölkerung
ArbeitssitzungenindenBasisprozessen(Zeitdauer
circa1,5Jahre)indenGemeinden(von2011bis2016)
130Arbeitssitzungenàdreibisvier
Stundenmit1.070Personen
ProzesserweiterunginderMarktgemeindeWolfurt
Schulentwicklung:zweiGroßveranstal-
tungenmit150Personen,dreiArbeits-
gruppenmitzehnArbeitssitzungen
àdreiStundenmit40Personen
SteuerungsgruppensitzungenindenNetzwerkgemein-
den(von2011bis2016)
99Sitzungenà1,5Stunden
mitjeweilszweibisvierPersonen
Symposienund(Vernetzungs-)Veranstaltungen,die
sichaneineinteressierteÖffentlichkeitrichtencirca200Personen
Wirkungen
Verantwortlicheinden„NetzwerkmehrSprache“-GemeindensehendieWirkungendes
GemeindeentwicklungsprozessesaufverschiedenenEbenen:imWissens-undKompetenz-
zuwachs,inderbesserenVernetzungvonInstitutionenundinderenstärkerenÖffnung
(z.B.fürspezifischeZielgruppen)sowieineinergezieltenSteuerungallerAktivitäten
vonseitenderPolitikundVerwaltung.12DieseWirkungen–vorallemindenBereichen
Wissens-undKompetenzzuwachsundVernetzung–zeigensichauchinzahlreichenInitia-
tivenundProjekten.EinguterÜberblicküberdieseProjektefindetsichindenGute-
Praxis-Streckbriefen,dieAktivitäteninden„NetzwerkmehrSprache“-Gemeindenbeschrei-
ben.13
12_Quellen:DiskussionzumThema„Wirkungen“ineinemgemeindeübergreifendenVernetzungstreffenderSteuerungs-
gruppenmitgliederundschriftlichenRückmeldungenvonVerantwortlicheninPolitikundVerwaltung(imFrühjahr2017);
DokumentationentstandenerProjekte.
13_Gute-Praxis-Steckbriefe:www.okay-line.at/okay-programme/netzwerk-mehr-sprache/gute-praxis-in-netzwerk-mehr-
sprache-gemeinden.html
AufbauvonWissenundKompetenzen
EinenAufbauvonWissenundKompetenzenbeobachtenVerantwortlicheinPolitikundVer-
waltungbeidenThemenMehrsprachigkeit,SprachentwicklungundSprachförderung.
Sieberichten,dasssichdasBewusstseinfürdasThemaMehrsprachigkeitindenGemeinden
veränderthat.MehrsprachigkeitwirdnunverstärktalsBereicherungundalsRessource
fürdenSpracherwerballerKinderbetrachtetundwenigeralsBedrohung(wiedasfrüher
teilweisederFallwar).SoistdasThemaMehrsprachigkeitbeispielsweiseinzwischenin
allenBibliothekender„NetzwerkmehrSprache“-Gemeindengutverankertundeswerden
gezieltAktionengesetzt,umMehrsprachigkeitimöffentlichenRaumsichtbarerzumachen.
Beispieledafürsinddie„mehrsprachigenLeseinseln“amHarderWochenmarkt,beidenen
KinderbücherinverschiedenenSprachenvorgelesenwerden,undeineInseratenkampagne
zusprachlicherVielfaltim„FeldkircherAnzeiger“.
AberauchinBildungseinrichtungen,UnternehmenundöffentlichenEinrichtungenwird
sprachlicheVielfaltsichtbargemacht,inderStadtBludenzbeispielsweisedurchmehr-
sprachigeBegrüßungsschilderinderBürgerservice-Stelle.
EinzweiterThemenbereich,indeminden„NetzwerkmehrSprache“-Gemeindeneinstarker
AufbauvonWissenundKompetenzenfestgestelltwird,istdieSprachentwicklungund
Sprachförderung.GeradedieEingangsphasedesGemeindeentwicklungsprozesseswirddazu
genutzt,mitallenAkteureneingemeinsamesBilddavonzuerarbeiten,wiesichdiesprach-
licheEntwicklungbeiKindernvollziehtundwiesiegezieltunterstütztwerdenkann.
IndiePflichtgenommenwerdendabeinichtnurElternundBildungseinrichtung,sondern
diegesamteGemeindemitihrenverschiedenenAngeboten,diesichanKinderundFamilien
richten.SprachförderungwirdsofüralleKindersituationsbezogenundganzheitlichinden
AlltagintegriertundistkeinSonderprogrammfürKindermitnichtdeutscherErstsprache.
FürMitarbeiterinnenundMitarbeitervonBildungs-undBetreuungseinrichtungenwerden
inden„NetzwerkmehrSprache“-GemeindenWeiterbildungenvorOrtorganisiert,die
sichdenThemen„SprachentwicklungundSprachförderung“,„UmgangmitVielfalt“und
„Elternkooperation“widmen.Sowurdebspw.inHard,FeldkirchundWolfurtdasPersonal
vonKindergärtenflächendeckendzudiesenThemenfortgebildet.DieSprachentwicklung
vonKindernwirddadurchgenauerbeobachtetunddieSprachförderungstrukturierter.
InRankweilwurdez.B.einSprachförderleitfadenentwickelt,derdieGrundlagefürdie
SprachförderunginallenKindergärtenbildetunddas„Feldermodell“zurSprachentwick-
lungsbeobachtungeingeführt.InFeldkirchwirddieEntwicklungimBereichSprachförde-
rungdurcheineeigeneKoordinatoringeleitetundeswirdmiteinemeigenenKonzept
gearbeitet.UndinHardwurdedas„Schatzolino“alsPortfoliozurBeobachtungundDoku-
mentationderGesamtentwicklungvonKinderneingeführt.
62|63
AberauchimBereichderfrühenFörderunghatsichinden„NetzwerkmehrSprache“-Ge-
meindeneinigesgetan.DiefrüheFörderungwurdevomSpezial-zumBreitenthemaund
damitaufneueBereicheundPersonenkreiseausgeweitet.SowurdeinWolfurtundin
FrastanzeineaufsuchendeFamilienarbeitetabliert,dieFamilienmitKindernunterstützt
undandieAngeboteinderGemeindeheranführt–MöglichkeitenzurUnterstützungvon
KindernbeiihrersprachlichenEntwicklungsinddabeieinwichtigesThema.Aberauch
AngebotewieEltern-Kind-Treffpunkte,Eltern-Kind-SpielstundenundEltern-Kind-Turnen
sollenalltäglicheGelegenheitenzursprachlichenInteraktionbieten.
„DasNetzwerkmehrSpracheschaffteinenMehrwertfüralleBeteiligten.Bestehendes
wirdgesichertundweiterentwickelt–sowohlvonöffentlichenalsauchvonprivaten
Trägern.EsentsteheneinegemeinsameSprache,eingemeinsamesProblemverständnis
undeinGefühlderZusammengehörigkeit.“(NorbertPreg,MarktgemeindeRankweil)
„DiegrößteWirkungderKooperationenzeigtsichineinerdeutlichspürbarenVerän-
derungdesBewusstseinsbezüglichderBedeutungvonSprachkompetenzgenerell.
DurchdiebewussteAuseinandersetzungmit„mehrSprache“wirddieSprachenvielfalt
vermehrtakzeptiert,alsBereicherungerkanntundpositivbewertet.Dasistein
Mehrwert,dernichteinfachankonkretenBeispielenfestgemachtwerdenkann,aber
unbestrittenist.ImpädagogischenAlltaghatvorallemdiefrüheSprachförderungfür
alleKindereinenbesonderenStellenwerterhalten.“(IngridScharf,StadtFeldkirch)
VernetzungundÖffnungvonInstitutionen
DasProgramm„NetzwerkmehrSprache“fördert–wiederNameschonsagt–gezieltdie
VernetzungvonAkteureninGemeindenundStädten,undzwarvertikal(z.B.zwischen
Verwaltung,BildungseinrichtungenundVereinen)undhorizontal(z.B.zwischenverschie-
denenBildungseinrichtungenwieKindergärtenundVolksschulen).DieregelmäßigeVernet-
zungmachtdieVielfaltderAkteure,derAktivitätensowiederRessourcenundPotenziale
inderKommunesichtbarundzugänglichundesentstehenneueKontakteundIdeen:
DieeinzelnenAkteurefügensichzuneuen„Akteursgruppen“zusammenundergänzensich
inihrenKompetenzen.BeispieleeinererfolgreichenVernetzungsindder„Kooperations-
kalender“,indemalleBildungseinrichtungeninWolfurteinenregelmäßigenAustausch
festlegen,undverschiedeneProjektederNMSHardMittelweiherburgmitderMarktgemeinde
HardunddemSozialsprengelHard,diedasZielverfolgen,dieSchülerinnenundSchüler
derNeuenMittelschuleandieAngeboteundVereineimOrtheranzuführen.
EskommtaberauchzueinerÖffnungvonInstitutionenundOrganisationenhinzuneuen
Zielgruppen–sosprechendieBibliothekeninden„NetzwerkmehrSprache“-Gemeindennun MehrsprachigeInserat-undPlakatreihemitdenInhaltendesElternratgebers
„Sprichmitmirundhörmirzu!“derMarktgemeindeRankweil
64|65
gezieltPersonenmitandererErstsprachealsDeutschanundBildungseinrichtungenver-
suchenverstärkt,niedrigschwelligeBildungsangebote,diesichanElternrichten,anihre
Einrichtungenanzudocken.
„,WasbringtdieZusammenarbeitimNetzwerkmehrSpracheindeinerGemeinde?‘
DieseFragewurdemirwährenddesProzessesundv.a.ganzamAnfangsehroftge-
stellt.WasbringtdasGanze,wosindErgebnisseetc.Dabeidurftenwirlernen,dass
genaudasLangsameunddasWachsendedasSpannendeamAufbaueinesNetzwerkes
sind.FastwieineinemschleichendenProzesslerntendieLeuteunddieInstitutionen
einanderimmerbesserkennen,esgabimmerehrlichereAustauschplattformen,die
Freigiebigkeit,wasMaterialienundIdeenangeht,wurdeungeahntgroßzügig.Davon
profitierenwiralleundwirklichganzvieleskonnteunkompliziertbesprochenund
umgesetztwerden.Also,nichtverzweifeln,vorallemamBeginn!DerguteAufbau
einerVernetzungbrauchtZeit!“(AngelikaMoosbrugger,MarktgemeindeWolfurt)
SteuerungundMonitoringinPolitikundVerwaltung
Das„NetzwerkmehrSprache“wirktabernichtnuraufdenEbenenvonFachwissen,neuen
ProjekteundKooperationen,sondernauchaufEbenederpolitischenSteuerung.Diese
WirkungeninPolitikundVerwaltungsindvonaußenbetrachtetvermutlichamwenigsten
sichtbar.InallenNetzwerk-GemeindenwurdenZuständigkeitsstruktureninPolitikund
Verwaltunggeschaffen,diedenGemeindeentwicklungsprozessvorantreiben.Esgibtsomit
injederGemeindebzw.StadteineklareAnsprechpersoninderVerwaltungundeineSteue-
rungsgruppeausPolitikundVerwaltung,diedieRichtungvorgibtunddenProzessüber-
wachtundvonokay.zusammenlebenunterstütztundbegleitetwird.Einefunktionierende
SteuerungsstrukturwirktsichganzkonkretaufdenErfolgdesGemeindeentwicklungs-
prozessesaus.
„EinegutevertikaleVernetzungderzuständigenMitarbeiterinnenundMitarbeiter
indenFachabteilungenderStadtundderpolitischenEntscheidungsträgerinnenund
Entscheidungsträgeristmaßgeblichmitverantwortlichdafür,obdieKooperationen
gelingenundsomitwirkenkönnen.Sehrbewährthatsichdiesbezüglichdieeigens
dafüreingerichteteSteuerungsgruppe.Siegewährleistet,dassauchindiesemBereich
eineguteKommunikationstattfindet.DieSteuerungsgruppebegleitetdenProjekt-
verlauf.SokönnennotwendigeEntscheidungenvoralleminderUmsetzungsphase
schnellundverbindlichgetroffenundZuständigkeitenklardefiniertwerden.Dasist
fürdieMitarbeiterinnenundMitarbeitersehrhilfreich,dasoeineffizientesArbeiten
indenFachabteilungenmöglichist.FürgutbefundeneProjektekönnenzeitnah
umgesetztwerden.DasistvorallemfürdieMenschen,diesichindenArbeitsgruppen
mitdeneigenenKompetenzenundVorschlägeneingebrachthaben,ausgesprochen
wichtig.DaseigeneEngagementwirddurchdieUmsetzungdereingebrachtenIdeen
belohntunddieBereitschaft,sichwiederineinenBeteiligungsprozesseinzulassen,
steigt.“(IngridScharf,StadtFeldkirch)
NichtzuletztwirddiegemeindeübergreifendePlattform,diedenAustauschzwischenden
„NetzwerkmehrSprache“-Gemeindensicherstellensoll,alsgroßerMehrwertgesehen.Sie
bietetdieMöglichkeit,sichvondenLösungeninanderenGemeindeninspirierenzulassen,
sichgemeinsammiteinemThemaauseinanderzusetzenundsichgegenseitigzuunterstützen.
„Das,NetzwerkmehrSprache‘bietetdieMöglichkeitaufeinerneuenEbenemit
anderenKommuneninKontaktzukommen.Esistspannendundgleichzeitigerfreulich
zusehenundzuhören,wasindiesemNetzwerkpassiert.Dabeisindauchimmerviele
Ideen,diesichfürdieeigeneGemeindehervorragendadaptierenlassen.Deroffene
Geist,derinderGruppeherrscht,dieBereitschaftIdeenmiteinanderzuteilenund
dieTatsache,dassmansichgegenseitigunterstützt,sindausmeinerSichtwesent-
licheEckpfeilerdesProgramms„NetzwerkmehrSprache“.DasmachtdasProgramm
zueinergroßenBereicherung.“(SimonHagen,StadtBludenz)
„SehrwichtigsindfürunsauchdieNetzwerktreffenderSteuerungsgruppen.
WirbrauchenallenichtdasRadneuerfindenundkönnenjedesMaletwasvoneinander
lernen.DurchdieseTreffenhabenwirunsereNetzwerkpartnerauchbesserkennen-
gelerntundkönnenunsganzunbefangenInformationenvoneinanderholen.
OhneSteuerungwürdedasProjektsichernichtsonachhaltigsein.“(IlseMock,
MarktgemeindeFrastanz)
66|67
Leitung bei okay.zusammen lebenSimonBurtscher-Mathis
EntwicklungAndreasHolzknecht
SimonBurtscher-Mathis
EvaHäfele
EvaGrabherr
Prozessmoderation der Basisprozesse in den GemeindenAndreasHolzknecht
SimonBurtscher-Mathis
EvaHäfele
Wir dankendenMitgliedernderSteuerungsgruppeninden„NetzwerkmehrSprache“-
Gemeindenund-Städten:BiankaBitschnau-Schagginger,MichaelaBlum,ManuelaBundschuh,
BarbaraSchöbi-Fink,ElisabethFischer,KarinFritz,LeilaGötze,SimonHagen,Astrid
Hubmann,YvonneLocher,EvaMaier,RosiMeichenitsch,IlseMock,AngelikaMoosbrugger,
ElkeMoosbrugger,KlausPirker,MichaelPompl,NorbertPreg,AndreasPrenn,MichaelSeidler,
LeaSlana,IngridSchärfundHeikeSprenger.
6. ÖFFENTLICHE VERANSTALTUNGEN
DurchVeranstaltungen,diesichaneinebreiteÖffentlichkeitrichten,zielenwirdaraufab,
BewusstseinfürdieThemen,andenenimProgramm„mehrSprache.“gearbeitetwird,zu
schaffenundWissenzuvermitteln.GeradeindenAnfangsjahrenwurdendazuimRahmen
einerVortragsreihehochkarätigenationaleundinternationaleExpertinnenundExperten
eingeladen.AberauchindenFolgejahrenbotenSymposien,diegemeinsammitKoopera-
tionspartnernorganisiertwurden,InteressiertendieMöglichkeit,sichmitaktuellenFor-
schungsergebnissenzubeschäftigen.EinweitererSchwerpunktliegtaufVeranstaltungen,
dieüberdenProgrammverlaufinformierenundbereitsErreichtessichtbarmachen.
Vortragsreihe„mehrsprachig.WegweiserzurKommunikationim21.Jahrhundert“
IndenerstenJahrenderProgrammumsetzungvon„mehrSprache.“lageinstarkerFokus
aufVeranstaltungen,diesichaneinebreiteÖffentlichkeitrichteten.MithilfevonVorträ-
genrenommierterWissenschaftlerinnenundWissenschaftlersowieWirtschaftstreibender
solltediesiebenteiligeVeranstaltungsreihe„mehrsprachig.WegweiserzurKommunikation
im21.Jahrhundert“einenöffentlichenDiskurs-undVerständigungsrahmenfüraktuelle
sprachpolitischeEntwicklungenundDebattenschaffen:
Treffpunkt Babylon – Chancen, Risiken und Grenzen der Mehrsprachigkeit
Univ.-Prof.Mag.Dr.Hans-JürgenKrumm,UniversitätWien
am23.Oktober2008
Fremde Sprache Dialekt? Die wechselvolle Beziehung von Hoch- und Alltagssprachen
Prof.Dr.BeatSiebenhaar,UniversitätLeipzig
am4.Dezember2008
Sprachwelten der Wissensgesellschaft – Denken und Sprechen in der globalisierten Welt
Prof.Dr.Dr.h.c.KonradEhlich,Ludwig-Maximilian-UniversitätMünchen
am19.Februar2009
Vom Einschließen und Ausgrenzen – Sprache, Bildung, soziale Zugehörigkeit
Prof.Dr.IngridGogolin,UniversitätHamburg
6.Mai2009
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Symposium „Mehrsprachigkeit als Chance: Theorie und Praxis“veranstaltetmitderUniversitätInnsbruck/ForschungsgruppeDYMEundder
PädagogischenHochschuleTirol
am27.März2014
Vorträge:
–Themultilingualsubject:IstdermonolingualeFremdsprachenunterricht
nochtragbarimZeitalterderMehrsprachigkeit?
Prof.Dr.ClaireKramsch,UniversityofCalifornia,Berkeley
–Newvistasonmultilingualism:thematerialcultureofmultilingualism
Prof.Dr.LarissaAronin,OranimAcademicCollegeofEducation,Israel,
undTrinityCollege,Dublin
–DynamikundKomplexitätdermehrsprachigenEntwicklung
a.o.Univ.-Prof.Dr.UlrikeJessner-Schmid,UniversitätInnsbruck
–PlurCur:WegezummehrsprachigenCurriculum
Mag.ElisabethAllgäuer-Hackl,UniversitätInnsbruck
Veranstaltungen,dieüberdenProgrammverlaufinformierten
NebendenbereitsgenanntenVeranstaltungen,dieaufInputsvonExpertinnenundExper-
tenbasierten,lageinweitererFokusaufVeranstaltungen,dieüberdenVerlaufdesPro-
grammsinformiertenundAkteurinnenundAkteureimWirkungsbereichvon„mehrSprache.“
vernetzten.SowurdeindenletztenJahrenbeispielsweiseimRahmenvonzweiVeranstal-
tungendiekonkreteArbeitinden„NetzwerkmehrSprache“-Gemeindeneinerbreiten
Öffentlichkeitvorgestellt:
Symposium: „Netzwerk mehr Sprache – Modell für einen chancengerechten Zugang zu Bildung in Gemeinden“
veranstaltetmitdemVorarlbergerGemeindeverband
am12.November2014
miteinemVortragvonFabienneVocatvonderJacobsFoundationzuPrimokizund
Bildungslandschaften–einBerichtzuzweiGute-Praxis-ModellenausderSchweiz
Kooperation wirkt! Netzwerk mehr Sprache – ein Modell zur Förderung von Bildungsgerechtigkeitam7.Juni2017
Was uns im Innersten zusammenhält – Sprachen, Wir-Gefühle und IdentitätenProf.Dr.InkenKeim,UniversitätMannheim
am17.Juni2009
Wörter auf der Goldwaage – Konjunkturen in der Bewertung von Sprachen
Dr.KatharinaBrizic,UniversitätWien
am25.September2009
Sprachwirtschaft – Mehrsprachigkeit als Wirtschafts- und Standortfaktor
ImpulsvorträgevonAndreaSchröter(DirectorHumanResources,TridonicGmbH),
MarkusFaißt(GeschäftsführerderHolzwerkstattinHittisau)undVizebürgermeiste-
rinErikaBurtscher(StadtFeldkirch),InterviewmitStefanFässler(Personalmanager,
TirolerSparkasse),DiskussionmitMandatarinnenundMandatarenimLandtagvertre-
tenerParteienüberMehrsprachigkeitundBildungsmaßnahmenzurfrühenSprach-
förderung:LAbg.Dr.KurtFischer(ÖVP),LAbg.VahideAydin(Grüne),LAbg.Dr.Gabi
Sprickler-Falschlunger(SPÖ),Moderation:KurtGreussing
am12.November2009
MitKooperationspartnernveranstalteteSymposien
IndenJahren2012und2014wurdeninZusammenarbeitmitKooperationspartnernzwei
Symposienorganisiert,diesichaneinewissenschaftlichinteressierteFachöffentlichkeit
richteten:
Symposium „Mut zur Mehrsprachigkeit. Neues aus Theorie und Praxis“veranstaltetmitderUniversitätInnsbruck/ForschungsgruppeDYMEundder
FachhochschuleVorarlberg
am29.März2012
Vorträge:
–MehrsprachigkeitundEmotionen
a.o.Univ.-Prof.Dr.UlrikeJessner,UniversitätInnsbruck
–ZuFragenderIdentitätvonmehrsprachigenMenschen
Prof.Dr.ClaireKramsch,UniversityofCalifornia,Berkeley
–EntwicklungeinesGesamtsprachencurriculums–utopischoderrealistisch?
Prof.Dr.BrittaHufeisen,TechnischeUniversitätDarmstadt
–KostenundNutzenderMehrsprachigkeitinUnternehmenderOberrheinregion
Dr.GeorgesLüdi,UniversitätBasel
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Ergebnisse
Seit2008wurdenimRahmendesProgramms„mehrSprache.“elfVeranstaltungenorgani-
siert,dieeinerbreitenÖffentlichkeitzugänglichwaren.Insgesamtnahmeninetwa1.150
PersonenandiesenVeranstaltungenteil.
AnzahlderVeranstaltungen(2008bis2017) 11Veranstaltungen
AnzahlderTeilnehmerinnenu.Teilnehmer(2008bisJuni2017) 1.150Personen
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ÜBERREGIONALES INTERESSE
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PreiseundAuszeichnungen
IndenvergangenenJahrenhabendieeinzelnenAngeboteundProduktedesProgramms
„mehrSprache.“zahlreichePreiseundAuszeichnungenerhalten:
—DieProgrammschiene„ElternbildungfürdenfrühenSpracherwerbimKontextlebenswelt-
licherMehrsprachigkeit“wurdeimJahr2010mitdem„EuropäischenSprachinnovations-
siegel“ausgezeichnet.DasSprachensiegelzeichnetinnovativeundqualitätsvolleSpra-
chenprojekteaus,umdieSprachenkompetenzderMenschenindenEU-Mitgliedsländernzu
fördern.
—DieProgrammschiene„LokaleSprachfördernetzwerkezurWeiterentwicklungderQualität
derfrühenSprachförderunginVorarlberg“erhielt2014den„InterculturalAchievement
Award/SpecialAwardforIntegration“,dervomBundesministeriumfürEuropa,Integration
undÄußeresvergebenwird.Der„InterculturalAchievementAward“zeichnetNon-Pro-
fit-OrganisationenundimpulsgebendeProjekteausallerWelt,diedeninterkulturellen
Dialogfördern,ausundvergibteinenSonderpreisfürIntegrationaneininnovatives
ProjektinÖsterreich.DieseProgrammschienehatimJahr2015außerdemdas„Europäi-
scheSpracheninnovationssiegel“erhalten.
—DieSprachkompetenztrainingsfürJugendlichewurdenbereitszweimalmitdem„Europäi-
schenSprachinnovationssiegel“ausgezeichnet(2011und2013).
DerThemenschwerpunkt2011war„SprachkenntnissezurVorbereitungaufdasArbeitsle-
ben“.DieJurylobtedieSprachkompetenztrainingsinsbesonderefürihreninnovativen,
ganzheitlichenundzielgruppenorientiertenZugangzurSprachförderungamÜbergang
zwischenSchuleundArbeitsmarkt.DerThemenschwerpunkt2013war„Sprachenlernen2.0
–ITundsozialeMedienimSprachenunterricht“.DieJurywarbesondersvonderWeiter-
entwicklungdesProgrammsimIT-BereichundvomUmgangdesProjektsmitDeutschals
Fachsprachebegeistert.2014erhieltdasProjektden„BankAustriaSozialpreis–Vorarl-
berg“.
NachfragenachTextlizenzenfürdieElternratgeber
ZweiSchweizerKantone,zweiösterreichischeBundesländer,eingroßer,bundesweitagie-
renderBildungsvereinunddasLandLiechtensteinerwarbenindenletztenJahrendie
TextlizenzenfürdieElternratgeber,umdiesefürdeneigenenWirkungsbereichzuprodu-
zieren.
Projektpräsentationen
okay.zusammenlebenerhieltindenletztenJahrenzahlreicheEinladungen,dasProgramm
„mehrSprache.“bzw.einzelneProgrammschienenaufFachveranstaltungenvorzustellenund
überdieErgebnisseundErfahrungenzuberichten.DasProgrammwurdeaufVeranstaltun-
genindenNiederlanden,Großbritannien,derSchweiz,Deutschlandundinanderenöster-
reichischenBundesländernvorgestellt.
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SCHLUSSBEMERKUNG
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SCHLUSSBEMERKUNG – EINORDNUNG DER ERGEBNISSE
DasletzteJahrzehnt,indemdasProgramm„mehrSprache.“entwickeltundumgesetzt
wurde,wargekennzeichnetvoneinerBildungsdebatte,diemaßgeblichvoninternationalen
Leistungsvergleichenangestoßenwordenwar.AbdemJahr2000machtenregelmäßige
Kompetenzüberprüfungen14sichtbar,dassdieFähigkeitenÖsterreichsSchülerundSchüle-
rinnen,dienachderVorstellungderOrganisationenhinterdiesenLeistungsvergleichen
fürdasVorankommenineinermodernenWissensgesellschaftwesentlichsind,ausPerspek-
tivederGesamtgesellschaftnichtzufriedenstellendnachgewiesenwerdenkönnen.Neben
demhohenAnteilvon„Risikoschülerund–schülerinnen“wurdeauchdeutlich,dassdie
LeistungenderKinderundJugendlichenstarkmitihrersozialenHerkunftundihrerErst-
spracheinZusammenhangstehen–einunerwünschterZusammenhang,wennChancenge-
rechtigkeitimBildungssystemeinZielist.Trotzintensiveröffentlicherundpolitischer
DebattenundvielerBemühungenhabensichdieErgebnissedieserLeistungsüberprüfungen
indenletztenJahrenimWesentlichennichtgeändert,undesistderzeitnochoffen,ob
eineTrendumkehrgeschafftwurde.ZugleichzeigtsichbeidiesenKompetenzüberprüfungen
aufEbenevonEinzelinstitutionenauchinVorarlberg,dassineinzelnenSchuleninzwischen
teilsbessereErgebnisseerzieltwerden,alsdasnachdersozialenZusammensetzungder
SchülerundSchülerinnenzuerwartenwäre.
DasBildistalsodurchwachsen.WolässtsichdasProgramm„mehrSprache.“indiesem
Kontexteinordnen?WirberichtenindieserDokumentationvonvielenpositivenWirkungen,
dieunsdieAkteurinnenundAkteure,mitdenenwirgearbeitethaben,zurückmelden.
DieflächigangelegtenUntersuchungenzurKompetenzderKinderundJugendlicheninden
SchulenkorrespondierenabernochnichtklarmitdiesemWirkungsbild.Wielässtsichalso
derBeitragdesProgrammszurErreichungseinesGlobalziels–mehrBildungsgerechtigkeit
durcheinebestmöglicheUnterstützungvonKindernundJugendlichenbeiihrerSprach-
entwicklung–beurteilen?DieseFragenhabenunswährendderletztenzehnJahreständig
begleitet,undwirmöchtensieandieserStelleabschließendreflektieren.
IndenpolitischenDiskussionenüberdasAbschneidenösterreichischerSchülerundSchüle-
rinneniminternationalenVergleichdominiertenindenvergangenJahrenvornehmlich
LösungenaufderEbenevonRahmenbedingungenwiebeispielsweisedieForderungnach
einemUmbaudesBildungssystemsinRichtungeinerspäteren„Gabelung“imBildungsweg
oderVeränderungenderMittelzuteilung.InSachenSprachförderungfokussiertedienatio-
naleDebattestarkaufderFragederBeobachtungderSprachentwicklungunddererreich-
tenKompetenzenoderderFrage,obdieFörderungvonKinderninSonderformaten,also
segregiert,odermöglichstdurchgängigintegriertindenJahrgangsklassenerfolgensoll.
InderinternationalenBildungsfachdebattegalteinStrangjedochschonimmerderQualität
derpädagogischenArbeitunddamitdemPotentialderBeziehungzwischenPädagoginnen
undPädagogenfürdieEntwicklungundBildungserfolgederKinder.UndauchinderFach-
debatteüberSprachentwicklungindenerstenLebensjahrenistdieQualität(vorallem
dieemotionale)undQuantitätdersprachlichenInteraktionmitKindernalsSchlüsselfaktor
füreineguteEntwicklungdeutlichbelegt.AndiesemStrangknüpftenwiran–beiden
HaltungenundKompetenzenvonAkteurinnenundAkteuren,dietäglichmitKinderninter-
agieren.Wirsetzendarauf,dassdasdieunumgänglicheBasisallerBemühungenfüreine
VeränderungzumBesserenist.AufdieserInteraktionmitdenKindernliegtderFokus
desProgramms„mehrSprache.“.ErzeigtsichübergreifendinallenProgrammschienen.
DurchdenAuf-undAusbauvonWissenundFähigkeitenvonElternsowiePädagoginnenund
Pädagogen,wolltenwirdieseSchlüsselpersonenfürdenBildungsverlaufvonKinderndazu
befähigen,GelegenheitenundMöglichkeitenumSprache(n)zufördernzuerkennenund
bestmöglichzunutzen.WirzieltenvonAnfangandarauf,dasaufBasiseineskongruenten
ModellsderSprachentwicklungs-undSprachförderungvonKindernzutun,dasdenStand
derinternationalenFachdebattereflektiertundFamiliesowiedenSozialraum,indem
dieKinderaufwachsen,genausomitdenktwievorschulischeBildungseinrichtungenund
diePflichtschule.DurchdieKonzentrationaufdieEntwicklungeinesüberzeugenden
unddurchdieFachdebattebelegbarenModellsunddenFokusaufmethodischeKongruenz
(zumindestinunseremvieleSchienenumfassendenProgramm)wolltenwirfürOrientie-
rungundAkkordierungsorgen.DaskonntenwiralsVereinjedochnur„bottomup“,also
„vonuntenkommend“,überAngeboteerreichen,dienachInteressefreiwilligangenommen
werden.
MitdemAuftragderVorarlbergerLandesregierunganuns,einenlandesweitenOrientie-
rungsrahmenfürdieSprachförderunginVorarlbergerBildungseinrichtungenzuentwickeln,
dernunmitdemModellder„5BausteinefüreinePraxisumfassendersprachlicherBildung“
vorliegt,schließtsichfürunsdieserKreis.Sokanneinenotwendigestärkere„topdown“-
Dynamik,diesichauchdaranzeigt,dassdieVeranstaltungenzumThemaanRegelinstitu-
tionenwiederPädagogischenHochschuleVorarlbergindenletztenJahrenquantitativ
deutlichzugenommenhaben,durchInhaltegestärktunddamitverstärktwerden.Pro-
grammewie„mehrSprache.“,ausgeführtvonzivilgesellschaftlichenAkteurenwiedem
VereinAktionMitarbeit,könnenfrühzeitigerundschnelleragieren,siekönnen„Stell-
schrauben“fürVeränderungenaufzeigenunddortauchschonzuwirkenbeginnen,sie
könnenmitengagiertenAkteurenundAkteurinnen„vorgehen“,„gutePraxis“entwickeln
undumsetzenundsozeigen,dassesgehtundwieesgehenkann.Die„großenHebel“
fürnachhaltigeflächigeVerbesserungenliegeninunserGesellschaftjedochindenRegel-
institutionen.14_Beispielesinddas„ProgrammeforInternationalStudentAssessment“(PISA)und„TrendsinInternationalMathematics
andScienceStudy“(TIMSS)aufinternationalerEbeneoderdie„Bildungsstandards“(BIST)aufnationalerEbene.
Weitere Details zum Programm „mehr Sprache.“
und laufend aktuelle Informationen finden Sie unter:
www.okay-line.at > okay.Programme
Für die Kompetenzerweiterung von Pädagogen und Pädagoginnen im vorschulischen Bereich
können wir angesichts der Teilnahmen in unseren Angeboten und unseren Prozessaktivitä-
ten in den Gemeinden und Städten sogar mit ein bisschen Stolz sagen, „Fläche“ erreicht zu
haben. Für dieses Segment kann man für Vorarlberg sagen, dass sich pädagogische Akteure
und Akteurinnen landesweit in großer Zahl in der Frage einer guten frühen Sprachförderung
inhaltlich und methodisch weiter entwickelt haben: durch unsere Angebote, aber auch durch
ein Lehrgangsangebot der Pädagogischen Hochschule, das viele Jahre hindurch konsequent
angeboten und von vielen besucht wurde. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der flächen-
deckenden und standardisierten Sprachentwicklungsbeobachtung der Kinder mit Ende
des Kindergartens, die Vorarlberg ab Herbst 2017 in Pilotgemeinden umsetzt, um ab Herbst
2018 dann im ganzen Land in Umsetzung gehen zu können. Wir begrüßen diesen Schritt
(auch er verstärkt die „top down“-Dynamik in der Sache und im Feld) und erwarten uns
daraus weitere Möglichkeiten einer stringenten Weiterentwicklung der Qualität.
Die Pädagoginnen und Pädagogen der Vorarlberger Schulen haben wir mit „mehr Sprache.“
im Vergleich zum vorschulischen Bereich nur punktuell erreicht. (Mehr war auch nie das
Ziel im bestehenden Rahmen.) Vor allem für die Schulen und in ihnen muss mit Blick auf
„Bildungsgerechtigkeit“ Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass sie auch in (landes)
sprachlicher Hinsicht keine „fertigen“ Kinder aus den Kindergärten erhalten (können) und
die Förderung der Sprachentwicklung auch nicht mit der Volksschule endet, sondern nur
ein durchgängiges Konzept und eine darauf basierende gezielte Fördertätigkeit, die min-
destens bis zum Ende der Pflichtschule reicht, den erhofften Erfolg bringen kann.
Es bleibt also viel zu tun!
Weitere Details zum Programm „mehr Sprache.“ und laufend aktuelle Informationen
finden Sie unter: www.okay-line.at > okay.Programme